Ästhetische Zeitzeugen: Sisters of Mercy vs. Blutengel

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Ein Blitz zuckt durch die Wolken, Donner zerreißt die Stille der Lautsprecher. Patricia Morrision schwenkt ihren kühlen Blick auf eine apokalyptische Ruinenlandschaft. Brennende Fässer spenden Wärme für die, die alles verloren haben. Im Hintergrund liegt die in Trümmern liegende Silhouette einer großen Stadt, hinter der die Sonne versinkt. Die morbide Endzeitstimmung wird durch einen epochalen Chor geschürt, während Andrew Eldritch mit entblößter Brust eine Treppe hinuntersteigt. Mit einer Eisenstange in der Hand und mit Sonnenbrille auf der Nase trotz er dem einsetzenden Regen während er sich auf dem matschigen Untergrund seiner Wege geht. Die verstörten und angsterfüllten Gesichter der verbliebenen Menschen ragen aus den Nischen und Spalten während die einsetzenden Klänge auch dem letzten Zweifler verraten, dass es sich um „This Corrosion“ von den Sisters of Mercy handelt.

Patricia steigt von ihrem Thron herunter und zeigt, was Goth 1987 trägt. Hochtoupierte schwarze Haare, lange schwarze Handschuhe mit viel Schmuck, eine lackähnliche Corsage die in einen zerrissenen Rock übergeht und in spitzen High Heels ihr vorläufiges Ende finden. Sie gilt seit ihrem Beitritt zu den Sisters of Mercy als attraktivste Künstlerin der „Goth Scene“ und wird Vorbild für eine ganze Generation dunkel angehauchten Jugendlichen. Niemand guckt lasziver als Patricia und bewegt sich erotischer während sie die Seiten ihres Instrumentes zupft. Auch Andrew glänz mit seiner Ausstrahlung. Unterkühlt, blass und androgyn. Die offene Lederjacke über der blanken Brust und eine enge Hose unterstreichen die Theatralik seiner Körperbewegungnen des Videos zu „This Corrosion“.

Endzeitstimmung, Zerstörung, Verfall? Die Worte eines imaginären Führers als Hoffnung für ein trostloses Leben? Ein apokalyptischer Traum einer Welt von Morgen oder gar Gesellschaftskritik? „On days, like this – In times like these – I feel an animal deep inside – Heel to haunch on bendend Knees“ Es gibt keine Gebrauchsanweisung, keine Hilfestellung. Warum auch, Interpretation ist ein Ziel der Kunst.

Der Herausforderer: Blutengel

Ein Flug über eine verlassenes Industriegebiet. Wie Mahnmale zeugen die Bauwerke aus Beton und Stahl von längst vergangenen Zeiten. Das Geräusch von Wind untermalt die bedrückende Einsamkeit während die Kamera den Protagonisten dieses Videos fokussiert. Während Chris Pohl von der Spitze der Silos seinen Weg antritt, peitschen harte Beats die zuvor säuselnden Lautsprecher zu Höchstleistungen. Auf einer der Betontreppen die schon lange keinen Schutz durch Mauern genießen, liegt eine blutverschmierte Frau. Sie trägt nur noch einen Slip, halterlose Strümpfe und High Heels, das Gesicht ist mit einer Latexmaske verdeckt.  Als Chris Pohl den Boden erreicht, beginnt sein mit Gesang untermalter Gang durch die Ruinen. Hoch geschlossen und in ganz in Schwarz durchbricht lediglich sein blasses Gesicht die Dunkelheit seiner Kleidung. Die Seiten sind ausrasiert, die Augen werden von stechenden Kontaktlinsen geschmückt, während Schminke seinen Look unterstreicht. „Save our Souls“ heißt das Stück, das Chris Pohl mit seiner Band Blutengel den Hörern präsentiert.

Aus den Schatten treten weitere Damen in Erscheinung, die allesamt viel Haut zeigen, die lediglich an einige Stellen durch Blut einen morbiden Charakter erhält. BH, Slip, Strümpfe zeigen mehr als sie verdecken, die Masken machen sie zu Marionetten der Performance. Hier werden auch keine Instrumente gespielt, die Programmierung übernimmt die volle Kontrolle über die Musik. Und immer wieder ein visuelles Thema passendem zum Text: Der Selbstmord. Stricke um den Hals, aufgeschnittene Pulsadern und Rasierklingen. Dargebotenen von Gesichtslosen Puppen die kaum mehr tragen, als ihre Unterwäsche. Ein Mahnmal an die Anonymität der Gesellschaft und den wachsenden Sexismus? „Save our Souls“ (!)

Der Flug durch die Fabrikhalle entlockt mir ein leichtes Schmunzeln. „Porn!“ ist da als Graffiti auf einem der Wände zu lesen, bezeichnend für den Eindruck, den ich durch das Video erhalte. Der Mann steht in diesem Fall für den Inhalt, der sich lediglich als Erzähler deutlich von der Ästhetik des Videos abhebt. Man könnte vermuten, dass selbst der Regen aus „This Corrosion“ einen Bogen um ihn machen würde. Stilvoll steht er gegen die Atmosphäre, die das Video verströmt.

Zeitzeugen einer sich verändernden Szene. Die Jugend folgt ihren Vorbildern.  Beide Videos erreichten neulich mein Auge, beide regten meine Gedanken an. Was wäre, wenn ich heute die schwarze Szene für mich entdecken würde? Was wäre wenn ich heute jung wäre und als Jugendlicher die schwarze Szene für mich entdecken würde? Wer weiß, vielleicht würden die Sisters of Mercy auf mich überholt wirken, altbacken und bieder.  Ästhetik ist dem Zeitgeist unterworfen, auch in der Gothic Szene. Was die beiden miteinander zu tun haben? Beide tragen den Stempel „Gothic“, mit rund 25 Jahren Differenz. Für mich ein ganz klarer Sieg für die Sisters, nicht nur ästhetisch.

