Anders unter anderen – Kein WGT-Liebeslied

Post-WGT-Dienstag, 19.45: Meine Füße schmerzen, die Haare sind trotz mehreren Waschgängen immer noch spröde vom Haarspray, meine Lider sind schwer und das unangerührte Gepäck drängt sich in der kleinen Wohnung. Post-WGT-Depressionszeit. Eigentlich würde ich jetzt anfangen meinen persönlichen WGT-Rückblick zu schreiben, Bands und Stimmung loben, die Freude über neue und alte Bekannte kundtun und mich in Trauer wiegen, dass alles sooo lange hin ist, bis zum nächsten Mal. Tu ich aber nicht. Kann ich nicht. Obwohl das alles auch so war: coole Bands, geile Stimmung, nette Menschen, die ich sonst ewig nicht sehe und lange hin, bis zum nächsten Mal. Stimmt schon so. War ja auch toll. Trotzdem, auf meinem WGT liegt ein dunkler Schatten. Okay, vielleicht fällt dieser durch Kränkelei und Müdigkeit schwärzer aus, als er eigentlich ist. Anyway. Ich sitze mit einem komischen Gefühl im Bett, was mich – wie in „Von der Entzauberung der Dunkelheit“ beschrieben – nicht erst seit gestern begleitet.

Vom Familientreffen, das keines ist

Familientreffen. Nach Hause kommen. Man selbst sein können. Die Begriffe habe ich früher auch genutzt, wenn ich vom und über das WGT gesprochen habe. Mitterweile finde ich sie verkehrt. Das WGT hat für mich immer weniger von einem plauschigen Familientreffen mit netten Verwandten, die man gerne mag, aber selten sieht, sondern zunehmend mehr von einem riesen Event mit allen Großgroßgroßcousinen, vor drei Generationen anverschwägerten Zweigen des Clans, Leuten bei denen man nie erfahren hat, warum die eigentlich bei solchen Treffen dabei sind und der Gastwirt mit seiner Familie hat sich auch gleich noch dazu gesetzt. Warum auch immer. Ein kleiner Teil davon ist ganz nett, weil man sich kennt und Gemeinsamkeiten teilt, beim großen Rest fragt man sich, was man eigentlich miteiander zu tun hat. Ehrlich gesagt, dieser Teil interessiert mich nicht, ist aber das, was mir Unwohlsein beschert. Dieser Teil zerstört das „nach Hause kommen“.

Nach Hause kommt man zu etwas vertrautem, zu Menschen, von denen man sich verstanden fühlt. Ich fühle mich bei WGT zunehmend als komme ich nach Wochen der Abwesenheit zurück in meine Wohnung und jemand hat Möbel ausgetauscht, umgestellt, Wände neu gestrichen und Bilder ersetzt. Es fühlt sich falsch an. Es fühlt sich auch falsch an, weil die Annahme, dass alle sich verstehen, nur weil sie es teilweise schaffen sich auf eine Farbe zu einigen und ganz manchmal auch noch die gleiche Band mögen einfach nur blöd ist. Es braucht da schon etwas mehr für eine „Szene“. Ich mag doch auch nicht alle anderen Menschen, die die gleiche IKEA Kommode haben wie ich. Ich mag auch nicht mit denen allen in einen Topf geworfen werden. Ich gebe zu, ich bin beeindruckt, dass einige medialen Repräsentanten es mittlerweile schaffen zu verstehen und zu verdeutlichen, dass es „die Szene“ nicht gibt, sondern sich dort viele verschiedenen Schrömungen (Subkulturen) treffen. Aber genau diese sind der Punkt. Es gibt gemeinsame Nenner (oder auch nicht, teilweise sehe ich sie einfach nicht), aber das war es dann auch. Diese sagen nichts über weitere Gemeinsamkeiten, darüber, ob man sich als Mensch sympathisch ist. Klar, ich habe ganz sicher nicht mit allen (angeblich) 21.000 anderen Besuchern gesprochen und die nach ihren Einstellungen und Beweggründen gefragt und wenn ich hier Kritik äußere, dann nicht an den Personen, sondern an dem, was sie nach außen transferieren. Das was ich sehe und erfahre, ist oftmals nicht das, was ich such(t)e und immer weniger auch das, was unter Beschreibungen zur „schwarzen Szene“ vorkommt. Klar, Weiterentwicklung und blablablubber. Gibt es immer, braucht es auch, aber irgendwann nehmen wildtreibende Gewächse komische Triebe an, oder wachsen noch mit irgendwas zusammen, was halt grad daneben stand. Das trägt nicht zu einem qualitativen Wert bei – eher zu einem unschönen kränkelnden Dickicht. Tschüss Rosengarten, hallo Urwald.

WGT und Vielfalt. Aus dem Rosengarten ist ein Dschungel geworden

Ob klar ist was diese Entwicklung bedeutet? Eines weiß ich mit Sicherheit, viele „Szenegänger“ haben genau das nicht gewollt (Quelle: MDR)

Ohne die ganze Vielfalt, schrieb letztens jemand in derWGT-FB-Gruppe, gäbe es das WGT nicht (mehr). Falsch. Es gäbe das WGT in dieser Form nicht. Es wäre evtl. kleiner, mit weniger Angebot und weniger Loctions, weniger Händlern und weniger Rahmenveranstaltungen. Mit weniger irrelevantem Humbug, der nichts, aber auch nichts, mit der Sache an sich zu tun hat und mit weniger Leuten, die nur mal für ein Wochenende auflippen und anders  sein wollen, es aber nicht geschafft haben das Internet für etwas anderes zu nutzen, als ihr Kostüm zu shoppen (zum Beispiel für das Lesen eines blöden-schnöden Wikipedia-Eintrages), dann aber am lautesten Rumkrakelen, wenn man ihnen nahelegt, dass sie in der falschen „Szene“ unterwegs sind. So optisch. Und mit ihren musikalischen Vorlieben und Interessen und so. Ja genau: Musik und Ästhetik, scheiß wichtig für die „schwarze Szene“. Die Szene ist nunmal vor allem auch eine ästhetische. Kleidung ist für viele (Musik-)Szene ein signifikantes Merkmal. Das heißt nicht, dass man immer so und so aussehen muss. Das heißt aber, dass wenn es auch optisch keinen gemeinsamen Nenner mehr gibt ein wichtiges Szenemerkmal verloren geht. Szenen leben unter anderem auch von Symbolen und Abhebung von der Normalgesellschaft. Und das wird schwierig wenn man dieser Tür und Tore öffnet. Come on, so schwer ist das jetzt echt nicht zu verstehen.

Teilweise finde ich das Wort Kostüm gar nicht mehr so verkehrt. Ja, einige drücken sich damit aus, haben sich damit auseinander gesetzt etc. pp. Die meine ich nicht. Ich meine die, denen man ansieht, dass sie sich in ein Kostüm gezwängt haben. Die Unauthentischen. Die Aufgesetzen. Die Aufmerksamkeitsheischer und Prollos. Außen hart, innen hohl. Und sie waren in Scharen unterwegs. Nach den Gründen müssen wir nicht suchen, die sind breit diskutiert: Kommerzialisierung, leichtere Zugangsbarrieren (EMP-Shirt und Demonias und man ist dabei), Ausdifferenzierung der Teilbereiche und Toleranz. Die fucking Toleranz. Ich weiß ehrlich gesagt immer noch nicht genau wer wann dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat, dass die „schwarze Szene“ so tol(l)erant ist und hier alles erlaubt sei. Bullshit. Tolerant vielleicht was Einstellungen und Normen angeht, welche nicht der, der Restgesellschaft entsprechen. Das hat man „der Szene“ auch in den 80ern nachgesagt. Nicht tolerant hingegen gegen alle und alles, die keine eigene Gruppierung haben oder finden. Einzelne Subkulturen (welche Szenen bilden können) leben von Abgrenzung und Einstiegshürden. Sonst sind sie keine Subkulturen mehr, sondern Restmüllbehälter in denen sich alles sammelt, was keine eigenen Eimer hat. Ich weiß auch nicht wer behauptet, das Gothic ein „Lifestyle“ ist. WTF! Man muss hier unterscheiden zwischen Elementen aus Szenen und Subkulturen, welche sich über das Szeneleben hinaus im Alltag und in der Lebens- und Denkweise manifestieren und Lifesytlebewegungen, wie beispielsweise Nachhaltigkeitsbewegungen oder Veganismus. Wie sieht denn der „Gothic“ Lifestyle aus? Wie genau ist denn das ominöse Lebensgefühl? Bei diesen beiden Fragen wird es dann nämlich ganz schnell schwammig. Und komm mir jetzt bitte niemand mit Tod und Nachdenken über das Leben. Das ist kein Lifestyle, das sind Themen, mit denen man sich befasst.

