Besuch auf Deutschlands schönstem Friedhof Lauheide

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Animiert durch den Bericht von „Gruftfrosch“, der seine Eindrücke vom Eliasfriedhof in Dresden schildert, verspürte auch „Irmin“ die unstillbare Lust über seinen Besuch auf Deutschlands schönstem Friedhof zu schreiben. Ich habe mich wieder einmal sehr darüber gefreut, dass sich Leser hinsetzen um ihren Eindrücke und Gedanken aufzuschreiben um sie hier zu veröffentlichen. Eine wunderschöne Entschleunigung zur Schnelllebigkeit geschriebener Nachrichten in den sozialen Netzwerken. Lange Rede, kurzer Sinn – Hier der Artikel von „Irmin“ über seinen Besuch auf dem Waldfriedhof Lauheide:

Was es nicht alles für Auszeichnungen gibt: Der Waldfriedhof Lauheide wurde zum „Schönsten Friedhof Deutschlands 2014“ gewählt. Und das nicht von irgendwem, nein, sondern vom „Online-Portal bestattungen.de“. Von wem nicht so alles Auszeichnungen vergeben werden. Ich muss zugeben, dass ich vom Friedhof zwar schon gehört, ihm aber nie eine besondere Beachtung geschenkt hatte. Wie jedem Friedhof in Münster, und das, obwohl ich hier schon einige Jahre mein Dasein verbringe.

Wie dem auch sei, ein „Award des Online-Portals bestattungen.de“ (welch’ höhere Weihen könnte es geben?) ist doch zumindest ein Grund, diesen Friedhof einmal zu besuchen. Der Name „Lauheide“ leitet sich aus der ursprünglichen Heidelandschaft her, die dieser Wald einmal war, sowie der Tatsache, dass hier Gerberlohe gesammelt wurde (im Münsteraner Platt „Lau“ genannt). Im 19. Jahrhundert kam dann erstmals die Idee auf, einen naturnahen Waldfriedhof hier, im äußersten Nordosten Münsters, anzulegen. Tatsächlich geschah dies aber erst Mitte des 20. Jahrhunderts. Dennoch ist der Friedhof nicht nur jung: Im Norden befinden sich einige Hügelgräber, die schon Jahrtausende überstanden haben.

Wie es der Zufall so will, besuche ich den Friedhof am 1. November, gemeinhin auch als Allerheiligen bekannt. Da dürfte richtig Leben in den Friedhof einkehren, nicht nur, weil er im erzkatholischen Münster liegt. Eigentlich ein Grund, nicht hinzufahren, passen doch viele Menschen selten weniger gut an einen Ort als auf einem Friedhof – zumindest oberirdisch.

Der erste Eindruck ist dann auch ein gemischter, ist es doch auf dem Hauptweg zum Eingang des Friedhofs so voll wie an üblichen Samstagen in Münsters Innenstadt. Allerdings hört man da öfters niederländisch, nicht polnisch, so wie hier. Polen ist gemeinhin ja als recht katholisch bekannt, daher ergibt die Häufigkeit, mit der ich Gespräche auf polnisch höre, aber durchaus Sinn. Außerdem fällt auf, wie wenig nach „traditionellem“ Friedhof dieser schönste Friedhof Deutschlands aussieht: Die Friedhofsmauer ist vorhanden, aber nicht einmal hüfthoch, Grabsteine und Denkmäler sind auch nur in der Entfernung auszumachen und selbst das „Feierhalle“ genannte Gebäude für Trauerfeiern kommt erfreulich konfessionslos daher. Es ist eben genau dieses, und keine Kirche.

Der Friedhof, so werde ich nach meinem Besuch lesen, ist als städtischer Friedhof äußerst vielfältig, was die Art der Bestattungen sowie Beruf und Glauben der Bestatteten angeht. Es ist zwar nicht ganz erlaubt, was gefällt, aber beinahe doch, besonders, wenn es um Bäume geht: es gibt traditionelle Gräber an ausgewählten, auffallenden Bäumen, Asche, die um Bäume herum verstreut wird und dergleichen mehr. Es gibt Tote aller Glaubens- und Nichtglaubensrichtungen und zudem einige Bereiche, in denen Tote des Zweiten Weltkrieg liegen, seien es Gefallene beider Seiten oder Zwangsarbeiter. Sie liegen, wie sie im Leben standen: getrennt voneinander, aber es ist für jeden Platz. Dazu später noch etwas mehr.

Ein einsames Grablicht
Ein einsames Grablicht über den anonymen Urnengräbern.

Gleich am Eingang mahnt ein Denkmal zum Gedenken an die totgeborenen Kinder. Wie so viele Denkmäler und Gräber ist auch dieses an diesem Tag reich mit Grablichtern geschmückt. Mein Weg führt mich über einen Friedhof, der stellenweise kaum wie einer aussieht: Einzelne Bereiche, innerhalb derer Gräber relativ nah beieinander platziert sind, scheinen beinahe willkürlich in einem Wald verteilt worden zu sein. So manches Mal ragt ein Grabstein auch recht allein zwischen den Bäumen hervor oder wird von diesen versteckt. Der Friedhof macht dennoch keineswegs einen verwilderten Eindruck; gerade zu Allerheiligen sind die meisten Gräber schön hergerichtet und frisch geschmückt worden. So schön dem Verfall preisgegebene Gräber sein können, so haben auch diese ganz gegenteiligen Ruhestätten ihren Reiz – sie vermitteln das Gefühl des lebendig gehaltenen Erinnerns und Gedenkens an den Tod. Nur einen Tag vorher hätte das vermutlich noch etwas anders ausgesehen.

Erwähnenswert sind nicht nur die Gräber, sondern auch der Wald selbst, findet sich hier doch eine erstaunliche Vielfalt verschiedener Baumarten – selbst für jemanden wie mich, der es gerade noch fertig bringt, eine Eiche von einer Fichte zu unterscheiden. Passend dazu werden auf dem Friedhofsgelände auch Führungen zu den hier vorhandenen Tier- und Pflanzenarten angeboten.

Auf einer Lichtung abseits des Weges steht ein einsames Grablicht, das dort fast mittig platziert wurde. Laut Karte befinden sich hier die anonymen Urnengräber – der Bereich selbst ist aber nicht näher ausgewiesen. Recht allein steht das Grablicht schon da, aber schön, dass an diesem Tag auch jemand an die hier Begrabenen gedacht hat.

Kriegsgräber
Vater: „Das ist ein Kriegsfriedhof.“ Kind: „Krieg? Können wir uns das mal ansehen?“

Der nächste, von mir besuchte Teil des Friedhofs wurde durch den Zweiten Weltkrieg verursacht – der „Munster Heath War Cemetery“. Fein säuberlich aufreiht liegen dort unter fein gemähtem Rasen Gefallene des Commonwealth aus dem Zweiten Weltkrieg – also vermutlich vor allem Briten, Australier und Kanadier. Genau weiß ich das nicht, denn leider ist dieser Teil des Friedhofs geschlossen. Dass es gerade Menschen dieser Nationen sind, die hier liegen, ist natürlich kein Zufall: Münster war nach Ende des Zweiten Weltkriegs unter britischer Besatzung. Zahlreiche, bis vor Kurzem noch bewohnte Kasernen und Häuser innerhalb der Stadt zeugen davon.

In einiger Entfernung dazu liegt der „Ehrenfriedhof“, der der anderen Seite des Krieges vorbehalten ist: Deutsche Gefallene liegen hier, in einem Kreis um eine Heidelandschaft angelegt. Viele der Kreuze tragen die Inschrift „Unbekannt“. Gegenüber des Hauptwegs zum Ehrenfriedhof thront ein wuchtiges Kreuz, zudem befindet sich eine große Kiefer inmitten der Heidelandschaft. Was dieser deutliche Kontrast zum Commonwealth-Friedhof mit seinem gepflegten Rasen wohl aussagt? Vermutlich nur etwas über verschiedene Bestattungsrituale und –traditionen. Auf dem Weg zu einem weiteren Gebiet kriegsbedingter Grabstätten höre ich ein Gespräch zwischen einem vielleicht sechsjährigen Mädchen und ihren Eltern mit. Das Kind, mit dem Finger in Richtung des deutschen Kriegsfriedhofs zeigend: „Was ist das denn für ein Teil des Friedhofs? Der sieht schön aus.“ Die Mutter: „Das liegt doch gar nicht auf unserem Weg…“ Das Kind: „Was ist denn da?“ Der Vater: „Das ist ein Kriegsfriedhof.“ Das Kind: „Krieg? Können wir uns das mal ansehen?“ Ohne zu viel in dieses Gespräch hineininterpretieren zu wollen: Erstaunlich, wie interessiert und unbeschwert Kinder an Krieg und Tod herangehen können.

Der dritte von mir besuchte kriegsbedingte Bereich des Friedhofs ist der an diesem Tag am reichhaltigsten Geschmückte: Er gedenkt der polnischen Zwangsarbeiter, Häftlinge der KZs, Kriegsgefangenen und Soldaten, die Opfer Nazideutschlands wurden. Eventuell ist er eine weitere Erklärung dafür, warum auf dem Friedhof so viel polnisch gesprochen wird. Es gibt auch noch einen russischen Teil für gefallene sowjetische Soldaten, den ich mir aber nicht mehr ansehe.

Zu guter Letzt fallen mir noch einige taubenetzte Spinnennetze inmitten des Friedhofs auf, die ich natürlich noch ablichten muss. Ob der Friedhof nun der schönste Deutschlands ist? Ich weiß es nicht, dazu habe ich doch deutlich zu wenige gesehen – zumal sicherlich kein verlassener oder halb vergessener Friedhof die Chance hat, diese Auszeichnung zu erhalten. Schön ist er aber definitiv. Kein Friedhof, dessen Reiz im Verfall begründet wäre, keiner, der auch nur besonders alte Gräber oder eine lange, wechselvolle Geschichte zu bieten hätte (bis auf die Hügelgräber natürlich). Aber ein Friedhof, den man gerade auch wegen des Waldes, in der er liegt, besuchen kann. Falls also jemand aus der Leserschaft eine Reise nach Münster geplant hat und noch eine angenehm gruftige Beschäftigung in dieser sonst so furchtbar ungruftigen Stadt sucht: Der Waldfriedhof Lauheide ist eine Empfehlung.