Im Bett mit der Spontis-Family

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WGT-Feeling mitten im Winter – so ungefähr könnte man im Rückblick das Spontis-Treffen in Frankfurt beschreiben. Es hat schon was, wenn man mit 30 subkulturellen Schwarzen aus ganz Deutschland durch eine Ausstellung geführt wird, wenn man anschließend unter den verwirrten Blicken der nichtsahnenden Frankfurter Bevölkerung auf Wanderschaft durch die Innenstadt geht, anschließend in ein spanisches Restaurant einfällt, wenige Stunden später zusammen im Bett landet und schließlich im frischen Schnee eine Spur von Pikes-Abdrücken hinterlässt. Auch wenn die Zeit knapp bemessen war, sind wir mit tollen Erlebnissen und schönen Erinnerungen im Koffer wieder zuhause eingetrudelt.

Doch beginnen wir am Anfang, genauer am Samstagmorgen:

Die Fahrt nach Frankfurt war unspektakulär- glaube ich jedenfalls. Ich bin mir nicht sicher, weil ich fast die ganzen zweieinhalb Stunden geschlafen habe, während der Wizard of Goth unser Vehikel Richtung Hessen lenkte. Ich vermute ja eiskalte Taktik hinter dieser Tatsache, denn der Herr war aufgeregt, schließlich organisiert man ein solches Treffen nicht alle Tage. Und was macht man in so einer Situation? Man stellt die Sitzheizung auf die höchste Stufe, in der Gewissheit, dass die Partnerin innerhalb von fünf Minuten einpennt und bis zum Ziel die Klappe hält. Dieser Plan funktionierte jedenfalls schon einmal.

Ich wachte also irgendwo in einem Frankfurter Industriegebiet wieder auf, nur um festzustellen, dass „Goethe“ kein Garant für Qualität ist – zumindest nicht im Hotelgewerbe. Ich will nicht zu viele Worte über unsere Unterkunft verlieren, aber schön war das Goethe-Hotel nicht! Leider hatte ich nicht ausreichend Zeit, mich über das Nichtraucher-Zimmer in der Größe einer Abstellkammer aufzuregen, denn als wir kurz nach dem Einchecken im Auto vorm Hotel saßen, kam auch schon ein Teil der Spontis Family angefahren. Aus dem ersten Auto hüpften Rosa (in „zivil“, aber dennoch lila) und Christian mit Schatten, der allerdings nicht hüpfte, sondern erst einmal aufgrund feinmotorischer Schwierigkeiten nach der langen Fahrt aus dem Auto stolperte und eine filmreife Bruchlandung hinlegte. „Wo ist denn Schatten?“ „Keine Ahnung, gerade war er noch da!“ Während Schatten also seine Arme und Beine ordnete und – als wäre nix gewesen – hinterm Auto hervorkroch („Hallooo!„), hatten auch Sophia, Guldhan, Grabesmond und Piet die Schlaglöcher auf der Straße überlebt und alle freuten sich, die anderen wiederzusehen.

Schwarze Romantik im Städle-Museum

Hier wird noch stilecht beschallt

Die Spontis checkten ein, wir fuhren schon einmal zum Städle-Museum, um pünktlich am Treffpunkt zu sein. Und all die bekannten Gesichter, die man sonst nur auf großen Veranstaltungen trifft, tauchten nach und nach auf – ein schönes Gefühl. Es kamen sogar Leute, die wir zum ersten Mal sahen. Ein wenig verwirrend für den nervösen Wizard of Goth im Organisationsrausch. So begrüßte er beispielsweise eine verdatterte Melle Noire mit den Worten „Hallo, ich bin Robert.“ Man muss ihm allerdings zugutehalten, dass Melle in zivil kam und somit nicht auf den ersten Blick zu erkennen war. Leider ereilte uns die Nachricht, dass zwei Leute bei der Anreise einen Unfall hatten. Zum Glück nur ein Blechschaden, den beiden geht es laut Karnstein gut. An dieser Stelle ganz liebe Grüße! Auch Kathi aus Berlin war nirgends zu sehen. Später erfuhren wir, dass sie einen Anschlusszug verpasst hatte. Glücklicherweise schaffte sie es aber dann später noch pünktlich zum Festival.

Auf der anderen Seite gab es Freunde und Bekannte der Spontis zu verzeichnen, die sich spontan angeschlossen hatten. Kurzum, wir haben alle vorbestellten Karten unters schwarze Volk bringen können und es war für jeden ein Führungs-Hörgerät vorhanden. Einige munkelten, man hätte nur für die Spontis das Wort „Wave“ auf die Geräte aufgebracht. Wer weiß? Rosa hatte derweil eine bittere Erfahrung zu verzeichnen. Nämlich die, dass man – selbst wenn man nicht als Dame in Kalkweiß erscheint – gefragt wird, ob man sich fotografieren lässt. In diesem Fall konnte das Trauma nur dadurch gemildert werden, dass die ganze Spontis-Gruppe aufs Bild sollte. Fotografin war in diesem Fall eine Mitarbeiterin des Städle-Museums, die so freundlich fragte, dass alle einverstanden waren. Das Gruppenbild durften wir netterweise für diesen Artikel nutzen.

Spontis-Family im Staedle-Museum
Die versammelte Spontis-Family im Städle Museum
(c) Bernadette Mildenberger vom der Museumsleitung

Die Führung durch die Ausstellung „Schwarze Romantik“ war für meine Begriffe ein wenig dünn. Ich hätte mir mehr Geschichten und Anekdoten rund um die Bilder und die Künstler gewünscht. Ich gehe mal einfach davon aus, dass Anhänger der schwarzen Szene keine Interpretationshilfen für die Bilder brauchen und sie wahrscheinlich ohnehin weniger schockiert und einfach anders erleben als andere Besucher. Man hätte hier also besser ein wenig „Butter bei die Fische“ – oder „Geschichten bei die Bilder“ reinbringen sollen. Dennoch muss man auch zugeben, dass es nicht ganz einfach ist, vor einer Gruppe von Menschen zu stehen, die offensichtlich anders ticken als der Großteil der Bevölkerung. Es war toll, dass wir so nett aufgenommen worden sind und dass man sich im Vorfeld und schließlich vor Ort mit großem Engagement und ausgesprochen zuvorkommend und flexibel gekümmert hat. Vielen Dank ans Museum!

