Debütalbum von Paura Diamante: Ein queerer Tango ins Schwarze

3

Die queere Marlene Dietrich des Dark-Wave, Paura Diamante, hat nach ihrer Single-Auskopplung „Berlin“, die ich bereits in einer Ausgabe unserer Serie Formel Goth vorgestellt habe, endlich ihr Album veröffentlicht, das nun unter dem vielversprechenden Namen „Tango“ bei Young & Cold erschienen ist. Ich möchte vorwegnehmen: Nach dem Durchhören des Debüts ist mir bewusst geworden, wie überfällig diese musikalische, regenbogenfarbene Brücke zwischen der queeren und der schwarzen Szene gewesen ist.

Bevor wir uns nun der Musik widmen, vielleicht noch eine kurze Erklärung. Die Gothic-Szene ist seit ihrer Entstehung auch ein Schutzraum für Menschen mit queerem Hintergrund, es spielte nie eine Rolle, mit welchem Geschlecht man sich identifizierte oder inszenierte, weil man musikalisch auf der gleichen Wellenlänge schwebte und sich mit der gefühlten Melancholie und Traurigkeit auf der Tanzfläche begegnete. Allerdings gibt es zwischen typisch „queerer Musik“ und typisch „gruftiger Musik“ eine nicht wegzudiskutierende Diskrepanz, man lausche dazu diesem interessanten Podcast. Lady Gaga ist mit „Born this way“ die aktuelle Königin der queeren Hymnen. Queere Musik, so scheint es, ist energiegeladen, farbenfroh und kämpferisch. Es wurde also höchste Zeit, dass queere Musik mit der typischen Gothic-Attitüde, wie Hoffnungslosigkeit und Depression endlich auch gruftige Tanzflächen erobert.

Hier kommt Paura Diamante ins Spiel, die im sexy schwarzem Outfit, Smokey Eyes, Wolfgang-Petry-Gedächtnis-Perücke und mit glitzerndem Schweif singend den queeren Regenbogen wie eine Brücke überquert, der sich hinter dem bunten Zenit in triefendem Schwarz verliert. Ob sie dabei den „Tango“ tanzt, der dem Album seinen Namen spendete, ist nicht überliefert.

Man nehme die beiden Stücke „Munich White“ und den Titelsong des Albums „Tango“ als musikalisch Untermalung dieses Bildes. Während das erste Lied mit einem catchy Beat und funkelnden Synthie-Klängen in einem repetitiven Chorus dahinplätschert, der beim nächsten CSD tanzende Anhänger hinter einem Wagen versammeln könnte, dürfte „Tango“ düster stampfend und melodisch fordernd über die Tanzfläche jeder angesagten Dunkeldisco fegen. „Wir sind die Kinder dieser Nacht, aus welkem Fleisch gemacht – unsere Ekel wird Staub, bis der Morgen graut„. Die Pikes der Dark-Waver rutschen im Takt über die glatten Dancefloor. „Kinder der Nacht“ ist unser Stichwort.

Die Zusammenarbeit mit dem Produzenten Electrosexual, der die Songs vor allem elektronisch aufarbeitete, verleiht dem Album von Paura eine sehr gelungene und thematisch dichte Atmosphäre. Allerdings probiert sich Paura auch musikalisch aus und präsentiert mit „Sleepwalker“ einen vom gregorianischen Gesängen und Dead Can Dance inspirierten Track, während sie sich in „Children of Europe“ im Neofolk ausprobiert. Dieses Genre erscheint auch der passende Rahmen für den Song zu sein, der ihr persönliches Manifest spiegelt, dass sie zur Beschreibung des Album beigefügt hat:

Dabei bilden die politischen Ereignisse der vergangenen Jahre […] die Folie, auf der das Album kritische Fragen zu stellen versucht. Welche Verantwortung tragen ehemalige europäische Kolonialmächte im Angesicht der weltpolitischen Gesamtsituation? Wie stark reichen (gesellschafts-)politische Zusammenhänge in das Leben jeder einzelnen, in einem sicheren und wohlhabenden Europa aufgewachsenen Person hinein? Wie gehen Menschen in Europa mit der ethisch-moralischen Verantwortung um? Wie verarbeiten sie die Tatsache, dass sie in einer Wohlstandsblase leben, während um sie herum die Welt aus den Fugen gerät und immer mehr Menschen tot an die Küsten des Mittelmeers gespült werden? Die aus diesen politischen Realitäten resultierende Hilflosigkeit und Depression, die Abgründe der „Kinder Europas“, versucht „Tango“ allerdings nicht zu werten, sondern vielmehr von innen heraus zu beschreiben.

Ich bin skeptisch, ob man diese Tiefe innerhalb der Songs spüren kann, bin aber beeindruckt, wie reflektiert, aufmerksam und nachdenklich Paura Diamante die Umwelt wahrnimmt und versucht, sie in einem musikalischen Konstrukt zu spiegeln.

Gegenüber dem Magazin „Bouygerhl“ beschreibt in einem Interview mit Zacker das Video zum Song „Vampires“ mit ebendieser bedeutungsschwangeren Atmosphäre: „Der Vampir interessiert mich eher als Symbol für eine brüchige, marode und von Moral befreite Dekadenz.“ Glücklicherweise nimmt das Video mit expressiver Übersteuerung ein wenig Fahrt aus der vielleicht etwas überladenen Beschreibung.

Mit dem Cover vom Stefan Waggershausen Klassiker „Zu nah am Feuer“, der das 1984 zusammen mit Alice ins Mikrophon trällerte, endet er Reigen der Genre. Gemeinsam mit DIAF ist er „So nah am Feuer“. Habe ich mich nun verbrannt?

Fazit

Paura Diamantes Debütalbum „Tango“ ist großartig geworden und glänzt allein durch den möglicherweise unbeabsichtigten Versuch, eine Brücke zwischen queerer Musik und der schwarzen Szene zu bauen. Dabei probiert sich das Album in verschiedenen Genres aus, bedient Neofolk (Anspieltip: Children of Europe), erinnert entfernt an Dead can Dance, schwenkt wiederum auf Pop-Tracks für illustre Abende, um schließlich in einer potenziellen Dark-Elektro-Hymne (Anspieltip: Tango) den Ende des bunten Regenbogens zu erreichen, der wie zuvor erwähnt, in tiefstem Schwarz verläuft. Kein düsteres, waviges oder thematisches Konzeptalbum, sondern eine Art musikalischer Selbsterfahrungs-Spielplatz mit Anspruch, bei dem man der Künstlerin fasziniert beim Spielen zusieht. Für eingefleischte Gothics wahrscheinlich nicht „Gothic“ genug und für Liebhaber queerfreundlicher und lebensbejahender Hymnen wahrscheinlich zu düster.