Spontis Wochenschau #11/2014

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Gestern war für mich endlich Weihnachtsstimmung. Denn entgegen jüngster Behauptungen hatte ich IHN noch nicht gehört. Ich bin ehrlich, die ganze multimediale Befeuerungen mit den weihnachtlichen Unmöglichkeiten prallt an meinen Synapsen ganz einfach ab, solange DER Schlüsselreiz noch nicht wahrgenommen wurde. Nun könnte man annehmen, ich wäre auf einem Weihnachtsmarkt, beim Einkaufsbummel in der Innenstadt oder im Supermarkt in Höhe der Käsetheke darauf gestoßen, doch diesmal war es anders. Es kam quasi unerwartet und hinterhältig und ereilte mich im Fitness-Tempel. Ihr wisst ja, dass ich Sport mache. Nun muss ich ja 20 Minuten an die Geräte, um anschließend kostenlos schwimmen zu gehen (ist so ein Mitgliedschafts-Ding) – was mache ich nicht alles für den alternden Körper. Doch heute wurde ich nicht von theatralischen Stöhnern penetriert, sondern von einer Weihnachtsfeier zwischen Hantelbänken und Dings-Da-Maschinen. Da hüpften Menschen in Weihnachtsbaumkostüm (!) und Engeloutfit (mit Lametta!) herum und verteilten Fitnessriegel mit Weihnachtsgeschmack (vermutlich, ich lehnte ab). Schnell in die letzte Ecke verkriechen, an die Dings-Da-Maschine wo man die Arme so seitlich hochdrücken muss. Ruhe! Oder auch nicht, denn ich vergaß die flächendeckenden Lautsprecher, die die sportive Masse mit hämmernden Beats zu immer neuen Höchstleistungen animieren soll. Nur gestern nicht, denn da traf ich auf IHN. Ein gehauchtes „Last Christmas“ von George Michael in der 80er Version von Wham. Ein bisschen erleichtert war ich ja schon. Hier die Links für spannenderen Inhalt:

  • Wave-Gotik-Treffen erhält Tourismus-Preis | LVZ
    Genau darauf haben wir alle gewartet: „Leipzig. Das Wave-Gotik-Treffen erhält den Tourismuspreis 2014 der Stadt Leipzig. Die Auszeichnung, welche die Leipziger Tourismus und Marketing GmbH (LTM) seit 2012 vergibt, ist undotiert. Mit der Verleihung soll das langjährige Engagement der WGT-Macher in Leipzig gewürdigt werden. „Das Wave-Gotik-Treffen trägt mit seinen Aktivitäten seit über 20 Jahren zum Wachstum des Leipziger Tourismus bei und stärkt das Image von Leipzig als internationale und offene Kulturstadt“, begründet LTM-Geschäftsführer Volker Bremer die Entscheidung.“ Erscheinen wir also demnächst in noch mehr Reiseführern unter der Titelzeile „Dinge, die sie in Leipzig gesehen haben sollten“ gleich hinter dem Leipziger Zoo. Passt ja.
  • Mittelalter – So schützten sich die Menschen vor den Untoten | Focus
    Umgangssprachlich: Zombies. In der heutigen Kultur nur noch als „Walking Dead“ bekannt, trieben die Untoten im Mittelalter ihr Unwesen, so dass sich die Menschen von damals genötigt sahen, Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen: „Es handelt sich dabei um jene Verstorbenen, die dazu verdammt waren, nach ihrem Ableben noch einige Zeit auf der Erde umher zu wandeln, bis sie ihre heimlichen, nicht gebeichteten Sünden verbüßt hätten. Tatsächlich findet man eine der frühesten Beschreibungen eines Wiedergängers in der Historia Rerum Anglicarum des William von Newburgh (1136 – nach 1198). Dabei handelt es sich um die Geschichte eines Mannes, der aus seinem Grab zurückkehrte, um die Menschen seines Heimatortes Berwick in Schrecken zu versetzen. Was dabei auffällt: Dieser Mann stank so entsetzlich, dass er die Luft verunreinigte und eine furchtbare Seuche ausbrach. Bis sich einige Mutige fanden, die dem Untoten folgten und ihm mit einem Spaten den Kopf abschlugen. Dabei spritzte, so wird berichtet, viel Blut. Zu guter Letzt wurde der dergestalt misshandelte Leichnam verbrannt.“ (vielen Dank an Mone vom Rabenhorst)
  • Band sucht Gothic-Queen für Videoclip | Sonic Seducer
    Die Band Mono INC sucht Gothic-Queens für ein Musikvideo. Wie man dem Statement von Martin Engler entnehmen kann, gibt es „da draußen“, also vor den Bildschirmen, unzählige Gothic-Queens oder Ehefrauen, Freundinnen, Schwestern, Tanten oder Omas die solche Persönlichkeiten sind. Die sollen sich also mit selbstgedrehten Videos bewerben, um einen Platz im nächsten Video zu bekommen. Eine Frage bleibt jedoch ungeklärt: Was sind Gothic-Queens? Eine neue Subkultur? Neo Romantiker mit auslandenden Kleidern und Corsagen? Latex-Mäuschen in knallengen Latex-Uniformen? Batcaverinnen mit meterhohem Iro? Und überhaupt, was ist mit Männern, die sich wie Gothic-Queens fühlen? Ich bin gespannt. Am 16. Januar 2015 soll er rauskommen, der gleichnamige Song.
  • The Castle of Otranto: The creepy tale that launched gothic ficiton | BBC
    Tragic tales of doomed romance and supernatural horror, often set in baroque castles, have thrilled readers for centuries. But many modern-day fans of gothic literature may not be familiar with the 18th Century novel that inspired the genre, writes Peter Ray Allison. Ask anyone about gothic literature and they are likely to reference Bram Stoker’s Dracula or Mary Shelley’s Frankenstein as early examples. In fact, the roots of the genre can be traced back to the publication of Horace Walpole’s 18th Century novel The Castle of Otranto – a work whose aesthetics have shaped modern-day gothic books, films, art and music as well as the goth subculture.“ Wer noch mehr zum schmökern möchte: Lynne Truss’s Top 10 gothic novels.
  • Unter.Ton trifft Andi Harriman und Marloes Bontje | Unter.Ton
    „Some wear leather, some wear lace“ Mit diesem Buchtitel wird man die beiden Damen wohl eher in Verbindung bringen, denn aus dem „Postpunk-Project“ ist eben dieses Werk entstanden. Auch ich habe eine Ausgabe zwischen meinen Fingern, die ich alsbald hier im Blog vorstellen werde. Solange kann man sich die Zeit damit vertreiben, das großartige Interview auf Unter.Ton zu lesen, dass den Beweggründen ein Buch über die Postpunk-Szene zu machen, auf den Grund geht und sich darüber hinaus auch mit dem Inhalt auseinandersetzt. „Aus der amerikanischen Perspektive heraus betrachtet, ist es schwer, diesen Geist noch irgendwo entdecken zu können. Zumindest, was meinepersönlichen Erfahrungen betrifft. Es gibt ja zumindest einen Hauch von Wiederauferstehung, in Gestalt von Bands und artverwandten Seelen da draußen, die Musik lieben und vor allen Dingen auch leben, aber es fehlt einfach der Do-it-yourself-Aspekt von früher. Im letzten Kapitel von „Some Wear Leather, Some Wear Lace“ geht es deshalb auch darum, dass es mittlerweile einfach zu leicht geworden ist, mal eben in den Laden zu gehen und etwas im Grufti-Look zu kaufen. Andererseits kenne ich auch Leute, die in dieser Subkultur vollkommen aufgehen. „Goth“ zu sein, bedeutet auch, sich einer Ideologie zu verschwören und sich daran zu binden; es ist eine Verpflichtung. In Amerika findet man diese Tiefe eher selten.“
  • Chinas Underground Rat-Tribe | Nerdcore
    In Chinas Hauptstadt Bejing (Peking) leben über 20 Millionen Menschen. Die, die sich keinen Wohnraum in der Metropole leisten können, gehen unter die Erde: „Unter Bejing leben tausende Menschen in Kellern und Bunkern bis zu zwei Stockwerke unter dem Erdboden. Die meisten sind Migranten und unterbezahlte Arbeitskräfte, die sich die Wuchermieten in der chinesischen Hauptstadt nicht mehr leisten können und mittlerweile bildet sich dort eine eigene Kultur heraus, die ein bisschen an Kowloon erinnert, nur eben unter der Erde. Die Menschen werden von den Oberweltlern etwas herzlos Rat Tribe genannt…“  Auf 8qm leben die Menschen ihr ganzes Leben, nur um darauf zu warten, dass es vielleicht einmal bessere Zeiten gibt. Sie arbeiten für die, die an der Oberfläche leben, sind Dienstleister oder Handwerker und verschwinden nach ihrem Tageswerk wieder in den Untergrund. Es ist faszinierend, was Millionenstädte an Unglaublichkeiten menschlichen Daseins produzieren.
  • Die Loren rollen nicht mehr… | Gedankensplitter hinter Glas
    Wieder einmal eine schöne Reise mit Marcus Rietzsch: „Mitte der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde hier Kupfererz gefunden. Die Geburtsstunde der Mine, eingegliedert in ein Bergbauunternehmen, das in der Gegend bereits seit über 80 Jahren tätig war. 1763 wurde die Mine stillgelegt. Erst 1891 gedachte man der Vorkommen und startete mit 60 Mann erneut den Abbau von Pyrit und Kupfererzen. Nach vielen Unterbrechungen und wenig Ertrag beschloss man im Frühjahr 1940 diese Mine endgültig aufzugeben. Seither fristet der kümmerliche Rest ein einsames Dasein.
  • Muslimischer Bestatter | Bestatterweblog
    Wo wir gerade interkultureller Bildung sind, wie werden eigentlich Muslime bestattet? Wusstet ihr, dass ein Muslim in seinem Leben zwei Leichname rituell waschen muss? 2014 leben in Deutschland rund 4.000.000 Menschen mit muslimischem Glauben und die, die einst aus ihrer Heimat kamen und in Deutschland zu arbeiten. In der Schweiz sind es rund 400.000 Muslime, die Umstände sind ähnlich und hier hat sich der SRF mit der Frage beschäftigt, wie Muslime bestattet werden und warum es eigentlich keine muslimischen Friedhöfe gibt: „Als vor acht Jahren Enver Fazlijis Grossmutter starb, suchte die Familie vergeblich nach einem muslimischen Bestatter. Vermutlich hätten andere das gleiche Problem, dachte sich der damals 20jährige. Nach zähen Anfangsjahren wickeln Fazliji Junior und Senior heute mittlerweile rund zehn islamische Beerdigungen pro Monat ab – mehrheitlich für albanische Landsleute. Obwohl mittlerweile diverse Friedhöfe muslimische Grabfelder anbieten, wird das Angebot noch kaum genutzt. Laut Fazliji wollen keine fünf Prozent der in der Schweiz lebenden Muslime hier ihre letzte Ruhe finden. Die meisten Verstorbenen werden in ihre Heimat überführt. Diese letzte Reise kostet bei den Fazlijis 3‘000 Franken. All inclusive – egal, wohin es geht.“  Es gibt doch tatsächlich noch Dinge, die wir uns von anderen Religionen abgucken können, wie zum beispiel einen offeneren Umgang mit dem Tod.
    www.youtube.com/watch?v=1-eJN_Llg3U
  • Terminator Genisys | VICE
    Genauso schreibt man das Wort, sagen jedenfalls die Macher des … fünften Teils – wenn ich mich nicht irre. Ja, ich weiß es ist weder Gothic noch sonst irgendwie gruftig und tangiert höchstens den Cyberpunk. Ich bin jedoch damit aufgewachsen, irgendwie. Mussten wir Teil 1 noch heimlich gucken, damit die Eltern nichts merken, haben wir den zweiten Teil im Kino gefeiert. Weitere Teile folgten (mit sinkender Begeisterung) und nächstes Jahr kommt dann wieder einer. Diesmal auch mit dem Arnold, der sicherlich in jeder möglichen Szene „ersetzt“ wird um ihn irgendwie als glaubhafte menschliche Hülle auf einem Roboter zu skizzieren. Den Rest beschreibt Dave Schilling von Vice viel besser: „Der Gedanke hinter dem fünften Teil dieser zunehmend konfusen Zeitreisen- Filmreihe ist, die Marke auch für diejenigen Zuschauer ansprechend zu machen, die nur eine vage Vorstellung von der ausgeklügelten Kontinuität der vorherigen Teile haben. Fassen wir noch mal zusammen: In Der Terminator, dem ersten Teil der Reihe, wird Arnold Schwarzenegger als Terminator—daher der Filmtitel—in die Vergangenheit geschickt, um Sarah Connor zu töten, die zukünftige Mutter des Anführers des menschlichen Widerstands gegen die Maschinen. Der Terminator wird dann aber von einem menschlichen Soldaten aufgehalten, der ebenfalls in die Vergangenheit geschickt worden war, um Sarah Connor zu beschützen. Die nächsten drei Filme lang reisen dann immer wieder Menschen und Maschinen in die Vergangenheit und ändern fleißig die Geschichte, weil… weil es dem Kinopublikum total egal ist, ob Actionfilme in sich irgendwie logisch sind, deshalb.

