Goth-Stories: Als „The Cure“ 1981 Robert Palmer mit einem 9-minütigen Lied ärgerten

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Eine charmante Video-Anekdote aus der Zeit, in der „The Cure“ noch keine Band der „Rock and Roll Hall of Fame“ waren und als Vorband deutlich bekannterer Bands spielten, ist die Geschichte mit der extra langen Live-Version von „A Forest“, die sie im Juli 1981 beim Werchter-Festival in Belgien präsentierten, um Robert Palmer, der damals als nächstes auftreten sollte, zu ärgern.

Der Ärger begann im Grunde schon im Vorfeld, denn der Zeitplan des Festivals war typischerweise völlig durcheinandergeraten. Nervosität machte sich hinter der Bühne breit, offenbar wurde der Robert Palmer, der als nächster auftreten sollte, ungeduldig. Und weil der nicht irgendwer war und die Headliner „Dire Straits“ ebenfalls in den Startlöchern standen, sollten es „The Cure“ ausbaden. 12 Lieder hatten „The Cure“ bereits gespielt, als die Roadies von Robert Palmer letztendlich damit drohten, den Stecker zu ziehen, wenn Robert Smith nicht endlich fertig werden würde. Ein letztes Lied blieb der Band allerdings noch.

Nachdem Smith den letzten Song mit den Worten ankündigte, „because everybody wants to see Robert Palmer“ wurde schnell deutlich, dass die Band sich Zeit lassen würde. Während einer improvisierten, ziemlich großartigen und 9-minütigen Version von „The Forest“ schien es Smith sichtlich zu genießen, die neu erfundene Textzeile „such a long end“ wieder und wieder in Mikrophon zu hauchen.

Als The Cure nach einen nahezu orgastischem Ende den Song endlich zum Abschluss brachten, ließ es sich Bassist Simon Gallup nicht nehmen, im vorbeigehen „Fuck Robert Palmer, Fuck Rock’n’Roll!“ ins Mikrophon zu brüllen, bevor man die Bühne verließ. Nicht belegte Gerüchte behaupten, die Roadies waren in der Umbau-Phase dann so sauer, das sie die Instrumente der Band kurzerhand von der Bühne schmissen.

Zum neuen Album, das hoffentlich bald erscheinen wird, haben sich die Gothic-Ikonen von „The Cure“ einen strammen Tourplan zurechtgeklöppelt, bei dem sich jedoch keine Rücksicht auf nachfolgende Bands nehmen müssen, sondern nur auf den zunehmenden Verfall der Bandmitglieder. Ab Oktober bereist der Fürst der Finsternis den europäischen Kontinent, um mit seiner Band und neuem Material – das bis dahin hoffentlich erschienen ist – die besuchten Länder in Dunkelheit zu hüllen. Über das kommende Album „Songs Of A Lost World“, sagt Robert Smith gegenüber dem Rolling-Stone: „Die neuen Songs haben „nicht sehr viel Leichtes an sich“, würden sich eher nach den Dark-Wave-Tracks aus „Disintegration“ von 1989 anhören, als nach den poppigeren Titeln von „The Head On The Door“. Mit diesem „schonungslosen“ Konzept würde die Band „den Großteil unseres Publikums ansprechen“, so Smith.

Wir bleiben gespannt und sind neugierig, ob Euch die neue Sommerloch-Rubrik „Goth-Stories“ gefällt und ihr weitere Geschichten aus der Vergangenheit hören wollt, in der wir auch von Hintergründen berühmter Gothic-Hymen erzählen wollen. Vielleicht habt ihr ja auch selber Anregungen dazu? Nutzt das Kontaktformular und erzählt davon.

Rückblick: 1. Fledermaustreffen Burg Vondern in Oberhausen

In eindrucksvoller Kulisse fand vom 8. Juli bis zum 10. Juli 2022  das erste Fledermaustreffen in Oberhausen statt. Seit dem Wegfall des „Blackfield“ ist der Festival-Sommer im Ruhrgebiet trotz zahlreicher schwarzer Partys und einer aktiven Community ein eher ausgetrocknetes Flussbett. Das Fledermaustreffen auf der Burg Vondern in Oberhausen ist angetreten, diese Dürre zu beenden. Wir waren (leider nur) am Samstag dabei, um die Location, die Musik und die Besucher in Augenschein zu nehmen. Dank Ray Montag können wir auch mit zahlreichen Bildern glänzen, um Euch einen Eindruck zu vermitteln.

Die Anfahrt zur Burg gestaltete sich unproblematisch, das Ruhrgebiet glänzt mit unzähligen Möglichkeiten einen Ort zu erreichen. Nach einem kurzen Fußweg erreichten wir den gepflasterten Weg zur Burg, die sofort den Eindruck verwischte, zwischen Gleisanlagen und Autobahnanschlussstellen mitten in Oberhausen zu sein. Wir schlängelten uns an einige verwirrten Naherholgungs-Radfahrern vorbei und erreichten den Eingang, der nur noch durch eine Zugbrücke hätte abgerundet werden können.

Am Eingang trafen wir gleich auf Nina Horst vom Minicave-Festival, die auch hier einige Zügel in der Hand hatte, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Dank meiner eindrucksvollen Tanzperformance „Überrascht mich!“ konnte ich sogar so eine Seifenblasen-Pustemaschine einsacken. Ha!

Um 14:00 konnten wir uns pünktlich zu Lesung von Klaus Märkert und Myk Jung im Gewölbekeller einfinden und wurden umgehend von den Texten, der sympathischen Art und dem tollen Zusammenspiel der beiden abgeholt. Die Teilnehmerzahl im Gewölbekeller verdoppelte sich lustigerweise nach ein paar Minuten, als es draußen zu einem kurzen Regenschauer kam. Gruftis sind eben doch nicht wasserdicht.

Klaus Märkert und Myk Jung im Gewölbekeller Fledermaustreffen
Klaus Märkert und Myk Jung bei der Lesung im Gewölbekeller der Burg Vondern Oberhausen.

Während Kurs Valüt das Publikum bei inzwischen wieder brillantem Wetter beschallten, wurde für deren Aktion „Musicans Defend Ukraine“ gesammelt. Am Ende landeten knapp 700€ im Sammelbehälter. Nina Horst dazu: „Ach ja, und dann habt ihr mich wirklich zu Tränen gerührt, mit euren größzügigen Spenden […] Es sind unglaubliche (knapp) 700,-€ zusammen gekommen. Wir finden das überwältigend!

