Gruft-Orakel Juni 2021: Der Vampir verinnerlicht den Team-Gedanken

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Beim letzten Vampir-Meeting in der Videokonferenz ging es darum, neben dem Eigenbedarf an frischem Blut wieder einmal ein paar neue Anwärter zu rekrutieren, um den Einflussbereich auch in Zukunft zu vergrößern. Blutige Expansion nennen die das. Allerdings hatte unser Vampir andere Pläne und drückte sich dank seines geschickten Mundwerks, um die Rekrutierung, ohne den anderen das Gefühl zu geben, die ganze Arbeit alleine zu machen. „Toll ein Anderer machts“. Der Vampir weiß eben, was Team-Arbeit bedeutet. Er lächelte, blickte aus seinem Büro in das Gebäude gegenüber und beobachtete Alana Abendroth beim Kritzeln. Der Eigenbedarf war schon mal gesichert.

Schluss mit dem Geschlurfe! Heute tanzt man Ballett zu Depeche Mode

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Regisseur Anton Corbijn, der Depeche Mode schon in den 90er gelungen in Szene setzte, hat jetzt zusammen mit dem umstrittenen Ballett-Star Sergei Polunin den Song „In Your Room“ visuell neu interpretiert. In den stürmischen Dünen nahe Terschelling in Holland, tanzt der junge Russe seine eigene von psychischen Problemen gezeichnete Geschichte. Nachdem der einst jüngste Solotänzer des Royal Ballett in London 2012 überraschend das Ende seine Karriere verkündet hatte, macht er sich seitdem wieder einen Namen in der Kunstwelt, auf seine eigene Weise.

Doch bevor wir uns ein Bild von dem Russen machen hier das Video mit dem 1993er Hit von Depeche Mode „In Your Room“, das möglicherweise zu einem stilistischen Umdenken auf den Tanzflächen der Dunkel-Clubs, die hoffentlich irgendwann wieder öffnen, führen könnte. Pirouetten statt Totengräbertanz!

Der junge Russe wird vom Rollingstone passenderweise als „Enfant Terrible“ bezeichnet, obwohl das Magazin viele Informationen, die auch in dem Video zu sehen sind, unterschlägt. So hat sich Polunin neben einem Porträt von Wladimir Putin auch ein Kolovrat-Symbol auf den Körper tätowieren lassen, das sich in der russischen und internationalen Neonazi-Szene an größter Beliebtheit erfreut. Polunin selbst beruft sich dabei aber auf die slawische Sonnengottheit Svarog. Bei Auftritten in Deutschland wurde daher diese Tätowierung abgedeckt. Schade, dass es solche Auftritte überhaupt gibt.

Viel umstrittener sind allerdings seine homophoben Äußerungen. Im Januar 2019 widerrief die Pariser Oper eine Einladung an Polunin, nachdem der in sozialen Medien postete, „schwule Tänzer bräuchten „einen kräftigen Schlag“, sie seien eine Peinlichkeit und der Grund, warum Frauen nun männliche Rollen im Ballett übernehmen wollten“ (Wikipedia). Das bayrische Staatsballett diskutierte zwar, sagte die Einladungen bedauerlicherweise nicht ab.

Und da sind wir wieder bei der immer gleichen Frage. Welchen Einfluss habe solche Dinge auf die Kunst, die Performance und seine Qualitäten als Ballett-Tänzer? Und wie weit sollten diese Einflüsse die herrschende „Cancel-Culture“ beeinflussen? Ist diese Tanzperformance jetzt schlechter, weil man vermeintlich weiß, wie der junge Russe tickt?

Zur Entspannung: Ballett ist kein adäquater Tanzstil für die Grufti-Tanzfläche. Fliegende Stühle, halbnackte Männer und wirbelnde Pirouetten sind nicht wirklich Grufti-Kompatibel. Allerdings ist dieses Video kein Gegenprogramm zu lasziven und leicht bekleideten Tänzerinnen, die sich heutzutage in gefühlt jedem Video räkeln. Es ist keine gute Entscheidung einem offensichtlich homophoben und fraglichen Charakter wie Polunin eine unreflektierte Bühne zu bieten, wie es Corbijn macht. Damit trägt man nur noch weiter zur Normalisierung eines solchen Verhaltens bei.

 

Kommentar: Non-WGT 2021 etabliert Maskenverbot in Leipzig?

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Am vergangenen Pfingstwochenende sollte das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig stattfinden, leider machte uns die Pandemie auch dieses Jahr einen Strich durch die Rechnung. Im Grunde genommen waren es auch diese blöden Regeln, Vorschriften, Notbremsen und Gesetze, die das Treffen unmöglich gemacht haben, nicht etwa das Virus. Oder? Immerhin habe es sich einige unerschrockene Anhänger und Fans der Szene nicht nehmen lassen, trotzdem nach Leipzig zu pilgern. Und so kehrte dann doch ein wenig „Normalität“ zu Pfingsten nach Leipzig zurück, wie die Leipziger Volkszeitung heute freudig berichtet.

Im Clara-Zetkin-Park versammelte man sich bereits am Freitag zum viktorianischen Picknick, um nach langer Zeit endlich wieder seine aufwendigen Kostüme zu präsentieren. Noch nicht in altbekannten Ausmaßen, aber es sollen immerhin 3 mal mehr Leute dagewesen sein, als im letzten Jahr. Auch in der Moritzbastei, am Südfriedhof und vor allem im heidnischen Dorf auf dem AGRA-Gelände sammelten sich die Menschen, um sich ein bisschen von der Freiheit zurückzuholen, auf die sie während der letzten Monate schmerzlich verzichten mussten. So jedenfalls der Tenor in den zahlreichen Kommentaren der sozialen Netzwerke.

Sowieso waren die sozialen Netzwerke voll von Bildern, die Leute in WGT-Stimmung zeigten, die jede kleinste musikalische oder künstlerische Darbietung gierig aufsaugten. Ich gönnte es ihnen allen, ja auch ein wenig Neid schlich sich ein. Ein wichtiges Detail fehlte doch in nahezu allen Aufnahmen. Die Mund-Nasen-Bedeckung, die gerne auch Maske genannt wird. Huch! Galt in Leipzig etwa Maskenverbot?