https://www.youtube.com/watch?v=62E4FJTwSuc

  • Picard – Make it so | Youtube
    Kommt schon Leute, immer noch keine Weihnachtsstimmung? Achso, ja, ihr alten Trekkies schmückt euch auch immer damit, dass es in der Zukunft auch nicht mehr um Weihnachten geht, sondern um entdecken und erforschen, ganz so wie es die Picard mit seiner Enterprise gemacht hat. Ha! Wie ihr euch doch täuscht:

 

10 düstere und schaurige Lieder für ein stilvolles Gothic-Weihnachtsfest

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Na? Schon in Weihnachtsstimmung? Oder schon längst im Weihnachtshass? Am besinnlichsten aller Feste scheiden sich die schwarzen Geister. Viele Gothics lehnen Weihnachten schlichtweg ab und schmücken noch nicht einmal die Yucca-Palme, andere dekorieren ihre Wohnung dezent mit glitzernden Totenköpfen und blutrotem Lametta während andere sich dem Fest ungeniert hingeben und sich einen von diesen unschuldigen Bäumen ins Wohnzimmer stellen.  Spätestens seit dem ersten Advent ist es unmöglich, sich dem kollektiven Wahnsinn zu entziehen. Nicht nur beim einkaufen locken immer neue weihnachtliche Absonderlichkeiten, sondern mittlerweile gibt es auch an manchen Tankstellen für jede Tankfüllung eine Christbaumkugel gratis, von den meisten Biersorten gibt es auch eine Wintersorte, die nicht knallt sondern klingelt und selbst in den dunkelsten Tanzschuppen der Republik lauern Weihnachtsmänner aus Schokolade auf ihre wehrlosen Opfer. Wenigstens bleibt man sich in seiner Freizeit musikalisch treu. Wenn man es dann schafft, beim schon obligatorischem „Last Christmas“, das aus rund 658 Millionen Lautsprechern auf diesem Planeten plärrt, auf Durchzug zu schalten.

Die Top 10 der düsteren Songs für ein stilvolles Weihnachten ist angetreten, den hartnäckigen Mythos, dass alle Gothics zu Weihnachten das Weihnachtsalbum von Unheilig rauf und runter hören, aufzubrechen. Denn tatsächlich ist die Szene musikalisch so breit aufgestellt, dass viele Stücke denkbare und stilvolle Weihnachtsbeschallung abgeben könnten obwohl es sicherlich geschmackliche Kontroversen gibt. Frau Eulenforst wettert im Hintergrund bereits über weibliches Gejaule und freut sich über Edward mit den Scherenhänden, Type O Negative und Alien Sex Fiend.

10. Danny Elfman – Ice Dance

Der Einstieg in unsere Top-Ten ist eine Doppelpackung. Der „Ice Dance“ von Danny Elfman ist einigen sicherlich als Stück aus dem Film „Edward mit den Scherenhänden“ bekannt, der nicht nur besonders Gothic daherkommt, sondern auch noch mit dem fabelhaften Johnny Depp besetzt ist, der in dieser Rolle wahrlich zum anbeißen aussieht. Die Filmmusik eignet sich für das traditionelle Weihnachtsessen, vorausgesetzt es ist in 3:21 verspeist. Wer sich dann noch eine filmische Alternative zum üblichen Schrott der Weihnachtszeit wünscht, hat mit dem Film keine schlechte Wahl getroffen.

9. This Ascension – Carol of the Bells

Die Band aus dem sonnigen Santa Barbara ist nicht nur als Gothic-Band deklariert, sondern auch noch weihnachtlich veranlagt. Ihre Version von „Carol of the Bells“ ist die Geschichte einer Schwalbe, die zu einem Mann fliegt und prophezeit, dass ihm im kommenden Frühling sehr viel Gutes widerfahren wird. Menschen in der Ukraine (aus der das Lied stammt) singen es zum orthodoxen Neujahrsfest.

8. The Crüxshadows – Happy Christmas (War is over)

Spotter verspotten die Band spöttisch als Future-Popper und auch ich tue mich mit dem Erscheinungsbild der Band (tanzende Hupfdohlen zu stampfenden Beats) mitunter etwas schwer, doch die Verbundenheit – gerade zu ihren älteren Stücken – bleibt. Spottet also ruhig, wenn die Amerikaner ihre Version des Klassikers anstimmen.

7. Inkubus Sukkubus – Hail the Holly King

Die Musiker von Inkubus Sukkubus bleiben auch zu Weihnachten ihrem paganen Glauben treu und feiern mehr die Jahreszeiten als die christlichen Feste. Sie begehen das Julfest und preisen mit ihrem Song dem „Holly King“ (könnte soviel wie „Stechpalmenkönig heißen und ist nicht zu verwechseln mit dem „Holy King“), dem Gegenspieler zum Oak King. Aber das pagane Geschwurbel von Königen, Jahreszeiten und Festen kann jemand anderer erklären.

6. Faith and the Muse – A Winter Wassail

Monica Richards und William Faith zu Weihnachten an meinem Tisch? Dann würde ich glatt ein Gläschen Weihnachtspunsch, den „Wassail“ zu mir nehmen, auch auf die Gefahr hin, dass ich danach beschwipst bin. Die Dark Waver der ersten Stunde haben mit ihrem Song dem gleichnamigen Getränk, das in England schon ganz furchtbar traditionell ist, ein Denkmal gesetzt. Ob sie auch die Tradition des „wassailing“ wahrnehmen, bei dem Menschen von Tür zu Tür gehen und Weihnachtslieder vortragen, bleibt zweifelhaft.

https://www.youtube.com/watch?v=Eo_SfLZoVJY

5. London after Midnight – The Christmas Song

Eine sympathische Band. Sie bekennen sich offiziell zum Veganismus, sind im Tierschutz aktiv und ermuntern die Fans ihr Wahlrecht wahrzunehmen. Musikalisch ein wenig schwierig, jedenfalls für mich. 1998 bekennen sie sich auch noch zu Weihnachten, als sie das Stück „The Christmas Song“ auf dem Album Oddities veröffentlichen. „London after Midnight“ nannten sich wohl nach dem gleichnamigen Horror-Film von Ted Browning aus dem Jahre 1927. Ein Film, den niemand mehr sehen wird, denn die einzig bekannten Filmrollen, die 1935 im Archiv der MGM Studios eingelagert wurden, verbrannten bei einem Großbrand des Archives im Jahre 1967.

https://www.youtube.com/watch?v=S2zqNeYmCQM

4. The Mediaeval Baebes – Coventry Carol

Das ein neugeborener König der Juden geboren wurde, sprach sich schnell herum. König Herodes, der um seine Macht fürchtete, beauftragt die Sterndeuter (später bekannt als die Heiligen drei Könige) nach Betlehem zu gehen, nachzuforschen und Bericht zu erstatten um den neuen König zu huldigen. Die Sterndeuter finden Jesus von Nazareth werden aber durch einen Traum davor gewarnt, zurück zu König Herodes zu reisen, denn der hat die Huldigung nur vorgeschoben und will das Kind eigentlich töten. Die Sterndeuter täuschen König Herodes und Jesus entkommt mit seinen Eltern nach Ägypten. Der zornige König befahl,  alle Kinder in Betlehem und Umgebung bis zu einem Alter von 2 Jahre töten zu lassen. Das Lied „Coventry Carol“ aus dem 16. Jahrhundert erzählt diese blutige Geschichte.

https://www.youtube.com/watch?v=uhCLwwmtKjs

3. Type O Negative – Red Water (Christmas Mourning)

Ach Peter, warum musstest du von uns gehen? Hätte es nichte einen von diesen völlig unwichtigen Musikern sein können? Deine Stimme brachte jedes Geschlecht zum schmelzen, Deine imposante Erscheinung mit den (damals noch) langen Haare bescherten Dir reihenweise ohnmächtige Fans. Dass du im Playgirl 1995 nackt zu sehen warst, bescherte Dir zahlreiche schwule Fans, denn die Zeitschrift wurde ja hauptsächlich in diesen Kreisen gelesen. Eine Weile später hast zwar noch ein Lied gemacht um deine sexuellen Vorlieben klarzustellen, die besondern Fans blieben jedoch. Ein schnöder Herzinfarkt raffte Dich dahin. Ruhe in Frieden.

2. Rhea’s Obsession – We three Kings

Rhea ist die griechische Göttin der Behaglichkeit und ganz nebenbei furchtbar fruchtbar. In der Mythologie der Griechen ist sie eine der Titaninnen, dem mächtigen Göttergeschlecht in der Goldenen Ära. Die Band der Besessenen (also jetzt von Rhea) hat sich dann über den Tellerrand der griechischen Mythologie gewagt und besingt im Stück „We three Kings“ die … ihr habt es bereits erraten … heiligen drei Könige (die eigentlich Sterndeuter waren) auf ihrem Weg zur Geburtsstätte von dem kleinen Racker, denn man Jesus nannte. Wunderschön.

1. Alien Sex Fiend – Stuff the Turkey

Bei der ungeschlagenen Nummer 1 der Gothic-Weihnachtslieder stimmt aber auch alles. Künstler, Musik und Inhalt. Ein wenig provozierend, laut und rüpelhaft kraucht Mr. Fiend (Nikolas Wade) durch das Mikrophon um uns das Weihnachtsfest und seine Besinnlichkeit um die Ohren zu hauen. „Enjoy this Christmas, it might be your last – Stuff the Turkey!“  Seit über 30 Jahren windet sich Nik Fiend über die Bühne, starrt wirr ins Publikum und schmettert den Zuhörer seine Texte vor die Köpfe. Den Rest seiner nicht nachlassenden Kreativität bringt er auf Leinwände und in Kunstgalerien.

Gräber im Dornröschenschlaf – Eliasfriedhof Dresden

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Stefan, den einige Leser unter dem Namen „Gruftfrosch“ schon in den Kommentaren lesen konnten, hat eine Leidenschaft für Dresden und seine Friedhöfe. Vor einer Weile war er auf dem Eliasfriedhof unterwegs um Eindrücke zu sammeln und einen kleinen Text über seinen Rundgang zu verfassen. Schön, dass er seine Eindrücke mit Spontis teilt um den Leser den beschaulichen Friedhof in Dresden näherzubringen:

Etwas unscheinbar liegt er da, flankiert von Güntz- und Ziegelstraße unweit des Sachsenplatzes – am Übergang der Johannstadt zur Pirnaischen Vorstadt – einer der schönsten und ältesten erhaltenen Friedhöfe Dresdens: Der Eliasfriedhof. Rauschen draußen noch die Autos hektisch an einem vorbei, wird es schlagartig still, wenn man durch das Tor in der Ziegelstraße tritt. Ganz so, als ob der dichte Baumbestand den Lärm unsrer Zivilisation abschirmen würde. Dann tritt man in eine andere Welt. Alte sandsteinerne Grabmale, von der Patina geschwärzt, teils schief, halb oder ganz kaputt durch jahrzehntelange Vernachlässigung oder Kriegseinwirkung vom 13.Februar 1945, pittoresk von Efeu und Farnen überwuchert, mal mehr mal weniger schmuckvoll, aber ganz einfach wunderbar in der Gesamtheit.

Uprünglich auf Geheiß Johann Georg II. angelegt um den Toten der letzten Pestwelle Herr zu werden, entstand der Eliasfriedhof 1680 weit vor den Toren der Stadt. Etwa ein Drittel der damalig etwa 15.000 Menschen zählenden Stadt kamen zu Tode. Sie wurden eilig aus der Stadt geschafft und vielmals in Massengräber verbracht.

