„um ihnen die Augen zu öffnen, damit sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Herrschaft des Satans zu Gott, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbteil unter denen, die durch den Glauben an mich geheiligt sind!“ (Aposteln 26:17) Habt ihr sie bemerkt? Fühlt ihr euch anders? Habt ihr IHN bemerkt? Auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig war eine starke, christliche Macht anwesend. Wie ich durch dunkle Kreise erfahren habe, sind auf dem WGT 2014 Missionare der „European Initiative“ unterwegs gewesen um herauszufinden, ob die Besucher des Wave-Gotik-Treffens an Gott glauben. Dabei ist erschreckendes ans Licht gekommen! Kaum einer der Befragten konnte sich mit Gott, dem christlichen Glauben oder einer Religion identifizieren. Das deckt sich mit dem Eindruck der Initiative, dass Europa ein christliches Armenland ist. Die auf ihrer Internetseite (könnt ihr selber googeln) präsentierten Statistiken sind besorgniserregend: Weniger als 4% der Europäer besuchen die Kirche regelmäßig, die europäische Selbstmordrate ist höllisch hoch und geboren wird hier auch kaum jemand. 85% der Deutschen – also wir – haben keine Hoffnung für die Zukunft! Europa ist verloren! Europa ist krank!
Glücklicherweise sind die Menschen der Initiative hilfsbereit und lassen uns nicht allein mit unseren Problemen. Missionare strömen aus, um an Brennpunkten des christlichen Desinteresses anzugreifen und die verlorenen Schafe wieder zu Herde zurückzuführen. So auch auf dem WGT 2014. Erfahrene Missionare, die extra aus den USA eingeflogen wurden, haben den Kontakt mit den Gothics gesucht, sie befragt und sie in Gespräche verwickelt. Ein selbstgedrehtes Video dient als Beleg ihrer Aktivitäten. Das Grabesmond Nocturna nach ihrem Glauben befragt wurde, wundert nicht weiter, prangte doch ein christliches Kreuz auf ihrer Stirn. Richtig herum! Vermutlich erhofften sich die Missionare einen Lichtblick im Getümmel der Sünde. Doch ihre Hoffnung wurde jäh zerschlagen, als ihnen Grabesmond „i don’t care about christian Religion“ entgegenschleuderte. Auch Elisa Tag (vormals Sophia Intolerantia), die den Missionaren mit ihrer Brille ganz frech den Spiegel vorhält, zeichnet sich durch geballte Blasphemie aus – sie behauptet sogar, ihr eigener Gott zu sein!7
So, Schluss mit lustig! Das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig war der Initiative also eine Kampagne wert, schließlich ist hier die Dichte an „Ungläubigen“ und „Andersdenkenden“ schon seit Jahren besonders hoch. Was den US-Amerikanischen Missionare entgangen sein dürfte, ist die Tatsache, dass es bereits seit Jahren einige Menschen innerhalb der Szene gibt, die sich offen zum christlichen Glauben bekennen und sogar gut besuchte Gottesdienste auf dem WGT veranstalten. 2013 schmückte sich die Veranstaltung „Rabe & Kreuz“ mit einem Spruch von diesem Jesaja: „Deine Sonne wird nicht mehr untergehen und dein Mond nicht den Schein verlieren; denn der Herr wird dein ewiges Licht sein und die Tage deiner Trauer sollen ein Ende haben.“ Die Töne sind seichter, die Idee dahinter scheint ähnlich: Schluss mit Satan! Schluss mit der Trauer! Glaubt wieder an Gott und seid fröhlich.