Zugegebener Maßen haben wir bei den Auftritten von Te/DIS und The House Of Usher das Treffen in den Vordergrund gestellt und weniger der Musik Beachtung geschenkt. Unter anderem haben wir der „Händlermeile“ Beachtung geschenkt und nicht schlecht gestaunt, in welchen Räumlichkeiten die ihre Ware feilboten konnten. Die Burg Vondern hat unglaublich schöne Zimmer zur Verfügung gestellt. Es wirkt schon edel, wenn Klamotten in mittelalterlich-adligem Ambiente durchstöbert. Vor lauter Andacht habe ich gleich angefangen, leiser zu sprechen. Beron – Fashion & Accessoires, Young Bat Design, Batcave Design und selbst die Platteninstitution Kernkrach haben sich offensichtlich wohlgefühlt, wir hoffen sehr, es hat sich auch finanziell gelohnt.

Still Patient? haben uns dann musikalisch wieder vor die Bühne gelockt und durch Spielfreude geglänzt, ich glaube, die Leute auf der Bühne hat sichtlich Freude daran, Live auftreten zu können. Besondere Grüße gehen an dieser Stelle @fabienne_elea, die ich im Publikum mit dem Spontis-Beutel entdeckte. Den hat sie zu ihrer Handtasche gemacht und das Logo der Internetseite unfassbar erhaben, majestätisch und würdevoll präsentiert. Ich habe ihr gleich eine neue Tasche geschenkt, nur für den Fall eines Defektes.

New Days Delay haben dann erwartungsgemäß für Unruhe in den Beinen gesorgt und sind einfach durch ihren Electro-Punk-Sound einfach mal die Menge gefegt. Glücklicherweise hatte sich die Sängerin von einem kleinen Zwischenfall beim WGT in Leipzig erholt und konnte durch überzeugendes Energiepotential eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass sie wieder auf den Beinen war. Übrigens finden sich auf dem Youtube-Kanal „Cyberpagan“ ein paar Live-Mitschnitte, falls sich jemand einen bewegten Eindruck verschaffen will.

Frank the Baptist begleitete uns dann im Hintergrund bei Gesprächen mit meinem Briefkasten-Entleerer Svartur Nott, Mängelexemplar und Heiko Bender (Kinder der Nacht 2 soll bald (!) erscheinen) und sorgte auch bei ein Pommes vom bereitgestellten Imbiss für angemessene Unterhaltung weiterer Gespräche. Während man bereits die Bühne demontierte, fanden sich zahlreiche Besucher auf der Tanzfläche zur After-Show-Party ein, während andere in ihrem Mitteilungsbedürfnis nachgingen. Ich habe selbst das Tanzbein geschwungen, bevor sich meine Entscheidung rächte, neue Docs anzuziehen. (Die Gerüchte stimmen, macht das nicht!)

Fazit zum 1. Fledermaustreffen in Oberhausen

Das Fledermaustreffen dürfte als voller Erfolg gewertet werden. Die Location und die beteiligten Menschen in der Organisation waren eingespielt, familiär und freundlich. Jeder hat das Gefühl ausleben dürfen, zu Hause zu sein. Die verschiedenen Bereiche der Burg wurde wirklich gut genutzt und konnten den Fokus auf „Treffen“ richtig gut unterstreichen. Natürlich hätten es noch mehr Besucher sein dürfen, gerade im Ruhrgebiet ist die Dichte der Festivals dieser Art ja nicht so prickelnd, aber es ist klar, dass sich so ein Event auch erst mal herumsprechen muss.

Musikalisch hat man eine schöne Mischung zwischen Goth-Rock und Elektronik angerührt, die auch im zeitlichen Ablauf zu harmonieren schien. Alle Bands und Künstler hatten Lust dabei zu sein, viele von Ihnen mischten sich auch bei Auftritten der „Kollegen“ unter die anwesenden Gäste.

Dass man gleich von Beginn an auch die „kulturelle Seite“ der Szene mit Lesungen aufgriff, finde ich großartig, durch die Lesung von Klaus Märkert und Myk Jung wurde überdeutlich, wie wichtig der inhaltliche Teil für eine Subkultur sein können.

Die Kombination von Minicave-Team, Burg Vondern und dem Team um Hagen Hoffmann hat super gepasst, leider ist aktuell noch nicht klar, ob das zweite Fledermaustreffen 2023 wieder an Ort und Stelle durchgeführt werden kann. Momentan scheint das der Terminplan der Burg nicht herzugeben. Allerdings zeigten sich die Veranstalter entschlossen, das Treffen fortzuführen. Das erscheint auch bitternötig, denn die Ruhrpott-Szene dürstet nach Events mit Herzblut und Nähe, so wie dem Fledermaustreffen.

So jetzt aber zu den Bilder von Ray Montag. Auf Facebook findet ihr noch weitere Bilder vom Treffen. Ein dickes Dankeschön für die tollen Aufnahmen!

Unter Null Festival am 15. und 16. Juli 2022 im AJZ Bielefeld

Das Unter Null Kollektiv ist angetreten, der Stadt, die es Legenden zu Folge gar nicht geben soll, elektronisches Leben einzuhauchen. Am 15. und 16. Juli 2022 findet im AJZ Bielefeld das Unter Null Festival statt, diesmal sogar an zwei Tagen, weil sie nach zwei Jahren Pandemie „ganz dringend etwas aufzuholen haben„. Dieses Gefühl unterstreicht das Kollektiv mit einem eindrucksvollen Line-Up angesagter europäischer Acts. Ben Bloodygrave ist mit seinem brandneuen EBM-Projekt „Transhuman Rebirth“ am Start, ich bin gespannt, wie es beim Publikum ankommt.

Darüber hinaus präsentiert Marcel Störmer vom Unter Null Kollektiv auf Facebook eine Einzelvorstellung der auftretenden Bands, die durchaus sehenswert sind. Jedenfalls für Boomer :)

Selbstverständlich gibt es auch nach den Konzerten angemessene Beschallung von den Decks mit DJs aus Paris, Berlin und Nürnberg. Die Tagestickets kosten 10€. Es wird darum gebeten, sich vor dem Besuch auf Corona zu testen und bei Krankheitssymptomen zu Hause zu bleiben. Vor Ort soll es ebenfalls Möglichkeiten geben, sie auf Corona zu testen.

Programm:

Freitag, 15. Juli 2022

Samstag, 16. Juli 2022

Spontis wünscht allen Beteiligten und Besuchern viel Spaß, wir können leider nicht dabei sein. Bleibt gesund!

Formel Goth: Huch! Eine satanisch-elektronische Orgie in Düsseldorf?

