Was hat der Mülheimer Stadtteil Holthausen und ein Prinz namens Equalla Deido gemeinsam? Wer nicht genau hinsieht und sich auch nicht besonders für die Stadtgeschichte Mülheims interessiert, benutzt die kleine Parkanlage einfach nur als Abkürzung zwischen zwei Querstraßen. Und manchmal schauen dann schnell vorbei huschende Leute verdutzt, wenn interessierte Menschen in den Hecken und Büschen fotografieren oder sogar Blumen niederlegen. Es gibt auf diesem Friedhof nämlich Interessantes zu entdecken. Unter den wenigen noch existierenden Grabstellen ist auch das Grab eines echten afrikanischen Prinzen.
Ein Friedhof für Holthausen und Menden
Der Friedhof des Dorfes Holthausen, das damals noch nicht zu Mülheim a.d.Ruhr gehörte, wurde am 25. Oktober 1878 eingeweiht. Aus Platzmangel wurde der Friedhof für Beisetzungen in Reihengräber schon am 6. August 1917 wieder geschlossen. 1965 fanden die letzten Beisetzungen in Erbgräbern statt.
Equalla Deido – Der Prinz aus Kamerun
Neben Ruhestätten bekannten Mülheimer Familien gibt es auch das Grab des Kameruner Prinzen Equalla Deido, der zur Kolonialzeit nach Mülheim kam.
Equalla Deido aus Kamerun war der erstgeborene Sohn des berühmten König Deido Duala Epee Ekwalla und wurde wie viele andere männliche Jugendliche aus kamerunischen und togoischen Elitefamilien vor 1914 in Deutschland zur Schule geschickt. Wieso der Prinz unbedingt in dem Dorf Holthausen bei dem Lehrer Heinrich de Jong und seiner Frau Anna wohnte und ausgebildet wurde, ist nicht eindeutig zu klären. Genau wie seine Todesart. Equalla Deido starb wenige Monate nach seiner Ankunft in Mülheim an der Ruhr im Mai 1891.
Bei einem Sturz beim Spielen an einer Lehmgrube verkühlte er sich so stark, dass er wohl kurz darauf an einer Lungenentzündung verstarb.
Allerdings gibt es auch immer noch eine andere Version, die besagt, dass Prinz Deido bei einem Duell starb. Er soll diskriminierend beleidigt worden sein, worauf es zu einem Duell kam und ihn ein Säbel tödlich durchbohrte. Diese Version wurde von seinem Vater verbreitet, der die Grabstätte während seines Aufenthaltes in Deutschland als Teil der Duala-Delegation 1902 besuchte.
Der restaurierte Grabstein des Prinzen Equalla Deido. Noch heute wird die Ruhestätte von Unbekannten regelmäßig gepflegt.
Der Friedhof soll weichen
Die Stadt Mülheim an der Ruhr sah sich 2019 gezwungen, die Grünanlage aus Kostengründen zu veräußern und bebauen zu lassen. Die 10.000 Euro, die für den Unterhalt der Grünfläche jährlich benötigt werden, erschien der Stadtspitze zu viel. Die Bürger von Mülheim-Holthausen waren sehr aufgebracht und gründeten eine Bürgerinitiative. Man konnte sich zum Glück einigen. Wenn jedes Jahr 10.000 Euro auf ein Spendenkonto zur Pflege der Anlage zusammenkommen, kann der Friedhof weiterbestehen. Falls nicht, wird es zu neuen Streitigkeiten um den Erhalt des Friedhofes kommen.
Ein paar Quadratmeter, die nachdenklich machen
Warum ein kulturelles Kleinod und eine grüne Lunge in der Großstadt für die läppische Summe von 10.000 Euro weichen soll, erschließt sich mir als Normalbürger nun wirklich nicht mehr. Besonders wenn man überlegt, wie viel Geld für andere Sachen zum Fenster rausgeschmissen werden. Die Gegend ist schön und Bauland kann man vermutlich teuer veräußern. Aber sollte man wirklich alles platt machen, nur weil es auf den ersten Blick keinen Nutzen für die Wirtschaft hat? Der Mensch, die Erinnerung und der Tod, die Beerdigungskultur, die Geschichte der Menschen, die hier ihre letzte Heimat fanden, was ist sie uns (noch) wert?
Im britischen Örtchen Meols an der beschaulichen Westküste der Insel befindet sich eine rote Telefonzelle, ohne die es die Band OMD (Orchestral Manoeuvres in the Dark) möglicherweise nie in die Charts geschafft hätten. Diese typisch rote britische „Phone Box“ war den Musikern offenbar so wichtig, dass sie ihr sogar den Song „Red Frame White Light“ gewidmet haben.
632 3003 – Ich würde gerne OMD sprechen
Die unscheinbare Telefonzelle an der Kreuzung Birkenhead Road und Greenwood Road unweit des Pubs „The Railway Inn“ diente der Band in den späten 70er Jahren als provisorisches Büro. Die Bandmitglieder trafen sich hier regelmäßig, um mit ihrem Manager zu telefonieren und warteten dann stundenlang darauf, dass dieser sie mit Neuigkeiten über Auftritte und Plattenfirmen zurückrief.
Die Band verewigte das Telefon später in ihrer zweiten Single „Red Frame/White Light“, in der die Telefonnummer der Zelle, 632 3003, ein wichtiger Teil des Textes ist. Bis heute ist dies wahrscheinlich der Song mit den höchsten Charts, der sich ausschließlich um eine öffentliche Telefonzelle dreht. Der Song hielt sich 1980 für 2 Wochen in den britischen Charts und könnte den Weg für „Enola Gay“ geebnet haben, der sich ein paar Monate später ganze 15 Wochen in den Charts hielt.
Klar, dass das Telefon im Laufe der Jahr immer wieder klingelte, weil Fans hofften, ein Bandmitglied an die Strippe zu bekommen. Das klappte natürlich nicht, gelegentlich nahm zwar ein verwirrter Dorfbewohner vermutlich den Hörer ab, konnte aber sicherlich den Anrufenden nicht zufriedenstellen. Trotzdem ist die Telefonzelle zu einer Art Pilgerstätte für OMD-Fans geworden. 2005 wurde die Zelle, die durch die Jahre ziemlich heruntergekommen war, durch eine Kampagne von Fans neu angestrichen und gestaltet.
