Gothic Friday Juni: Das WGT – Atmosphäre und Gefühl ist alles! (Gruftfrosch)

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Er hat es auf den letzten Drücker geschafft, ich nicht. Gruftfrosch warf seinen Beitrag pünktlich in den virtuellen Briefkasten, aber leider hat die Redaktion es erst heute hinbekommen, seinen Artikel zum Gothic Friday im Juni online zu stellen. Glücklicherweise ignorieren wir ganz gepflegt den erneuten ersten Freitag im Monat (1. Juli) und kümmern uns erstmal um die Abarbeitung des vergangenen Monats. Flederflausch arbeitet bereits am Resümee, während Tanzfledermaus das neue Thema vorbereitet. Doch zunächst zu Gruftfrosch:

Da ich es eh mal wieder erst auf den letzten Drücker geschafft habe, mag ich gar nicht lange herumschwafeln, sondern komme direkt zur Beantwortung der Fragen. ;)

Warum fährst Du zum WGT?

Ich fahre zum WGT, um Leute zu treffen, die sonst über das Jahr meist nur auf virtueller Ebene verbleiben, weil ich Leipzig zudem liebe und es nichts besseres gibt, als (m)eine geliebte Stadt in Schwarz.
Interessant ist es für mich, was sich verändert hat in Leipzig, seit ich 2013 weggezogen bin und man kommt ja dank Öffis, die im Preis inbegriffen sind, gut herum.

Außerdem ist es diese Atmosphäre, die die Stadt verströmt, da die Veranstaltungsorte verstreut sind und sich nicht nur irgendwo EIN abgegrenztes Areal befindet, in dem sich alles konzentriert. Das ist es auch, was das WGT von anderen Festivals unterscheidet und die mich deswegen weniger reizen.

Natürlich ist die Atmosphäre an manchen Stellen heute arg befremdlich (die Gründe sind hinlänglich diskutiert, denke ich), aber es gibt genug Flecken, wo das noch anders ist. Die „Headliner“, wenn man es denn so nennen mag, spielen meist in der Agra, die ich so gut es geht meide. Lieber sind mir andere Locations mit Bands, die noch nicht so bekannt sind und das Publikum noch überschaubar halten. Dafür nehme ich mir jedes Jahr vor dem WGT immer Zeit in jede Musik der kommenden Bands mal reinzuhören. Dann wird kräftigst kategorisiert, was unbedingt sein muss, was nur mal zum reinschnuppern taugt und was überhaupt nicht geht. Dank Überschneidungen oder spontaner Umplanungen bleibt dann meist zwar nur ein kleines Häuflein übrig, aber das ist nicht weiter tragisch.

Wie war dein Dein erstes WGT?

Das war 2008. Da war alles noch so neu, überwältigend und es war einfach nur, entschuldigt, wenn ich das so sage: Geil. Ein langes Wochenende unter Gleichgesinnten – alles schwarz! Alles Schwarz? Moment! Da hat die Nostalgie zuviel beschönigt. 2008 muss der Höhepunkt dieses ganzen Cyperquatsches gewesen sein. Jedenfalls erinnere mich an Artikel, die meinten, das WGT wird bunt. Zu Hilfe, nein! Da die präferierte Musik der Knicklichter auch damals schon nicht die Meinige war, ging man sich, so gut es eben ging aus dem Weg. Trotz allem, ich war angefixt. Das wollte ich wieder erleben.

Was ist Dein schönstes Festivalerlebnis?

Nunja, mittlerweile hat sich da so einiges angesammelt, dass ich gar nicht mehr sagen kann, was DAS Schönste war. Sind es die immer wieder schönen Spontistreffen, die ungezwungenen Gespräche, die sich einfach so ergeben und den Horizont erweitern? Die lustigen Szenen und Bemerkungen nachts in der Tram 11? So mach atmosphärisches Konzert kommt hinzu, was sogleich zur nächsten Frage überleitet….

Was war Dein eindrücklichstes Konzert?

Interessanterweise rückt sich vor jede andere Konzerterinnerung der szenetypischen Bands ein klassisches Konzert in der Krypta des Volkerschlachtdenkmals im Rahmen des WGT (lass es 2008 oder 2009 gewesen sein). Es wurde Mozarts Requiem in d-Moll (Lacrimosa) aufgeführt, was durch die Akustik und Architektur der Krypta wahnsinnig stimmungsvoll war. Das schien auch das übrige Publikum so empfunden zu haben. Jedenfalls war nach den letzten Tönen des Orchesters und Chores fast 30 Sekunden (!) lang Stille im Raum. Man merkte förmlich, wie die Leute noch inne hielten und das Gehörte in sich aufsogen, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können und dann – als hätte jemand ein Signal gegeben – Tosender Applaus – Gänsehaut!!! Sowas Tolles habe ich seitdem nie wieder erlebt.

Und: welche Festivals sind noch Teil Deines schwarzen Planeten?

Ab und an das Dark Spring Festival in Berlin, wenn es der Dienstplan erlaubt und da es in meiner aktuellen Wohnstadt liegt, ansonsten sind die großen Festivals nicht meins, lieber mal ein einzelnes Konzert.

Gothic Friday Juni: Mein persönlicher Festival-Baukasten (Dennis)

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Absurd – so schrieb mir Dennis in seiner Facebook-Nachricht zur Fertigstellung seines Beitrags – das er während er noch beim Kommentieren zu anderen Festival-Beiträgen auf seinem anderen Monitor einen Tiefsee-Expidition schaut, in der es um AMPHIpoden geht. Er schreibt mir: „Gibt mir das fliegende Spaghettimonster ein Zeichen, oder hat es nur einen schrägen Humor?“ Möglicherweise wagt sich Dennis ja auf das nächste große Festival, doch zunächst Dennis Beitrag zum Gothic Friday im Juni.

Es hätte in diesem Jahr mein zehntes WGT sein können, wenn ich zwischendurch nicht unbegreiflicherweise zwei Jahre Pause gemacht hätte. Schon das ist also ein guter Grund, zurückzuschauen auf die wunderbare Zeit, die ich dort verbracht habe.

Früher waren meine Festivals viel, viel kleiner. Beim Lißberger Bordun-Festival in der Burgruine gab es zwei Bühnen, selten gleichzeitig genutzt, und eine Tanzfläche. Auf das größere Fest in Rudolstadt habe ich mich nicht recht getraut, zu unübersichtlich und hektisch schien es mir. EineD ganze Kleinstadt!

Und dann landete ich 2007 zum ersten Mal auf dem WGT und hielt fassungslos die schwindelerregende Liste der Konzerte, Events und Ausstellungen mit dem Stadtplan in den Händen. Unmöglich! Nirgendwo kann man so viele tolle Dinge gleichzeitig verpassen wie auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig. Ich hatte mich von Freunden mitschleppen lassen, und so viel mir auch entgangen ist, es war ein großartiges Fest mit wunderbaren Erlebnissen. Ein bisschen hektisch war es, wenn ich mich recht entsinne. Wenn mir die Bahn nicht schnell genug schien, bin ich mit dem Autor durch Leipzig gefahren, nur um nichts zu versäumen. Das Treffen hatte mich angefüttert – ich wollte wieder kommen!

Im zweiten Jahr schon machte ich die Entdeckung, die das WGT für mich verändern sollte. Es war an der Parkbühne, ich hatte mich mit meinen Freunden Hexe und Schatten auf der Wiese niedergelassen und nebenan hatte eine Gruppe ein Picknick aufgebaut: mit dunklen Decken, Kerzenständern, Gebäckschalen. Und da hing ein Zettel: Montagabend, Chillout-Party in der Bornaischen Straße. Ja, warum nicht? So landeten wir dann bei der blauen Stunde, es muss wohl die zweite Abschlussnacht gewesen sein, damals noch ein Geheimtipp, es waren nur wenige Gäste anwesend, aber alles war ungeheuer stimmungsvoll. Im Kerzenschein, mit der Feuertonne im Hof und der schwebenden Musik auf der kleinen Tanzfläche. Es stand fest: hier muss ich wieder hin!

Blaue-Stunde-Abschlussnacht
Abschlussnacht der blauen Stunde

Seither ist sind die Blauen Stunden die Fixpunkte meiner WGT-Planung: Der Eröffnungstanz auf der Wiese, das Picknick mit Musik und die wunderbare Abschlussnacht, bei der immer wieder viel zu früh die Sonne aufgeht. Und seit einige Jahren ist noch ein unverrückbarer Punkt hinzugekommen: unser Familientreffen! Die Eröffnungsnacht im Park der Blauen Stunde ist übrigens das große Vorbild für den Bal des Corneilles in Offenbach, der, wenn die Wettergötter gnädig sind, im Juli zum dritten Mal stattfinden wird.
Trotzdem hatte ich noch eine ganze Weile versucht, möglichst viele Events mitzunehmen, meinen Tag sorgfältig geplant und berechnet, wie lange vor dem Ende eines Konzerts ich aufbrechen musste, um vom nächsten wichtigen Programmpunkt anderswo möglichst wenig zu versäumen. Heute lasse ich mich viel mehr treiben, picke mir beim Frühstück die Bands zusammen, die ich nicht versäumen möchte. Dann bleibe ich gerne an einem Ort, höre mir die Gruppen davor und danach an, und finde so immer wieder überraschend gutes. Oder alles kommt ganz anders und ich folge Freunden zu Veranstaltungen, mit denen ich gar nicht gerechnet habe. Nur zum Tanzen, das ist eine traurige Konstante, komme ich immer weniger.
In den ersten Jahren konnte ich noch unbeschwert die Nächte durchtanzen! Heute treffe ich so viele Bekannte, so viele lange nicht gesehene Freunde, so viele spannende Leute, dass dazu kaum noch Zeit bleibt. So kommt jedes Mal etwas ganz anderes heraus. Das Riesenangebot des Festes, das offizielle so wie die ganze Fülle, die darum gewachsen ist, fühlt sich an wie ein großer Haufen bunter Legosteine, verwirrend, unmöglich alle zu verbauen. Und dann entsteht eine neue, kleine Figur, immer überraschend, immer anders und immer neu.