Mir persönlich ist es ja egal, was und an wen die Gothics so glauben. Erschreckend finde ich – im Gegensatz zu der genannten Initiative – die Tatsache, dass sich die schwarze Szene im Laufe der Jahre als Magnet aller möglichen Ideologien und Weltanschauungen etabliert hat, die seit Jahren krampfhaft versuchen, die schwarzen Gestalten für sich oder ihre Ideen zu vereinnahmen. Womöglich liegt es an den Reibungspunkten, die Musik oder Symbolik bieten oder an der vielbesagten „Toleranz“ der Szene. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Gothics sich allein schon aus Interesse mit Religionen, Glauben und allerlei Mystischem auseinandersetzen und damit auch ihre eigene Überzeugung in Frage stellen. Mein Appell an alle Parteien, Kirchen, Initiativen, Glaubensgemeinschaften und andere artverwandte Organisationen: Sucht euch doch eine andere Veranstaltung um eure Sicht der Dinge zu verbreiten. Das WGT ist nicht die Projektionsfläche eurer Überzeugungen. Achja und meine lieben US-amerikanischen Missionare: Kehrt doch mal lieber vor der eigenen Haustüre, okay? Aber genug von meiner Moralpredigt. Hier das durchaus sehenswerte Dokument einer hoffentlich erfolglosen Missionierung:
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich mir auch ein klein wenig Sorgen mache. Wie steht es um Grabesmond, Elisa und all die anderen Interviewten? Ist die Missionierung erfolgreich gewesen? Wart ihr in der Kirche? Habt ihr IHN gesehen? Ich würde mich freuen von ihren Erfahrungen in den Kommentaren zu lesen.
Auf dem WGT gibt es doch einen christlichen Gottesdienst. Wer Humor versteht, gibt es ein Buch von Claudia Eggert „Ich war ein Gruftie’… sehr lustig und absurde Klischees von Blut trinken und Leichen ausbuddeln.
ein Top Bericht und ein sehr gutes Video. Also wenn irgendwo der Geist Jesu zu spüren ist, dann wohl auch gerade auf dem WGT. Zumindest bei der Mehrzahl der Besucher. Ein freundlicher und hilfreicher Umgang miteinander in Feierstimmung.
Die religiösen Eiferer und Missionare haben wohl gerade wieder Hochsaison, seien es die christlichen oder die muslimischen. Hätte ich etwas zu sagen, wäre das zumindest öffentlich verboten. Dagegen merke ich allerdings auch einen grossen Verlust der dauernden, edlen menschlichen Werte wie Füreinander, Verlässlichkeit, Treue, Ehrlichkeit, Barmherzigkeit, Güte, Liebe, Teilen usw. Wo oder wie können diese Werte heute noch vermittelt werden. In der Schule über den Ethik-Unterricht, sofern es welchen gibt vielleicht. Bei mir und meinen Eltern und Grosseltern war es der Religionsunterricht. Er hat aber trotzdem keinen der 2 Weltkriege verhindert… Ich gestehe, ich bin ratlos.
Oh, solche Vögel laufen da auch von hierzulande rum, ich glaub 2006 drückte mir ein debil grinsender Mensch vor der Agra ein kleines Heftchen mit einem Comic in die Hand – „Tu es nicht! Selbstmord ist scheiße!“ – oder sowas ähnliches, auch von irgend einem religiösen Verein.
Lustig war das Blättchen ja beinah schon, zumindest selbstmordgefährdet war ich in meinem ganzen Leben noch nie. Liegt auch nahe das man des Lebens müde ist wenn man sich g’scheit aufrüscht und sich so mal nen schönen abend macht. Oder ein schönes Festival.
Mirist es wurscht wer woran glaubt, alles hat irgendwo seine Berechtigung, solang das Dogma nicht in das Leben und die Entscheidungen andere Menschen einzugreifen versucht. Weil das nichts „göttliches“ ist, sondern der verzweifelte Versuch von Menschen, denen Abweichungen von eigenen, beschränkten Lebensbild, nicht in den eigenen Kram passen wollen. Also muss im Namen einer höheren Instanz gewettert werden. Pure Ausrede.
Ich finde, niemand ist ferner einer spirituellen Einsicht, als Leute die auf dem Dampfer schwimmen.
Frage mich nur was der Abfall des christlichen Glaubens mit einer erhöhten Selbstmordrate zu tun haben soll…
Ich denke die Selbstmordrate lässt sich eher an den hohen Leistungsdruck der Umwelt und die damit einhergehende Vernachlässigung der Psyche und der Seele festmachen, welche die Kirche oder andere Religionen nicht (mehr) kompensieren können.