Auch nach der Seuche behielt der Friedhof bei den „Höherständigen“ einen zweifelhaften Ruf. Sie zogen es weiter vor auf dem Frauenkirchhof nahe der Frauenkirche (nee, nicht die wir kennen, sondern ihr kleinerer gotischer Vorgänger) oder dem Johanniskirchhof unweit der heutigen Lingnerallee bestattet zu werden. Dieses relativ kostspielige Privileg konnte die ärmere Bevölkerung nicht in Anspruch nehmen. So wurde der Eliasfriedhof vom Seuchen- zum Armenfriedhof Dresdens. Auch Verbrecher, Selbstmörder, Zugereiste, Ungetaufte usw. fanden dort kostenlos oder für wenig Geld ihre letzte Ruhestätte.

Erst die Auflösung des Frauenkirchhofs mit dem Bau der barocken Frauenkirche von George Bähr führte 1724 zu einer Erweiterung des Eliasfriedhofes. Seine heutige Unscheinbarkeit war auch schon damals im Interesse der Obrigkeit. So heißt es als Bedingung für die Erweiterung: „dass der Gottesacker nicht zu nahe dem vor der Stadtmauer gelegenen kurfürstlichen Lustgarten komme und auch auf der Fahrt dahin den daran vorbei passierenden hohen Herrschaften „nicht sonderlich ins Gesichte“ falle.“ George Bähr höchstselbst gestaltete die Erweiterung schlussendlich. Für die wohlhabendere Klientel wurden sodann schmuckhafte barocke Grufthäuser mit Ziergittern entlang der Friedhofsmauern errichtet. Während die Särge unterirdisch lagerten, war ebenerdig der Gedenkraum mit Grabmal, Gemälden und Zierrat untergebracht.

Der Eliasfriedhof verlor daraufhin schnell seinen vormals schlechten Ruf und avancierte allmählich zu einem der beliebtesten Friedhöfer der Bürgerschaft des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. So wurden auch die Grabmäler neben den Grufthäusern immer prachtvoller und zeigen sich nicht nur in Barock und Rokkoko, sondern vor allem klassizistisch. Auch der romantische Maler Caspar David Friedrich gehörte zu den Gestaltern.

Seine Beliebtheit wurde dem Eliasfriedhof schließlich zum Verhängnis und er musste Mitte des 19.Jhd wegen Überfüllung geschlossen werden, da eine Erweiterung nicht mehr möglich erschien – war doch die Stadt längst an und um den Friedhof herangewachsen. Sein Zustand konnte so allerdings weitgehend konserviert werden. In der aufstrebenden und immer wohlhabenderen Industriestadt Dresden geriet er folglich in Vergessenheit und in einen Dornröschenschlaf. Zwischenzeitliche Pläne der Umgestaltung wurden nie verwirklicht. Vandalismus nach dem ersten Weltkrieg folgte die polizeiliche Sperre und 1924 die endgültige Schließung.
Eine Zäsur brachten lediglich die Zerstörungen des zweiten Weltkrieges, die den Eliasfriedhof jedoch weniger betrafen. Als herber Verlust muss jedoch die Zerstörung und Beseitigung des Totenbettmeisterhauses angesehen werden.

Sonst schlummerte der Friedhof auch zu DDR-Zeiten weiter, bis sich ihm in den 90er Jahren ein rühriger Förderverein annahm und seitdem Stück für Stück die zerstörten Grabmäler und Grufthäuser aufarbeiten lässt. Schön ist, dass sich der Charme der Anlage auch mit der schrittweisen Rekonstruktion bis heute erhalten hat.

Leider ist Zugang heute nur im Rahmen von Führungen, sowie am Tag des Offenen Denkmals (Zweiter Sonntag im September) und am Tag des Friefhofs (am dritten Wochenende im September) möglich. Es lohnt sich aber. Wer weitere Informationen über den Friedhof möchte oder die Quellen für die hier geschriebenen Fakten sucht, wird auf der Internetseite des Friedhofs, bei Wikipedia oder im Dresdner Stadtwiki fündig. Der Autor Christoph Pötzsch hat im Tauchaer Verlag ein kleines, informatives Buch mit dem Titel „Schicksale auf Dresdens Eliasfriedhof“ herausgebracht.

 

 Text + Bilder: (c) Gruftfrosch

 

 

Mittelalter für ein Wochenende – Zwischen Fantasy und Living History

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Auch 2014 war der „Trend“ Mittelalter ungebrochen. Nicht nur Gothics lieben die Reise in die Vergangenheit, die Besucherzahlen vieler Veranstaltungen sprechen dafür, dass die Faszination für die Vergangenheit auch die übrige Bevölkerung in ihren Bann gezogen hat. Rund 1500 Veranstaltungen in ganz Deutschland hat es im letzten Jahr gegeben, die meisten davon sind jedoch ohne historisch korrekten Charakter. Mittelaltermärkte oder Fantasyspektakel, wie das Spectaculum, haben mit dem tatsächlichen Mittelalter nichts zu tun und sind vielmehr aufwendig inszenierte Feste, die Unterhaltung und Kurzweil bieten. Seit den Fantasy-Filmen über den „Herr der Ringe“ oder Serien wie „Game of Thrones“ erleben wir einen regelrechten Ansturm auf alles, was irgendwie mittelalterlich scheint. Die dunkle Epoche zwischen Antike und Renaissance ist längst zur kommerziellen Alltagsflucht mutiert, das wird auch immer wieder von den Mitglieder der Mittelalterszene kritisiert, die sich um eine möglichst authentische Darstellung des Mittelalters bemühen.

So findet sich unter der Oberfläche bunter Mittelaltermärkte eine lebendige Szene von Enthusiasten, die sich mit Dingen wie Living History, Reenactment oder auch experimenteller Archäologie beschäftigen und nichts unversucht lassen, dem tatsächlichen Leben im Mittelalter ein wenig näher zu kommen. Der Bayrische Rundfunk hat sich mit seiner Sendereihe „Jetzt mal ehrlich“ genau diesem Teil des Trends gewidmet und versucht in der Sendung „Mittelalterboom: Keine Lust Gegenwart“ dieser Szene der authentischen Mittelalter-Fans auf den Grund zu gehen und die Differenzen zwischen Fantasyspektakeln und Mittelalter darzustellen:

Er trägt Kostüm, er schläft auf einem Heusack, er isst mittelalterlichen Frühstücksbrei und lauscht Minneliedern – Rainer Maria Jilg reist ins Mittelalter. Er will wissen: Warum fasziniert uns so sehr eine Zeit, die als düster, kalt und grausam gilt? Dazu reist er mit einem Münchner Mittelalterfan nach Schaffhausen in die Schweiz. Hier messen sich Europas beste Turnierreiter im Lanzenstechen. Und 80 Mittelalterdarsteller aus ganz Europa schlagen für zehn Tage ein Söldnerlager auf – Rainer Maria Jilg mittendrin.
Die Zahl der Mittelaltermärkte geht inzwischen in die Tausende. Mittelalter-Romane stehen regelmäßig auf der Bestseller-Liste. Die Mittelalter-Fantasy-Serie „Game of Thrones“ feiert riesigen Erfolg. Diese Epoche hat in Deutschland seit Jahren Hochkonjunktur. Doch warum? Verklärung einer düsteren Zeit? Flucht vor der Gegenwart? „Das echte, einfache Leben spüren“, sagen viele Mittelalterfans. Rainer Maria Jilg lernt Menschen kennen, die sich das Mittelalter in den Alltag und in die Familie holen. Aber auch, dass mancher Mittelalterfan mit sich und seinem Hobby hadert.

Ich bin tatsächlich ein wenig beeindruckt, wie hier an die Thematik herangegangen wird und wie man es schafft, dem Anspruch aus Unterhaltung und Information gerecht zu werden. Auch wenn ich nicht zur Szene gehöre, halte ich diesen Beitrag für sehr gelungen. Die „jugendliche Frische“ des Moderators gepaart mit den dennoch kritischen Fragen lassen mich nach rund 45 Minuten ein Stückchen schlauer zurück. Jetzt werde ich mich das nächste mal auch darüber echauffieren, wenn ich auf einem Mittelaltermarkt so geschwollen zugetextet werde:

Nichts desto trotz werde ich auch weiterhin den ein oder anderen Mittelaltermarkt besuchen und das Spectaculum am Fühlinger See ist schon fast obligatorisch. Wohlweislich, dass ich hier nicht das Mittelalter kennen lerne, sondern vielmehr einer gewissen ästhetischen Lust nach Vergangenem und Außergewöhnlichem nachgehe. Was tatsächlich gewachsen ist, darf man an dieser Stelle ruhig als Neugier einordnen, denn tatsächlich bin ich schwer angetan von dieser Form der Alltagsflucht und dem Anspruch, etwas historisches auch entsprechend darzustellen. Ich bin mir sicher, dass einige von Euch bereits Erfahrungen auf einem der Gebiete machen konnten, denn – und das zeigt meine Erfahrung – die Begeisterung und thematische Nähe ist in unserer Szene besonders groß. Oder etwas nicht?

Schluss mit der Herrschaft Satans! Missionare auf dem WGT 2014

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um ihnen die Augen zu öffnen, damit sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Herrschaft des Satans zu Gott, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbteil unter denen, die durch den Glauben an mich geheiligt sind!“ (Aposteln 26:17) Habt ihr sie bemerkt? Fühlt ihr euch anders? Habt ihr IHN bemerkt? Auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig war eine starke, christliche Macht anwesend. Wie ich durch dunkle Kreise erfahren habe, sind auf dem WGT 2014 Missionare der „European Initiative“ unterwegs gewesen um herauszufinden, ob die Besucher des Wave-Gotik-Treffens an Gott glauben. Dabei ist erschreckendes ans Licht gekommen! Kaum einer der Befragten konnte sich mit Gott, dem christlichen Glauben oder einer Religion identifizieren. Das deckt sich mit dem Eindruck der Initiative, dass Europa ein christliches Armenland ist. Die auf ihrer Internetseite (könnt ihr selber googeln) präsentierten Statistiken sind besorgniserregend: Weniger als 4% der Europäer besuchen die Kirche regelmäßig, die europäische Selbstmordrate ist höllisch hoch und geboren wird hier auch kaum jemand. 85% der Deutschen – also wir – haben keine Hoffnung für die Zukunft! Europa ist verloren! Europa ist krank!

Glücklicherweise sind die Menschen der Initiative hilfsbereit und lassen uns nicht allein mit unseren Problemen. Missionare strömen aus, um an Brennpunkten des christlichen Desinteresses anzugreifen und die verlorenen Schafe wieder zu Herde zurückzuführen. So auch auf dem WGT 2014. Erfahrene Missionare, die extra aus den USA eingeflogen wurden, haben den Kontakt mit den Gothics gesucht, sie befragt und sie in Gespräche verwickelt. Ein selbstgedrehtes Video dient als Beleg ihrer Aktivitäten. Das Grabesmond Nocturna nach ihrem Glauben befragt wurde, wundert nicht weiter, prangte doch ein christliches Kreuz auf ihrer Stirn. Richtig herum! Vermutlich erhofften sich die Missionare einen Lichtblick im Getümmel der Sünde. Doch ihre Hoffnung wurde jäh zerschlagen, als ihnen Grabesmond „i don’t care about christian Religion“ entgegenschleuderte. Auch Elisa Tag (vormals Sophia Intolerantia), die den Missionaren mit ihrer Brille ganz frech den Spiegel vorhält, zeichnet sich durch geballte Blasphemie aus – sie behauptet sogar, ihr eigener Gott zu sein!7
So, Schluss mit lustig! Das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig war der Initiative also eine Kampagne wert, schließlich ist hier die Dichte an „Ungläubigen“ und „Andersdenkenden“ schon seit Jahren besonders hoch. Was den US-Amerikanischen Missionare entgangen sein dürfte, ist die Tatsache, dass es bereits seit Jahren einige Menschen innerhalb der Szene gibt, die sich offen zum christlichen Glauben bekennen und sogar gut besuchte Gottesdienste auf dem WGT veranstalten. 2013 schmückte sich die Veranstaltung „Rabe & Kreuz“ mit einem Spruch von diesem Jesaja: „Deine Sonne wird nicht mehr untergehen und dein Mond nicht den Schein verlieren; denn der Herr wird dein ewiges Licht sein und die Tage deiner Trauer sollen ein Ende haben.“ Die Töne sind seichter, die Idee dahinter scheint ähnlich: Schluss mit Satan! Schluss mit der Trauer! Glaubt wieder an Gott und seid fröhlich.