Merke: Es ist wichtig, einen WGT-Tag sorgfältig zu planen. Dann kennt man zumindest schon eine Version, wie es nicht werden wird.

Seit Jahren überlege ich immer wieder, ob ich es nicht endlich mal ohne Bändchen probieren soll. Ursprünglich lagen diesem Gedanken die fragwürdigen Symbole der Eintrittskarten zu Grunde, aber nun ist es eher die Frage, wie wichtig mir die Konzerte im Verhältnis zum Ticketpreis sind. Und es gibt ja so viel drumherum, so viele freie Veranstaltungen, dass auch so keine Langeweile aufkommen würde. Vielleicht würde es sogar entspannter, ohne Stundenplan und den Druck, dass sich das teure Bändchen am Ende doch rentieren muss. Und wenn ich mich dann fast durchgerungen habe, taucht doch wieder eine Band auf, die ich nicht verpassen darf. Nächstes Jahr…

Eindruecke aus Leipzig - Der alte Johannisfriedhof
Eindrücke aus Leipzig – Der alte Johannisfriedhof

Auf jeden Fall versuche ich, wenn irgend möglich einige Tage vor dem großen Fest nach Leipzig zu reisen. Ich genieße es dann, Freunde in Ruhe zu treffen statt in Hektik zwischen den Konzerten, die Stadt und die Elster-Auen zu erwandern, im Café zu sitzen und zu schreiben und zu träumen und zuzusehen, wie die Stadt sich langsam schwarz färbt…

Ich freue mich schon wieder darauf, und ich möchte kein WGT mehr verpassen! So, welche Fragen muss ich noch beantworten? Ach ja, meine besten Konzerterlebnisse!

Beim ersten mal war das wohl Coppelius, zum ersten Mal gehört, mit der schrillen Bühnenshow, es war eine großartige Überraschung – mal wieder einem Freund geschuldet, dem wir einfach gefolgt waren. Wunderbar war, vor drei Jahren, glaube ich, Lambda im Bestattungsinstitut.

Diesmal war es eindeutig Saeldes Sanc im Schauspielhaus, schon wieder, zum dritten Mal. Das erste Mal hatte ich sie vor zwei Jahren in der Peterskirche gehört, wunderbar neu interpretierte mittelalterliche und alte Musik mit dem herrlichen Gesang von Hannah Wagner. Dabei war ich eigentlich nur dem Namen Ernst Horn gefolgt – doch der spielte einfach Klavier und überließ Hannah die Bühne. Das Konzert in diesem Jahr war wohl das beste der drei, aber am bewegendsten fand ich es im vergangenen Jahr im Lindenfels Westflügel. Es war die herrliche Musik, der wunderbare, alte, verfallene Ballsaal, und es muss wohl eine melancholische Grundstimmung hinzugekommen sein, jedenfalls habe ich in diesem Konzert geweint vor Freude. Ein unvergessliches Erlebnis! Und ob es noch andere schwarze Festivals in meinem Universum gibt? Derzeit nicht. All die kleinen Festivals mit nur zwei Bühnen, einem übersichtlichen Programm auf einem beschränkten Gelände – was soll ich da?

WGT 2016: Auftakt des 25. Wave-Volksfestes im Belantis

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Ein markerschütternder Schrei durchschneidet die Nacht. Gedehnt spiralisiert er sich in schrille Höhen, um plötzlich zu verstummen. Schwarze Gestalten ziehen vorbei, melancholisch-romantische Musik klingt durch die kühle Nacht, in der kargen Beleuchtung verliert sich der Weg im Dunkel. Wie im Gruselfilm, ja, aber nicht so wie man sich das vorstellt, dieser Horror befand ich auf einem ganz neuen Level. Auftakt des Wave-Gotik-Treffens im Belantis-Freizeitpark. Nicht etwa Nacht- und schwarzgewandete Gestalten jagen mir einen Schauer über den Rücken, nein: bunt beleuchtete Fahrattraktivitäten und Rummelstimmung.

Ich war fest davon überzeugt dieses Jahr, wie sonst auch, mit meiner Zeltplatzcrew entspannt zu grillen, zu trinken und dann in die 4.2 abzuziehen um gemeinsam zu einem Mix zu tanzen, den man nicht als musikalische Offenbarung beschreiben kann, bei dem aber für jeden was dabei ist und von wo aus sich der Weg ins Zelt in Grenzen hält. War nüscht. Als meine Mitzelter verkündeten, dass das Belantis das erkärte Ziel war, war ich noch der festen Meinung man würde mich dort nicht finden, als man mir mitteilte, dass die einzige Alternative die Moritzbastei war und ich die Schlange sah, war ich geneigt in die Stadt zu eben jener zu fahren. Als mir klar wurde, dass viele meiner Bekannten da sein würden und ich in den kommenden Tagen nicht mit allen wirklich viel Zeit verbringen würde, beugte ich mich dem Gruppenzwang.

Fühle ich mich sonst in den ersten schwarzen Menschenmassen angekommen, war ich hier vorallem eines: irritiert. Durch das hell erleuchtete, orientalisch anmutende Eingangstor betrat man einen großen Platz. Zur Hälfte dunkel, zur Hälfte grell beleutet. Man sah eine Kantine, aber sonst nicht viel. In dieser erblindete man ob der grellen Beleutung nahezu und wenn man vorher auf den spärtlich beleuteten Wegen noch was gesehen hatte, dann jetzt ganz sicher nicht mehr. Es war Dunkel. Einzig die Fahrgeschäfte und Fressstände hoben sich grell erleuchtet gegen den schwarzen Nachthimmel ab. Die Musik war mystisch schön und trotz des vorangegangenen Kommentars von Robert und mir bei Bekanntgabe der Eröffnungststätte, erwägte ich mich auf Grund dessen im ersten Versuch einer vorsichtigen Anerkennung,  doch dann erreichten wir die Pyramide.

Nahtoderfahrung als neuester Kick für todessehnsüchtige Gruftis. Was sich liest, wie ein schlechter Groschenroman aus der Grusel-Ecke, scheint verstörende Realität.

Scheint es nicht nur, ist es. Zugegebenermaßen weis ich nicht, wie ich meinen persönlichen Horror in Worte fassen soll. Volksfest. Rummel. Kirmes. Schützenfest. Schlagerfreudentaumel. Das von dem ich mich sonst so sorgsam fern halte fand ich hier zur Eröffnungsfeier des 25. WGT im Belantis. Nicht unvorbereitet, aber was bisher nur in meiner pessimistischen Vorstellung vorkam, befand sich dann doch nochmals auf einem anderen Level und vielleicht sollte ich mich mit dem Erstellen von (selbst-)erfüllenden Prophezeiungen verdienen

Konsum, bedenkenloses Vergnügen, Einerlei, bunt und kurzweilig, hektisch, seicht. Bedeutungslos. Der Ort der leeren Fassaden. Des festgetackerten Lächeln. Die Lüge des Entfliehens. Das Grau einer Welt, die vorgibt zu schimmern um die Asche auf der sie errichtet wurde zu übertünchen. Utopia sieht anders aus.

Und ein Schatten davon schlich sich auch in die WGT Eröffnungsfeier. Warum ich das so gruselig finde? Das ist ein Teil der „normalen“ Welt, in die ich nie ganz rein gepasst habe, in der ich mich manchmal fühle als laufe ich durch die Kulisse eines Filmes, in dem ich nicht mitspiele, welcher sich um ein Spiel dreht, dessen Regeln ich nur rational verstehen, aber nicht intuitiv ausführen kann. Das hat nichts mit der schwarzen Welt zu tun, die ich an Pfingsten suche. Nichts mit den Gefühlen, die diese Musik in mir auslösen kann. Nichts mit der Heimeligkeit einer liebevoll hergerichteten Veranstaltungsstätte oder dem Gefühl von Zerfall und Dystopie in runtergeratzen Veranstatungsstätten, in die sich die Musik wunderbar einfügt. Im Belantis schien viel der offenen Herzlichkeit und Ungetünchtheit des sonstigen WGTs zu verschwinden.

