Spontis Backstage: 4 alte Fotos von Carla „Ratte“ Fliegner = 3 Monate Recherche

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Das Format „Spontis Backstage“ wurde von der internen Qualitätsprüfung verworfen, weil es thematisch langweilig erscheint und mit spröder Sachlichkeit am Thema vorbeigeht.

Nach 3 Monaten ist es endlich geschafft. Ich habe eine Lizenz für 4 alte Fotos erworben, auf denen die 2021 verstorbene Carla „Ratte“ Fliegner zu sehen ist. Sie stammen aus einer Reihe von etwa 40 Bildern aus den Jahren 1985-1995, die ich im Nachlass der verstorbenen Grufti-Ikone habe sichten können. Meinem Ziel, eine Ausstellung mit alten Bildern, Gedanken und Fanbriefen aufzuziehen, bin ich damit 5% näher gekommen. Die restlichen Bilder sind demnach nur noch ein Kinderspiel.

Es liegt eine gewisse Ironie in dieser Beschreibung, die feinsinnige Zeitgeister möglicherweise schon wahrgenommen haben. Ich wurde ermutigt, darüber zu schreiben, wie viel Arbeit es ist, alte Fotos öffentlich zeigen zu können. Überhaupt möchte ich Euch in „Spontis Backstage“ mehr hinter die Kulissen mitnehmen, mal sehen, ob das klappt.

Zurück zu den Bilder von Ratte. In Zeiten von Facebook, Instagram und anderen sozialen Netzwerken sind wir es gewohnt, alte Bilder einfach zu teilen und an Freunde und Bekannte zuschicken. Wenn das eigene und selbst gemachte Bilder sind, ist das alles in der Regel kein Problem, aber wenn es Bilder in Zeitschriften, Bildarchiven oder Magazinen sind, sieht die Sache völlig anders aus.

Da Carla häufig für solche Formate abgelichtet wurde – und auch die meisten Leser sie so kennengelernt haben – muss ich für einen Rückblick eben auf solche Fotos zurückgreifen.

Carla vor der Linse von Fotograf „Al Herb“

Ein Umschlag, der sich im Nachlass von Carla fand, war an ihre Adresse in London adressiert geschickt worden, an der sie für einige Monate zwischen 1986 und 1987 wohnte. Ein Fotograf namens „Al Herb“ bedankte sich darin schriftlich für die Zusammenarbeit an einem „Fotonachmittag in München“ und legte einige Bilder bei, die Carla unter anderem mit einer nackten Dame im englischen Garten zeigen.

„Ein leichter Fall!“, dachte ich, denn Al Herb war ein bekannter Münchener Fotograf, der neben seiner Tätigkeit als Jurist zwischen 1954 und 1997 das lokale Nachtleben fotografisch in Szene setzte. Nach seinem persönlichen Brief, den er Ratte damals zusammen mit den Bildern schrieb, war ich mir sicher, mit meinem Anliegen beim ihm auf offene Ohren zu stoßen. Leider wurde der Gedanke, ihm einfach zu schreiben, von dem traurigen Umstand zunichtegemacht, dass der Fotograf 2015 im Alter von 84 Jahren verstorben war. Ich hatte wohl unterschätzt, wie alt Al Herb schon gewesen ist, als er Carla vor seiner Linse in Szene setzte. Nun war guter Rat teuer.london 1986 - brief al herb

Bei der Bildagentur der Süddeutschen Zeitung konnte ich allerdings wieder eine heiße Spur aufnehmen, denn hier fanden sie bei der Google Rückwärtssuche 2 der Bilder, die ich von der Serie aus Carlas Nachlass kannte. Also schrieb ich die SZ an und erkundigte mich nach den Bildern von Al Herb und wollte wissen, ob es noch weitere Bilder gab, für die man eine kostenpflichtige Lizenz anbot. Glücklicherweise erhielt ich Antwort:

Wir haben schon seit langer Zeit Bilder von Al Herb bei uns. Vor etlichen Jahren waren wir auch nochmal bei ihm daheim und haben weitere Bilder übernommen. Ich denke eigentlich, dass er uns alles gezeigt hat (was er uns geben wollte). Somit ist der Bestand bei uns „abgeschlossen“, mehr Bilder haben wir nicht.

Ich hatte also Bilder von Al Herb, die die SZ nicht hatte und war natürlich neugierig, ob ich diese für mein Museum verwenden konnte. Die SZ bot mir an, Kontakt zur noch lebenden Schwester von Al Herb aufzunehmen, um sich zu erkundigen, was mit den Bildern geschehen sollte, die ich in digitaler Form und Marcel, der Lebensgefährte von Carla, im Original hatte.

Unglücklicherweise zeigte sich die Schwester mit der Anfrage des Bildarchivs überfordert und so einigte ich mich mit der SZ darauf, dem Bildarchiv die unbekannten Bilder zur Verfügung zu stellen, damit ich die diese Bilder dann in digitaler Form, gegen die Zahlung einer Lizenzgebühr, verwenden konnte. Die Bildrechte am Nachlass des verstorbenen Fotografen lagen ja sowieso beim Bildarchiv.

Leider haperte es an der Scanqualität und so bat ich Marcel, den Lebensgefährten von Carla, die Bilder erneut und in besserer Auflösung einzuscannen, damit das Bildarchiv mit den Aufnahmen arbeiten konnte. Er zeigte sich darüber hinaus auch bereit, die Original „auszuleihen“, damit man sie bei der SZ in München noch einmal professioneller Scannen würde. Das wurde allerdings unnötig, denn die neuen Scans reichten aus.

Im Gegenzug erhielt ich die Genehmigung 4 der Bilder für „kleines“ Geld zeitlich unbegrenzt nutzen zu können. Mission erfolgreich.

