Vorgestern war ich mit meinem besten Freund und seinem 12-jährigen Sohn im Kino. Ich wurde eingeladen, den neusten Teil aus der „Jurassic Park“ Reihe anzuschauen, der sich nun „Jurassic World“ schimpft und sich anschickt, zum Blockbuster des Jahres zu avancieren. Und während auf der Leinwand – vom Dolby-Klang knackender Knochen untermalt – reihenweise Menschen gefressen, durch die Luft geschleudert und zu Tode getrampelt wurden, machte ich mir darüber Gedanken ob Filme ab 12 Jahren auch in meiner Jugend so blutrünstig gewesen sind. Ihr merkt schon, so doll fand ich den Film jetzt nicht – oder besser gesagt, die Anspruchslosigkeit der Story ließ Raum für Grübeleien. Meine altersgerechte Empörung (bin nun offiziell Ü40) über die Gruseligkeit und Brutalität aktueller Kinofilme verfolg jedoch schnell, denn so war es eigentlich schon immer, man denke nur an „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“, der auch ab 12 war. Gut, ein klein bisschen strenger war man früher schon, so konnte ich damals „Gremlins“ (FSK 16) nur in Begleitung meiner Schwester gucken – der Film läuft heute im Nachmittagsprogramm. Man geht eben mit der Zeit oder irre ich mich etwa? Es ist schwieriger geworden die Jugend zu schützen, soviel ist mal sicher. In der 80ern war es kaum möglich, sich „Halloween“ ins Kinderzimmer zu schmuggeln, schon gar nicht wenn man keinen VHS-Rekorder hatte und „nur“ eine ältere Schwester die so etwas überhaupt nicht toll fand. Heutzutage ist das alles ein paar Mausklicks entfernt. Ich finde, es ist schwieriger geworden seinen Nachwuchs zu „schützen“ oder deutlich anstrengender, seinen Kinder bei der Bewältigung der Reizüberflutung zu helfen. Jetzt aber zur Wochenschau:
Einen Schritt zu weit? Zombie-Kinder-Fotos | VICE
Das Internet kennt keine Altersfreigabe. Gut oder schlecht? Fotografin Brittany Bentine aus Houston verwandelt Kinder in blutrünstige Zombies. Sie beschreibt sich als „America’s First Goth/Alt and fantasy themed photographic art for Maternity,babies,kids,families and teens.“ Sie inszeniert Kinder als blutüberströmte Zombies und arrangiert sie kunstvoll in ihren Foto-Arbeiten. Stichwort Kunst. Für ihre Arbeit wird sie kritisiert, sogar von Kindesmisshandlung ist die Rede. „…in der Unterhaltungsindustrie haben wir es schon sehr, sehr lang mit Zombie-Kindern zu tun—in Hollywoodfilmen oder so. Es ist kein brandneues Konzept. Es gibt Das Omen und Kinder des Zorns und das sind alles Horrorfilme mit Kinderfiguren. […] Jeder hat das Recht auf seine Meinung. Nicht alle mögen die gleiche Sache. Manche Leute mögen Landschaftsgemälde und manche nicht. Die Kinder haben eine Menge Spaß. Niemand wird gequält. Ich habe das schon so oft gesagt: Wenn ein Kind keinen Spaß dabei hat, dann hören wir auf. Und das ist auch schonmal vorgekommen. Wenn sie sich nicht wohlfühlen, wenn sie das nicht machen wollen oder sie Angst bekommen, dann wird das Shooting nicht stattfinden.„
Gruftorexie – Eine erbliche Krankheit | Gothmum
Endlich! Nach all den Jahren vorurteilsfreien Daseins und fast schon voll akzeptierter Integration gibt es endlich wieder eine Regung aus dem Ort, in dem die Gothmum und ihre ebenfalls schwarz gewandete Tochter wohnen. Die hat nämlich bei so einer Schulverstaltungen erfahren, dass man zu ihr besser nicht geht, weil sie ja an einer psychichen Erkrankung leidet – denn sonst, so der Volksmund, würde sie ja nicht zu herumlaufen. „Naja, aber das war wieder mal irgendwie typisch für unsere Dörfler hier. Die sind echt schon ganz schön seltsam, diese Normalos… Haste keine Jack Wolfshit- oder Hollister-Klamotten, biste in unserem Kuhkaff eh schon ein Punk, ist dein Auto älter als zwei Jahre, biste asozial, stehen die Geranien auf dem Balkon nicht in Reih‘ und Glied, ein Messie…Naja, who cares? Die lästern über uns, wir über sie. So gleicht sich das wieder aus – egal, an welcher Geisteskrankheit man nun auch immer leidet.“ Ich bin dann ja fast schon wieder ein bisschen froh, dass „normale“ Menschen uns meiden, denn das kommt mir bei den meisten gar nicht so ungelegen.
Britische Studie belegt: Metal-Fans sind treu – auch in ihren Beziehungen | Metal Hammer
Der britische Mirror berichtet, dass Metal-Fnas die treuesten aller Musikfans sind. Laut einer Umfrage der Affären-Website Milan gehen die Metal-Heads auch gerne dauerhafte Beziehungen ein. 6500 Fans wurden befragt und während 19% aller Jazz und 14% aller Salsa-Anhänger schon einmal fremd gegangen sind, rangieren die Metaller mir 2% auf dem letzten Platz. Wer jetzt damit kommt, dass sich gestandene Metaller überhaupt nicht an Umfragen von Affären-Webseiten beteiligen würden und die Studie damit jeder Grundlage entbehrt, ist ein Besserwisser.
Interview mit Martin Gore: Die Welt befindet sich im Chaos | Magistrix
Für Magistrix gab Martin Gore ein Interview um über sein neues Album zu sprechen. Dennoch lassen sich spannende Dinge finden, die Herrn Gore immer noch zu meinem Lieblingsgrufti machen. Ob er will oder nicht. „Magistrix: Sie leben mittlerweile in Amerika. Vermissen Sie Ihre Heimat England manchmal? Gore: Das tue ich. Zum einen, weil Familie und Freunde dort leben. Ich habe nicht viele Freunde in Amerika. Dazu vermisse ich ganz banale Dinge wie Fußball. Ich bin großer Arsenal-Fan und habe nach wie vor eine Dauerkarte, aber ich kann froh sein, wenn ich es ein- oder zweimal im Jahr ins Stadion schaffe. Und nicht zuletzt gibt es eine Art europäische Sensitivität, die mir in Amerika fehlt. Amerikaner – nicht alle, aber die meisten – sind so super-optimistisch. Manchmal vermisse ich den europäischen Pessimismus.„
Alter jüdischer Friedhof Frankfurt | Gedankensplitter hinter GlasWas wunderschöne Bilder eines alten jüdischen Friedhofs in Frankfurt mit Star Trek zu tun haben, erklärt und Marcus Rietzsch in seinem Artikel: „Symbole weisen auf Herkunft, Beruf oder Namen hin. So stechen beispielweise wiederholt Hände ins Auge, deren Haltung an den Vulkanischen Gruß erinnert. Was kein Zufall ist: Die Begrüßungsgeste der Vulkanier ist angelehnt an einen jüdischen Segen, dem Birkat Kohanim. Am Rande sei erwähnt, dass Zachary Quinto, der in einigen Star-Trek-Filmen den jungen Mr. Spock verkörperte, diesen Gruß auch nach längerem Üben nicht ausführen konnte. Mit einer entsprechenden Menge Klebstoff soll es letztendlich doch noch geklappt haben.„
Spocks Sohn möchte Dokumentation über seinen Vater drehen | Motherboard
Adam Nimoy, offenbar stolzer Sohn seines Vaters Leonard, möchte eine Dokumentation über seine Vater und sein alter Ego Mr. Spock drehen. Er hat dazu auf Kickstarter eine entsprechende Kampagne gestartet, von der ich mir sicher bin, dass sie schnell erfolgreich sein wird. „Last year, just before Thanksgiving, I approached my dad, Leonard Nimoy, about the possibility of working together on a film about Mr. Spock. I had skimmed through some of the books on the making of Star Trek and felt there was so much more to explore about the birth and evolution of Spock. And the timing seemed right, as the 50th anniversary of Star Trek: The Original Series was not that far away. Dad agreed that now was the right time, and that he was 100% committed to collaborating with me on this project. He also reminded me that we were (then) just days away from the 50th anniversary of the start of production on “The Cage,” the original pilot for Star Trek in which Dad first appeared as Mr. Spock.„