Und die Amis müssen sowieso alles mit entsprechenden Bildern und Musik untermalen um die Leute weichzuspülen – erst der vermeintlich „düstere“ Klang und dazu ausgesuchte Leute ins Video schneiden um dann im Anschluss das Thema „Hoffnung auf Veränderung“ mit ebenso entsprechender Hintergrundmusik einzustimmen – eine Methode, die leider auch in der Politik funktioniert.
Aber das mit den „Missionaren“ auf dem WGT scheint wohl eher das geringste Problem zu sein – in anderen Teilen der Welt berauben diese Leute den letzten verbliebenen Naturvölkern ihrer Identität, indem sie denen eine ihrer Umwelt völlig entgegengesetzte Glaubensvorstellung einimpfen wollen und damit leider sehr erfolgreich sind – das nennt sich dann Zivilisation.
Genug der Nöselei: Odin statt Jesus! Oder denen einfach mal das alte Cover von Christian Death’s (Valor) Jesus Christ Superstar vor die Linse halten! :D
Um ehrlich zu sein, erscheinen mir diese Leute ein wenig fanatisch zu sein und Christ bedeutet nicht Kirchengänger… Jesus selbst wanderte wohl durch die Welt. Alles andere war menschliche Auslegung, nicht wahr?
@Noire Mari: Genau, von dem christlichen Gottesdienst auf dem WGT sprach ich auch im Beitrag.
@Beatrice:
In gewisser Weise gebe ich Dir Recht. Die Bibel war der erste moralische Leitfaden, der Werte innerhalb unserer Gesellschaft geprägt hat. Heute prägt die BILD-Zeitung Moral und Ehtik-Verständnis. Wir stehen allein in einer Welt, die immer kleiner wird und kulturelle Unterschiede in Ethik und Moral immer häufiger zu Reibungspunkten macht. In China essen sie Hunde? Hier essen sie Kühe! Wo ist der Unterschied? Wir leben in einem Überangebot an Lebensentwürfen und fühlen uns allein auf weiter Flur ohne einen Fahrplan zu Glück und Seeligkeit in den Händen zu halten. Ja, es ist schwierig, aber nicht unmöglich. Blöd, dass es an jedem Einzelnen liegt und wir alle in der Verantwortung stehen, solche Werte zu vermitteln. Ein Patentrezept kann ich auch nicht bieten.
@Aristides:
Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und Religion (in diesem Fall) im Allgemeinen nicht zum Thema machen. Das hat auch Veranstaltungen, auf denen sich hunderte Weltanschauungen versammeln, nichts verloren und sorgt immer für Streitigkeiten. Religion ist schwierig, gerade wenn man versucht darüber zu diskutieren. Im Namen der eigenen Religion zu agieren – so wie du es ansprichst – ist dagegen häufig fatal und geht meiner Ansicht nach immer nach Hinten los. Der Mensch ist faul und wenn jemand in einer Religion die Antworten für seine Fragen findet, über die er sich selbst keine Gedanken machen will, bitteschön.
@Schwarzkittel: Wie bereits erwähnt, finde ich diese Form der Einmischung absolut indiskutabel. Warum können wir uns nicht einfach in Ruhe lassen? Was im kleinen und belächelten Rahmen auf dem WGT stattfindet ist nur eine Light-Version der Missionierung von Naturvölkern. Das Problem ist das Gleiche, die Auswirkung sind anders.
@Arbogaz: „Jesus selbst wanderte wohl durch die Welt. Alles andere war menschliche Auslegung, nicht wahr?“ Wie meinen?
Ach du Schande, dass diese Leute einmal so dreist werden, hätte ich mir auch nicht träumen lassen…
Das Video sagt ja schon alles, wie sie dem einen Herren dann zu zweit die Hände auf die Schulter legen und etwas sagen. Wahrscheinlich haben sie ihn exorziert :)
In Amerika hätte ich so was erwartet, aber dass sie extra hierhin kommen, um uns zu missionieren, finde ich ziemlich unglaublich. Mich wundert es nur, dass manche Leute sich das überhaupt mehr als 30 Sekunden lang angehört haben….
