„Horrorpunk ist die perfekte Mischung aus Punk-Rock, Rockabilly, Gothic und Heavy Metal, gepaart mit der Atmosphäre klassischer Horrorfilme und dem Trash-Faktor der 50er Jahre Grusel-Comics. Horrorpunk ist düster und subversiv aber gleichzeitig lebensbejahend und ein Garant für gute Laune“ Schöne Zusammenfassung, nicht von mir sondern von Thorsten Wilms, Chef von Fiendforce Records, einem der bekanntesten Label für das Horrorpunk Genre. Aber eins nach dem anderen.
Mit dem Punk der 70er Jahre wurde alles das verwurstet, was provozierte und anders war. Als die englische Band The Damned 1976 in das Horn der Dilettantismus bliesen und ihren Punk spielten, brachten sie eine ganz neue Thematik in die Musik, den Horror. Inspiriert durch alte Horrorfilme und B-Movies brachten sie nicht nur typische musikalische Elemente unter, sondern schmückten auch sich mit Elementen der Filme. Streifen wie Nosferatu (1922) oder auch TV-Serien wie The Munsters und die Addams Family (1964) wirken nach heutigen Maßstäbe eher lustig, sollte aber einmal Stilprägend für den Horrorpunk werden. 1977 gründeten sich The Misfits 1, bei denen sich all diese Dinge in einer einzigen Band manifestierten und damit den Grundstein für das Genre Horrorpunk legten.
Punk, die Ursuppe für alle alternativen Musikstile hatte einen neuen Ableger. Anders als bei der ebenfalls zu dieser Zeit aufkommenden Gothics (die hießen damals noch nicht so) stand Trash im Vordergrund, nicht die Romantik, schwarz wurde in Form von Leder getragen und nicht in Samt. Denn Bands wie Siouxsie & The Banshees und Bauhaus entwickelten sich rein äußerlich zwar ähnlich, gingen jedoch musikalisch in einer andere Richtung. Trotzdem war die Schnittmenge zwischen Horrorpunk und Gothic zu dieser Zeit sehr stark, was die Auftritte der verschiedenen Bands im Batcave zeigten. Es wundert also nicht, das aus diesen Gemeinsamkeiten wiederum eine neue Subkultur entstand, die Batcaver. So könnte man heute sagen, das die Batcaver die Brücke zwischen dem Horrorpunk und dem Gothic schlagen, die Affinität zur Horrorthematik ist ebenfalls bei den Psychobillys und Rockabillys zu finden.
Horropunk, Gothic, Billy? Wie bitte? Gab es früher alles nicht, wenn überhaupt, so kann man den Begriff Darkpunk in einigen einschlägigen Magazinen aus dieser Zeit nachlesen, in Deutschland meist Düsterpunks genannt. Die Kategorisierung und Abgrenzung nach heutigem Stil fand erst viel später statt und sind eigentlich nur Tribut an den Drang zu Individualismus, nehme ich jedenfalls an, Augenzeugen mögen mich in den Kommentare korrigieren. Den Punkrock und die Horrorelemente haben jedoch alle erwähnten Subkulturen auf ihrem Plan. Die Horrorstreifen der 80er waren auch für mich sehr inspirierend.
Als Erkennungsmerkmal wird das von den Misfits geführte Maskottchen Crimson Ghost geführt, der erstmals in dem Film „Der Mann mit der Totenmaske“ 1946 in Erscheinung trat. Das typische Outfit des Horrorpunk ist zwar meist etwas bunter, dafür mit weniger Accessoires ausgeschmückt als beim Goth von Heute. Elemente der Wave Szene sowie des klassischen Punks werden eingesetzt, aber nicht übernommen.
Horrorpunk heute? Deutschland ist Dreh und Angelpunkt der Horrorszene, liegt bestimmt an unserem morbiden Grundcharakter. Nach einer lange Durststrecke erlebte das Genre Mitte der 90er ein Renaissance, die sich auch in der Wiedervereinigung der Misfits 1995 spiegelte, die sich 1983 eigentlich aufgelöst hatten. Leider erscheinen sie heute nur noch als Schatten ihrer Selbst, Horrorpunk wird von ganz anderen Bands weitergeführt. Blitzkid, Balzac und The Other 2 hört man heute, vieles spielt sich nach wie vor im Underground ab und das ist gut so. Die Horrorpunks sind eher links bis unpolitisch orientiert und haben mit rechten Tendenzen wenig zu tun.
Kommt das Ei vor dem Huhn? In diesem Fall ja, inspiriert durch eine Frage in diesem Kommentar überspringe ich einen Artikel zum Punk und widme mich gleich einem artverwandten Ableger. Ein Artikel über Punk ist natürlich in Arbeit (immer noch), aber schwierig, schließlich tut man sich schwer eine Hommage an den eigenen Vater (oder Mutter) zu schreiben.
Achjaaaa die Misfits *seufz* Reden wir besser nur drüber was sie damals gemacht haben und nicht womit sie eigentlich in letzter Zeit in den Schlagzeilen waren.
An The Other bin ich damals gekommen weil sie hier bei uns spielten und ich dadurch sporadisch Kontakt zu deren ehemaligen Bassisten hatte (Jetzt immer noch, aber er ist ja nicht mehr mit dabei).