Ein Beitrag aus der WGT-Facebook-Gruppe. Szene ohne Stil und Richtung? Wie kann das funktionieren?

Mit der Ausdifferenzierung verflüchtigt sich die Trennschärfe und die Grundlage dessen, was „die schwarze Szene“ eigentlich ist. Lausche ich den Gesprächen und lese ich in der FB-WGT-Gruppe wundert mich dann aber gar nichts mehr. Bei einigen reicht es wohl nicht mal zum lesen von drei Wikipedia-Artikeln, dafür aber scheinbar für den imaginären Besitz des „Rechts auf richtig“ und zwar ohne Gegenwehr, der gerne verwechselt wird, mit den Recht auf eigene Meinung. Die darf jeder haben und äußern, ich kann sie trotzdem scheiße und uninformiert, wie unreflektiert finden. Geht dann aber gerne einher, mit der achso zarten, verletztlichen Seele der Schwarztragenden (Höhöhö, Klischee). Diskussion: unerwünscht, andere Meinung: inakzeptable, Austausch: nein, danke, Umgangsformen: Fehlanzeige. Da geht die vermeintliche Tiefsinnigkeit und Reflektion über Umstände, die man gleich nach der Toleranz, so gerne an die Friedhofstüre nagelt, ganz schnell verloren. Hauptsache: ‚Seht mich an, hört mir zu, gebt mir eine Plattform. Auch wenn ich nichts wesentliches zu sagen habe‘
Ich meine, hey, das ist auch eine Plattform, auf der unter anderem ich, alles mögliche ablasse, was mich beschäftigt. Hier weiß man recht schnell, was man findet und um was es geht. Hier spreche ich mit einem Publikum, bei dem ich davon ausgehe, dass es hier vorbeischaut, weil es in irgendeiner Form Interesse hat und sich mit den hier behandelten Themen auseinandersetzt. Im Fratzenbuch, wendet man sich an eine breite Öffentlichkeit (fast 25.500 Gruppenmitglieder), die sich eigentlich nur für’s WGT interessieren, denen man aber alle persönichen Befindlichkeiten mit auf die Nase binden muss.

WGT-Facebook-Gruppe und das Bedürfnis zur Welt zu sprechen

„Meine Schuhe stehen immer noch dreckig im Flur. Hihihihihi“ Ja und?! Ist nicht mein Problem. Es interessiert mich nen Scheiß! Nur weil ich jetzt meine Schuhe auch nicht gleich geputzt habe als ich heim kam, wird man mir nicht sympathischer durch so ne Aussage.

„Jemand hat was über mein Outfit/meine Figur/meine Haare etc. gesagt, das ist sooo gemein.“ Ist oft weder fair noch richtig, mitunter aber einfach die Wahrheit und bei über 20.000 Gästen gibt es immer auch verletzende Vollidioten. Legt euch eine Persönlichkeit mit einem Stil und ein bisschen mehr Selbstbewusstsein zu. Aber das findet sich ganz sicher nicht im Fratzenbuch.

„Kann ich xy anziehen“ Wenn man es damit auf ein Foto geschafft hat, ist man scheinbar in der Lage, das anzuziehen, Hürde gemeistert. Herzlichen Glückwunsch. Wenn man sich öffentlich äußert und zur Schau stellt muss man mit Kritik rechnen und damit, das man gefragt wird was zum Fuck die scheiß Hörnchen mit der „schwarzen Szene“ zu tun haben. Setzt euch nur selbst die Hörner auf…

„Es ist total unmöglich, dass ich in xy nicht reinkam/ mir jemand auf der Strasse doof kam/ es keine freie Toilette gab etc.“ Ja, echt doof. Aber was sollen wir denn jetzt machen?! Der Veranstalter liest nicht mit und kann auch nichts dafür, wenn 500 Leute in einen Raum wollten, der für 300 ausgelegt ist. Auch nicht dafür, dass es überall, in jeder Stadt Vollidioten gibt. Völlig Szene- und Veranstaltungsunabhängig übrigens. Leipzig ist halt nicht Hintertupfingen, wo man nachts die Haustüre offen lassen kann. Willkommen in der Wirklichkeit. Nochmal, bei 20.00 Gästen und nochmal ein paar Zehntausend Stadtfestbesuchern und Stadtbewohnern können nicht alle cool und wohlerzogen sein. Wenn es so wäre würden wir alle den ganzen Tag nur Glitzer kotzen und auf Einhörnern reiten.

„Meine Meinung zum Thema xy, seht ihr hier. Ist zwar uninformiert und unreflektiert, aber die Szene ist so tolerant, findet das gut, nehmt mich auf. Ich habe zwar keinen Schimmer, von was ich da blubbere, aber ich bin beleidigt, wenn ihr mich nicht lieb habt“ Wenn man eine Gruppe braucht, zu der man sich zugehörig fühlen will, dann kann man sich auch eine Vereinssport suchen. Ach nee, da muss man ja auch was für tun, irgendwas trainieren, oder was wissen, oder am Ende noch die passenden Schuhe mitbringen…

Kritische Auseinandersetzungen? Sie kommen oft zu kurz

Die „Szene“ ist beliebig geworden. Das ist kein Kreis von Gleichgesinnten mehr, mit gleichen grundlegenden Ausgangspunkten. Die „Szene“ ist ein Event, ein Freizeitvergnügen und entweder Identität oder Wechselkostüm.  Ich bin nicht nur am WGT ich selbst, ich drücke mich lediglich durch meine Kleidung expliziter aus. Ich bin nicht nichtmehr ich, nur weil ich anderes schwarz trage. Ich schlafe eher morgens lieber ne Stunde länger anstatt so viel Ausgehtüddelei zu veranstalten und alltagsunpraktisches Zeug zu tragen. Ich bin dann immer noch ich, das sieht man auch und dann sieht man auch, dass mein Ausgehtüddeleigezeugs kein Wechselkostüm ist, dass ich trage, weil ich in der bösen Gesellschaft so eingezwängt bin, wie viele arme andere, die im Alltag Blue Jeans tragen müssen, weil sie ja sonst gekreuzigt werden. Es geht am Ende, nicht um die Frage der Kleidungswahl, sondern um die Authetizität. Die ist oft weg und hat Sinn und Verstand scheinbar gleich mitgenommen. Klar, kann jeder machen, was er will, dann hat es aber unter Umständen nichts mehr mit „der Szene“ zu tun und gehört da nicht hin. Szene braucht Gemeinsamkeit, sagte ich ja schon, wenn die weg ist, ist nicht mehr viel anderes da. Als Pferdereiter will ich mich auch nicht mit Elefantenreitern umgeben und austauschen. Die beiden Tiere ticken dann doch etwas anderes und arbeiten unter ganz anderen anatomischen Voraussetzungen, dass wir da alle darauf rumjuckeln reicht halt nicht. Und man muss dann auch nicht so tun, als wäre man eigentlich ein Pferdereiter. Oder sich unter die mischen, weil man keine Gruppe an Elefantenreitern gefunden hat.