Tatsächlich hob die Stadt Leipzig die Maskenpflicht in der Innenstadt auf, doch der Wunsch des Bürgermeisters Jung nach Vernunft verpuffte im Rauch der zahlreichen Grills auf dem „Pest-Treffen“ im heidnischen Dorf. „Ich gehe davon aus, dass die Corona-Schutzverordnung eingehalten wird und sich Menschen, bei denen der Abstand von 1,50 Meter nicht eingehalten werden kann, dann die Maske tragen.“ Hat offensichtlich nicht geklappt.

Im Gegenteil, mir kam es so vor, als würde ein Maskenverbot herrschen, wie beispielsweise dieses Video, dass ich bei Facebook gefunden habe, suggeriert:

https://www.facebook.com/100001851187246/videos/5513616878709964/

Man mag an Karma glauben, wenn Lebanon Hanover im Hintergrund von „Catastrophe“ singt.

Möglicherweise wurde jede Regel der Corona-Verordnung befolgt, möglicherweise sind einige bereits geimpft oder genesen, möglicherweise hat auch jeder einen tagesaktuellen Corona-Test. Möglicherweise ist es aber auch allen einfach egal, oder man fand es möglicherweise auch doof, eine zu tragen, wenn alle anderen keine tragen. Immerhin gibt es wieder ein Gemeinschaftsgefühl. Irgendwie kommt es mir dennoch falsch vor.

Waren Gothics nicht Leute einer Szene, die für ihre Rücksicht, Mitgefühl und Höflichkeit bekannt waren? Mir kommt es bei diesen Bildern anders vor. Es fühlt sich an wie eine Miniaturrebellion gegen die Einschränkung der „Freiheitsrechte“ und wie die trotzige Entscheidung, jetzt lange genug gewartet zu haben. Man verstehe mich nicht falsch, mir reicht es auch. Ich will meine Freunde und Bekannten auch wieder treffen, bin sauer auf die Politik und auf Regeln und Verbote. Aber würde ich deswegen mich und andere in Gefahr bringen?

In den sozialen Netzwerken bilden sich die bekannten Muster. Die, die sich empören, wie gedankenlos die Leute seien und welche Regeln man verletzt hätte und die, die das Recht auf ihrer Seite wissen und sich genau an alles gehalten haben, was der Staat ihnen vorschreibt. Irgendwo dazwischen dann noch ein paar Leute, die die Hörigkeit gegen Politik verurteilen oder die sich vorher mit Tannennadelsaft selbst immunisiert haben.

Vom Virus und seinen Mutationen ist allerdings nie die Rede. Dass wir in Deutschland eine der weltweit niedrigsten Impfquoten haben, spielt auch keine Rolle. Auch nicht, dass auch bereits geimpfte das Virus weiterhin verbreiten können. Ich bin selbst kein Wissenschaftler, Arzt oder Virologe. Ich glaube aber denen, die es wissen sollten.

Für mich ist die Maske auch ein Symbol dafür, Rücksicht zu nehmen. Sie zeigt: „Hey! Wir können uns draußen endlich wieder mal treffen, passen aber auf, dass meinen Mitmenschen und mir nichts passiert, weil wir wissen, wie wichtig es ist, dass alle bei dabei mitmachen, eine weitere Verbreitung zu verhindern!

Eine Botschaft, die ich in einem Video aus Alameda (USA) gefunden habe. Die haben das so eine Art Mini-Festival anlässlich des jüngsten World Goth Days (22. Mai) veranstaltet. Vielleicht wäre es ratsamer gewesen, ähnlich wie Kalifornien, eine generelle Maskenpflicht zu erlassen.

Irgendwie schade, wenn man Menschen immer zwingen muss. Ich hätte es einfach schön gefunden, die feiernden Gruftis in Leipzig wären mit gutem Beispiel für ein höflichere und rücksichtsvollere Gesellschaft vorangegangen.

https://youtu.be/1UPlRLljVUY

Titelbild mit freundlicher Genehmigung von: KulturHallle

WGT 2021: Pfingstgezwitscher – Newsticker rund um das ausgefallene Treffen

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Hallo liebe Leser! Normalerweise würden wir jetzt schon in Selfies ertrinken, die uns aus jeder Ecke von Leipzig schöne Menschen zeigen. Wir würden uns in Haarspray-Wolken verlieren oder in der Tram den vielen Sprachen und Dialekten der Besucher lauschen. Aber wieder einmal ist das wichtigste Treffen des Jahres der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen.

Die aktuell stabile Inzidenz in Leipzig erlaubt zwar einige Lockerungen, die kleine bis winzige Veranstaltungen durchaus möglich zu machen scheinen, wir verzichten allerdings darauf, diese hier aktiv anzukündigen, um nicht noch mehr Menschen nach Leipzig zu locken.

Allerdings bieten viele Streaming-Angebote zum Wave-Gotik-Treffen ein alternatives Programm vor dem Bildschirm. In diesem Artikel wollen wir alle virtuelle Angebote und Meldungen rund um das Pfingstwochenende in Leipzig sammeln.

Bitte beachtet! Wenn ihr unbedingt nach Leipzig wollt, um an bereits ausverkauften Mini-Konzerten teilzunehmen und euch an vermutlich überfüllten Hot-Spots zu treffen, dann haltet euch an die Mindestabstände, denkt an die Hygienemaßnahmen und vor allem an eine geeignete Maske. Auch wenn ihr geimpft oder genesen seid, könnt ihr das Virus trotzdem noch verbreiten. Die Leipziger, die sich über frisch gesunkene Inzidenzen freuen, werden es euch danken, wenn ihr einfach zu Hause bleibt.