So viel Aufwand für 4 Bilder?

Lohnt sich der ganze Aufwand für 4 Bilder? Nein, überhaupt nicht. Es gehört auf meiner Seite eine gehörige Portion Leidenschaft dazu, diese Hürden zu nehmen. Am langen Ende verdiene ich ja keine Cent mit der Bereitstellung solcher Inhalte und kann weder etwaige Lizenzgebühren erwirtschaften noch die damit verbundene Recherchearbeit abrechnen.

Nach einigen bösen Überraschungen in der Vergangenheit (Abmahnung wegen falsche CC-Lizenz oder Abmahnung wegen einer Nachlizensierung) ist sowieso kaum noch möglich, Inhalte von damals einfach abzubilden, daher bin ich dazu übergegangen, auf lizenzfreie oder private Werke, die ich verwenden kann, zurückzugreifen. Wer möchte, kann sie ja mal bei einem Anwalt durchlesen, was man alles beachten muss, um einfach ein Bild zu nehmen: eRecht24 – Bildrechte

Im Falle von Carla „Ratte“ Fliegner ist das allerdings nicht so einfach möglich, da sie auch ein mediales Phänomen war, das häufig und ausgiebig von Magazinen, Zeitungen und Zeitschriften abgelichtet wurde. Da mir diese – ihre – Geschichte sehr wichtig ist, muss ich eben investieren, denn diese alten Aufnahmen sind ein wichtiger Bestandteil vom Phänomen „Ratte“.

Ich hoffe, diese „Spontis Backstage“ hat euch einen kleinen Einblick verschafft. Wenn ihr selbst alten Aufnahmen der Münchener Szene oder von Ratte zur Verfügung stellen könnt meldet Euch! Wer Kontakt zu Fotografen von damals herstellen kann, möge sich gerne auch melden. Gesucht werden unter anderem ein „R. Kurzendörfer“ eine „Julia Oberer“ oder auch ein „Stefan“, der Carla eine Reihe von Bildern schickte. Meldet Euch!

Krieg in der Ukraine: Demokratie stirbt in der Dunkelheit

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Nie gab es bessere Gründe für mich, die Farbe Schwarz zu tragen. Mir fällt es schwer, der tonnenschwere und klebrige Angst in meinen Gliedern die Energie für den Tag abzuringen. Nie hätte ich damit gerechnet, dass es so weit kommen würde. Unglaublich, wie ein einzelner Mensch mit fataler Macht die Welt durch seine Taten so nahe an den Abgrund bringen kann. Nie stand ich ratloser vor einer Situation als jetzt. Keine schlauen Zeilen, keine gut gemeinten Ratschläge, keine Lösung. Es ist mir fast ein Bedürfnis geworden, die Nachrichten abzuschalten, das Licht auszumachen und mich irgendwo zu verkriechen. Aber wie sagt man? „Demokratie stirbt in der Dunkelheit“, daher finde ich es wichtig, Flagge zu zeigen. Auch hier im Blog.

Wenn Putin eins erreicht hat, ist es, dass der Westen geschlossen für seine Werte einsteht. Entschlossen wie nie präsentiert sich die deutsche Regierung, während die Menschen zu Hunderttausenden auf die Straßen gehen, um endlich für etwas Sinnvolles demonstrieren. Den Frieden.

Mein Mitgefühl gilt den vielen Menschen in der Ukraine, die in gewisser Weise für unsere Werte den Kopf hinhalten. Mein Mitgefühl gilt auch den vielen Menschen in Russland, die sich von der Politik eines Wahnsinnigen in die Isolation ziehen lassen müssen. Das macht mich alles so unglaublich traurig. Mir kommt Johnny Cash in den Sinn. „Man in Black“ trifft es ziemlich genau.

Was ist das doch bisher für ein beschissenes Jahrzehnt!

Umfrage: Spontis-Magazin jetzt immer zum Jahresende?

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Liebe Leser. Wir nehmen mal ganz frech an, das WGT findet statt. Ich weiß, das klingt jetzt verwegen und fühlt sich fast ein wenig fremd an, aber für den Augenblick spekulieren wir mal damit. Ursprünglich war das Spontis-Magazin dazu gedacht, auf dem Spontis-Treffen, das während des Wave-Gotik-Treffens in Leipzig stattfindet, kostenlos verteilt zu werden. Während der letzten beiden Pandemie-Jahre ohne offizielles WGT ist das Spontis-Magazin dann jedoch zum Jahresende erschienen und wurde vollständig über den Postweg versendet. Auch in den Jahren 2018 und 2019 wurden bereits viele Magazine verschickt, weil Leser nicht zum WGT gekommen sind oder während des Treffens in Konzerten oder Veranstaltungen versackten und es nicht rechtzeitig geschafft haben. Ich habe mich gefragt, wie ihr es Euch in Zukunft vorstellt.

Spontis-Magazin weiterhin zum Jahresende oder traditionell zum WGT?

Mich würde interessieren, ob ihr ein Spontis-Magazin zum Jahresende mehr begrüßen würdet, als eine Verteilung im Rahmen des WGT.

Einerseits fände ich es schön, das Magazin wieder zum Treffen auszugeben, andererseits bringt mich das zeitlich in Bedrängnis, weil wir jetzt „nur“ noch 4 Monate zu Fertigstellung hätten und der Umfang darunter deutlich leiden würde. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich erst vor ein paar Wochen mit dem Versand aller Magazine für 2021 fertig geworden bin. Übrigens wurde das Magazin bisher an 234 Interessenten verschickt. Das ist Rekord!