Ich bin mir unsicher, wie sich Paura Diamante musikalisch positionieren möchte, oder ob sie es vorzieht, auf verschiedenen Hochzeiten zu tanzen. Ich würde es begrüßen, wenn sie noch tiefer in die Szene-Musik eintauchen würde. Das Augsburger Label „Young & Cold“, das ihre Musik unter die Leute bringt, steht schonmal auf der schwarzen Seite des Lebens. Das Zeug, die verschiedensten musikalischen Genre zu bedienen, hat sie allemal. Am eindrucksvollen Styling, das auf ganzer Linie überzeugt, wird es jedenfalls nicht scheitern.

Formel Goth: Fluch und Segen der Einsamkeit

1

Einsamkeit ist ein unbarmherziger Lehrer. Wenn du alles allein machen musst, verlernst du nach Hilfe zu fragen und verlässt dich letztendlich nur noch auf dich selbst. Zachery Allan Starkey aus Brooklyn, New York kann ein Lied davon singen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sein Song „Solitaire“ handelt genau davon. Auch „Ein Gespenst“ thematisiert die Einsamkeit in ihrem Song „Ich tanze nur aus Höflichkeit“ und vor allem in ihrem Video dazu. Ein leerer Wiener Prater, in dem die beiden Bandmitglieder für eben dieses Lebensgefühl Pate stehen. Die ukrainische Band „Ship her Son“ greift das Gefühl des Krieges auf, indem sie Phrase „Gott bestraft uns für etwas“ aufgreifen. Dabei ist es weder Strafe noch Gott, sondern der brutale Krieg eines einsamen russischen Diktators, der die falschen Lehrer hatte.

Zachery Allan Starkey – Solitaire

Der aus New York stammende Zachery Allan Starkey tritt musikalisch in die Fußstapfen früher New Order Veröffentlichungen und verbindet stampfende House-Beats mit melodischen Synthesizer-Collagen zu einem spannenden US-Sound. Mit seinem Song „Force“ macht er auch keinen Hehl aus diesen Fußstapfen, denn dieser Track ist zusammen mit Joy Division Keyboarder und New Order Gründer Bernard Sumner entstanden. Allerdings trifft dieser Song weniger meinen Nerv, als die gesampelte Drum-Sequenz in „Solitaire“, die den Song für mich so „catchy“ macht. Allerdings schwächelt der Song darüber hinaus etwas und kann erst im Refrain wieder punkten, wenngleich er dadurch auch in etwas poppigere Gefilde driftet. Kommen wir zum Inhalt. Ich habe Zachery gefragt, worum es in dem Lied geht:

Solitaire handelt vom Triumph. Es ist ein Song darüber, sich zu weigern, aufzugeben und an seinen Prinzipien festzuhalten. Es handelt von meiner Hingabe, mein Leben nach meinen Bedingungen zu leben.

Ein gewisse Leidenschaft für die Selbstbestimmung muss man Zachery Allan Starkey schon lassen, vielleicht ist auch die Millionenmetropole New York, die ihren Tribut fordert. Menschen werden nicht zum Misanthropen geboren, sondern dazu gemacht. Was trieb den ihn die Einsamkeit?

Ich war schon immer ein einsamer Mensch. Ich bin in ärmlichen Verhältnissen in der Arbeiterklasse aufgewachsen, bin von Natur aus introvertiert und unternehme oft gerne Dinge alleine, auch gesellschaftliche Dinge wie den Besuch einer Bar oder eines Nachtclubs. Seit dem 12. Lebensjahr bin ich auf mich gestellt. […] Auf diese Weise aufzuwachsen, nicht viele Freunde zu haben und die meisten Dinge alleine zu tun, hat es mir ermöglicht, viel Zeit damit zu verbringen, andere Menschen dabei zu beobachten, wie sie Fehler machen und in welche Schwierigkeiten sie dadurch geraten. Ich habe solche Dramen immer vermieden, und ich habe auch „Solitaire“ darüber geschrieben, wie ich mein Leben allein und auf mich gestellt lebe, um mich zu schützen.

Ein Gespenst – Ich tanze nur aus Höflichkeit

Elias Hirschl ist ein blutjunger, österreichischer Autor und Poetry-Slammer, der auch musikalisch unterwegs ist. Seine aktuelle Band „Ein Gespenst“ verpackt die traurige, ja fast schon ausweglose Poesie in heiteren New Wave Sound, dessen Stimmung durch das Video nur nochmals konterkariert wird. „Ich habe keine Pflichten mehr / Ich atme nur mehr wenn ich will / Ich tanze nur aus Höflichkeit / Und wenn ich will, dann bin ich still.“ Zusammen mit Christopher Hütmannsberger hat „Ein Gespenst“ im März dieses Jahres ihre erste EP herausgebracht.

(Danke an Norma Normal)

Ship Her Son – Gott

Die ukrainische Band „Ship Her Son“ geht mit ihrem hypnotischen Sound einen interessanten Weg, der durch den deutschen Titel und die Samples in deutscher Sprache noch einmal spannender erscheint. Die Phrase „Gott bestraft uns für etwas“ ist daher auch die deutsche Übersetzung eines populären ukrainischen Memes, der in Kriegszeiten von vielen verwendet wird. Die aktuelle EP des Ein-Mann-Projekts „Alles wird gut“ wirkt dabei wie ein zynischer Hoffnungsschimmer, um einfach mal „was nettes“ zu sagen, selbst wenn die Zeiten andere Ausblicke in Zukunft versprechen. „Gott“ stammt allerdings aus dem Album „Essen“, das 2021 erschienen ist. Die Kombination aus „Ironic German Speech“, wie er es nennt und dem kühlen und hypnotischen EBM scheint zunächst passend, verliert sich jedoch ein wenig dadurch, dass es sich oftmals um zusammenhanglose Wortfetzen handelt. „Gott“ macht seine Sache deutlich besser.

