Video: 35 Jahre alte Hyde-Park Dokumentation – „Ein Ort zum Schreien“

1976 eröffnete der „Hyde Park“ in einem ehemaligen Ausflugslokal in Osnabrück und entwickelte sich schnell als Treffpunkt für die alternative Jugend im Nordwesten Deutschlands. 1983 musste der Club schließen, weil Anwohner sich über den Lärm beschwerten. Ein neuer Standort sollte in Zusammenarbeit mit der Stadt gefunden werden, was allerdings bis zum Tag der Schließung nicht passiert war. Unzufriedene Besucher, die Ordnungsgemäß am 31. Juli 1983 um 24:00 vor die Tür gesetzt wurden, verschafften ihrem Unmut Luft und lieferten sich in Osnabrück tagelange Straßenschlachten mit der anrückenden Polizei. Die sogenannten „Hyde-Park-Krawalle“, wurden im Boulevard zerrissen: „Osnabrück: 1000 Punker – blutige Schlacht„, auch die Tagesschau berichtete. Eine kürzlich veröffentlichte Dokumentation aus dem Jahr 1988 bringt Besucher von damals vor die Kamera und dokumentiert die Geschehnisse rund um die Schließung.

Die Quintessenz des Alterns

Was ich persönlich sehr erstaunlich finde, ist die Aktualität dieses Beitrags. Die Sichtweisen, Entwicklungen und Gedanken finden sich in jeder Zeit wieder. Das „Gemeinsame“ in der Rolle des Außenseiters bringt erstaunliche Erinnerung an meine Jugend zurück. Nicht, dass ich Gast im Hyde-Park gewesen wäre, aber ebenso ein Laden spielt auch in meiner Sozialisierung eine wichtige Rolle. Dabei endet die Jugend nie mit dem 18. Lebensjahr, sondern eben dann, wenn die Suche, die Unruhe und Unsicherheit mit einer gewissen Selbstsicherheit zu enden scheinen.

Ich kann mir jedenfalls nicht helfen, obwohl ich nicht aus Osnabrück oder Umgebung stamme, fühlt das alles nach meiner Vergangenheit an. Bis auf die Krawalle anlässlich der Schließung natürlich, denn bei uns starben die „alten Läden“ häufig mit einem Besitzerwechsel oder einer Anpassung der musikalischen Ausrichtung.

Für Osnabrücker aus dieser Zeit ist dieses Fundstück ein außerordentlicher Zeitzeuge der eigenen Vergangenheit, ich bin mir sicher, dass sich auch einige Gruftis im Hyde Park, der stets seinen Namen behalten hat, wiederfinden. Schön, das der Film von Günter Mey und Günter Wallbrecht seinen Weg auf Youtube gefunden hat.

Den Hyde Park gibt es immer noch. Nach weiteren Umzügen hat die Discothek in einem Industriegebiet in Osnabrück eine offensichtlich dauerhaftere Bleibe gefunden. Conny Overbeck, die ihr BWL-Studium damals abbrach, um den Hyde Park 1976 zu eröffnen, ist immer noch dabei, auch wenn sie zugeben muss, dass sie die lange Nächte manchmal stören. Wer möchte, kann am 9. Dezember 2022 zur „Rabennacht“ fahren, bei der DJ AlexX BotoX hinter den Plattentellern für düstere Stimmung sorgt.

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Manu
Manu(@manu)
Vor 1 Jahr

Sehr gut. Vielen Dank. Solche historischen Zeitdokumente finde ich immer gut.

eztaKezrawhcs
eztaKezrawhcs (@guest_61865)
Vor 1 Jahr

Vielen Dank für den Bericht!
Ich bin sehr gerne im Hyde Park zur Rabennacht. Wir fahren regelmäßig aus Lingen nach Osnabrück und freuen uns immer sehr über die düstere Atmosphäre und die tolle Musik. Vor allem die Rabennacht Classic ist ganz hervorragend.

Dass der Club schon sooo lange existiert, war mir dabei gar nicht bewusst. Das ist wirklich beeindruckend.
Als ich noch näher zu Münster gewohnt habe, bin ich immer dort zum Hawerkamp gefahren um im Triptychon, im Gogo Rose Club, im Favela oder der Sputnikhalle auf Gothic Partys zu gehen.

Aber zum Hyde Park ging es für Konzerte damals schon. Viele großartige Abende mit Subway to Sally, Moonspell, Cradle of Filth und noch einigen anderen Bands habe ich dem Park zu verdanken.
Und wenn ich eine Zeitmaschine hätte, würde ich sofort zum Auftritt der Sisters of Mercy oder The Damned reisen, die in der Doku gezeigt werden.

Also falls Alexx oder Conny und ihr Team das hier lesen sollten: Vielen Dank aus ganzem Herzen! Macht weiter so. Clubs wie der Hyde Park sind unheimlich wichtig für uns.