Das Entsetzen unter Fans und Ortsansässigen war groß, als die „BT Group“, die britische Telefongesellschaft, die Zelle am 18. August 2017 plötzlich entfernen ließ. Die daraufhin gegründeten „Friends of 632 3033“ schafften es tatsächlich, dass die Telefonzelle im Oktober 2017 wieder aufgestellt wurde, auch die Bandmitglieder von OMD setzten sich für den Erhalt der roten „Phone Box“ ein. Der Film einer Bürgerinitiative erzählt die spannende Geschichte von der Rettung der Telefonzelle.
Es wird wieder Zeit, ein paar Links zusammenzufassen, die es (noch) nicht in einen eigenen Beitrag geschafft haben. Bitte lasst nicht nach, mich auf weitere interessante Artikel, Neuerscheinungen, Videos oder Rezensionen hinzuweisen. Im Augenblick haben wir neben den üblichen Sommeraktivitäten (wie einige gelesen haben, waren wir auch auf dem Amphi-Festvial) auch die Vorbereitung für das kommende Spontis-Magazin vor der Brust. Gruftwurm kümmert sich liebevoll und aufopfernd um das Spontis-Radio und hat jetzt zusammen mit Durante auch ein Auge auf den musikalischen Posteingang, nachdem Svartur Nott mir jüngst mitteilen musste, sich jetzt auf andere Dinge zu konzentrieren zu müssen. Aktuell liegt noch das „Pfingstgeflüster“ auf meinem Tisch, für das ich auch einen Artikel geschrieben habe, als auch die Vorstellung einer Ausstellung in Düsseldorf, bei der ich ein wenig mitgewirkt habe. Jetzt aber ohne weitere Umschweife zu den Links:
Ich kann mir nicht helfen, in meiner Kindheit wäre sowas noch undenkbar gewesen. „Übernachten auf dem Friedhof“, um etwas über Vögel und deren Gesang zu lernen. Lest Euch den fast schon liebevollen Beitrag durch, irgendwie eine schöne Idee. Oder was meint ihr? „Angeordnet in einem Stuhlkreis sitzt eine kleine Gruppe, der Kursleiter räuspert sich und stellt die Frage, die begleitet wird von besorgten Blicken der anderen Teilnehmer. Ob denn die zehnjährige Maxi (Name geändert) Bedenken habe? Die Angesprochene wirkt verwundert, versteht nicht, worauf die Erwachsenen nun schon wieder hinaus wollen. Dann antwortet sie, sie sei hier, weil der Papa sie gefragt habe, ob sie einmal auf einem Friedhof übernachten wolle. “Erst habe ich gedacht, Papa macht einen Witz.” Aber es ist kein Witz, es ist ein Abenteuer und nebenbei ein Vogel-Workshop.“ (Danke Caro)
Auch der RBB berichtet über die explodierenden Preise für Festivals und Konzerte, die immer häufiger abgesagt werden müssen, weil die Nachfrage nicht hoch genug ist. Ohne öffentliche Unterstützung, so der Tenor des Beitrags, werden Festivals zum Luxusgut. „Wir brauchen im Land Brandenburg eine stärkere öffentliche Förderung. Sonst wird ein Festival-Besuch zum Luxusgut.“ Es gebe bereits Gespräche mit der Politik, sagt Jacobsen weiter, er sei hoffnungsvoll. „Musik-Festivals sind mehr als Fun. Es gibt häufig Workshops und Gespräche, ganz unterschiedliche Menschen begegnen einander, ohne Diskriminierung, da geht es auch um Werte. Und in manchen Gegenden sind Festivals die einzige Möglichkeit der soziokulturellen Teilhabe.“
Nachdem man sich Ende 2021 vom ehemaligen Sänger „Dero“ getrennt hatte, ist die Band nun wieder mit neuem Sänger und neuem Album zurück. Dero hatte sich seinerzeit als „bekennender Christ“ dargestellt und könne sich nicht mehr vorstellen, bestimmte Lieder – die er als „okkult“ wahrnimmt – aus dem Repertoire der Band, Live zu singen. Mit Daniel Schulz (vormals Unzucht) hat man jetzt neues Material am Start. Gleich wieder mit gesellschaftskritischem Inhalt: „Der Titeltrack „Richter und Henker“ handelt davon, wie vor allem in sozialen Medien kommuniziert und miteinander umgegangen wird und wie Andersdenkende diffamiert werden. Unter dem Motto ‚Bist du nicht für mich, so bist du gegen mich – dann bist du dumm und ich hasse und beleidige dich und höre dir nicht mehr zu‘ geht die in der Demokratie so wichtige sachliche Diskussionskultur verloren.“
Die englische Autorin Cathi Unsworth hat mit „Season of the Witch“ ein Buch über das Phänomen „Goth“ veröffentlicht. Die TAZ hat es schon gelesen und erzählt – zu unserem Erstaunen – das Unsworth Berlin zum Zentrum der 80er-Szene erklärt. „Interessant ist es schon, dass in dem Buch das sagenumwobene Mauerstadtberlin einmal nicht als Ort des New Wave oder Postpunks beschrieben wird, sondern des Goths. Natürlich lässt sich einwenden, dass Letzterer auch nur eine bestimmte Form des Postpunks war. Aber Unsworth gelingt es durchaus, dieses Phänomen als eigene Bewegung einzufangen.“ Spontis hat hier noch einen Stapel Bücher zu liegen, die gelesen werden wollen. Mich macht diese Einschätzung aber auf jeden Fall neugierig. Ich leg’ das Buch dann mal auf den Stapel.
Jonny „Slut“ Melton, ehemaliger Keyboarder der Batcave-Haus-Band „Specimen“ hat ein Buch über selbigen Club herausgebracht. „Young Limbs Rise Again“ heißt es und hat das I-D Magazine veranlasst, ein Interview mit ihm zu führen und es mit alten Bildern zu untermalen. Über das Batcave erzählt er unter anderem: „Es gab jede Menge Dekoration und ein kleines Kino an der Seite, in dem sie schlechte Horrorfilme zeigten. Es gab einen als Zombie verkleideten Mann, der einen Sarg wie eine Trommel schlug. An den Wänden hingen Pterodactyl-ähnliche Kreaturen. Aber es war sehr freundlich und überhaupt nicht abweisend. Es war nicht so, wie ich mir einen Ort wie The Blitz vorstellte – ein bisschen exklusiv, mit Leuten, die wahrscheinlich Angst haben zu lächeln. Stattdessen haben wir uns einfach angefreundet und mit den Leuten geplaudert. Auch die Musik war fantastisch. Der DJ Hamish McDonald [von der Band Sexbeat] spielte die beste Musik, die ich je in einem Club gehört hatte, und so verbrachte ich die meiste Zeit auf der Tanzfläche. Das war der Grund, warum ich dort war. Es war eine wirklich schöne, farbenfrohe, sexy, großartige, aufregende Umgebung.“
Ich kann mir nicht helfen, aber Mark Benecke hat bei diesem Thema einfach mal recht. Da muss ich trotz aller Antipathie für ihn einfach mal ehrlich sein. So präsentiert – und verteidigt – man Fakten vom bevorstehenden Klimawandel.