Die Vorteile liegen für mich in der jährlichen Variante. Wir hätten ausreichend Zeit, Artikel zu sammeln und zu verfassen, die Crowdfunding-Aktion über einen längere Zeitraum laufen zu lassen und den Versand vorzubereiten. Schon 2019 habe ich trotz stattfindendem WGT rund die Hälfte der Magazine mit der Post versendet.

Gerne dürft ihr auch Eure Gedanken, Ansichten und Meinungen zum Thema in die Kommentare schreiben. Da IHR das Magazin ja so fleißig unterstützt, ist es mehr als angebracht, EUCH auch in die Entscheidung mit einzubeziehen. Die Abstimmung läuft 2 Wochen.

Formel Goth: Ein panischer Priester im Lockdown und eine finnische Suzi mit Mission

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Heute roch es im Briefkasten nach Patschuli. Ein stiller, aber höchstwahrscheinlich wohlriechender Mitleser aus dem Süden Deutschland hatte mir einen Brief geschrieben und die 8 Seiten heimlich mit einer betörenden Note der Marke „Heimat“ gewürzt, die jetzt als nicht sichtbare Wolke die Synapsen reizt. Lieber Leser, so ein handgeschriebener Brief, in dem jemand seine Verbindung zu dieser Internetseite darlegt, ist schon ziemlich berührend und stört mein anhaltendes Gefühl der Misanthropie dann doch empfindlich. An den Verfasser: Die Grüße, Belobigungen und Erwähnungen werde ich an die entsprechenden Autoren weiterleiten, versprochen. Die im Brief angeregten Artikelideen werden selbstverständlich auch umgesetzt. Alle anderen hören und sehen vielleicht ein bisschen Musik?

Panic Priest – Lonely City

Den wohl besten Video-Beitrag zur Pandemie hat der panische Priester Jack Armondo abgeliefert, denn der hat ein paar Fans in einer Art Home-Dancing-Challenge auftreten lassen, die 2020 dazu verdammt waren, nur in den eigenen vier Wänden „Gothic“ zu sein. Doch auch inhaltlich und musikalisch ist das Stück ein großartiges Kleinod des US-amerikanischen Künstlers, der im cremig-aufgefrischten 80s-Sound davon singt, wie es ist getrennt voneinander zu sein. Vermutlich unfreiwillig erinnert er mich dabei an die blutjungen Tears for Fears – schön dass man heutzutage noch nostalgisch klingen kann, ohne altbacken zu wirken. Finde ich klasse, das Stück!

Suzi Sabotage – Nazi Goths, Fuck Off

Dieses Video bekommt in dieser Formel Goth einen Ehrenplatz, denn obwohl es nicht durch visuelle Untermalung der Musik glänzt, finde ich Sound und Inhalt der finnischen Suzi Sabotage inspirierend. Da die finnische Szene sehr überschaubar ist, werden sie einige Leser noch mit ihrer Band „Masquerade“ kennen. Möglicherweise aus persönlichem Anlass schrieb sie ihren Song „Nazi Goths, Fuck Off“, möglicherweise auch als Reaktion auf so manche Bewegungen im eigenen Land. Wenn man denn klicken möchte. Suzi schrieb zu ihrem Song:

Far-right ideologies are not compatible with goth. Goth is rebellion against the mainstream and celebration of diversity – whereas nazis and conservatives advocate for rigid conformity, which makes them at war against what goth is all about.The goth movement has always taken pride in being a safe haven for people from all backgrounds, and if nazis are made feel welcome, it will become dangerous for people of color, LGBTQ, women, and just anyone who doesn’t harbor fascist views. So let’s show nazi „goths“ the door and keep our scene safe.

Cellar Darling – Freeze

Die Schweizer Band „Cellar Darling“ ordnet ihre Musik als „heavy progressive folk rock“ ein und würden mich allein durch diese Beschreibung fast schon abschrecken. Glücklicherweise fand meine erste Hörerfahrung beim Zusammenlegen der Wäsche statt, als ich durch einen Gothic-Stream meines Internet-Radios diesen Song serviert bekam, ohne zu ahnen, was sich dahinter verbarg. „Am I dead? – Not yet…“ bedient jedoch gleich zu Beginn gruftige Synapsen, um mit einer gesunden Mischung aus Heavy Metal und Folk Aufmerksamkeit zu erregen, bevor die sphärische Stimme von Frontfrau Anna Murphy den Song garniert. Für mich einer der klassischen Brückensongs, die das „Beste aus beiden Welten“ (so hieß mal eine Metal & Gothic Veranstaltung in Münster) verbindet. Ja, so lasse ich mir das schmecken.

Trentemøller – Dead or Alive

Der Däne „Trentemøller“ hat eine weitere Single aus seinem Album „Memoria“ ausgekoppelt und liefert dazu gleich noch ein spannendes Musikvideo, für das sich wieder Fryd Frydendahl verantwortlich zeigt, die schon einige Videos für ihn gemacht hat.

Die Andere Seite – Das Lied Vom Ich

Leserin Nancy hat in dieser Ausgabe ebenfalls ein Video ins Rennen geschickt, das sie „gelungen, avantgardistisch, poetisch und dramatisch“ findet. Schauspieler Tom Schilling verwirklicht sich darin seine musikalische Facette, die er bisher eher im Jazz-Bereich ausgelebt hat. Offensichtlich möchte er sich nun neuen Gewässern hingeben. Ein bisschen unsicher segelt er ja noch mit seiner neuen, düsteren Attitüde. Dass es mich nicht vom Hocker haut, liegt nur daran, dass Schilling nicht selbst fechtet, wie die Videocredits verraten.