Ich nehme an – und so habe ich auch schon von „Betroffenen“ gehört – man hat sich nicht vorgestellt und von seinen Absichten erzählt. Ich kann mir jedenfalls gut vorstellen, dass sie viel weniger Interviewpartner bekommen hätten, wenn sie mit einem gut gelaunten: „Hey, wir sind Missionare aus den USA und wollen mit Deiner Hilfe demonstrieren, wie krank Europa ist und wie dringend es einer Heilung bedarf!“ :-)
jesus christ…super star……
Irgendwie sehe ich zwischen „höllisch hoher Selbstmordrate“, starker Tendenz zum Atheismus, niedriger Geburtenrate und dem WGT, der schwarzen Szene und deren Ideologien – wenn es die denn überhaupt gibt – gerade keinen Zusammenhang? Sind steigende Selbstmordabsichten, Religionsüberdrüssigkeit, der Wunsch nach Kinderlosigkeit „gruftie-typische“ Merkmale oder nicht viel eher ein allgemeines, europaweites, sogar US-amerikanisches Problem? Seit Bau der Golden Gate Bridge in San Francisco sind dort über 1.500 Menschen in den Tod gesprungen, die Religionsgemeinschaften und Kirchen haben seit Beginn des Industriezeitalters kein Konzept für eine zeitgemäße, zukunftsorientierte Religion vorgelegt und das in unseren übersättigten, einfallslosen, konsum- und kapitalorientierten Gesellschaften Europas niemand mehr Kinder in die Welt setzen mag, weil Löhne und Gehälter kaum zum Bestreiten des Lebensunterhalts einer einzigen Person ausreichen wundert mich kein Stück. Und angesicht immer wieder vorkommender Amokläufe, Todesfälle durch Gewaltverbrechen, Drogenproblematik, Umweltversauung, Rassentrennung in den USA hätten amerikanische Missionare vor allem vor der eigenen Haustür einiges zu kehren – so sie denn überhaupt in der Lage sind, die antiquierte, verstaubte und auf Verboten, Maßregelung und Verweigerung basierende Botschaft des Christentums so aufzubereiten, daß sich damit noch jemand ködern oder gar bekehren läßt.
Wenn im Jahre 2014 noch christliche Missionare auf Events wie dem WGT versuchen, Anhänger der schwarzen Szene für Ihre Interessen zu fangen bestätigt mir dies nur, daß all die Vorurteile, die Waver, Goths und Grufties bereits durch Presse- und Medienberichte in den 80er Jahren (Quick, Bunte, BILD) über sich ergehen lassen mußten auch heute nicht beseitigt sind und das westliche Religionen vor allem eines NICHT sind – objektiv, entwicklungsfähig, wahrnehmungsbereit, undogmatisch, offen – jedoch nicht weniger fundamentalistisch, als es den Islamisten nachgesagt wird. Und als Ex-Waver der zweiten Generation Mitte der 80er Jahre kann ich sagen: Das hat mich damals im Alter von 14, 15 Jahren bereits so an Religionsgemeinschaften abgenervt, daß sich bis heute an meiner Haltung diesen gegenüber nichts verändert sondern mir eher bestätigt, um diese einen Bogen zu machen. Vielleicht sollten sich sowohl aus- als auch inländische Glaubengemeinschaften einfach mal unsere Verfassung ansehen und feststellen, daß wir in Demokratien leben, die Religionsfreiheit beinhalten – und das schließt auch das Recht auf Nichtausübung und/ oder Nichtanhängerschaft einer Religion ein. Wer den christlichen Glauben für attraktiv hält, hat europaweit jederzeit die Möglichkeit, dessen Gemeinschaften aufzusuchen und Kontakt aufzunehmen, ohne daß man Rekrutierungs-Armeen durch die Lande schicken muß, oder gar versucht, vermeintliche Satanisten oder gottlose Anhänger der schwarzen Szene auf den vermeintlich rechten Weg zu bringen. Allein die Tatsache, daß Kirchen und Glaubensgemeinschaften dies für erforderlich halten zeigt doch, wie zurückgeblieben und eingeschränkt die denken und handeln?! Zudem möchte ich in Frage stellen, daß es den Kirchen wirklich um Religion und uns geht, vielmehr haben sie aus meiner Sicht angesichts schwindender Mitgliederzahlen Angst vor Machtverlust, Verlust ihrer Finanzkraft und ihres gesellschaftlichen und politischen Einflußes.
