Rückblick: Die Besucher 2017 – Wohlfühlen im Szene-Baukasten

Pünktlich zum druckfrischen Pfingstgeflüster über das Wave-Gotik-Treffen 2019, erlauben wir uns, wieder unseren (gekürzten) Artikel aus einem vergangenen Geflüster zu präsentieren. Die Besucher sind nicht nur ein zentraler Bestandteil des WGTs sondern auch des Magazins und unser Artikel soll wiedergeben, was die Besucher beschäftigt, was sie interessiert und motiviert. Den vollständigen Artikel, mit vielen weiteren wunderschönen Bildern, findet ihr im Pfingstgeflüster 2017, das ihr auch bei Marcus Rietzsch im Shop finden könnt.

Majestätisch zieht der schwarze Rabe seine Kreise über den Dächern der Leipziger Südvorstadt, bevor er seine Flugbahn nach Süden ändert. In einem Bogen überfliegt er das Völkerschlachtdenkmal und den Südfriedhof, um dann von Connewitz, der Tram-Linie 11 folgend, in Richtung AGRA weiterzugleiten. Das grüne Schild des ehemaligen Messeparks, auf dem er letztendlich landet, ist der einzige Farbklecks an diesem sonnigen Nachmittag, denn unter ihm schiebt sich ein Strom dunkel gekleideter Gestalten auf das Veranstaltungsgelände. Ihre Gesichter sind weiß geschminkt, wirken nachdenklich, manchmal traurig oder melancholisch und ihre Blicke sind zum Boden gesenkt.

Unnahbar und erhaben wirken sie oft auf den Bildern, ja oftmals sogar arrogant und nicht von dieser Welt. Als würden sie all das menschliche Einerlei nicht in geringster Weise tangieren. Und dennoch verbergen sich unter den vielfältigen Ausdrucksformen und entgegen jedem fiktiven Mythos Menschen aus Fleisch und Blut.

Doch was genau machen Sie? Was interessiert Sie? Was verbinden sie mit der Szene? Was ist ihnen wichtig?

In unseren Besucher-Porträts im Pfingstgeflüster versuchen wir Jahr um Jahr einen Blick unter die facettenreiche Oberfläche zu erhaschen und zu zeigen, wie die Sichtweisen und Meinungen der Besucher, die so schwierig zu verstehende Realität wieder in eine gelebte Utopie verwandeln können. Einen kleinen Ausschnitt des vorletzten Jahres, in denen wir uns auf einzelne Aspekte konzentrieren, findet ihr hier – den vollständigen Artikel natürlich im Pfingstgeflüster 2017.

Jacky

Pfingstgefluester 2017 - Jacky - Marcus RietzschDie Szene vereint Musik und Ästhetik, Lebensgefühle und Lebenshaltungen. Wie die Faszination für das Dunkle und Mystische, die ein oft genannter „Einstieg“ in die Welt der „Gruftis“ ist, und obwohl Jacky sich schon immer für düstere Dinge begeistern konnte und im Kindergartenalter ihren Tag mit „Geschichte aus der Gruft“ startete, war der eigentlich Auslöser ein anderer:

Von der Szene erfuhr ich, so doof das auch klingen mag, durch ein Kinderspiel auf der Wii […] Dort war es immer dunkel und nebelig, überall liefen kleine Spinnen herum, aber es waren die Bewohner, die ich am tollsten fand. Ein Zombie, ein verrückter Vampir und ein Junge: […] Goth Boy‘.“

 Seit ihrem 12. Lebensjahr trägt sie ausschließlich schwarz, wenngleich dies, gerade in jenem Alter, nicht immer komplikationsfrei war. Musikalisch sowie optisch hat die 19jährige eine Vorliebe für die 80er Jahre:

Toupierte Haare, spitze Schuhe, viel Schmuck und lange Gewänder.“ Ein Stil, der sich beim WGT, ohne abschätzige Blicke bestens ausleben lässt. Und ebenso kann sich in Leipzig der Liebe zur Musik, die oftmals den Stein ins Rollen bringt, in vielfältigen Formen hingegeben werden.