Filmklassiker „Fight Club“ in China wieder mit apokalyptischem Finale

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Der 1999 erschienene Film „Fight Club“, ist eine der spannendsten Abrechnungen mit unserer Konsumgesellschaft, bei der die Hauptfigur am Ende eine Reihe von Wolkenkratzern in die Luft sprengt, um damit den Zusammenbruch der modernen Zivilisation zur erzwingen. In China wurde der Film beim dortigen Streaming-Monopolisten Tencent plötzlich mit einem alternativen Ende ausgestrahlt. Jetzt hat man seine Entscheidung allerdings überdacht.

Als der Psychothriller, der auf dem gleichnamigen Roman von Chuck Palahniuk basiert, 1999 in die Kinos kommt, endet er legendär apokalyptisch. Während der Song der Pixies „Where Is My Mind?“ im Hintergrund läuft, explodiert eine ganze Skyline als Abschluss eines anarchischen Plans. Die Zentralen aller Kreditkartenunternehmen werden gesprengt, um das Finanzwesen kollabieren zu lassen und so jedem Menschen die Chance zu geben, bei Null anzufangen. Die namentlich nicht erwähnte Hauptfigur und Erzähler des Films (Edward Norton) hat sich zuvor von seinem Alter Ego Tyler Durden (Brad Pitt) unsanft getrennt, als der in letzter Minute versucht, die Umsetzung von „Projekt Chaos“ zu vereiteln. Ein denkwürdiges Finale.

https://www.youtube.com/watch?v=11eBZd7zdbs

In der neuen chinesischen Fassung endet der Film, bevor die Skyline explodiert. Anstatt dessen wird ein Text eingeblendet, der erklärt, dass es den Behörden gelungen sei, die Pläne der Hauptfigur zu durchkreuzen: „Die Polizei kam dem Plan schnell auf die Spur und verhaftete alle Kriminellen, womit sie es schaffte, die Explosion zu verhindern. Nachdem ihm der Prozess gemacht wurde, schickte man Tyler in die Psychiatrie, um behandelt zu werden. Er wurde 2012 aus dem Krankenhaus entlassen.

Bei den chinesischen Zuschauern sorgte dieses Fassung allerdings für große Empörung, weil man dort das mittlerweile 23 Jahre alte Original ganz anders in Erinnerung hat, auch wenn es sich vorher um Raubkopien gehandelt haben dürfte, denn die einschlägigen Streaming-Dienste wie Netflix oder auch Youtube sind in China gesperrt.

Allerdings ist es üblich, Filme für den chinesischen Markt zu zensieren oder in eine alternativen Fassung zu präsentieren. Hollywood kann es sich nicht leisten, auf den bevölkerungsreichen chinesischen Markt zu verzichten und zensiert Inhalte im Vorfeld, damit diese dort gezeigt werden zu können.

Autor Chuck Palahniuk findet chinesische Version nicht so schlimm

Die Romanvorlage von Chuck Palahniuk sieht allerdings auch ein anderes Ende für die Geschichte vor. Wegen eines Fehlers explodieren die Bomben nicht. Der Erzähler erschießt sich daraufhin selbst, erwacht aber wieder im Krankenhaus, wo man ihm vorgaukelt, dass sein Plan fortgesetzt wurde.

Daher zeigte sich der Autor ein wenig überrascht von der eigenmächtigen Änderungen der chinesischen Regierung, konnte dem aber dennoch etwas abgewinnen: „Palahniuk hat gemischte Gefühle gegenüber der Neuerung. Eines gefällt ihm daran: Die neue Version ähnele seinem Roman mehr, als das Ende der Filmversion von Regisseur David Fincher. „Das Ironische dabei ist, dass die Chinesen das Ende fast genau an den Schluss des Buches angepasst haben, im Gegensatz zu Finchers Finale, das dafür visuell spektakulärer war“, so der Autor. „In gewisser Weise haben die Chinesen den Film ein wenig zurück zum Roman gebracht“.

China rudert zurück – Fight wieder mit Original-Ende

Nur eine verschwindend geringe Anzahl von Filmen schaffen es in China an den Zensurbehörden vorbei auf die Leinwand. Selten in ihrer Original-Fassung, ein abgeändertes Ende war dann trotzdem einzigartig und doppelt kurios, dass man jetzt wieder das Original-Ende zeigt. Nachdem sich Chinesische Nutzer über die merkwürdige Zensur am Ende des Films massenhaft echauffiert haben, zeigt Tencent jetzt wieder das Original-Ende. Dabei kommentieren sie weder die Zensur noch die Rücknahme derselbigen. Ob man in Zeiten von Olympia nicht als „Land der Zensur“ gelten möchte?

Übrigens: Wer daran zweifelt, dass „Fight Club“ ein zutiefst gruftiges Meisterwerk ist (oder war), sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, den Film bei Netflix oder Amazon Prime kostenlos (und ungeschnitten) zu streamen.

ARD: Schamanen, Hexen, neue Heiden – Echtes Leben?

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Aus der Reihe „Echtes Leben“ zeigt die ARD in ihrer Mediathek eine Dokumentation über „Schamanen, Hexen, neue Heiden“ und thematisiert damit erneut einen seit einigen Jahren zunehmenden Trend, sich von traditionellen Glaubensrichtungen abzuwenden und sich für alternative Wege zu interessieren. Dabei geht Film auch auf die Überschneidung mit rechten Ideologien ein, die es gerade hinsichtlich nordischer Mythologie in vielen Facetten der Glaubensausübung gibt.

Religionsfreiheit gilt für alle

In Deutschland darf jeder Mensch frei entscheiden, woran er glaubt oder eben nicht glaubt. Das ist in Artikel 4 des Grundgesetzes verankert. Die Religionsfreiheit gerät allerdings immer dann in die Kritik, wenn man christliche oder ethische Grundwerte vermeintlich in Gefahr sieht. Heidentum oder der Schamanismus werden daher mit großer Skepsis wahrgenommen und allzu leicht in eine Ecke gedrängt, in die man „Esoteriker“ oder „spirituelle Spinner“ stellen möchte. Eben Menschen, die an etwas anderes glauben und sich von Werten leiten lassen, die man nach dem eigenen Kompass ablehnt.