World Goth Day 2015 | The Blogging Goth
Die meisten dürften diesen Tag auf dem WGT verbracht haben, schließlich war es der 22. Mai 2015. Darüber hinaus ist der WGD auch eher ein Phänomen der englischsprachigen Community und ist hierzulande nicht so präsent. Glücklicherweise haben wir „The Blogging Goth“, der solche Ereignisse immer sehr gut zusammenfasst: „It’s almost the end, anyway – because as we all know, when night falls, Goths reallycome out to play! Do so – get out there, hit up your local club or catch a gig or just get down the pub and see what’s on the jukebox. Confounding all stereotypes, Goth is morethan just sitting in your room listening to the same records over and over. OK, a lot of it is that but at the same time, the whole culture benefits from people getting out there, supporting the efforts made to bring new blood into the scene.„
1984: Video-Scratching | Screen Ocean
Nicht nur Mixtapes sind gedanklich mit den 80er verknüpft, sondern auch Videokunst, denn bereits in den 70ern beginnen Videorekorder ihren Siegeszug in den Wohnzimmern dieser Welt. 1985, so Wikipedia, hat bereits jeder 4. deutsche Haushalt so ein Gerät. Klar dass die Jugend damit wieder rumspielen musste, so wie James Deas in diesem Video von 1984:
http://www.youtube.com/watch?v=l_eCXJ1FvU8
1936: Der erster Horror Film der Welt? | Dangerous Minds
„The Facts in the Case of M.Valdemar“ ist eine Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe, die 1845 erschienen ist. 1936 machten sich zwei italienische Filmemacher daran, die Vorlage in einen Gruselfilm zu verwandeln. Aufsehen erregt die Schlussszene (ab 10:00) in der Valdemar aus der Trance geweckt wird: „Nach dieser verstrichenen Zeit versucht der Erzähler, Waldemar wieder zu erwecken. Er stellt ihm Fragen, die nur mit äußerster Mühe beantwortet werden, seine Stimme scheint aus seiner geschwollenen, schwarzen Zunge zu kommen. Zwischen Trance und Schlaflosigkeit bittet Waldemars Zunge darum, ihn möglichst schnell wieder in Schlaf zu versetzen oder aufzuwecken. Als seine Stimme „tot − tot“ schreiend wiederholt, befreit ihn der Erzähler aus seiner Trance, jedoch hat dies zur Folge, dass Waldemars Körper blitzartig in sich zusammenfällt und eine „ekelhafte, stinkende Masse“ hinterlässt.“ Ich wäre neugierig, welche Altersfreigabe der Film bekommen würde…
http://www.youtube.com/watch?v=c4HwpnZUbfg
Kopfüber & Rheinabwärts – Links zum abbiegen | Der schwarze Planet
Wer immer noch nicht genug vom klicken, lesen und staunen hat, dem sei auch im Mai wieder der schwarze Planet ans Herz gelegt, in dem Shan Dark von einer Reise nach Australien erzählt, bei der fliegende Hunde sie „bewegungslos, weil fassungslos & fasziniert“ zurückließen. Außerdem beantwortet sie einige spannende Fragen rund um ihren Blog.
Schluss mit lustig! Nachdem ich nun das WGT verdaut, den Beitrag für das Pfingstgeflüster 2015 geschrieben und die Mahlsteine des Alltags hinter mir gelassen habe, konzentriere ich mich wieder auf das Bloggen. Ernst des Lebens sozusagen. Obwohl Gothic ja mittlerweile zu einer Feierkultur wird, in der man die dunklen Seiten des Lebens einfach in Grund und Boden lacht, während man früher melancholisch darüber grübelte. Die Briten sind das perfekte Beispiel für die zwei Gesichter dieser Kultur, ist das exzessive feieren des Wochenendes doch ein gefühlt fester Bestandteil der britischen Subkultur, während Großbritannien für mich immer noch zu den nachdenklichsten und innovativsten Einflüsse unserer Szene gehört. Die Filmemacher von Cogwheel Films haben das auf ihre ganz eigene Art auf den Punkt gebracht. Nach „Let me Take a Selfie“ der neuste Streich als Parodie auf das Whitby Gothic Weekend. Schöne Idee, den Leuten eine bunte Tafel in die Hand zu drücken, damit sie dort ihre Wünsche für das Festival notieren. Interessant, was es dort alles zu lesen gibt. Ich glaube ich grusele mich ein wenig vor der Vorstellung, was bei einer ähnlichen Aktion auf dem WGT herausgekommen wäre. Wer mehr das im April stattgefundene WGW (Whitby Gothic Weekend) lesen möchte, ist beim Blogging Goth genau richtig.
Stellt euch vor, ihr müsstet einer 9. Klasse das Thema Toleranz aus Sicht eines Gothics erklären. Ihr wollt vermitteln, dass man Menschen nicht nach ihrem Aussehen beurteilen soll. Eine schwierige Aufgabe? Die angehende Lehrerin Diana, 22 Jahre alt, studiert an der Uni Potsdam Russisch und Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) und möchte genau diese Aufgabe lösen. Oder es zu mindestens versuchen. Da sie selber eher eine bunte Sicht der Dinge hat, ist sie im Zuge ihrer Unterrichtsvorbereitung ist sie über Spontis gestolpert und hat sich informiert, wie sie mit den Schülern das Thema Toleranz aus Sicht unserer Subkultur erörtern kann.
Für mich war erstmal neu, dass es ein Fach namens „LER“ gibt und so habe ich gleich nachgefragt, ob es sich dabei um den „Religionsunterricht 2.0“ handeln würde. Offensichtlich hatte ich jedoch ein paar Jahre schulischer Entwicklung verpennt und wurde von Diana aufgeklärt: „LER ist ein Fach, das man nicht mit Religion verwechseln darf. Wir unterrichten unser Fach bekenntnisfrei. Es ist eher eine religiöse „Aufklärung“, damit man weiß, was es überhaupt gibt. Der L-Bereich beschäftigt sich vor allem mit der Lebenswelt der Schüler, die wir verstehen wollen und denen wir eine Stütze sein wollen. Der E-Bereich sensibilisiert die Schüler hinsichtlich ethischen Fragen. Er fördert das Moral-Verständnis und ist relativ Werte-orientiert.“
Die Sache mit der Toleranz
Diana, so verriet sie mir, verbrachte ihre eigene Jugend als Punk mit Bands wie Ton Steine Scherben, Vorkriegsjugend und Knochenfabrik und hatte ständig Stress wegen ihres Äußeren. Mit 16 wollte sie dann die Welt verändern und wünschte sich, „das alle Menschen tolerant wären und nicht voreingenommen durchs Leben gehen.“ Doch anstatt einem jugendlichen Traum sehnsüchtig hinterherzulaufen, macht sie nun Nägel mit Köpfen und will versuchen „den Schülern beizubringen „ihre Mitmenschen „zu verstehen“ und verstehen zu wollen, statt zu urteilen.“ Der Gedanke, das anhand einer äußerlich auffallenden und sich abgrenzenden Subkultur zu vermitteln liegt nahe, gibt es doch gerade bei den Gothics immer wieder Reibungspunkte, sei es im Alltag, im Beruf oder auch im persönlichen Umfeld.
Erzählt von spannende Erfahrungen und Geschichten, wo man euch mit extrem viel oder extrem wenig Toleranz begegnet.