Streaming-Angebote

  • Freitag 21. Mai (20:00): Die maximal monochrome Pyjamaparty der Verdammnis mit Christian von Aster (Facebook | Youtube)
  • Freitag 21. Mai bis Sonntag 23. Mai : Grauzone Festival 2021 (Paard | Facebook)
  • Freitag 21. Mai (19:00) bis Montag 24. Mai (05:00): Gothic Pogo Festival 14.666 (Facebook | Twitch)
  • Freitag 21. Mai (20:45) bis Montag 24. Mai (02:00): 3 Days PfingstStream Live von MS Stubnitz aus dem Hamburger Hafen (Facebook | Twitch)
  • Samstag 22. Mai (14:00) bis Sonntag 23. Mai (14:00): World Goth Day Stream 2021 (Facebook | Twitch)
  • Samstag, 22. Mai (22:00): Tribute to Wave-Gotik-Treffen Festival von Geisterwelt Nights (TWITCH | Facebook)
  • Samstag, 22. Mai (20:00) bis Montag, 24. Mai (20:00): Gothiccommunity Pfingstfestival 2021 (Facebook | w2g.tv)
  • Sonntag, 23. Mai (20:00): Schatten über Leipzig – Radiosondersendung zum WGT 2021 (zwradio.de)

+++ Newsticker +++

25.05.2021, 00:21 : Ein Video vom WGD aus den USA. Lasst Euch bitte nicht vom merkwürdigen Start irritieren. Es ist zwar mehr ein Markt als ein Festival, aber immerhin scheint die Sonne.

https://youtu.be/1UPlRLljVUY

Hier ein Video vom Pfingstsonntag aus dem heidnischen Dorf in Leipzig.

https://www.facebook.com/100001851187246/videos/5513616878709964/

24.05.2021, 16:45: In den USA feiern sie auch den World Goth Day auf so was wie einem Festival. Allerdings trägt man offensichtlich gerne eine Maske: „ALAMEDA — Bay Area residents, some clad in long robes, knee-high boots and leather jackets, came together in Alameda on Saturday for a craft market to celebrate world goth day after a long and often isolating pandemic year.“It’s a celebration of friends, with the things that we love,” said Connxtance Garcia, who along with her husband Michael organized the market. “We’re a subculture that’s not celebrated anywhere else.”

23.05.2021, 19:30: Das Ordnungsamt der Stadt Leipzig hat jetzt Teile des Heidnischen Dorfes Räumen lassen. Aus Reihen der Besucher heißt es, die Genehmigung zur Bewirtung von Gästen war nur für Speisen zum mitnehmen erteilt worden, nicht aber zum dortigen Verzehr. „Ich bin kurz vor der Räumung aufgebrochen. Da kam gerade das Ordnungsamt. Das Gelände hat sich innerhalb von zwei Stunden gefüllt. Keine Abstände, keine Masken, keine Kontaktverfolgung.

23.05.2021, 16:19: World Goth Day: Exploring hidden, dark world of Indian goths – „Indian goths are not easy to spot – they prefer to lie low and not flaunt themselves I think. Of course, unless you are an influencer and have to earn money, the better way to explore goth culture is to explore it in dark, hidden ways,” says Shiney, a Mumbai-based goth follower. “Black nail polish, black clothing, long hair, tattoos and loads of silver jewellery – this is the dress code for goths across the world. India is no different, even if the goth sub-culture here is on a far smaller scale than it is in the West,” he adds.

22.05.2021 16:50: In den Kommentaren unter nahezu jedem Bild aus Leipzig, auf dem Leute zu sehen sind, die sich treffen, herrscht aufgeladene Stimmung. Für die einen ist es unverantwortliches, gedankenloses Verhalten, für andere eine Form von Todessehnsucht, Rebellion und „wir halten uns doch an die Regeln!“.

Schade ist allerdings, dass auf diesen Fotos in den sozialen Netzwerken nahezu niemand mit Maske zu sehen ist. Ein bunter Haufen aus Zaungästen, Karnevalisten und Gothics bevölkert öffentliche Parks, fährt Motor-Kutsche und lauscht mittelalterlichen Dudelsackspielern.

22.05.2021 16:12: WGT 2021: So lief der Freitag (Paywall) – Wie die LVZ berichtet, war der Andrang dreimal so groß wie 2020. Weiter heißt es, das einige Besucher von „Befreiungsschlag“ sprechen, nach der langen Zeit des Lockdowns und sich an das WGT 2000 erinnern, als die Besucher die Organisation des Treffens übernommen hatten.

22.05.2021 14:10: Heute ist auch World-Goth-Day, ein Tag, der Gothics aus aller Welt zusammenbringen soll, in diesem Jahr natürlich rein virtuell. Dazu hat man sich einen Live-Stream vorbereitet, der wohl das internationalste Line-Up zeigt, das man sich vorstellen kann. Die Adresse zum Stream findet ihr oben. Happy World-Goth-Day!

21.05.2021 22:31: Auch Corona kann das diesjährige „Wave Gothik Treffen“ 2021 nicht nehmen – Ich verstehe zwar die Überschrift nicht wirklich, aber immerhin hält der Inhalt, was der Titel verspricht. Nichts.

21.05.2021 21:12: Inzidenz in Leipzig klettert wieder über 50 – „Sollte Leipzig am Pfingstsonnabend wieder unter die magische Grenze von 50 fallen, könnten frühestens am 30. Mai weitere Erleichterungen greifen.

21.05.2021 – 19:51 : Hunderte WGT-Fans picknicken in Leipzig – „„Es ist ja was“, sagte eine 42-Jährige auf die Frage, warum sie mit ihrer Freundin trotz WGT-Absage gekommen ist. „Der Clara-Zetkin-Park ist groß, und es sind ja auch nicht die Menschenmassen, die man sonst gewohnt ist.“ Die zweite WGT-Absage in Folge wegen der Corona-Pandmie sehe sie zwiespältig…“ Masken und Vernunft waren allerdings auf dem Foto nicht zu sehen.

21.05.2021 – 19:00 : Das Gothic Pogo Festival 14.666 startet mit rund 150 Zuschauern in die Nacht. Wir wünschen gute, wenn bisweilen auch etwas ruckelige Unterhaltung.