2016-05-13-005649Die Unvereinbarkeit dieser Dinge, Freizeitpark und WGT, sind leider nur der eine Punkt. Die Organisation war zusätzlich ziemlich lau. Zu wenig Shuttlebusse, schlechte WGTspezifische Beschilderung im Park, unausbalancierte Lichtverhältnisse und dadurch schweres Vorankommen und Konfusion. Man hätte sich – zumindest bei den Tanzfächen auf denen ich war – deutlich mehr Mühe geben können.
In der Pyramide legten irgendwelche Elektrozappelphillipe auf, die so in der Musik auf gingen, dass ich mich zeitweise fragte, ob das noch normal ist, oder ein Notruf angebracht wäre. Das Barpersonal war (überall) heillos überfordert. Die Pyramide so wie sie immer von innen aussieht – nach dem Innengerüst einer Fassade und die Besucheranzahl leider zu wenig für diese große Fläche.
Der Postpunk-Floor war musikalisch toll, befand sich aber in einer hellausgeleuchteten Art Kantine in einem Atrium, in dem sich der Geruch von heißem Fett über den gesammten Innenhof wandte, ebenso wie die Schlange der Essens- und Getränkeausgabe (wohlgemerkt getrennt).

Zumindest bei mir konnte so weder Stimmung noch WGT-Gefühle aufkommen. Nächstes Mal friere ich lieber bei der blauen Stunde! Andere Besucher sehen das wohl ganz anders:

 

Video: 40 Years of Goth Style – In unter 4 Minuten?

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Obwohl es der ein oder andere nicht hören möchte, Gothic ist nicht nur eine Subkultur, sondern auch längst eine Mode und Stylingbegriff geworden. Im Internet ist man nur 10 Minuten davon entfernt, sich sein individuelles Gothic-Styling zusammenzuklicken, um dann bei nächst bester Gelegenheit, im Goth-Style die Straßen unsicher zu machen. Dabei ist das, was wir heute in Katalogen und Online-Shops finden, von unzähligen Stil-Entwicklungen und Jahrzehnten der Subkultur geprägt, die sich immer versuchte abzugrenzen, in dem sie völlig neue und extreme Outfits kreierte. Immer ein bisschen provozieren, immer ein bisschen inszenieren und immer ein bisschen kreieren. Das ist bis heute so geblieben. Die neusten Ableger der Szene sind die sogenannten „Pastel-Goths“ und „Nu-Goths“, die das Styling der Szene jetzt nicht neu erfinden, sondern vielmehr als Patchwork-Derivate aus längst dagewesenem und Szene-Fremden bestehen. Aber anstatt mich seitenlang in Worthülsen zu verlieren, zeige ich lieber den kurzen Film von Liisa Ladouceur, Filmemacherin und Autorin aus dem exotischen Kanada, die sich der letzten 40 Jahre Szene-Styling annimmt, um einen Versuch zu starten, die Stile in Schubladen zu packen, sie chronologisch zu sortieren und anhand eines einzigen Models darzustellen. Ein unlösbare Aufgabe?

Definitiv. Das Rätsel und Durcheinander der Stile, deren zeitlicher Einordnung und Definition klappt nicht. Daran haben sich schon ganz andere die Zähne ausgebissen. Ich versuche es daher gar nicht erst. Ich überlasse aber dem Zuschauer die Wertung und gestehe der Filmemacherin zu, das jeder Versuch den Horizont zu erweitern, erlaubt ist. Schauen wir mal:

(Danke an Carmen und Anna fürs mit der Nase drauf stoßen.)

  • 1976 – Punk (0:08)
    Wer kann die Wurzeln allen „Übels“ leugnen? Ziel war es, dem Establishment vor den Kopf zu hauen, zu provozieren und sich abzugrenzen. DAS haben sie damals geschafft. Und ganz nebenbei eine kulturelle und musikalische Revolution gestartet.
  • Early 1980s – Batcave (0:27)
    Ein bisschen an Siouxsie Sioux typischen Stil angelehnt, vergibt Ladouceur den Namen „Batcave“ für diesen Stil, der aber wohl eher mit dem damals gegründeten Club in London zusammenhängt, als mit einem zu nennenden Stil.
  • Mid 1980s – Deathrock (0:41)
    Hier wird es dann tatsächlich ein bisschen dünn. Weder würde ich Deathrock als Stil bezeichnen oder ihn in dieser Weise darstellen wollen, geschweige denn ihn zeitlich so einsortieren. Sieht eher aus wie… Nun ja… Ach ich weiß es doch auch nicht!
  • Mid 1990s – Romantic (0:59)
    Joar, warum nicht? Hat der Stil zwar nichts gemeinsam mit den „New Romantics“ der frühen 80er, zielt er eher auf weite wallende Kleider aus Spitze und Samt, Corsagen und breiten Schmuck, der ersten Anzeichen viktorianischer und filmischer Einflüsse zeigt. (Hexen von Eastwick, Adams Family) Sag ich jetzt mal so.
  • Late 1990s – Cyber (1:20)
    Müssen wir drüber reden. Hilft alles nix. Die Cyber-Gothics strömten tatsächlich zu genau der Zeit in die Szene, als Rave und Techno in Form von Loverparade und Mayday ihren Zenit erreichten. Sie fühlten sich wegen der musikalischen Bandbreite elektronischer Musik angezogen und verwursteten später auch die ursprünglich Kunstform Industrial in einen Tanzstil.
  • Early 2000s – Lolita (1:45)
    Ja, irgendwann bekamen die Japaner die Sache mit der Szene auch auf die Reihe und würzten ihre eigene Subkultur hinzu. Heraus gekommen sind die Gothic-Lolitas, die so ein bisschen zwischen Horrorfilm und Schulmädchenreport dümpeln, möglichst unschuldig und sexy wirken wollen und (nach den Cybern) tatsächlich ein reiner Mode-Stil ist. Für mich jedenfalls.
  • Mid 2000s – Steampunk (2:04)
    Wäh? Steampunk soll aus Gothic entstanden sein? Okay, es gibt an den Haaren heraufbeschworene Parallelen, aber wäh? Definitiv kein Goth-Style. Noch nicht mal als Derivat. Basta! Der Steampunk bietet genug Kreativität für eine eigene Subkultur, die müssen sich nicht unter dem schwarzen Schirm verstecken. Ehrlich nicht.
  • Late 2000s – Pin Up (2:26)
    Wus? Jetzt kriegen wir auch noch die 50er und 60er auf das schwarze Butterbrot geschmiert. Rockabillys und Psychobillys liebstes Schmuckstück sind die Pin-Up Girls, die weder musikalisch noch visuell kompatibel zur Szene sind. Coole Musik ist dabei, keine Frage, aber mit Gothic hat das nichts zu tun. Auch nicht auf dem WGT, falls jemand meine Meinung wissen will.
  • Early 2010s – Pastel (2:48)
    Irgendwann dachten sich diese rebellischen Jugendlichen, dass sie den Style ihrer Grufti-Eltern mal interpretieren und mischten einfach Farben in die schwarze Welt. Schamlos! Eine der ersten Patchwork-Kulturen aus vorhergegangenen Stile der Szene. Ist so ein bisschen Emo mit drin, ein bisschen Punk, ein bisschen Lolita, ein Hauch Cosplay und ja, auch eine Priese Goth.
  • 2016 – Nu Goth (3:05)
    Ja, da sind wir angekommen im Jetzt. Nu-Goth heißt offenbar der neue Stil der nachwachsenden Gruftis. Schwerste filmischen Einflüsse aus allen möglichen Horror, Hexen und Vampir- Filmen und irgendwie stark Markenorientiert – wie ich finde. Ohne ein Teil vom Trend-Label „Killstar“ geht nichts. Markenzeichen: Übergrößen (lange Shirts im Basketball-Style und großflächige Drucke mit obskuren Symbolik-Collagen, markigen Sprüchen („Hex your Ex“) und einem Hauch Science Fiction. Wirkt stellenweise schon fast wie eine Persiflage der geliebten Szene-Symbol.

Gothic Friday Juni: Fünf Tage ohne Kompromisse schwarz sein (können) (Kathi)

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Kathi Traumtänzerin wurde bei ihrem erstem Treffen-Besuch, für sie damals ein Lichtblick in schweren Zeiten, von der WGT-Sucht gepackt und kam seit dem immer wieder. Freunde und Bekannte treffen, sich auch einfach mal treiben lassen und sich auch mal ordentlich in Schale zu werfen, ist das was das WGT für sie so besonders macht.

Dieses Jahr folgte das WGT für mich sehr kurz auf eine einschneidende Erfahrung, trotzdem wollte ich mir dieses Ereignis nicht entgehen lassen. Jedoch fiel mir das Ankommen erst einmal schwer und das gewohnte Gefühl stellte sich am Donnerstag nicht ein – obwohl ich viel bei Freunden aus Berlin war, die ich lange nicht mehr gesehen hatte, die Campside eines österreicher Bekannten besuchte und von dort aus mit zur Blauen Stunde genommen wurde.  Dazu muss ich glaube ich nicht viel sagen, außer, dass es mich riesig gefreut hat Adrian, Dennis und Shan Dark zu treffen und mit neuen Bekannten aus Österreich und Jenen zu reden.

Die Quintessenz des Freitags waren wie immer schöne Begegnungen, das erste Mal ordentlich toupiert werden, dadurch sehr viel mehr wohlfühlen und gute Gespräche (danke Katharina Noire, Robert, Sabrina, Katharina, Vigdis, Katharina und co.).
Das Konzert, das mein Highlight werden sollte enttäuschte mich durch die schlechte Akkustik etwas, aber für sein Alter war Peter Murphy sehr gut drauf (und überzeugte eine Freundin, die sonst eher modernen Gothic schätzt von Bauhaus jippie).