Gibt es hinsichtlich der Einstellung oder dem Denken der Gothics vielleicht ein paar Dinge, die ihr den Schülern mitteilen wollt, um euch besser zu verstehen?
Diana (22) will als angehende Lehrerin versuchen, ihren Schülern die Vorurteile gegen Andersartigkeit zu nehmen. Bild: (c) Ana Cressida Doe
Wir würden uns freuen (ich nämlich auch), wenn ihr die Kommentare dazu nutzt, von euren Erlebnissen zu erzählen und das loszuwerden, was ihr Schülern schon immer mal mit auf den Weg geben wolltet. Meinen Senf werde ich auch entsprechend hinterlassen. Ich bin mir sicher, dass Diana nach ihrer Unterrichtsstunde auch ein kleines Feedback hinterlässt, wie ihr Bemühungen angekommen sind.
Bevor ich euch aber in die Kommentare entlasse, möchte ich einen Teil unseres „Gespräches“ hier veröffentlichen, weil ich Diana für das was sie versucht, sehr bewundere und mir sehr wünsche, dass Sie irgendwann die Früchte ihrer Bemühungen ernten kann.
„Ich werde Lehrerin und muss viel Verantwortung tragen. Ein friedliches Zusammenleben steht für mich an erster Stelle. Keiner soll sich wie ich (und andere) damals fühlen. In jedem Lebensbereich ist ein friedliches miteinander wichtig, aber für mich ganz besonders in der Schule. Jeder soll im Klassenraum er/sie selbst sein dürfen. Das funktioniert nur, wenn man versucht keine Vorurteile zu haben. Wenn man bei euch Goths nachhakt, warum ihr euch so kleidet, merkt man schnell, dass das einen Grund hat. Man fängt an zu Verstehen. Ganz genau darum geht es mir. Die Schüler sollen lernen ihre Mitmenschen „zu verstehen“ und verstehen zu wollen, statt zu Urteilen. Selbst wenn sie es an manchen Stellen nicht wirklich verstehen, sollen sie zumindest akzeptieren!“
In den 80ern liebten wir Veranstaltungsorte wie alte Fabrikhallen, in denen wir zwischen Bechern und Kippen auf den Treppen saßen und Siouxsie, Bauhaus und The Cure hörten und mit einer Mischung aus Fernweh und Weltschmerz „anders“ sein wollten. 25 Jahre später sitze ich im Auto auf dem Weg nach Leipzig und habe Schiss, dass ich unsere generationenübergreifende Wohngemeinschaft aufgrund diverser – im Laufe der Jahre angesammelten – Befindlichkeiten nicht überstehe. Man wird auch in der Subkultur alt und irgendwie unentspannt im Laufe der Jahre. Mit sieben Leuten unterschiedlicher Altersklassen in einer Bude. Nie alleine und es gelten andere Regeln als meine eigenen. Nervenzusammenbruch, ick hör Dir trapsen!
Aber wir wollten mehr Festival-Feeling und hatten uns ganz bewusst für die WG entschieden. Auch unsere Altersgenossen Mone und Ralf hatten ihr bereits gebuchtes – weit luxuriöseres – Hotelzimmer wieder abgesagt, um mit uns das Experiment in einer als „Künstlerwohnung“ angepriesenen Bude zu wagen. Zu uns Mittvierzigern gesellten sich die „Anfang-Zwanziger“ Toya und Izzie Adams und der Ende-Zwanziger Reikon DeVore.
Irgendwo auf einem Rastplatz zwischen dem Niederrhein und Leipzig.
Der Kampf mit den Befindlichkeiten
Schon auf dem Weg in die privat angemietete Wohnung hielten wir uns gegenseitig über WhatsApp auf dem Laufenden. Den Rabenhorst hatten wir – ohne vorherige Absprache – auf der Autobahn getroffen. Zwillingsschwestern brauchen keine Absprache!
Izzie fuhr bei uns mit, Toya fiel auf seiner Busfahrt ein, dass er keine Ahnung hat, wie er zur WG kommt und Reikon war irgendwo in einem Flugzeug über den Wolken verschollen. Er tauchte vor der Wohnung – leicht angeheitert – wieder auf. Eine Befindlichkeit schrie in meinem Kopf auf: „Was ist, wenn die jetzt fünf Tage besoffen sind und die Wohnung verwüsten?“ Ich erstickte sie mit der nächsten Befindlichkeit: „Dritter Stock? Kein Aufzug? Scheiße!“ Und diese Befindlichkeit wurde dann von der nächsten tot getrampelt: „Was ist das denn für eine Bude? Eine Studentenwohnung? Irgendwie schmuddelig, zweckmäßig. Nicht mal ne Kaffeemaschine!“
Frau Vom Rabenhorst entdeckte ein Zimmer mit Schuhschrank und verkündete lautstark, dass sie DAS haben will, nur um im nächsten Moment zu behaupten, dass sie eigentlich das Zimmer haben wollte, was ich mir ausgesucht habe. Normal! Die Wohnung war groß genug, so dass wir unsere Plätze fanden und die Koffer hochschleppten. Im Hintergrund schrie Frau Vom Rabenhorst irgendwas von: „Nicht mal ne Kaffeemaschine!“. Ich musste grinsen. War klar!
Rabenhorst. Der Rabe bewacht die Schuhsammlung.
Anmerkung Robert: Kaffeemaschine! Alles nur Befindlichkeit. Kaffee war vorhanden und wurde stilecht mit Filterhalter auf Porzellan-Kanne aufgebrüht, so wie früher. Dazu hatte uns der Vermieter auch noch einen selbst gebackenen Käsekuchen hinterlassen. Das erwähnt wieder keiner. Der Rabe und Ich erkundeten die Gegend, um ein schönes Restaurant zu suchen, denn Rabenhorst und Eulenforst hatten beschlossen, gemeinsam essen zu gehen. Die Kinder haben wir zu Hause gelassen, die hatte genug zu quatschen und begannen schon intensiv damit, sich zu stylen. Der Italiener schräg gegenüber entpuppte sich als Geheimtipp, denn die Pizzen waren ganz ausgezeichnet, Wagenradgroß und hauchdünn gebacken, Frau Eulenforst schwärmt immer noch vom frisch gepressten Orangensaft und den Stinke-Nudeln mit Gorogonzola-Sauce. Ein sehr schöner Abend mit Mone und Ralf.
Während wir noch unsere müden Knochen pflegten, waren die Kids schon unmittelbar nach der Anreise fit fürs Styling. In kürzester Zeit hatten wir drei Wohnungsgenossen mit perfektem Make up und toller Frisur. Wir Alt-Gruftis hinkten etwas nach, ließen uns aber anstecken und zogen es in Erwägung, neben dem praktischen Aspekt auch schon am Donnerstag etwas Gruft-Glanz im Outfit zuzulassen.
Anmerkung Robert: Obwohl ich vor der Reise nicht wirklich vor einem Nervenzusammenbruch stand, kräuselten sich auch meine Pikes vor Aufregung. Würde alles klappen? Kann eine WG, deren Bewohner zwischen 20 und 45 Jahre alt sind, funktionieren? Würde die Wohnung unseren Anforderungen entsprechen? Sorgt das dichte Zusammensein ohne Rückzugsmöglichkeit für Konfliktpotential? Die Wohnungsübergabe klappte problemlos, ich fand die Räumlichkeiten prima und das Umfeld der Wohnung großartig. Meine Anspannung wich und machte der Vorfreude ein wenig Platz.