Carsten

Pfingstgefluester 2017 - Carsten - Marcus Rietzsch

So sucht Carsten nach besonderen Veröffentlichungen, erfreut sich an dem einen oder anderen Auftritt und genießt es Freunde und Bekannte von weither zu treffen und das Ambiente aufzusaugen. Carsten hat es – wie Jacky – besonders der alte Stil angetan. Er bedauert, dass dieser heute so wenig Zugang in die Clubs findet und vieles schlicht vergessen worden ist. Nicht nur die Klänge des „Damals“ schätzt er, sondern ebenso die ästhetische Ausdrucksweise der Anfangszeit der „schwarzen Szene“, die in jenen Tagen noch keiner so nannte. Ganz in der Manier dieser Epoche bastelt und wertet er Kleidungsstücke gerne selbst auf. So drückt er sich aus und hat sich, wie er sagt, selbst gefunden. Daher ist ihm seine „Szenezugehörigkeit“ wichtig:

 Ich schätze an der schwarzen Szene sehr, dass ich der sein darf, der ich bin […].  Mich fasziniert die Atmosphäre und ich finde es schön, bei Konversationen zu sehen, wie andere Menschen die Szene sehen und welche Wirkung sie auf diese hat.“

 Mit „der Subkultur“ verbinden sich für ihn eine Abwendung vom Kommerziellen und Konservativen, ein Anderssein und eine Abgrenzung von der Gesellschaft. Vielleicht führt gerade diese Definitionsvielfalt dazu, dass aus Carstens Sicht einige Bereiche keinen Bezug mehr zur Szene haben. Ich finde es nicht gut, weil vieles dazukam, was nicht in die schwarze Szene passt. Die richtige schwarze Szene und das, was mal war, geht unter.“

Jana

Pfingstgefluester 2017 - Marcus Rietzsch

Trotz ihres vielfältigen Geschmacks bedauert auch Jana, dass bei einigen Entwicklungen Ursprung und Hintergrund nicht mehr zu erkennen sind. Doch ungeachtet dieser kritischen Betrachtungsweise und wegen des Variantenreichtums der Musik, die je nach Subgruppe eigene Ausprägungen hat, verbindet sie die Teile zu einem Ganzen. Gleichermaßen wie bei Carsten spielt die Musik bei der Wahlkölnerin eine ausschlaggebende Rolle:

„Ich denke, es fing mit ‚The Cure‘ an und ich war ungefähr 14 Jahre alt. Meine Brieffreundin hatte mir damals eine Kassette überspielt, auf der ‚Concert: The Cure live‘ war. Danach war mein Zimmer gepflastert mit Bravo-Postern von Robert Smith und Band. Ja, ich war verliebt.“

 The Cure und der Rauch von Räucherstäbchen waberte durch Janas Jugendzimmer, während sie sich „höchst pubertär und voller Weltschmerz“ der Melancholie hingab, welche für sie durchaus etwas Beruhigendes und Angenehmes hatte. Schon als Kind entdeckte sie ihre Faszination für die Ästhetik von Totenschädel und Leichenwagen. Dennoch: Tod, Vergänglichkeit und ähnliche Themen sind für sie nicht die Definitionsgrundlage der Szene, gleichwohl es sie immer erfreut, auf Menschen zu treffen, welche ihre Begeisterung und ihre Leidenschaften teilen.

Dabei schätzt sie die breite und grenzenlose musikalische wie ästhetische Vielfalt, die Offenheit und die vorherrschende Zuvorkommenheit. So bedeutet „die Szene“ ein stückweit Abgrenzung und Rückzugsort von einer Welt, welche geprägt ist von Elend, Leid und Ungerechtigkeit.

Leonore

Pfingstgefluester 2017 - Michael Kueper

Die Farbe Schwarz ist für „die Szene“ ein wesentlicher Punkt. Sie wird mit Mystik, Dunkelheit, Vergänglichkeit und zudem mit schützender Geborgenheit in Verbindung gebracht oder schlicht als edel und stilvoll empfunden. Und manchmal ist genau diese Anziehungskraft das Einfallstor in die Szene, wie für Leonore.

Schwarz, so sagt sie, ist nicht nur ein optischer Fixpunkt, sondern ein „umweltbeeinflussender Pol“, der für sie immer noch eine Faszination ausstrahlt, derer sie sich nicht entziehen kann. Dem ästhetischen Zugang folgte bald der musikalische. Tastend und suchend ergänzte sie die optische Vorliebe und Komponente um die musikalische und fügte diese zu einem Gesamtensemble zusammen. Das Lebensgefühl, welches für Leonore mit der Farbe Schwarz verbunden ist, spannte sich weiter zu Fragen des Bewusstseins, des Alterns und der Reife.  Die verschiedenen Strömungen innerhalb der Szene findet sie gerade in Bezug zu optischen Ausdrucksformen als spannend und als Anregung zum Experimentieren mit dem eigenen Äußeren: Aus dem Nebel der schwarzen Clubs nehme ich meine Ästhetik mit nach Hause.“