Wo wir gerade im Thema Klimawandel stecken, sollten wir auf alle Aspekte des Lebens achten. Wie nachhaltig ist eigentlich so eine Bestattung? „Allein in Nordamerika werden pro Jahr 30 Millionen Pfund an Hartholz für den Bau von Särgen und Gräbern verbraucht. Die Menge des Holzes, das für die Särge benötigt wird, gleicht 4 Millionen Acres Wald (16187,42569 Quadratkilometer, eine Fläche so groß wie New Jersey) – das sind genug Bäume, um 65 Millionen Tonnen Kohlendioxid zu binden.“ (Danke, Caro!)
Die musikalischen Wiedergänger sind wieder auf Tournee. Der Pressetext zur Tour liest sich genauso bitter, wie es in Wirklichkeit ist: „Seit über 40 Jahren sind The Sisters of Mercy aktiv, seit mehr als 30 Jahren haben sie keine Musik mehr veröffentlicht. Bis heute ist die Band um Mastermind Andrew Eldritch die Messlatte, wenn es um Gothic Rock geht – auch wenn dem Briten selbst diese Einordnung nicht so recht behagt.“ Fraglich bleibt allerdings, wie man nach 30 Jahren ohne neue Platte noch eine Messlatte sein kann und ob Andrew Eldritch sein Mastermind möglicherweise irgendwo verloren hat.
Bios Bahnhof 1981 – DAF Als wärs das letzte mal
Damals noch blutjung, präsentieren sich DAF beim WDR einem eher konservativen Publikum. Es ist aber mehr als ein bloßer Auftritt (vermutlich Playback) sondern wird mit einer spannenden Einleitung und einem kurzen Interview garniert. Schöne Sendung damals, bei der auch Klaus Nomi zu Gast gewesen ist.
Ruhrbarone nannte man einst die Industriellen im Ruhrgebiet. Sie besaßen durch ihre Stahlindustrie und Bergwerke mehr Geld und Macht als alle gekrönten Häupter des deutschen Kaiserreichs. Und genau so lebten sie dann auch, und genau so ließen sie sich auch beerdigen. Der städtische Friedhof Bredeney an der Westerwaldstraße beherbergt geschichtsträchtige Ruhestätten im gleichnamigen südlichen Essener Stadtteil. Das 7,07 Hektar große Areal bietet heute Platz für 5475 Grabstätten. Zudem befinden sich hier die Grabmale der Industriellenfamilie Krupp. 1909 wurde der komplett von einer Friedhofsmauer umgebene Friedhof in der seit 1902 selbständigen Bürgermeisterei Bredeney eröffnet. 1915 wurde die Bürgermeisterei Bredeney ein Stadtteil von Essen.
Friedhof Bredeney – Familiengräber Krupp
Die Gräber der Familie Krupp, die sich heute in einem abgegrenzten Bereich – quasi einem Privatfriedhof – befinden, befanden sich zuvor ab 1910 auf dem ehemaligen Kruppschen Friedhof, auf dem Friedhof am Kettwiger Tor, südlich des Essener Hauptfriedhofes. Dieser Friedhofsteil war meist verschlossen und dem städtischen Friedhof angegliedert. Wegen der Erweiterung des Bahnhofsvorplatzes musste der bisherige Friedhof vor dem Kettwiger Tor 1910 an die Hohenburgstraße weichen, von dem aus die 1850 verstorbene Therese Krupp, die Witwe des Firmengründers Friedrich Krupp, an die Freiheit umgebettet werden musste. Friedrich Krupp selbst wurde im Oktober 1826 auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof zwischen der I. und II. Weberstraße beigesetzt, der einer neuen Bauplanung weichen musste. 1955 musste der Kruppsche Friedhof an der Freiheit städtischen Baumaßnahmen weichen.
Auf der 1955 von Aloys Kalenborn erschaffenen Grabanlage auf dem Friedhof Bredeney wurden die Gräber und Grabplatten aller Angehörigen der Familie Krupp, die zuvor im Essener Stadtzentrum lagen, zusammengeführt. Unter Anwesenheit von Direktoren des Krupp-Vorstandes wurden die Grabkammern der Krupp-Gräber am Kettwiger Tor geöffnet, wobei die Arbeiten der Umbettungen genau dokumentiert wurden. Der heutige Krupp-Friedhof in Bredeney trägt der Verbundenheit der Familie Krupp zum ländlichen Bredeney unweit der Villa Hügel Rechnung.
Grabstätten der Patrizier- und Industriellenfamilie von Waldthausen
Die meisten Ruhestätten der Familie von Waldthausen befanden sich, wie einige der Familie Krupp, auf dem alten Friedhof vor dem Kettwiger Tor südlich des Essener Hauptbahnhofs, der aus städtebaulichen Gründen 1955 aufgegeben werden musste. Der Großteil der Familiengräber der Waldthausens wurde auf den Friedhof Bredeney, in einer Reihe am südlichen Rand im Feld 22 verlegt.
Das große monumentale Mausoleum wurde aus Mainsandstein und Bronzeguss errichtet und auch 1955/1956 vom alten Friedhof am Kettwiger Tor hierher überführt. Das ursprüngliche Baudatum des Grabmals wird unterschiedlich mit frühestens 1856 bis spätestens 1884 angegeben und wurde unter Denkmalschutz gestellt. Auf den beiden jüngeren Inschriftentafeln ist das Grabmal 21 verstorbenen Familienmitgliedern mit Sterbedatum von 1856 bis 2003 gewidmet.
Friedhof Bredeney – Denkmalgeschütztes Urnengrab
Das Grabmal der Familie Müller aus dem Jahr 1914 wurde für eine der ersten neuzeitlichen Urnenbeisetzungen seit vorchristlicher Zeit im heutigen Gebiet der Stadt Essen errichtet. Es wurde 1997 unter Denkmalschutz gestellt, weil es von besonderer Bedeutung für die Geschichte der Sepulkralkultur der Stadt und des Ruhrgebiets ist.