Wir beginnen unser WGT traditionell mit der „Blauen Stunde“. So sollte es auch in diesem Jahr sein. Der Rabenhorst schloss sich an. Mone hielt es im Wald etwa 30 Sekunden aus und zog zusammen mit Mann und Kids von dannen. Party machen (GPP)! Robert und ich blieben am Feuerkreis, trafen die üblichen Verdächtigen, wie die „magischen Gladbacher“ (Heike und Lothar), denen wir niemals hier in Gladbach, sondern immer nur mindestens 100 Kilometer von unserem gemeinsamen Wohnort entfernt begegnen. Außerdem Dennis, Pfingstflüsterer Marcus und Edith. Es war wie immer kalt und feucht. Ein ruhiger Einstieg ins WGT auf einer Picknickdecke im Gras. Sollten die anderen doch dem Flachsinn frönen! Wir saßen unter freiem Nachthimmel im Wald, umgeben von Musik und Feuer und konnten den Tiefsinn nahezu riechen. Ich fühlte mich sicher. Das WGT war „wie immer“. Ich sollte mich irren!
Mit warmen Sachen geht es gleich zur Blauen Stunde
Robert: Die blaue Stunde nach 22:30 zu begehen, ist übrigens nur kurz romantisch, wenn man die Kerzen entzündet und versucht, auf dem Weg zum Feuerkreis nicht hinzufallen. Vor Ort tastet man sich dann durch die Anwesenden, übersieht die meisten skrupellos und geht eher nach Gehör als nach dem Auge. Immerhin haben wir Heike, Lothar, Edith und Marcus erfühlt. Länger als zwei Stunden haben wir es dann aber auch nicht ausgehalten, wenn die nasse Kälte in die Ritzen kriecht, ist es schnell vorbei mit dem gruftigen Gefühl. Wir gingen früh zu Bett und ich ahnte bereits, dass ich Orphi am nächsten Morgen behutsam in Richtung Gemeinschaftsgefühl lenken musste.
Am nächsten Morgen meldeten sich die Befindlichkeiten zurück. Wir standen vor den anderen auf. Ich wollte mit Robert das Haus verlassen haben, bevor die anderen wach werden. Keine Leute, nicht reden, in Ruhe in den Tag starten. Robert verzögerte jedoch so, dass wir noch immer in der Küche saßen, als der Rest der Bande aufstand. Ich hab das gemerkt, mein Lieber! Das war Absicht!
Ergebnis: Wir hatten alle gemeinsam einen Riesenspaß beim Frühstück, beim Schminken und Stylen. Mone rannte von einem zum anderen, um sich Tipps zu holen oder welche zu verteilen. Ich sah fasziniert dabei zu, wie sich alle in kleine Wunderwerke der Gothic-Kultur verwandelte und kam mir irgendwie untalentiert vor. Normalerweise brauche ich zehn Minuten für die Haare und weitere zehn Minuten fürs Make-up. Schließlich zählen die inneren Werte! Ist es nicht viel zu oberflächlich, den halben Tag darauf zu verschwenden, sich hübsch zu machen? Vertane Zeit? In meinem Alter? Man könnte so viel mit dieser Zeit anfangen. Zu Lesungen gehen, in Ausstellungen und Museen, gemütlich irgendwo durch Leipzig spazieren. Offensichtlich waren ALLE anderen nicht meiner Meinung und legten sich mächtig ins Zeug. Ich schlenderte zu meiner Toupier-Bürste, starrte sie mit einer Mischung aus Abneigung und Abenteuerlust an. Ein bisschen toupieren konnte nicht schaden…
Die Sache mit dem Plan
Fast schon ein Stammtisch. Die Plätze vor der Pommesbude auf der Agra.
JEDER WGTarier weiß, dass es keinen Sinn macht, einen Programmplan zu schreiben. Man schafft es niemals, alle Veranstaltungen und Konzerte zu besuchen, egal, wie wenig es sind. Nun, wir hatten einen geschrieben und ihn dann – wie immer – zuhause liegen lassen. Also schrieben wir am Küchentisch einen neuen. „Dann macht ihr mal Euren Tiefsinn!“, spottete Frau Vom Rabenhorst. „Wir sind auf der Agra, Leute treffen, gucken und lästern!“
Was für ein oberflächlicher, nicht zu befürwortender Plan! Auf der Showmeile sitzen und nix tun? Nichts für uns! Wir wollten das WGT mit all seinen Angeboten genießen. Erst eine Runde auf der Agra drehen, dann zwei Lesungen, dann einige Konzerte und abends Gothic Pogo Party. Wenig später saßen wir auf der Agra, schauten auf den „Laufsteg der Eitelkeiten“, lästerten, trafen Bekannte und lernten neue Leute kennen – zusammen mit unserer WG und einigen Freunden. Wir waren einfach dort hängen geblieben. Darf man das? Ist das okay, den ganzen Tag damit zu vertrödeln, sich die aufgemotzten Leute und Styling-Unfälle auf der Agra anzuschauen? Ist das nicht traurig, wenn man in unserem Alter nix besseres zu tun hat, als „eine Gruppe“ zu sein? Ich hatte irgendwie den Drang, den Tag mit Sinn zu füllen, kam aber nicht von der Stelle. So viele Leute, so viel Smalltalk, Lästereien, Staunen über schöne Menschen und Oldschool-Outfits. Ich suchte in meinen Erinnerungen nach der „alten Szene“ in den 80ern und machte eine erschreckende Entdeckung: Damals war es auch nicht anders. Man hing in Gruppen rum und weit und breit war keine Spur von Lesungen oder gar Museen. Wir haben nie etwas Tiefsinniges geredet und Styling stand schon damals im Mittelpunkt, zusammen mit der Musik. Ob dieser Erkenntnis, versuchte ich, mich etwas zu entspannen und einfach mal „nichts“ zu tun. Das ist gar nicht so einfach.
Robert: Ich muss zugeben, ich habe jede Sekunde genossen. Eindrücke sammeln und sich im Strom treiben lassen ist manchmal sehr entspannend. Außerdem empfand ich alles als sehr kulturell. Immerhin konnte man im Vorbeischlendern gleich drei Zeiten der Gothic-Szene bestaunen. Gothics wie früher, Gothics wie heute und Gothics, wie sie möglicherweise morgen aussehen könnten. Schwelgen in der Vergangenheit, Erstaunen über die Gegenwart und leichtes gruseln vor der Zukunft. Ein lebendiger Vortrag der visuellen Erscheinungsformen einer 30 Jahre alten Subkultur! Erzähl mir noch einer, ich hätte keine Kultur gesehen.
Am frühen Abend verließen wir die Agra, um uns Two Witches und Nosferatu im Felsenkeller anzuschauen. Auch dort trafen wir sofort wieder viele bekannte Gesichter, gingen zusammen essen, verpassten das halbe Two-Witches-Konzert, verließen Nosferatu, weil der Sound doof war, und brachen irgendwann auf in Richtung Gothic Pogo Party. Unverhofft kommt oft. Und so kamen wir hier dann doch noch in den Genuss eines ungeplanten, aber großartigen Konzerts: Los Carniceros del Norte
Robert: Die waren super! Endlich mal Underground. Auf der Gothic-Pogo-Party habe ich anschließend den Boden mit meinen Pikes poliert und zu einem Lied, das ich mir beim DJ gewünscht hatte, hemmungslos abgefeiert: „Mein kleines Astronautenmädchen, wo bist du nur hin? Ich frage mich, ich frage mich, es gibt ja keinen Sinn!“. Ja, ich hatte Tränen in den Augen – Augenblicke wie diese dürften nie enden. Zum Glück hat es keiner gesehen, dichter Nebel verhinderte das gegenseitige Identifizieren. Immerhin habe ich Heidi und Stefan am Rand der Tanzfläche entdeckt, mich aber nicht getraut, sie anzusprechen. Verrückte Welt. Da kennt man sich seit Jahren auf Facebook und ist schüchtern. „Erinnerung… ist alles was mir bleibt, ich bin ja gefangen durch Raum und Zeit.“
The Day After
Mein Widerstand war am Samstagmorgen schon geringer als am Vortag. Ich verspürte nicht mehr den Drang, die Wohnung zu verlassen, bevor die anderen wach sind. Ganz im Gegenteil. Ich freute mich auf das gemeinsame Frühstück, auf den verschlafenen Izzie (also nur morgens verschlafen, nicht generell), den herzlichen Reikon, den ruhigen Toya, die motzende Mone und den hilfsbereiten Raben. Wie gehabt, wurde die WG zum Friseur-Makeup-Studio und diesmal mischte ich mit. Izzie kreppte mir die Haare und ich bat Reikon, mich zu schminken. Alleine bekomme ich das ja nicht auf die Kette. Erst um 16 Uhr, waren wir alle fertig und machten uns auf den Weg.