Herausstechen ist zu einer schwierigen Disziplin geworden. 2022 hat jede Band die Möglichkeit, sich selbst zu vermarkten. War es in den Vergangenheit scheinbar elitären Musikredaktionen vorbehalten, neue Bands und Musik zu verbreiten, kann das heute jeder selbst bewerkstelligen. Das ist toll, aber auch gleichzeitig unfassbar anstrengend. Cancel Culture, Political Correctness und Wokeness sind die neuen Tretminen der Selbstvermarktung und das Klebeband auf den Mündern kritischer Auseinandersetzungen. Wie also herausstechen, ohne jemanden oder irgendwas zu verletzen? Und wie will man auf sich aufmerksam machen, ohne jemanden oder irgendwas zu pieksen? Ich entziehe mich einer Beantwortung dieser Frage und versuche bei der Formel Goth authentisch zu bleiben. Erlaubt ist, was mich piekst :)

Twin Temple – Let’s Have A Satanic Orgy!

Bevor ich jetzt wieder eine Schublade suche, in die ich „Twin Temple“ einsortieren könnte, bleibe ich bei der passenderen Selbstwahrnehmung der Band, die ihren Stil als „Satanic Doo-Wop“ definiert. Die beiden habe ihrer Bandbeschreibung nach eins zum anderen gebracht: „We’ve always loved rock ‘n’ roll, especially from the golden era of American music, but we’re also Satanists and study the Occult. We both practice magick. It was just a crazy idea– ‘Why can’t you love Roy Orbison and hail Satan at the same time?’“ Das fast schon putzige Video im englischen Original ist übrigens nur für Erwachsene, wie uns Youtube versichert, allerdings zeigt uns die spanische Version, dass das völlig unbegründet ist:

Punktò – Ne Daiktai

Gut, ich bin kein Feingeist und fühle mich durch allzu blumige und überschwängliche Lobeshymnen auf Bands oder Künstler, womit sie von Labels oder Agenturen oft beworben werden, meistens abgeschreckt. Auf jeden Fall war ich skeptisch, ob Jonas Sarkus die Ankündigung seines Projektes „Punktò“ wirklich erfüllen könne. „Das ironische und mystische Bild hat keine Zeitrahmen: Alles passiert jetzt, auch wenn es vor einem halben Jahrhundert hätte passieren können. In diesem eklektischen Akt sehen wir Konflikte dreier verschiedener Organismen, die immer materieller werden. Drei Körper, die immer versuchen, aus dem Zusammenbruch ihrer Beziehungen herauszukommen, aber keine Chance haben, es zu schaffen. Schließlich werden sie zu Monumenten ihrer eigenen Eitelkeit.“ Okay, darf ich das Stück auch einfach gut finden, ohne gleich in Worthülsen zu ertrinken? Tolles, phantasievolles Video, ein fast eingängiger Song mit spannenden Stilbrüchen.

Lefki Symphonia – Me Mia Kravgi/With A Scream

Die aus Athen stammende Post-Punk Band „Lefki Symphonia“ existiert bereits seit 1984 und sollte 1988 die erste griechische Band sein, die mit einem Video bei MTV zu sehen war. Jetzt, nach fast 40 Jahren Bandgeschichte spielen Theodoros Dimitriou (Gesang), Kostas Mihalos (Gitarre), Diogenis Chatzistefanidis (Bass) und Vangelis Tsimplakis (Schlagzeug) immer noch zusammen und wagen sich mit einem neuen Album wieder ins Rampenlicht. Kann man sich gut anhören, haut mich aber auch nicht vom Stuhl. Absolut solide Post-Punk Musik, in der man die Erfahrung der Band heraushört, allerdings fehlt es ein wenig an spannender Frische.

Mängelexemplar – Hej Hej Hej

Da soll noch irgendjemand behaupten, aus Düsseldorf komme keine spannende Musik mehr und die guten Sachen kommen aus Amerika. So ein Unfug! Auch wenn die Band Mängelexemplar genau das in ihrem jüngsten Video „Hej Hej Hej“ selbst behauptet, so dürfte auch dem letzten Hörer nach kurzer Anspielzeit auffallen, dass hier ein ironischer Unterton durch den Raum wabert. Knapp 40 Jahre nach Ratinger Hof, Neuer deutscher Welle, Kraftwerk und Fehlfarben sind die Fußstapfen riesig, die eine Düsseldorfer Synth-Wave-Formation vorfinden, wenn sie selbst im neuen Ratinger Hof auf der Bühne stehen. In einer Mischung aus Unverfrorenheit, Leidenschaft und Tatendrang stellen sich die zwei, die sich bei eine Flasche Wein kennenlernten, dieser Herausforderung und machen einfach. Dabei transportieren sie auf charmante Weise die Düsseldorfer Gene in ein neues Zeitalter. Mit frischen und zeitgemäßen Texten für die eingängige Musik und in sogar 3D/VR für das experimentierfreudige Auge. Das nenne ich mal zeitgemäß!

Ebenfalls im Briefkasten landete „Crows on Wires – Not up„, was mich aber zu dieser fortgeschrittenen Stunde des Musikhörens überhaupt nicht abholt und auch sonst eher dahinplätschert ohne einen Eindruck zu hinterlassen. Auch das Video unterstreicht den Song leider nicht.

Ganz frisch wollte „Antiage – Insania“ noch ein Video einschicken, dass ich mir ebenfalls angesehen habe. Bedauerlicherweise nicht mein Geschmack. Ich finde es zu poppig, zu gefällig und das Arrangement eher unvorteilhaft.

Xenogender: Unbeschreibliche Geschlechtsidentität ohne Bezugspunkte

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Im September 2021 fand auf der griechischen Halbinsel Methana, das erste Cyber-Mittelalter-Festival Narthex statt, das ein Publikum aus rund zehn Ländern anlockte, die sich als „posthumane Wesen der Zukunft“ inszenierten und zu Rave-Beats in ihrer Form der Selbstdarstellung feierten. ARTE war dabei und titelte „Xenogenders: Queere Kobolde und Cyber-Nymphen„, um einen Blick hinter die teilweise leuchtend-bunte Fassade zu werfen. Ich bin immer noch dabei die ganzen Begrifflichkeiten auf die Reihe zu bekommen und hänge schon eine ganze Weile an der Wortkombination „Cyber-Mittelalter-Festival“ fest.