Am 6. August 1983, vor genau 40 Jahren, starb Stilikone, Countertenor und Avantgarde-Legende Klaus Nomi im Alter von 39 Jahren an den Folgen einer HIV-Infektion. Er war das erste prominentere Opfer dieser damals noch völlig unbekannten Krankheit. Diese tragische Aufmerksamkeit täuscht häufig über die Errungenschaften und Erfolge hinweg, die Nomi noch zu Lebzeiten ins Rampenlicht internationaler Bühnen hievten.
Klaus Sperber, wie Nomi mit bürgerlichem Namen hieß, hatte schon als Kind starkes Interesse an Musik und entdeckte bereits als Jugendlicher sein Talent als Opernsängern. Da aber weder Klaus noch seine Familie daran glaubten, damit Geld zu verdienen, begann er eine Konditorlehre und arbeitete nebenbei an Essener Bühnen. Mitte der 60er-Jahre traute er sich nach Berlin zu gehen, wo er Gesangsunterricht nahm, aber dennoch nicht die erhoffte Anstellung an einem Theater oder gar der Oper fand. Stattdessen sang er seine Opernmelodien und Arien unter anderem im Kleist-Kasino, einem bereits den 1920er-Jahren bekannten Club für Homosexuelle.
1973 entschloss sich Nomi, nach New York zu gehen, der damaligen Hauptstadt des Avantgarde, wo die Musikszene offen für neue Ideen und außergewöhnliche Charaktere war. Hier zahlte sich auch seine Lehre aus: Er eröffnete zunächst eine kleine Konditorei und verkaufte Torten. Nebenbei feilte er weiter an seinem Gesang und perfektionierten den „Falsettgesang„, das Singen in höchsten Tonlagen.
Hier entdeckte er dann auch sein Alter Ego. Inspiriert von der Science-Fiction-Zeitschrift OMNI nannte er sich NOMI und baute seine Performance zu einer retro-futuristischen Zukunfts-Vision der 1920er-Jahre aus, die an Filme wie „Metropolis“ erinnert. Sein weiß geschminktes Gesicht (Kabuki-Maske), die schwarzen Lippen und seine kubistischen Kleidungsstücke prägten sein Auftreten. Seine roboterhaften Bewegungen und sein übertrieben deutscher Akzent wurden zu seinem Markenzeichen. Die Schlange derer, die die Klaus-Naomi-Show sehen wollten, wurde von mit diesem Image immer länger.
Ende 1978 dann der musikalische Ritterschlag. David Bowie lässt sich von Nomi inspirieren und lädt ihn zu seinem Auftritt in der äußerst populären NBC-Fernsehshow „Saturday Night Live“ ein. Er erhält daraufhin einen Plattenvertrag und wird als „singender Konditor“ zu einigen Fernsehshows eingeladen.
1982 wird bei ihm HIV diagnostiziert, eine damals noch völlig unbekannte Krankheit, die abfällig als „Schwulenkrebs“ bezeichnet wurde. Er startet dennoch zur eine ausgedehnte Europa-Tournee, die ihn unter anderem in die TV-Sendung „Na sowas!“ und zu Eberhard Schoeners Klassik-Rock-Nacht führte.
Die Europa-Tournee sollte seine Abschlusstournee werden. Er wusste, dass er nicht wieder zurückkommen würde, sein körperlicher Zustand wurde rapide schlechter. Klaus Nomi starb am 6. August 1983 im Sloan-Kettering Krebszentrum in New York.
Für mich bleibt er ein stilprägende und schillernde Erscheinung, die viele Künstler und Subkulturen beeinflusst und der auch heute noch als Referenz in vielen weiterer Szenen gilt, die sich an ihn erinnern. Musikalisch nicht so richtig mein Fall, aber umso faszinierender, was dort auf der Bühne zu sehen ist.
Der Wiedergänger ist beruflich viel unterwegs. Als Geist von Verstorbenen hatte er in der Vergangenheit ein paar besonders ruhelose Kunden. Seit ein paar Wochen schmerzen die Füße daher besonders doll. Er war froh, als Alana Abendroths Gesundheitstipp im aktuellen Gruft-Orakel erschienen ist und hat auch gleich mit der vorgeschlagenen, intensiven Likör-Therapie angefangen. Nach dem zwölften Glas begannen die Schmerzen tatsächlich zu verschwinden. Neun weitere Gläser sollten die Therapie erfolgreich beenden. Allerdings bemerkte er eine unerwünschte Nebenwirkung, denn jetzt kann er gar nicht mehr gehen. Seine Beine gehorchen den Befehlen seines Gehirns nicht mehr. Bei jedem Versuch kippt er um wie ein nasser Knoblauchzopf und liegt dann schildkrötenartig auf dem Rücken. Aber es kommt noch schlimmer. Obwohl er seine Situation als furchtbar peinlich registriert, kann er nicht aufhören, unkontrolliert zu lachen. Die ganze Zeit. Aber immerhin verspürt er nun keine Alltagsroutine mehr. Ist schon prima, so ein Gruftorakel.
Der Zeichentrickfilm „Unten am Fluss“, der 1978 in Großbritannien unter dem Namen „Watership down“ erschien, gehört auch heute noch zu den kontroversesten Kinderfilmen, die bislang mit einer „FSK 0“ Einstufung zu sehen waren. Kritiker nennen den Film eine „Einbahnstraße zur posttraumatischen Belastungsstörung„, weil darin Kaninchen auf vielfältige Art und Weise ums Leben kommen. Für andere ist der Film ein realitätsnahes und moralformendes Drama, das zeigt, dass in der Natur nicht immer alles „Friede-Freude-Eierkuchen“ ist.
Unten am Fluss – Eigentlich ganz schön idyllisch
In einem Bau auf dem idyllischen englischen Land lebt der junge Rammler namens Hazel zusammen mit vielen Artgenossen. Ihr Leben scheint sorglos zu sein, bis Hazels schmächtiger Bruder Fiver Visionen von einer drohenden Katastrophe hat. Er drängt Hazel, die Heimat so schnell wie möglich zu verlassen. Obwohl Hazel zunächst zögert, beschließt er schließlich zusammen mit Fiver und einigen anderen Kaninchen gegen den Willen ihres Anführers aufzubrechen. Bald darauf wird ihr Bau von Menschen ausgeräuchert und zerstört. Die meisten zurückgebliebenen Kaninchen werden durch den giftigen Rauch, den die Menschen in den Bau geleitet haben, getötet…
Bereits hier bröckelt die heile Welt der Kaninchenwelt erheblich, bevor sie im weiteren Verlauf des Umzugs in einen neuen Bau vollständig zusammenbricht.