https://www.youtube.com/watch?v=UuDfRK70C1Q
Robert und ich wollten es noch einmal mit Kultur versuchen und steuerten das Deutsche Buch- und Schriftmuseum an, nur um wenig später wieder auf der Agra bei den anderen zu landen. Wir hatten es zwar bis zum Museum geschafft, hatten uns aber nicht überwinden können, es zu betreten, da am Eingang seltsame „Bunte“ lauerten und uns mit einer Mischung aus Unverständnis und Bedauern musterten. Wir blieben also auf der Show-Meile, trafen wahnsinnig viele Leute, machten gemeinsam einen Abstecher ins Heidnische Dorf, Robert schaute kurz bei DAF rein und abends besuchten wir die „„When We Were Young“-Party im Täubchenthal. Ich freute mich wahnsinnig, dort Silvia zu treffen. Nach all dem Smalltalk der vergangenen Tage unterhielt ich mich mit ihr stundenlang und ohne Unterbrechung bis tief in die Nacht. Ich war nicht ein einziges Mal in der Halle und merkte erst recht spät, dass es saukalt draußen war. Wir waren halt abgelenkt. Schön war es!
Der Posing-Sonntag
Fast die ganze WG. Hinter der Kamera: Reikon. Erstaunlich, was Make-up, Haarsspray und ein guter Fotograf anrichten können.
Am Sonntagmorgen hing Mone die Styling-Messlatte so hoch, dass wir Zeit brauchten, um hinterher zu kommen. Sie stand bereits früh auf, um sich die Haare zu stellen. Das dauerte und dauerte und dauerte und dauerte und so toupierte auch ich an meinen noch vom Vortag gekreppten Haaren herum. Das klappte erstaunlich gut und als Reikon mir dann noch ein Siouxsie-Make-up aufs Gesicht zauberte, war ich überwältigt. So hübsch werde ich wahrscheinlich nie wieder aussehen.
So kam es, dass ich mich kurze Zeit später auf der Agra (wo sonst?) dabei beobachtete, wie ich vor Reikons Kamera posierte, anderen Fotografen eine Abfuhr erteilte und mich irgendwie „szeniger“ als den Großteil der Besucher fand. Wahrscheinlich dieses berühmte „Ich-bin-trve- und-alle-anderen-nicht“-Gefühl. Eine interessante Erfahrung. Mir war es allerdings ausgesprochen peinlich, als eine Besucherin uns extrem unterwürfig fragte, ob sie ein Foto mit uns zusammen machen kann. Das ist nicht meine Art und wird es auch niemals sein! Ich begegne anderen Menschen lieber auf Augenhöhe und stehe auch nicht gerne im Mittelpunkt. Dennoch bin ich natürlich wahnsinnig stolz und dankbar, dass wir nun so tolle Fotos von uns gemeinsam haben. Reikons Schmink- und Fotokünste sind großartig. Vielen vielen Dank. Kleine Anmerkung: Habt ihr den Hauch einer Ahnung, wie es in einer Wohnung riecht, wenn sieben Gruftis sich die Haare stellen? *hust*
Robert: Ja, die WG verbringt wahre Wunder. Nie war mein Selbstwertgefühl höher als an diesem Sonntag. Verrückt, oder? Da kämpft man jahrelang gegen die Oberflächlichkeit und ertrinkt dann selbst darin. Ich finde, das sollte erlaubt sein, schließlich sind mir beide Seiten bewusst und ich muss zugeben, dass ich diese „andere Seite“ sehr genossen haben und mal ganz froh war, mich nicht ständig mit dem Sinn und Zweck des Ganzen beschäftigt zu haben. Vielen Dank an meine persönlichen Visagisten Izzie Adams und Reikon DeVore – ihr habt für ein unvergessliches WGT gesorgt!
Am Abend lockte es uns wieder zur Gothic Pogo Party. Genauer: zum Auftritt von Kas Product. Die Performance war unglaublich gut. Nach dem Konzert wollten wir nur schnell „nach Hause“, um die Schuhe zu wechseln und das Auto zu holen. Toya schloss sich uns an und in der Wohnung trafen wir auf Reikon. Schon war der Tag gelaufen. Wir verquatschten uns in der Küche und gingen dann schlafen.
Das Spontis Treffen
Black Friday aus Neuseeland. Eine kleiner Star auf YouTube. Ihre Fans haben ihr via Crowdfunding die Reise zum WGT ermöglicht. Hier gehts zu ihrem Kanal auf YouTube.
Der Montag stand ganz im Zeichen des Spontis Treffens. Dazu wird Robert sicher noch einen eigenen Bericht schreiben. Nur so viel: Wie immer bedauere ich es sehr, dass ich mit jedem nur kurz reden konnte. Es sind einfach zu viele Besucher und ich möchte ja das Treffen auch immer gerne in Bildern festhalten. Es hat mich tierisch gefreut, dass so viele – über 80 Leute – gekommen sind und ich fand es toll, dass auch Freyja aus Neuseeland dort war. Man kennt sie ja als „Black Friday“ bei Youtube. Auch ich hab mir ihre Videos dort gelegentlich angeschaut. Danke für den Besuch.
Für Robert und mich ist das Spontis Treffen immer gleichermaßen schön und anstrengend. Deshalb mussten wir uns anschließend erst einmal in die Zweisamkeit zurückziehen und gemeinsam essen gehen. Das erste und auch letzte Mal auf diesem ungewöhnlich geselligen WGT. Der Abend endete mit Frozen Autumn im Felsenkeller, den Koffin Kats im Täubchenthal. Danach mussten wir uns verabschieden und losreißen, weil der Dienstag mit einer sechsstündigen Rückfahrt drohte.
Robert: Zum Spontis-Treffen sage ich an dieser Stelle nur so viel: Unfassbar! Unvorstellbar! Unglaublich! Ich bin immer noch überwältigt von den vielen Menschen, die ich bisher nur als Profilbild kannte oder als stiller Leser begrüßen durfte. Wie unterschiedlich ihr doch alle seid, wie herzlich und offen ihr miteinander umgeht, wie egal es ist, wie jemand auf der Wiese aussieht und sich gibt. Ich glaube, das Spontis-Treffen spiegelt den „alten Geist“ des WGT in neuer Form wider. Das bestätigte mir auch Axel, der bereits 1992 beim Wave-Gotik-Treffen war.
Fazit
Gut aussehen, quatschen, Smalltalk, lästern, lachen, Leute wiedersehen, Leute kennenlernen. Zu oberflächlich? Was ist das WGT? Eine kulturelle Großveranstaltung oder ein Treffen? Für uns war es in diesem Jahr ein Treffen. Wir haben so viele Leute kennengelernt wie nie zuvor und hoffen, dass wir die Bekanntschaften vertiefen können. Die „Kids“ haben unsere eingefahrene Welt durch ihre reine Anwesenheit, durch ihre Energie, gute Laune, ihre Unbeschwertheit, ihre erlebten Geschichten und ihre Styling-Künste ordentlich durcheinander gewirbelt. Und wenn alle einverstanden sind, dann gibt es im nächsten Jahr wieder eine generationenübergreifende WG in einer nicht luxuriösen Künstlerwohnung mit viel Platz und vielen Spiegeln.
