Hätte es eine Abonnement für ein Plattenlabel gegeben, ich hätte das von 4AD genommen. In der 80ern eines der wichtigsten Independent-Label in England, bei dem Bands wie Bauhaus, Birthday Party, Cocteau Twins, Xmal Deutschland, Dead can Dance oder auch der Clan of Xymox untergekommen sind. Gründer Ivo Watts-Russell und Peter Kent arbeiteten bei Beggar’s Banquet und sollten sich Demo-Tapes von jungen englischen Bands anhören und Potential erkennen. Wir schreiben das Jahr 1980 und die Musikszene ist durch den Punk ordentlich durcheinandergewirbelt worden und New Wave scheint gut zu funktionieren.
Doch der atmosphärische und dichtere Sound auf den beiden stehen, passt nicht so ganz zu dem Bild ihres Arbeitgebers. So leihen sie sich 2000 Pfund von ihrem Arbeitgeber und gründen ihr eigenes Label 4AD. Das war am 29.August 1980 – Happy Birthday 4AD (nachträglich). Zum Jubiläum habe ich mich hingesetzt und die aus meiner Sicht einflussreichsten Werke der 80er Zusammengefasst und möchte in 10 Videos die Bands zeigen, die hier groß geworden sind.
Gegründet wurde 4AD eigentlich schon 1979 von Ivo Watts-Russell, der mit 1972 im Alter von 17 auszog, um in Londoner Plattengeschäften zu arbeiten. 79 gründete er mit Peter Kent und der Unterstützung vom damaligen Arbeitgeber Beggars Banquet Records das eigene Label Axis Records, das jedoch kurze Zeit später in 4AD umbenannt wurde, da „Axis“ bereits von einer anderen Firma der Musikbranche genutzt wurde. 4AD wollte die atmosphärischen und auch esotherischen Sounds, die von den meisten Labels dieser Zeit abgelehnt wurden auf eine eigene Plattform erheben und so war Bauhaus auch die erste relevante Verpflichtung dieser Richtung, denn die hatten mit „Bela Lugosi’s Dead“ ja bereits den Stereotyp der Goth-Musik geschaffen. Ihr Album „In the Flat Field“ sollte ein Meilenstein der frühen Goth-Szene werden, das von einigen Kritikern jedoch zerrissen wurde: „No songs. Just tracks (ugh). Too priggish and conceited. Sluggish indulgence instead of hoped for Goth-ness. Coldly catatonic.“ Man ließ sich glücklicherweise nicht beirren und konnte Bauhaus, The Birthday Party, Modern English und The The unter einem Dach zusammenbringen.
https://www.youtube.com/watch?v=YpnK8tnsJng
Die Birthday Party veröffentlichen „Prayers on Fire“ ihr Debütalbum, das die kreativen Ansätze der Band rund um Frontmann Nick Cave in rohes und drahtiges Dokument ihres Schaffens verwandelte. Die Single „Release the Bats“ kletterte an die Spitze der britischen Independent-Charts. Modern English übernehmen mit ihrem Album „Mesh & Lace“ ein Stück des Stiles von Joy Division oder PiL. 4AD veröffentlichen in Japan den Sampler „Nature Mortes – Still Lives“ der britischen Goth-Rock und New Wave für die Japaner zugänglich macht. The The markieren mit ihrem Album „Burning Blue Soul“ ein zweites musikalisches Standbein, das sich musikalisch in eine andere Richtung entwickeln sollte, aber ungleich erfolgreich wurde. Bauhaus verlassen 4AD und erheben sich vom Independent Label zu Beggars Banquet.
Mit Lydia Lunch und den Cocteau Twins gewinnt man zwei potente Neuverpflichtungen. New Wave Diva Lunch bringt ihre Version vom Klassiker „Some Velvet Morning“ heraus, das im Original von Nancy Sinatra und Lee Hazelewood eingesungen wurde. Die Cocteau Twins veröffentlichen auf 4AD ihr Debütalbum „Garlands“, das der Startschuss zu einer 80er Independent Karriere wurde. Daniel Ash, Gitarrist von Bauhaus unternimmt zusammen mit Glenn Campling erste musikalische Gehversuche im Nebenprojekt Tones on Tail. Nachdem Gitarrist Tracy Pew wegen Trunkenheit zu 8 Monaten Haft verurteilt wird, bringen Birthday Party ihre EP „Drunk on the Pope’s Blood“ heraus, Barry Adamson ersetzt dabei den inhaftierten Pew. Modern English bringen ihr zweites Album „After the Snow“ heraus aus dem sie 2 erfolgreiche Single’s auskoppeln.
Nick Cave und seine Birthday Party gehen nach Berlin und steigen bei 4AD aus. Im deutschen Gegenzug nehmen die Briten die Hamburger von Xmal Deutschland unter Vertrag, die mit ihren rohen und ungeschliffenen Sounds schnell in England punkten können. Das Debütalbum „Fetisch“ füllt eine musikalische Lücke perfekt aus, während die Deutschen in Deutschland selbst weitestgehend unbeachtet bleiben. Die Cocteau Twins absolvieren ein fleißiges Jahr, die EP „Pepperming Pig“ und das Album „Head over Heels“ sind die wichtigsten Veröffentlichungen 1983, die sie neben eine Tour zusammen mit OMD absolvieren, die 50 Auftritte in ganz Europa beinhaltet. This Mortal Coil entsteht aus einer Vision heraus und war nie eine Band, sondern ein musikalisches Projekt von 4AD Label-Eigene Künstler Interpretationen alter Klassiker zum Besten zu geben. Colourbox, Dead Can Dance, The Wolfgang Press und die Cocteau Twins brachten sich hier ein. Mit der EP Sixteen Days/Gathering Dust veröffentlicht man den ersten Sprössling der Zusammenarbeit.