Dabei verlieren die traditionellen Glaubensrichtungen seit Jahren an Bedeutung und Kirchen verzeichnen seit Jahren akuten Mitgliederschwund. Zunehmende Säkularisierung, Rückwärtsgewandtheit des christlichen Glaubens und nicht zuletzt die nicht abreißenden Skandale der Kirchen sorgen meiner Ansicht nach für einen massiven Rückgang an Gläubigen und nicht zuletzt an Mitgliedern. Dennoch sehnen sich viele Menschen nach spirituellem Halt und suchen den zunehmend in Naturreligionen, Heidentum oder Schamanismus.

Vereinnahmungen durch rechte Ideologien

Irgendwann in der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten völkische Gruppierungen das Heidentum und die Naturreligionen für sich. Die Nationalsozialisten des frühen 20. Jahrhunderts suchen zwar noch die Nähe zur Kirche, doch in der Nachkriegszeit greifen Rechtsextreme die völkischen Bewegung wieder auf. Das belastet die Sichtweise auf viele Rituale, Symbole und Verhaltensweisen sehr und stellt eine ungewollte Nähe her, gegen die sich die ursprünglichen Gläubigen wehren.

So steht auch das Wolfszeit-Metal-Festival, das in der Nähe von Leipzig stattfindet und zu Beginn der Dokumentation als Begegnungsort zwischen Gläubigen und Metal-Fans dargestellt wird, in der Kritik. Veranstalter Phillip Seiler, der auch Gründer der Metal-Band Varg ist, wird Nähe zum Rechtsextremismus vorgeworfen. Seiler und das Festival sind daher bemüht, nicht damit in Verbindung gebracht zu werden und distanzieren sich auch öffentlich von „rechts orientiertem Gedankengut.“ Allerdings sehen das Aktivisten aus dem linken Lager sehr kritisch und möchten das „Wolfszeit Festival verhindern!

Die Dokumentation und die darin gezeigten Menschen zeigen sich bemüht, gegen diese ungewollte Verknüpfung zu kämpfen, was ihnen offensichtlich schwerfällt, denn als Nischenreligion ohne laute mediale Stimme und breiter Akzeptanz werden sie auch weiterhin mit ihrem Schlachtruf „Heil Odin!“ für ein kollektives Zusammenzucken sorgen.

(Direktlink zur ARD Mediathek)

Ein kleines Fazit

Der Film zeigt einige dieser Menschen, ohne sich im Darstellen von Klischees zu verlieren oder den Anschein zu erwecken, es handle sich nicht um einen ernst zu nehmende Glauben. Es gelingt sogar, einen Trennstrich zwischen rechten Ideologien und Religionsausübung zu ziehen, denn hier bekennt sich die Menschen zu Toleranz und Diversität und wollen sich deutlich von völkisch-faschistischen Weltanschauungen distanzieren.

Die gezeigten „Schamanen, Hexen und neue Heiden“ fallen im Einheitsbrei der Religionen aus dem Rahmen, sind aber nichts anderes als beispielsweise Katholiken oder Muslime. Sie glauben etwas anderes. Dabei erscheinen sie mir in vielen Facetten sogar als „moderner“, naturverbundener und nachhaltiger als andere Gläubige, was sie in diesen Zeiten natürlich deutlich attraktiver macht.

Auch Gothics pflegen häufig eine – so nennen es die Soziologen – Religionsbricolage, ein religiöses Weltbild, das viele Einflüsse aus anderen Kulturen und Religionen zu einer eigenen Interpretation zusammenbaut.

Wochenschau: Hoppla, ein Blutbad im Fernsehen!

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Das Ende ist nah! Vertrauen wir den Aussagen der Virologen und meinem daraus resultierenden Bauchgefühl, steht das Ende der Pandemie unmittelbar bevor. In Großbritannien und Dänemark hat man längst alle Einschränkungen in den Wind geschossen und auch einige andere Länder ziehen nach. Okay, die Briten sind jetzt kein Maßstab, gemessen an dem Verhalten von Regierungschef Boris Johnson haben die schon länger aller Hüllen fallen lassen. Wahrscheinlich warten wir, die vorsichtigen Deutschen ab, ob Dänemark in den nächsten Wochen untergeht und ziehen dann nach. Bei ARTE lief derweil ein Blutbad im Programm, die vermutlich eine der vielen Verschwörungstheorien der Schwurbler auf den Bildschirm brachte. Die Welt ist von hirnlosen Zombies überrannt, die verbliebenen Menschen bekriegen sich gegenseitig und wer nicht aufpasst, wird gefressen. Ich bin mir sicher, das habe ich auf irgendeinem Plakat einer Demo so gelesen. :-)

Zombie zurück im Giftschrank | TAZ

Sorry, doch kein Blutbad bei ARTE! Für Horrorfans überraschend war die Tatsache, dass am 28. Januar der Kultschocker „Zombie 2 – Das letzte Kapitel“ ungeschnitten im Programm laufen und in der Mediathek zu sehen sein sollte. Der Film ist schließlich seit 1988 indiziert, seit 1990 sogar bundesweit beschlagnahmt, weil er – laut den Behörden – sogar einen Straftatbestand darstelle. Der Sender verteidigte sich „Auf Nachfrage beim Sender antwortete eine Sprecherin, dass der Film nicht mehr indiziert sei, weil er von der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) ein „Ab-18-Logo“ erhalten habe, wie es auch auf einer im Netz angebotenen DVD zu sehen sei.“ nahm den Film aber trotzdem aus dem Programm. Gut so, denn wie sich herausstellte, handelte es sich, „bei der im Netz auf DVD angebotenen Fassung um eine Fehlkennzeichnung“, wie eine Sprecherin der Prüftstelle bestätigte. Aber ganz so schlimm ist der Verlust nicht, so ein Zombie-Klassiker hat trotz gutem 80er-Sound, viel Filmblut und kunstvollen Zombie-Masken nicht viel zu bieten. Jedenfalls nicht für den Otto-Normal-Gucker.