Wiener Blut
Wiener Blut (@guest_61866)
Vor 1 Jahr

1000 Punker… Hier leben doch sowieso nur Punker…innen, eine echte schwarze Elite existiert garnicht! ;-) Der alte Hyde Park (Zirkuszelt) liegt vor meiner Zeit. Aber ja, der Neue ist ein Stück Geschichte von mir…. vor allem AKTIVE Geschichte die man noch erleben kann. Andere alternative Schuppen im Dreieck Bremen, Osnabrück, Bielefeld, wie der Pleasure Dome in Oppenwehe, oder der Lindenhof in Wetschen existieren nicht mehr. Pleasure Dome Revival Parties im Waldfrieden Wehdem vorbei. Die Musikbox in Minden spielt nicht mehr schwarz. Selbst Osnabrück hat zB mit dem Unicum, Bastard Club, oder dem Works schwarze Partyorte verloren. Ich finde das schon eine „Erschütterung der Macht“ im Nordwesten. Viele Discogänger werden älter und sind weg oder weniger aktiv. Für die Jugend, gerade auf dem Land, wird es schwieriger attraktive Parties zu erreichen. Das bremst natürlich die Entwicklung des Nachwuchs. Das X, ehemals Kick in Herford, oder das Aladin/der Tivoli Bremen sind noch da als „historische Stätten“. Wobei das X wenig mit Schuppen zu tun hat aufgrund von Größe und Schnitt. Zurückblickend weiß ich nicht ob die von dir gewählte Bezeichnung „Außenseiter“ richtig ist. Damals hätten vielleicht einige mehr das so geteilt, aber irgendwie richtig bezeichnen konnte man die Mischung in den „Schuppen“ sowieso nie, und nicht wenige Besucher haben ja ihren Weg gemacht in die Gesellschaft. Alternativ mit vereinzelten „Besuchern von außen“ (weil sonst nix anderes is, oder sich rein verirrt) triffts eigentlich ganz gut meiner Meinung rückblickend. Der aktuelle Hyde Park bleibt aber einer meiner Lieblingsorte zum ausgehen, auch wenn das Break Out Asendorf mich dieses Jahr auch beeindrucken konnte, oder das Schloss Mühlenburg in Spenge.

Letzte Bearbeitung Vor 1 Jahr von Wiener Blut
Wiener Blut
Wiener Blut (@guest_61872)
Antwort an  Robert
Vor 1 Jahr

Ich rutsche schnell auf die B51 Richtung Süden… 25/30 Minuten. Hannover… puh… klassisch würde ich eher stärker Nord-Süd-West einschätzen. OS, DH, ST, MI, VEC… usw, und eher hoch in die Kreise Diepholz bis Vechta usw zB, aber eher weniger ganz Richtung Osten bis Hannover. Hannover steht ja wohl selber mit Veranstaltungen gut da?! MS hat wiederum durch eigene Veranstaltungen und die stärkere Nähe zum Pott, wohl eher andere Anlaufpunkte Konkurrenz. Konzerte sind natürlich eine Sonderkategorie, weil ja nicht alle Bands überall spielen, und nicht jeder zu jedem Termin hinfahren kann vom eigenen Kalender.

Markus
Markus (@guest_61984)
Antwort an  Wiener Blut
Vor 1 Jahr

Circus Musicus, Märschendorf…Lindenhof, Wetschen…Römer, Bremen…Renaissance, Oldenburg…Metro, Oldenburg…nicht zu vergessen die privat organisierten Underground-Feten im Unicum, Osnabrück. Alles ohne Internet, Facebook und WhatsApp, nur über handgedruckte Flyer und Mund-zu-Mund-Propaganda.

Die unlängst besuchte Rabennacht im Hyde-Park war für mich musikalisch und Publikumstechnisch eher eine herbe Enttäuschung, vor allem unter dem Aspekt der legendären und uralten Underground-Historie des Hyde-Park, das zu besuchen ich in den 80ern leider nie geschafft habe. Wie hieß doch gleich der Laden in OS, in dem man damals Pikes kaufen konnte?

Norma Normal
Norma Normal(@normanormal)
Vor 1 Jahr

Die Doku ist wirklich bemerkenswert. Nicht nur der filmische Stil den man heute eigentlich kaum mehr in Dokus findet, auch die Art und Weise wie offen und persönlich die Interviewten erzählen, allerdings vollkommen nonchalant und ohne das es gefühlsduselig wird. Und genau das macht es noch rührender. Ich kann mich gut in dem Gesagten wiederfinden, auch wenn es eine ganz andere Generation und Gegend ist, so wie es Robert schon schreibt, es steckt sehr viel Aktualität darin. 
Hat mir besser gefallen als die Metal Doku die hier neulich auch vorgestellt wurde. Die war sehr glatt produziert und die persönlichen Geschichten waren bissel too much, irgendwie. Mehr Fokus auf die Musik hätte ich besser gefunden. 

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