Spontis-Family-Treffen
Warten auf den Wizard of Goth im Organisationsrausch

Eine Bitte noch an die Verantwortlichen: Es wäre super, wenn die abgedunkelten Scheiben im Museum durch normale ersetzt werden könnten. Unser aller Wizard of Goth hatte zumindest die Ausrede, dass er auf Einladungen zum gemeinsamen Essen nach dem Museumsbesuch nicht direkt eingegangen ist, weil er dachte, dass es draußen schon dunkel ist und die Zeit bis zum Beginn des anschließenden Konzertes nicht reichen würde. Als er dann beim Verlassen des Gebäudes seinen Fehler bemerkte, war die Verwirrung groß. In einer Blitzaktion wurden alle zusammengetrommelt, die Essen gehen wollten, wobei Blitzaktion vielleicht etwas übertrieben klingt, wenn man drei Stunden auf den Leithammel warten muss, der durchs Museum streift, um hungrige schwarze Schafe zu suchen. Das Ende vom Lied: Eine Gruppe schwarzgewandeter Sonderlinge zog orientierungslos durch die einzige Straße, die Google in Zusammenarbeit mit dem einzigen Frankfurter – Chris -empfohlen hatte.

Wahrscheinlich wären wir noch Stunden weitergelaufen, wenn nicht der Wizard of Goth, der am Ende der Gruppe in Gespräche vertieft war, gemerkt hätte, dass Gothic aktuell kein Ziel und keine Richtung hat. Also wehte er an den Kopf der schwarzen Raupe, zwang alle zur Umkehr und zauberte uns in ein spanisches Restaurant, in dem ich persönlich dann leider mein Essen verpasste, weil ich einfach vergessen hatte, dass die Nummer 7 was mit Ziegenkäse zu tun hatte und es versäumte, der Kellnerin das Zeichen zu geben, dass ich diese Tapas bestellt hatte. Man berichtete mir, die Kellnerin habe das Essen wieder mitgenommen und den Koch angeraunzt, er habe einen Fehler gemacht, woraufhin der den Zettel mit der Mammutbestellung hochgehalten und auf die Nummer 7 verwiesen hätte.

Karnstein kauft Buecher
Karnstein im Bücherrausch

Ich musste jedenfalls hungrig ins Bett. Jawoll! Ein Running Gag, der sich so durch den Tag zog. Die Spontis gehen alle zusammen ins Bett! Für nicht eingeweihte Gruftis: Der Veranstaltungsort, an dem abends vier Bands auftreten sollten, hieß BETT. Während sich also alle aufs Bett freuten, fragte sich Melle, warum der ganze Grufti-Haufen schon vor 19 Uhr so furchtbar müde ist und warum alle nur davon sprachen, ins Bett zu gehen. Wir konnten sie aufklären. Die tierischen Vertreter der Spontis-Gruppe waren zu diesem Zeitpunkt bereits weg. Der Erpel war samt Anhang aus dem Geisterwalde – oder vielleicht auch in den Geisterwalde – verschwunden und der Laubfrosch zog sich mit einem frisch geschossenen Kunst-Buch in seinen Goethe-Teich zurück. Auch wir verzogen uns erst einmal in unsere Abstellkammer, um uns umzuziehen.

Dann gingen wir zusammen ins Bett!

An dieser Stelle verleihe ich dem Erfinder dieses Diskotheken-Namens einen Orden für den besten Einfall aller Zeiten.

Spontis Family Treffen - Schatten 10
Das obligatorische, unvermeidliche, stets erwünschte und extrem stilechte Pikes-Bild

Das Bett war herrlich. Kein Plüsch, kein Pomp, keine Grusel-Deko – nur kalte Wände und Fabrik-Flair. So hat es der Alt-Grufti gerne! Das Publikum war „natürlich schwarz“, keine Spur von diversen Splittergruppen der Szene, die sich Plastikrohre ins Haar schieben oder Nippel abkleben. Ich persönlich habe mich sofort in den Sound der ersten Band „Christine plays viola“ verliebt und eine CD gekauft. Marcus und Piet waren sich zunächst allerdings nicht einig, ob ich die richtige CD erwischt habe. Ich kannte zuvor keine der vier Bands und hatte mich blindlings auf Piet verlassen, der mir versicherte, dass „die mit den Masken“ Christine plays viola heißen.

Er hatte Recht und ich habe neue Musik, die ganz sicher in nächster Zeit öfter durch den Spontis Backstage-Bereich tönen wird. Die beiden nachfolgenden Bands waren nicht so mein Ding, deshalb habe ich jetzt leider auch die Namen vergessen. Die letzte Band – Chameleons Vox – heizten dann wieder richtig ein und auch die werden in meine Playlist aufgenommen. Nach der letzten Band gab’s freien Totentanz für alle und wir entdeckten in der Menge Shan Dark und Micha Synthetic, die sich das Spontis Treffen nicht gänzlich entgehen lassen wollten. Eine tolle Überraschung zu später Stunde. Nach einem langen, schönen, schwarzen Tag, stapften wir zurück zum Hotel und hinterließen dabei Pikes-Abdrücke im frisch gefallenen Schnee – das nenne ich mal „Schwarze Romantik“.

Der nächste Morgen war ein schöner Ausklang des Treffens, denn viele Spontis haben im Goethe-Hotel übernachtet, so dass wir gemeinsam frühstücken und quatschen konnten. Rosa und Christian kamen sogar vom anderen Hotel hinüber und gesellten sich dazu. Lustig war auch, dass die Bands ebenfalls in unserem Hotel übernachtet hatten und somit den gruftigen Tagesbeginn komplett machten.

Fazit: Die Zeit bis zum WGT ist ein wenig kürzer geworden, denn wir konnten mitten im Winter Gruft-Luft schnuppern und viele alte und neue Leute treffen, die man sonst nur liest. Eigentlich schade. Man müsste sich viel öfter treffen und gemeinsam etwas unternehmen. Manchmal sind die Wege von Sponti zu Sponti gar nicht so lang wie man denkt: Wir haben es bisher tatsächlich nicht geschafft, Heike und Lothar zu treffen, die – wie wir auch – in Mönchengladbach wohnen. Dafür mussten wir erst nach Frankfurt fahren. Doof, oder? Tausend Dank, dass alle gekommen sind und das Treffen zu so einem wunderschönen Erlebnis gemacht haben. Wir hoffen, dass Ihr alle wieder sicher im Heimathafen eingelaufen seid und dass es Euch so viel Spaß gemacht hat wie uns.