Bei der ersten Betrachtung entdecke ich wild gekleidete Menschen, die in Interviews für mich schwer zu greifenden Selbstwahrnehmungen offenbaren und die zu elektronischen Klängen auf eine griechischen Insel tanzen. Allerdings bleibt es nicht bei der auf den ersten Blick oberflächlicher Kostümierung oder einer Geschlechtsidentität ohne klassische Bezugspunkte, sondern die Bewegung richtet sich auch gegen „einen überdominanten Cyberfeudalismus„, bei dem die High-Tech Konzerne des Silicon Valley als Großfürsten gelten, die ihr Nutzer*Innen wie Leibeigene im Mittelalter behandelt. Das erfahre ich in der kurzen Doku von ARTE Tracks.

Allerdings ertrinke ich in einer Flut von neuen Begriffen und Attitüden, die ich erst einmal einzuordnen versuche. Ich bin mir nicht sicher, ob es mir gelungen ist.

Was ist Xenogender überhaupt?

Menschen, die sich mit „Xenogender“ identifizieren, lassen sich nicht in den klassischen Konzepten von Männlichkeit, Weiblichkeit oder Geschlechtslosigkeit beschreiben. Um ihr Geschlechtsempfinden zu beschreiben, nutzen sie Gegenstände, Tiere, Farben, Symbole oder auch Pflanzen zu Selbstbeschreibung und entziehen sich damit jeder Einordnung in binäre Schubladen. Wie das Queer-Lexikon offenbart, scheinen Xenogender eine Randgruppe in der Randgruppe zu sein und sorgen für viel Diskussionsstoff in der queeren Community. Ich bin sehr fasziniert, wie sich junge Menschen mittlerweile abgrenzen, um sich in ihrem kleinen Mikrokosmos zu verwirklichen, zu finden und zu entwickeln. Zugegeben „Xenogender“ ist jetzt nicht leicht nachzuvollziehen, wenn man wie ich in einer Gesellschaft aufgewachsen ist, in der noch heißt diskutiert wurde, ob sich Jungs überhaupt schminken sollten.

Grundsätzlich finde ich es aber toll, in einer Gesellschaft zu leben, die sich der Identitätssuche und Selbstbestimmung immer weiter öffnet. Was sich in den letzten Jahren an Wahrnehmung entwickelt hat, darf durchaus als wegweisend betrachtet werden, erst jüngst wurde ein neues Selbstbestimmungsgesetz erlassen: „Jeder Mensch in Deutschland soll sein Geschlecht und seinen Vornamen künftig selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können.“ Sicherlich geht es vielen Menschen nicht schnell genug, aber das Thema ist durchaus komplex und vielschichtig. Ich bleibe sehr gespannt, wie die Reise weitergeht.

Wochenschau: Wir werden uns auf peinlichste Weise zugrunde richten

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Entweder werde ich pessimistischer oder die Welt wird tatsächlich immer mieser, ich bin mir noch nicht sicher, welche Betrachtungsweise gerade angemessen ist. Leicht wäre es, die Welt verantwortlich zu machen und „denen da oben“ die Schuld in die Schuhe zu schieben. So kann ich mich nach Herzenslust aufregen, ohne mich an die eigene Nase zu fassen. Neulich habe ich noch mit mir selbst gejammert, wie warm es geworden ist, dass ich Sommer doof finde und die Sonne im Zeichen des Klimawandels zum planetaren Feind mutiert. Im nächsten Augenblick spült mir der Algorithmus eine wissenschaftliche Studie in mein Sichtfeld, die behauptet, dass es bei Hitze mehr Selbstmorde geben würden. Das ist frech! Ich dachte eigentlich, es reicht, wenn ich jetzt immer mit dem Fahrrad zur Arbeit fahre, LED-Lampen statt Glühbirnen benutze und mein KFZ mit Verbrenner-Technologie ausmustere, könnte ich mir eine rosigere Zukunft zusammenklöppeln. Offensichtlich klappt das aber nicht, wie diese Wochenschau auch zeigt.

Weltrekord in Großbritannien: Vampire stellen neuen Guinness-Rekord auf | tagesschau.de

Ich möchte vorwegschicken, dass zwischen verkleideten Vampiren und Gothics keine Gemeinsamkeiten bestehen, auch wenn Fotos der populären Festivals etwa anderes suggerieren. Es sind möglicherweise sich überschneidende Interessen, aber wir verkleiden uns nicht, sondern laufen aus Überzeugung als vermeintliche Blutsauger herum. „So viele Vampire hat die englischen Grafschaft Yorkshire noch nie zuvor gesehen. 1369 als Blutsauger verkleidete Fans versammelten sich am Donnerstagabend vor den Ruinen der Abtei Withby, um den bisherigen Guinness-Weltrekord zu brechen. Schwarze Schuhe, schwarze Hosen oder Kleider und ein schwarzes Cape gelten als selbstverständliches Outfit aller Vampire – nur dann werden sie als solche akzeptiert. […] Zudem mussten sich die Dracula-Familienmitglieder mindestens fünf Minuten lang am selben Ort versammeln, um sich zählen zu lassen. Für den bisherigen Dracula-Rekord hatten sich 2011 insgesamt 1039 Teilnehmer in Doswell im US-Bundesstaat Virginia versammelt.

Vampir-Mythos: „Es gab ein historisches Ereignis“ | NDR

Autor Markus Heitz im Interview mit dem NDR. Es geht um den Vampir-Mythos, von dem Heitz fasziniert ist. „Vorweg muss ich sagen: Ich glaube nicht an Vampire. Ich bin zwar ein bekennender Grufti, aber ich fand es total spannend. Und für mich war der ausschlaggebende Punkt, dass ich Vampirromane super fand, ich wollte aber wissen, wann man angefangen hat, über Vampire zu schreiben. Gab es ein historisches Ereignis? Und siehe da, das gab es […] im Jahre 1731, im heutigen Serbien in einem kleinen Dörfchen namens Medvegia, das tatsächlich von Experten untersucht werden musste, weil die Bevölkerung total in Aufruhr war, weil es Vampire in ihrem Ort gab.“ Na komm, so ein bisschen Mythologie muss man sich doch erhalten, oder?