21.05.2021 – 07:27 : Erinnert ihr Euch noch an 2019? Da fand doch in verschiedenen Studios in Leipzig WGT-Yoga statt. Offenbar war das beliebt, denn heute Abend gibt es Online-Yoga über Zoom. „In meinen Yogastunden erwartet euch ein Mix aus fließenden und dynamischen Flows, mit kräftigenden und dehnenden Asanas (die Yoga-Posen). Wie im Vinyasa-Stil üblich, richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Verbindung von Asanas mit dem Atem.Hier geht es zur Anmeldung.

18.05.2021 – 23:34 : Trotz WGT-Absage: Open-Air-Veranstaltungen in Leipzig angekündigt – „Lange war unklar, ob und in welcher Form in diesem Jahr das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig stattfinden kann. Inzwischen haben die Veranstalter das Treffen erneut abgesagt. Doch viele Fans wollen nicht bis zum kommenden Jahr warten.

#WitchTok – Spirituelle Achtsamkeit oder antisemitischer Pseudofeminismus?

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Irgendwo zwischen traditionellem Hexenhandwerk und spirituellem Wellness-Trend ist seit 2019 der Hashtag #WitchTok auf der Videoplattform „TikTok“ zu einem virtuellen Blocksberg geworden, der es durch seine Faszination und soziale Isolation immer mehr Menschen in seinen Bann zieht. Über 1,7 Milliarden Aufrufe soll der Hashtag seit 2019 auf TikTok bereits angehäuft haben. Von einigen Experten wird dieser Trend aber sehr kritisch gesehen.

#WitchTok – Der neueste Trend auf der Suche nach Antworten

Okkultismus und Wicca liefern den Menschen bereits seit langer Zeit Antworten auf Fragen, die ihnen weder Wissenschaft noch Religion liefern können. Diese Trends fanden allerdings vor der Informationsverbreitung durch das Internet nur als Randerscheinungen abseits des Mainstreams statt und zogen nur Eingeweihte, Wissende und vor allem ältere Menschen in ihren Bann. Was #WitchTok heute und gerade für jüngere Menschen interessant macht, fasst Natalie Black in einem Artikel der Vogue so zusammen:

Wenn man sich die gegenwärtige Kulturlandschaft ansieht, erleben die Menschen, insbesondere unsere jüngeren Generationen, massive Umwälzungen und Unsicherheit. Welchen besseren Weg gibt es, die Kontrolle zurückzuerlangen, als sich nach einer Bewegung zu richten, bei der es darum geht, die eigene innere Kraft zu nutzen, die eigene Realität zu kontrollieren, sich mit den höheren Sinnen und der Natur zu verbinden? Kurz gesagt: Das ist WitchTok.

Was bei TikTok gerade die jüngeren Leute anspricht, ist neben der Verbreitung (150 Millionen aktive Nutzer täglich) auch die Möglichkeit, sich in Gemeinschaften und unter einem gemeinsamen Hashtag auszutauschen. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl der Hexen scheint sehr stark. Man gibt sich offen, gemeinschaftlich und authentisch – Neuankömmlinge, die sogenannten „Baby Witches“ werden mit Ratschlägen und Richtungen versorgt, man gibt aufeinander Acht, anstatt sich selbst der Nächste zu sein. Gerade durch die Pandemie, in der jeder auf sich selbst gestellt zu sein scheint, ist das ein Gefühl, das vielen jungen Menschen fehlt.

#WitchTok ist offenbar angetreten, um zwischen sozialen Unruhen, Klimawandel und einer globalen Pandemie Hoffnung und Gemeinschaft zu bieten. Viele Religionen, die einmal genau dafür Institutionen waren, haben sich mit Krieg, Terror und Unterdrückung oder auch Autorität, Hierarchien und veralteten Ideologien selbst aus dem Spiel genommen. Junge Menschen wollen selbstbestimmt und dennoch gemeinsam die Sicht auf ihre Welt positiv beeinflussen. Gemeinschaftlich hat man sogar Schutzzauber entwickelt, um die Demonstranten der „Black Live Matters“ zu unterstützen. Ist das nicht alles toll?

@witchtokerin

🕯🔮 Babywitch Magiearten 🔮🕯 // #witchtokerin #hexe #witchtok #babywitch #fy #kerzenmagie #germanwitch #heidentum #medium #hexen

♬ Witch – Karmina

#WitchTok ist Antimodern und Pseudofeministisch

Das finden nicht alle toll. Auf „Belltower News„, dem digitalen Ableger der Amadeu Antonio Stiftung, sieht man in der wilden Vermengung von Esoterik, Astrologie, Karma und Schicksal bedenklich viele Schnittmengen mit „anitmodernem und menschenfeindlichem Gedankengut und Verschwörungstheorien„, die letztendlich auch im Antisemitismus münden könnten, denn der ist – so der Artikel weiter – in der Esoterik und innerhalb des Wicca-Kults ein zentrales Thema.

Weiterhin gebe man sich zwar feministisch uns selbstbestimmt, reduziere sich aber letztendlich darauf, Kinder zu gebären. „Durch die Fähigkeit, Mutter zu werden und Kinder zu ernähren, wird eine besondere Verbindung der Frau zur Natur konstruiert und Frausein letztendlich auf die Gebärfähigkeit reduziert“ . Weiterhin heißt es im Artikel von Eva Kappl und Anna Meier:

Umso beunruhigender ist es, dass den wenigsten selbsternannten Hexen die problematischen Hintergründe und Bezüge des Hexenmythos klar zu sein scheinen. Dabei ist er geprägt von Antisemitismus, Pseudofeminismus und Verschwörungserzählungen. Am Ende ist der Hexentrend vor allem eins: Eine Vermarktungsstrategie mit höchst problematischen Bezügen und Querverbindungen, die als Türöffner für antimodernes und menschenfeindliches Gedankengut dienen kann.