Letzte Informationen zum Spontis-Family-Treffen am 1. Dezember

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Der 1. Dezember steht unmittelbar bevor und ich möchte diesen Anlass nutzen, die letzten Informationen zum kleinen Spontis-Family-Treffen in Frankfurt zusammenzustellen. Bitte geht die Teilnehmerliste durch und prüft, ob Euer Name in der richtigen Liste steht und ergänzt in den Kommentaren fehlende Namen.

Ich hoffe, ihr habt alle an eine Unterbringung, an die Karten für das abendliche Festival und sonstige Dinge erledigt. Da nach meinen Informationen genügend KFZ und willige Fahrer zur Verfügung stehen, sollten die Transferwege vom Museum zum Festival oder vom Festival zu den einzelnen Unterbringungen problemlos möglich sein. Sabrina und meine Wenigkeit werden schon um ca. 12:00 bei Hotel sein, um einzuchecken und unser Gepäck loszuwerden, um dann zum Museum zu fahren. Es steht euch frei, eine Handynummer über das Kontaktformular zu hinterlassen, die ich dann in einen SMS Verteiler aufnehme um euch auf dem Laufenden zu halten. Das ist nicht unbedingt notwendig, aber hilfreich, falls jemand sich verspätet, nicht kommen kann oder sonst wie verhindert ist.

Am Samstag beginnen auch in vielen Städten die Weihnachtsmärkte und der Einkaufswahnsinn, daher ist auch rund um Frankfurt mit erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen. Fahrt bitte trotzdem vorsichtig, vorausschauend und bildet Fahrgemeinschaften um die Umwelt und den Geldbeutel zu schonen ;) Ich habe vorgestern nocheinmal mit dem Museum Kontakt aufgenommen und ein paar Informationen für euch zusammengetragen:

Fakten, Fakten, Fakten

Die Führung beginnt um 14:30, Treffpunkt vor dem Museum ist um 13:30. Nachdem wir uns eine halbe Stunde lange überschwänglich begrüßt haben und jeder das Geld bei mir abgegeben hat, gehen wir um 14:00 in das Museum, eine eventuelle Warteschlange können wir als angemeldete Gruppe ignorieren. Im Museum können wir unsere Garderobe ablegen und nehmen die „Echo-Geräte“ in Empfang. Diese Geräte (Kopfhörer) ermöglichen es jedem Teilnehmer der Führung zu hören, was zu den Bildern erzählt wird. Es gibt 25 Geräte, die für uns reserviert sind. Da wir voraussichtlich 26 Führungsteilnehmer sind habe ich mit der Museumsleitung abgesprochen, dass 1 Person direkt neben dem Führer mitgeht und so ohne Echo-Gerät alles verstehen kann. Bitte habt Verständnis dafür, dass dies eine Ausnahme ist und keine weiteren Leute sich der Führung anschließen können!

Bitte bringt den Eintritt möglichst passend (in kleinen Gruppen vielleicht vorher sammeln) mit, weil ich sicher nicht jedem wechseln kann. Das hat den Sinn und Zweck, dass nicht jeder an der Kasse anstehen muss und ich die Karten für alle Anwesenden besorge. Der Eintritt für Führungsteilnehmer kostet 14€ (12€ Eintritt und 2€ für die Führung) und 12€ für die, die nicht mit der Führung das Museum erkunden (Gruppenermäßigung)

Es ist nicht erlaubt, Bildaufnahme der ausgestellten Objekte und Gemälde zu machen, da die Bildrechte daran nicht beim Museum liegen, sondern bei den Besitzern dieser Leihgabe. Die entscheiden ob die Werke fotografiert werden dürfen oder nicht, was sie in diesem Fall dem untersagt haben. Das Museum bittet dafür um Verständnis, vom übrigen Museum und der regulären Ausstellung dürfen Bilder gemacht werden.

Teilnehmer mit Führung

  1. Rosa Chalybeia
  2. Christian Weingärtner
  3. Schatten
  4. Grabesmond Noctura
  5. Piet Noir
  6. Sophia Casquette
  7. Konrad Earl Grey
  8. Karnstein
  9. Libbit von Geisterwalde
  10. Sophia Intoleranta
  11. Fitzallan
  12. Freundin von Fitzallan
  13. Robert Forst
  14. Orphi Eulenforst
  15. Alva Katharina
  16. Christian Spannagel
  17. Guldhan
  18. Victoria
  19. Lothar Glasmacher
  20. Frau von Lothar Glasmacher
  21. Marc
  22. Rania
  23. Henri
  24. Scyllarus
  25. Kathi
  26. Prinzessin Mélanodermie

Teilnehmer ohne Führung

  1. Marcus Rietzsch (hat bereits Karten gekauft)
  2. Edith (hat bereits Karten gekauft)
  3. Melle Noire
  4. Freund von Melle Noire
  5. Katharina Noir

Musik im Bett
Nach dem Besuch des Museums ist der planerische Teil soweit abgeschlossen! Jeder kann auf eigene Faust das unternehmen, was er möchte. Im folgenden nur noch ein paar Informationen:
Das Festival im Bett beginnt um 19:00, Einlass ist ab 18:00. Ich denke, die Führung dauert maximal 2 Stunden, so dass wir noch ausreichend Zeit haben, für das leibliche Wohl zu sorgen. Ortskundige können sich ja nach entsprechenden Lokalitäten oder Möglichkeiten umschauen, die wir mit unserem Besuch beehren können. Es wäre sehr nett, wenn dazu Vorschläge in den Kommentaren kommen. Die Gegend rund um das Bett sieht ziemlich „trostlos“ aus, so dass nicht zu erwarten ist dort etwas zu bekommen. Ortskundige mögen auch hier ihr Veto einlegen.