Fitness-APP Peleton jetzt mit David Bowie als Trainingsmusik | Variety

Bereits vor ein paar Wochen hat der US-Musikverlag „Warner Chappell Music“ die Rechte an allen David Bowie Songs erworben. Angeblich einigte man sich mit den Erben des 2016 verstorbenen Musikers auf rund 250 Millionen Dollar. Wahnsinn. Damit man die Kohle jetzt wieder reinholt, findet sich neuerdings im Trainings-Song-Katalog von „Peleton“ eine Auswahl an Bowie-Songs und diversen Remixen seiner größten Hits. Ob sich Bowie im Grab umdreht oder selbst aufs Geisterfahrrad steigt? Das Verkaufen von Musikrechten macht gerade sowie die Runde. Bruce Springsteen, ZZ Top, Tina Turner, Bob Dylan und Paul Simon haben ihre Songs auch schon für hunderte Millionen Dollar veräußert. Der Rubel muss rollen.

Ehemaliger In Extremo-Musiker nach Corona-Demo verstorben | rbb24

Am Rande einer nicht angemeldeten Corona-Demo in Wandlitz, ist Boris Pfeiffer, ehemaliges Mitglied der Band In Extremo verstorben. Wie die Freie Presse berichtet, starb er eines natürlichen Todes, nachdem er bei der Demonstration eine Polizeikette durchbrechen wollte. „Polizisten stoppten ihn und stellten seine Personalien fest. Danach habe er seinen Weg fortsetzen können. Kurz darauf sei der Mann auf dem Weg zu seinem Auto zusammengebrochen, sagte eine Polizeisprecherin. Er starb wenig später im Krankenhaus.“ Erst im Mai 2021 verließ Pfeiffer die Band nach rund 26 Jahren Bandgeschichte. „Pfeiffer hat sich dazu entschlossen, andere Wege zu gehen und wird ab sofort nicht mehr Teil der Band sein. Über die vielen Jahre der Zusammenarbeit verändern sich Lebensumstände, Sichtweisen und Prioritäten“, hieß es.“ Jetzt ist er überraschend gestorben, die ehemaligen Bandkollegen zeigten sich in einer Stellungnahme auf Facebook schockiert. „Bestürzt und mit Bedauern haben wir vom Tod unseres langjährigen Weggefährten Boris erfahren. 24 Jahre gemeinsam auf der Bühne waren mehr als nur ein Moment.

Spotify künftig mit Corona-Aufklärung | tagesschau

Nachdem einige Künstler, wie beispielsweise Neil Young, ihre Musik bei Spotify löschen ließen, reagiert das schwedische Unternehmen Spotify nun. Hintergrund der Löschung waren erfolglose Beschwerden gegen den Podcast des umstrittenen US-Comedian Joe Rogan, der offenbar Falschinformationen über das Corona-Virus verbreitete, „Neil Young hatte vor einigen Tagen seine gesamte Musik von der Streaming-Plattform entfernen lassen. Der 76-Jährige hatte Spotify zuvor erfolglos aufgefordert, den Podcast des umstrittenen US-Comedian Joe Rogan zu entfernen. Er und Mitchell warfen Rogan vor, Falschinformationen über das Coronavirus zu verbreiten. „Spotify ist zu einem Ort der potenziell tödlichen Desinformation über Covid geworden“, kritisierte Young.

Brit-Awards 2022 jetzt ohne Geschlechter | Rolling Stone

Am 8. Februar werden in London die Brit-Awards verliehen, die als „hippere Schwester“ der Grammys bezeichnete Veranstaltung macht nun vor, was vielleicht bald zum Standard werden könnte. Geschlechterneutrale Kategorien. Das bedeutet in der Praxis, dass es Preise nicht mehr als male / female bezeichnet werden, sondern neue, geschlechtsneutrale Kategorien das Portfolio erweitern. „Artist of the Year“ und „International Artist of the Year“. Allerdings birgt das in der Praxis einige Probleme: „Die ersten Ansätze führen bei den 2020er-Awards dazu, dass in den gemischten Kategorien für britische Musik in den Segmenten „Album“, „Band“, „Song“ und „New Artist“ nur eine einzige (!) britische Frau vertreten war. Auch so kann ein gut gemeinter Gleichstellungs-Schuss nach hinten los gehen.“ Bei Deutschlandfunk-Kultur wird daher völlig richtig betitelt: „Längst überfällig oder vollkommen wirkungslos?“ Wie seht ihr das?

Fotogrüße aus dem Jenseits | SPIEGEL Geschichte

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts zockte man gutgläubige Menschen mit Fake-Bildern ab. Mit einfachen Tricks – die heute wohl leicht zu durchschauen wären – ließen selbst ernannte Geisterfotografen Verstorbene auf Bilder auferstehen. „Sir Arthur Conan Doyle zweifelte keine Sekunde lang: Bei der Erscheinung, die auf dem Foto erschienen war, konnte es sich nur um seinen Sohn Kingsley handeln. Aber wie war das möglich? Der Junge war im Ersten Weltkrieg gefallen – und zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits seit etwa zwei Jahren tot. Doyle glaubte fest daran, dass der Fotograf es möglich gemacht hatte: Urheber der Aufnahme war der Brite William Hope, in Großbritannien bekannt als Lichtbildner, der auf seinen Bildern Verstorbene sichtbar machen konnte.