Auch wenn der Artikel es überspitzt formuliert und die schlechten Rosinen aus dem Kuchen herauszupulen scheint, so bleibt dennoch viel bedenkliche Wahrheit zwischen den Zeilen. Es ist kein Geheimnis, dass rechts-gerichtete Ideologien Anknüpfungspunkte in nahezu jeder Subkultur, Strömung oder jedem Trend finden und hemmungslos ausnutzen. Die schwarze Szene kann hinsichtlich der Strömungen des Neofolk davon ein Lied sind. Auch die Esoterik-Szene ist von ganz ähnlichen Versuchen, die Menschen mit völkischen und menschenfeindlichen Gedanken zu beeinflussen, betroffen. Hierzu sei die Doku des Bayerischen Rundfunks „Gefährliche Allianz: Grüne Esoterik und braune Philosophie?“ empfohlen.

Deshalb liegt es nahe, solche Anknüpfungspunkte auch beim #WitchTok Phänomen herzustellen. Beim „Pseudofeministischen“ fehlt mir allerdings das Wissen, um objektiv zu beurteilen, ob das nicht an den Haare herbeigezogen ist. Schreibt gerne dazu etwas in die Kommentare.

#WitchTok – Bitte kein Empörungs-Ping-Pong

Es ist gut und wichtig hinzuschauen, wenn Szene, Subkulturen oder auch nur Trends Anknüpfungspunkte für Verschwörungstheorien, Menschenfeindlichkeit und Anti-Demokratische Tendenzen bieten. Gerade Menschen, die nach Antworten, Gemeinschaft oder Achtsamkeit suchen, sind empfänglich für falsche Gruppierungen, die oberflächlich genau das vermitteln, während sie in der Lage darunter aber ein verstörendes und hasserfülltes Weltbild prägen. Während sich in der schwarzen Szene hauptsächlich Menschen herumtreiben, die nach Zerstreuung und Unterhaltung suchen, gibt es in der #WitchTok-Szene viele Jugendliche, die nach viel sensibleren Dingen Ausschau halten.

Keinen Sinn ergibt das Empörungs-Ping-Pong, bei dem sich beide Lager darüber aufregen, was das jeweils andere von sich gibt und stets die Meinungshoheit für sich beansprucht. Wer sich mit den Meinungen des Anderen beschäftigt, ist auf einem viel besseren Weg und hat die erste Hürde genommen.

Esoterik, Wicca und auch Okkultismus sind schon länger ein Bestandteil der schwarzen Szene. Anfang der 90er beschäftigte man sich mit Symbolik, Tarotkarten, Kräuterkunde, Okkultismus oder alternativer Literatur. Was am Anfang zum Kick und zur bloßen Provokation gebraucht wurde, bereicherte in Teilen später das eigene Leben und die Patchwork-Weltanschauung, die viele Gruftis zu pflegen scheinen.

Die Erfahrung zeigt aber, dass es in jeder Szene, die Anknüpfungspunkte für rechte und völkische Ideologien bietet, sei es in der Bildsprache, den Inhalten, Anspielungen, historischen Bezügen und Ritualen oder auch nur der Musik Menschen gibt, die sich davon angezogen oder abgeholt fühlen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es Gruftis geben mag, die in einer antisemitischen Anspielung oder einer Performance im Nazi-Chic ihre Berufung finden. Genauso wird es #WitchTok-Fans geben, die mit einer menschenfeindlichen und antidemokratischen Grundhaltung ihren Schutzraum innerhalb der Szene finden, von dem aus sie andere für etwas verantwortlich machen können.

Gerade, wenn man für etwas brennt, sollte man darauf achten, wer das Öl ins Feuer gießt.

Liebe „Baby Witches“ und #WitchTok Fans: Lasst euch eure Leidenschaft und euren Wunsch nach Hoffnung und Achtsamkeit nicht nehmen. Zur Achtsamkeit gehört allerdings auch, sich nicht von Ausgrenzung, Menschenfeindlichkeit oder Antisemitismus anstecken zu lassen, denn das passt so gar nicht zu Eurer positiven und offenen Art.

Von vielen Gruftis, die sich mit Wicca, Esoterik, Naturheilkunde oder Kräuterkunde beschäftigen würde ich gerne wissen: Was haltet ihr von diesem Trend und seht ihr auch die Anknüpfungspunkte an rechte und völkische Ideologien?

Formel Goth: Vielleicht sehe ich Lücken wo gar keine sind

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Heute reden wir kurz über Lücken. Die inhaltliche Lücke zwischen Video und Song – oder anders gesagt – über fehlende Bildsprache. Vielleicht reden wir aber auch darüber, dass ich nicht genug Empfinden mitbringe, diese Verbindung in einigen der heute vorgestellten Songs zu finden. Vielleicht gucken wir uns aber einfach nur neue Videos an, ohne den Kopf zu benutzen. Ich grübele sowieso zu viel.

Pink Turns Blue – There Must Be So Much More

Nachdem Pink Turns Blue Sänger Mic neulich zum Interview mit Hagen angetreten war, um über das kommende Album zu sprechen (soll im August erscheinen) und die Single-Auskopplung „There Must Be So Much More“ vorzustellen, gibt es jetzt Videomaterial. Allerdings muss ich gestehen, nicht allzuviel vom Song in den Bildern wiederzufinden, vielleicht liegt es aber auch an mir und meiner Interpretation des Songs.

Clan Of Xymox – Brave New World

Ronny Moorings wird in ein paar Tagen 60 Jahre alt. An dieser Stelle schon mal die allerbesten Glückwünsche! Frechheit ist allerdings, dass man ihm das kaum ansieht. Bis auf ein paar tiefere Falten im Gesicht wirkt Moorings zeitlos wie immer. Sicher liegt das alles an der Videobearbeitung. Bestimmt. Auch der Aktivitätsgrad der Band lässt nicht vermuten, dass die Kreativität und Lust auf Musik sinkt, im Gegenteil. Erst 2020 veröffentlichte der Clan das Album „Spider on the Wall“ um jetzt, Anfang Mai, das neueste Album „Brave New World“ nachzulegen. Sollte es endlich wieder Konzerte geben, gibt es einiges davon Live zu spielen.