WGT 2016 frisch toupiert am Freitag in der Campside
WGT 2016 frisch toupiert am Freitag in der Campside

Der Samstag begann mit einer Dusche und dem Treffen einer Bekannten aus dem Österreicher-Camp in dem ich dann auch versumpfte bis diese zum Aufbruch läuteten. Mit ihnen besuchte ich ein für mich eher ungewöhnliches Konzert (Aggrotech, fragt besser nicht ;)). Danach landete ich wieder bei mir im Camp und vertrieb mir das Warten bis Dennis sich meldete, um bei Schminken und Styling für die Fetischparty zu helfen.  Der Besuch mit Dennis im HeiDo endete mit einem Einkauf für einen marokkanischen Freund und Folk-Musik. Schön fand ich, dass Robert sich auf die Frage, wer wo unterwegs sei meldete und mir die GPP ans Herz legte (auch dank dem Fakt, dass er und Sabrina da seien). Ich traf also die beste Entscheidung des Tages und fuhr ins Werk2. Wunderschöne, wundervolle Menschen (alte und neue Bekannte und Freunde), großartige Musik und endlich das WGT-Gefühl: Das Gefühl unter wunderbaren Gruftis ein paar Tage kompromisslos Schwarz sein (zu können). Der Grund, weshalb ich jedes Jahr wieder in Leipzig bin. Kein Wunder, dass ich bis ca. fünf dort blieb.

Am Sonntagmorgen war dementsprechend nicht an viel Schlaf zu denken und ich fuhr in Richtung Clara Zetkin Park wo das historische Tanzen stattfinden sollte (was leider abgesagt wurde – leider hab ich es doch letztes Jahr schon verpasst) dafür fuhr ich zurück ins Camp und stellte fest, dass Dornenreich spielten (wundervolles Konzert – eines meiner Highlights). Danach traf ich mich mit Katharina (Noire) am Hauptbahnhof zum Mittagessen und wir zogen weiter zum Schauspielhaus. Eine super Entscheidung mitzulaufen. Erstmal traf ich wieder Sabrina, Robert, Vigdis und einige andere. Außerdem sah ich The Legendary Pink Dots und Brothers of Trees. Danach ging es aus vollkommener Erschöpfung ins Zelt.

Fertigmachen am Montag 2016 (c) Luna-r-tic
Fertigmachen am Montag 2016 (c) Luna-r-tic

Am Montag war ich zu aller erst mit Dennis essen (sehr lecker danke nochmal dafür!)  und fuhr dann mit ihm zum Spontistreffen. Schöne Menschen, tolle Gespräche und wie immer eine schöne Atmosphäre (mehr muss ich dazu glaub ich nicht sagen). Irgendwann gegen halb sechs, sechs verabschiedete ich mich (wieder einmal mit Katharina Noire). Wir aßen am Hauptbahnhof Abendbrot und liefen zum alten Landesratsamt.  Dort spielten gerade Lament  deren Musik mir direkt ins Herz ging. An diesem Abend schätzte ich sie und Pink Turns Blue am meisten. Danach ging es direkt in die MoBa (weil ich meinen Ösi nochmal sehen wollte. Danke Theresia, dass du mich gebracht hast).
Mit Freunden von ihm brachte ich die Montagnacht durch (leider vergaß ich, dass ich mit Karima nochmal zur blauen Stunde hätte fahren können. Tut mir leid Adrian..)

Fazit: Auch, wenn die Stimmung erst später richtig aufkam danke an:
Robert, Sabrina, Vigdis, den Katharina’s, Ray, Karima, Anna, Max, Adrian, Dennis und vielen mehr (ich hoff ich vergesse jetzt niemand wichtigen) für eine tolle Zeit.

Was waren deine Konzerthighlights?

Meine musikalischen Highlights für dieses Jahr habe ich ja schon erwähnt. 2015 waren es Otto Dix, Fields of the Nephilims und Sweet Ermengarde, 2014 Sieben und 2013 Darkwood und Skeletal Family (ich hoffe ich vergesse jetzt nichts).

Das erste WGT 2013

Dort habe ich mich eher an Nadja (Grabesmond), Schatten, Chris und Co gehalten, dadurch bin ich oft in der Agra versumpft. Trotzdem habe ich alles geschafft, was ich sehen wollte und mehr und habe Zeit mit schönen (innen wie außen) Menschen verbracht. Damit zeigte sich, was mein Ex mir schon immer gesagt hat: das WGT hat Suchtfaktor (trotz dem es kurz vor meinem Klinikaufenthalt wegen schweren Depressionen lag).

Mein schönstes Festivalerlebnis

Momentan definitiv alle Spontistreffen und die Menschen, die ich dort getroffen habe. Sowieso steht und fällt mit der Gesellschaft ein jedes WGT (und anderes was ich bisher besucht habe) für mich ohne die Menschen dabei ist auch ein gutes Konzert nur halb so schön.

Sonstige Festivals

Leider habe ich bisher aus finanziellen Gründen neben dem WGT nur das Darkspring besuchen können, dass ich wärmstens empfehlen kann. Gute Musik, die sich aus kleineren Namen zusammensetzt um diese bekannter zu machen.

Gothic Friday Juni: 21 mal Wave-Gotik-Treffen in Leipzig – Es ist mein Familientreffen (Ronny)

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Nachdem Ronny den letzten Gothic Friday unglücklicherweise verschwitzt hat, möchte er es sich nicht nehmen lassen, dem aktuellen Juni-Thema wieder seine Gedanken und Erinnerungen zu spenden. Er ist – wie die Überschrift deutlich macht – Leipzig-Veteran und hat sich 2014 dann letztendlich entschlossen, in die schwarze Hauptstadt zu ziehen.

Dieses Jahr war ich zum 21. mal auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig. 1995 war mein erstes WGT, damals noch als Camper im Zelt. Grauenhaft. Also nicht das Festival, sondern das Zelten. Es war kalt, es war nass und für jede Unmöglichkeit musste man anstehen. Nichts für mich. So verbrachte ich das WGT 1996 teilweise im Auto und gönnte mir dann ab 1997 endlich ein Hotel. 2014 habe ich dann auch das Hotel überflüssig gemacht, denn da hatte ich bereits eine eigene Wohnung in Leipzig.

Warum fahre ich zum WGT?

Es geht mir hauptsächlich darum, alte und neue Freunde und Bekannte wieder zu sehen, die ja sonst viele viele Kilometer entfernt und über Deutschland verteilt wohnen. Von daher ist das WGT für mich tatsächlich ein Treffen, ein Familien-Treffen. Es ist ein gemeinsames Abtauchen in eine „andere“ Welt. 5 Tage und Nächte lang.

Wie war Dein letztes WGT?

Super! Für mich begann das WGT bereits am Donnerstag mit einem Highlight, direkt bei mir zu Hause: ich wurde von den Anwesenden nicht für meinen Auftritt in einer Fernseh-Dokumentation nicht geteert und gefedert ;-) Daher hatte ich das große Glück, das WGT zu genießen, es hätte auch anders kommen können.

Ronny Rabe - WGT Collage

Meist nimmt man sich soviel vor – Konzerte, Ausstellungen und Vorlesungen – doch meist kommt es eben auch immer anders. Weil man nie so genau auf die Uhr schaut und oft versackt man in einem Gespräch und schwups … hat man wieder was von seinem Vorhaben nicht geschafft. Aber ich muss auch sagen , dass ich die meisten Bands , sowieso schon einmal irgendwann gesehen habe und somit ist es für mich nicht wirklich tragisch, wenn ich im Ende vielleicht 3-4 Bands auf dem WGT sehe.

Was war mein schönstes Festivalerlebnis?

Mein „schönstes“ Festivalerlebnis war 2011 – das letzte mit meinem Mann – 3 Monate später ist er in meinen Armen eingeschlafen . Das schönste – das bewegendste , das emotionalste  – so würde ich es eher beschreiben – als es nur das Schönste zu nennen. Man konnte meinem Mann schon deutlich seine Krankheit ansehen – trotzdem haben wir zum WGT 2011 noch so einiges gemeinsam erlebt .

Mein eindrückliches Konzert?

Definitiv „Diamanda Galas“ 2011 in der Oper. Das war der Wahnsinn! Gänsehaut pur.

Welche Festivals sind noch Teil deines schwarzen Planeten?

Früher war es das Woodstage-Festival, das 1995 zunächst auf der Waldbühne in Augustusburg stattfand und mit Bands wie Calva y Nada, Goethes Erben, Lacrimosa und Cat Rapes Dog begeistern konnte. Ein Jahr später war dann das nächste Woodstage Festival dann in Glauchau mit Bands wie Project Pitchfork, Umbra et Imago, Rammstein (an die kann ich mich überhaupt nicht mehr erinnern). Weitere Woodstage Festivals folgten mit Headlinern wie den Sisters of Mercy, Anne Clark, den Fields of the Nephilim und vielen anderen. Nachdem es 2006 abgesagt wurde, war dann 2007 endgültig Schluss mit dem schönen Festival.

Eigentlich bin ich nicht so der Festival Gänger, ich habe lieber kleinere Konzerte in gemütlicher Atmosphäre. Außer im Oktober da wird es eine größere Sache, denn für „The Cure“ stelle ich mich auch einer größeren Menschenmasse ;-) Mera Luna oder das Amphi sind und waren noch nie mein Ding. Das nahezu immer identische Line-UP zusammen mit dem verbundenen Aufwand für 2 Tage Festival-Erlebnis sind mir einfach zu viel.