Die Idealisierung des Todes und die sich daraus ergebende Ästhetik sind für sie das Fundament ihrer „Szenezugehörigkeit“ und bewegen sie zu der von ihr gewählten Art des Lebens. Trotzdem, sagt sie, „lebe ich der Welt zugewandt und bin visuell interessiert an allen Design- und Denkformen meiner Mitmenschen.“

Benjamin

Pfingstgefluester 2017 - Michael Kueper

Dieses Jahr bin ich zum 14. Mal in Folge dabei. Jedes Jahr ist irgendwie gleich, aber auch vollkommen anders. Es ist sozusagen meine feste Größe im Jahr, der einzige Termin, an dem nicht zu rütteln ist.“

Zentral sind dabei der Treffen-Charakter und der Austausch mit alten und neuen Bekannten, sowie die Möglichkeit, Neues zu entdecken und sich inspirieren zu lassen, vor allem musikalisch. Schließlich vereint die schwarze Szene die unterschiedlichsten Geschmäcker und Interessen, welche sich vor dem Hintergrund der gemeinsamen Wurzeln in den verschiedenen Stilrichtungen widerspiegeln. Seine Zugehörigkeit „zur Szene“ ist für ihn mittlerweile ganz normal und fester Bestandteil seiner selbst, die keiner ständigen Hinterfragung bedarf oder wie ein Kleidungsstück ablegen lässt. Für Benjamin ist „die Szene“ „ein Spiegel der Gesellschaft, aber mit mehr Rücksicht und auf-einander-achtgeben als es leider im Großteil der Gesamtgesellschaft der Fall ist.“

Er schätzt zudem das Fehlen von starren Strukturen und vorgeschriebenen Stilen und betrachtet „die Subkultur“ als Abgrenzung gegen die in der Gesellschaft herrschende Rücksichtslosigkeit und Respektlosigkeit, aber auch ein Anreiz sich mit gesellschaftlich tabuisierten Themen auseinanderzusetzen. Diese spiegeln sich in einer großen musikalischen Bandbreite wider, welche schon immer Teil seines Lebens war.

Gwydion

Pfingstgefluester 2017 - Marcus Rietzsch

Ein Teil „der Szene“ zu sein, hat für Gwydion wenig Bedeutung. Doch die sich bietenden Möglichkeit, sind ein zentrales Element. Die Nicht-Greifbarkeit, die Heterogenität und Vielfältigkeit machen diese Subkultur gerade interessant. Trotzdem empfindet er im Vergleich zu vergangenen Zeiten vieles anders: Die Gemeinsamkeiten in den Interessen an Kunst und Ästhetik, an Philosophie und Spiritualität erscheint ihm in „der Szene“ immer mehr in den Hintergrund gerückt zu sein. Einst, meint er, zeigte sich das äußere Erscheinungsbild als umfassender Teil eines Ganzen, als eine Facette dessen, was die Farbe Schwarz zu tragen bedeutete. Heute würde das nicht mehr reichen. Die Kleidung als Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, der eigenen Kreativität und Ästhetik wandelt sich in Kostüme aus dem Karnevalsverleih. Hauptsache, die Fotorate stimmt. Seine eigene Ästhetik ist für ihn immer Teil seiner selbst und Grundlage seines Wohlbefindens.

„Ob elegant, ausgefallen, linear, punkig, funktional oder opulent geht, ist sehr davon abhängig, wie ich mich gerade fühle, wonach mir der Sinn steht, und wie sehr ich in dem Moment gewillt bin, Einschränkungen durch meine Kleidung in Kauf zu nehmen.“

Nicole

Subkulturen werden in der Regel mit Abgrenzung und Auflehnung in Verbindung gebracht; Aspekte, die Nicole als Jugendliche wichtig waren, mittlerweile aber kaum mehr eine Rolle spielen und von Musik und Ästhetik verdrängt wurden. Beschränkungen lässt sich Nicole nicht auflegen. Zu vielfältig sind ihre Interessen. So ist Toleranz ein wichtiger Faktor. Sie schätzt die Aufgliederung in verschiedene Teilbereiche und sieht die „schwarze Szene“ schon lange nicht mehr als rein schwarz. Ihre persönlichen Wurzeln liegen im neoromantischen Bereich. Während sie im Alltag eher schlicht und schwarz unterwegs ist, lebt sie beim Ausgehen ihre mannigfaltigen Facetten aus.