Mir persönlich ist es ja egal, was und an wen die Gothics so glauben. Erschreckend finde ich – im Gegensatz zu der genannten Initiative – die Tatsache, dass sich die schwarze Szene im Laufe der Jahre als Magnet aller möglichen Ideologien und Weltanschauungen etabliert hat, die seit Jahren krampfhaft versuchen, die schwarzen Gestalten für sich oder ihre Ideen zu vereinnahmen. Womöglich liegt es an den Reibungspunkten, die Musik oder Symbolik bieten oder an der vielbesagten „Toleranz“ der Szene. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Gothics sich allein schon aus Interesse mit Religionen, Glauben und allerlei Mystischem auseinandersetzen und damit auch ihre eigene Überzeugung in Frage stellen. Mein Appell an alle Parteien, Kirchen, Initiativen, Glaubensgemeinschaften und andere artverwandte Organisationen: Sucht euch doch eine andere Veranstaltung um eure Sicht der Dinge zu verbreiten. Das WGT ist nicht die Projektionsfläche eurer Überzeugungen. Achja und meine lieben US-amerikanischen Missionare: Kehrt doch mal lieber vor der eigenen Haustüre, okay? Aber genug von meiner Moralpredigt. Hier das durchaus sehenswerte Dokument einer hoffentlich erfolglosen Missionierung:

Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich mir auch ein klein wenig Sorgen mache. Wie steht es um Grabesmond, Elisa und all die anderen Interviewten? Ist die Missionierung erfolgreich gewesen? Wart ihr in der Kirche? Habt ihr IHN gesehen? Ich würde mich freuen von ihren Erfahrungen in den Kommentaren zu lesen.

Spontis Wochenschau #10/2014

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Die Welt steht Kopf! Jedenfalls meine kleine schwarze Welt. Ich treffe doch immer mehr auf „Grufties“, die dem Sommer hinterhertrauern! Ich finde das ganz schön skandalös, habe ich doch den Herbst und vor allem den Winter für die gruftigsten Jahreszeiten gehalten. Vergänglichkeit, Tod, Kälte, Melancholie, Dunkelheit sind zum einen typisch gruftige Begriffe und zum anderen die perfekte Umschreibung für die Monate Oktober bis März. Wenn die Blätter so von den Bäumen fallen und in einem letzten Aufbäumen die ganzen Farbenpracht präsentieren bevor sie äußerlich kahl und tot erscheinen, das ist irgendwie schön. Die empfundene und tatsächlich anwesende Kälte erlaubt endlich wieder mehr wallende, weite und vielschichtige Kleider und kommt damit meiner Leidenschaft für schöne Verpackungen näher als der hautbetonte Sommer. Ach was bin ich froh, dass es endlich wieder soweit ist! Wären da nicht die schwarzen Nörgler, die dem Sommer hinterhertrauern. Wärme, braune Haut, der Geruch von Schweiß, endloses Tageslicht, schlaflose Nächte. Seid ihr verrückt?  Bin ich denn der Einzige, der sich auf Schnee, Kälte und kahle Bäume freut? Glücklicherweise nicht, denn Shan Dark hält ebenso wie Buntschwarz die Fahne in den Wind. Und kommt mir jetzt nicht mit euren Ausreden! Ich höre hin, wenn ihr jammert. Über die Kälte, das viele Laub, die viel zu dicken Klamotten, über zu wenig warme Pullover, die kalten Füße in Pikes, steigende Heizkosten und glatte Straßen. Den Winter mag ich noch viel lieber als den Herbst, vor allem liebe ich den Schnee, auch wenn er weiß ist.

  • Anne Clark: Das Gift der Hoffnungslosigkeit | M&R
    In der kommenden Ausgabe der Zeitschrift Melodie und Rhythmus geht es um „Leiden und Schmerz in der Popmusik“. Mit von der Partie ist auch die Grand Dame der gesprochenen Hoffnungslosigkeit, Anne Clark. Auf die Frage, ob die Tätigkeit in einer Psychiatrie, in der sie vor ihrer musikalischen Laufbahn tätig war, Spuren hinterlassen hat antwortet sie : „Das war eine der wichtigsten Erfahrungen meiner Jugend. Die Schule war für mich nicht unproblematisch, aber ich bin auf ewig dankbar dafür, dass wir damals diese Praktika machen mussten, die mich in die Psychiatrie geführt haben, wo ich auch später wieder gearbeitet habe. Ich wurde Zeugin, wie die verletzlichsten Mitglieder unserer Gesellschaft lediglich als Ärgernis betrachtet und weggeschlossen wurden, weil sie verstört waren. Ich spreche jetzt in der Vergangenheitsform, aber das Problem ist mit der Schließung der großen Anstalten nicht verschwunden. In unserer unbarmherzig auf Wettbewerb und materialistische Werte ausgerichteten Gesellschaft ist der Bedarf an Rückzugsmöglichkeiten und Schonräumen eher noch gestiegen. Wir müssen sie allerdings selbst schaffen. Kein System und kein Politiker werden sie je bereitstellen.
  • Aufklärungsarbeit mal anders…auf die knallharte Tour | Neues aus dem Senftopf
    Feli aus des Teufels Küche klärt auf, was es mit dem Goth-Sein so auf sich hat: „Werter Leser, werte Leserinnen, liebe Normalos, liebe Normalinnen, an alle Nicht-Goths, Zeugen Jehovas und Exorzisten, um es eilig und nervenschonend unspannend vorweg zu nehmen, ja, wir gehen ständig auf Friedhöfe, buddeln dort Leichen aus, beten Satan an und sind die ganze Zeit total traurig. Das Lachen haben wir nämlich nach dem Herauswachsen aus den Kinderschuhen (oder bereits vorher?) verlernt und falls doch noch rudimentär etwas von diesem abartigen Gefühlszug übrig geblieben sein sollte, dann gehen wir hierfür in den Keller, um uns dort ausgiebig und selbstgeißelnd dafür zu schämen. Fleisch wird generell im rohen Zustand verzehrt…selbst von den Veganern unter uns. Aus Prinzip! Als bekennende Saucenfetischisten brauchen wir hierzu immer reichlich blutigen Fleischsaft. Vor dem Schlafengehen (kurz vor dem Morgengrauen) wird noch artig der wehrlose Teddy geknebelt und dem Gott der Unterwelt (um Bobs Willen nicht mit dem Teufel verwechseln!) gestiftet, bevor wir uns selig in grausame Alpträume begeben dürfen. Erst bei Eintritt der Dunkelheit öffnet sich der als Schlafstätte dienende hochwertige Sarg aus poliertem Kupfer wieder.
  • Viva Xmal Deutschland! A History and Interview with Anja Huwe | Post-Punk
    Für mich die musikalische Verkörperung von „Gothic“ – Die Band X-mal Deutschland, die in den 80er auszog um deutschen Gothic nach England zu bringen. „Xmal Deutschland were a band that never came close to receiving the credit that they were due. They were a band that would who came to life in 1981, immediately pidgeonholed as part of the “Neue Deutsche Welle” (New German Wave) movement along with the likes of Einsturzende Neubauten, DAF, Joachim Witt and many, many others. Once signing to 4AD brought them to underground prominence, Xmal Deutschland then suffered from endless comparisons to Siouxsie and the Banshees, once again erroneously classified. However, in actuality, Xmal Deutschland was an amazing post-punk band with a strong singer and a unique sound all their own. ArtistAnja Huwe, singer of the band, gives us some insight into the origins of Xmal Deutschland, their time with 4AD and their imminent departure and demise, and glimpses into her life after recording and her new stint as an artist.
  • Bizarre Tradition: Real Life Walking Dead | Viralnova
    In Toraja, einem Dorf in Indonesien, gibt es absonderliche Bestattungsriten. Die Bewohner glauben, dass sich die Seele der Verstorbenen in unmittelbarer Nähe der toten Körper verbleiben und behandeln die Leichname wie lebende Verwandte. Die Leichen werden einbalsamiert und beerdigt um dann zum traditionelle Fest Ma’Nene, dass im August stattfindet, exhumiert, gewaschen und eingekleidet zu werden. In einer Prozession werden die so zurecht drapierten Leichen durch das Dorf geführt. „They say the dead live on in our hearts and minds – but in one Indonesian province, the deceased continue to walk the earth in a rather more literal, zombie-like fashion.
    Families in Toraja in South Sulawesi dig up the bodies of their dead relatives before washing, grooming and dressing them in fancy new clothes. Even dead children are exhumed – two of these photos show the skeleton of a baby wrapped in a print dress with a doll laid next to it. Damaged coffins are fixed or replaced, and the mummies are then walked around the province by following a path of straight lines. The ritual is called Ma’nene, or The Ceremony of Cleaning Corpses. According to the ancient Torajan belief system, the spirit of a dead person must return to his village of origin. So if a person died on a journey, the family would go to the place of death and accompany the deceased back home by walking them back to the village. In the past, people were frightened to journey far, in case they died while they were away and were unable to return to their village.
  • Gothic Manchester Festival 2014 | The Blogging Goth
    Bestimmt habt ihr auch das „Gothic Mancherster Festival 2014“ verpasst, dass Ende Oktober stattfand.Glücklicherweise hat „The Blogging Goth“ einige Besuche unternommen und bringt uns das wissenschaftlich ausgelegte Spektakel näher: „Supported by Manchester Metropolitan University’s Humanities in Public project, the festival was broader, with more events held over multiple sites – and well attended by members of the public as well as learned academics, and blagging journalists like The Blogging Goth! Travelling from Newcastle, we weren’t able to attend the opening session of the festival, held at the International Anthony Burgess Foundation – but the very capable staff of Humanity Hallows, the student press blog, were in situ. We’ll be linking frequently to the excellent write-ups they provide as the weekend proceeds. It is encouraging to note the event was packed and sold-out – the popularity of the Festival reflects much of what is discussed throughout Gothic Manchester. The English became fascinated with the terrifying and terrific centuries ago, and that passion remains, bringing people out in their scores to discuss the origins and ongoing nature of Gothic culture.“
  • Jugendwort 2014: „Läuft bei Dir“ | Testspiel
    Als alternder Goth sollte man am Puls der Zeit bleiben, um den Anschluss an die Jugend nicht zu verpassen. „Fappieren“ heißt bei Jugendlichen die männliche Selbstbefriedigung und „Läuft bei Dir“ ist eine andere Redewendung für „Du hast es drauf!“ und ist Synonym für „cool“ und „krass“. Sagt jedenfalls die Langenscheidt-Jury, die sich trotz eines besseren Online-Voting bei der Schöpfung „Fappieren“ für „Läuft bei Dir“ entschieden hat. Amtlich wird es erst am 25. November, durchgesickert ist das Ganze jetzt schon. Übrigens: Wenn ihr mal ein anderes Wort für „Klugscheisser“ sucht, nehmt doch einfach den Begriff „Senfautomat“, meinen persönlichen Gewinner.
  • Warum uns traurige Musik guttut | Spiegel Online
    Von wegen Selbstmordgefährdet und Todessehnsüchtig! Hört mehr Joy Divsion, The Cure und die andere traurigen Bands! Man fand heraus, dass traurige Musik guttut und auch bei der Behandlung von psychisch Kranken eingesetzt werden kann: „Traurige Musik ruft eine große Bandbreite komplexer Gefühle hervor, die in Teilen auch positiv sein können“, erklären Koelsch und Taruffi. Bei der Wirkung der Musik auf jeden Einzelnen gehe es vor allem um Mitgefühl. Es habe sich gezeigt, dass Menschen mit hohem Einfühlungsvermögen und geringer emotionaler Stabilität besonders von trauriger Musik profitieren. Laut Umfrage helfen die zarten Klänge ihnen in besonders großem Maße, negative Gefühle zu regulieren, einzuordnen und Trost zu finden.
  • Teen-Gothic-Comic-Oper | Dangerousminds
    Ich vergesse jeglichen Gedanken an einem thematische Einordnung. Eine amerikanisches Video vom Gothic-Werden, als Oper, in Deutsch !?! Performance Künstler Joseph Keckler erzählt uns eine Geschichte. „Nothing could be further from the truth! Take this comic operetta and short film from New York performance artist Joseph Keckler; a working stiff longs for his days as a teen goth and suddenly finds himself descended into the blackness of his youth (and all the poorer for it—it’s not a look for the broke).