Vielen Dank an Izzie Adams, Reikon DeVore, Toya, Mone und Ralf Vom Rabenhorst und an alle, die wir wiedersehen und kennenlernen durften. Ohne Euch wär es nicht so schön gewesen…
Robert: Hätte, hätte, Fahrradkette! Gleich nach den ersten Stunden haben wir es aufgegeben, uns an einem Plan, der sowieso nicht funktioniert, zu orientieren. Hätte man hier dabei sein können, hätte man da noch länger bleiben wollen, hätte man mit dem noch länger sprechen sollen. Es ist müßig, sich darüber Gedanken zu machen. Ich hätte gerne mit jedem einzelnen ein Pfingst-Wochenende verbracht und sitze nun vor den Bildern und erinnere mich immer noch an die Geschichten, die man mir erzählte und die Menschen, die man oft nur vom Monitor kennt. Unsere WG würde ich nur zu gerne wiederholen. Reikon, Toya, Izzie, Mone und Ralf haben es leicht gemacht, sich wohlzufühlen. Sämtliche Befindlichkeiten wurden innerhalb der ersten Stunden über Bord geworfen, man arbeitete zusammen, ergänzte sich, kümmerte sich. Was die Begabten durch Schminken leisteten, wurde durch Fahrdienste, Brötchen holen und Kaffee-Kochen kompensiert. Einfach wundervoll. Orphi: Du hast dich selbst übertroffen und Hunderte deiner Befindlichkeiten für ein großartiges WGT sausen lassen. Dankeschön!
Irgendwo auf einem Rastplatz zwischen dem Niederrhein und Leipzig
Mit warmen Sachen geht es gleich zur Blauen Stunde
Rumstehen als willkommener Zeitvertreib.
Posen gehörte zum tagesfüllenden Programm
Eine ganze Bank voller Hähne im Heidnischen Dorf
Schwarzkittel war der Größte! Nicht nur wegen der Poster von der GPP, sondern auch wegen seines Turms.
Fast schon ein Stammtisch. Die Plätze vor der Pommesbude auf der Agra.
Toll, die beiden Berliner. Wir haben uns großartig mit ihnen unterhalten.
Die WGT-Gang. Jens, Frank, Björn und unten der Kevin.
Mone und Ronny, der schon fast gruselig über seine Brille lugt.
Orphi und Frau Wühlmaus.
Sara Sara und Orphi vor der Flaniermeile.
Toya beim Finish
Der neuste Trend im Hause Rabenhorst/Eulenforst sind übrigens Schminkkoffer.
Izzie als Hairstylist.
Mone beim kunstvollen Betonen der Augen.
Eine Ecke im Kinderzimmer.
Toya macht sich die Haare schön.
Izzie schon wieder als Hairstylist, diesmal beim Raben.
Orphi macht dem Wizard die Haare.
Mobile Spiegel machten den Küchentisch zum Schminktisch.
Izzie verwandelt sich im Badezimmer.
Hier tupft einer meiner Visagisten mir Zeug ins Gesicht.
Und hier macht der Reikon die Orphi NOCH schöner!
Ist es in anderen WGs die Küche, so ist hier das Badezimmer der zentrale Versammlungsort.
Reikon hats drauf. Was er in Minuten in sein Gesicht zaubert ist atemberaubend.
Mone in ihrem Schminkparadies.
Orphi, Adoptivsohn Toya, Wizard.
Orphi, Szenesohn, Wizard.
Fast die ganze WG. Hinter der Kamera: Reikon. Erstaunlich, was Makeup, Haarsspray und ein guter Fotograf anrichten können.
Frozen Autumn im Felsenkeller.
Orphi und ich in der Tram.
Rabenhorst fährt die Kinder woanders hin.
Auch mein Visagist, der Reikon.
Macht sich zwischendurch auch fertig.
Um dann nochmal an mir herumzutupfen. Ich liebe das!
Man sieht den Glitzergoth mit gesteigertem Selbstwertgefühl.
Die ganze Bande vor dem Spiegel
Die Wave-Gotik-Treffen-Wohn-Gemeinschaft.
Black Friday aus Neuseeland. Eine kleiner Star auf YouTube. Ihre Fans haben ihr via Crowdfunding die Reise zum WGT ermöglicht. Hier gehts zu ihrem Kanal auf YouTube.
Rabenhorst. Der Rabe bewacht die Schuhsammlung.
Der Eulenforst. Orphi reichen 60 Minuten für diesen Zustand.
Die Ecke vom Marquis.
Und der Tisch im Kinderzimmer.
Beschauliches Abschlussfrühstück. Nachdem ich abgeschleppt wurde, musste ich schwer schlucken.
„Leipzig, den 11. Juni 2000 – 13:20: Mit Wirkung des heutigen Tages hat der Veranstalter des 9. Wave-Gotik-Treffens […] seine Zahlungsunfähigkeit erklärt.“ Das als Chaos-WGT bekanntgewordene 9. Treffen hätte wohl eine Reihe von Überschriften verdient, je nach Auslegung der Ereignisse, die negativ als auch positiv gewesen sind. Um die Umstände, die zur Pleite und letztendlich zum Abbruch der Veranstaltung führten, ranken sich auch heute, 15 Jahre später, noch zahlreiche Geschichten, Gerüchte und widersprüchliche Aussagen.
Der Anfang vom Ende vor historischer Kulisse
Rund 10.000 Gothics warten am Samstag vor dem Völkerschlachtdenkmal auf den Konzertbeginn von Phillip Boa und And One. Doch die Bühne bleibt leer. Ein Sprecher betritt die Bühne und verkündet, das die Auftritte nicht stattfinden werden, da die Gagen der Bands nicht bezahlt werden konnten. Spätestens jetzt wird allen klar, dass etwas nicht stimmt.
Bereits den ganzen Samstag kocht es unter der Oberfläche des Treffens. Künstler und Bands, die ihre Gage fordern, werden vertröstet, Geschäftsführerin Christiane Kuz und der künstlerische Leiter Michael Brunner scheinen wie vom Erdboden verschluckt. Im Laufe des Sonntag Morgens verschwindet zunächst das Sicherheitspersonal, später beginnt man auch damit, Bühnen und Equipment abzubauen. Man überlässt 20.000 Gruftis ihrem Schicksal. Keine Organisation, keine Einlasskontrollen, keine Konzerte – düstere Aussichten für die schwarze Gemeinde.
Doch inmitten des Chaos regt sich erstaunliches, denn die Gruftis beginnen damit, sich selbst zu organisieren. Schnell finden sich Leute, die bereit sind Fäden in die Hand zu nehmen. Es finden sich auch genügend Bands die bereit sind, ohne Gage zu spielen, Technik-Firmen stellen ihr Equipment zur Verfügung und auch eine freiwillige „Gothic-Security“ findet sich. Die Polizei Leipzig hilft mit und auch das Ordnungsamt ist zur Stelle um noch größeres Chaos zu vermeiden. Doch das scheint überhaupt nicht notwendig, denn mit der erstaunlicher Ruhe und Gelassenheit der Besucher hätte niemand gerechnet. Die Atmosphäre war von einem Zusammengehörigkeitsgefühl geprägt, dass vielen Besucher von damals auch heute noch in Erinnerung geblieben ist. „Selbstorganisierter Live-Betrieb ohne finanziellen Background gab es auch auf einer Bühne in Messehalle 16 und in der Moritzbastei.“ Wie sich Peter Matzke in seinem Buch „Gothic!“ erinnert.
Die Gerüchteküche brodelt, Michael Brunner, so hieß es, habe sich mit den Einnahmen des Treffens abgesetzt, das Unternehmen „Wave Gotik Treffen Veranstaltungs GmbH“ würde Insolvenz anmelden und sowieso sei dies das letzte WGT überhaupt. Nichts davon entsprach der Wahrheit. Vielmehr war das Chaos-WGT ein gemeinschaftliches Versagen eines über die Jahre aufgebauschten Organisationsteams, das gegeneinander statt miteinander arbeitete.