Der Elektrische Mann – Wir geben nichts her

Der Radiosender WDR 5 ist nicht gerade bekannt dafür, mit erlesener Musikauswahl die Hörer zu erfreuen, sondern setzt mehr auf Inhalte aus Kultur, Gesellschaft und Wissenschaft. Kurzum, man schaltet ihn ein, wenn man erleuchtet werden möchte. So ist es Orphi Eulenforst zu verdanken, dass wir jetzt das Video „Wir geben nichts her“ vom elektrischen Mann vorstellen können. Denn die war auf der Suche nach Erleuchtung und fand stattdessen Unterhaltung. Die Band „Der elektrische Mann“ rund um Ane Hebeisen ist ein Schweizer Ding im Stil von Grauzone, jedoch mit deutliche spitzerer Zunge. Was anderes hätte man vom frechen Schweizer Kulturjournalisten Hebeisen auch nicht erwartet. Und hey! Das Video passt ganz großartig ;)

Ben Bloodygrave & Die Lust! – Weisse Wände (2021)

Warum kein „Best of“ Album? Dachten sich Ben Bloodygrave & Die Lust! und bewiesen wieder einmal, dass sie sich trotz aller Gerüchte – die ich nicht kannte, von denen sie aber behaupten es gäbe sie – noch nicht aufgelöst haben. Mein Goth, es sei den Wave-Punks gegönnt. Wie es allerdings zu dem nahezu sinnfreien Video auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof gekommen ist, lässt sich nur spekulieren :)

Ascii Disko – Asche

Mit fetzigen Beats unterlegte Gedankenschnipsel sind die Machart von Ascii Disko. Das lässt gewöhnlich viel Platz für Interpretationen. Dazu noch ein polarisierendes Video, das selbst dazu beitragen könnte, Inhalt zu suggerieren wo vielleicht gar keiner ist. Fetzig klingt es trotzdem.

Wochenschau: Smaller Welt und bigger Interessen – Als wäre Deutsch nicht schwer genug

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Ich sollte vielleicht die Wochenschau umbenennen in „Weeksview“, da es in der aktuellen Ausgabe wieder hauptsächlich englischsprachige Links gibt. Warum eigentlich? Zum einen liegt das natürlich daran, dass ich deutschsprachigen Artikeln eher einen vollen Beitrag widme, anstatt sie hier in der Wochenschau unterzubringen, zum anderen liegt es aber vielmehr daran, dass man sich im englischsprachigen Raum – und hier ist vornehmlich Großbritannien und die USA gemeint – mehr mit dieser unserer Subkultur auseinandersetzt und auch wesentlich mehr dazu veröffentlicht wird, als hierzulande. Eigentlich paradox, denn Deutschland wird häufig als „Zentrum der Gothic-Szene“ wahrgenommen und das nicht nur, weil bei uns viele Festivals stattfinden. Allerdings müssen wir akzeptieren, dass wir schon lange nicht mehr lokal denken können, wenn wir über die Szene grübeln, die wir uns zusammengebaut haben. Das Internet hat unsere Welt kleiner und unsere Interessen globaler gemacht – und da ist Englisch nun mal die „gemeinsame“ Sprache. Sowieso ist zumindestens Denglisch schon seit Jahren keine Randerscheinung mehr, sondern längst umgangssprachlich angekommen. Realtalk: Dagegen hilft keine weitere Empörungswelle, sondern ein gesunder Umgang. Safe!

Podcast: Grufties | Cemetery Confessions (Englisch)

Im neuesten Podcast von „Cemetery Confessions“ dreht sich alles um die deutsche Gothic-Szene. Einer dort verlinkten Publikation aus dem Jahre 2005 nach ist Deutschland seit den 90ern „das Zentrum der Gohtic-Subkultur“ geworden. Man hat sich jedenfalls DJ_Cyberpagan ans Mikro geholt und versucht mit ihm gemeinsam zu ergründen, was die Szene in Deutschland ausmacht, wie sie sich entwickelt hat und wo es möglicherweise hingeht. Auch Spontis wird erstaunlicherweise erwähnt: „I know a lot of Amercians have this romantizied view of the german goth szene, becaus they see those big festivals, and they see those physically clothing stores and there is spontis and stuff like that…“ Sind wir damit ein Teil der romantischen Sichtweise auf die Gothic-Subkultur? NICE!

Die weiteren Themen: „Defining Goth through German Fasion“, „Clubbing“, „Goths on Twitch“, „The Music Of Germany“, „Moral Panics and German Culture“ und „German Politics and Goth Ideology“. Lohnt sich!

Glenn Danzig: Warum die heutige Cancel-Culture Punk unmöglich gemacht hätte | Rolling Stone (Englisch)

Cancel-Culture und Political Correctness sind manchmal Maulkörbe für Kunst und Kreativität. Glenn Danzig, der die Band Misfits gründete, ist sogar davon überzeugt, das dieser neue Zeitgeist den Punk – so wie er Ender der 70er Jahre entstand – unmöglich gemacht hätte. „People don’t understand, because everything’s so cancel-culture, woke bullshit nowadays, but you could never have the punk explosion nowadays, because of cancel culture and woke bullshit. You could never have it. It would never have happened. We’re lucky it happened when it did, because it’ll never happen again. You won’t have any of those kinds of bands ever again. Everyone’s so uptight and P.C., it’s just like, “OK, whatever.”

Jenseits der Fledermaushöhle: Zuhause bei den Goths | The Face (Englisch)

Goth ist für jeden ein bisschen anders. Für Hannah Ewens, eine Autorin des Magazins „The Face“, ist Goth: „…das Gegenteil von Subtilität. Es ist Dekadenz und Dunkelheit. Romantik und Subversion. Sanftmut und Fetischismus. Für mich ist Goth wie Nancy, die im 1996 Film „Der Hexenclub“ Schritt für Schritt über die Wasseroberfläche geht und dabei einen langen schwarzen Rock, Pandaaugen und einen schwingenden Rosenkranz trägt. ‚Er hat mich gesegnet, ich kann fühlen, wie er durch meine Adern läuft‘, schreit sie besessen. Es ist nicht Gott oder Satan (beide etwas gruftig), sondern eine imaginäre heidnische Gottheit (sehr gruftig). Es ist der verdrehte Hirnwurm einer Idee, der den Erzähler von Edgar Allan Poes „Das verräterische Herz“ zu Wahnsinn und Mord treibt.“ Für ihren Artikel hat sie einige Goths zu Hause besucht und versucht, „Beyond the Batcave“ zu blicken.