 

Mein schaurig schönes Tagebuch – Episode 5: Für immer Punk!

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Für immer Punk möchte ich sein, für immer Punk, willst du wirklich immer Hippie bleiben?“ Im Herbst wachsen keine Zitronen. Der Gehsteig ist unter Blättern verborgen und seit rund 100m Fußweg versuche ich krampfhaft, eines der Platanen-Blätter mit den Spitzen meiner Pikes aufzuspießen. Zusammen mit Silvia bin ich an diesem Samstagabend auf dem Weg zum ZAKK in Düsseldorf, um einem ganz besonderen Konzertereignis Gehör zu schenken: Fehlfarben und DAF in einem legendären Doppelkonzert erinnern an wilde Nächte im Ratinger Hof, als der Schweiß von der Decke tropfte und der Gitarrist mit Senf beschmissen wurde. Für immer Punk!

An diesem herbstlich milden Novembertag stehen wir nun vor der Konzerthalle auf der Fichtenstraße, die kurioserweise mit Platanen gesäumt ist und warten auf Einlass. Direkt vor der Tür halten im Minutentakt Taxis und entlassen Menschen jenseits der 50 in die kleine Schlange der Wartenden. Lange Mäntel bedecken umgekrempelte Jeanshosen die in Halbschuhe mit gelber Naht enden, modische Kurzhaarfrisuren die sich mit völliger Haarlosigkeit abwechseln.

In den Armen: Akkurat zusammengebundene Damenhaarschnitte die an der Vorderseite in fröstelnden roten Lippen abschließen während die Beine in Strumpfhosen hochhackigen Schuhe hin- und hertänzeln um die Muskeln zu einer Wärmeproduktion zu animieren.

Ob die wohl hier richtig sind? Ob wir hier richtig sind? „Einmal in die Tasche gucken bitte!“ Bereitwillig öffne ich dem Typ der Einlasskontrolle meine Tasche. „Die Kamera kannst du aber nicht mitnehmen. Die musst du an der Garderobe abgeben oder zurück ins Auto bringen.“ Ein gewisser Klaus ruft aus dem Hintergrund: „Garderobe ist schlecht mit Kameras!“ – Also doch ins Auto. Ich nutze die Gelegenheit des doppelten Fußwegs und versuche wieder, endlich ein Blatt als Trophäe zu erlegen. Vergeblich. Stattdessen vermute ich gemeinsam mit Silvia, dass Punk wohl ein bisschen in die Jahre gekommen ist oder wahlweise, dass es früher viel weniger Kameras gegeben haben muss.

Endlich gewährt man uns Einlass, scannt unsere QR-Code Tickets und entlässt uns in die Räumlichkeiten. Während ich die Stufen zur Konzerthalle erklimme, fällt mir ein Kerl mit einem beschrifteten T-Shirt ins Auge. „Für immer Punk!“ steht da in großen weißen Buchstaben. In den Gläsern seiner Nickelbrille spiegelt sich das Display des Smartphones, während der strubbelige Schopf im Takt der SKA-Musik aus dem Hintergrund auf- und abwippt. Als ich den Herrn, der die 40 sicher auch schon hinter sich gelassen hat, passiere, muss ich unweigerlich an eine Weichspülerwerbung der 80er denken, so penetrant verkünden seine Klamotten die „Aprilfrische“. Und das im Herbst!

Ein Blick durch den noch hellen Saal offenbart Tatsachen. Gnadenlos beleuchten die Scheinwerfer an der Decke die Falten der Gesichter, anstatt sich im Silber der Sicherheitsnadeln zu spiegeln. Dort wo die roten Lichtkegel den Boden treffen, haben sich Lichtungen gebildet, offensichtlich möchte man sie nicht dabei ertappt fühlen, wie man als herausgewachsener Punk seiner Jugend hinterhertrauert. Scheu wartet man im Zwielicht der Beleuchtung auf den Beginn des Konzerts. Ich weiß, dass die Punks da sind – gelegentlich beweisen Motto-Shirts die Liebe zum Ratinger Hof, verspotten das System oder zeugen von den musikalischen Wurzeln in der Düsseldorfer Vergangenheit. Für einen Augenblick komme ich mir jedoch deplatziert vor mit meinen spitzen Schuhen, der engen Kunstlederhose, dem zerrissenen Pulli und dem zahlreichen Silberschmuck. Wie texteten die Goldenen Zitronen so passend: „Solln deine Kinder alle Grufties werden – für immer, für immer Punk!

Silvia und ich nutzen die Wartezeit, um uns an der Bar mit Getränken zu versorgen. In einer kleineren Menschentraube warten wir auf den fragenden Blick der Kellnerin. Fasziniert lausche ich den Bestellungen der Leute, die vor mir in der Schlange stehen. „Wasser“, „Limo“, „Kaffee“, „Becks Alkoholfrei“, „Radler“ – Ich muss völlig falsch informiert worden sein! Denn der „Punk“ wurde in zahlreichen Werke subkultureller Forschung völlig anders beschrieben. Während ich lustlos an meiner warmen und von Kohlensäure befreiten Cola nippe frage ich mich, ob ich das nun gut oder schlecht finden soll. Noch bevor ich eine Antwort auf diese bohrende Frage finde, wird es dunkel und die einmarschierenden Bandmitglieder der Fehlfarben werden aufrichtig begrüßt. Das Bild setzt sich fort, ein paar alternde Herren in schwarzen Klamotten machen noch keine Punk-Band. Peter Hein, der mit seinem schlaksigen Körper in einem schlecht sitzenden Anzug und Ringelsocken aussieht wie ein erfolgloser Staubsauger-Vertreter ist der lang ersehnte optische Kontrapunkt. Auch musikalisch geht es endlich zur Sache. Die Drummerin prügelt die deutlich älteren Herren gnadenlos zu musikalischen Höchstleistung, während Peter Hein „einen verkackten Polit-Song nach dem anderen“ ins Mikrophon brüllt und die fast schon störende unpunkige Harmonie an den Instrumenten so herrlich zerreißt. „Keine Atempause Geschichte wird gemacht – Es geht voran!“ Die Mischung zwischen alten Klassikern und neuen Schoten im Disco-Sound ist angenehm vielschichtig während die Fehlfarben deutlich machen, dass sie immer noch genug Pulver im Fass der Gesellschaftskritik haben und nicht zimperlich damit umgehen.

Schon eine ganze Zeit beobachte ich einen Vater mit seinem Sohn, die direkt vor mir stehen und dem Konzert folgen. Da wird gelegentlich erklärt, sporadisch umarmt und gemeinsam applaudiert und doch scheint der Vater mit zunehmender Konzertdauer eine besondere Nervosität zu entwickeln. Als die Fehlfarben ihren Klassiker „Paul ist tot“ anstimmen, gibt es kein Halten mehr. Gemeinsame Freunde fotografieren die beiden hektisch, während ein anderer die zwei während des Stückes filmt. Es stellt sich heraus, das der Vater seinen Sohn nach eben diesem Song benannt hat um ihn nun auf eben diesem legendären Konzert darüber zu informieren, dass es so ist. Noch eine ganze Weile grübele ich darüber nach, ob das angesichts des Textes eine gute oder eine schlechte Wahl gewesen ist.

Mit der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft schwappt nun auch endlich die verloren geblaubte Jugend wie ein Schwall über das Publikum. Aus den braven Familienvätern in ihren weichgespülten Motto-Shirts und den hochgekrempelten Jeans-Hosen brechen die unterdrückten Punks der Vergangenheit. Der kleine Saal entwickelt sich zu einem pogenden Hexenkessel, aufrecht gehaltene Getränkebecher ergießen sich reihenweise über die nächsten Nachbarn, während sich ganz Mutige die Bühne erklimmen um voller Vertrauen ins Publikum zu springen. „Verschwende deine Jugend!“ Gabi Delgado feuert seine ewigen Parolen ins Publikum, während das elektronische Feuerwerk keine Bewegungslosigkeit duldet. Die Trauer um eine verlorene Jugend lässt Frontmann Delgado nicht gelten, wie ein wirrer Prediger hetzt er von einer Seite der Bühne zur anderen, um seine Worte und den auf der Bühne lagernden Getränkevorrat über das Publikum zu ergießen. Und während man mit dem Stück „Der Mussolini“ die Austauschbarkeit der Ideologien zelebriert, fällt im Publikum die letzte Befindlichkeit. Es zeigt sich, wie der Spannungsbogen, den die Fehlfarben mit immer noch kritischen Songs gespannt haben, sich in der energetischen Musik von DAF zu entladen vermag. Das die weichgespülten Klamotten morgen höllisch riechen ist nun völlig egal, das die akkurat zusammengebundenen Haare sich den Kräften der Beschleunigung beugen, spielt keine Rolle und das die Hemden und Blusen nun aus den Hosen rutschen um blanke Bäuche zu enthüllen, wen interessiert es?

Für immer Punk!

Erschöpft und glücklich verlassen wir das ZAKK. Auf dem Weg zum Auto verschone ich das Laub mit allzu infantilen Attacken, meine Beine sind schwer. Morgen ist Sonntag. Genug Zeit die körperlichen Wunden zu versorgen, sich von der Anstrengung zu erholen und endlich das Fiepen aus den Ohren zu bekommen. Doch ob die Zeit auch reicht die seelischen Krater zu füllen? Wann überspielt der Alltag, die Verantwortung und die Befindlichkeiten wieder das Gefühl „Punk“ zu sein? Das Eintauchen in die Erinnerung an eine unbeschwerte und jugendliche Zeit ist immer gefährlich, ständig droht das Schwert der Resignation zuzuschlagen und das Leben in Belanglosigkeit zu zerschmettern. Machen wir uns nicht vor, liebes Tagebuch. Für die Meisten bleibt Punk eine Erinnerung, ein Wegbegleiter und vielleicht auch ein Richtungsgeber. Manchmal auch nur eine Modeerscheinung, hat die Westwood ja schon damals eindrucksvoll vorgemacht. Für immer Punk? Womöglich eine Illusion. Für die Ü40-jährigen Punks und Grufties, die damals durch gelebte Andersartigkeit aneckten bleibt Punk nichts weiter als eine Alltagsflucht. Für die Meisten der Anwesenden an diesem Abend scheinen die Weichen des Lebens längst gestellt, die Route scheint vorhersehbar, eingegrenzt, geregelt, sortiert. Punk? Eine Jugendsünde. Wie der Vater, der seinem Sohn zeigte, woher sein Name stammte. Für beide eine schöne Erinnerung. Nicht mehr.