Als der Film 1978 zum ersten Mal in die Kinos kam, bestand der Regisseur des Films, Martin Rosen, darauf, dass das Bild auf dem Werbeplakat die Zuschauer davor warnen sollte, dass es sich nicht um einen niedlichen Zeichentrickfilm über ein paar Hasen handelte. In einem Interview sagte er dazu:
„Ich dachte, eine Mutter, die ein Kaninchen in der Schlinge sieht, dem Blut aus dem Maul kommt, würde ihrem sensiblen Kind einen solchen Film nicht zumuten und denken: ‚Das ist vielleicht nichts für Charlie – das ist ein bisschen zu hart‘“
Dennoch vergaben die britischen Aufsichtsbehörden eine „U“ Kennzeichnung, die hierzulande mit der „FSK 0“ Einstufung gleichzusetzen ist und darauf hinweist, dass der Film selbst für kleinste Kinder geeignet ist. Was folgte ist eine ganze Generation von Kindern, die bei der sanften Melodie von Art Garfunkels vorgetragenem Titelsong „Bright Eyes“ für immer Schreckensvisionen von blutrünstigen Schoßtieren vor Augen hatten.
Jetzt, 45 Jahre später, hat das „British Board of Film Classification“ (BBFC) seine Meinung über den Film geändert, der nach einer Wiedervorlage als „Einbahnstraße zur posttraumatischen Belastungsstörung“ bezeichnet wurde.
Immer wenn ein Verleiher den Film erneut herausbringt oder veröffentlicht, überprüft ihn die BBFC nach ihren aktuellen Richtlinien. Das kann zur Folge haben, dass ein Film mit einer höheren oder niedrigeren Einstufung zu kennzeichnen ist. Der aktuelle Bericht der Kommission räumt ein, dass Teile des Films „beunruhigend“ sein können. Er warnt vor sichtbarer Gewalt, Blut und Schrecken:
„Ein Kaninchen ist in einer Schlinge gefangen und beginnt zu ersticken, wobei Blut aus seinem Maul schäumt. Man sieht, wie Kaninchen mit Zähnen und Krallen gekratzt und zerrissen werden, und es gibt eine Szene, in der ein Hund einen Kaninchenbau angreift, wobei kurz Blut und Verletzungsdetails zu sehen sind. […] Es gibt beängstigende Szenen und Momente der Bedrohung, darunter Kaninchen, die von Raubtieren gejagt werden. Ein Kaninchen hat eine beängstigende Vision von blutüberströmten Feldern, und in einer Sequenz, in der die Zerstörung eines Bauwerks durch menschliche Bauarbeiter gezeigt wird, werden mehrere Kaninchen in Tunneln eingeschlossen und sterben.“
Nach den aktuellen Richtlinien der Behörde erhält der Film nun eine „PG“ Einstufung, die besagt, dass solche Filme nur unter elterlicher Aufsicht zu sehen sein sollen, was in Deutschland einer „FSK 6“ Einstufung gleichkommt.
Gegenüber dem Guardian verteidigt die Behörde ihre damalige Einstufung: „Wir waren der Meinung, dass der Film Kinder zwar während der Laufzeit emotional berühren kann, sie aber nicht ernsthaft beunruhigen kann, wenn der Bann der Geschichte gebrochen ist.“
Zuletzt zeigt „Channel 5“ den Film „Unten am Fluss“ 2016 im Nachmittagsprogramm des Oster-Sonntags und löste damit einen Shitstorm bei Twitter (X) aus: „Who the hell thought it a good idea to put Watership Down on Easter Sunday? ‘Hey kids let’s watch dead Easter bunnies!“
Unten am Fluss – Dramatische Realität zur Prägung eines Weltbilds?
Es gibt allerdings nicht nur negative Meinungen zu diesem Film, sondern auch viele Stimmen, die in dem Film die bittere Realität abgebildet sehen. Es ist der Mensch – sinnbildlich dargestellt durch den Bauunternehmer – der den Lebensraum der Kaninchen einschränkt, allerdings gibt es in der Natur selbst eine schonungslose Brutalität, die so gar nicht in die kindgerechte, und hauptsächlich von Disney dargestellte Welt, passen mag.
Die grausame Darstellung der Natur ist die schonungslose Ehrlichkeit dieses Ökosystems, in der es gilt zu fressen und gefressen zu werden. Doch auch darüber hinaus gibt es in dem Film einige positive Dinge zu entdecken. Die Gerissenheit von Hazel, der Mut von Bigwig und der dramatische Kampf für ein friedliches Dasein kann kindliche Phantasie durchaus beflügeln.
Neben dem Realismus gibt es auch übernatürlich Andeutungen einer Kaninchengottheit, sowie amüsante Fabelanspielungen auf die Kaninchenmythologie. Diese Mischung aus der dreidimensionalen Welt und der Verheißung von etwas Jenseitigem hat mich immer tief bewegt.
Die ganze Welt wird dein Feind sein, Fürst mit tausendfachen Feinden, und wann immer sie dich fangen, werden sie dich töten. Aber zuerst müssen sie dich fangen, Gräber, Lauscher, Läufer, Fürst der schnellen Warnung. Sei schlau und voller Listen, und dein Volk wird niemals vernichtet werden.
Der Zeichentrickfilm „Unten am Fluss“ ist vor allem eins. Traurig und wunderschön. Auch wenn klassischer Trickfilm ein wenig in die Jahre gekommen zu sein scheint, so verströmt er dennoch einen ganz eigenen Charme und hat mich „positiv traumatisiert“.
Welche Zeichentrickfilme habe Euch geschockt oder nachhaltig beeinflusst? Haltet ihr es für sinnvoll, solche Film im Alter einzuschränken und überhaupt, habt ihr den Film überhaupt schon gesehen?