Das Fortleben – Mit der Menschheit ins Gericht

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Liebe und Eifersucht, Krieg und Hass, Krankheiten und Tod, Geld und Macht – Wozu ist der Mensch noch fähig?“ Angesichts dieser Fragestellung fällt es fast schwer, sich auf ein mit diesem Zitat beworbenes Album Namens Der Mensch ist los! einzulassen, es sei denn, man fühlt sich der schwarzen Szene in irgendeiner Form verbunden. Sollte man zu mindestens meinen, die Realität wirkt manchmal ein wenig anders. Oftmals steht die Musik im Vordergrund, Texte sind auf Soundschnipsel oder Samples reduziert und höchstens noch subtil gesellschaftskritisch, häufig nur inhaltslos Provokativ. Wie war das noch mit der Musikrichtung Gothic? Hier sind schließlich Themen menschlicher Abgründe immer schon Gegenstand von Musik, Inhalt und Performance gewesen, mal direkt, mal indirekt, mal melancholisch verträumt und manchmal provokativ formuliert. Die Band Das Fortleben greift diesen Kern der Sache auf  und widmet sich wieder der Gesellschaftskritik mit deutlichen Worten. Und dennoch fühlt es sich unbequem an, wenn Luke J.B. Rafka seine lyrischen und düster-poetischen Texte spricht, während Borislav Schultheiss das Ganze mit sphärisch-technoiden anmutenden Kompositionen untermalt. Unbequem, kantig, verstörend und bedrückend. Ist das Gothic?

Rafka, der seit den 80er Jahren als DJ unterwegs ist und schon in einigen Musikprojekten eigene musikalische beschritten hat, ist mit einer beeindruckenden Leidenschaft für das geschriebene Wort gesegnet, die er immer schon in Gedichten und Kurzgeschichten auslebt. 2012 unterstützt Schultheiss das Fortleben mit seinen Kompositionen und zeichnet sich auch für die Aufnahmen, Covergestaltung und die Videos verantwortlich. Gemeinsam veröffentlichten sie im Oktober ihr Album „Der Mensch ist los!“, dessen Inhalte „möglicherweise (…) eure moralischen Grundprinzipien oder Religiösen Gefühle verletzen“, wie es auf der Internetseite heißt.

Vorgewarnt lasse ich die 13 Stücke auf mich wirken und fühle mich gleich in vielerlei Hinsicht an Bands wie „Das Ich“ oder „Goethes Erben“ erinnert. Der eher ruhige Track „Todesangst“, der klanglich zum Träumen einlädt, geht textlich eher in die entgegengesetzte Richtung und wird vom eher technoiden und dem Albumtitel entsprechenden „Der Mensch ist los“ jäh unterbrochen. Man liebt das Spiel der Gegensätze und fordert mit jedem Stück den Gedankenapparat aufs Neue. Ungewohnt politisch wie „Inflationsbereinigung“ und gesellschaftskritisch wie in dem Song „Respekt, Anstand, Moral“ greift man aktuelles Zeitgeschehen auf, verarbeitet es in Lyrik und Rhythmus und fordert den Zuhörer unnachgiebig seine eigene Meinung zu überprüfen oder zu bilden. Man erinnert in „Hörst du das Meer?“ an Fukushima oder greift auch den menschlichen Drang seine Welt zu zerstören in „Massengrab:Mensch“ auf. Keine Atempause, keine Nachgiebigkeit.

Ist das nun Gothic? Thematisch ist es sicherlich genau das, musikalisch dann doch eher in anderen Bereichen angesiedelt. Es ist der Band aber auch überhaupt kein Anspruch eine Musikrichtung zu bekleiden, mit jedem Ton und jeder Zeile versucht man, den Kopf zum Handeln zu bewegen. Man möchte die Kraft sein, der einen imaginären Schalter umlegt und den Zuhörer zum Nachdenken animiert. „Wir denken nur ganz anders…“ Denken sie wirklich anders oder sprechen nur aus, was jeder denkt? Lässt man sich auf jedes Stück rückhaltlos ein, wird das Gewicht auf den eigenen Schultern immer schwerer, zu erdrückend scheint die Realität und zu beklemmend die Wahrheit. Das Fortleben versucht zu helfen. Mit Stücken wie „Weltbrand“ fordern sie von geneigten Zuhörern Tanzbewegungen, die davon befreien sollen im Zustand der Verzweiflung zu verharren. Vielleicht lockt es auch die rein tanzwütigen Anhänger einer Subkultur um sie mit Texten zu konfrontieren, denen man unmöglich ausweichen kann. In Zeiten, in denen Unheilig zusammen mit Schiller auf technoider Schlagermusik die DAC stürmen eine willkommene Bodenständigkeit und Bekenntnis zu Inhalten und Unbequemlichkeit.

Die Musik von Das Fortleben ist nicht jedermanns Sache, sie ist eigenwillig, genauso wie die Idee hinter der Band. Es ist mutig so scharfkantig mit einem Album herauszukommen, von dem ausgehen muss, dass es zwischen harscher Kritik und überschwänglichen Lob hin- und her gerissen wird.  Musikalisch nicht mein Fall, das Konzept des Albums, die Inhalte der Texte, der Mut und die Leidenschaft etwas gegen den etablierten Mainstream in der schwarzen Szene zu unternehmen, gefallen mir aber sehr.

Band: Das Fortleben | Album: Der Mensch ist los! (CD 16,50€, MP3 10€) | VÖ: 9. Oktober 2012

Spontis Wochenschau #14/2012

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Gothic ohne Ziel und ohne Richtung. Seit Tagen schwirren mir Gedanken durch den Kopf, was denn dran sein könnte an dieser Behauptung (ich scheue mich das Wort „Tatsache“ zu schreiben). Ich beschäftige mich nun schon eine ganze Weile mit Subkulturen und habe vor mehr als 4 Jahren damit begonnen, darüber zu schreiben. Auch über mein eigenes Zugehörigkeitsgefühl. Das Internet sorgte für ständigen Input und einen unnachgiebigen Strom von Informationen, manchmal fühlte ich mich wie Johnny Mnemonic, dessen Gehirn über ein Kabel mit Informationen gespeist wird. Womöglich ist es eben diese Flut, die ein Ziel und einer Richtung unmöglich machen. Ein Flut aus Meinungen und Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die sich manchmal krampfhaft von anderen unterscheiden wollen. Besinne ich mich auf die Menschen, die ich Kennenlernen durfte, mit denen ich mich anfreundete und austauschte, habe ich längst eine Richtung erkannt. Gedankenaustausch auf einer gemeinsamen „schwarzen“ Wellenlänge. Ist das Netz vielleicht schuld an der Ziellosigkeit? Die Lösung liegt womöglich in der Differenzierung. Das Netz bietet Möglichkeiten der Vernetzung und Information, wer in ihm eine schwarze Szene sucht, droht sich wie Johnny zu überladen. Wir müssen heraussuchen, was uns beschäftigt, lesen was uns interessiert und wahrnehmen was uns weiterbringt. Lernt die Menschen kennen, die schreiben. Vielleicht kommt das Ziel von ganz alleine. Ausgesuchte Informationen und interessante Neuigkeiten aus meiner kleinen Spontis-Welt liefert diese Wochenschau:

  • Dumme haben mehr Angst | n-TV
    Vielleicht gibt es endlich eine Antwort auf die Frage, warum manche Menschen Angst vor Grufties haben. Ein Artikel, der zum jüngsten Halloween erschien, klärt auf: „Kurz vor dem Gruselfest Halloween macht Psychologe Eduard Käseberg gebildeten Menschen Mut. „Irrationale Ängste haben immer etwas zu tun mit Mangel an Bildung […] Eine der Hauptursachen der zunehmenden Angststörungen in der Gesellschaft seien „ein Mangel an Mut und eine Zunahme an Dummheit“.“ Darüber hinaus erklärt auch den Trend für blutverschmierte Zombies als Teil des Stadtbildes und für auch unser Dasein ad absurdum: „Menschen setzten sich dem Grusel in der Regel freiwillig aus, weil es Spaß mache, sagte Käseberg. Und diese Lust am Gruseln sei zeitlos: „Denken Sie nur an die Hexenverbrennungen. Die Leute damals hatten Langeweile ohne Ende, da ist nichts passiert. Es war kalt, gab nichts zu fressen und das Einzige, was Spaß gemacht hat, war, ab und zu eine Hexe zu verbrennen.
  • Irrlichter des Internets | Werturteilsfrei
    Tobi entlarvt schamlos: Gothic ist überall. Gesellschaftsfähig und anerkannt. Die Facetten der Szene reichen von Hygieneartikeln bis zu Politikern. Die schwarzen Netze sind in alle Nachrichtenredaktionen vorgedrungen und infiltrieren uns nachhaltig und unterbewusst mit einer gruftigen Attitüde. Oder nicht? „Auf der Suche nach gruftiger Präsenz in der Medien- und Kulturlandschaft gibt es mehr Sackgassen, als es auf den ersten Blick vermuten lässt. Und manchmal sind es auch Nachrichtensendungen und Werbeprospekte, die einem das Blut gefrieren lassen. Sollte das, was dort der Weltöffentlichkeit gezeigt wird, wirklich etwas mit unserer Schwarzen Szene zu tun haben?
  • Gothic-Event auf der Insel: Beatrices untote Welt | Mallorca-Zeitung
    Die Szene ist überall. Selbst das inoffizielle 17. Bundesland ist bereits infiziert, denn Gothic ist auf Mallorca kein neues Phänomen. Mittlerweile köchelt eine eigene kleine Szene auf der Insel. Beatrice de Son Bages, seit 18 Jahren Insulanerin, hat vor 2 Jahren die Szene für sich entdeckt und trägt jetzt die Idee und Gedanken auf die Insel, wie die Mallorca-Zeitung schreibt: „Vor erst zwei Jahren kam sie bei einem Gothic-Festival in Leipzig mit etwa 60.000 Leuten auf den Geschmack. Im vergangenen Jahr hatte sie dann erstmals auf Mallorca ein Treffen organisiert, dessen Teilnehmerzahl allerdings überschaubar blieb. Das soll diesmal anders werden.“ Was ist Gothic für Sie? „Man steht in der Szene auf Musiker wie die legendäre 80er-Gruppe The Cure. Und auf die deutsche 90er-Band mit dem eigentümlichen Namen Goethes Erben. Auch die legendären Doors werden akzeptiert, Songs etwa wie „Riders on the Storm“ machen jeden Gothic ganz kirre. Ebenfalls wichtig: Accessoires wie Engel, Raben, Kreuze und Kerzen. Und mystische und besinnliche Orte wie Fried­höfe oder die auf Mallorca so zahlreichen Talayot-Ruinen, und die am liebsten, wenn´s richtig schön windig und trüb ist.
  • Nekromantik in Schweden: Frau benutzt Skelett als Sex-Spielzeug | Nerdcore
    Während wir unsere Wohnung mit künstlichen Totenköpfen schmücken, versuchte es die 37-jährigen Schwedin lieber mit einer echten Ausführung, die sie auch gleich als Teil ihrer sexuellen Stimulation benutzte. Jörg Buttgereit hätte seine helle dunkle Freude. Die schwedische Zeitung „The Local“ berichtet: „“I have never heard of a case like this and neither have my colleagues, so I dare to say that this kind of case is quite uncommon,” prosecutor Kristina Ehrenborg-Staffas told The Local.  A 37-year-old woman, who was arrested in September, was formally charged on Tuesday at the Gothenburg District Court for the crime of “violating the peace of the dead” (brott mot griftesfriden). The prosecutor could not explain how the woman had managed to collect almost an entire skeleton, but explained that the human remains had been used in an “unethical” way. „In the confidential section of the investigation we have material which indicates she used them in sexual situations,“ the prosecutor told the TT news agency.
  • Schwarz | Der schwarze Planet
    In einem ziemlich großartig geschriebenen und bebilderten Gastartikel beschreibt Scyllarus seine Gedanken, die er nach ein paar Jahren selbstgewählter Szene-Zugehörigkeit formte. Aus anfänglicher Euphorie wurde Nachdenklichkeit: „Seither habe ich einige Illusionen verloren, Veränderungen erlebt, und manche Diskussionen über richtiges und falsches Gruftig-sein geführt … Ich weiß längst, daß Düsterromantiker wie ich nur ein kleiner Teil der uferlos undefinierbaren “Schwarzen” sind, und daß meine Gedanken dazu weit davon entfernt sind, für die Szene allgemeingültig zu sein. Aber auch wenn ich heute manches anders betont oder gewichtet hätte – im Grunde sehe ich es noch immer so wie damals. Dies ist also die Essenz MEINER Szene, so wie ich sie vor fünfeinhalb Jahren in rotweinbegünstiger Selbstbetrachtung beschrieben habe.“  Unbedingt lesen und kommentieren!
  • Dragon Con 2012 | Nerdcore
    Jetzt nochmal zum mitschreiben: Cosplay ist nicht Gothic! Das sage ich nur für den Fall, das hier falsche Assoziationen entstehen. Cosplay ist aber eine Subkultur geschickter Selbstverwirklicher, die keine Mühen scheut, ihrem Idol aus Film, Serie, Computerspiel oder Comic näher zu kommen. Und ja, es gibt auch „echte“ Gothics die ebenfalls „echte“ Cosplay-Fans sind, das eine schließt das andere nicht aus. Nur zusammen geht eben nicht. In einem sehr gelungenen Video gibt es einen Überblick über das, was angesagt und möglich ist.
  • Peter Jackson und die Herr der Ringe Flugsicherheit | Schlecky Silberstein
    Ganz ganz großes Kino: Peter Jacksons Special-FX-Firma WETA Workshop produzierte ein Flugsicherheitsvideo für Air New Zealand gespickt mit Elfen, Hobbits, Zwergen und gefühlten 10.000 charmanten Ideen. Der Meister selbst gönnt sich darin einen Cameo-Auftritt so wie viele weitere alte Bekannte – unter anderem Tolkien-Großenkel Royd. Der Gag ist: Das Video ist keine reine Promo-Spielerei sondern ein vollwertiges Sicherheitsvideo.
  • Rabenschwarzer Kurzfilm: The End | Mister Honk
    Wie schwierig es ist, sich in Zeiten der Apokalypse (am 21.12 geht ja die Welt unter) das Leben zu nehmen, zeigt dieser Kurzfilm. „Sehr schöne Arbeit von Cameron McHarg, der sich für diesen Film von diesem Interview mit George Carlin inspirieren lies. Genauer gesagt von diesem Part: I’ve given up on the whole human species. I think a big, good-sized comet is exactly what this species needs.