Naturschützer fordert mehr Toleranz für tote Tiere | RBB

Das der Tod zum Kreislauf des Lebens gehört, dürfte jeder schonmal gehört haben. Wie wichtig es allerdings ist, tote Tiere liegen zu lassen, konnte ich mir nicht vorstellen. Unzählige andere Lebewesen im Wald sind auf die Kadaver angewiesen, doch soweit kommt es nicht mehr, weil tote Tiere einfach weggeräumt werden. „Dass verendete große Tiere in der Natur liegenbleiben, hat mittlerweile Seltenheitswert in Europa. […] Wir haben uns in unserer Gesellschaft so weit vom Tod entfernt, dass wir tote Tierkörper nicht mehr als natürlich empfinden. Überall, wo solche Versuche bekannt werden, rufen sie große Aufmerksamkeit und Beschwerden von Anwohnern hervor. Oft aus unbegründeten Hygienebedenken oder „weil man sowas nicht macht“. René Krawczynski ruft deshalb zu mehr Toleranz gegenüber toten Tieren zum Schutz der Natur auf. „Schließlich gehört der Tod zum Leben.“

„Weil wir Idioten sind“ – Bekannter Physiker sagt beschämendes Ende der Menschheit voraus | Futurezone

Brian Cox, Physiker, Professor und Wissenschaftsjournalist bestätigt endlich das, was Gruftis schon seit den 80ern wissen oder zu mindestens verkörpern. Jedenfalls die meisten. Wir sind im Arsch, richten uns zugrunde und sind einfach nicht fähig, dauerhaft zu existieren. Der Wissenschaftler sagt, wir können mit der Macht, die wir als Menschheit erlangt haben, nicht umgehen: „Es könnte fast ein Naturgesetz sein, wenn eine intelligente Spezies zu lernen beginnt und dadurch mächtiger wird, dass sie diese Macht auf eine Art einsetzt, die sie vernichtet, und vielleicht haben Zivilisationen nur eine Lebensspanne von tausend, zweitausend oder zehntausend Jahren.“ Man kreiere dazu bitte einen düsteren Song und fertig ist die Endzeitstimmung.

Umbra et Imago – Dreams, Sex & Eternity | Umbra et Imago

Nach mittlerweile 30-jähriger Bandgeschichte hat sich Umbra et Imago selbst eine Dokumentation geschenkt. Selbstredend, dass allein der erste Teil der Doku für „jugendlichen Zuschauer“ ungeeignet ist, findet jedenfalls Youtube. Dabei gibt es dort nur ein paar Penisse zu sehen. In der Videobeschreibung steht: „Umbra et Imago zeigen ohne jegliche Eitelkeit das Bild ihres Seins! Von Anfang an! Zeitzeugen erzählen parallel dazu ihre subjektive Geschichte, zusammengeschnitten ergibt das eine Erzählung der Unterhaltungsklasse A!“ Mir ist das ganze ja ein wenig zu „Mozartlastig“, auch wenn die Bandgeschichte in dieser Form durchaus interessant ist und noch werden dürfte. Wann die nächsten Teile erscheinen werden, ist bisher nicht bekannt. (Danke Manu!)

Cellshaded Cosplay – Beeindruckende Realitätsflucht | ARTE Tracks

2 Tage mit der Sprühpistole – Eigenheim in Schwarz | Social Repose

Kann man machen. Ich glaube, ich persönlich wäre nicht so schmerzfrei. Ich glaube ja auch noch insgeheim, der Anstrich taugt nichts. Immerhin behauptet der YouTube mit 1,06 Millionen Abonnenten, es würde nicht wirklich wärmer werden im Innern.

 

1. Fledermaustreffen vom 8. bis zum 10. Juli 2022 auf Burg Vondern in Oberhausen

Premiere in Oberhausen! Vom 8. bis zum 10. Juli 2022 findet auf der Burg Vondern in Oberhausen das 1. Fledermaustreffen statt. Das Team vom Minicave-Festival ist mit den Leuten von der Burg Vondern eine unheilige Allianz eingegangen und veranstaltet mitten im Pott ein neues, schwarzes und familiäres Festival. Auf der Bühne stehen unter anderem New Days Delay, Frank The Baptist, Still Patient?, The House of Usher und Te/Dis. Auch Myk Jung und Klaus Märkert geben sich die Ehre. Veranstalter H.Gen, den vielen hier aus dem Blog kennen, war so freundlich, das Festival und die Idee dahinter vorzustellen:

Burg Vondern in Oberhausen – Gothic goes Mittelalter

Die Zeiten als im Ruhrpott alles „schwarz“ war sind längst vorbei. Überall entstehen neue Grünflächen und Naherholungsgebiete auf ehemaligen Industrieflächen. Doch so manches hat überlebt: neben der schwarzen Gothic-Szene auch die Frühgeschichte des Ruhrgebietes in Form von zum Beispiel Römerlagern, germanische Kultstätten und nicht zu vergessen: die mittelalterlichen Festungsanlagen. Unzählige Burgen und Schlösser werden von engagierten Vereinen und Menschen mit viel Aufwand erhalten. Eine davon ist die Burg Vondern in Oberhausen, und genau dort wird das erste Fledermaustreffen im Ruhrgebiet stattfinden.

Nirgendwo in Deutschland gibt es so einen dichte an Clubs, Konzerte und sonstige Veranstaltungen rund um das gruftige Lebensgefühl wie in dieser einzigen Kohle-und Stahlregion. Aber nicht nur das, das Ruhrgebiet gehört im Verbund mit Düsseldorf und Köln zur größten Kulturmetropolen nach New York, London und Paris. Das alles hat das Fledermaus-Veranstaltungsteam rund um die Minicave Ikone Nina Door dazu bewogen, genau an dieser Stelle ein neues Festival zu veranstalten. Ein Treffen wie zu guten alten grusligen Zeiten ohne den ganzen totalen Kommerz. Wer die mit viel Liebe veranstalteten Minicave Festivals kennt, weiß was einen erwartet. Familiäres Ambiente im DIY-Style. Kommen darf jeder, den die Musik und das Ambiente interessiert und der sich mit der Szene identifizieren kann.

Ein Minicave-Schild in Form einer Fledermaus wird aufgehangen
Es gibt viel zu tun um die Burg für die Festivalbesucher noch schöner zu machen.

Fledermaustreffen – Das Programm

Freitag, 08. Juli 2022

Es werden an zwei Tagen insgesamt 7 Bands auftreten, es gibt Lesungen und Kunstbeiträge. Nachdem alle Gäste ab 18:00 in die Burg geströmt sind, gibt sich Lucas Lanthier um 20:30 von der Band Cinema Strange mit seiner wundervollen Soloshow die Ehre. Ab 22:00 Uhr startet dann in den Räumen der Burg die Aftershow-Party mit ausgesuchten und geradezu handverlesenen DJs und DJanes.

Den Anfang macht Freitag Abend, den 08. Juli 2022 Lucas Lanthier von der Band Cinema Strange mit seiner wundervollen Soloshow.