Am vergangenen Freitag, 28. Juli 2023 starb der Düsseldorfer Elektro-Pionier Tommi Stumpff nach langer Krankheit im Alter von 65 Jahren. Seine Stücke, „Massaker“ und „Lobotomie„, die 1989 auf seinem dritten Album „Ultra“ erschienen, sind seine einflussreichsten Songs, die mit harten EBM-Beats und mit intelligenten, aber zynischen Texten die Tanzflächen der Gothic-Tempel der 90er-Jahre füllten.
1978 gründete Tommi Stumpff (Thomas Peters) zusammen mit Trini Trimpop die Düsseldorfer Punkband „KFC„, die neben vielen anderen Bands aus dem Düsseldorfer Umfeld den Ratinger Hof zu einer Keimzelle des deutschen Punk machten. 1982 fährt musikalisch als Solo-Künstler fort und entwickelt sich vom Punk zum EBM-Pionier, der auch nicht vor der NDW nicht zurückschreckte und zusammen mit der Sängerin Silvia Nemanic bereits im Januar 1982 die Solo-Künstlerin „Silvia“ erschuf. Mit dem Stück „Zuerst Ich“ baute er eine musikalische Brücke zum Minimalismus der Neuen Deutschen Welle, während das Stück „Sauf und Stirb“ Stumpffs späteren musikalischen Werdegang vorzeichnete.
Seine Entwicklung, die mit Debütalbum „Zu spät ihr Scheißer. Hier ist: Tommi Stumpff“ (1982) beginnt und sich mit „Terror II“ (1988) fortführt, mündet schließlich mit „Ultra“ (1989), das man als sein bestes Werk bezeichnen könnte. Nach zwei weiteren Alben beendet Stumpff zunächst seine musikalische Karriere und arbeitet in der IT-Branche. 2007 beginnt er allerdings wieder mit zaghaften Proben, die schließlich mit Gründung der Band „Stumpff“ einen neuen Namen bekommen. Er absolviert einige Live-Auftritte (unter anderem auf dem WGT 2015) und wiederveröffentlicht seine 80er-Jahre Alben zwischen 2016 und 2019 bei Danse Macabre und „Kirsten Vuillot Promotion“. 2021 erscheint das Debütalbum der neuen Band mit dem klingenden Namen: „Alles Idioten“.
Das Label Danse Macabre, beschreibt ihn in seinem Nachruf so, wie er für die meisten in Erinnerung bleiben wird: „Nach einer Phase der Zurückgezogenheit hatte Stumpf gerade erst wieder künstlerisch Fuß gefasst und knüpfte mit seinem jüngsten Album an seine früheren Erfolge an. Trotz seiner manchmal streitbaren, provokanten und konservativen Seite, die ihn gelegentlich anecken ließ, war Stumpf im Kern ein Romantiker und ein Tierfreund, der seine Idealismus nie verlor.“
Vor 10 Jahren habe ich Tommi Stumpff musikalisch für mich entdeckt und in der Recherche in seinen alten Songs diesen Song gefunden, der mich bis heute ganz besonders beeindruckt, da es bereits 1988 einen so vielschichtigen und düsteren Sound präsentiert, den ich für diese Zeit außergewöhnlich finde:
Für die, die jetzt neugierig geworden sind:
Am Mittwoch, dem 2. August sendet Ecki Stieg in seiner Sendung „Grenzwellen“ zwischen 21:00 und 0:00 Uhr einen einstündigen Nachruf auf Tommi Stumpff, inklusive des kompletten „Festival Of Darkness“ Konzert von 1991. Hier der Screenshot aus Facebook:
Anfang Mai bekam ich eine Anfrage, ob ich nicht ein Festival mit dem Namen „Vegan Fantasy Fair“ bewerben wolle. Neben musikalischen Darbietung von Qntal oder auf Ignis Fatuu, sollten auch Vorträge und Lesungen stattfinden, die von einem ausgiebigen veganen Nahrungsangebot untermalt werden würden. Wäre das kleine Festival, das am 15. Juli 2023 zum ersten Mal stattfand, nicht im Saarland gewesen, hätte ich tatsächlich mal vorbeigeschaut, einfach um der Umsetzung dieser Namensgebung auf den Grund zu gehen.
Was für eine Fügung des Schicksals, dass ich auf dem Spontis-Treffen 2023 Ende Mai auf Fred traf, der nicht nur in Leipzig Theaterwissenschaft studiert, sondern auch demnächst ins Saarland zieht und dort – genau zur Zeit des kleinen Festivals – schonmal wegen Vorproben am Theater in Saarbrücken ist. Er erklärte sich spontan bereit, zusammen mit seiner Mutter Claudia für Spontis auf dem kleinen Festival vorbeizuschauen und einen Bericht für „Spontis-Family auf Tour“ schreiben.
Spontis-Family auf Tour beim VEGAN FANTASY FESTIVAL
Es ist ein bewölkter Tag, ab und zu schauert es, aber zwischendrin scheint die Sonne. Wir verlassen Saarbrücken Richtung Völklingen auf der A620. Der kleine Ort Geislautern ist unscheinbar und nur einmal zeigt uns ein Plakat mit Pfeil, dass wir auf dem richtigen Weg zur „Vegan Fantasy Fair“ sind. Ein Parkplatz ist schnell gefunden und dann sehen wir auch schon die beiden Zelte am Eingang, an denen man Tickets erwerben kann oder in unserem Fall, dank Pressetickets, gleich seinen Stempel bekommt.
Übrigens: Es gibt die Möglichkeit Soli-Tickets zu kaufen, zusätzlich zu den Eigenen, um noch mehr Fantasy- und veganen Fans den Eintritt zu ermöglichen:) Auch die übrigen Preise sind sehr erschwinglich – und Schüler- und Student*innen Rabatt gab es ebenso!
Das Festivalgelände ist sehr grün. Zwischen den Bäumen wandelt man anfangs umher, was die verzauberte Atmosphäre noch mehr verstärkt und damit sich niemand verläuft, gibt es Wegweiser und auch einen Festivalplan. Von Ferne hört man auch bereits die Band auf der Hauptbühne spielen. Es ist „Tibetréa“, die mit Gitarre, Gesang und teils Mundorgel das Publikum begeistern.