Gruft-Orakel September 2022: Wie eine Lesebrille die Spannung verhindert

0

Der Dämon hat die Grableuchte ausgepustet, während der Werwolf sich einen Knoblauchzopf geflochten hat.“ Zwischen den Zeilen lesen soll spannender sein. Der Sarg hat die Lesebrille aufgesetzt und liest eifrig zwischen den Zeilen des Gruftorakels. Schon eine Viertelstunde sucht er die versprochene Spannung, doch der berühmte Bogen will einfach keine aufbauen. Was interessieren mich denn die Haarkünste des Werwolfs? Und mit dem kleinen Zwist zwischen dem Dämon und der Grableuchte habe ich auch nichts zu tun. Oha! Jetzt bemerkt er seinen Fehler. Die Lesebrille! Nachdem er sie abgesetzt hat, wird es wirklich spannend, denn jetzt kann nur orakeln, was zwischen den Zeilen steht. Da hat Alana Abendroth mal wieder den richtigen Riecher gehabt.

Gruft-Orakel für den September 2022

 

Moonage Daydream: Erste genehmigte David Bowie Dokumentation verspricht bombastisch zu werden

0

Mitte September läuft „Moonage Daydream„, der erste genehmigte Dokumentarfilm über David Bowie, erstmals in den Kinos. Ein erster Trailer beeindruckt mit einer bombastisches Atmosphäre, einem gewaltigen Sound und furiosen Schnitt, der atemlos macht. Die Möglichkeit des Filmemachers Brett Morgen, aus dem umfangreichen Bowie-Archiv zu schöpfen, hinterließ ein Meisterwerk, wenn man den bisher erschienenen Kritiken Glauben schenken darf.

David Robert Jones, der sich irgendwann für den Namen David Bowie entschied, hat in seinem Leben unzählige Charaktere verkörpert. Ziggy Stardust, Major Tom oder auch der Thin White Duke sind die bekanntesten Verkörperungen, die Bowie zum künstlerischen Chamäleon gemacht haben. Für mich bleibt er ein Künstler von einem anderen Stern, der im Stande war, in jeder musikalischen Dekade tiefe Fußspuren im kollektiven popkulturellen Gedächtnis zu hinterlassen. Sein Leben erscheint wie ein riesiges Mosaik, das beim näheren Betrachten immer neue, spannende Details offenbart.

Was du im Leben machst, ist wichtig, nicht wie viel Zeit du darin verbringst oder was Du Dir gewünscht hättest zu tun.

Anders als beim biografischen Film „Stardust“, der 2020 erschienen ist und David Bowies Musik NICHT verwenden durfte, ist Filmemacher Morgen für seine Dokumentation mit dem gesamten Nachlass des Künstler gesegnet worden. Der Pressemitteilung zufolge habe er „ungefilterten Zugang zu Bowies persönlichen Archiven erhalten, einschließlich aller Master-Aufnahmen, um einen kunstvollen und lebensbejahenden Film zu schaffen, der den Zuschauer auf eine Reise durch Bowies kreatives Leben mitnimmt.

Auf das gesamte Archiv, das aus über 5 Millionen Dokumenten bestehen soll, zurückgreifen zu können, ist eine gewaltige Möglichkeit, das künstlerische Leben von David Bowie nachzuzeichnen. Es kann aber auch eine erdrückende Last sein, so einem produktiven Künstler gerecht zu werden, der mit seinen Darbietungen stets Maßstäbe setzte.

Fünf Jahre hat sich Brett Morgen durch das Material gearbeitet, um auf 140 Minuten zu komprimieren, was Bowie ausmachte. Dabei legt der Film nicht wert auf schnöde biografische Fakten, sondern: „die emotionale Entwicklung Bowies, sein Wachsen als Künstler und vor allem als Mensch, seine Wandlung von einem tatsächlich schüchternen Mann, der sich auf der Bühne auslebte, zu einem in sich ruhenden Menschen, der mit Mitte 40 durch seine Ehe mit dem Model Iman endgültig zu sich selbst fand.

Einen langweiligen Film über Bowie zu machen scheint aufgrund seines Lebens und dem gewaltigen Nachlass an Material sowie nicht möglich zu sein. Es wird allerdings spannend, ob der Film die Erwartungen der Fans, einer der musikalisch einflussreichsten Menschen des 20. Jahrhunderts, gerecht werden kann. Im Prinzip muss er das aber auch nicht, denn jeder kann den Charakter aus David Bowie Karriere nehmen, mit dem er sich am meisten identifiziert.

Wochenschau: Sommer, Palmen, Sonnenschein? Nein Danke!

0

Sommer, Palmen, Sonnenschein. Vor knapp 40 Jahren sangen die Ärzte von dem, was sich die meisten Jugendlichen damals wünschten. Im März 1984, bei einem Playback-Auftritt in Wipperfürth, war es jedenfalls saukalt und der Sommer in weiter Ferne. Dieser Tage sieht das wohlmöglich anders aus. Winter, Schatten, Regenschauer könnte der Titel lauten, denn allerorts ächzt man unter einer nie dagewesenen Hitzewelle. Klimawandel am eigenen Leib, das Wetter ist total im Eimer! Aber wem erzähle ich das? Für uns Gruftis war die Welt schon vor 40 Jahren dem Untergang geweiht, mittlerweile haben wir Abrüstung und Aufrüstung erlebt, haben Atomkraftunfälle, Atomkraftabschaffung und die neue Atomkraftliebe mitgemacht und sehen auch immer noch schwarz. Wir fanden vor 40 Jahren schon die Sonne doof, den Schatten cool und klirrende Kälte besser gefunden als brütende Hitze. Kümmern wir uns also nicht um die Probleme der Welt, sondern um Triviales. Viel Spaß mit der Wochenschau!