Cyberwear: Gesichtsmaske mit Lüftern, Lautsprechern und RGB-Technik | Caschys Blog

Razer, der Hersteller für Gaming-Hardware, möchte bald eine Gesichtsmaske ins Programm nehmen, die nicht nur nach dem KN95 schützt, sondern zudem noch transparent und beleuchtet ist. Da das alles für den selbst vergebenen Titel „Die schlauste Maske der Welt“ noch nicht reicht, hat man auch Mikrofon und Lautsprecher verbaut, die die eigene Stimme verstärken, damit man sich nicht anhört wie ein Motorradfahrer, der vergessen hat den Helm vor dem Sprechen auszuziehen. Für den Cyber-Goth ist das Ding natürlich die Produkt gewordene Wollmilchsau. Offen bleibt allerdings der Preis für so ein Teil. Wir sind trotzdem gespannt, ob wir 2022 so ein Teil beim WGT erblicken können.

Ein Nachruf auf die Telefonzelle | KFMW

Ich glaube, ich kann mich noch heute an den Geruch einer Telefonzelle erinnern. Ihr auch? Diese gelben, verglasten Häuschen, die mit Münzfernsprecher und Telefonbuch den Wunsch nach Kommunikation stillen konnten, sind heute nahezu ausgestorben. Mit ihnen geht allerdings auch ein unheimlich Stilprägende Erfindung, die in unzähligen Filme immer wieder zeigte, dass sie mehr war als ein trockenes Plätzchen zum Telefonieren. Irgendwie ein Nachruf auf Telefonzellen, die nahezu vollständig aus der menschlichen Wahrnehmung verschwunden sind.

Coronation Street – Britische Soap thematisiert Sophie Lancaster | The SUN

Eine der ältesten britischen Seifenopern „Coronation Street“, die bereits seit den 60er Jahren über 10.000 Episoden hervorgebracht hat, verarbeitete jüngst den Tod von Goth Sophie Lancaster, die 2007 wegen ihrer gruftigen Erscheinung das Opfer eines brutalen Überfalls wurde.  Silyia Lancaster, Mutter von Sopie, stand den Produzenten der Serie beratend zur Seite. Ganz ähnlich wie die Lindenstraße werden auch bei Coronation Street immer wieder sozialkritische Themen in die Serie untergebracht, die so Millionen britischer Haushalte als Unterhaltung dienen. Die Reichweite der Serie ist enorm, die Weihnachtsfolge der Serie läuft traditionell in britischen Haushalten und erreicht 1987 einen Spitzenwert von 27 Millionen Zuschauern. Vermutlich braucht es immer erst eine Verarbeitung in seichter Unterhaltung um den Menschen zu vermitteln, was falsch daran ist, Andersartigkeit mit Hass zu begegnen.

Ben Blutzukker & Snowy Shaw – Metalhead

Ben Blutzukker ist fleißig. Er macht nicht nur Musik, sondern baut auch gleich passende Video mit Klemmbausteinen zusammen. Er selbst tauft es „Brick Metal aus Düsseldorf„, eine abgedrehte Mischung aus mähneschwingender Musik und Kinderspielzeug die zeigt, dass das eine das anderen nicht ausschließt. Musikalisch nicht mein Fall aber mit dickem Leidenschaftsbonus für das, was Ben begeistert. Erwähnte ich auch, dass er auch leidenschaftlich E-Mails schreibt? :-)

arte TRACKS: Was passiert mit den Streaming Milliarden?

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Zwischen 0,001 und 0,005 Cent verdient ein Künstler an einem Stream seines Songs. Algorithmen und undurchsichtige Strukturen bei Streaming-Diensten wie „Spotify“ bestimmen darüber, was erfolgreiche Musik ist. Einen Umweg über Musikredaktionen, Promoter oder auch DJs muss niemand mehr gehen. Musik ist – so könnte die aktuelle Dokumentation von ARTE suggerieren – entmenschlicht.

Angeblich gründete Spotify-Gründer Daniel Ek den Streaming-Dienst, um Künstler vor der Zerstörung zu retten, die die Kostenlos-Kultur rund um „Napster“ hinterlassen hatte. Im selben Statement, das in der Doku zu sehen ist, spricht er dann aber schnell von den unfassbaren Einnahmen, die man der Musikindustrie verschafft habe. Von den Künstlern ist nun keine Rede mehr.

Vom Streaming profitieren hauptsächlich die am meisten gestreamten Künstler und Titel, auf die dann die Abo- und Werbeeinnahmen prozentual ausgeschüttet werden. Unbekanntere Bands bekommen dann einen verschwindend geringen Anteil des restlichen Topfes. „Erfolgreiche“ Künstler haben diesen Algorithmus längst durchschaut und produzieren mittlerweile mehrere Alben in einem Jahr, um ihren Anteil weiter zu erhöhen.