Das WGT ist nur in Nischen und mit den richtigen Menschen noch ein Familientreffen und ein Nach-Hause-kommen. Im Großen und Ganzen ist es mehr eine Farce, eine Kapitalmaschine. Wo sind die Nachdenklichkeit und die Abgrenzung hin? Wo die kritischen Blicke? Wo das Interesse daran zu hinterfragen und zu reflektieren? Zunehmend wird hingenommen und Akzeptanz für alle und alles gefordert, so ganz ohne Hintergrund und Kontext. Ehrlich, ich weiß nicht, wo die Idee herkommt, dass man immer zu jeder Zeit, in jeder Situation das Recht auf alles hat und der Gedanke, dass „die scheiß Umwelt sich einem doch mal anpassen muss“. Unter Umständen ist man halt auch einfach in der falschen Umwelt…Nur so ein Gedanke…

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Julius
Julius (@guest_55462)
Vor 7 Jahre

Also soooooooooooo schlimm find ich diesen Beitrag nun nicht und weiß auch nicht genau ob man ihn unbedingt hätte hinten anstellen müssen. Mag schon sein, dass Spontis sich als Gegenentwurf zur „Meckerkultur“ versteht aber offenkundig ist ja Grund vorhanden. Wenn es nun ums Meckern aus Prinzip ginge, okay, aber wenn ich die Schlümpfe da oben sehe, dann denke ich schon, dass in dieser „Beziehung“ etwas verkehrt läuft und man irgendwann mal darüber sprechen sollte. Und sei es nur um dem angestauten Ärger mal Luft zu machen, sonst wird das doch auch ungesund.

Victor von Void
Victor von Void(@vivovo)
Vor 7 Jahre

Meiner Meinung nach ist es nicht die berühmte Toleranz, die es erlaubt, dass das Ganze immer mehr zu einem Zirkus verkommt, sondern die Duldsamkeit bzw. Konfliktscheu der Beteiligten. Toleranz wäre, wenn ich es akzeptieren würde, aber jeder halbwegs ernsthafte Gote regt sich darüber auf und tut dies auch bei jeder passenden Gelegenheit kund. Mittlerweile ist es doch schon normal geworden, dass in der Gruftidisko Leute in bunten T-Shirts und Shorts auftauchen und sich durch ihr Verhalten über die Veranstaltung und die anderen Besucher lustig machen. In einer jeder anderen Szene würden sie nach kürzester Zeit vermutlich eins auf’s Maul bekommen und rausfliegen. Oder gar nicht erst reingekommen. Wir lassen es uns aber gefallen, und das hat nichts mit ‚Toleranz‘ zu tun! Beim WGT passiert das eben in viel größerem Maßstab.
Ich denke, über Facebook muss man gar nicht erst diskutieren. Dass die Plattform mit Flachpfeifen überlaufen ist, die jeden Blödsinn von sich geben, der ihnen gerade einfällt, ist bekannt. Der einzige richtige Weg kann nur sein, sich grundsätzlich von den entsprechenden Gruppen, Diskussionen etc. fernzuhalten. Authentizität findet man eben nicht in einem Medium, dass die Oberflächlichkeit zur Haupttugend erhoben hat.

Curlz
Curlz (@guest_55485)
Vor 7 Jahre

Danke! Passt in fast allen Punkten zu meinen Gedanken und Empfinden. Singe auch kein WGT Liebeslied.

Naja, der Rat den Störenfrieden eins auf das Maul zu hauen, lässt sich schwer umsetzen. Fernhalten bedeutet sich zu beugen – sich den Spass ganz durch diese Störenfriede nehmen zu lassen. Beides keine wirklichen Optionen für mich.

T.S.
T.S. (@guest_55493)
Vor 7 Jahre

Es wäre mittlerweile doch mal ungeheuer interessant (wohl nicht nur für mich…) zu wissen, wie und wo sich die „Szene“ (die „ernstzunehmende“, „authentische“ – wie auch immer…) anno 2017 sieht und verortet.
Was von den Beweggründen ihrer Anfangszeit, der Ästhetik und – von mir aus – „Philosophie“ noch übrig ist, ohne überkommene Klischees krampfhaft zu bemühen.
Ich bin mir fast sicher, daß es dann durchaus zu überforderten, ratlosen Gesichtern und resignierenden Gesten führen wird. Und zwar auch bei schon seit langer Zeit „Aktiven“ und „Involvierten“ – von diesen WGT-Fastnachtsprinzen und -prinzessinnen möchte ich gar nicht sprechen (und will deren Motivationen auch gar nicht kennen, bzw. wissen, da für mich eh redundant…).
Offenbar ist in den „Selbstläufer“ „Szene“ in all den Jahren eine Art Alltagsroutine eingekehrt (was ja per se nicht verkehrt sein muß, da dies ja eine gewisse „Authentizität“ verdeutlichen mag…), die erst dann anfängt aufzufallen, bzw. gar weh zu tun, wenn man beim jährlichen „Highlight“ WGT plötzlich mit Eventhanseln aller Art konfrontiert wird, die sich obendrein sogar noch erdreisten, (zwar unfreiwillig und unbewusst – so weit reicht deren Sensibilität und Intelligenz eh nicht…) der (halbwegs) „authentischen“ Szene noch auf gewisse Art einen Spiegel vorzuhalten. Au, das schmerzt natürlich. Aber jeder lässt es sich gefallen, ist zwar not amused, und echauffiert sich immer erst hinterher.
Das war aber schon immer so, und hat mich immer schon geärgert, dieses hilflose und resignierende Vereinnehmenlassen der Szene durch äussere „Einflüsse“, Poser und Verwässerern. Lieber lässt man sich die Wurst vom Teller klauen – und den Teller zum Schluss auch noch…
Lässt man die letzten Jahrzehnte mal Revue passieren, so muß man feststellen, daß so mancher Humbug und Firlefanz in die Szene eingeschleppt worden ist, und im Laufe der Zeit zu festen Bestandteilen geworden sind, die man nun nicht mehr los wird. Die Aussenwirkung dadurch hat jedoch so manchen (aussenstehenden, nicht involvierten) Zeitgenossen denken lassen, daß die „schwarze Szene“ ein Haufen von schrulliger Halloween-Gestalten ist, bei deren Klischees man sich ebenfalls mal so dann und wann bedienen kann und darf.
Und nicht zuletzt kam mancher mediokre beliebige Klischee-Mist aus der „Szene“ selbst: man denke mal an manche „Gothic“-Schlager-Kapelle, klischeeüberhäufte sex-sells-billig-Ramsch-Compilations, auch bei Geizistgeil feil geboten, die manch pubertierendes Herzchen höher schlagen lässt, und nicht zuletzt das Eititei-pure-Äusserlichkeiten vorgaukelnde Aufgerüsche mancher (wirklichen – zumindest so tuenden…) Protagonisten. Kein Wunder, daß die Szene sich oftmals selbst verniedlicht und verkindergärtnert hat. Und das hat nichts mit updaten und sog. Weiterentwicklung zu tun. Tja, und so kommen manche Leute halt auf den Gedanken, es tatsächlich mit einem „Lifestyle“ zu tun zu haben, wenn nicht gar mit einem „Event“…

Und ja, in der Tat, gemeckert wird dann immer hinterher – und niemals aktiv in einer Art „Gegenwehr“ zur Tat geschritten, selbst die vielbeschworene „Abgrenzung“ (diese irgendwie mirakulöse legendenhafte Szene-Ur-Eigenschaft der Vergangenheit…) verpufft ungenutzt.

Und jetzt haben wir den Salat, jeder Hinz und Kunz kann „Goth“ – so ganz offenbar, siehe WGT. Ist ja auch keine Schwierigkeit, ich kann ja auch Fastnacht (wenn ich nur wollte), Narrenkappe und angeklebter Schnurrbart genügen ja…
Helau!

Zinsman
Zinsman (@guest_55512)
Vor 7 Jahre

Loide, Loide … ich finde ja, daß man diese Anti-Windmühlen-Anrennerei durchaus jedes Jahr auf’s neue zelebrieren kann, ohne dabei des Jammerns müde zu werden. Man kann es aber auch lassen! Man kann es vor allem lassen, ein Großevent/Massentreffen aus der eigenen kleinen beschränkten Sicht beurteilen zu wollen. Was bitte kann denn der einzelne wirklich beurteilen/einschätzen? … Es sind doch nur Momentaufnahmen, die man dann eventuell am Ende des WGT’s zu seinem höchst persönlichen Erinnerungsvideo im Kopf zusammenfügt. Zu dumm nur, daß dieses Video bei jedem WGT-Besucher ein anderes sein wird und man wohl vergeblich nach einem Videopartner suchen wird, dessen Nachlesefilmchen völlig mit dem eigenen übereinstimmt. … die Frage, die sich mir stellt, ist folgende: ‚Wozu zum Henker sollte ich mir diesen Hirnstress antun?‘ … Entweder ich platziere mich gleich vor Ort oder ich lass es … hinterher drüber jammern, bringt Null.