Mit jedenfalls war wie gesagt bereits Mitte der 80er Jahre klar, wie inhaltslos, verbraucht und perspektivlos menschliche Existenz ist. Ich brauche, brauchte und wollte niemals eine Religion, die mir etwas anderes suggeriert, mich täuscht, mir den Glauben an etwas gibt, was zuvor nie bewiesen werden konnte. Religion war und ist für mich immer wieder nur Katalysator und Aussicht auf die vage Hoffnung sich mit unserer zeitlich begrenzten Existenz und deren Ende durch den unvermeidlichenTod abzufinden – und gerade deshalb war ich in den 80ern ein Waver, habe mich bewußt von einer Gesellschaft abgegrenzt, die außer Konsum, Krieg, Gewalt, Umweltzerstörung, Anpassung, un-artgerechter Haltung von Menschen, Erfolgsdruck kaum etwas zu bieten hat, habe mich mich dem Tod auseinandergesetzt, ihn zu akzeptieren gelernt und ein Stück weit auch mit ihm geflirtet, weil er für jeden von uns unverweigerlich kommt und eines der wenigen gemeinsamen Dinge im Leben aller Menschen ist – ob nun mit Gütesiegel und Aussicht auf Seelenheil und ewige Glückseligkeit durch eine kirchliche Institution, deren Dogmen und bisweilen absurden Ritualen man sich zuvor ein Leben lang unterwirft oder eben ohne. Wenn mir meine Zeit in der schwarzen Szene etwas gegeben hat dann war das der Verlust der Angst vor dem Tod und das Gefühl, einer schwarzgekleideten Minderheit anzugehören, die bereit ist, sich existenziellen Fragen zu stellen – ohne das Religion dies je bei mir vermocht hätte. Meine Enttäuschung über meine Umwelt, meinen Frust, meine Depression, meine Angst über das damalige Zeitgeschehen (kritiklose Konsumorientierung, kalter Krieg, atomare Bedrohung, massive Umweltzerstörung, gesellschaftliche Ausgrenzung Andersdenkender und Minderheiten), all das hat das Tragen ausschließlich schwarzer Kleidung, nadelspitzer Lederschuhe und stacheliger Frisuren für mich symbolisiert, mein Innerstes nach Außen gespiegelt, meine Stimmung und meine Trauer über meine Umwelt wiedergegeben. Nur um dann von im Denken limitierten und von vornherein sowieso subjektiven Gemeinschaften wie Kirchen als Affinität zu Satanismus, Gottlosigkeit und Hedonismus interpretiert zu werden und deren Unverständnis und Ablehnung zu provozieren, wo Verständnis, Neugier und Dialogbereitschaft sein sollten. Religion hat mir persönlich nie Antworten geben können, jedoch jede Menge Zweifel und Fragen an den Menschen aufgeworfen, die jahrhundertelang im Namen eines Gottes gemordet, getötet, gefoltert und unterdrückt haben und dies noch heute tun, egal welcher Glaubensgemeinschaft sie angehören. Wen wundert’s, wenn man sich da abwendet und mit Religon nichts mehr zu tun haben will? Ian Curtis, Robert Smith, Dave Gahan und Martin Gore, Rozz Williams und viele andere Künstler haben mir mehr vermitteln können, mehr Fragen beantwortet und mehr neue Fragen aufgeworfen als Religion das jemals hätte können.