Kat von D macht Schluss mit Grufti | Insider

Die Tattoo-Künstlerin und Stilikone Kat von D macht Schluss mit der Gothic-Ästhetik, mit der sie sich einst definiert hat. Sie verkaufte ihre Anteile an der gleichnamigen Schönheitsmarke, bedeckte bereits einige Tattoos, verkaufte Immobilien und entsorgt jetzt einige Bücher über Hexerei und Tarot aus ihren. Nach ihrer Aussagen decken sich diese Dinge nicht mehr mit dem, „was sie sein möchte.“ Wir wünschen eine gute Reise! „Ich fand Schönheit schon immer im Makaberen, aber an diesem Punkt meines Lebens musste ich mich einfach fragen, in welcher Beziehung ich zu diesem Inhalt stehe. […] Und die Wahrheit ist, ich möchte einfach keines dieser Dinge in das Leben meiner Familie lassen, selbst wenn es in wunderschönen Hüllen verpackt ist und Staub in meinen Regalen ansammelt.

https://www.instagram.com/p/CgTLVNLLgL2/?utm_source=ig_web_copy_link

Dungeons, Boudoirs, and Bondage Wear | Creem

Andi Harriman begibt sich für das Creem-Magazin zusammen mit Stilikone Dave Edmond auf die Suche, warum Fetisch-Accessoires oder Latex-Kleidung in die Gothic-Szene gesickert sind: „Mehrere Gründe. Ich denke Specimen waren so etwas wie die Aushängeschilder der Batcave — sie waren immer in diesem Zeug gekleidet. Keyboarder Jonny Slut von Specimen trug immer Netzstrümpfe und PVC. Und als das Modelabel „Boy“ sich auf die ganze Sache mit Batcave einließ, fingen wir an, einen Batcave-Gothic-Look zu verkaufen. Wir würden immer beides zusammenmischen. Sie waren wie eine natürliche Ehe, ein bisschen wie Spitze. Du hättest zwei Arten von Goths: Du hättest die Art von viktorianischen Goths und die schmuddeligen Fetisch-Goths. Das weibliche Gegenstück war der Goth-Domina-Look – als Patricia Morrison beim Gun Club und den Sisters of Mercy war, trug sie immer solche Sachen.“

Bunter kann Schwarz nicht sein | NDR

Das Mera Luna ist vorbei und hat zahlreichen Besuchern ein tolles Wochenende beschert. Tino Nowitzki fasst das Wochenende für den NDR zusammen: „Ketten-Schlüpfer, Ledermasken, blutverschmierte Unterhemden? Willkommen auf dem M’era Luna 2022 – eines der wichtigsten Treffen der Schwarzen Szene. Und eines der schillerndsten: Denn wer beim Gang über das Festival-Gelände nicht bei offenem Mund ins Staunen gerät, der braucht dringend einen Termin beim Optiker des Vertrauens. Daran hat sich auch nach zwei Jahren Festival-Pause durch Corona-Pandemie nichts geändert.“ Untermalt wird der Text von einem 3-minütigen Video-Beitrag, dessen Tenor wohl „Kostüme“ lauten könnte oder vielleicht auch sollte.

Die prägenden Synthesizer von Front 242 | Gearnews

In einem Beitrag von „Moogulatur“ widmet sich Gearnews intensiv den technischen Aspekten der EBM und geht dabei speziell auf die Band Front 242 ein: „Die ersten Versuche mit „Principles“ erinnern eher noch an Cabaret Voltaire und steigern sich in einen neuen eigenen Sound, der bis zur frühen Mitte der Achtziger von analogen Synthesizern geprägt wurde. Zentral auf dem Geography-Album sind Synthesizer wie Rolands System 100 und 100m, Yamahas CS–Synthesizer (CS-40M, CS-15) zu hören. Auch der „Operating Tracks“-Bass vom Moog Source ist zu hören. Das ist ein speicherbarer Synth mit etwa der Struktur des Prodigy, den auch Depeche Mode sehr früh genutzt haben. „Belgien ist ein Land, in dem Synthesizer teuer sind“, sagte mir ein bekannter EBM-Musiker zu jener Zeit und so waren manche Instrumente auch Leihgaben.“ Obwohl ich jetzt keine Ahnung von der Materie habe, bin ich beeindruckt, wie viel Ahnung man von so einer Materie haben kann.

40 Jahre CD: Musik zum Anfassen | Tagesschau

Das runde Jubiläum der CD mag wohl gleichzeitig auch der finale Abgesang auf die kleine glänzende Scheibe werden, denn Streaming ist das neue Schlagwort, wenn es ums Musikhören geht. Für mich wieder eine Innovation, die ich von der „Geburt“ bis zu seinem theoretischen Ende mitverfolgt habe und dennoch nicht für „tot“ halte, denn wie die Schallplatte oder die Kassette findet auch die CD noch weiter Verwendung. Ein Artikel in der Tagesschau fasst alle Fakten und die heutige Situation zusammen. Hatte ich eigentlich schonmal die Geschichte von meinem ersten CD-Player erzählt? Könnt ihr ja gerne mal in den Kommentare anfordern.

Leipzig liest kein Buch | FAZ

Die Universität Leipzig schafft die Buchwissenschaften ab. Für die Stadt des Buchs eine Katastrophe oder die zwangsläufige Entwicklung der Digitalisierung? „Abgesänge auf das gedruckte Buch gibt es in etwa so viele wie Bücher selbst. Das Buch hat sie bislang überlebt, und die Leseforschung, ein Zweig der Buchwissenschaft, hat erklärt, warum man auch in Zukunft noch Bücher drucken wird. Etwa weil man sich besser an das erinnert, was man zwischen zwei Buchdeckeln gelesen hat.

Rock im Park 2023 – Kräftiger Preissprung | merkur

Der begonnene Vorverkauf für das „Rock im Park“ Festival für nächstes Jahr wirft dunkle Schatten auf kommende Preissteigerungen voraus. Inflation, Personal, Energie. Statt 199€ kostet das Festival 2023 nun 268€. Ich bin gespannt, was uns noch so erwartet. „„Das Rock-im-Park-Ticket für nächstes Jahr kostet in der Early Bird Phase 268 €. Vor Corona waren es noch 199 €, davor 169 € …“, moniert eine Person die Preise in einem Jodel-Post. Dazu der Hashtag #Wucher. „Richtige Frechheit, zumal die Organisation einfach seit Jahren immer schlechter wird“, antwortet jemand. „Würde denen wirklich gönnen, wenn die mal richtig floppen würden, aber gehen vermutlich immer noch genug hin …“

Druiden und Hippies 1969 in Stonehenge | Kraftfuttermischwerk

Subkulturen gibt es schon eine ganze Weile. Nicht erst in den letzten Jahren versammeln sich einige davon in Stonehenge, um ihren Leidenschaften und Überzeugungen nachzugehen.