Dead can Dance schaffen ein Nische in der Palette des Labels, ihre weltliche Musik die sich aus vielen Multi-kulturellen Stilen zusammensetzt erobert eine Fangemeinde. 1985 zeigen sie mit „Spleen and Ideal“ was in Ihnen steckt. Die elektrischen Gitarren weichen einem deutlich klassischen Ensemble, die Titel die vom Gesang der Protagonisten leben schweben auf Posaunen, Pauken und Streichern. Die Cocteau Twins streuen neue Musik unter das Volk, sie veröffentlichen mit „The Pink Opaque“ und „Tiny Dynamine/Echoes in a shallow Bay“ zwei Kompilationen, die ihr Schaffen für den Amerikanischen Markt zusammenfassten. Xymox erscheinen auf der Bildfläche und erregen mit ihrem Mini-Album „Subsequent Pleasures“ die ungeteilte Aufmerksamkeit von 4AD Chef Ivo. Sie fassen das Zusammen was sie von The Cure und New Order gelernt haben und entwickeln daraus ihren eigenen Stil. Gemeinsam veröffentlichen sie mit „Clan of Xymox“ ihr Debütalbum.
Vom Erfolg des ersten Mortal Coil Albums beflügelt beginnt 4AD gleich mit der Arbeit am Nachfolger „Filigree & Shadow“, das seinem Thema zwar treu bleibt, sich aber diesesmal mehr auf Gastmusiker außerhalb des Labels konzentriert. Die Cocteau Twins zeigen mit „Victorialand“ ihre akkustiche Seite, bei dem lediglich Liz Fraser und Robin Guthrie als Duo zu hören sind. Mit Throwing Muses nehmen die Briten die ersten Amerikaner in ihr Label auf und veröffentliche 86 das gleichnamige Debüt. Xymox heißen nun Clan of Xymox und entwickeln sich mit ihrem zweiten Album „Medusa“ deutlich elektronischer. Songs wie „Louise“ oder „Agonised by Love“ wurden darüber hinaus Hits in vielen Szenen und verhalfen auch zu Anerkennung in den USA und Mexiko.
Dead can Dance setzen ihre Entwicklung konsequent fort und zeigen mit ihrem dritten Album „Within the Realm of a Dying Sun“ das sie auch anders können. Während die eine Hälfte von Brendan Perry in Szene gesetzt wird, tobt sich Lisa Gerrard auf der zweiten Hälfte aus. Doch das Jahr 87 steht unter einem ganz anderen Stern, nämlich dem von M|A|R|R|S einer Band die sich aus den Anfangsbuchstaben der Mitglieder zusammensetzt. Mit von der Partie sind auch Martyn Young von Colourbox, Alex Ayuli, Rudi Tambala und Russel (AR Kane) sowie Steven Young (Colourbox). Mit ihrer einzigen Single „Pump up the Volume“ die eigentlich so gar nicht zum Stil des Labels passte, sorgten sie für den bis heute größten finanzielle Erfolg. Das Stück dominierte im Oktober/November die Europäischen Charts und sorgte für eine nachhaltige House/Elektronik Welle auf den Tanzflächen. Definitiv die ungewöhnlichste und undunkelste Erscheinung des Labels. Wegen Streitigkeiten zwischen den Beteiligten blieb es bei der einen Single.
Ein ruhiges Jahr für das Label. Nachdem die Pixies bereits 1987 ihre EP „Come On Pilgrim“ bei 4AD veröffentlichen, erscheint 1988 ihr erstes Album „Surfer Rosa“, auf dem auch das Stück „Where is my Mind?“ zu hören ist, das spätestens durch die Verwendung im ebenso legendäre Film „Fightclub“ zur Pixie-Hymne avancierte. Dead Can Dance brauchen einen Tapetenwechsel, Brendan Perry zieht sich nach Irland zurück, während Lisa Gerrard eine Zeit lang in Australien lebt. Ende des Jahres stehen sie dann wieder zusammen im Studio um die Aufnahmen zu ihrem Album „The Serpent’s Egg“ abzuschliessen, einem der meiner Meinung nach besten Alben der Band.
Die Pixies setzen mit ihrem zweiten Album „Doolittle“ ihren Erfolg fort und sind auch kommerziell sehr erfolgreich. Wenngleich ihren Schaffensphase nur bis zu Beginn der 90er Jahren anhält sind ihre Einflüsse auf andere Musiker deutlich spürbar. Die britische Musikzeitschrift NME wählte das Album später als zweitbestes Album überhaupt. Einer der größten Anhänger sollte Kurt Cobain werden, der in der frühen 90er sogar eins seiner eigenen Konzerte früher verließ, um sich einen Auftritt der Pixies anzusehen. The Pale Saints erscheinen auf der Bildfläche, ihre ersten Arbeiten sind geprägt durch die musikalischen Einflüssen von „The Jesus & Mary Chain“ und „My Bloody Valentine“. Die nächste Neuentdeckung „Lush“ nennt ähnliche Quellen, interpretiert diese aber vollkommen anders. Das Ergebnis ist das Mini-Album „Scar“ mit dem sich die Londoner schnell Gehör verschaffen.
https://www.youtube.com/watch?v=rT0z9hkcNMQ