Da ich geschmackstechnisch sehr breit gefächert bin, ist hier vom Viktorianischen über Elektro/Lackoutfits bis hin zu mittelalterlicher Kleidung alles möglich. Auch Fantasy ist mal drin. Denn das bin alles ich.“

Michelle

Pfingstgefluester 2017 - Michelle - Michael Kueper

Die Erkenntnis „irgendwie anders“ und ein Außenseiter zu sein, kann zum Nachdenken und zu einer Suche anregen. So wurde Michelle als junges Mädchen bewusst, dass sie andere Interessen hatte als ihre Altersgenossen. Ihre Kleidung wurde dunkler und durch andere Schwarzkittel in ihrem Umfeld fühlte sie sich mit ihrer Denkweise und ihrem Sinn für Ästhetik nicht mehr alleine.

 „Ich denke nicht, dass mir der Szenebegriff an sich je sonderlich wichtig war. Ich sehe mich als Teil der schwarzen Szene, aber das war’s auch. Ich mag die Menschen, zumindest einen Teil davon, und ich mag die Musik und die Ästhetik… na ja, zumindest Teile davon. Ich mag die Diversität innerhalb der Szene.“

 Dabei muss nicht alles ihrem persönlichen Geschmack entsprechen. Die viel zitierte Toleranz hat für sie daher einen hohen Stellenwert. Ästhetisch bevorzugt sie vor allem Deathrock, Trad Goth, Romantic und Victorian beeinflusste Kleidung.

Jeffrey und Krähe

Jeffrey und Krähe sind schon lange dabei. Krähe erinnert sich, dass ihr die Gruftis zum ersten Mal in einer Jugenddisko aufgefallen sind. So wollte sie auch sein. Und Jeffrey beobachtete diese ungewöhnlichen Erscheinungen, welche auf dem Weg zur Diskothek waren, vom Wohnzimmerfenster seiner Eltern.

Trotz ihrer lang anhaltenden Leidenschaft für subkulturelle Themen ist die Zugehörigkeit zur „Szene“ für beide heute kein zentrales Thema mehr. Zwar hat „die Szene“ heute ihrer Meinung nach wenig mit der von „damals“ zu tun, aber Krähe schätzt die Vielfalt und die damit verbundenen Möglichkeiten. Ähnlich wie Jeffrey, der sich über neue Richtungen freut. Trotzdem bleiben ihnen einige der jüngeren Entwicklungen ein ungelöstes Rätsel. Generell bevorzugen die beiden einen Stil, der eher von der alten Schule und den 1980er- und 1990er Jahren inspiriert ist.

Mone von Rabenhorst

Pfingstgefluester 2017 - Marcus Rietzsch

Die Musik ist für viele ein wichtiger und konstanter Begleiter, auch wenn die Szene zeitweise in den Hintergrund tritt.

So wie bei Mone. Nachdem sie ihren Mann, genannte Rabe, kennengelernt hatte und mit diesem einen Hof bezog, traten dieser, die Tiere, ehrenamtliche Tätigkeiten und Vereinsmitgliedschaften in den Vordergrund. Lange besuchte sie kaum schwarze Veranstaltungen, dennoch blieb die Musik immer Bestandteil ihres Lebens. Dann 2012, als es Mone nach einer Veränderung dürstete und sie etwas schmerzlich vermisste, wandte sie sich wieder „der schwarzen Szene“ zu und knüpfte neue Kontakte. Doch wie damals ist es nicht mehr. Damals, das war in den 1980er Jahren. Zu einer frühen Leidenschaft für Gruseliges, Magisches und Geheimnisvolles gesellte sich im Jugendalter die Musik. Die Kleidung veränderte sich mit der Musik und Mone wurde zum sprichwörtlichen „schwarzen Schaf“.

 Man traf sich zu privaten Wohnzimmerpartys und Veranstaltungen, auf Friedhöfen und diskutierte über Goth und den Weltschmerz und man hatte das Gefühl, Teil von etwas ganz Besonderem, Neuen zu sein bzw. daran mitzuwirken.“

 Die aktuelle Szene hingegen erscheint Mone wie ein Kommerz-Karneval mit jährlichem Mitgliedstreffen zum WGT. Kein Protest, keine Abgrenzung, nur schwarze Verkleidung, oft ohne Stil. Bedingt durch die Veränderungen in ihrem Leben ist es Mone nicht mehr wichtig, Teil dieser Gruppe zu sein. Sie umgibt sich lieber mit wenigen guten Freunden und Bekannten, mit denen sie Gespräche führen und etwas unternehmen kann.