Live bei uns war ihr Konzert noch zweigeteilt. Die erste Hälfte spielten sie als Misfits-Coverband und die zweite als The Other. Ihre Einflüsse waren klar heraushörbar ;) Aber ich finds toll wenn das was die Misfits angefangen haben, weitergeführt wird, wo sie selbst doch nicht mehr in der Lage dazu scheinen. Danke für deinen Artikel hierzu :)
Ich werfe einfach mal „Murderdolls“ und „Wednesday 13“ ins Rennen. Geht wohl auch in die Richtung, und finde ich ziemlich spaßig :)
o.o Wenn wir schon beim reinschmeissen sind…Chrimpson Ghosts..Blitzkid…^^
@Ricarda: Man sollte aufhören wenn es am schönsten ist und einsehen, das irgendwann andere besser machen. Über die jetzige Situation brauchen wir wohl nicht mehr reden. Auch ich finde es toll, wenn Bands alte Stile gekonnt aufgreifen und weiterentwickeln.
@Vizioon: Vielen Dank für deine Einwürfe und eins ist immer wichtig: Spaß muss es machen, ernste Musik haben wir schon genug.
@MuskelBieber: Yeah! Crmison Ghosts – Death from above, danke für den Tipp!
Zu den Misfits … ich habe mich mal ein wenig dazu ausgelassen (:
Dass viele derzeitig aktive Bands ihren musikalischen Stil aufgrund des Mainstreams ändern, weiß mittlerweile jeder von uns. Beispiele hier anzuführen ist wohl überflüssig.
Doch auf eine Band möchte ich ganz besonders eingehen.
Seit mittlerweile vielen Jahren verfolge ich die Aktivitäten der (‚legendären‘) Horror-Punk-Band (The) Misfits. Klar muss man hier zwischen den ’neuen‘ und den ‚alten‘ ‚Fits unterscheiden.
Seit 1977 machten sie mit Gleen Danzig (mittlerweile mit seinem Musikprojekt Danzig, vorher mit Samhain aktiv) bis 1983 die amerikanische Punkszene unsicher. Hierbei kreierten sie tatsächlich noch ihren eigenen Stil. Oft von Horrorthemen und B-Movies beeinflusste Texte, der legendäre Crimson Ghost als Masskottchen und natürlich nicht zu vergessen die bekannte Devilock als Haartracht machten die Misfits schnell unverkennbar.
Doch was ist geschehen? Nach einer Reunion durch Jerry Only (Bass) 1995 lebten die Misfits erneut. So sollte es zumindest sein.
Mit neuem Sänger, Gitarristen und Schlagzeuger, die übrigens häufig wechselten, ging die Horrortour weiter. Doch diesmal mit neuem Klang.
Aus dem durch den 50er Pop geprägten Gesang Danzigs, der auch als ‚Elvis from hell‘ oder ‚Evil Elvis‘ bezeichnet wird, und der schlechten, punkartigen Aufnahme der Instrumente durch fehlende Mittel ist eine überproduzierte, metallastige Instrumentalisierung geworden begleitet von einem nicht mehr sehr Rock’n’Roll-angehauchtem Vokalisten.
Gut, ich gestehe, ich bin von diesen ’neuen‘ Misfits beeinflusst und mit ihnen groß geworden. Erst später entdeckte ich auch die ‚alten‘ Misfits für mich.
Meiner Meinung nach muss hier zwischen zwei Bands unterschieden werden.
Aber das soll nicht der Hauptkritikpunkt meiner Notiz sein, nein.
Die Misfits gelten als die Begründer des Horrorpunk und sind für viele neuere Bands ein großer Einfluss gewesen. Heutzutage haben den Platz der Misfits Bands wie Blitzkid mit sehr Pop-artigem Gesang oder the Other, die doch einen sehr harten Horror-Punk hinlegen, eingenommen.
Doch was ist dabei aus den Misfits geworden?Nachdem nun Jerry Only ebenfalls den Gesang übernimmt, haben sie endgültig ihren Stil verloren. Der Gesang erinnert immer mehr an diese Pop-Horror-Punk-Bands wie schon genannte Blitzkid (nichts gegen Blitzkid, ich stehe auf sie!), der Gitarrensound hat sich erneut gewandelt und erinnert ebenfalls weder an die alten, noch neuen Misfits, sonder genauso an neuere Bands dieses Genres.
Wo mein Problem liegt? Bands dürfen sich doch verändern?Natürlich! Aber ich finde es bitter, was aus einer der einflussreichsten Bands der Punkgeschichte (Jaha! Wer kennt denn bitte nicht den stilisierten Totenschädel, der den Misfits seit der Horror Business EP von 1979 als Logo dient) geworden ist. Sie nehmen keinen Einfluss mehr auf andere Bands, andere Bands nehmen Einfluss auf die Misfits. Sie haben sich ebenfalls dem Mainstream des Horror-Punk angepasst. Etwas, was sie früher nie getan hätten.
Schade, schade.
Problem an der ganzen Geschichte: Wo „Misfits“ drauf steht, ist nur noch selten „Misfits“ drin. Jerry Only versucht aus einem Bandnamen Kapital zu schlagen. Was sich heute als „Misfits“ präsentiert, ist allerhöchstens eine drittklassige Misfits-Coverband. Ehemalige Bandkollegen sind davon auch alles andere als begeistert. Zurecht. Mitte der 90er hatte man mit Michale Graves wenigstens noch einen Sänger, der dieser Bezeichnung würdig war und ist. Der heutige Zustand ist hingegen nur noch peinlich…
Ich finde, dass der Artikel sehr aufschlussreich ist. Allgemein kann ich in den meisten Punkten vollkommen zustimmen. Es ist immer gut zu wissen was andere über die Horrorpunk-Szene denken und wie sie Ihre Entwicklung wahrnehmen. Bis bald, vor der Bühne!!! :-)