Samstag, 09. Juli 2022

Um 13:00 öffnet die Burg ihre Pforten. Wer möchte, nimmt an einer Führung teil oder shoppt bei den Händlern, bevor es um 14:00 zu einer Lesung von Klaus Märkert und Myk Jung in den Gewölbekeller. Klar, dass die beiden Szene-Legenden dabei sind, wenn irgendwas großes im Ruhrgebiet stattfindet.

Der Samstag startet musikalisch mit einer Überraschung. Aus humanitärer Sicht zwar eine traurig-schaurige Überraschung, doch aus musikalischer und menschlicher Sicht bewegt man sich auf höchster Ebene. In letzter Minute haben sich Kurs Valüt aus der Ukraine als Opener für den Samstag angekündigt. Sie bereisen und bespielen im Rahmen einer Benefit-Tour Europa, um mit einem selbst ins Leben gerufenen Hilfsprogramm Künstler*innen zu unterstützen, die in der Heimat ihren Dienst an der Waffe leisten und somit ihre Kunst derzeit nicht verbreiten können.

Es klingt dramatisch – ist es auch – Kurs Valüt werden pünktlich um 15 Uhr beginnen. Über Spenden für die Hilfsaktion würde man sich freuen.
Weiter geht es dann mit den Szenegrößen:  Te/DIS, The House of Usher, Still Patient?, New Days Delay, Frank the Baptist

Ein paar Schritte von der Bühne entfernt, werden im Herrenhaus der Burg folgende Händler*innen mit ziemlich schönen Sachen für euch dabei sein.

Wunderschöne Kreationen für Sie und Ihn, direkt von der Designerin Missbaron, im Ruhrpott kreiert und hergestellt. Ebenfalls aus dem Herzen des Ruhrgebiets sind Accessoires von Batcave Design Dinge, die in keiner Fledermaushöhle fehlen dürfen. Zwar nicht aus dem Ruhrgebiet stammend, aber aus dem Herzen der Szene ist Young Bat Design mit Handgemachten für Fledermaus vor Ort. Auch Doc Kernkrach kommt höchstpersönlich aus Münster und bringt euch musikalische Raritäten und feinsten Ohrenschmaus mit. Außerdem hat der alte Plattengott auch noch eine Plattenveröffentlichungsüberraschung mit Weltneuheit zum Festival angekündigt. Diese wird es erstmal nur exklusive beim Fledi-Festival geben.

Ein Biergarten mit Imbisswagen darf natürlich auch nicht fehlen. Zum Ende des Abends lädt man dann zur Aftershow Party in den Räumen der Burg ein um zu angesagten DJs/Janes bis in die Nacht abzutanzen. Unter anderem legen Nina Door, Friedi, das Betet Sauvage Team u.a. für euch auf bis die Pikes qualmen.

Sonntag, 10. Juli 2022

Während ihr am Sonntag von 10:00 – 13:00 Uhr die Möglichkeit habt, bei einem gemeinsamen Frühstück voneinander Abschied zu nehmen (genaue Infos hierzu folgen noch), liest Jörg Kleudgen (Sänger von The House of Usher) von 11:00 – 11:45 Uhr im Gewölbekeller für euch. Wir sind sehr stolz, dass Jörg zugestimmt hat, beim Fledermaustreffen eine der seltenen Gelegenheiten, ihn persönlich lesen zu hören, umzusetzen.

Und sonst? Ausflüge ins Umfeld

Der Samstag bietet sich den Frühaufstehern an, in der Nähe der Burg interessante und geschichtsträchtige Orte zu besuchen. Ein paar möchten wir Euch vorstellen.

Schloss Oberhausen mit der Ludwigsgalerie und dem angegliederten Tierpark mit einheimischen Tieren und das zum Nulltarif.

Der höchste Ausstellungsraum Europas: der Gasometer. Dort kann man zur Zeit die beeindruckende Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“ besuchen.

Die Wiege der Ruhrindustrie, die St. Antony-Hütte. Wer Glück hat trifft auf den am 27.7. 1780 verstorbenen Hüttendirektor Jacobi, der viel interessantes zu berichten hat.

Der Liricher Parkfriedhof lockt mit seinem alten Baumbestand und den eindrucksvollen Gräbern.

Der Liricher Westfriedhof von 1890

Der Peter Behrensbau mit seiner Industrieausstellung und nicht zu vergessen die ältesten Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet wo unter andern Filmsequenzen für Frank Goosens Sommerfest, Manta der Film, die Pavlacks und das Wunder von Bern gedreht wurden. Dass Sissi Darstellerin Romy Schneider einst in Oberhausen gedreht hat und Wim Wenders hier herkommt sei nur nebenbei erwähnt.

Los gehts!

Tickets via minicave@gmx.de – Betreff „Fledermaustreffen 2022“ und die vollen Namen aller „Fledermäuse“, für die ihr Tickets bestellt. ALLE Namen sind superwichtig! Innerhalb von 2 Tagen senden wir euch eine Email mit Zahlungsdetails zu.

Preise

Festivalticket kostet 38,-€/Person – Zutritt zu allen Konzerten und Aftershowpartys und zum Festivalgelände. Campingticket 10,-€/Person – Möglichkeit zur Übernachtung im Zelt, Wohnwagen, Wohnmobil oder Bulli auf dem Campingplatz neben der Burg, am Freitag und Samstag. (Campingtickets leider schon alle verkauft.) Sanitäranlagen sind vorhanden.

Update 04.07.2022: Der Vorverkauf ist beendet! Es gibt aber noch Tickets an der Abendkasse und Tageskarten; auch für die Aftershow Partys.

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Gruft-Orakel Juli 2022: Der Pflock taumelt im Liebesrausch

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Gedankenverloren schnitzt der Pflock kleine Herzen in seine hölzerne Hülle. Winzige, eingeritzte Buchstaben symbolisieren seine Bindung zu seinen unzähligen Schwärmen, die er verehrt. Was romantisch und auch ein wenig süß anmutet, ist reine Organisation, denn so langsam verliert der Pflock den Überblick über seine Dates. Als der Vampir nach seinem Ausnüchterungsschlaf aus dem letzten Orakel in Richtung Küche schlendert, beobachtet er den Pflock bei seiner Arbeit. „Wie erklärst du deinem jeweiligen Daten eigentlich die anderen Herzen?“ Verstört blickt der Pflock auf seine beschriftete Hülle, einen Augenblick lang wird ihm schwindelig bei dem Gedanken, seine Dates zu ruinieren. Woher eine gute Erklärung nehmen? Sofort kommt ihm Alana Abendroth in den Sinn, die hat schließlich mal ein Buch über Körpfermodifikationen geschrieben und sollte am besten wissen, was man in einem solchen Fall erzählen könnte.