Gothic Friday Juni: WGT 1992 – Wichtig war das Zusammensein, Konzerte waren Nebensache (Malte)

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Malte hat einen ausgeprägten Gemeinschaftssinn, so veranstaltet er seit Jahren zu Pfingsten ein Jahrgangstreffen seiner Abiturklasse. Bei sich zu Hause. Blöd, dass das Wave-Gotik-Treffen genau an diesen Tagen veranstaltet wird. Ein paar Ausnahmen hat er allerdings gemacht, für das WGT und eine befreundete Band, die ihn auf dem Wave-Gotik-Treffen unter anderem als Doppelgänger einsetzten. Davon und von anderen spannenden Ereignissen erzählt er uns in seinem Artikel für den Gothic Friday im Juni.

Warum fährst Du zum WGT? Oder warum fährst Du nicht?

Insgesamt war ich nur viermal beim WGT: 1992, 1993, 2000 und 2008. Die ersten beiden WGT erlebte ich, weil ich 1990 oder 1991 auf dem schwarzen Treffen an der Gedächtniskirche in Berlin eine Gruppe Gruftis aus dem Dreieck Herzberg-Finsterwalde-Falkenberg kennen lernte. Viele Jahre lang besuchten wir uns gegenseitig: Entweder kamen sie mit mindestens einem Auto über ein Wochenende zu uns, um Diskos oder Konzerte zwischen Hannover und Osnabrück zu besuchen, oder ich besuchte sie in Finsterwalde, um dann gemeinsam in der Regel die „Insel“ in Berlin anzusteuern.

Durch diesen Austausch erfuhr ich auch vom ersten WGT, und mit zwei Freundinnen aus Hannover fuhren wir einfach los Richtung Leipzig – damals noch über Landstraßen am Harz entlang und ohne Navigationsgerät. In Leipzig angekommen, bereitete ich mich gerade auf langes Durchfragen nach dem Weg vor, als ich zufällig die Freunde aus Finsterwalde am Straßenrand stehen sah. Ohne es zu wissen, erwischten wir genau die Einfallstraße nach Leipzig, an der auch das Veranstaltungsgelände lag. Und zufällig passten wir die Freunde genau in dem Augenblick ab, als sie auch zum Eiskeller wollten. Und es waren nicht irgendwelche Schwarze, an denen wir uns auch hätten orientieren können, nein, es waren meine Freunde. Für mich ein wenig zuviel Zufall…

Als das WGT im Folgejahr wiederholt wurde, war es keine Frage, wieder dorthin zu fahren, weil ich mich weiterhin und regelmäßig mit den Finsterwaldern traf. Mittlerweile besuche ich das WGT nicht mehr, weil sich parallel am Pfingstwochenende so etwas wie ein Jahrgangstreffen meiner Abiturklasse entwickelt hat. Viele der Freunde, mit denen ich damals durch Dick und Dünn ging, kommen über Pfingsten wieder in die Heimatstadt, um einen Tag zusammen zu verbringen. Da ich der einzige von uns bin, der noch am ehemaligen Schulort wohnt, finden diese Treffen bei mir zu Hause statt. Und da die Freunde mittlerweile Familie haben, die sie mitbringen, bedeutet das ein Treffen von über 60 Leuten, von denen viele auch bei mir übernachten.

Gedächtniskirche Berlin - Gruftitreffen 1991
Auf den Schwarzen-Treffen vor der Berliner Gedächtniskirche, die Malte 1990 und 1991 besuchte, lernte er eine Gruppe Finsterwalder kennen…
Gedächtniskirche Berlin - Gruftitreffen
…mit den er sich in der folgenden Jahren regelmäßig traf, um 1992 auch erstmals das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig zu besuchen. Aber das war reiner Zufall.

Zwei Ausnahmen gibt es in meiner Zeit ohne WGT, die mit meiner Freundschaft zu einer Elektrogruppe zu tun haben. Bei der ersten Ausnahme 2000 wurde ich gefragt, ob ich mit zum WGT kommen könne, um beim Auf- und Abbau zu helfen. Damals konnte ich es noch mit dem Jahrgangstreffen meiner Abiturklasse verbinden, und so fuhr ich mit.

Wie war Dein letztes WGT?

Da kann ich gleich mit meiner zweiten Ausnahme 2008 weitermachen. Auch hier wurde ich vom Kopf der Elektrogruppe wieder im Vorfeld des WGT befragt. Er hätte sich etwas ausgedacht für ihren Auftritt und fragte mich nach meiner Meinung. Er wollte für die ersten ein, zwei Lieder Doppelgänger der Gruppenmitglieder auf der Bühne einsetzen, die dann durch die richtigen Musiker ersetzt werden sollten. Ich war begeistert, weil er es wieder einmal verstand, mit wenig Aufwand einen großen Effekt zu erzielen. Ich hielt mich mit meiner Begeisterung nicht zurück und fragte ihn, wer denn sein Doppelgänger sein solle. Er grinste mich nur an und mir wurde klar, dass ich nun als sein Doppelgänger nicht mehr zurückkonnte…

Also ließ ich am Nachmittag des Pfingstsonntags meine über 60 Gäste des Jahrgangstreffens allein und düste nach Leipzig, glücklicherweise nun über Autobahnen und nicht mehr über Landstraßen. So kam es, dass ich im Kohlrabizirkus auch einmal auf der Bühne, wenn auch nur kurz, stehen konnte. Nach dem Auftritt traf ich mich noch mit den Finsterwaldern, dann fuhr ich aber auch schon recht bald wieder nach Hause. Vom Geschehen insgesamt, von dem, was das WGT ausmacht, bekam ich also gar nichts weiter mit.

Wie Dein erstes Wave-Gotik-Treffen?

Wave-Gotik-Treffen
Wave-Gotik-Treffen 1992 auf dem Zeltplatz. Musik war Nebensachen, wichtig waren Malte die Gespräche und das Miteinander.

1992 habe ich ja schon kurz angerissen. Was ich nie vergessen werde, ist, dass mehr das Treffen untereinander zählte, das Zusammensein, das Kennenlernen und die Gespräche. Die Konzerte waren Nebensache. Am ersten Abend wollte ich irgendwann doch zur Bühne, blieb aber auf dem Weg dorthin wieder in Gesprächen hängen, so dass es mit Musikkonsum nichts mehr wurde. Am zweiten Abend klappte es schließlich mit den Konzerten, doch ich könnte nun die einzelnen Gruppen spontan gar nicht aufzählen.

Auch der Zusammenhalt war großartig. Wir drei fuhren zwar neben Verpflegung mit Schlafsäcken und Luftmatratzen los, jedoch ohne Zelte. Die Finsterwalder Freunde meinten im Vorfeld einfach nur, dass wir schon in irgendeinem Zelt mit unterkommen könnten und dass sich das schon ergeben würde. Genauso war es dann auch: Schlafplätze für uns wurden bereitwillig freigeräumt, teilweise auch von Leuten, die wir (noch) nicht kannten. Was die Verpflegung tagsüber betrifft, kann ich mich nicht an Buden oder Wagen für Essen oder Trinken erinnern, an denen eingekauft werden konnte. Trotzdem kann ich mich auch nicht an Hunger oder Durst erinnern, weil wir ständig etwas angeboten bekamen und natürlich auch selbst angeboten haben, wenn bei uns gerade etwas fertig zubereitet (es leben Gaskocher und Dosensuppen!) oder griffbereit war.

Unschlagbar war die Nähe von Zeltplatz und Veranstaltungsort! Ein Fußweg von wenigen Minuten. Im Jahr darauf waren es schon 20 oder 30 Minuten, jedenfalls genug, dass wir zweimal überlegten, ob wir den Weg antreten sollen oder nicht.

Und ich frage mich immer noch, ob das Zelten 1992 nun eigentlich offiziell und erlaubt war oder ob es sich um wildes Zelten handelte. Meine Vermutung ist letzteres. Es schien aber auch niemanden zu interessieren. Und, um nun einmal einen negativen Aspekt zu bringen: Die Ablehnung der Leipziger. Die war greifbar. Zwar war es keine offene Aggressivität, zwar gab es keine Beleidigungen, aber man kann auch im Stillen und durch Ignorieren seine Missachtung zum Ausdruck bringen. Und das taten sie. Was habe ich mich gefreut, als ich in den Folgejahren durch Presse und persönliche Berichte erfuhr, dass sich die Leipziger allmählich arrangiert haben!

Was ist Dein schönstes Festivalerlebnis?