Herz ist Trumpf: Meine 8 Lieblingsblogs

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Ich fühle mich ertappt. Neulich, oder besser gesagt vor einer ganzen Weile, erhielt ich von Le petit empire de la Madame Chauve-Souris einen Award als „Liebster Blog“, über den ich mich natürlich sehr gefreut habe und immer noch freue und dann wurde ich auch noch von Shan Dark als Lieblingsblog auserkoren! Warum ich nicht gleich teilgenommen habe? Zunächst fand ich diese Blogparade mit Kettenbriefmentalität irgendwie komisch, vielleicht sogar ein Stück weit albern, ich meine was soll das überhaupt? Geht es um Backlinks um Verbreitung oder was? Lieblingsblogs! Mit Herzchen! Also bitte, das ist doch deutlich unter meinem Niveau… STOP! Habe ich gerade damit begonnen zu meckern? Habe ich mich gerade bei einem elitären Gedanken erwischt? Habe ich etwa vergessen, wie ich angefangen habe mit dem Bloggen und was mir wichtig war? Ich schäme mich.

Es ist ein Phänomen der Zeit, das in der Welt der Blogger die Verlinkung untereinander immer weiter abnimmt. Eine Entwicklung, die ich nicht gut finde und immer versucht habe, abzulehnen. Blogs sind für mich eine immer noch wichtige Informations- und Meinungsquellen gesellschaftlicher Nischenthemen. Kaum ein Journalist recherchiert so gut wie mancher Blogger, vor allem dann, wenn es um seinen Fachbereich geht. Nirgendwo sonst liest man noch die ungefilterte Meinung, die nicht durch wirtschaftliche Interessen, potentielle Anzeigenkunden und mögliche Einnahmeverluste glattgebügelt wird. Sicher, auch Blogs werden mittlerweile untergraben, gerade bei Technik-Blogs oder Musik-Blogs wird immer wieder Schindluder getrieben, weil man sich die kostenlosen Produktproben, die neuesten Alben oder die finanziellen Annehmlichkeiten nicht entgehen lassen möchte.

Es ist also wichtig, nach neuen Blogs Ausschau zu halten, die noch mit Herz und Leidenschaft schreiben, die etwas zu sagen haben, die gehört werden möchten. Und natürlich, Backlinks sind wichtig, denn schließlich veröffentlichen die meisten, um das zu teilen, was sie zu schreiben haben. Deshalb beteilige ich mich mit (neuer) Freude wieder einmal an einer Blogparade, auch wenn ich darin aufgestellten Regeln nicht unbedingt einhalten kann (siehe unten). Hier also 10 meiner Lieblingsblogs und ja, sie kommen von Herzen:

