Stefan, den einige Leser unter dem Namen „Gruftfrosch“ schon in den Kommentaren lesen konnten, hat eine Leidenschaft für Dresden und seine Friedhöfe. Vor einer Weile war er auf dem Eliasfriedhof unterwegs um Eindrücke zu sammeln und einen kleinen Text über seinen Rundgang zu verfassen. Schön, dass er seine Eindrücke mit Spontis teilt um den Leser den beschaulichen Friedhof in Dresden näherzubringen:
Etwas unscheinbar liegt er da, flankiert von Güntz- und Ziegelstraße unweit des Sachsenplatzes – am Übergang der Johannstadt zur Pirnaischen Vorstadt – einer der schönsten und ältesten erhaltenen Friedhöfe Dresdens: Der Eliasfriedhof. Rauschen draußen noch die Autos hektisch an einem vorbei, wird es schlagartig still, wenn man durch das Tor in der Ziegelstraße tritt. Ganz so, als ob der dichte Baumbestand den Lärm unsrer Zivilisation abschirmen würde. Dann tritt man in eine andere Welt. Alte sandsteinerne Grabmale, von der Patina geschwärzt, teils schief, halb oder ganz kaputt durch jahrzehntelange Vernachlässigung oder Kriegseinwirkung vom 13.Februar 1945, pittoresk von Efeu und Farnen überwuchert, mal mehr mal weniger schmuckvoll, aber ganz einfach wunderbar in der Gesamtheit.
Uprünglich auf Geheiß Johann Georg II. angelegt um den Toten der letzten Pestwelle Herr zu werden, entstand der Eliasfriedhof 1680 weit vor den Toren der Stadt. Etwa ein Drittel der damalig etwa 15.000 Menschen zählenden Stadt kamen zu Tode. Sie wurden eilig aus der Stadt geschafft und vielmals in Massengräber verbracht.
Auch nach der Seuche behielt der Friedhof bei den „Höherständigen“ einen zweifelhaften Ruf. Sie zogen es weiter vor auf dem Frauenkirchhof nahe der Frauenkirche (nee, nicht die wir kennen, sondern ihr kleinerer gotischer Vorgänger) oder dem Johanniskirchhof unweit der heutigen Lingnerallee bestattet zu werden. Dieses relativ kostspielige Privileg konnte die ärmere Bevölkerung nicht in Anspruch nehmen. So wurde der Eliasfriedhof vom Seuchen- zum Armenfriedhof Dresdens. Auch Verbrecher, Selbstmörder, Zugereiste, Ungetaufte usw. fanden dort kostenlos oder für wenig Geld ihre letzte Ruhestätte.
Erst die Auflösung des Frauenkirchhofs mit dem Bau der barocken Frauenkirche von George Bähr führte 1724 zu einer Erweiterung des Eliasfriedhofes. Seine heutige Unscheinbarkeit war auch schon damals im Interesse der Obrigkeit. So heißt es als Bedingung für die Erweiterung: „dass der Gottesacker nicht zu nahe dem vor der Stadtmauer gelegenen kurfürstlichen Lustgarten komme und auch auf der Fahrt dahin den daran vorbei passierenden hohen Herrschaften „nicht sonderlich ins Gesichte“ falle.“ George Bähr höchstselbst gestaltete die Erweiterung schlussendlich. Für die wohlhabendere Klientel wurden sodann schmuckhafte barocke Grufthäuser mit Ziergittern entlang der Friedhofsmauern errichtet. Während die Särge unterirdisch lagerten, war ebenerdig der Gedenkraum mit Grabmal, Gemälden und Zierrat untergebracht.
Der Eliasfriedhof verlor daraufhin schnell seinen vormals schlechten Ruf und avancierte allmählich zu einem der beliebtesten Friedhöfer der Bürgerschaft des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. So wurden auch die Grabmäler neben den Grufthäusern immer prachtvoller und zeigen sich nicht nur in Barock und Rokkoko, sondern vor allem klassizistisch. Auch der romantische Maler Caspar David Friedrich gehörte zu den Gestaltern.
Seine Beliebtheit wurde dem Eliasfriedhof schließlich zum Verhängnis und er musste Mitte des 19.Jhd wegen Überfüllung geschlossen werden, da eine Erweiterung nicht mehr möglich erschien – war doch die Stadt längst an und um den Friedhof herangewachsen. Sein Zustand konnte so allerdings weitgehend konserviert werden. In der aufstrebenden und immer wohlhabenderen Industriestadt Dresden geriet er folglich in Vergessenheit und in einen Dornröschenschlaf. Zwischenzeitliche Pläne der Umgestaltung wurden nie verwirklicht. Vandalismus nach dem ersten Weltkrieg folgte die polizeiliche Sperre und 1924 die endgültige Schließung.
Eine Zäsur brachten lediglich die Zerstörungen des zweiten Weltkrieges, die den Eliasfriedhof jedoch weniger betrafen. Als herber Verlust muss jedoch die Zerstörung und Beseitigung des Totenbettmeisterhauses angesehen werden.
Sonst schlummerte der Friedhof auch zu DDR-Zeiten weiter, bis sich ihm in den 90er Jahren ein rühriger Förderverein annahm und seitdem Stück für Stück die zerstörten Grabmäler und Grufthäuser aufarbeiten lässt. Schön ist, dass sich der Charme der Anlage auch mit der schrittweisen Rekonstruktion bis heute erhalten hat.
Leider ist Zugang heute nur im Rahmen von Führungen, sowie am Tag des Offenen Denkmals (Zweiter Sonntag im September) und am Tag des Friefhofs (am dritten Wochenende im September) möglich. Es lohnt sich aber. Wer weitere Informationen über den Friedhof möchte oder die Quellen für die hier geschriebenen Fakten sucht, wird auf der Internetseite des Friedhofs, bei Wikipedia oder im Dresdner Stadtwiki fündig. Der Autor Christoph Pötzsch hat im Tauchaer Verlag ein kleines, informatives Buch mit dem Titel „Schicksale auf Dresdens Eliasfriedhof“ herausgebracht.
Text + Bilder: (c) Gruftfrosch
Ist es nicht schade, dass so ein schönes und ruhiges Fleckchen nur sehr eingeschränkt zugänglich ist?
Das sieht aber schön aus! Da weiß ich ja was ich nächsten September mache… Mal nach Hause fahren und Friedhof gucken.
Naja, wäre er ständig öffentlich zugänglich würde der Eliasfriedhof vermutlich nicht mehr so schön aussehen *Johannisfriedhof in Leipzig anschielt*.
Besten Dank, Robert. Der Link zum Tag des Friedhofs funktioniert nicht, wie ich sehe.
@Marcus. Immerhin ist er so halbwegs sicher. Andere Friedhöfe in der Stadt wie den Johannisfriedhof, der nicht minder schön ist, besuche ich immer weniger gern. Überall wird zerstört, geklaut, vor allem Buntmetall. Da werden Kreuze umgetreten, Ziergitter abgeflext. Selbst Urnen und 100 Jahre alte Grabplatten sind nicht mehr sicher.
Meine Frage war keine Kritik an der Tatsache, dass der Friedhof nur eingeschränkt zugänglich ist, sondern vielmehr ein Ausdruck der Trauer, dass ein Friedhof vor Vandalen und Dieben geschützt und dadurch seine Zugänglichkeit beschränkt werden muss.
Der Eliasfriedhof in Dresden sieht nicht nur schaurisch schön aus, sondern ist auch historisch gesehen ein Besuch wert.