Desweiteren frage ich mich ernsthaft, wie diese Kontrolle des Zustroms aussehen soll, die immer so schön unterschwellig gefordert wird? Falls ich etwas verpasst habe, möge man mich korrigieren aber welche Organisationsform hat die „Schwarze Szene“ gleich nochmal? War es ein überdimensionaler Verein? Wo habe ich doch gleich nochmal meine Mitgliedschaft beantragt? Verflixt … meine Anmeldeformular und Mitgliedsausweis sind wohl beim letzen Umzug abhanden gekommen. Wo kann ich mir denn jetzt nen Ersatz ausstellen lassen? … Hiiilfe, ich hab ein Problem ;-) … oder war das am Ende doch ganz anders?

Wieso eigentlich muss es das WGT geben um sich mal treffen zu können? … Kommt drauf an, mit wem man sich treffen will oder? … Oder bedarf es gar eines größeren Rahmenprogramms damit sich der Weg lohnt und man quasi mehrere Klappen mit einer Fliege (;-)) … Funktioniert am Ende auch das nichtmal hundertprozentig? … Ja, nichtmal das muss funktionieren, wenn man nich zufällig den gleichen Musikgeschmack hat … da geht eben das Konzert vor und ein Kompromiß liegt in weiter Ferne .. eine Seite wäre ja bereit aber die andere unter keine Umständen … dann wars eben Essig mit dem treffen … aber fürs Gewissen klicken wir dann einmal mehr „Gefällt mir“ aufm Fratzenbuch, dann is die Welt wieder in Ordnung. … Aaaaaber auch das is nur eine Einzelfallmomentaufnahme und ich käme nicht im Traum darauf dieses dem WGT als solches anzulasten. Das liegt einzig und allein an den nicht kompromißbereiten Herrschaften.

Was nun die vieldiskutierten Äußerlichkeiten angeht … da müssen wir wohl mal eine große Vereinshauptversammlung anberaumen und die Normen klar definieren, damit dann die an den WGT-Kassen und den Einlässen der vielen Locations endlich mal nen ordentlichen Leitfaden mit Dresscoderahmen bekommen und sich nicht nur einfach auf die Bändchenkontrolle beschränken können. Also wirkich .. das ist höchst überfällig .. wo kommen wir denn da sonst noch hin? … Und bitteschön … das ganze Normenpaket ist dann selbstverständlich auch daheim zur kleinen Gruftparty konsequent umzusetzen, ansonsten drohen hohe Geldstrafen und Szenevereinsausschluss!!! … oder droht da am Ende gar das große Partysterben, weil keine der heimischen Parties mehr ausreichend gefüllt sein wird? *grübel *grübel

Ach … wieso eigentlich wird vorrangig über optische Erscheinungen und andere Verfehlungen im Rahmen des WGT’s diskutiert? … Was ist mit den anderen gruftigen Großevents? Trifft man sich zum M’era Luna, Amphi, NCN usw. etwa nicht? Isses was anderes wenn es „nur“ Festivals sind? Natürlich ist das WGT in seiner Form weltweit einzigartig aber auf’s Wesentliche herunter dividiert, sind es auch nur Menschen, die das WGT besuchen und die machen es zu dem, was es ist. Da sich aber Menschenmassenzusammensetzungen und deren Intentionen, Gedanken, Einstellungen etc. nunmal im Laufe der Zeit und der Generationen ändern, wird sich auch hier und da was am „WGT-Flair“ ändern … Das wird niemand verhindern können! Letztlich aber bleibt immer noch für jeden die Option, sich sein persönliches WGT selbst zusammenzustellen.

Zur regelmäßig propagierten Toleranz der schwarzen Szenegänger … hmm … im Musikbereich nicht existent, im klamottären Bereich ebenfalls nur schwerlich erkennbar und ansonsten gern als solche, bei allem vorgeschoben, was man gut ignorieren kann. … andererseits … wie kann man auch tolerant sein, wenn man sich abgrenzen will? Jedem und allem gegenüber Toleranz an den Tag zu legen, kann auch nicht der Sinn der Übung sein. Toleranz gegenüber dem anders sein – Ja, unbedingt aber eben nicht in jedem Fall.

Unpolitisch will sie auch immer sein, die schwarze Szene … muss und sollte sie nicht, wie ich finde. Klare Abgrenzung gegen rechte Unterwanderungsversuche sollte schon vorhanden sein aber da muss auch jeder einzelne ran. Sprich, nicht jeder, der sich auf outfitmäßig auf Cosplay beruft, muss toleriert werden! Das darf denjenigen dann auch mal unmißverständlich mitgeteilt werden … auch zum WGT!

Und am Ende … Wie war mein WGT? … Es war eben so wie mein WGT war. Für mich war es schön, wie eigentlich fast immer und auch fast so, wie ich es mir vorgestellt und geplant hatte (abgesehen von kleinen unvorhergesehenen Anpassungszwängen). Nächstes Jahr wieder und gut isses … ausführliches Schildern meines WGT’s erachte ich als überflüssig. Wirklich nachempfinden kann das ja eh kein anderer!

Mandy
Mandy (@guest_55516)
Vor 7 Jahre

An der Kleidung? Ein Kriterium, aber nicht jeder steht auf Pikes und Wallawalla-Kleidung. Einige Menschen, die kein schwarz tragen genießen die Musik genauso, wie die „Oldschool-Aufgetackelten“…

Wie gesagt, meiner Meinung nach ist auch die Toleranzdiskussion hinfällig, gerade was Musik und Kleidung angeht.

Ich glaube, das ist genau der Punkt, auf den Zinsman hinaus will.
Wer möchte mir verbieten, an einer Veranstaltung, für die man bezahlt hat, teilzunehmen – und zwar in der Kleidung, die man tragen möchte?

Ich verstehe jeden Unmut voll und ganz. Ich weiß auch nicht, warum einige im Prinzessinnen-Look mit Elfenflügeln über’s WGT laufen – aber irgendeine Intention muss ja dahinter stecken.
Wahrscheinlich ist es auch ein Phänomen großer Veranstaltungen. Auf Konzerten und kleineren Events habe ich solche Kostüme jedenfalls noch nicht gesehen.

Ja klar, wer definiert WAS Gothic ist und was nicht? Gerade, weil eben keine klare politische Haltung, sondern nur so ein undurchsichtiges, wischi-waschi ‚Lebensgefühl‘ dahintersteht, ist das mit der Abgrenzung gar nicht so leicht (zumindest nicht mehr). Optisch würde man mich vielleicht auch nicht unbedingt in die Szene zählen. Ich trage zwar schwarz, sehe ansonsten aber eher ’normal‘ aus. Jede zweite Stino-Tussi mit Tattoos und Undercut schaut da schon ‚rebellischer‘ aus.
Und solange Szenezeitschriften mit Fetischkalendern und halbnackten Weibern werben und irgendwie alles als ‚gothic‘ deklariert wird, was nur ansatzweise schwarz ist, solange werden sich Leute auch der Szene zugehörig fühlen (wenn auch vielleicht nur kurz). Ob man das nun gut findet, sei dahin gestellt.
Und was das WGT betrifft – da kann man wohl nichts mehr machen. Das hat sich verselbständigt. Solange alljährlich die Medien vor Ort sind, müssen wir wohl oder übel auch mit den Karnevalisten leben.