Gruft-Orakel Juli 2022 - Alana Abendroth

Weniger Besucher, mehr Nebenschauplätze – Das WGT am Wendepunkt?

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Anfang Juni ist das 29. Wave-Gotik-Treffen zuende gegangen, das nach 2 Jahren Corona bedingter Pause wieder an alte Erfolge anknüpfen sollte. Doch vieles war in diesem Jahr anders als sonst, darin sind sich viele Besucher des Treffens einig. Nicht nur ein Besucherrückgang um etwa 6000 Gäste, sondern auch leere Shopping-Hallen und fehlende Verkaufsstände. Wie kann es mit dem größten Festival der schwarzen Szene weitergehen?

Besucherrückgang

Es waren deutlich weniger Besucher beim Treffen, das berichtet jedenfalls die LVZ (Paywall) und spricht von 15.000 Besucher, rund 6000 weniger als noch 2019. Der Veranstalter macht dafür die Corona-Pandemie und die daraus resultierende Planungsunsicherheit verantwortlich. Erst im April konnte mit dem regulären Kartenvorverkauf begonnen werden, denn bis zuletzt war unklar, ob man das AGRA-Gelände nutzen könne, da die Stadt Leipzig auf dem Gelände ukrainische Flüchtlinge unterbringen wollte.

Allerdings waren auch die Planungen der Gäste bereits im Vorfeld gehemmt, denn die Corona-Pandemie sorgte in der klassischen Vorbereitungsphase für große Unsicherheiten hinsichtlich Anreise und Unterbringung. Unklar war bis zuletzt auch, wie Großevents überhaupt stattfinden können. Erst im März 2022 war offiziell, dass viele Regeln wegfallen würden und ein WGT uneingeschränkt stattfinden konnte.

Die Kurzfristigkeit in der Planung, ein gleichzeitig stattfindendes Stadtfest und allgemein gestiegenen Preise trieben auch die Preise für Unterkünfte in die Höhe, was das Treffen auch für einige Besucher schlicht zu teuer gemacht hat. Dass das WGT den Ticketpreis ebenfalls kurzfristig erhöhte, war nur die Kirsche auf einem viel zu teuren Kuchen.

Und natürlich war dann auch noch einer immer noch akute Pandemie, die einige Menschen abgehalten hat, sich in Massenveranstaltungen zu tummeln. Zu Recht, wie sich herauszustellen scheint, denn viele Besucher des WGTs oder der vielen Rahmenveranstaltung hat es „erwischt“, wenn man dem subjektiven Gefühl, das unzählige positive Corona-Tests, die in den sozialen Medien gepostet werden, glauben schenken darf. Die 2-jährige Corona-Pandemie hatte allerdings auch noch andere Auswirkungen.

Folgen der Covid-19 Pandemie

Auch das Wave-Gotik-Treffen selbst hat sich verändert. Spürbar weniger Shopping-Stände in den Messehallen und dem Außenbereich und wieder weniger Veranstaltungsorte, die bespielt wurden, sind vielen Besuchern aufgefallen.

Die Corona-Pandemie hat die Veranstaltungsbranche völlig auf den Kopf gestellt, in allen Bereichen fehlt es an Personal. Erst jüngst musste ein ganzes Festival, zu dem rund 11.000 Besucher strömen sollten, abgesagt werden. Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, schätzt man in der Branche, dass zwischen 30 und 40 % Personal schlichtweg fehlen.

Vor allem die dünne Personaldecke macht vielen Veranstaltern Sorgen. Nach zwei Jahren Pandemie, in denen so viel ausgefallen und verschoben wurde, in denen der ganze Kulturbetrieb teilweise still stand, läuft vieles nicht mehr so reibungslos wie noch 2019. Viele Leute, die Bühnen aufgebaut haben, die bei Konzerten Getränke ausgeschenkt oder eben auch für die Sicherheit des Publikums gesorgt haben, mussten sich in den letzten beiden Jahren neue Jobs suchen. Das erzählen die meisten Konzertveranstalter.

Eine Studie der UNESCO stellt darüber hinaus fest, dass es Millionen von Künstlern und Kreative ihren Job verloren haben, der deutsche Kultursektor ist um rund 23 Prozent kleiner geworden. In Mittel- und Südamerika sogar um rund 80 Prozent. Das hat sich auch auf dem WGT bemerkbar gemacht und wird wahrscheinlich noch eine ganze Weile spürbar sein, denn von einem plötzlichen Ende der Pandemie kann keine Rede sein.

Ein Blick in Glaskugel

Wie könnte das 30. Wave-Gotik-Treffen aussehen? Die weltweiten Krisen werden sich nachhaltig auswirken. Allein der Krieg in der Ukraine macht das Leben teurer, und den freien Taler für Kunst- und Kultur noch knapper. Die Corona-Pandemie ist noch lange nicht vorbei und wirkt sich mit Lieferschwierigkeiten, Unsicherheit und Neuorientierung der Arbeitskräfte nicht nur auf die Gesundheit aus. Warum sollten zum Beispiel Menschen, die durch die Pandemie gezwungen waren, sich neue Jobs zu suchen, weil dir Kultur- und Konzertlandschaft brach lag, ihren neuen Arbeitsplatz aufgeben?

Trotz der pessimistischen Aussichten, wird auch 2023 ein WGT stattfinden können, sofern der Virus keine Rache schwört und Putin nicht weiter mutiert. Selbst wenn es ganz dicke kommt, und die Veranstalter sich entschließen, nicht mehr weiterzumachen, bleibt Leipzig zu Pfingsten schwarz. Das sagt mir meine Glaskugel.

Leipzig hat im Laufe der letzten Jahre ein pulsierenden Kern schwarzer Szene angesammelt, der nicht allein auf Konsum ausgerichtet ist, sondern auf „Selbermachen“  Als beispielsweise Christian von Aster und Lydia Benecke keine Einladung vom WGT erhielten, haben sie kurzerhand ihr eigenes WTF?!-Festival ins Rennen geschickt, das reichlich intellektuell-unterhaltenden Content bot. Das Gothic-Pogo-Festival bietet schon seit Jahren nicht nur einem aktiven Kern tanzbare Unterhaltung, sondern auch zahlreichen aufstrebenden Nachwuchs-Bands eine Bühne. Eine neu ins Leben gerufenen dunkelromantische Nacht umgarnte die Besucher mit wärmeren Klänge. Christian von Aster schrieb auf Facebook dazu:

…die überwältigende Annahme des alternativen Kulturangebots lässt erahnen, was die kommenden Jahre noch an finsteren Wundern in dieser Stadt erblühen wird. Ich bin dankbar, Teil dieser Dinge sein zu dürfen.