Und dennoch: Der Geschmack des Punk schwängert den Mund mit der Süße des Lebens. Wer weiß, vielleicht ist ein Abend gelebter Jugendlichkeit die Keimzelle für Gedanken und Veränderungen? Vielleicht sind solche Abende der Rostlöser auf den Weichen des Lebens.

Liber Occulti: Die Katakomben von Paris

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Liber Occulti IV/MMXIV: Kennst du das Gefühl, in einem engen Raum festzustecken? Wenn die äußere Beklemmung dem Körper signalisiert: Hier kommst du nicht mehr raus! Adrenalin schießt durch den Körper, die Herzfrequenz steigt, die Pupillen erweitern sich zu schwarzen Löchern. Die Panik übernimmt die Regie, jegliche Rationalität wird ausgeschaltet.  Hektisch flackert die Stirnlampe des jungen Mannes als er spürt, wie der schmale Durchgang, in dem es kaum ein Vorwärtskommen gibt, über ihm zusammenbricht. Panisch schreit er: „Kriecht weiter! Kriecht weiter!“

Diese Szene aus dem Film „Katakomben„, der jüngst in den deutschen Kinos angelaufen ist, spielt nicht in einer fiktiven Unterwelt oder einer verzweigten Höhlenwelt, sondern unter dem heutigen Paris. Noch unter den Tunneln der pulsierenden Metro ist die Stadt durch ein uraltes und unzugängliches Geflecht von Stollen durchzogen, das sich in einer Tiefe von bis zu 35m auf geschätzten 300km unter dem Trottoir der Französischen Metropole ausdehnt. In einem kleinen Teil der Katakomben, der für die Öffentlichkeit zugänglich ist, liegen die Knochen und Schädel von über 6.000.000 Menschen – fein säuberlich geschichtet, gestapelt und kunstvoll drapiert.

Nachdem man die Stufen hinabgestiegen ist und der Lärm der Großstadt verhallt, ist warnt eine Inschrift am Eingang des einzigartigen Friedhofs: „Bleib stehen! Hier ist das Reich des Todes.“ Das Kunstlicht taucht die schmalen und mannshohen Gänge in ein schummriges Ambiente. Die längeren Knochen sind fein säuberlich aufgeschichtet, einer auf dem anderen bilden sie eine Wand, die bis zur Decke reicht. Alle halbe Meter findet sich eine Reihe Totenschädel, die wie ein Band die Gebeine durchziehen. Gelegentlich kann man einen Blick hinter die Mauer aus Schädeln erhaschen. Dahinter findet sich der Rest der Millionen Toten aufgeschüttet, kleinere Knochen, zerbrochene Schädel. Doch die offiziellen Catacombes markieren nur einen winzigen Teil des Tunnelsystems. Die restlichen Eingänge, die über das ganze Stadtgebiet verteilt sind, wurden größtenteils zugeschüttet oder zugeschweißt um den Zugang in das Labyrinth zu verhindern.

Die wenigen Zugänge, die es immer noch gibt, sind ein gut gehütetes Geheimnis der „Cataphiles“, wie man die Katakombenliebhaber nennt. Seit Jahrzehnten erforscht diese Subkultur die ungesicherten Stollen, erkundet und kartographiert die Gänge und feiert in größeren Gewölben auch manch düstere Feten. Immer wieder berichten Zeitungen von verschollenen Menschen, die sich auf eigene Faust in die gefährliche Unterwelt begeben haben und oftmals nicht mehr den Weg an die Oberfläche fanden. Durch das Internet hat der Katakomben-Tourismus in den letzten Jahren rapide zugenommen: „In Zeiten des Internets nimmt jedoch die Zahl der Besucher zu. In Blogs und sozialen Netzwerken berichten die „Katafans“ unter Pseudonym über ihre Entdeckungen oder stellen Bilder und Videos ein.

Ob der Kinofilm „Katakomben“ nun für eine neue Welle der Schaulustigen sorgt, ist unklar. Doch wie kam es überhaupt zu den Katakomben, wie sind sie entstanden und warum liegen dort 6 Millionen Menschen begraben?

Die Steinbrüche – Rohstoffe für ein imposantes Paris

Bereits im ersten Jahrhundert begannen die Römer damit, die Kalksteinvorkommen unterhalb der Stadt abzubauen. Das römische Lutetia – der antike Name der Stadt Paris – benötige zum Bau von Aquädukten, Tempeln und Palästen große Mengen des unterirdischen Kalksteins. Die Badehäuser und Statuen des alten Lutetia zieren heute immer noch die Binneninsel Île de la Cité und das Studentenviertel Quartier Latin. Zunächst baute man das Material in offenen Bergwerken außerhalb der Stadt ab, um sich seit dem 12. Jahrhundert auch immer weiter in die Tiefe vorzuarbeiten. Im Mittelalter waren die Steinvorkommen, wie auch der in Bergwerken gewonnene Gips und Ton unerlässlicher Rohstoff zum Bau von immer imposanteren Gebäuden. 1163 begann man mit dem Bau der legendären Kathedrale von Notre-Dame, 1190 baute König Philipp-August die Stadtmauer und den festungsähnlichen Louvre. Unter der Regierung der Bourbonen, dem Ancien Régime, kommt es in Paris zu einem regelrechten Baufieber, während die unterirdischen Stollen immer weiter und tiefer in den Erdboden gegraben wurden. Wie viele Arbeiter seinerzeit in den Steinbrüchen schufteten, ist unklar. Viele starben durch einstürzende Stollen oder erstickten an mangelnder Frischluftzufuhr. War ein Stollen erschöpft, grub man an anderer Stelle einfach einen neuen – zunächst interessierte es an der Oberfläche niemand, wie die Stadt die Stollen überwuchterte und die Bergleute den Untergrund der Stadt durchlöcherten.

Durch fehlende Sicherheitsmaßnahmen und mangelhafte Stollensicherung stürzte schließlich im Dezember 1774 ein Stollen unter der heutigen Avenue Denfert-Rocherau ein und riss Menschen und Gebäude in die Tiefe. Auch in den Stadtteilen Montmartre und Clamart sackten weitere Straßenzüge in den Erdboden. Drei Jahre später gründete man die Inspection Générale des Carrièrs (Generalinspektion der Steinbrüche) um sich der unterirdischen Welt anzunehmen. Die aufgegebenen Steinbrüche wurden kartographiert und man begann damit, durch das Einziehen von Decken, Böden, Mauern und Stützpfeilern die Gänge zu stabilisieren. Immer wieder grub man auch neue Gänge, um unbekannte Hohlräume aufzuspüren. Unter Inspektor Charles-Axel Guillaumot begann man diese Lebensaufgabe, die nach 23 weiteren Inspektoren einstellte, als man 1907 die Stabilisierungsmaßnahmen für beendet erklärte. Doch die Gefahr blieb stets präsent und von Zeit zu Zeit wird die Stadt an die Unterwelt zu ihren Füßen erinnert.

Wie an einem sonnigen Junitag 1961, als sich zwischen den Vororten Clamart und Issy-Les Moilineux die Häuser merkwürdig verbogen, während unter den Füßen der verdutzten Passanten ein dumpfes Grollen zu hören war. Und plötzlich verschwanden sechs Straßenzüge unter donnerndem Lärm in einer riesigen Staubwolke. Auf einer Fläche von sechs Hektar sind übereinander liegende Stollen der alten Kalksteinbrüche zusammengebrochen und haben die Wohnhäuser in die Tiefe gerissen. Wieder einmal. 21 Tote und 45 Verletzte sind die letzten Opfer der gierigen Ausbeutung des Untergrunds.

Katakomben – Vom Steinbruch zur Knochenkammer

Gegen Ende des 18. Jahrhundert stank es in Paris zum Himmel. Grund waren die überfüllten Friedhöfe inmitten der Stadt, denn trotz Hungersnöten und Seuchen stieg die Zahl der Einwohner und damit auch der Verstorbenen stetig. Besonders bedrohlich war die Situation auf dem Cimetière des Innocents (Friedhof der Unschuldigen), auf dem jedes Jahr etwa 3000 Bestattungen stattfanden. Eilig installierte Beinhäuser konnten die Lage nicht entschärfen, man verkürzte die Liegezeiten drastisch, um Platz für neue Leichen zu schaffen. Doch das Exhumieren der halb verwesten Leichen sorgte für ein weiteres Problem. 1779 starben in der nahe gelegenen Rue de la Lingerie einiger Anwohner des Friedhofs an den austretenden Faulgasen der Leichen.

Mittlerweile war keine freie Stelle mehr zu finden, überall wo neue Gräber ausgehoben werden sollten, lagen bereits Leichen. Man begann damit, die Toten auf dem Boden zu bestatten und mit Erde zu bedecken. 1780 stürzte die Außenmauer des Kellers eines benachbarten Hauses unter dem Druck der Friedhofserde, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits zweieinhalb Meter über Straßenniveau auftürmte, ein und ergoß einen Schwall halb verwester Leichen über die dort gelagerten Fässer und Vorräte.  Die Bürger empörten sich, so konnte es nicht weitergehen. Auf Anweisung des Polizeidirektors vom 1. November 1780 sollte der Friedhof geschlossen und geräumt werden. Doch wohin mit schätzungsweise 2 Millionen Leichen und Gebeinen?  1785 beschloss man, den Friedhof der Unschuldigen endgültig aufzulösen, denn durch die stillgelegten Steinbrüche unterhalb der Stadt eröffnete sich eine optimale Möglichkeit, die Leichen und Gebeine für immer zu entsorgen. Ein rund 11.000 Quadratmeter großer Bereich, der von der Inspection des Carrières bereits gesichert worden war, wurde zu Katakomben umfunktioniert. Durch einen Schacht in der Avenue René-Coty versenkte man die Leichen, die man vorwiegend nachts transportierte, in den Stollen. Im Laufe der folgenden Jahre schloss man auch die Friedhöfe St. Eustache de Paris und Saint-Landry und verlegte die Gebeine ebenfalls in die Katakomben.

1809 wehte frischer Wind in den Katakomben. Der 30-jährige Bergbauingenieur Héricart de Thury wurde zum Generalinspekteur der Carrières ernannt und war entsetzt über den Zustand und die Lagerung der Gebeine. Die Knochen waren einfach übereinander geschüttet worden und lagerten bergeweise in den unterirdischen Stollen. Er ordnete an, die Katakomben sorgfältig herzurichten. Die Knochen und Schädel wurden daraufhin kunstvoll aufgeschichtet, eingelassene Steintafeln und Holzkreuze belegen, von welchem Pariser Friedhof die Knochen stammen. Thury erkannte die Faszination, die dieser Ort ausstrahlte, und etablierte die Katakomben als Museum. Für interessierte Besucher richtete er Führungen ein, befestigte Wege und beleuchtete eine rund 2000m lange Galerie der Gebeine.

Zu den fünf Pariser Weltausstellungen zwischen 1855 und 1900 strömten Besucher aus aller Welt in die unterirdische Gänge, darunter auch zahlreiche Autoren, die sich von der Stadt unter der Stadt inspirieren ließen. Doch was spielt sich im nicht genutzten Teil der unterirdischen Gänge ab? Wer hat sich hier schon vor Recht und Gesetz versteckt? Lagerte man während der französischen Revolution zwischen 1789 und 1799 hier die Schätze der Privilegierten?