Selbst blutjunge Fans – und das finde ich sehr erstaunlich – haben dieses System durchschaut und „supporten“ so ihre Stars. 30 Sekunden muss ein Lied laufen, es darf nicht gemutet sein und nicht zu häufig hintereinander gespielt werden. Hier kommt zwar wieder eine menschliche Komponente in die Wertung „Was ist erfolgreiche Musik?“, die jedoch verzerrt den Markt mehr, denn wenn solche Fans – wie in der Doku gezeigt – das System ausnutzen, um ihre Stars an die Spitze der Charts zu heben.

https://youtu.be/Kqlc8LUEq00

(via KFMW)

Als Musiker hast du kaum Möglichkeiten, Dich gegen diese Mechanismen zu stellen. Selbst die Band „Die Ärzte“, die Spotify jahrelang boykottierten, haben sich jetzt dazu entschlossen, ihre Musik bei Streaming-Diensten anzubieten. Um Geld geht es allerdings nicht, wie Rod González gegenüber dem Musikexpress betont:

[Es geht uns] Definitiv nicht ums Geld. Ich schätze, dass von diesen gigantischen Erlösen am Ende des Jahres ein Abendessen für die Band übrig bleiben wird. Um ehrlich zu sein: Wir haben keinen blassen Schimmer, wie unser Katalog im Stream laufen wird, uns ging es hauptsächlich darum, auch bei Leuten stattzufinden, die kein Abspielgerät mehr besitzen neben ihrem Smartphone.

Schallplatten, Musikkassetten, CDs und sonstige physischen Formate haben ausgedient. Musik ist nicht nur entmenschlicht, sondern schwebt ohne Haptik im digitalen Äther. „Entwertung der Musik“ nennen es die Künstler, Fortschritt nennen es die Konsumenten – für die Major-Label ist es eine Goldgrube.

Gruft-Orakel Mai 2021: Diesen Monat flackert die Grableuchte besonders hell

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Neulich auf dem Friedhof entdeckte die Grableuchte ein besonders attraktives Gegenstück. Stimmungsvoll leuchtend und zärtlich flackernd strahlte die Flamme einer anderen Grableuchte in die erdrückende Dunkelheit. Minutenlang verharrte unsere Grableuchte an derselben Stelle und sah der anderen Grableuchte beim Leuchten zu. Ihm wurde warm um den Docht herum und fast schon ein bisschen schwindelig von den Wachs-Schmetterlingen in seinem Bauch. Unsicher, ob er verliebt oder einfach nur zu viel Eis gegessen hatte, kreisten seine Gedanken um völlig andere Dinge. Schuld war – wie immer – Alana Abendroth mit ihrem Gruft-Orakel. Wer sonst?

Gruft-Orakel Mai 2021 - Alana Abendroth

Walpurgisnacht – Eine Geschichte über Hexen, Bier und Maibäume

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Spätestens seit den Hörspielen mit Bibi Blocksberg sind Hexen keine ernst zu nehmende Gefahr für die Menschheit. Schon unseren Eltern vermittelte man mit „Verliebt in eine Hexe“ Anfang der 60er Jahre ein ganz anderes Bild der Besenreiterinnen und brachte die Begriffe „Ehefrau“ und „Hexe“ in einen ganz neuen Zusammenhang. Spätere Versuche, den Hexen wieder einen finsteren Hauch zu verpassen, scheiterten mit Filmen wie „Die Hexen von Eastwick“ und wurden durch Serien wie „Charmed – Zauberhafte Hexen“ vollends zunichtegemacht.

Vor rund 400 Jahren war das anders. Vermeintliche Hexen wurden verfolgt, verhört und zum Tode verurteilt, weil sie sich auf nahe gelegenen Bergen trafen, um dort gemeinsam die Nacht zum 1.Mai zu zelebrieren. Dass es sich beim Blocksberg ausschließlich um den Brocken im Harz handelt, ist im Übrigen ein Mythos , im Grunde eignete sich jeder nahe gelegene Berg, um als Treffpunkt für mittelalterliche Hexen zu dienen.

Dabei ging es bei der Walpurgisnacht um nichts anderes als „ein biß­chen Diebs­ge­lüst, ein biß­chen Ram­me­lei“ , also um Lebenslust und Freude mit Beltane und Walburga. Fraglich, ob damals jemand beim Feiern an die Kelten dachte,  die angeblich rituelle Liebesakte auf ihren Äckern durchführten, um ihre Fruchtbarkeit auf den Erdboden zu übertragen. Freude, Schweinskram und heidnische Feste waren der Kirche natürlich ein Dorn im Auge. Damals wurden die Hexen verbrannt, was heute natürlich nicht mehr so einfach funktioniert, dafür beeinflusst man unser Hexenbild mit einfallslosen Fernsehserien. Wie gemein.

Was ist geblieben von den Fruchtbarkeitsritualen? Nicht viel. Die meisten jungen Männer der regionalen Brauchtumspflege nutzen die Gelegenheit, ihrer Angebeteten einen kleinen Maibaum zu spendieren, für den im nahe gelegenen Wald unschuldige Birken verstümmelt werden. Wenn sie überhaupt dazu kommen, denn häufig trinken sich die jungen Männer so viel Mut an, dass es bei Gedanken bleibt, der dann wegen motorischer Unzulänglichkeiten im Keim erstickt wird. Der Kreis schließt sich, wenn man darüber nachdenkt, dass Bier im Mittelalter hauptsächlich in Klöstern gebraut wurde. Als die Kirche nämlich merkte, dass Hexenverbrennung zunehmend unpopulärer wurden, machte sie aus dem keltischen Fest der Fruchtbarkeit einen Maifeiertag, in dem es nur darum ging, lustig geschmückte Äste vor Fenster unverheirateter Mädchen aufzuhängen, um sie zum Heiraten zu animieren. Das Bier machte den potenziellen Bräutigam zwar mutiger und zügelloser, doch bei entsprechender Menge auch unfähig, Fruchtbarkeit überhaupt auszusprechen. Ein strategischer Schachzug der Kirche, endlich Zucht und Ordnung in den Sauhaufen Menschheit zu bringen!

Wen wundert es, dass neopagane Religionsformen wie Wicca auf dem Vormarsch sind? Kirchliche Regeln sind eben nicht jedermanns Sache, schon gar nicht, wenn es um Fruchtbarkeit geht. Aber liebe Hexen und Anhänger neuer Religionsformen, tut mir einen Gefallen und denkt bei der Ergründung keltischer Rituale an die Verhütung.

Spontis wünscht allen Hexen eine schöne Walpurgisnacht in der Natur! Braut doch bei der Gelegenheit einen Trank gegen Corona, wenn ihr so nett wärt ;)