Bevor wir zur Hauptbühne gehen, schauen wir uns aber erstmal auf dem restlichen Gelände um. Es gibt die „Funkelgasse“ und den „Zwergenwinkel“ (für die kleinen Gäste) mit verschiedenen Ständen – natürlich ebenfalls (wenn möglich) vegan. 3D-gedruckter- und Holzschmuck, getöpferte Blumenvasen und Glücksscherben, Honig aus eigener Herstellung. Es gibt ein Zelt mit verschiedenen Künstler*innen, die Gezeichnetes, selbstgemachte Schmuckstücke und Creature-Zeichnungen für Pen&Paper anbieten und auch „Wahrsagen für Jedermann“ ist möglich. Man kann – von den Sponsoren zusammengestellte – Schatztruhen gewinnen, die am Abend an die Gewinner verteilt werden.
„Tibetréa“ spielen neben Klassikern auch neueste Lieder – unter anderem ein Lied über eine rumänische Fruchtbarkeitsgöttin Pararuda und ein Stück, in dem Thor gebeten wird, die verstorbenen Seelen nach Walhalla zu geleiten. Wir haben uns inzwischen, wie viele der Besucher, an eine der langen Schlangen vor den Foodtrucks gestellt.
„Tante Emmas Veganeria“ bietet Pizza, eine CurryVrikadelle und den Schwenker Sandwich – der offenbar zu den beliebtesten Speisen beim Publikum zählt. „La Göz“ verkaufen türkisches Streetfood, hier gibt es dann auch Gözleme mit Kartoffeln, Käse oder Nussnougatcreme und Sigara Börek mit Schafskäse. Es stellt sich dann doch die Frage, wie Schafskäse vegan sein kann – aber da die vielen Schilder am Wagen betonen, dass alles vegan ist, wird es sich hierbei vermutlich wie auch bei den anderen Ständen um eine vegane Alternative handeln. Geschmacklich ist jedenfalls kein Unterschied zu bemerken.
„Bumblebee“ versorgt die Besucher mit eigenem Eis, Waffeln und verschiedenen Kaffeespezialitäten – mit Preisen, die für ein Festival sehr erschwinglich sind. Die Waffeln waren so schmackhaft, dass sie noch vor dem obligatorischen Foto verputzt waren!
„Vegablum. Die fleißigen Blümchen“ bietet eine Reihe von „Wonigen“ – veganem Honig – an, hergestellt aus Rohrzucker und reinen Pflanzenextrakten. Ob man Honig und die Arbeit von Imkern tatsächlich ersetzen muss und ob diese als vegan oder nicht vegan zählen, ist eine andere Frage, die ja auch innerhalb der veganen Community diskutiert wird. Der Met-Ersatz (Vet) schmeckt auf jeden Fall überzeugend süß und wird in einem Ton-Becher mit dem Logo des Festivals serviert. Für 6€ kann man den sogar mitnehmen.
Übrigens: auf den Taschen aus recycelter Baumwolle, die es auch zu kaufen gibt, ist das Logo auch nochmal drauf, so dass alle Einkäufe auch nochmal besonders schön (und nachhaltig) eingepackt sind.Veganes Grillen – geht das? Das geht. Unter dem Motto „grilling without killing – vegan grilling“ gibt es bei den „Vegabunden“ Batzen und Würstchen (Vürstchen) im Brötchen mit selbstgemachten Dips – eingefärbt mit roter Beete.
Ein Wermutstropfen: man wartet sehr lange in den Schlangen für das Streetfood. Eventuell wurde hier die Zuschauerzahl etwas unterschätzt, aber das ist ja etwas, was sich im Laufe der Zeit einspielt. Dass aber schlechte Laune in der Schlange aufkam, davon kann nicht die Rede sein, denn auf beiden Bühnen kann man während der Wartezeiten die Bands bewundern.
„Tibetréa“ verabschieden sich und „GANAIM“ beginnen mit ihrer Einrichtung. Die Bremer Band, die vorrangig Celtic Folk Music macht, hat schnell neugieriges Publikum um sich gescharrt. Als dann kurz darauf die Regentropfen, die bisher immer wieder unregelmäßig gefallen sind, zu einem dichten Schauer werden, wird die Zuschauermenge deshalb auch nicht kleiner. Regenschirme in allen Farben werden aufgespannt und dann tanzt man eben so weiter zur Musik.
Damit man gut mitsingen kann, muss die Kehle natürlich auch geölt werden. Das geht bei „The Flickering Fairy“, die neben dem bereits erwähnte Vet auch Bier und Bionade verkaufen.
Nachhaltigkeit – was bedeutet das eigentlich für jeden von uns? Das wollen die Betreiber von „Vegans for Future“ mit einer Umfrage herausfinden. Am Stand des „Bündnis für Tierrechte“ wird man über verschiedene Wege, im Alltag nachhaltig und vegan zu leben, informiert. Sie veranstalteten übrigens auch Workshops zu „vegan verhüten“.
Auf dem Gelände der „Schlossparkschule Geislautern“ gibt es nicht nur sehr saubere Toiletten (Oh-Ton der Kamerafrau!) – im Foyer findet sich auch eine kleine Ausstellung zu spannenden Apparaten sowie Infomaterial für ein LARP-Internat. Außerdem gibt es vor der Schule die Möglichkeit, sich bei „Tribe.Art Tatau“ direkt vor Ort ein Tattoo stechen zu lassen. Ein Kärtchen hab’ ich mir mitgenommen – der Mut für ein so spontanes Tattoo war dann doch nicht da. Interesse allerdings schon :D
Das Publikum selbst war so bunt durchmischt, wie man es sich nur wünschen kann – von Elfen und Fairies, über Cosplayer und „Stinos“. Fast fühlt man sich wie auf der Leipziger Buchmesse. Auch die Atmosphäre ist ähnlich – nur ist es hier viel familiärer. Fantasy ist (auf der Buchebene) ohnehin „mein Genre“, also fühle ich mich sehr wohl. Alle sind da und haben Spaß, genießen das Essen und die Musik und stöbern zwischen den Schätzen, die man als Erinnerung mitnehmen kann.
Neben den erwähnten Programmpunkten gab es übrigens noch mehr: Verschiedene Pen&Paper Rollenspielgruppen, einen Zauberer und Lesungen. Es können professionelle Fotos vom Kostüm oder Cosplay gemacht und an einer Reihe von Vorträgen teilgenommen werden, die sich mit Themen von Inklusion und Immersion im LARP über Schreib- und Essenstipps befassen.