(via KFMW)

Black Friday – Biggest Goth Festival in the World Part 2 | It’s Black Friday

Wer A sagt, muss auch B sagen. Nachdem ich in der letzten Wochenschau den ersten Teil von Black Fridays Besuch des Wave-Gotik-Treffen gezeigt habe, kommt jetzt auch der zweite Teil.

Goth-Stories: „Goodbye Horses“ Sängerin Q Lazzarus gestorben – Die (ganze) Geschichte einer singenden Taxifahrerin

3

Die Geschichte um den Verbleib von Q Lazzarus war lange Zeit ein Mysterium. Mit ihrem 1988 veröffentlichte Song „Goodbye Horses“, der durch eine berühmte Szene im Film „Das Schweigen der Lämmer“ zu einem Kulthit der frühen 90er-Jahre mutierte, sang sie sich ins kollektive popkulturelle Gedächtnis. Für mich war das Lied immer ein Inbegriff der Gothic-Szene, denn ihre melancholische Stimme verlieh dem Song mit dem kryptischen Text so eine tieftraurige und gruftige Stimmung, der ich mich bis heute nicht entziehen kann. Die Sängerin Q Lazzarus verschwand allerdings mit ihrem Erfolg von der Bildfläche und galt viele Jahre als verschollen. Eine Todesanzeige offenbarte nun, dass Q Lazzarus, die eigentlich Diane Luckey heißt, am 19. Juli 2022 gestorben ist.

Q Lazzarus fuhr Taxi in New York

Mitte der 80er-Jahre war Diane Luckey Sängerin der Band „Q Lazzarus And The Resurrection“ und verdiente sich als Taxifahrerin in New York ihren Lebensunterhalt. Erfolg war der rebellischen Sängerin nicht beschert, Plattenfirmen lehnte ab sie zu vermarkten, weil sie Mitte der 80er-Jahre mit ihren Dreadlocks und der souligen Musik nicht ins Bild der kitschigen und popverseuchten musikalische Ära zu passen schien. Wie es der Zufall wollte, stieg der bekannte Regisseur Jonathan Demme während eines Schneesturms in Luckeys Taxi. Sie hört ihre eigenen Kassetten, weil sie sich darauf vorbereitete, am nächsten Tag aufzunehmen. Demme sagt während der Fahrt, er möge den Song und fragte Luckey, wessen Musik das sei. „Nun, vielen Dank“, antwortete Luckey, „ich bins.“

Demme war begeistert von der Sängerin. Er verwendete zunächst den Song „Candle Goes Away“ von Q Lazzarus in seinem 1986 erschienen Film „Gefährliche Freundin„. Kurioserweise fehlt der Song allerdings auf dem offiziellen Soundtrack und ist letztendlich nur als Soundschnipsel in einer Aufnahme des Films zu hören.

Das Lied „Goodbye Horses“, verwendet er dann unter anderem in einer Szene des Films „Das Schweigen der Lämmer“ von 1991, was ihn zur Legende machte. Darsteller Ted Levine, der den kaltblütigen Serienmörder Buffalo Bill spielt, tanzt nur mit einem Bademantel bekleidet zum Lied vor dem Spiegel, während er Make-up aufträgt und mit sich selbst spricht: „Würdest du mich ficken? Ich würde mich ficken. Ich würde mich so hart ficken„.

Der verdiente Erfolg des Films, der insgesamt 5 Oscars gewinnt, beflügelt den Song, mit dem sich der Antagonist des Films in Szene setzt. William (Bill) Garvey, der auch in der Band „Q Lazzarus And The Ressurrection“ spielte, schrieb den Song. Bei Wikipedia munkelt man, dass der Text des Liedes auf der „Transzendenz über diejenigen basiert, die die Welt nur als irdisch und endlich sehen“, wobei die Pferde in dem Lied „die fünf Sinne der Hindu-Philosophie darstellt„. Prüfen lässt sich das nicht, Songschreiber Garvey starb bereits 2009.

Weil Regisseur Demme offenbar nicht genug von Q Lazzarus bekommen konnte, trat sie kurz in seinem nächsten Film, „Philadelphia“ von 1993 auf, in dem sie den Song „Heaven“ von den Talking Heads covert, während Hauptdarsteller Tom Hanks mit seinem Filmpartner Antonio Banderas auf einer Kostümparty tanzt. Obwohl der Film nicht weniger erfolgreich als „Das Schweigen der Lämmer“ wird, bleibt der Auftritt von Diane Luckey weitestgehend unbemerkt, nicht zuletzt, weil das Cover auch nur in dem Film zu sehen ist und wiederum nicht auf dem offiziellen Soundtrack des Films erscheint.

30 Jahre lang verschwindet Q Lazzarus spurlos

Trotz ihres Auftritts in dem Film „Philadelphia“ und der ikonische Platzierung ihres Songs „Goodbye Horses“ im Film „Das Schweigen der Lämmer“, muss Luckey um einen Plattenvertrag kämpfen. Letztendlich erscheint nur „Goodbye Horses“ als Single bei einem unbedeutenden Label. „Q Lazzarus And The Resurrection“ lösen sich 1996 auf, Diane Luckey verschwindet völlig aus der öffentliche Wahrnehmung, selbst Bandkollegen und Freunde wissen nicht, was aus ihr geworden ist.

Spätere Tribute an die ikonische Szene aus dem Film „Das Schweigen der Lämmer“, wie beispielsweise in Clerks II oder Family Guy, halten den Song im popkulturellen Gedächtnis, während Cover von zahlreichen Bands den Song auch in die Ohren jüngerer Menschen bringen. Zuletzt schmückte sich das Modelabel Gucci mit dem Song für einen Kampagnenfilm.