Vielleicht sollten sich zeitgenössische Missionare also andere Zielgruppen suchen, die leichtgläubiger, naiver, beeinflußbarer sind und die Interesse daran haben, Machtapparate wie die des Vatikans und der Kirchen weiterhin bedingungslos und fraglos zu unterstützen und aufrecht zu erhalten. Oder sie lassen andere Menschen einfach so leben wie sie es für richtig halten und suchen sich für die nun verfügbare Zeit eine wirklich sinnvolle Beschäftigung.
Fast schon schade, dass diese Missionare mir nicht über den Weg gelaufen sind. Da hätte ich etwas zu lachen gehabt… Erstaunlich, was so alles meint, beim WGT seine Zielgruppe gefunden zu haben. Wobei ich das in seiner Naivität noch für harmlos bis lustig halte. Im Gegensatz z. B. zu Bemühungen, hier Schulen mit freikirchlichem Träger aufzubauen, in denen dann Kreationismus gelehrt werden kann. Bei der Idee, Kinder bewusst zu verdummen, wird mir eher schlecht. Aber ja, ich weiß, andere Baustelle…
Was will man auch vom WGT erwarten….missionierende Religioten, rosa Einhörner und dumpfe Nazihohlbratzen
@Markus: Gutes Statement. Wie wir bereits in zahlreichen Interviews erfahren mussten, sind die „schwarzen“ mit einer gewissen Form der Überzeugung in der Unterzahl. Schlimmer noch, Kirche und Gothic schließt sich nach meinem Empfinden völlig aus – denn das Tragen einer traditionell christlichen Trauerfarbe, das Spiel mit der Symbolik, das Interesse für Mystik und Okkultismus sind doch alles definitive Inhalte der Gothic-Kultur und stehen damit im direkten Widerspruch zur Kirche und Religion. Meiner Meinung nach geht das irgendwie nicht zusammen. Wie ich aber schmerzhaft erfahren musste, geben die meisten der „Szeneangehörigen“ der Farbe ihrer Kleidung keine besondere Bedeutung. Und das finde ich ganz persönlich sehr traurig. Womöglich bin ich deswegen deiner Ansicht so „nahe“, weil ich das ganz ähnlich sehe.
Diesen Trend „Gothic-Christ“ ist für mich ein „rotes Tuch“ (in unserem Fall ein buntes Tuch) Wie gesagt, ich möchte niemanden seinen Glauben madig machen oder kritisieren, doch die Frage, wie man das miteinander vereinbart und welche Bedeutung „schwarz“ hat, muss erlaubt sein.
Naja, auf dem WGT treiben sich eh alle rum. 97/98? waren die Jesusfreaks mit einem Bus angereist (haben aber nicht missioniert), dieses Jahr war eine Tochter von LaVey da. So what?
Kein Problem, Waldmeister, mir ist letztlich egal wer an was glaubt, warum und wieso. Leben und leben lassen, das gilt für alle Seiten. Selbstverständlich bleiben Fragen, die ich stellen möchte. An Jesus-Freaks, an Missionare, an politische Parteien und an Verlage, die mit ihren Ständen und Menschen in den Refugien wildern, in denen ich mich wohlfühle.
Dieses Jahr waren sie auch wieder unterwegs. Getarnt als harmlose Besucher, die im Laufe eines lockeren Gesprächs dann von ihren Erfahrungen mit Jesus berichten.. Ganz schön skuril!
@windcrow: Ja, ich glaube ich habe das auch im Vorbeigehen im Heidnischen Dorf beobachtet oder belauschen können. Haben Sie dich auch „bekehren“ können? :)
Ja, ich kann die Beobachtung bestätigen. Als wir auf dem Weg zu Estampie waren haben hörten wir quasi im Vorbeigehen, wie „Bekehrungen“ vorgenommen wurden. Voller Feuereifer wollte ich mich den „Ketzern“ nähern als mich meine Begleitung mit einem geschickten Griff in den Kragen und einem sanften aber bestimmten „nafnafnaf“ zurück riss. Dabei wollte ich ihnen doch nur von Münster erzählen…