Till Lindemann macht als Karl Lagerfeld Werbung für vegane Burger | Business Punk

Viel passiert in dem Werbespot nicht, Lindemann isst als Karl Lagerfeld verkleidet einen veganen Burger. Die Botschaft überlässt der Rammstein-Frontmann, der freie Hand bei der Gestaltung des Spots hatte, dem Zuschauer. „Dass Lindemann als Lagerfeld auftritt hat auch etwas Ironisches. Schließlich verwendete der Modedesigner in seinen Kollektionen über viele Jahre Pelz und Leder. Erst im letzten Jahr launchte die Marke Karl Lagerfeld eine vegane Taschenkollektion. Im Jahr 2020 gab die Marke bekannt, auf Wildtierleder zu verzichten.

Trailer: So sieht Nick Caves und Warren Ellis‘ neue Doku aus | Musikexpress

Cave ist kein Musiker oder Autor, sondern eine Person. Aha! Diese Lebensweisheit wirft uns gebürtige Australier entgegen, als wir den Trailer einer neuen Doku starten. Vielleicht ist das so im Alter. Da tritt man einen Schritt zurück, betrachtet sein Leben und versucht sich aus jeder Schublade zu winden, damit das Lebenswerk auch ja das ganze Leben erfasst.

Gruft-Orakel Februar 2022: Der Ghoul arbeitet in Zeitlupe

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*klick* Der Ghoul hat sein Kinn in die angewinkelte Handfläche gelegt, das ganze Gewicht seines Kopfes ruht auf der ausgeklügelten Konstruktion aus Hand, Unterarm und Tisch. *klick* Seit der angefangen hat, in dieser Position auf die Uhr in seinem Büro zu starren, vergehen die Sekunden für ihn immer langsamer. *klick* Es ist ruhig im Büro für Arbeitssicherheit der Grabräuber und Leichenfresser. Seit Corona für so viele Tote verantwortlich ist, werden Bedenken laut, man können sich beim Verzehr der Körper infizieren. *klick* Wieder springt der Sekundenzeiger der Uhr klickend weiter. Ruhiger angehen lassen, so wie Alana Abendroth dem Büro-Ghoul geraten hat, das kann er gut. *klick* „Noch zwei weitere Klicks, dann blinzle ich.“ Man soll sich eben kleine Ziele stecken, hatte die nervige Chefin gesagt.

Gruft-Orakel Februar 2022
Gruft-Orakel Februar 2022 | (c) Alana Abendroth

Doku-Reihe bei ARTE – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Lost Generation

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Ab dem 02. Februar 2022 gibt es in der ARTE-Mediathek die Dokumentation „Christiane F. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Lost Generation“ zu sehen, die eine ganze Reihe von Sendungen rund um das Thema Christiane F. vorangeht. Die Doku will einen Blick auf die deutsche Drogenszene der späten 70er werfen, die bis zu einer damaligen Artikel-Serie im Stern völlig unbekannt war. Drogensucht – vor allem die von Kindern und Jugendlichen – wurde mit den Artikeln und dem Buch erstmals thematisiert und zwangen in der Folge die Gesellschaft zum Handeln.

Schon wieder eine Christiane F. – Doku?

Ich habe den Eindruck, dieses Thema hat nichts an seiner Brisanz verloren, gerade im Hinblick auf die jüngste Serie, die auf Amazon ausgestrahlt wurde, ist es wichtig wieder den Blick auf die Wahrheit zu richten, und sich nicht von lackierten und perlweiß gebleichtem Serienspektakel auf eine falsche Fährte locken zu lassen. Auch damals fanden das Thema einige „faszinierend“, während es viele andere allerdings als abschreckend empfanden. Denn die Geschichte von Christiane F. bleibt auch 2022 tragisch.

Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Lost Generation

Neben dem Film von 1981, der auch ab dem 02. Februar in der Mediathek und am 09. Februar im analogen TV ausgestrahlt wird, ergänzen die oben genannte Dokumentation und eine Doku über den Kino-Film die Reihe. In „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Lost Generation“ nähert man sich anhand Christianes Erzählungen einem Einblick in die Lebenswelten der damaligen Berliner Jugend. Dabei steht nicht nur der „prominenteste Junkie“ im Vordergrund, sondern auch die Umstände, die dann dazu geführt haben dürften, einen Ausweg in Drogen zu suchen.

Christiane F. – Kino im Rausch

Der Spielfilm „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ feiert 1981 seine Premiere in deutschen Kinos. Die radikalen Bilder, die Regisseur Uli Edel auf die Leinwand bringt, spalten die Zuschauer. Noch nie zuvor wurden Dorgenkonsum, Entzug und Prostitution so schonungslos dargestellt. „Nie zuvor veröffentliche Casting-Aufnahmen und Stimmen von einem Großteil der damaligen Crew wie dem Regisseur Uli Edel, dem Drehbuchautor Herman Weigel, dem Produzenten Hans Weth und dem Darsteller Thomas Haustein erzählen von den schwierigen Bedingungen bei den Dreharbeiten, von der Mitwirkung David Bowies und dem Umgang mit dem Erfolg.

Und täglich grüßt das Murmeltier?

Vermutlich geht es vielen Lesern so: Ist es nicht an der Zeit, die Geschichte von Christiane F., im Äther des Vergessens untergehen zu lassen? Warum wird Deutschlands berühmtester Junkie nicht einfach verdrängt? Möglicherweise, weil sich das Problem noch immer nicht gelöst hat. Im Gegenteil. Jugendliche sehen sich auch 2022 einer gesellschaftlichen Depression gegenüber und kaum jemand ist da, um ihnen die Hand zu reichen.