30 Jahre später wird ein Artikel bei Dazed veröffentlicht, der sich mit der Suche nach Q Lazzarus beschäftigte. Autor Thomas Gorton befragte Freunde, Plattenfirmen und Bandmitglieder über den Verbleib der Sängerin, doch niemand hatte eine abschließende Antwort, viele hielten die Sängerin für tot. Eine Weile nach Veröffentlichung des Artikels erscheint auf Twitter ein Konto mit dem Namen „@AKAQLazzarus“, die den Autor kontaktiert und vorgibt, die verschollene Sängerin zu sein. Sie schreibt ihm:

Hallo, tut mir leid, Sie zu stören. Ich wollte nur, dass die Leute wissen, dass ich noch lebe, ich habe kein Interesse mehr am Singen. Ich bin Busfahrerin in Staten Island (da bin ich seit JAHREN), ich sehe jeden Tag Hunderte von Passagieren, also verstecke ich mich wohl kaum (oder bin tot!). Ich habe Thomas Gorton (Dazed) meine Telefonnummer und Adresse gegeben, nur um zu bestätigen, dass ich ‚echt‘ bin. Tut mir leid, wenn dies ein langweiliges Ende der Geschichte ist. Ich werde Twitter bald verlassen, da ich es seltsam finde. Bitte denken Sie an diese Nachricht, falls jemand anderes interessiert ist. DANKE„.

Gorton gibt sich größte Mühe, die Echtheit dieser Nachricht zu beweisen. Wie er in diesem Artikel erzählt, fährt er mehrmals zu der angegebenen Adresse, trifft jedoch nur einen Mann mit Pferdeschwanz, der nichts von einer Sängerin weiß und versucht die Telefonnummer einige Male anzurufen. Erst eine ganze Weile später kann er durch eine Geschichte, indem eine Frau ein Busunternehmen verklagte, auch weibliche Fahrer einzustellen, das Facebook-Profil eines Familienmitglieds von Luckey ausfindig machen. Nachdem seine Freundschaftsanfrage angenommen wurde, durchstöberte er die Bilder und traut seinen Augen kaum, denn er glaubt, die verschollene Sängerin entdeckt zu haben:

Dazed nahm Kontakt mit Gesichtserkennungsexperten an der Greenwich University auf, die als Super Recognisers bekannt sind, Menschen, die „eine überdurchschnittliche Fähigkeit haben, Gesichter zu erkennen […] Wir schickten ihnen eine Auswahl an Fotos [und] das Ergebnis fiel positiv aus und besagte, dass es ‚eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass die auf allen Bildern abgebildete Person dieselbe Person ist‘

Leider blieb es bei der Bestätigung, dass Q Lazzarus nicht tot ist, aber mit ihrer Vergangenheit nichts zu tun haben will. „Sie sei schüchtern“ blieb die letzte Nachricht des Twitter-Accounts „@AKAQLazzarus“, bevor er gelöscht wurde. Es blieben mehr Fragen als Antworten. Warum hatte die Sängerin so lange geschwiegen? Warum hat sie nie die Tantiemen für den Song eingefordert? Warum will sie heute keine Aufmerksamkeit mehr?

Dokumentation mit Q Lazzarus erscheint 2023 2024

2019 sorgt das Schicksal wieder für eine Wendung in Q Lazzarus Geschichte. Diesmal steigt die mexikanische Regisseurin Eva Aridjis in das Auto eines Taxi-Service, das Diane Luckey fährt. Nach ein paar Minuten weiß Aridjis, zum wem sie da ins Auto gestiegen ist. Die beiden freunden sich an und beschließen, einen Dokumentarfilm zu drehen. In einem Interview mit dem Rolling Stone sagt die Filmemacherin: „Wir bereiteten uns gerade darauf vor, die letzten Szene zu drehen, als sie letzten Monat im Alter von 61 Jahren auf tragische und unerwartete Weise verstarb.

Der Film „Goodbye Horses: The Many Lives Of Q Lazzarus“ soll 2023 erscheinen. Neben vielen Geschichten hat Aridjis auch einen „riesigen Sack Kassetten“ von Luckey bekommen, die sie während ihrer Zeit in New York und später in London aufgenommen hatte. „Q hatte die letzten 20 Jahre damit verbracht, Autos und Busse zu fahren und konnte es kaum erwarten, wieder Musik zu machen.

Die Dokumentation sollte der Startschuss für eine Art „Auferstehung“ werden, selbst ein Comeback-Konzert schwebte den beiden Freundinnen vor. Leider schlug das Schicksal ein letztes Mal zu, diesmal nicht zugunsten der Sängerin, die mit ihrer Familie in Neptune Township, New Jersey lebte. Sie starb im Alter von nur 61 Jahren.

Quellen + weiterführende Links:

Manchester: Ikonisches Wandgemälde von Ian Curtis mit Werbung übermalt

10

In Manchester wurde das ikonische Wandgemälde von Ian Curtis, dem 1980 verstorbenen Sänger der Band „Joy Division“, mit der Werbung für das neue Album des Rappers „Aitch“ übermalt. Das sogenannte „Mural“ sollte nicht nur an den verstorbenen Joy Division Sänger erinnern, sondern für Aufmerksamkeit für psychische Krankheiten schaffen und wies dazu auf zahlreiche Hilfsangebote hin.

https://twitter.com/vickc23/status/1559597626919632904

Das Gemälde von Ian Curtis ist auf der Port Street im Northern Quarter der Stadt zu sehen und wurde im Oktober 2020 vom Künstler Akse P19 erschaffen, der für seine fotorealistischen Graffiti-Arbeiten bekannt ist. Es zeigt ein Foto des belgischen Fotografen Philippe Carly, der 1979 einen Auftritt der Band im „Plan K“ in Brüssel besuchte und in Szene setzt. Der schreibt bei Instagram: „[Das Bild] ist zu einem kulturellen Wahrzeichen geworden, das den Menschen aus Manchester und darüber hinaus viel bedeutet.

Die Stadt Manchester, die umgehend informiert wurde, zeigt sich machtlos, denn die Wand ist nicht Eigentum der Stadt. Der Bürgermeister von Manchester wandte sich an Aitch, den Fehler zu korrigieren: „Das hätte nicht passieren dürfen […] es sollte vollständig wiederhergestellt werden und als Erinnerung an diesem Ort verbleiben.

Als Rapper „Aitch“ von der Sache Wind bekam, entschuldigte er sich und beteuerte, von der Sache nichts gewusst zu haben, da er die Orte für die Werbung nicht aussucht. Er kündigte an, sich umgehend darum zu kümmern, dass das Gemälde wieder hergestellt würde. „Niemals würde ich einen Lokalhelden wie Ian Curtis so respektlos behandeln.Peter Hook bedankte sich knapp, aber freundlich für die Geste.