Zinsman
Zinsman (@guest_55518)
Vor 7 Jahre

@Mandy … ja genau darauf will ich hinaus und auch darauf, daß es nahezu unmöglich ist, von einzelnen oder Gruppierungen unerwünschte Tendenzen aufzuhalten. Das einzige was bleibt, ist das Prinzip Hoffnung … mögen sich all die unsäglichen Randerscheinungen doch von selbst aus der WGT-Welt subtrahieren aber da habe ich meine Zweifel, daß dies jemals eintreten wird.
Machen wir uns nichts vor … das Dunkeltum ist, mindestens in Leipzig in der Nähe der Gesellschaftsmitte angekommen. Es gruselt sich dort niemand mehr vor uns(außer vielleicht ein russischer Taxifahrer, der uns immernoch alle für Satanisten hält .. selbst erlebt, in diesem Jahr).

Ich gestehe, mein vorheriger Beitrag sollte provozieren ;-) aber eben auch klar aufzeigen, daß eine Regulierung des WGT-Besucherstroms oder gar eine Auslese nach vorgegebenen Kriterien schlichtweg unmöglich ist, denn dazu würde es definitiv eine Organisationsform erfordern. Diese gibt es aber nicht. Daher wird es der Ruf in die große weite WGT-welt bleiben, weniger oder ‚gruftkonforme‘ Kostümierung zu fordern. Es wird sich niemand hinstellen und solche Auswüchse verbieten. Solange genug Leute die Kamera draufhalten und sich die schräg beklufteten auf diversen WWW-Plattformen wiederfinden, werden sie es immer wieder tun. Sensationsgeilheit, Gier nach Klicks, Followern und Kommentaren treibt diese Auswüchse immer wieder auf den Plan. Das einzige was die Auswuchsvertreter zum Aufgeben bringen würde, wäre meiner Meinung nach das Fehlen jeder Beachtung ihrer outfitmäßigen Entgleisungen aber das können wir abhaken. Irgendeinen Presseheini, Youtuber oder anderen Sammler von Exotenschnappschüssen wird es immer geben.

Was die ‚inneren Werte‘ angeht, also ob ein schwarz gekleideter auch wirklich ein Grufti/Gothic etc. ist, werden wir nur erfahren, wenn sich selbige(r) in einer Kommunikation bewährt … aber wer bitte möchte die Leute vor und während des WGT’s einer solchen Prüfung unterziehen?
… Anschlussfrage: Wie soll Nachwuchs kommen, der alles erst kennenlernen muss, wenn dieser durch die Prüfung gefallen ist?

Victor von Void
Victor von Void(@vivovo)
Vor 7 Jahre

Naja, der Rat den Störenfrieden eins auf das Maul zu hauen, lässt sich schwer umsetzen.

Das war kein Vorschlag sondern sollte nur verdeutlichen, dass andere Szenen wesentlich aggressiver auf Leute reagieren, die sich als Störenfriede betätigen, als es die Schwarze Szene tut.

Wie sähe, hier auch an Zinsi, der ausgetragene Konflikt denn aus?
Ist gar nicht erst reinkommen (in eine Veranstaltung), die Lösung? Woran wird das denn unterschieden wer rein kommt und wer nicht? An der Kleidung? Ein Kriterium, aber nicht jeder steht auf Pikes und Wallawalla-Kleidung. Einige Menschen, die kein schwarz tragen genießen die Musik genauso, wie die „Oldschool-Aufgetackelten“…

Ehrlich gesagt, glaube ich, dass ein Dresscode bei „schwarzen“ Veranstaltungen durchaus positiv wirken kann. Ich habe dabei hauptsächlich Leute im Blick, die definitiv szenefremd sind und Veranstaltungen nur besuchen, um sich vorsätzlich daneben zu benehmen. Und ich halte es durchaus nicht für falsch, Leute abzuweisen, die versuchen, in bunten Shorts, T-Shirts und Sneakers in eine schwarze Veranstaltung zu kommen. Klar, in der Szene gibt es unterschiedliche Stile und Geschmäcker, aber ich denke, dass sich die immer noch gut vom Stil eines HipHop-hörenden Mainstream-Vollhonks unterscheiden lassen, der die Veranstaltung eben nicht wegen der Musik besucht. Und wenn jemand auch nur ansatzweise Affinität zur Szene hat, wird er in deinem Kleiderschrank sicher auch ein schwarzes T-Shirt zu seiner Bluejeans finden.

Zinsman
Zinsman (@guest_55551)
Vor 7 Jahre

Ja, ein Dresscode kann positiv wirken … grenzt aber auch automatisch aus … wie schon vorher angemerkt, muss das äußere nichts über die vorhandene oder nicht vorhandene Affinität zur Szene aussagen. Mir sind Leute in Bluejeans mit Affinität genauso lieb, wie schwarz/gruftig etc. gekleidete. Der Mensch zählt!!!

Für Störenfriede gibt’s eigentlich, wenn ich mal die heimischen Events betrachte, den Veranstalter mit dazugehöriger Security … sofern der Veranstalter den berühmten A**** in der Hose hat, deren Rausschmiß durchzusetzen.

Für’s WGT und für alle anderen Events mit im Vorfeld erwerbbaren Eintrittskarten ist die Dresscodelösung hinfällig. Es wird keiner dem „unpassend“ gekleideten Gast das Eintrittsgeld erstatten und selbigem einen Feldverweis erteilen. Störenfriede auch hier gnadenlos des Events zu verweisen, incl. Bändchenentzug wäre sicher eine Möglichkeit aber an der Umsetzbarkeit für alle Events, insbesondere beim WGT, hege ich ernsthafte Zweifel. Es wäre zwar durchaus schön, wenn das immer ginge … ist aber Wunschdenken.

strangeplant
strangeplant (@guest_55555)
Vor 7 Jahre

Victor von Void… ich habe noch keine von dir beschriebenen Vorfälle auf von mir besuchten Veranstaltungen erlebt. Maximal auf dem Weg von und zu solchen. Auch habe ich schon durchaus schwarz gekleidete Menschen erlebt, die sich unangemessen benehmen.

Ich sehe dresscode auch skeptisch, wie Zinsman ausführt, ist es ausgrenzend und diskriminierend. Auch halte ich es, wie sich aus der Diskussion weiter oben ergibt, nicht für umsetzbar, weil es nicht definierbar ist und letztenendes die Individualität einschränkt und Kostümierung oder Uniformierung schürt.

Ist es nicht einfacher, Leute die in Clubs unangenehm auffallen, einfach rauszuschmeißen und ihnen ggf. Hausverbot zu erteilen? Leute die stören wollen, können sich genauso schwarz kostümieren, um sich Zugang zu verschaffen.

Victor von Void
Victor von Void(@vivovo)
Vor 7 Jahre

@strangeplant
Hier tritt es auch eher bei kleinen Events auf, bei denen der Eintritspreis im unteren einstelligen Bereich liegt. Meist sind es drei, vier … nennen wir es mal ‚junge Männer‘, die komplett aus dem Rahmen fallen, sowohl optisch, als auch vom Benehmen her (‚Breakdance‘ auf der Tanzfläche inclusive Anrempeln anderer Gäste, besonders laute Unterhaltungen, in denen sie nicht direkt über Anwesende, aber über szenetypische Dinge auslassen etc.). Natürlich können auch Leute stören, die tatsächlich der Szene zuzuordnen sind, aber das ist mir ehrlich gesagt zumindest bei den von mir besuchten, meist kleineren Veranstaltungen bisher noch nie aufgefallen. Warum die Leute nicht rausgeworfen werden? Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass eben aufgrund der geringen Größe der Veranstaltung die ‚Security‘ meist aus ein, zwei Leuten am Eingang besteht, die den Eintritt kassieren und die Stempel verteilen.

Ja, ein Dresscode ist ausgenzend und diskriminierend, aber das sind Eintritts- und Getränkepreise auch, die je nach Höhe sozial Schwache ausgrenzen. Rauchverbote in geschlossenen Räumen, das Verbot des Mitbringens eigener Getränke oder Zutrittsverbote für bereits angetrunkene Leute sind ebenso ausgrenzend und diskriminierend, aber das stört die wenigsten (inklusive mir). Ich glaube ein Dresscode ist da nicht anders, vor allem, wenn man sich anschaut, wie das in anderen Szenen und bei deren Events gehandhabt wird. Und natürlich ist mir klar, dass das bei einem Festival keine Lösung ist.