Geschichten, Legenden und Mythen

Keine Frage, wenn ein Ort für schaurige Geschichten geeignet ist, dann der Pariser Untergrund. Dem legendären Bandenchef Cartouche dienten die Gänge unter Montmartre als Zuflucht, von hier aus plante er seine erfolgreichen Raubzüge gegen den Pariser Adel, bevor er 1721 inhaftiert und letztendlich gerädert wurde. Die Kommunarden, eine Pariser Kommune die 1871 nach dem Deutsch-Französischen Krieg für eine sozialistische Verwaltung kämpfte, starben in den Katakomben einen grausamen Tod. Im Mai 1870 liefern sich Kommunarden und Regierungstruppen erbitterte Kämpfe. Ein Regiment aus Versailles konnte die Hauptstadt von den Aufständischen zurückerobern. Verzweifelte Kommunarden suchten Zuflucht im Pariser Untergrund. Als die Regierungstruppen die Ausgänge verbarrikadierten, saßen sie in der Falle. Mit Lampen stiegen die Truppen in die dunklen Gänge hinab und begannen eine mörderische Menschenjagd. Aufgespürte Kommunarden werden abgeschlachtet, ihr Blut ziert nach diesem blutigen Höhepunkt die Schädel und Knochen der dort begrabenen Toten.

1940 nutzen deutsche Besatzungstruppen die Katakomben während der Luftangriffe auf Paris als unterirdische Kommandozentrale, die sie nach der Kapitulation Frankreichs gegen deutliche noblere Gebäude auf der Oberfläche eintauschen. Es scheint Schicksal zu sein, dass die Résistance (französischer Widerstand) im Sommer 1944 den Aufstand gegen die deutschen Besatzer aus eben dieser Kommandozentrale koordiniert.

In den 80er Jahren sorgten die Cataphiles erstmals für aufsehenerregende Schlagzeilen. Die Presse redete von „schwarzen Messen“, „Satansorgien“ und titelte „Sex und Drogen in gruseligen Grüften“. Jacques Chirac, damals noch Bürgermeister von Paris, verbot die unterirdischen Partys nachdrücklich. In der Folge wurden zahlreiche Zugänge zugeschweißt oder zugeschüttet und eine Polizeieinheit für die regelmäßige Kontrolle gebildet. Wer erwischt wurde, hatte mit einem Bußgeld zu rechnen. Es wurde ruhiger um den Pariser Untergrund, glaubte man zumindest, denn die Leidenschaftlichen wurden einfach nur vorsichtiger.

Die letzte spektakuläre Entdeckung machte die „Brigade d’intervention de la compagnie sportive„, wie die Sonderabteilung der Polizei für die Katakomben heißt, vor rund zehn Jahren. 2004 entdeckte man rund 20m unter dem Chaillot-Palast ein 400 Quadratmeter großes Kino, in dem man nicht nur Filmrollen mit Krimis aus den 50er und 60er Jahren fand, sondern auch eine eingerichtete Bar. Mit Stolperdraht – der elektronisches Hundegebell auslöste – sicherten die illegalen Film-Fans den Zugang zu ihrem Kino, das aus dem öffentlich Stromnetz gespeist wurde, das man dafür anzapfte. Doch die Cataphiles hatten Wind von der Razzia bekommen und hinterließen eine trotzige Botschaft an der Wand: „Sucht uns nicht.

Solange es die Katakomben gibt, wird man sie finden, die Geschichten. Das war schon immer so. 1854 beschäftigte sich Alexander Dumas in seinem Roman „Les Mohicans de Paris“ mit den revolutionären Machenschaften im Untergrund. Victor Hugo inspirierte die Situation der Bergarbeiter 1862 zu seinem Werk „Les Misérables“, in dem ein aufständischer Arbeiter von der Polizei durch die dunklen Gänge gejagt wird. „Das Phantom der Oper“, nach der Vorlage von Gaston Leroux, führte 1911 auch in die Katakomben, genauer gesagt unter die Pariser Oper, wo sich das entstellte Wesen verborgen hielt. Und wer kennt sie nicht, die eindringliche Darstellung der stinkenden Zustände im mittelalterlichen Paris von Patrick Süskind in seinem Buch „Das Parfum“?

So sind die vielen Neugierigen wohl auf der Suche nach ihren ganz eigenen Geschichten, wenn sie durch den Untergrund kriechen. Sie suchen Schätze, entdecken Mythen, wandeln auf den Pfaden von Legenden. Sie suchen ihre eigenen Geschichten abseits der lauten und bunten Oberfläche.

Mehr Informationen?

  • Die Seite Quarries & Catacombs bietet enorm tiefgreifende und vielseitige Informationen über die Katakomben mit vielen Bilder und Karten (englisch)
  • Auf der offiziellen Seite der Katakomben gibt es die Möglichkeit, sich über Führungen und Ausstellungen zu informieren.
  • Die Zeit führte ein Interview mit Marc de Boni über die Faszination der Katakomben und die Leidenschaft der Cataphiles.
  • Auf NZZ Campus hat Robin Schwarzenbach einen sehr spannenden Reisebericht verfasst, der auch mit einer interaktiven Karte Einblicke in seine Tour gewährt.

Mein schaurig schönes Tagebuch – Episode 9: Kürbis Karneval

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Liebes Tagebuch, heute ist einer der Tage, an denen ich verwirrt bin. Zugegeben, ich bin an ziemlich vielen Tagen verwirrt, aber heute ganz besonders. Schuld ist Halloween, meine Überzeugung und natürlich auch die Kindheit. Aber von vorne. Ich fahre also heute von der Arbeit nach Hause und blicke verträumt aus dem Fenster während das Autoradio schwarze Hymnen dudelt. Meine Rückfahrt führt mich über die ländlichen Vororte der Stadt, die geprägt sind von kleinen Kapellen, Kreuzen und Jesusfiguren an denen eigentlich immer jemand eine brennende Kerze hinstellt, sie mit Kränzen oder Blumen verziert und sich um die Pflege bemüht. Heute war es anders, oder es fiel erst heute auf. Denn nicht die kleine Kapelle war mit Kerzen erhellt, sondern ausgehölte Kürbisse, die in den sauber gepflegten Vorgärten inmitten von anderen „gruseligen“ Dinge aufgestellt  waren. Nicht das es erst seit heute so ist, nein, schon mit dem schleichenden Tod der Grillsaison nutzten Supermärkte die entstandenen Freiflächen für Weihnachtsgebäck und eben diese Halloween-Dekorationen. Wisst ihr was ich gruselig finde? Wenn heute Abend verkleidete Kinder durch die Stadt gehen, vor den Türen mit großen Tüten um Süßigkeiten buhlen und womöglich auch noch frech werden, wenn man ihnen die Türe nicht öffnet. Ganz nach dem Motto: „Süßes oder Saueres!

Ich bin tatsächlich verwirrt, weil ich mich an einen christlichen Brauch erinnere, den viele unter dem Namen „Sankt Martin“ kennen und der ein paar Tage nach Halloween stattfindet. Ich fand den Tag immer schön. Da sind wir als Kinder mit selbst gebastelten Laternen durch die Stadt gelaufen, vor uns so ein Kerl auf einem Gaul, während eine mitlaufende Kapelle passende Lieder dudelt. Auf dem Platz, wo dann immer ein großes Feuer entzündet wurde, gab es dann immer eine Tüte mit einem frischen Weckmann. Und während ich damals den Kopf gegessen habe, erzählte der Kerl auf dem Pferd die bekannte Geschichte. Danach sind wir dann immer mit ein paar Leuten durch die Wohngegend gezogen und haben bei den Leuten geklingelt um ihnen ein Ständchen zu bringen. Mit Laternen und keiner Verkleidung. Als Belohnung gab es dann meistens Selbstgebackenes, Obst und manchmal auch Schokolade. Oh weh, was hatte ich am nächsten Morgen für Bauchschmerzen!

Woher nun meine Verwirrung? Nun ja, viele Jahre später beschäftigte ich mich mit dem Glauben, den Religionen und der Kirche. Ich beschloss, aus der Kirche auszutreten und auch keinen Hehl daraus zu machen, dass ich die Kirche und das mit den Religionen für völligen Mumpitz halte. Umgedrehte Kreuze finde ich nämlich nicht nur hübsch anzusehen. Heute morgen hört mein Unterbewusstsein dann genau zu, als ich meinem Arbeitskollegen erkläre, wie blöd ich das mit Halloween finde und wie schade es ist, dass zu Sankt Martin immer weniger Kinder die Straßen erhellen. Ein paar Stunden später, im Auto, während die besagte schwarze Hymne dudelt und ich über die Kürbisse nachdenke, schmiert mir dann mein Unterbewusstsein genau diese Erinnerung eiskalt auf das Butterbrot. Verteidige also ausgerechnet ich, der die Kirche, den christlichen Glauben und Religionen für doof und gefährlich hält,  genau diese Tradition? Wünsche ich mir tatsächlich wieder mehr Kinder, die mit Laternen durch die Straßen ziehen?

Eigentlich ist es mir völlig egal, was und wer da durch die Straßen zieht. Ich werde auch den Teufel tun mir eine Meinung darüber zu bilden, was für Kinder gut ist und was nicht. Hab ja keine Kinder. Keine Kinder die im Kindergarten Laternen basteln, die in der Grundschule Kürbisse massakrieren dürfen und sich anschließen gruselig verkleiden. Keine Kinder, die 2 Wochen vor Halloween ihre Eltern mit eben diesen gewonnen Erkenntnissen und der daraus abgeleiteten Wunschliste quälen. Ich fand es ja als Kind auch superschön mit meiner Laterne auf die Jagd nach Keksen zu gehen. In kindliche Umzüge eine religiöse oder antiimperialistische Ideologie zu interpretieren halte ich für völlig übertrieben. Doch wo zieht man die Grenze? Wann ist Schluss mit lustig? Jugendliche und spätestens „Erwachsene“ sollten doch wissen, was sie da tun. Ich erinnere mich an einen Tweet aus dem letzten Jahr, liebes Tagebuch, da hieß es:

Elend, dass die Jugend nicht mehr weiß, was man an Halloween feiert. Hätte Jesus den Riesenkürbis nicht besiegt, wären wir alle nicht hier.

— Sunshine Acid (@Snow_One) 31. Oktober 2013

Wenn das keine Satire wäre… das wäre wirklich traurig. Ich meine, was habe ich in den letzten Jahren nicht Erklärbärmäßig gebloggt! Eine ganze Serie mit dem Titel „Es muss nicht immer Halloween sein“ habe ich verfasst. Ein Sammelalbum der Klugscheißerei. Und wofür? Nur damit ich jetzt im Auto sitze und mich frage, warum ich etwas verteidige, was ich eigentlich ablehne. Super. Ich hatte doch eigentlich gehofft, dass aus dem Schreiben die ultimative Weisheit wachsen würde. Ist sie aber nicht. Höchstens eine Überzeugung. Die Überzeugung, dass ich Halloween doof finde, es total verwerflich finde dass heute niemand mehr weiß woher das alles kommt und diesen „Kürbis-Karneval“ total ablehne! Basta!

Das Unterbewusstsein unterbricht: „Aber Kinder mit Laternen sind okay?“ Hach verdammt, ich kann es mir nicht recht machen. Womöglich bin zu anpassungsfähig um meine Ansichten nach außen hin durchzuprügeln. Vielleicht fehlt mir auch die jugendliche Fixierung und Rebellion für EINE Sache zu kämpfen. Wenigstens kann ich für mich entscheiden: Da mache ich nicht mit! Außer heute Abend, da gehe ich vielleicht zu „All Hallows Eve“ ins TIC. Und jetzt halt bloß die Klappe, doofes Unterbewusstsein.