Sollte sich also parallel zum WGT eine Reihe weiterer Veranstaltungen etablieren? Wird das Treffen möglicherweise überflüssig und ist verzichtbar?

Das Wave-Gotik-Treffen hat es in 30 Jahren zur globaler Bekanntheit gebracht. Die Sogwirkung des WGTs für den erwähnten kreativen Kern der Szene, für Besucher, Bands und Künstler aus aller Welt ist nicht zu unterschätzen. Auch wenn Leipzig ohne WGT „schwarz“ bleiben würde, bliebe einiges von der Diversität und Heterogenität auf der Strecke.

Kommentar: Zeit für Entwicklung!

Das WGT ist Bezugspunkt und Referenzgröße der Gothic-Szene. Auch das über Jahre gereifte Konzept eines dezentralen Festivals mit üppigem Rahmenprogramm und vielen unbekannten Bands ist weltweit einzigartig. Allerdings scheint eine Entwicklung des Wave-Gotik-Treffens unausweichlich, um auch in Zukunft relevant zu bleiben.

Es fehlt mitunter an Feingefühl und Transparenz in der Kommunikation mit Künstlern, Händlern und Besuchern. Christian von Aster, der im Grunde genommen zur festen Größe des WGT zählte, wurde ohne Begründung nicht mehr eingeladen. Besucher, die während der Pandemie-Jahre unsicher waren, wurden bis zuletzt im unklaren gelassen, ob es weitergehen würde und zuletzt stellte sich der Umgang mit der Flüchtlingsthematik als diskussionswürdig dar. Und zuletzt ist ein immer noch geduldeter Stand der rechtsextremen Verlags VAWS in den Agra-Shopping-Hallen schon lange nicht mehr zeitgemäß. Dass diese Dinge immer wieder von vielen Besuchern thematisiert wird, zeigt die Wichtigkeit des Treffens und seinen Stellenwert für die Szene. Die Besucherzahlen werden sich erholen, nicht nur, weil mehr Planungssicherheit da ist, sondern auch, weil die Menschen „ausgehungert“ sind.

Es scheint daher auch Zeit zu werden, neue Veranstaltungsorte zu finden, denn durch den Wegfall einiger wichtiger Locations und Unterschätzung einige Events kam es der Vergangenheit immer wieder zu übervollen Sälen und Hallen, der wiederum bei Frust bei den Besuchern und Künstlern sorgte. Allerdings wird das zur Herausforderung werden, denn Leipzig boomt. Immobilien und Mieten werden immer teurer, das dürfte auch für Veranstaltungsräume gelten. Schade wäre es allerdings, wenn das Rahmenprogramm dünner wird und Lesungen oder Vorträge weiter wegfallen würden.

Wie seht ihr die Zukunft des Wave-Gotik-Treffens und die Entwicklungen der schwarzen Szene? Wird es in Zukunft mehr „Nebenschauplätze“ geben, die Leipzig zu Pfingsten in schwarze Pracht hüllen?

Veranstaltung: Owls ’n‘ Bats Festival unter dem Hermannsdenkmal in Detmold

Am kommenden Samstag, dem 2. Juli 2022 findet (endlich) wieder das Owls ’n‘ Bats Festival in Detmold statt. Auf der wunderschön gelegenen Bühne am Fuße des Hermannsdenkmals im Teutoburger Wald präsentieren sich die Bands A Projection, Wires & Lights, Je T’Aime, Midas Fall, Grundeis und Ropes of Night einem hoffentlich neugierigen Publikum in familiärer Atmosphäre. Spontis ist dabei!

Stellt euch vor, es gäbe eine Familienfeier, zu der jeder Grufti kommen kann. Klingt komisch, ist aber so. Dass hier jeder Grufti zur Familie gehört, daran lassen die beiden Veranstalter, Zuzie und Matthias und alle Beteiligten, keinen Zweifel. Beim Owls ’n‘ Bats bekommt man gleich am Eingang das Gefühl, nicht auf ein Festivalgelände zu gehen, sondern in „Onkel Fledermaus seinen verwunschenen Garten“ zu kommen. Schon die Anfahrt ist ein Erlebnis, hat man doch bis zuletzt den Eindruck, sich verfahren zu haben, bis man irgendwann den rettenden Parkplatz erreicht, auf dem der Anblick von schwarz gekleideten Gestalten für Erleichterung sorgt.

Aber auch musikalisch wird einiges aus den Bereichen Post-Punk, Darkwave und Shoegaze geboten, was sonst unter dem Radar der Popularität fliegt. Zu Unrecht, wie man dem musikalischen Vorgeschmack in Form einer Playlist entnehmen kann. Seid auf folgende Bands gespannt: A Projection (SK), Wires & Lights (DE), Je T’aime (FR), Midas Fall (UK), Grundeis (DE), Ropes of Night (DE)

Auf dem Gelände im Naturschutzgebiet sind knapp 1000 Gäste erlaubt, die Tickets kosten 40 € und können entweder direkt online gekauft werden (Print@Home) oder an der Abendkasse gelöst werden. Obwohl Abendkasse nicht so ganz richtig ist, denn der Einlass beginnt um 14 Uhr. Das Parken auf dem unmittelbar neben dem Festivalgelände gelegenen Parkplatz ist kostenlos. Um Mitternacht ist allerdings Schluss mit lauter Musik, die abendliche Beschallung besteht im Wesentlichen aus den Geräuschen der Natur. Und keine Panik, auch für das leibliche Wohl wird gesorgt und auch der „Schattenmarkt“ versammelt wieder ein paar gut sortierte Händler.

Unser Tipp: Da das Festival auf der 386 m hohen und stark bewaldeten „Grotenburg“ stattfindet, ist es hier immer etwas kühler als „unten im Tal“. Beachtet das bei der Wahl eurer Kleidung und nehmt ggf. auch Mäntel oder Jacken mit, die ihr abends überziehen könnt. Da ihr das Gelände jederzeit verlassen und wieder betreten könnt, bietet sich das Auto als „Kleiderschrank“ an.

Außerdem werde ich noch ein paar Spontis-Magazine der vergangenen Jahre einpacken, sprecht mich also gerne an, wenn Ihr neugierig seid und eins mitnehmen wollt.