Aber darum geht es in der Diskussion doch gerade: Diese ‚Toleranz‘ gegenüber den diversen Auswüchsen sorgt dafür, dass die Szene eben nicht mehr als Szene oder Familie, sondern nur noch als Haufen verkleideter Clowns wahrgenommen wird. Um mal den Artikel oben zu zitieren:

Klar, kann jeder machen, was er will, dann hat es aber unter Umständen nichts mehr mit „der Szene“ zu tun und gehört da nicht hin. Szene braucht Gemeinsamkeit, sagte ich ja schon, wenn die weg ist, ist nicht mehr viel anderes da

strangeplant
strangeplant (@guest_55566)
Vor 7 Jahre

Aber darum geht es in der Diskussion doch gerade: Diese ‚Toleranz‘ gegenüber den diversen Auswüchsen sorgt dafür, dass die Szene eben nicht mehr als Szene oder Familie, sondern nur noch als Haufen verkleideter Clowns wahrgenommen wird.

Um mal den Artikel oben zu zitieren:
Klar, kann jeder machen, was er will, dann hat es aber unter Umständen nichts mehr mit „der Szene“ zu tun und gehört da nicht hin. Szene braucht Gemeinsamkeit, sagte ich ja schon, wenn die weg ist, ist nicht mehr viel anderes da

Gemeinsamkeit, Gemeinschaftlichkeit… Ihr seid Gäste des Clubs, warum nicht den Veranstalter/Besitzer ansprechen und unterstützen. Wenn mehrere Leute die Störenfriede im Club darauf aufmerksam machen, dass sie mit diesem Verhalten nicht geduldet werden und sie ggf. rausbefördern, würde das vermutlich das Problem eher lösen, als auf das wenige Einlasspersonal noch mehr Aufgaben zu verteilen? In einem kleinen Club, in dem man sich kennt, kann man das doch bestimmt tun.

Leute, die mit der Szene nichts zu tun haben und eine Party crashen sind das eine… eigentlicher Aufhänger diverserer Diskussionen ist jedoch die Tatsache, dass sich vieles unter dem Begriff „Schwarze Szene“ sammelt, was eigentlich damit nichts zu tun hat. Es wurde/wird eben hineininterpretiert ?durch Medien?, subjektive Wahrnehmungen? Ich habe damit ehrlich gesagt nicht wirklich ein Problem. Wem gegenüber soll ich mich erklären müssen? Wo ist die Beeinträchtigung? Macht es einen Unterschied, warum andere Leute über mich lästern? Sie tun es doch immer wegen irgendetwas. Ironie an: Früher hieß es, wir würden Gräber schänden, heute wirft man uns vor, wir tragen Pferdekostüme. Ironie aus

Zum WGT kann ich nur auf meine Erfahrung der letzten 5 Jahren zurückgreifen. Als klein gemütlich und familiär kann man es tatsächlich nicht bezeichnen, das ist glaube ich auch nicht der Anspruch der Veranstalter. Die Tatsache, dass die Stadt das Event angenommen hat und mitträgt, gibt mir die Möglichkeit ein Zimmer zu buchen, ohne dass irgendwelche Vorbehalte das Erschweren, bequem mit den Öffis die Veranstaltungsorte zu erreichen, nicht auch zuletzt, bei meinem Arbeitgeber auf Verständnis für meine Urlaubsplanung zu stoßen. Die ungeheure Menge an Veranstaltungen macht es mir möglich, um bestimmte Personengruppen einen Bogen machen zu können. Ich brauche keine AGRA und kein Heidnisches Dorf. Komme gut ohne Victorianisches Picknick zurecht und muss meine Freunde nicht zwingend in der Innenstadt treffen. Aber gut, dass diese Orte so viele Menschen aufräumen. Am Sonntag sind wir vom Volkspalast zum Kohlrabizirkus geschlendert, um da was zu essen. Wir kamen wie in eine andere Welt. Das muss irgendeine andere Veranstaltung gewesen sein. Nur schnell was essen und wieder weg.

Wir haben gelernt, uns unser WGT familiär und gemütlich zu gestalten. Meiden die Hotspots und Veranstaltungen, die vermutlich sowieso überfüllt sind. Sollte das WGT irgendwann diese Möglichkeit nicht mehr bieten, würde es für mich tatsächlich uninteressant. Aber ich glaube nicht, dass das passiert. Wahrscheinlicher finde ich, dass die Clowns irgendwann die Lust verlieren und wieder verschwinden. M.E. ist Geduld da ein wirksames Mittel.

Es steht nicht in meiner Macht, anderen Menschen vorzuschreiben, wie sie sich zu verhalten haben. Dresscodes ändern nur die Hülle, nicht den Kern. Das steht für mich im Widerspruch zu meiner persönlichen Ansicht und auch zur Szene, die auf Inhalte Wert legt und Oberflächlichkeiten ablehnt.

In einem kleinen Club kann man einzelne Personen, die die Atmosphäre stören, entfernen, auf einer Veranstaltung wie dem WGT geht das nicht. Das ist kein Club, sondern ein Querschnitt der Gesellschaft.

Robert
Robert(@robert-forst)
Admin
Vor 7 Jahre

Ich möchte jetzt nicht auf die einzelnen, sehr guten Kommentare eingehen und vielleicht meine Sicht der Dinge schildern. Dazu möchte ich ein Beispiel anführen, dass am langen Ende dieser Entwicklung stehen könnte. Am lange Ende einer Beliebigkeit, die Musik, Outfits, Verhalten und alle die Dinge einschließt, die dafür sorgen, dass man überhaupt von eine Szene sprechen kann.

Für mich ist die Gothic-Pogo-Party ein Refugium auf dem WGT, ein Rückzugsort, der frei von verkleideten Gestalten erscheint, die mit Szene oder Subkultur nichts am Hut haben. Es ist ein wunderbares Gefühl inmitten von Menschen zu sein, die hier ausleben, was sie sind. Anders. Gegen den Strom. Alternativ. Nachdenklich. Tolerant. Und das auf eine selbstverständliche und natürlich Art, die seinesgleichen sucht. Hier spürt man, dass es einfach egal ist, wie jemand aussieht und was er nach äußen verkörpert. In einem solchen Schutzraum, in eine solchen Atmosphäre fühle ich mich einfach wohl.

Es muss am Sonntag Morgen gewesen sein, als ich gegen 2:00 zu den German-Wave-Kassettentätern tanzte. Aus irgendwelchen Gründen strömten eine ganze Horde „Normalos“ in die Räumlichkeiten, belegten Tanzfläche und Theke. Nicht nur, dass sie durch ihre Kleidung die Atmosphäre beeinträchtigten, auch ihr Verhalten entsprach nicht dem, was man hier sonst vorfand. Tanzflächenquatscher, Bierflaschenschwenker, Rüpel und Rumbrüller, die dann auch noch die Deko demontierten und sich sowieso völlig daneben benahmen. Für sie war das ganze offensichtliche eine Freakshow, die man für ein paar Euro Eintritt bestaunen konnte, weil die eigene Disco, aus der sich gekommen zu sein schienen, zugemacht hatte. Gegen 4:00 war dann die Tanzfläche klitschnass, überall lag heruntergerissene Deko herum und die Subkultur hatte sich merklich zurückgezogen. Der Schutzraum schien zerstört.

Ist das nun das Ergebnis einer immerwährenden Toleranz? Ich denke, wir wenden den Begriff einfach völlig missverständlich an, denn Toleranz hat für mich nicht nur etwas mit der Äußeren Erscheinung zu tun. Natürlich, daran macht man sie fest, weil wir eben nur das Äußere unseres Gegenübers sehen. Für mich spielt da aber ein bisschen mehr mit, nämlich Auftreten und Verhalten.

Brauchen wir also einen Dresscode? Vielleicht nicht wortwörtlich, aber eine „Einlasskontrolle“ ist meiner Ansicht nach unabdingbar. Gerade bei Veranstaltungen, die aufgrund ihres öffentlichen Charakters entsprechend bekannt sind und verbreitet werden. Ist es dir völlig egal und verfährst du nach dem Motto: „Hauptsache Eintritt“ kriegst du schnell die Quittung, versaust die den Ruf und das Publikum.