Wave-Gotik-Treffen 1993 Zeltplatz
Posieren auf dem Zeltplatz zum Wave-Gotik-Treffen 1993, das da eigentlich noch Wave-Gothic-Treffen hieß

Das war während des „Chaos-WGT“ 2000. Ich war ja zum Helfen mit, und geplant waren der Auftritt und zwei Hotelnächte, vom Veranstalter bezahlt. Recht schnell waren wir mittendrin in dem ganzen Durcheinander. Zuerst jagte ein Gerücht das andere, niemand wusste Konkretes. Reisekosten und die zweite Hotelnacht zahlten wir aus eigener Tasche, was noch das kleinste Problem war. Als „unser“ Auftritt anstand, bauten wir mindestens zweimal die Bühne auf und wieder ab, weil es wiederholt hieß, dass die Veranstaltung vorbei sei. Zwar sagten meine Freunde sofort zu, auch ohne Gage zu spielen („Wir haben nicht den weiten Weg gemacht, um ohne Auftritt wieder nach Hause zu fahren“ – eine andere Reaktion hätte ich von ihnen auch nicht erwartet), aber für ein Konzert braucht es nicht nur eine auftrittsbereite Gruppe, sondern unter anderem auch Strom, Sicherheitsleute und Technik. Irgendwie fanden sich aber Mitstreiter, die das organisatorische Vakuum füllten und sich kümmerten. Die Zusagen einiger Künstler in der Hinterhand, trotz allem zu spielen, übernahmen großgewachsene Hünen aus dem Heidnischen Dorf die Sicherheit, und einige andere Mutige verhinderten, dass die technischen Geräte abtransportiert wurden.

Das war wirklich ein einmaliges Erlebnis. Zuerst schien es, als ob das WGT abgeblasen werden würde, und dann organisierten wir uns selbst. DAS war Szene, DAS war „independent“ (ich bitte um Entschuldigung für diesen einen Anglizismus, den ich jedoch mangels Alternative bringen muss). Die daraus resultierende Atmosphäre und Stimmung bei den Konzerten waren genauso einmalig. Was wichtig war: Spaß haben und etwas für die Gemeinschaft zu tun.

Was war Dein eindrücklichstes Konzert?

Die Frage möchte ich hier nicht beantworten, aber es während des zweiten WGT.

Welche Festivals sind noch Teil Deines schwarzen Planeten?

Ich hoffe, dass die Frage nicht auf aktuelle Veranstaltungen zielt, weil ich die fünf Veranstaltungen der Reihe „Festival of Darkness“ von Kai Hawaii in Hannover anführen möchte. Es waren jeweils fünf oder sechs Gruppen an einem Abend auf einer Bühne, also noch überschaubar im Vergleich zu den heutigen mehrtägigen Veranstaltungen. Kai verstand es, hochkarätige Gruppen an einem Abend zu vereinen, und das zu einem sensationell günstigen Preis (ca. 30 DM!). Da hat er der Szene wirklich etwas Gutes getan! „And One“ hatten in dieser Reihe 1991 ihren ersten Auftritt vor großem Publikum, „Deine Lakaien“ boten 1992 ihr erstes Akustikkonzert dar. Die Erinnerungen an diese Konzerte quasi vor meiner Haustür sind genauso eingebrannt wie meine ersten Konzerte von „Depeche Mode“, „Sisters of Mercy“ und „Project Pitchfork“ oder wie das oben genannte Schwarzentreffen an der Gedächtniskirche.

Plakat - Festival of Darkness

Gothic-Friday Juni: Wave-Gotik-Treffen – Krümmung des Raum-Goth-Gefüges (Federflausch)

Schon am Wochenende nach dem WGT habe ich angefangen diesen Beitrag zu schreiben. Die Eindrücke waren noch frisch (ich noch nicht wirklich wieder) und ich im schwedischem „Niemandsland“ zwischen tiefer Depression angesichts meiner gruftigen Isolation, von der ich schon viel zu lange die Schnauze voll hatte, einigen der schlimmsten Heimweh- und Vermissungsanfällen seit ich im Januar weggegangen war und himmelhoher Euphorie ob des Erlebten. Emsig tippe ich die ersten Sätze in die Tasten, um dann ratlos den Bildschirm anzustarren – dieses WGT war ganz und gar nicht wie die vorangegangenen gewesen. Bin ich nach dem WGT normalerweise für eine ganze Weile gesättigt – konnte ich wenige Tage danach die nächste Auflage nicht erwarten, die Treffentage fühlten sich an wie nebeliger Traum und als wären sie Monate vergangen.

Wegen, weil ja. Wie war mein letztes WGT? Anders. Wie immer. Emotional. Befremdlich. Vorallem kalt. Scheißschweinekalt!
Ich wusste es, jeder Mensch mit ein bisschen Verstand sollte es wissen, aber besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Nach über 12 Stunden Anreise am Mittwoch war ich schon bevor das WGT losging klipperkaputt, aber aufgeregt wie ein kleines Kind vor Weihnachten, Geburtstag und Ostern zusammen. Wiedersehensfreude, Umarmen, „meine“ Menschen und – ja, ich kann es nur immer wiederholen, so pathetisch und abgedroschen es klingen mag – nach Hause kommen.

Und doch: etwas stimmte nicht. Ich fühlte mich fremd in meiner eigenen Welt, ratlos zwischen authentisch zelebrierter Gruftiness und Karneval mit Schützenfeststimmung. Wo war sie „meine Szene“? Ich lies mich mitziehen ins Belantis um den Abend mit Freunden und Bekannten zu verbringen und für mich hatte es trotz all der lieben Menschen, die ich endlich wieder in die Arme schließen konnte etwas von Gruselkabinett, ich war im falschen Film (so was von falsch, dass der Artikel dazu noch aussteht). Erst am Freitag, als ich Mitcamper Mark nötigte meine Haare zu stellen und unter Thomas Witzeleien („Spürt ihr das? Das Raum Goth-Gefüge dehnt sich aus. Die Panadisierung schreitet voran“) es endlich schaffte Schminke aufzutragen fühlte ich mich langsam besser und mir wurde wieder bewusst, wie sehr mir das alles die letzten Monate gefehlt hatte.

Hante beim WGT 2016
Hante beim WGT 2016

Hante war eines der wenigen Konzerte, die ich beim WGT dieses Jahr gesehen hatte und unbedingt hatte sehen wollen. Klangrausch. Großartig. Tiefgehend. Auch Pink Turns Blue hätten mich begeistert, wäre ich nicht so furchtbar müde und erschöpft gewesen. Die meiste andere Zeit verbrachte ich dieses Jahr damit Freunde und Bekannte wieder zutreffen und mich mitziehen zu lassen. Die Fahrerei von hier nach dort war mir schlicht zu viel und ich war froh, wenn mir mal halbwegs warm wurde. Auch Austausch und erwählte Gesellschaft waren mir deutlich wichtiger als potentielle „könnte ganz interessant sein“ Konzerte und so endet ich immer wieder im Täubchenthal und der MB mit neuen und alten Gesichtern. Mit vielen Gesprächen, massiven Lachanfälle, die mir das Laufen fast unmöglich machten, einer Stunde warten im Starkregen und schließlich der Feier meines Geburtstages beim Gothic Pogo, zu dem mich eine Freundin von zu Hause extra besuchte und uns alle mit Kuchen und Hochprozentigem beglückte und was mir am nächsten Tag eine Begrüßung von Robert verwehrte, sondern unvermittelt ein „Du warst so betrunken gestern“ gefolgt von einem belustigtem Lachen einbrachte. Wie schade, dass ich es erst spät zum Spontis Family Treffen schaffte und viele Spontis-Leser und -Schreiber daher leider nicht mehr antraf.
Deutlich irritiert hat mich dieses Jahr die prollige Stammtischart vieler Festivalbesucher und viele seltsame Aufmachungen und Selbstdarstellungen. „Das ist nicht meine Szene“, dachte ich leider viel zu oft. Und doch: bei meinen Mitzeltern, beim GPF und dem Spontis-Family-Treffen und manchmal auch zwischendrin, war da dann doch „meine Szene“.

Fährst du wieder auf’s WGT?

Ein Ausschnitt der Ausstellung 26. Jahre WGT im Stadtmuseum Leipzig
Ein Ausschnitt der Ausstellung 25. Jahre WGT im Stadtmuseum Leipzig

Deshalb und trotzdem werde ich auch nächstes Jahr auf’s WGT fahren. Weil ich eben doch immer wieder „meine Szene“ dort finde. Leute mit denen ich mich gerne austausche, feier, diskutiere, tanze, (neuer) Musik lausche. Leute, die ich meist das ganze Jahr nicht sehe, von denen ich nicht viel höre, aber die einen dann herzlich umarmen und aufnehmen. Die zu besseren Bekannten und Freunden werden. Die sich ganz authentisch zeigen, wie sie sind und einem das schillernde Dunkel ihrer selbst offenbaren. Ich fahre zum WGT wegen den vielen Begegnungen. Wegen des wohlig warmen Gefühls im Bauch, wenn Künstler einem mit ihren Werken unmittelbar in der Seele berühren, wenn man sich fallen lassen kann in die Musik und dieses Gefühl teilen kann. Ich fahre auf’s WGT weil sich jeder Millimeter schmerzender Fuß vom zu vielem Tanzen, stehen, laufen lohnt. Ich fahre zum WGT für all die schönen Momente, die ich mit nach Hause nehme – und eigentlich fahre ich zum WGT um zu Hause zu sein.

Mein erstes WGT

Dabei war mein erstes WGT rückblickend betrachtet ziemlich seltsam. Die Personenzusammensetzung war sehr suboptimal, den Freitagabend verpassten wir ganz, es herrschte teilweise gedrückte Stimmung, wir waren auf Grund der Lage des Hotels etwas abgeschnitten vom ganzen Geschehen und ich als Soziallegastetikerin war völlig überfordert von den ganzen Menschen. Trotzdem habe ich das ein oder andere gute Konzert erlebt und das Bedürfnis immer wieder zu kommen.