Vegan Fantasy Fair 2023: Mein Fazit
(Noch) Klein, aber fein! So lässt sich die „Vegan Fantasy Fair“ in einem Satz beschreiben. Das Herzblut, das in die Organisation gesteckt wurde und die Begeisterung, mit der alle dabei sind – Zuschauer und Beteiligte gleichermaßen, sind deutlich spürbar. Für jeden Geschmack findet sich Essen und Trinken – auch für Nicht-Veganer, wie meine Mutter und mich und wenn ich so lecker kochen könnte, würde ich vielleicht öfter mal die vegane Alternative ausprobieren. Es gibt Plätze zum Sitzen und Ausruhen, die Bands haben Spaß an ihren Auftritten, dank Wegweisern findet man sich gut zurecht und außerdem habe ich bei der Verlosung eine*r der Künstler*innen den Hauptpreis gewonnen. Für mich ein rundrum gelungener Tag!
Am Montag, dem 17. Juli 2023, beginnt der reguläre Vorverkauf für die Depeche Mode Tournee 2024. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Tickets zeitnah ausverkauft sein werden, denn bereits völlig überteuerte Karten beim amerikanischen Anbieter Ticketmaster, deren Vorverkauf am 14. Juli startete, sind zurzeit sehr nachgefragt. Angesichts von Preisen jenseits der 300€, die dort für die Konzerte aufgerufen werden, drängt sich der Verdacht auf, dass es den meisten Konzertbesuchern völlig egal ist, zu welchem Preis sie die Band sehen können.
Obwohl der offizielle Vorverkauf über die Plattform Eventim erst am Montag beginnt, ist die Aufregung um die Ticketpreise in den sozialen Netzwerken jetzt schon groß. Grund sind Vorverkäufe durch das amerikanische Unternehmen Ticketmaster, bei denen Tickets bereits jetzt zu atemberaubenden Preisen gekauft werden konnten.
Dynamic Pricing ist der amerikanische Trend zur Gewinnmaximierung
Nach und nach versucht Ticketmaster, amerikanische Verkaufspraktiken auch in Deutschland durchzusetzen. SWR-Kultur schreibt dazu: „Dazu gehören Praktiken wie das Dynamic Pricing, bei dem es nicht mehr nur „den einen“ Ticketpreis für ein Konzert gibt. Die Preise sind, wie der Name suggeriert, dynamisch und orientieren sich nach Angebot und Nachfrage, „wie bei Flügen und Hotels„, so Ticketmaster.“ Sind die Tickets stark nachgefragt, so wie aktuell bei Depeche Mode, steigt auch der Preis. Das sorgt seit dem Vorverkauf der kommenden Deutschland-Konzerte für großflächigen Unmut. Beim Musikexpress wird ein Eintrag bei Facebook zitiert:
Um 10 Uhr gestern Unterrang Tickets für 154 Euro, um 12 Uhr kosteten sie schon 249 Euro und nannten sich Platin Tickets und heute sogar 329 Euro!
Trotz massiver Beschwerden gegen dieses System ist es vielen Fans erschreckend egal, wie hoch die Preise sind: „Mir war das egal, Hauptsache ich habe Karten bekommen. Ob die hundert Euro mehr oder weniger kosten ist doch letztlich egal, Depeche Mode live zu sehen ist mir jeder Preis recht.“
Allerdings verkauft Ticketmaster auch über Eventim Tickets für die Depeche Mode Konzerte und das zum normalen Preis, offensichtlich erkennt man Eventims Monopol-Stellung in Deutschland an, wir der SWR berichtet: „LiveNation, die Firma hinter dem Ticket-Tool Ticketmaster, erkennt die Vormachtstellung von Eventim an und bietet längst zahlreiche Tickets auch via Eventim an: Zu groß wären die Verluste, wenn man die Käuferschichten dort nicht anspräche.“
Zwar könnte man bei Eventim Tickets für Plätze im Unterrang für etwa 80€ bekommen, doch es ist davon auszugehen, dass diese günstigen Tickets kaum verfügbar sein werden, wenn jetzt schon Fans Preise von über 300€ zahlen. Für mich ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis der deutsche Anbieter sich zu „amerikanischen Verhältnissen“ hinreißen lässt, denn bereits in der Vergangenheit hat Eventim einen fragwürdigen Kurs eingeschlagen, wie man in diesem Artikel lesen konnte. Wie sich ja zeigt, bezahlen Fans auch diese astronomischen Preise.
Dynamic Pricing? Ich will Kultur um jeden Preis!
Zugegeben, ich hatte nie ein Fan-Gen, war also nie jemand, der eine Band oder einen Künstler bis zur Selbstaufgabe angehimmelt hat, auch als Jugendlicher nicht. Ich habe versucht, meine Perspektive zu wechseln, doch es mangelt mir nach wie vor an Nachvollziehbarkeit. Es wäre daher spannend zu erfahren, warum man so viel Geld für einen vergänglichen Moment, den man eingepfercht zwischen tausenden von Leuten erlebt, auszugeben bereit ist.
Abgesehen davon, ob man Depeche Mode – oder Konzerte im Allgemeinen – nun als „kulturelles Gut“ betrachtet, wird offensichtlich, dass in der musikalischen Kulturbranche eine gravierende Schere klafft. Zwischen den wenigen Cent, den man für einen Stream seines Lieblingsalbums ausgibt, bis zu den Live-Auftritten, die sich einige für mehrere hundert Euro leisten wollen.
Der Protest des Einzelnen oder das Solidarisieren von Fangruppen gegen eine Abzocke an der Konzertkasse zerschellt an stets ausverkauften Tourneen der Weltstars. Woran liegt das? Ist das ein klassisches Gefälle zwischen „Arm“ und „Reich“ oder eine freie Auslegung eigener Prioritäten?
Laut Ticketmaster wird von den Veranstaltern gemeinsam mit den Managements der Künstler*innen bestimmt, ob und wie viele Tickets über Dynamic Pricing verkauft werden. Auch legen diese die Festpreise sowie die Unter- und Obergrenzen für das Dynamic Pricing fest. Stars wie Taylor Swift haben also auch einen Einfluss darauf, wie viel Geld ihre Fans für die Konzerte ausgeben müssen.
Ein „Fürsorgepflicht“ haben die Künstler freilich nicht, aber es spricht schon Bände, wenn populäre Bands stillschweigend hinnehmen, ihre Fans auf diese Art und Weise schröpfen zu lassen. Während der Löwenanteil der Musiker und Bands um Fans und Konzertbesucher kämpfen müssen, greifen die „Superpopulären“ 10% dieser Branche vermutlich den Großteil des Kunst-Budgets der Besucher ab.