Babsi

Pfingstgefluester 2017 - Babsi (1) - Marcus Rietzsch

Aufgewachsen ist Babsi völlig durchschnittlich im tiefsten Niederbayern – ein kleiner Wildfang, dem erst in der Pubertät Unterschiede in Einstellungen und Denken zu den derer Menschen bewusst wurde: Sie begab sich auf die Suche nach „dem Anderen“ das zu ihr passte. Ohne Internet erwies sich das allerdings als schwierig und so war MTV Babsis erste Anlaufstelle, wo sie diverse Metal- und Rockbands entdeckte. Düsternis und Stil faszinierten sie. Babsi wollte anders sein, sie selbst sein. Wenngleich damit Einsamkeit verbunden war. Gleichgesinnte lernte Babsi zunehmend kennen, nachdem sie mit Daniel erste Partys veranstaltete. Heute hat sich ihre Wahrnehmung der Szene geändert. Früher, so sagt sie, war der Zusammenhalt besser, man kannte sich wirklich und war nicht durch das Internet und dessen Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit beeinflusst. Trotzdem schätzt sie die Vielschichtigkeit und Nuancen der Szene.  Ihre persönliche Ausdrucksweise vereint verschiedene Stile: toupierte Haare und Hüte, Elemente aus dem Zeitraum Ende der 70er bis Anfang der 90er von romantisch schwarz über verrückt gemustert bis hin zum kleinen Schwarzen.

Wohlfühlen im Szene-Baukasten

Die wenigsten entschließen sich von heute auf morgen dazu, sich in „die schwarze Szene“ einzugliedern und ein Teil dieser zu werden. Oft ist es ein schleichender Prozess, der dazu führt, dass Menschen früher oder später erkennen, dass „die Szene“ der Ort ist, an den sie sich am wohlsten fühlen. Und wennschon es Höhen und Tiefen der eigenen Leidenschaft gibt, so führt der Weg für viele immer wieder zurück in die „schwarze Welt“ und nach Leipzig.

Die Vielfältigkeit der Szene ist nicht unbedingt ein Fluch, was nicht bedeutet, dass sie immer ein Segen ist. Jedoch gibt sie den vielen unterschiedlichen Menschen, die sich auf die eine oder andere Weise zur ihr hingezogen fühlen, die Möglichkeit, alle Facetten ihrer Selbstverwirklichung auszuleben. Für manche gehört sogar ein gewisses Verhalten dazu, dass von außen betrachtet als arrogant, entrückt und weltfremd empfunden wird und in vielen Fällen genau diese Wirkung haben soll. Abgrenzung ist 2017 auch innerhalb der Szene notwendig geworden, um nicht von falsch verstandener Toleranz im Strudel der Beliebigkeit zu versinken. Karneval ist eben nur ein Verkleiden und das Schlüpfen in eine bewunderte, aber fremde Rolle.

In seiner Welt baut man sich seine Szene selbst. Es ist trotz einer Liebe zur Vergangenheit möglich, aufgeschlossen und neugierig zu bleiben. Das zeigen die WGT-Besucher und die hier vorgestellten Menschen ganz deutlich.

Vielleicht ist unser Blick hinter die geschminkten und so arrogant wirkenden Gesichter ein Ansporn, die glänzend bunte Oberfläche zu durchdringen, die Abgrenzung zu überwinden und selbst ein Teil dessen zu werden, was man einmal bewunderte. Dann ist es auch nicht mehr so schlimm, wenn störende Einflüsse die Augen reizen oder die Ohren belasten. Denn wer erst einmal auf dunklen Pfaden wandert, vergisst die Realität um sich herum ganz von allein und die AGRA-Meile verwandelt sich von einem Laufsteg der Eitelkeiten zu eben dieser schwarzen Masse, in der man untergehen möchte, sich wohlfühlt und in der man ein Stückweit Heimat empfindet.

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Ein Grufti auf Entdeckungsreise. Sie entdeckt Festivals, Filme und sich selbst und ist stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Bildlich, liebevoll und in einer Zwischenwelt aus Melancholie und Heiterkeit beschreibt sie ihre Eindrücke.

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