GPF
Gothic Pogo Festival

Das schönste Festivalerlebnis und das beste Konzert

Ein einziges schönstes Festivalerlebnis kann ich überhaupt nicht benennen. Es sind die Menschen und Begegnungen, die diese Momente prägen, die einem in Gedanken und im Herzen bleiben, die menschliche Wärme und Unmaskiertheit von Menschen, die mir begegnet sind, die ich meine Freunde nennen darf und solcher, die sich trotz aller Entfernung einem Platz im Kreis meiner Lieblingsmenschen und interessanter Bekanntschaften gesichert haben.

Auch ein eindrücklichstes Konzert kann ich nicht benennen. Hante waren fulminant. Ascetic auf dem Melting Sounds nicht weniger eindrücklich. Escape with Romeo bei einem Konzert nicht weniger mitreisend. Auch in Erinnerung bleiben wird mir das Konzert der Krupps bei meinem ersten WGT – eigentlich so gar nicht meine Musik war ich von deren Darbietung einfach nur geflasht und und jeder einzelner industriell anmutender Hammerschlag vibrierte durch jede Schicht meines Körpers.

Und sonst?

Neben dem WGT reizen mich vor allem kleine Festivals. Das Melting Sounds, das Young and Cold, die Gothic Pogo Party, aber auch das Campus Noir in Ilmenau kann ich nur wärmstens weiterempfehlen. Hier kann man das familiäre Gefühl fast greifen, neue Bands entdecken und sich immer wieder im Tanz und der Ektase verlieren.

 

 

Gothic Friday Juni: WGT-Erinnerungen und ein zwiespältiger Blick aus der Ferne (Caro)

Tja, was soll ich über das WGT noch großartig schreiben, was ich nicht schon bisher gesagt habe? Es gibt ja zum Glück ein paar konkrete Fragen, an denen ich mich entlang hangeln kann, und wenn ich mich irgendwo wiederhole, sei mir verziehen, denn es dient dann nur dem Kontext ;-) Das WGT 2016 ist Geschichte, ich war – mal wieder – nicht dort und kämpfe daher auch nicht mit sogenannten Post-WGT-Depressionen, kann jedoch auch leider keinen (schönen) Erinnerungen an diese nachhängen… Ehrlich gesagt, war das Spontis-Treffen der größte Anreiz, mal wieder hinzufahren. Ich hab mich nur leider von den äußerst pessimistischen Wetterfröschen abhalten lassen, was mich im Nachhinein meine Haare raufen ließ, da das Wetter sich so gar nicht an die Vorhersage hielt. Glück für das Spontis-Treffen, Pech für mich. Nächstes Jahr dann hoffentlich…

Doch dazu komme ich noch.

Warum fährst Du zum WGT? Oder warum fährst Du nicht?

Früher war das WGT für mich ein ersehntes Ereignis, und egal wie es letztendlich ausfiel, ich freute mich immer wieder aufs Neue darauf. Die Zeiten sind lange vorbei, was mehrere Gründe hat. Doch zunächst einmal das, was ich damals positiv empfand!

1998_WGT-08Obwohl ich im angeblich so flippigen und toleranten Berlin wohnte, war es damals – Anfang/Mitte der Neunziger Jahre – für mich unangenehm, als Grufti auf der Straße blöde angeglotzt oder sogar dumm angemacht zu werden. In manche Ecken der Stadt traute ich mich abends gar nicht erst aus Angst, von Neonazis angegriffen zu werden. Die Berliner Schwarze Szene verlor in den Neunzigern nach und nach immer mehr ihrer Treffpunkte, als diverse Clubs schlossen. Festivals gab es in Berlin damals nicht so viele, das im Sommer auf der „Insel der Jugend“ war so ziemlich das Highlight. Also sah es nicht so rosig aus, einige Leute wanderten auch in die Techno- und Metalszene ab.

Das WGT war dann eine willkommene Möglichkeit, ein paar Tage mit Gleichgesinnten zu verbringen, neue Leute kennen zu lernen und auch andere zu treffen, die nicht in derselben Stadt wohnten und die man damals nur durch Briefkontakt kannte. Und es war – nach den ersten zwei WGTs – auch zunehmend entspannter, sich in Leipzig zu bewegen. Anfangs schauten die Einwohner ja noch sehr skeptisch bis unverholen neugierig, man fühlte sich auch hier noch ein bisschen wie ein exotisches Tier im Zoo, auch wenn die „Masse“ eher Schutz bot. Bei einem der ersten Treffen gab es auch einen Skinhead-Alarm, was einige zur überstürzten verfrühten „Flucht“ vom Zeltgelände veranlasste. Ich weiß nicht, ob damals tatsächlich noch Skins auftauchten.Von meinen Berliner Freunden und Bekannten fuhren immer nur recht wenige zum WGT, einmal bin ich sogar nur zu zweit mit einer Freundin hingefahren. Bis auf ein Mal, als ich mit einigen Brandenburger Gruftis anreiste, die vor Ort noch eine weitere Gruppe antrafen, gab es also keine große Gruppe, in der ich mich bewegte. Eher traf ich vor Ort ein paar Bekannte, aber es ergaben sich dadurch, dass es keine Clique war, auch eher Gespräche mit Fremden und neue Bekanntschaften. In der großen Gruppe erlebte ich es, dass wir dann das ganze WGT über auch völlig unter uns blieben. Insofern mochte ich es lieber, mit wenigen Leuten anzureisen und dafür mehr von den anderen Besuchern ringsherum mitzubekommen.

Die ersten WGTs waren von den Veranstaltungen und ihren Austragungsorten noch überschaubarer, da begegnete man sich immer wieder und es gab auch vieles, was man sich gemeinsam anschaute. Das störte mich dann zunehmend, als das WGT immer größer wurde, dass sich die Leute ihren Interessen nach immer mehr aufsplitteten und man sich immer wieder mühsam zusammensuchen musste. Damals gab es ja noch keine Handys! Man hetzte irgendwann nur noch von Ort zu Ort, um entweder rechtzeitig in die Locations hinein zu kommen oder seine Leute wieder zu finden. Schon allein die Qual der Wahl, welche der vielen Angebote ich jetzt nutze und wie das alles zeitlich hinhaut, hat mich oft genervt. Da fand ich es zu Anfang, als das Meiste noch im Werk II und der Parkbühne angesiedelt war, entspannter. Okay, mit dem Größenwachstum des WGTs gab es irgendwann keinen Veranstaltungsort mehr, der alle hätte aufnehmen können. Auch ist es schon nett, wenn verschiedene Locations dabei sind, um für etwas Abwechslung zu sorgen. Letztlich hielt ich es dann so, dass ich nur noch ganz wenige Veranstaltungen besuchte, die mir wirklich wichtig waren. Gern hätte ich auch mehr mir unbekannte Bands gesehen und womöglich neue Perlen entdeckt, als nur meine Highlights abzuklappern. Doch irgendwann war es mir einfach zu viel des Angebots.

Wave-Gotik-Treffen 2012Es könnte ja zum Beispiel auch jedes Jahr unter ein anderes Motto gestellt werden (zumindest die Randveranstaltungen wie Lesungen, Ausstellungen etc.), anstatt immer eine riesengroße Bandbreite auf einmal zu bieten, die man eh nicht auskosten kann…

Jetzt bin ich schon mittendrin in den negativen Aufzählungen, die das WGT irgendwann für mich nicht mehr so attraktiv werden ließen. Es wurde einfach zu groß, zu unübersichtlich, zu unfamiliär und zu verwässert. Verwässert in dem Sinne, dass es sich immer mehr von den beiden „Kernen“, Wave und Gothic, entfernte. Diese wurden von anderen Stilrichtungen verdrängt, die man zwar auch zum Teil der Schwarzen Szene zuordnen kann, aber auch einiges sehr Fremde kam hinzu – ich sage nur: Cyber. Es wurde immer bunter, immer schriller, immer mehr auf Optik reduziert. Schaulaufen halt. In kleinerem Rahmen gar es das zwar auch früher, aber dass es ein derartiges Wettrüsten der Kostümierungen wurde, geschah erst im Laufe der Jahre. Ich gestehe, dass ich in den letzten Jahren auch ab und zu allein zum Fotografieren über Pfingsten nach Leipzig gefahren bin. Das hätte ich sicher nicht gemacht, wenn da nur lauter Oldschool-Waver und Gruftis rumlaufen würden. Aber es macht natürlich auch Spaß, die vielen aufwändigen Outfits zu betrachten – und auch ein wenig zu lästern, wenn jemand wirklich übertreibt oder stilistisch völlig daneben haut. Doch das zeigt mir, dass ich das WGT inzwischen mit wirklich anderen Augen sehe. Nicht mehr als Szenetreffen und „Schwarze Familie“, sondern als Massenspektakel mit Karnevalscharakter.