It’s come to light that the iconic Ian Curtis mural on Port Street has been painted over with my album artwork. This is the first time I’ve heard of this, me and my team are getting this fixed pronto. No way on earth would I want to disrespect a local hero like Ian.

MCR ❤️🐝

— Aitch (@OfficialAitch) August 16, 2022

Übrigens dauert es nur Minuten, bis man die Werbung mit einem entsprechenden Graffiti verzierte: „Money will tear us apart again.“ Allerdings wurde auch Kritik laut, warum solch ein – von der Stadt mitfinanziertes – ikonisches Wandgemälde keinen öffentlichen Platz bekommen hat, sondern man es offensichtlich versäumt hatte, den ausgelaufenen Mietvertrag mit dem Eigentümer der Wand entsprechend zu verlängern. Bleibt zu hoffen, dass man diesmal besser macht.

Italo Disco: Die trashige Popkultur in einer ARTE-Doku

7

In den 80er-Jahren war Italo Disco der Soundtrack der Sommerferien. Italien war ein beliebtes Reiseziel und deutsche Touristen bevölkerten so ziemlich jede Küstenregion, die der Stiefel im Mittelmeer zu bieten hatte. ARTE hat der „Sensationell uncoolsten“ Musikrichtung nun die Dokumentation „Italo Disco – Der Glitzersound der 80er“ gewidmet. Längst überfällig, wie ich finde, denn das oft belächelte und noch lauter verschriene Genre hat eine treue Fangemeinde, auch in der Wave-Szene. Mich zum Beispiel. Schön, dass Caro die Doku in einem Kommentar erwähnte.

Wie ich in den Italo Disco Topf gefallen bin

1984 war ein tolles Jahr. Ich war gerade 10 Jahre alt geworden, da bot mir meine Mutter eine Alternative zum rituellen Schwarzwald-Urlaub an. Womöglich spürte sie, dass der Sohnemann gegen den tristen Brei aus wiegenden Tannen, felsigen Bergen und plätschernden Flüssen aufbegehrte. Wir flogen nach Italien! An der östlichen Küste zu Mittelmeer buchten wir uns in ein klassisches Halbpension-Hotel ein und erkundeten die Umgebung. Strand, bunte Plastiksandalen und Eiscreme. Highlight war allerdings eine Art Miniaturrummel, direkt gegenüber des Hotels. Dort dröhnte Italo-Disco den ganzen Tag über die Lautsprecher, während Videospiel-Automaten und Flipper um das Kleingeld der Touristen buhlten. Auch ein Autoscooter gehörte zur Ausstattung. Mit einer Münze aktiviert, bot er zeitlich begrenzten Fahrspaß mit Gummiringen. Ich war begeistert. Mutti auch, denn so nervte Sohnemann nach dem Abendessen nicht herum und fiel dann todmüde ins Bett.

Ein italienischer Polizist (links im Bild) musste als Statist herhalten, den Sohn (rechts unten, blond) in dieser fremden Umgebung zu verifizieren.

So verdrückte ich die allabendliche Portion Pasta in Rekordtempo, ohne mich dabei zu bekleckern und drängte meine Mutter dann mit braunen Rehaugen dazu, ihren Sohn endlich gegenüber Autoscooter fahren zu lassen.

Es war ein lauer Sommerabend im August 1984 als ich die Münze des Schicksals in den Schlitz steckte, die nicht durchfiel, sondern den Mechanismus blockierte und so unbegrenzten Fahrten freischaltete. Und ich fuhr. Erst aufgeregt, dann lässig, ja fast schon anmutig. Neidische Gleichaltrige mussten Münze um Münze ausgeben, um mit mir auf Augenhöhe zu bleiben. Dem Platzwart in seinem Häuschen war das freilich egal, denn der beeindruckte die weibliche Jugend mit Krachern von den Tanzflächen der örtlichen Diskotheken. „Tarzan Boy“ „Comanchero“ oder „Mad Desire„. Ich war in dem Alter, in dem Mann Mädchen noch doof fand und Autoscooter viel interessanter. Ich glaube, ich habe mich damals in Trance gefahren, ins Autoscooter-Italo-Disco-Delirium. So wie Obelix, der als Kind in den Topf mit Zaubertrank gefallen ist.

Der Rest ist Geschichte. Urlauber, die den Sound aus Italien mitnehmen wollten, machten die Musik in Deutschland bekannt, die dann letztendlich sogar in den Charts landete, Sampler hervorbrachte und Dan Harrow in die Bravo. Die Dokumention bringt die Geschichte auf den Punkt, weckt jugendliche Erinnerung und treibt mich in die Arme, merkwürdiger Etsy-Shops.

Ich nehme an, Italo-Disco hat viele Gruftis beeinflusst, wenn auch nicht offensichtlich, sondern eher ungewollt. Als Kind oder Jugendlicher der 80er-Jahre konntest du dieser Art von Musik kaum entgehen. Nur so ist zu erklären, dass dieses Genre als „Trash-Wave“ auch heutzutage regelmäßig die Tanzflächen kleiner Nischenveranstaltungen füllt. Die Shockwave-Party im Rahmen der Gothic-Pogo-Party ist prominentes Beispiel, die die Tanzfläche auch mit Italo-Disco-Krachern wie zum Beben bringt.

Der „Waver“, wenn man diese Subkultur so bezeichnen kann, ist ein „Synthie-Addict“. Süchtig nach eingängigen Melodien, breiten Synthie-Teppichen und fordernden, tanzbaren Beats. Das findet sich auch der Musikrichtung Italo-Disco oder auch der Neuen Deutschen Welle wieder, die im Grunde für alles das stehen, was die schwarze Szene vermeintlich ablehnt. Grelle Farben, bunte Lichter und unbeschwerte Leichtigkeit. Vielleicht liegt genau darin die Traurigkeit, die ich bisweilen genießen möchte.

Alternative Erklärungsversuche bitte in den Kommentaren hinterlasse, ich bin gespannt.