Ein Konzept, dass WGT aus Einzelverantstaltungen zusammenzubauen, scheiterte, wie Michael Brunner in einem Interview mit Peter Matzke erzählt: „Falk (Falk Johne, damaliger Veranstaltungsleiter) war ohnehin der Ansicht, daß sich das Treffen weniger über Dauerkarten, sondern mehr über die Tickets zu den einzelnen Festivals im Festival wie „Pfingstrose“ oder „Black Withsun“ rechnen würde. Wir haben also weniger ein Gesamtereignis, sondern ein Bündel von Einzelkonzerten verkauft. Das ging ziemlich in die Hose. Kein einziges der Einzelevents hat die Abendkassenerwartungen auch nur annähernd erfüllt. Das hat uns das Genick gebrochen.“ Bereits ein paar Jahre zuvor war Brunner mit „Sol et Luna“, der ursprünglichen Veranstaltungsfirma, Pleite gegangen und konnte viele der Beteiligten nicht bezahlen. Die im Anschluss an die Pleite gegründete WGT GmbH wurde von seiner damaligen Freundin Christian Kuz-Hollborn geführt, bei der Brunner offiziell nur als Angestellter geführt wurde. Letztendlich haben jedoch alle diese Entscheidung mitgetragen und so ihren Beitrag zum Zusammenbruch beigesteuert. Auch Dienstleister und Lieferanten, die zwar von der Vergangenheit wussten, sie aber offensichtlich ignorierten und Vorkasse forderten, sind nicht ganz unschuldig.
Lange Rede kurzer Sinn. Bereits im Juli 2000 wurden bekannt, dass es weitergeht. Sven Borger und Mike Schorler (von der Agentur „in Move“ die bereits einige andere Festivals veranstaltete) gründen zusammen mit Namensinhaber Thomas Görnert die „Treffen & Festspielgesellschaft mbH“ und beschäftigen Michael Brunner als Berater. Und das machen sie mittlerweile seit 15 Jahren offensichtlich ohne weitere Probleme. Wer ein bisschen was zum lesen möchte, besucht The Gothicworld oder auch das Amboss Mag.
Doppelt skandiert hält besser!
Als wäre das nicht schon Skandal genug, kommt es durch den geplanten Auftritt von Josef Klumb mit seiner Band „von Thronstahl“ bereits im Vorfeld zum Eklat. Auf drängen vieler lokaler Vertreter und verschiedener Organisationen spricht der damalige Bürgermeister Holger Tschense ein Auftrittsverbot aus. Zum Konzert im Rahmen der Veranstaltung „Lichttaufe“ betritt dann die Band ohne den Sänger die Bühne, hält die Sonnenradflagge hoch, während Lieder der Band von CD gespielt werden. In einem Artikel auf seiner Internetseite feiert Klumb die Aktion: „Ich genoss das Licht der SCHWARZEN SONNE und den Applaus des Publikums, wie ein Bad an Genugtuung. Zu früh hatten sich unsere Gegner gefreut. Ihr schmutziger Lorbeer musste nun welken,-in meiner vergleichsweisen Sonne von Austerlitz.“ Pfui Spinne. Ich kann diesen Klumb nicht leiden. Glücklicherweise ist die Band „von Thronstahl“ seit 2010 Geschichte und Klumb in der Versenkung verschwunden. Ich vermisse ihn nicht.
Letztendlich findet 2001 das 10. Wave-Gotik-Treffen statt und die Meisten derer, die 2000 unkten: „Das war mein letztes WGT!“ stehen wieder in der Schlange derer, die auf ihr Bändchen warten. Es sollte jedoch nicht der letzte Skandal bleiben der das Treffen begleitet. Die Organisation des Treffens scheint jedoch zu funktionieren, auch wenn einige der blauäugigen immer noch irgendwo die Fäden ziehen. Aber immerhin klappt es jetzt mit der Buchhaltung. Hoffentlich.
Die Tage, an denen Leipzig in eine schwarze Grufti-Hochburg verwandelt wird, stehen unmittelbar bevor. Das Eintrittskartendesign ist hübsch, aber nicht mehr so bedeutungsschwanger wie in den letzten Jahren. Auch die kryptischen Botschaften zu den seit Wochen eingehenden E-Mails mit den teilnehmenden Bands ist ausgeblieben. Eine schöne, wenn auch ungewohnte Erholung für den moralischen Zeigefinger. In den Foren und Communitys streitet man sich über angemessene Stylings, unpassende Bands und meckert über neue Veranstaltungsorte. Selbst die Internetpräsenz des Wave-Gotik-Treffens hat einen neuen und zeitgemäße Anstrich erhalten.
Zeit für ein paar zeitgeschichtliche Fetzen, die vielleicht das Warten auf die dunklen Tage ein wenig düsterer machen. 1997 erwartete man rund 5000 (es sollten übrigens 6.000 Besucher werden) Gruftis zum 6. Wave-Gotik-Treffen. Die Dresdner Morgenpost titelte: „Die Schwarzen erobern Leipzig“, was sich in den folgenden Jahren auch nicht mehr ändern sollte, bis auf stetig steigende Besuchserzahlen. Was sich allerdings geändert hatte, war der Name des Festivals, dass seit 1996 dem neuen Namen „Wave-Gotik-Treffen“ in Erscheinung tritt. „Der Michel“ erklärte dazu im Mai 1997: „Der Wechsel des Treffen-Namens von „Wave-Gothic“ (womit die Musik assoziiert wird) hin zu „Wave-Gotik“ als (Bezugnahme zu Ambiente und Lebenskultur der Szene) macht den inhaltlichen und nicht nur musikalischen Schwerpunkt deutlich.“ Damals hielt Michael Brunner noch die Fäden des Treffens in seiner Hand und residierte mit seinem Unternehmen „Sol et Luna“ im Werk II. Wieviele Dinge sich doch geändert haben.
Die Welt veröffentlicht in im Feuilleton der Ausgabe vom 26.05.1999 diesen Artikel.
Skandale – je nach Betrachtungsweise mal größere und mal kleinere – gab es allerdings immer schon. 1997 echauffierte man sich über die Band „Silke Bischoff“, schließlich war das namensgebende Geiseldrama von Gladbeck am 16. August 1988 noch immer im Gedächtnis vieler Menschen. Während der Stand des Magazins „Sigill“ zunächst ohne sonderliche Beachtung auskommen muss. 1998 sorgten die „Geister-Bremen“ mit ihrer Broschüre „Die Geister die ich rief…“ allerdings für eine Trendwende, denn sie sprechen an, was viele innerhalb der Szene bereits seit Jahren stört. Die Einflüsse von „rechts“. So heißt es in der Broschüre: „Gerade weil wir wissen, daß es Quatsch ist, die ganze schwarze Szene als rechts abzustempeln, halten wir es für unabdingbar, sich klar von rechten Strömungen, Bands, Zeitungen und Labels abzugrenzen. Rechtsradikale Bestrebungen innerhalb unserer vielfältigen Sub-Kultur dürfen genauso wenig wie in Politik und Gesellschaft geduldet werden. Wir wollen das Schweigen brechen!“ Im April 1999 dann der Amoklauf in Littleton, bei dem die Täter angeblich der schwarzen Szene angehören und der kurz vor dem 8. WGT wieder die Gemüter und die Diskussion erhitzt. Die Welt schreibt im Mai 1999: „Seitdem befürchtet eine besorgte Öffentlichkeit auch in Deutschland Gewalttaten im Umfeld der „schwarzen Szene“. Auch braune Tendenzen hat man in der ansonsten eher unpolitischen Gruftie-Gemeinde schon ausgemacht.“ Den Skandal, der zur Jahrtausendwende folgt, spare ich mich allerdings für den nächsten Artikel auf.