Seit ich einmal mit einem Wohnmobil beim WGT war, anstatt zu zelten, kann ich mir nicht mehr vorstellen, nochmal auf dem Zeltplatz unterzukommen. Lieber habe ich die Möglichkeit, meine Sachen sicher wegzuschließen, meine Lebensmittel kühl zu lagern und mich in Ruhe ohne ein enges Zelt um mich herum umzuziehen. Ungestörte Nachtruhe ist auch ein nicht zu verachtender Faktor, wenn man wie ich keine Nachteule ist und seinen Schlaf braucht. Tja, die Kehrseite an der Tatsache, dass ich ein Hotelzimmer inzwischen vorziehen würde ist, dass man so natürlich noch etwas isolierter vom Festivalfeeling ist. Beim Zelten ist man immer unter Leuten, bekommt Gespräche mit, kommt ins Gespräch, ist mittendrin. Da gibt es im Hotel weniger Möglichkeiten, anzuknüpfen. Apropos Hotel: es ist schade, dass viele gut gelegene und bezahlbare Unterkünfte schon lange im Voraus ausgebucht sind und die Preise im Allgemeinen über Pfingsten mächtig anziehen. Das schreckt mich dann auch etwas ab, da ich kein Großverdiener bin, sondern nur einen Teilzeitjob habe. Wenn man dann erstmal abwartet, welche Bands fest im Programm sind, gibt es schon kaum noch geeignete Unterkünfte.

So ergab es sich, dass ich all die Jahre immer wieder überlegte, mal wieder als zahlender Besucher zum WGT zu fahren, mich aber letztlich dann doch dagegen entschied. Zu wenig Anreiz, zu viele Menschen, zu wenig echtes Szenefeeling, zu stressig und zu teuer. Das waren meine Beweggründe. Wenn ich dann nur so zum Knipsen hinfuhr oder  Foto- und Filmbeiträge zum aktuellen WGT sah, wurde ich doch immer wieder etwas wehmütig. Aber das rechte bislang nicht, um mich umzustimmen.

Wave-Gotik-Treffen 1997In diesem Jahr hatte ich vor allem zwei Gründe, weshalb ich überlegte, doch wieder teilzunehmen – sogar ein (nicht ganz billiges) Hotelzimmer hatte ich gebucht! Zum einen hatte ich gehört, dass es immer weniger Cybers auf dem WGT geben soll, was die Atmosphäre für mich wieder interessanter, authentischer gemacht hätte. Ich hab zwar nicht wirklich was gegen Cybers, aber ich verstehe nicht, wie sie das WGT dermaßen unterwandern konnten. Die beiden Szenen haben ja nun wirklich nahezu gar nichts gemein. Der zweite Anreiz war das Spontis-Treffen, da ich gerne einige der Leute getroffen hätte, von denen ich schon Interessantes gelesen habe – und weitere Kontakte geknüpft hätte.

Das ging so weit, dass ich, als ich mich schon wieder gegen das WGT entschieden und die Hotelbuchung storniert hatte, nur für’s Spontis-Treffen nach Leipzig gefahren wäre…

Als bekannt wurde, dass die Karte nochmal 20% Preisaufschlag erhalten würde, habe ich nachgerechnet und kam auf fast 500 Euro allein für Karte und Hotelzimmer, das wäre dann doch etwas zu heftig gewesen, zumal ich gerade eine sehr hohe Tierarztrechnung zu begleichen hatte. Also wieder kein WGT… Nächstens Jahr will eine Freundin eine größere Unterkunft anmieten und hat mich schon gefragt, ob ich dabei bin. Ich hab zugesagt und wenn nichts Ernstes dazwischen kommt, werde ich nach dann mittlerweile 18 Jahren Abstinenz mal wieder eine echte WGT-Besucherin sein… inclusive Besuch beim Spontis-Treffen, stilecht mit Pikes, versteht sich ;-)

Wie war Dein letztes WGT?

Das war besagtes mit dem Wohnmobil, im Jahr 1999, das letzte WGT unter den alten Betreibern vor dem „Chaos“ im Jahr 2000. Wir sind zu viert oder fünft hingefahren, aber ich habe mit einem Freund allein im Wohnmobil „gehaust“, die anderen haben gezeltet. Es gab noch keine Handys, daher war es Glücksache, die anderen Berliner wieder zu finden. Die Parkbühne war damals ein guter Treffpunkt. Ich streifte viel allein herum und habe mich zum ersten Mal getraut, auch ein paar Besucher um Fotoerlaubnis zu bitten. In den Jahren zuvor habe ich immer nur heimlich fotografiert, was natürlich selten gute Bilder brachte. Aber auch meine genehmigten Portraits sind mit heutigen Augen betrachtet nicht der Hit, da ich damals von Fotografie kaum Ahnung hatte und mit einer analogen Kamera die Fotofehler ja erst mit Abholen der Abzüge sichtbar wurden. Aber ich bin dennoch froh, damals viele Bilder gemacht zu haben! Ich erinnere mich, dass es damals aufkam, dass sich viele Mädels kleine Hörnchen aus Haaren hochstellten. Die ersten Cybers und andere schrill-bunte Gestalten tauchten auf.
Ich freute mich tierisch über den ersten Live-Auftritt von Clan of Xymox seit langem, da kullerten auch ein paar Emotions-Tränchen bei den alten Hits.

Wie war Dein erstes WGT?

Wave-Gotik-Treffen 1993Das war 1993, also das zweite WGT. Es war überschaubar, wirklich noch familiär. Wir zelteten auf einem ehemaligen Sportplatz, die Sandbahn war Flaniermeile und manch langkuttiger Grufti zog bei dem heißen trockenen Wetter eine kleine Staubwolke hinter sich her. Vielen zerfloss das Make-up, vor allem bei denen, die sich weiße Gesichter geschminkt hatten. Ich war die einzige aus unserer Gruppe, die keinen Sonnenbrand hatte :-) Ich bin mit drei anderen Berlinern hingefahren, habe dort noch eine Brieffreundin aus Mecklenburg-Vorpommern getroffen.
Es spielten insgsamt 10 Bands: In Slaughter Natives, Morthound, Collection D’Arnell-Andrea, Xymox, James Ray Gangwar, Moonday, Lacrimosa, Sleeping Dogs Wake, The Essence und Love Like Blood. Ich wollte vor allem Love Like Blood und The Essence sehen. Lacrimosa trat angeblich betrunken auf, traf keinen Ton und wurde ausgebuht (habe ich nicht gesehen, aber es wurde mir lebhaft geschildert). Das meiste spielte sich im Werk II und im Park Mühlholz ab – dort war ein kleiner Mittelaltermarkt. Den Treffen-Becher aus Ton gab es schon, eine schöne Idee!
Wie bereits erwähnt, guckten die Leipziger noch etwas irritiert ob der schwarzgewandeten Grüppchen, die durch die Stadt zogen. Der Radius war noch kleiner, aber dafür liefen dann auch fast alle immer die gleichen Wege. Leipzig war noch sehr heruntergekommen, viele Häuser trugen sogar noch Einschusslöcher aus dem 2. Weltkrieg. Kein Vergleich mit heute!

Was ist Dein schönstes Festivalerlebnis?

Da gibt es kein wirkliches Highlight. So viele Festivals habe ich auch nicht besucht. Die Herbstnächte auf Burg Rabenstein in Brandenburg um die Jahrtausendwende waren schön, aber auch das Indie-Tours-Festival 1993 in einer Klosterruine in der Stadt Brandenburg. Da flogen sogar Fledermäuse herum, während die Bands spielten!

Was war Dein eindrücklichstes Konzert?

Zwei Auftritte meiner Lieblingsband „The Chameleons“, 2000 in Hamburg und 2013 (?) in Berlin. Ich finde es sehr sympathisch und authentisch, wie der Sänger, Mark Burgess, bei den Songs mit Mimik und Gestik mitgeht und man merkt, mit wie viel Freude er nach all den Jahren immer noch auftritt. Und diese herrlichen Gitarrenklänge!

Und: welche Festivals sind noch Teil Deines schwarzen Planeten?

Wie gesagt, Festivals besuche ich seltener. Zum einen gibt es wenige, die mich wirklich reizen, und zum anderen schaue ich mir lieber Einzelgigs ausgewählter Bands an. Dann können sie länger spielen, es gibt weniger nervige lange Umbaupausen. Manche Festivals dauern mir auch einfach zu lange. Mehr als 3 Bands mag ich mir selten nacheinander anschauen.

Wave-Gotik-Treffen 1993

Videoflohmarkt – 5 halbwegs frische Songs für den verregneten Juni

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Spätestens seit YouTube ist das Musikvideo wieder auf dem Vormarsch. Oder ich habe einfach wieder gepennt. Es braucht nicht viel und schon gar kein überteures Equipment, um halbwegs anschauliche oder auch innovativ fantastische Videos zu produzieren. Was man wieder einmal braucht, ist eine Idee und Leidenschaft, diese Idee umzusetzen. Ob ihr es glaubt oder nicht, einige dieser Videos schlummern schon ein paar Monate in einem Entwurf nur weil ich nicht genügend Ideen für einen schneidigen Titel und einen Zusammenhang erübrigen konnte. Wofür eigentlich? Das wusste ich dann auch irgendwann nicht mehr, der Ordner „Für später Speichern“ platzte aus den virtuellen Nähten. Fange ich also mal von oben an, präsentiere ein paar Videos und überlasse Euch den Geschmackstest.

Codename:LolaNew Dark Age (Cover des gleichnamigen Stückes der Post-Punker von „The Sound“ aus dem Jahr 1981) – Gibt es übrigens hier als kostenlosen Download zum World Goth Day 2016. Schneidiger Dark Wave aus England, in dem immer noch das Herz des Goth-Rock schlägt. Seine Wurzeln kann man eben nicht ausblenden.