Streetworker, Jugendclubs und Freizeitangebote schließen vollständig oder sind während der Pandemie nicht nutzbar. Aber danach werden sicher keine neuen Einrichtungen aus dem Boden sprießen, denn es gibt kaum noch öffentliche Träger, die sich einen „Jugend-Luxus“ leisten können oder wollen. Verrückt, denn eigentlich wollen doch alle das Gleiche, oder?

Das Buch ist der Semi-Fiktionale Gruselschocker der Mittelschichten, die an diesem Buch lernten, das dürfen wir bei unseren Kindern nicht zulassen! (Jan Feddersen, Die Tageszeitung)

Wirklich ein gelungener, wenn auch stellenweise zu unkritischer Bericht über die Entwicklungen von damals, wie ich finde. Schade ist beispielsweise, dass wir immer noch bei Einrichtungen, die damals ins Leben gerufen wurden, sparen. An der Anzahl der Suchtkranken, die sich in einer Form von autoaggressivem Verhalten Substanzen in den Metabolismus jagen, hat sich meiner Wahrnehmung nach nicht viel verändert. Schaut unbedingt mal rein in die Doku, wenn ihr euch dafür interessiert.

Ein verbotener Hit der Ärzte – „Geschwisterliebe“ seit 35 Jahren indiziert

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Der Titel „Geschwisterliebe“ der Ärzte steht seit fast 35 Jahren auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (die übrigens heutzutage BzKJ heißt) und darf seitdem weder öffentlich aufgeführt, beworben noch an Minderjährige verkauft werde. Ja, sogar ein Zitat aus dem Song ist nicht erlaubt, denn – wie die damalige BPjS schrieb – das Lied „verharmlost ein Sexualverhalten, durch § 171 Abs. 2 Satz 2 StGB verboten und mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht ist.“ Nach einer Beschwerde einer Mutter aus Witten indizierte man am 27. Januar 1987 das Album „Die Ärzte“.

Dieser ganze Vorgang war damals total „Punk“ und hat die Popularität des Songs enorm befeuert. Ich musste dieses Album haben! Glücklicherweise konnte mir meine Schwester (welch Ironie), die damals schon volljährig war, das 87 erschienene Album „Ab 18“ besorgen, auf dem der Song auch enthalten. Sie hatte natürlich keinen blassen Schimmer, was sie mir da von meinem Taschengeld kaufte. Mitsingen kann ich den Song natürlich bis heute.

In einem Interview sagt Bela B: „Ich persönlich hab mich erst mal über die Aufregung gefreut damals, eben weil das mein Bild von Punkrock war. Innerhalb der Plattenfirma haben alle so getan, als wäre es kein großes Problem.“ Es wuchs allerdings zunächst zu einem Problem heran, denn für rund ein Dreivierteljahr brachen sämtlich Einnahmen weg. Radiosender spielten keine Ärzte-Songs mehr, Konzert fielen aus, Platten wurden bei den Händlern beschlagnahmt, oder man schickte sie gleich wieder an die damalige Plattenfirma CBS zurück.

 In einer Talkshow hat mich ein Vater angeschrien, vor unseren Konzerten wurde demonstriert, Flyer gegen uns produziert und es gab Infostände zu unseren Konzerten, die gleichermaßen von der CSU und den Grünen organisiert waren. Wenn ich ehrlich bin, hat mir das schon gefallen.(Bela B im Interview mit der FAZ)

Punkiger sollten die Ärzte allerdings nie werden. Obwohl sie auch danach noch Tabus thematisierten, achtete man dann doch darauf, keine weiteren Straftatbestände zu erfüllen, bis man sich 1988 entschied, sich zu trennen. Glücklicherweise hielt diese Trennung nicht allzu lange.

Was war das damals ein verruchtes Gefühl, wenn Geschwisterliebe, neben einiger anderer Skandal-Songs der Band „Die Ärzte“, instrumental gespielt wurde und die anwesenden Zuschauer jede Zeile lautstark mitsangen. Aus heutiger Sicht – und vor dem Hintergrund so mancher aktuellen Zeilen in vielen deutschsprachigen Songs – wirkt diese Indizierung albern, trotzdem wird sie aufrechterhalten.

Unter Ausnutzung der Live-Situation“ kommt es zu solch skandalösen, aber auch denkwürdigen Auftritten der Ärzte.

Später wurden sie mit dem Song zu Helden einer rebellierenden Jugend, die den Song nicht etwa feierten, weil sie Geschwisterliebe interessant fanden, sondern weil sie sich nicht vorschreiben lassen wollten, was sie  zu hören und zu singen haben.

Für Farin Urlaub ist klar: „Man wollte an uns ein Exempel statuieren. Vielleicht fehlt mir das soziologische Verständnis, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich jemand durch diesen albernen Song zum Inzest verführen lässt.

Dennoch bleibt man sich einig darüber, dass Indizierungen nach wie vor zeitgemäß und wichtig sind, gerade wenn zu „Gewalt oder Schüren von Hass gegen bestimmte Personengruppen – oft Hand in Hand gehend, mit Entmenschlichung“ aufgerufen wird, erklärt Urlaub weiter.

Heute ist der Skandal um den Song eine nostalgische Geschichte aus der Jugend, als man sich mit den Ärzten rebellisch, aber nicht ausgegrenzt fühlte. Die Jugendlichen von damals können den Song als Erwachsene natürlich unzensiert hören und – unterstelle ich mal – mitsingen und die Jugend von heute dürften den Song wohl für einen Schlager halten, angesichts der Inhalte aktueller Songs in den weltweiten Charts.