Lyschko: Eine dystopische Wiedergeburt der Neuen Deutschen Welle

12

In einer musikalischen Welt, in der das, was böse, tiefgründig und anderes erscheinen soll als Gothic etikettiert wird, kommen die wirklich gruftigen Überraschungen aus völlig anderen klanglichen Schubladen. Zusammen mit Drangsal hat sich die Band Lyschko für den Song „Fremd“ ins Bett gelegt und eine klangliche und visuelle Wiedergeburt des Songs „Lullaby“ geschafft, die sich trotz aller Parallelen zum ikonischen Original richtig neu und spannend anfühlt.

Lyschko war nicht nur ein Mühlknappe im Koselbruch, sondern ist auch New-Wave Band aus Solingen. Die Band besteht aus den Geschwistern Lina und Jonah Holzrichter, die zusammen mit Lukas Korn auf einer sehr aktuellen Strömung surfen: die neue Neue Deutschen Welle. Das OX-Fanzine schreibt zum Song: „„Fremd“ ist der Soundtrack für alle verlorenen Seelen, diejenigen, die zu früh von einer Party nach Hause gegangen sind und jetzt allein durch verlassene Straßen tanzen.

2011 gründete sich die Band noch unter dem Namen „Cuckoo“, veröffentlichen bereits erstes Material und haben jetzt unter dem neuen Namen die ersten Songs herausgebracht. Eine EP mit dem Namen „Stunde Null“ gab 2019 den Startschuss, nach ausgedehnter Tour widmet man sich jetzt mit „Fremd“ wieder der musikalischen Zukunft.

Für mich hört sich die „Neue Neue Deutsche Welle“ fantastisch an, klingt schön nach dem Sound von „The Cure“ ohne altbacken und Retro zu wirken, während mich Sängerin Lina ein bisschen an „Ideal“ erinnert. Allerdings sind sie von der Stümpferhaftigkeit der NDW-Ära weit entfernt, denn Lyschko wirken unfassbar talentiert und professionell. Abgerundet durch einen Text, der einfach nur Melancholie und Einsamkeit verströmt, wird daraus ein Grufti-Leibgericht zum Dahinschmelzen. Auch das Gefühl von Lina unterstreicht diesen Eindruck, wie sie dem „Album der Woche“ erzählt:

Wir sind eben die Generation Y: keiner weiß irgendwas, keiner macht irgendwas. Alle sind unzufrieden, vor allem mit sich selbst, aber man kriegt auch nichts geschissen […] Du kannst machen was du willst – es interessiert eh keinen. Dann machen es halt alle anderen nicht. Dann stellt Deutschland die AKWs ab und alle feiern, aber ich denk mir: Ja, aber die die anderen schaffen sich sogar noch Atomwaffen an. Es ist völlig egal.

Sind „Lyschko“ die Prototypen einer neuen Goth-Bewegung? Die Band sieht sich in einer gesellschaftlichen Apokalypse und blickt dem drohenden Untergang in der Zukunft mit klarem Auge entgegen. So ist der Song „Fremd“ ein Augenblick in diesem Lebensgefühl, in dem sich „kein Weg richtig anfühlt„.

Während die Szene mit düsterem Schlager ein fröhlich-buntes Kostümfest zu feiern scheint, lebt uns der Nachwuchs vor, was wirklich zu einer schwarzen Szene gehören sollte. Erinnert ihr Euch an die junge Frau in diesem Video aus den 90ern?

 Du kannst nichts richtig machen. Du kannst nur versuchen, es möglichst wenig scheiße zu machen

Den Song „Fremd“ und das dazugehörige Video haben Lyschko für mich schon mal ziemlich richtig gemacht. Der Scheiße-Faktor tendiert gegen null. Auch wenn dieser Song nichts ändert, so weckt er dennoch Hoffnung auf eine düstere Jugend, die im kleinen etwas besser machen möchte, ohne sich einzubilden, das große Ganze auf den Kopf zu stellen.

Lyschko findet ihr bei Facebook, Instagram, Spotify und Youtube.

Ab September 2022 bei Netflix? The Munsters VS Wednesday Addams

2

Im September 1964 erschienen im Abstand weniger Tage zwei Serien in den USA, die in direkter Konkurrenz zueinander die heile Welt der klischeehaften US-amerikanischen Vorstadt-Familie aufs Korn nahmen. Bei CBS wurden „The Munsters“ ausgestrahlt, während bei ABC „Die Addams Family“ das Licht der Welt erblickte. Trotz ihrer Absetzung nur 2 Jahre später, erreichten beide Serien im Laufe der Jahre Kultstatus und wurde immer wieder neu interpretiert. Eine ganz ähnlichen Kampf um die Gunst des Publikums liefern sich jetzt anscheinend die von Tim Burton produzierte Serie „Wednesday“ und Rob Zombies Neuverfilmung von „The Munsters“, die beide bei Netflix erscheinen sollen.

Rob Zombie selbst zog diesen Vergleich und nannte es den „Kampf der Titanen“. Wann die Serie und der Film aber erscheinen, ist noch nicht bekannt. Wenn man die Ankündigung von Rob Zombie allerdings wörtlich nimmt, erscheinen beide noch vor Halloween, denn beide Produktionen seien, „die perfekte Unterhaltung für die Kürbis-Schnitzerei-Party„.

https://www.instagram.com/p/CgKJTA_uhDF

In „The Munsters“ übernehmen Jeff Daniel Phillips (54) und Rob Zombies Ehefrau Sheri Moon Zombie (51) die Rollen von Herman und Lily, die mit ihrer Familie von Transsylvanien in einen amerikanischen Vorort ziehen. Im Mittelpunkt der Serie „Wednesdy“ steht Jenna Ortega (19), die die Tochter der Addams Familie spielt. Die Serie „ist ein detektivisches und übernatürlich durchdrungenes Mysterium, das die Studentenjahre von Wednesday Addams an der Nevermore Academy nachzeichnet„. Neben der jungen Schauspielerin werden auch Catherine Zeta-Jones und Christina Ricci dabei, die 1991 und 1993 die Rolle von Wednesday übernahm.

Die Reaktionen auf den ersten vollwertigen Munsters-Trailer sind allerdings gemischt und schwanken zwischen Begriffen wie „Leichenfledderei“ und „Horror-Slapstick“ in den sozialen Medien. Ebenso schneit noch unklar zu sein, ob und wann „The Munsters“ und „Wednesday“ in Deutschland zu sehen sein wird, ob es noch bis Halloween reicht ist unklar.