Die Bild (auch damals schon vor Ort) kümmert sich allerdings nur um das Äußere der Szene. Sind es heute eher nackte Tatsachen oder tonnenschwere Kleider, waren es damals Haare: „Wie lange hast du für deine Frisur gebraucht?“ und ein völlig anderer Dresscode: „Wallende schwarze Gewänder, bleiche Haut. Das Schönheitsideal der Schwarzen.“ Hach was waren das Zeiten! Ich war derweil irgendwo in der Techno-Szene, trug Warnwesten und Staubschutzmaske und tanzte lächerliche Choreographien in der Dortmunder Westfalen-Halle. Wie peinlich. Glücklicherweise habe ich noch einmal die Kurve gekriegt.
„Die Idee dieses Treffens geisterte schon lange in unseren Köpfen herum. Wir wollten einfach, daß alle – oder zumindestens viele – mal wieder zusammenkommen, natürlich auch die aus dem Westen. Wir mußten also irgendwas organisieren und inzwischen war klar, daß das nur über Bands laufen konnte. […] Für die meisten Gäste war es sicher vor allem ein Musikfestival. Für uns waren die Bands nur Mittel zum Zweck, wir wollten eigentlich „nur“ ein Treffen. Bei diesen Namen haben wir es bewußt auch belassen. Uns war wichtig, daß sich Leute begegnen. Wir wollten einfach alle kennenlernen und umarmen.“ offensichtlich war es bereits 1993 mit dieser Stimmung wieder vorbei, „Mehr Masse als Klasse.“ wurde ein grünhaariger aus Bielefeld zitiert und Peggy Prien schrieb (siehe Bild): „Mehr Leute, mehr Platz, mehr Programm – aber weniger Kontakt.“ Trotz dieser Umstände ist das WGT auch heute noch der Treffpunkt der mittlerweile internationalen Szene. Sozusagen die wichtigste Gothic-Convention überhaupt.
Ich will die Zeit bis zum WGT dazu nutzen das Verlangen zu schüren und den Fokus zu beeinflussen, denn dem Zitat von „Urvater“ Brunner kann ich nur zustimmen. Es ist wichtig, dass die Leute sich begegnen. Gerade in Zeiten von Facebook und der Dauerverfügbarkeit virtueller Profile hat man plötzlich „Freunde“, die man noch nie im echten Leben gesehen hat. Egal welcher Splittergruppe ihr euch zugehörig fühlt, das WGT ist bunt genug, Gleichgesinnte zu treffen.
Genug davon, zurück zum namensgebenden Artikel, der eigentlich in seiner Gänze zum Schmunzeln anregt. „Aber nicht jede Band war gleichermaßen angesagt. „Lacrimosa“ mußten sich zum Beispiel mit einem eher kleinen Häufchen Nachwuchs-Grufties begnügen, während sie von den meist Älteren nur verspottet wurden.“ Hat sich das geändert? Ich bin mir nicht sicher. Immerhin bleibt der gemeinsame Feind der gleiche, „der Regen. Stundenlange Arbeit an vogelwilder Schminke und Turmfrisur zerstörte er in Minuten.“ Und endlich klärt sich auch die kryptische Überschrift des Artikels: „Micra Nebula verballhornte sich und die ganze dunkle Szene“, denn die coverten Stücke bekannter Szene-Bands mit satirischen Einlagen. Fazit: „Das Gehjohle des Publikums auf diese satirischen Einlagen beweist, daß die Waves und Gothics sich selbst gar nicht so ernst nehmen wie es immer scheint.“ Ihr dürft gespannt sein, wie es Morgen weitergeht, im zweiten Teil der WGT-Rückblende.
Die Eintrittskarte zum 2. Wave-Gothic-Treffen, wie es damals noch hieß, ist fast schon Museumsreif.Das Programmheft für das WGT 1993 war noch deutlich spartanischer als die Bücher, die in der Zukunft folgen sollten.Peggy Prien schreibt in ihrem Artikel zum Wave-Gothic-Treffen: „Micra Nebula verballhornte sich und die ganze dunkle Szene“ von 3000 Grufts, die sich zu Pfingsten 1993 in Leipzig versammelten.
Erster April, kein Scherz. Gegen Mittag stehe ich unter der Dusche und trällere Lieder, die sich nur in den 4 Wänden des Badezimmers gut anhören. „Du musst zur Tür kommen, ein Einschreiben!“ Ich stürze wie eine ins Wasser gefallene Katze aus der Duschtasse, benutze das Handtuch mehr schlecht als recht und greife zum schwarzen Bademantel am Türhaken. Für einen prüfenden Blick, ob ich wegen sexueller Nötigung angezeigt werden könnte, reicht es noch. Nichts zu sehen. Beim Stichwort „Einschreiben“ bekomme ich immer eine Gänsehaut, ist es vielleicht ein Anwaltsschreiben oder eine gerichtliche Vorladung? 12 feuchte Fußspuren später blicke ich in das Gesicht eines sichtlich verdutzten Postboten, der sich in diesem Augenblick wohl gewünscht hätte, dass jemand anderer ihm nur mit Bademantel bekleidet die Tür öffnet. Eine prüfender Blick auf den Absender des Briefes entspannt meine Gesichtszüge augenblicklich und verwandelt mich in eine tropfnasse Grinsekatze die in freudiger Erwartung gluckst. Die WGT-Karten sind da!
Schimanski ist ein Institution. Als er im Juni 1981 als Tatort-Kommissar auf der Bildfläche erschien, schockierte er den bis dahin eher konservativen Zuschauer des Fernsehreihe. Ein Ruhrpott-Rambo aus dem Bilderbuch, denn Schimanski ist laut, vulgär, dem Alkohol verfallen und erhebt die Currywurst zum Grundnahrungsmittel der Duisburger Polizei. Während die einen Schimanski zum lebenden Verfall der deutschen Gesellschaft stilisieren, ist er für andere die Verkörperung der Menschlichkeit. In 29 Folgen formt der Kommissar zudem ein außerordentlich prägendes Bild von Duisburg, das zwischen Malocher-Romantik und ständiger Arbeitslosen-Problematik ein Sündenpfuhl menschlichen Daseins zu sein scheint.
Ich liebe die Serien heute noch. Nicht etwa, weil ich mich mit dem Rüpel-Kommissar identifiziere, sondern weil sie ein authentisches Bild der 80er Jahre vermittelt, dass von der knallbunten Spaßgemeinde befreit, ein düsteres und schmutziges und authentisches Szenario dieser Zeit formt, das von Angst und Hoffnungslosigkeit bestimmt wird.
Leser, die nicht unsterblich in die Musik von Depeche Mode verknallt sind, habe die freie Auswahl sich rund 1000 Artikel ohne entsprechenden Inhalt anzuschauen. Die anderen bleiben und werden feststellen, dass es Schweden leichter haben. Jedenfalls hinsichtlich der 45-minütigen Dokumentation „A Film of Faith and Devotion“, die von der schwedischen Produktionsfirma Hillbay Media online gestellt wurde, denn die ist im schwedischen Originalton gehalten. Glücklicherweise hat man gleich ein paar Untertitel dazu gestellt, die man durch klicken auf das rechteckige Symbol unter dem Video aktivieren kann. Hier und da gibt es ein paar Lücken, aber den echten Devotee schreckt das nicht ab, schließlich geht es um das Lebensgefühl gleichgesinnter wenn auch nicht mehr ganz jugendlicher Anhänger von Depeche Mode. Gedreht wurde die Dokumentation – so Sven Plaggemeier in seinem Artikel auf depchemode.de – von einem Götheburger Fanclub, wo die Doku bereits im letzten Spätsommer Premiere feierte.
Ich stelle fest, bis zum Vollblut-Devotee fehlen mir noch ein Haufen Skills. Prall gefüllte IKEA-Regale beispielsweise und 16 mal das gleiche Album von Depeche Mode mit marginalen Unterschieden und – zu guter letzt – auch die alte Frisur von Martin Gore, die ich immer haben wollte, nur ein paar Stunden genießen konnte und sie dann für immer verlor. Ja, die Schweden haben es da wohl besser. Oder?
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