Abrenzung funktionierte früher durch Intimität. Man hat nur die eingeladen, die man kannte, nur Flyer verteilt, wo man wollte. Das verschaffte ein Familiäres Gefühl. Heute ist das ein wenig anders. Die kleinen intimen Partys im eigenen Keller sind nun Party-Konzepte, Festivals, Treffen und sonstige Veranstaltungen, die um Publikum buhlen müssen, um sich zu finanzieren und überhaupt existieren zu können.

Am zweiten Abend, der Shockwave-Party, hatte man offensichtlich reagiert und am Einlass zum Werk II eben eine solche Einlasskontrolle etabliert. Und tatsächlich, gegen 2:00 zerschellten daran die ganzen Normalos, die in kurzen Shorts auf der Suche nach der nächsten Freakshow waren, in Scharen. Die Folge: Intimität. Ein familiäres Gefühl. Unter sich sein. Wohlfühlen. Eine der besten Abende des Wochenendes.

Das lässt sich natürlich nicht auf dem WGT anwenden. Wer sich hier eine Karte kauft und ein Bändchen umlegt, ist dabei. Doch wir können etwas dafür tun, das familiäre Gefühl zu erhalten. Dazu zählt nicht das stille Hinnehmen von Merkwürdigkeiten, sondern das Anpassen des eigenen Verhaltens. Gemeinsames igonieren von Techno-Zigarettenstand beispielsweise, das links liegen lassen des rechten Verlages in den Messehallen. Oder auch das organisieren von kleinen eigenen Treffen innerhalb des WGTs. Und selbstverständlich auch das aufbegehren in schriftlicher Form – so wie in diesem Artikel.

Mir drängt sich häufig der Eindruck auf, dass wir mit Toleranz häufig überhaupt nicht umgehen können. Entweder wird das mit Beliebigkeit verwechselt oder mit Ignoranz, weil es mit ja völlig egal zu sein hat, wer sich wie kleidet, verhält oder benimmt. In einer Szene funktioniert das aber nicht. Und wenn wir weiterhin eine Szene darstellen wollen, müssen wir uns abgrenzen. Intolerant sein. NEIN sagen. Etwas scheiße finden. Wem das alles zu blöd ist, der sollte vielleicht überlegen, ob er sich innerhalb einer Szene überhaupt zu Hause fühlt, oder ob er nicht lieber als Individuum durchs Leben schreiten will. Dann jedoch hat man jeglich Grundlage von Kritik an der Szene und seinen Menschen verloren.

Ich entschuldige mich für eventuelle Abschweifungen und Verschwurbelte Gedanken ;)

strangeplant
strangeplant (@guest_55571)
Vor 7 Jahre

Vermutlich meinen wir das Gleiche, aber ich habe Schwierigkeiten mit der Titulierung :D

Toleranz ist die Fähigkeit, bestimmte Abweichungen hinzunehmen. Ich finde das unheimlich Wichtig im Blick auf Weiterentwicklung der Szene und die Individualität von deren Anhängern. Intoleranz bedeutet Stillstand. Das möchte ich nicht. Tolerant zu sein, setzt aber auch voraus, dass es Dinge gibt, die nicht mehr in diesen Bereich fallen, die Grenzen überschreiten. Es geht also darum Grenzen zu definieren und für diese Respekt einzufordern, nach außen zu kommunizieren zu vertreten und deren Einhaltung durchzusetzen. Selbstbewusst, gemeinschaftlich und entschlossen.

Lassen sich solche einheitlichen Grenzen finden? ME wird das immer irgendwie regional und für einzelne Veranstaltungen unterschiedlich sein. Je nach Größe, dem Publikum und den Möglichkeiten/dem Willen Grenzen zu setzen und für deren Einhaltung zu sorgen.

Nadja
Nadja (@guest_55573)
Vor 7 Jahre

Irgendwie hab ich nach dem Lesen des Textes den Eindruck, dass ich ein ganz anderes WGT erlebt als die anderen.
Ich finde nämlich kaum Gründe, mich über das diesjährige WGT zu beschweren, es war schon alles perfekt: großartige Bands gesehen, Zeit mit Freunden verbracht, ein eigenes Picknick auf die Beine gestellt usw.
Das einzige was mich wirklich genervt hat, war das Gemecker im Vorfeld, dass das Stadtfest zeitgleich mit dem WGT stattfindet.
Guess what, liebe Besucher; euch gehört eben nicht die ganze Stadt, auch wenn ihr das gerne so empfindet. Es leben auch noch andere Menschen in Leipzig.

Im Vorfeld waren meine Freunde und ich uns nicht mal sicher, ob wir dieses Jahr zum WGT fahren- das lag aber eher mehr daran, dass das Line-Up anfangs noch sehr mau aussah.
Jaa, ich hör die ersten schon rufen „Aber das ist doch ein Treffen, kein Festival“.
Gut, dass mir solche Meinungen egal sind ;) und nach 10 Jahren ändern sich die Prioritäten sehr, zumindest bei mir.
Als ich 2002 davon zum ersten Mal erfahren habe, waren mir die Künstler, das Drumherum völlig egal- ich war ein einsamer, trauriger Grufti ohne Seinesgleichen irgendwo im tiefsten Rheinland, der einfach nur unter Gleichgesinnten sein wollte. Und das war jahrelang der Hauptgrund, warum ich zum WGT gefahren bin.
Tja und heute, freue ich mich viel mehr auf das Line-Up, das Rahmenprogramm und die Möglichkeit teils mit Freunden, teils allein neue Bands zu entdecken.
Das gibt mir viel mehr als an der agra rum zuhocken, kritisch andere Besucher zu beäugen nur weil sie nicht das Outfit trage, was ICH schön finde und zu jammern, das früher ja alles so viel besser war.

Und natürlich kann ich meinen Fokus beim WGT auf das richten, was mich ärgert, was ich nicht nachvollziehen kann, was bei mir auf Unverständnis stößt.
Aber ganz ehrlich- damit versaut man es sich im Prinzip selbst.

Ob die „Einmischung“ der Leipziger in dem Maße sein muss, ist an mancher Stellen eine berechtigte Frage. Ich brauch beim WGT keine Kekse in Sargform, keine schwarze Pasta, kein schwarzes Eis oder dergleichen. Oder Hausfrauen in Faschingskleidern.
Ich hab oft gelesen, dass sich viele wünschen, dass die Leute wie früher die Straßenseite wechseln, wenn sie einen Grufti sehen.
Aber wollen wir wirklich so während des WGTs behandelt werden? Ich für meinen Teil finde es klasse mit den Leipzigen ins Gespräch zu kommen und nicht angefeindet, bespuckt oder gar für mein Aussehen verprügelt zu werden.

Das WGT ist für mich immer noch heimkommen. Nicht nur weil ich Leipzig mag und dort viele Freunde habe- es ist zum Glück so groß und vielfältig (auch wenn das viele stört), das selbst jemand wie ich, der nirgends so richtig dazugehört, das Gefühl hat „Japp, hier bin ich richtig“.

T.S.
T.S. (@guest_55577)
Vor 7 Jahre

An mich wurde in Beitrag #6 von Flederflausch eine Frage gestellt, auch wenn jetzt schon wieder ein paar Tage ins Land gezogen sind, möchte ich die Antwort nicht schuldig bleiben.
Was zu tun sei, wurde ich gefragt, im Bezug darauf, wie man mit der – welcher Art auch immer motivierten – Vereinnahmung, Verwässerung, bzw. Okkupierung der „Szene“ durch „Part-Time-Freaks“, Event-Selbstdarsteller und/oder den (mittlerweile wohl geflügelter Begriff) „Karnevalisten“ umgeht, bzw. „fertig“ wird.
Im Prinzip dürfte meine Antwort ähnlich ausfallen, so wie bereits von Robert in Beitrag #14 in seinem vorletzten Absatz beschrieben und geschildert.
Jedoch mit der intensiveren Vorgehensweise, „vor der eigenen Tür zu kehren“ anzufangen, quasi jeder (der noch irgendwie am halbwegs „authentischen“ „Szene“-Geschehen interessiert ist) sollte sich selbst fragen, inwieweit er/sie schon einem sensationsheischenden überbordenden Bohei verfallen ist, bzw. von welchen zeitgeistigen Marotten (die nichts mit Aktualisierung und „Modernisierung“ der Szene zu tun haben) schon infiziert wurde.
Wie ich bereits mehrfach (auch in anderen Beiträgen) zu verstehen gegeben habe, sind manche „Auswüchse“, die jetzt und auch hier im Blog heftig kritisiert werden, erst dadurch entstanden, daß sie direkt ihren (auch vielleicht unfreiwilligen) Ursprung in der „Szene“ selbst haben, sei’s durch die „Öffnung“ und Tolerierung von Einflüssen jeglicher Art, Hauptsache sie waren irgendwie „schwarz“, „romantisch“ oder sonst irgendwie überkandidelt zu verorten, oder durch eine schleichende, irgendwie Autokommerzialisierung, bzw. deren kritikloser Akzeptanz.
Da genügt vielleicht schon ein vernehmbares „Nein“ zum rechten Ort zur rechten Zeit, ob kollektiv oder ganz individuell. Es wird immer wieder als positiv gewertet, wenn Zivilcourage gezeigt wird, warum also keine irgendwie kulturelle „Zivilcourage“ (vor Ort) zeigen und leben, anstatt passiv und feige zuzuglotzen und erst danach zu jammern? Erst wenn man hinterher bei fb und Konsorten den „Stänkerer“ macht, hat man schon verloren…

Allerdings, was mir schon wieder aufgefallen ist, daß sogar seitens der Autoren/Artikelverfassern dieses Blogs sich extrem unterschiedliche Sichtweisen der Öffentlichkeit präsentieren: während Flederflausch sich mir gegenüber im genannten Beitrag insofern äussert, DIE „Szene“ sozusagen in Abrede zu stellen, so ist Roberts Beitrag #14 ein fast schon „leidenschaftlich“ zu nennendes Plädoyer pro „Szene“, umso deutlicher zu verorten im Abschlußsatz des letzten Absatzes (den ich persönlich allerdings nicht so ohne weiteres unterschreiben möchte – ich meine hiermit allerdings nur jenen Satz, wohlgemerkt!).

Aber leider ist im Laufe der Diskussion wieder mal ein klein-klein der üblichen Beschwerden über „Normalos“ in bunten Hemden und Shorts (ach wie shocking…), „Störenfriede“, etc. eingekehrt. Herrjeh, um die ging’s doch ursprünglich bei diesem Thema gar nicht!
Sogar das Allgemeinplatz-Klischee des Proll-HipHoppers wurde wieder mal btw. bemüht, und den alten abschmackten Dresscode-Hut aus der Mottenkiste hervorgeholt.
Klar, natürlich ärgerlich, wenn man mit, ähem, „unsensiblen“ Zeitgenossen konfrontiert wird – die ganz genau wissen, daß sie von „Grufits“ (zumindest üblicherweise – gab aber auch schon Ausnahmen, hehe…) nichts zu befürchten haben, aber anschliessend wieder in pauschale Aus-, anstatt Abgrenzung als Reaktion zu verfallen, ist kontraproduktiv.
Diese VA mit „Dresscode“ und pseudo-elitärem Gehabe geben Kritikern recht und derlei hält z.T. auch wirkliche Protagonisten, bzw. Interessierte ab, diese überhaupt zu frequentieren. Ich persönlich bin auch immer lieber mit Chucks und einer stinknormalen 501 z.B. zu einem Death In June-Konzert gegangen, als im Braunhemd mit Koppel und deutschem Scheitel zu posen…
Und VA wie „Ringelreigen-Tänzchen auf Burg Trallala“, am Besten im DeBeukelaer-Prinzen-Kostüm als Dresscode-Voraussetzung, waren, sind und werden (für mich zumindest) immer lächerlich bleiben. Punkt. (oder wie käme ich mir vor, wenn ich als Rüschenhopser z.B. zu SPK tanzen soll… – btw., legt SPK überhaupt noch jemand auf?)

Und was, wenn eine der derzeit beliebten (auch bei mir), beinahe fast schon wie Pilze aus dem Boden schiessende „ColdwavePostpunkMinimalElectronics“-VA von Leuten auf die Beine gestellt wird, die eigentlich „Normalos“ in Jeans, Turnschuhen und bunten Hemden/Shirts sind? Jaja, Äusserlichkeiten, Äusserlichkeiten. Davon (von diesem Thema) kann die „Szene“ offensichtlich ja nie genug bekommen, während der (beiläufige – so kommt’s mir zumindest manchmal vor…) Soundtrack zu ihr offenbar wie alleine vom Himmel fällt – oder in einem schwarzen Loch geboren wird und daraus irgendwie herauskullert…

Wie auch immer, die „Szene“ selbst hat auch eine mittlerweile (fast) unüberschaubare Zahl an, ähem, „unangenehmen“ Zeitgenossen hervorgebracht, wenn ich da an manche „Bauernkinder“ in ihren Gruft-Discounter-Outfits denke, mit ihren Heckscheibenfüllenden Bandaufklebern von hauruckigen Mainstream-Prollrockkapellen in Möchtegernschwarz – tja, da ist mir mein Hawaiihemdtragender Kumpel mit seiner Throbbing Gristle-Obsession irgendwie lieber…
(Tja, ich bitte um Nachsicht für diesen letzten Absatz, der Bitteschön rein subjektiv gewertet werden soll – aber das musste auch mal raus – und die Gelegenheit dafür hat sich ja gegeben, und war günstig, wenn nicht gar billig… ;-) )

Zinsman
Zinsman (@guest_55594)
Vor 7 Jahre

@Federflausch: Dresscode wurde zwischendurch vorgeschlagen, bzw. als Option genannt. Deine Worte hatte ich nicht so verstanden.

Desweiteren glaube ich kaum dass die Entgleisten und noch Entgleisenden jemals wirklich Zugang zur „Szene“ gefunden haben oder finden werden. Sie zeigen sich wohl anscheindend mit großer Vorliebe zum WGT, weil kein abgesperrtes Festivalgelände eine Barriere darstellt. Dies trifft wohl für die Erscheinungen in der Innenstadt zu. Diejenigen, die es dann doch über das gekaufte Ticket auf die Agra-Flaniermeile schaffen wollen, sind meiner Meinung nach mit Sicherheit einfach nur scharf drauf fotografiert oder gefilmt zu werden und mit der Entgleisungserscheinung irgendwo medial aufzutauchen. Meine Schlussfolgerung daraus ist einfach nur die, dass das gesteigerte mediale Interesse und die Vereinfachung der Verbreitung von Fotos und Videos auf den diversen Plattformen im WWW und zweifelsohne auch das offensichtlich vorhandene allgmeine Interesse (Es sind die Klicks die gezählt werden) die Ursache für das Nichtaussterben des optischen Humbugs sind. Was den Gesinnungshumbug angeht … man kann einfach nicht in die Köpfe hineinschauen. Wenn allerdings jemand mit original SA-Uniformen o.ä. unangesprochen rumrennen darf, ist die Grenze des tolerierbaren zweifelsfrei überschritten. Sowas darf schlichtweg nicht als Teil der „Szenetoleranz“ gesehen werden. Es wurde mir allerdings nur davon berichtet, das sowas im HeiDo rumtappte. Ins HeiDo geh ich allerdings seit einigen Jahren nicht mehr.

Das mit der „Prüfung“ is auch keine wirkliche Option. Wie du schon schreibst. Informieren kann sich jeder und auswendig lernen auch. Selbst Wissen um die Szene sagt also in der Endkonsequenz auch noch nichts aus.

Jens Kreimendahl
Jens Kreimendahl (@guest_58074)
Vor 5 Jahre

Ich bin restlos begeistert von dem Artikel. Alles gesagt.

Ranziger Batcaver
Ranziger Batcaver (@guest_59632)
Vor 3 Jahre

Zustimmung auf ganzer Linie.

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