  • Der schwarze Planet
    Der schwarze PlanetDer Evergreen! (Oder besser Everred) Ich glaube der schwarze Planet war der erste „gleichgesinnte“ Blog über den ich gestolpert bin. Damals habe ich gerade an einem Reisebericht geschrieben und nach Leuten gesucht, die auch „schwarze Reiseführer“ verfassen. Als ich dann Shan Dark gelesen habe, ist mir gleich die Lust vergangen eigene Berichte zu verfassen, denn das konnte man nicht besser machen ;) Ich habe es trotzdem gemacht. Der Rest ist Legende: Erstes Treffen in Mainz, Gothic Friday 2011, Friedhofsfilme… Sie über sich selbst: „Düster, skurril, schräg oder mystisch muss es für mich sein. Trotzdem gehe ich meist mit leichtem Herzen und humorvoller Seele durchs Leben. 
  • Aristides Steele
    Aristides SteeleNoch so ein Evergreen, diesmal aber eher Everwhite, wahlweise auch Everpurple oder Everblack. Adrian gehört zu den wandlungsfähigsten Menschen die ich kenne, nicht nur auf das Outfit bezogen, denn er füllt jede ihrer Hüllen mit Inhalt und überrascht häufig mit überirdischem Wissen zu noch so merkwürdigen Wissensgebieten. In seinem Blog verrät er nicht nur viel über sein Schaffen als kreativer Nähonkel, sondern auch viel über sich selbst. Ihr müsst nur zwischen den Zeilen lesen. Er über sich selbst: „Das Etwas hinter den Worten könnte man als schwarzromantischen, irren Wissenschaftler und Reisenden zwischen Zeiten und Realitäten bezeichnen – was genau das heißt werden ihr herausfinden, wenn ihr ein wenig auf meiner Homepage und meinem Blog stöbert.
  • Mattensan
    MattensanEin Metaller entdeckt die Gothics. So (oder so ähnlich) stellte sich mir Mattensan auf dem Spontis-Family-Treffen 2012 vor. Was sich hinter der imposante menschliche Hülle verbarg, ließ sich leider nicht in der viel zu kurzen Zeit auf der Wiese feststellen. So begann ich, seinen Blog zu verfolgen und entdeckte auch noch interessante Gedanken, lustige und nachdenkliche Artikel und eine Menge Sichtweise über den Tellerrand hinweg. Außerdem erfüllt er hiermit die nötige Männerquote ;) Er über sich selbst: „Seit der Adoleszenz Begleiter der Heavy Metal-Szene. Zunächst als Konsument, im weiteren Verlauf als Akteur, Kritiker und Konsument. Mit dieser Musik bin ich erwachsen geworden und sie bildet einen Eckpfeiler in meinem Leben.
  • Schwarzvolk
    SchwarzvolkGanz überraschend fand ich vor einiger Zeit einen Backlink vom Schwarzvolk, der von einer gewissen „mela“ betrieben wird. Kannte ich noch nicht. Mal schauen. Neben allerlei selbstgemachtem finden sich hier auch Artikel einer eher nachdenklichen Szene-Gängerin. (Ich muss jetzt aufpassen, was ich schreiben, denn zu Ihren Interessen zählt sie auch Boxen, nicht das ich noch schmerzhaftes Feedback erhalten ;) ) Die Idee ihres Blogs beschreibt sie am besten selber: „Derartige Situationen waren damals Grundlage einer Idee, eine Plattform für das Schwarzvolk zu bieten, die vor genau solchen „Problemen“ stand und eine Lösung sucht und/oder findet und präsentiert. Denn es ist wirklich nicht leicht, den schmalen Grat zwischen gesellschaftlicher Konvention der angemessenen Kleidung und der eigenen Persönlichkeit zu finden.“ Ich hoffe, der Blog wird werden, was er ist.
  • Werturteilsfrei
    WerturteilsfreiWie er das nur alles schafft? Kommt viel rum, ist kreativ, Fotografiert leidenschaftlich, ist Mann und Vater, renoviert und füllt auch gelegentlich seinen Blog. Wahrscheinlich ist mein Zeitmanagement beschissen.  Er widersetzt sich allen Strömungen, fotografiert mal politisch witzig, manchmal auch herzerfrischend eindrucksvoll aber stets intelligent. Seine Fundstücke und Gedanken dazu sind kurz, aber prägnant. Lediglich seine Beschreibung müsste er mal überarbeiten. „Themen dieses Blogs sind soziale Ereignisse vor unserer Haustür. Kulinarische Erlebnisse gehören dazu, selbst an geparkten Autos gehen wir nicht kommentarlos vorbei.“ Denn eins ist klar: Da ist mehr. Viel mehr!
  • Gedankensplitter
    GedankensplitterAls Gruftie mit Ambitionen auf „mehr“ kommst du einfach nicht an Marcus Rietzsch vorbei. Für mich definiert er Herzblut, Leidenschaft und Fleiß in ganz neuen Dimensionen. Rein platonisch: Ich liebe Ihn! Zuweilen ist er sympathisch penetrant aber immer überraschend anders.  Er (ganz bescheiden) über sich selbst: „Die Fotografie wurde für mich zu einer Entdeckungsreise von besonderen Seiten in scheinbar alltäglichen Dingen. Ein persönlicher Blick auf die Menschen und das Leben mit seinen schönen als auch traurigen Momenten.“ Zu seiner Person sagt er: „Fotokünstler | Bildpunktschubser | Gelegenheitswort- lieferant | Internetauftrittsgestalter und Codebastler | Pfingstflüsterer | Internetlogbuchprotokollant | Friedhofs- beobachter | Ruinenkletterer und Verfallserkunder | Norwegenforscher
  • Mondbote
    MondboteEin begeisterter Leser von Spontis, sagt er. Fühlt sich gut an!  Irgendwann tauchte Ian Luther hier im Blog auf, kommentierte reichhaltig und glänzte dann auch noch mit einem eignen Blog. Er liebt das Vertonen von Gedichten, zeigt eine besondere Spürnase für gruftige Videos und ist darüber hinaus ein interessanter Zeitgenosse. Zusammen mit ein paar anderen komischen Leuten betreibt er den Mondboten ;) „Warum der Name “Mondbote”? Als sich ein Grüppchen Gleichgesinnter auf einem der größten schwarzen Festivals dazu entschloss, ihre subjektiven Meckereien über die Entwicklung der  schwarzen Szene zu dokumentieren, kam man auf die Idee, ein kleines Magazin ins Leben zu rufen.“ Ich hoffe, das Magazin wächst und gedeiht. Es kann eine schwarze Szene, die immer mehr auf Facebook und Co. ausweicht nur bereichern.
  • Biotechpunk
    BiotechpunkWow! Nachdem ich mich von dem ersten Schlag der Themenvielfalt erholt hatte, staunte ich über die Fülle von guten Reviews, Artikeln und Stories die sich dort tummelten. Erstens: Der Blog erweitert die musikalische Weitsicht. Zweitens: Er mit Leidenschaft gefüllt und verfolgt keine finanziellen Interessen (siehe oben). Drittens: Sympathisch, Intelligent und Andersartig. Viertens: Er verlinkt Spontis! (Es ist mir eine Ehre!) Sie über sich: „Der biotechpunk ist kein professionelles Blog, sprich wir schreiben in unserer Freizeit und aus Freude an der Musik ohne finanzielle Interessen. Vor allem in Reviews geben wir unsere persönliche Meinung wieder, es kann also durchaus auch mal sein, dass eine Band die ihr sehr mögt nicht so gut wegkommt, weil der Autor einfach eine andere Hörgewohnheit hat

Natürlich sind das nicht alle meine Lieblingsblogs. Wenn man sich seit mittlerweile 4 Jahren damit beschäftigt, häuft sich natürlich viel mehr an. Auch gibt es keine Rangliste, keine Platzvergabe oder Wertung. Ich wünsche mir, dass sich einige derer, die vom bloggen auf Facebook umgeschwenkt sind, wieder zu Ihren Wurzeln besinnen und dem kurzlebigen Netzwerk, in dem so viele gute Gedanken im Nirvana und einem viel zu kleinen „Freundeskreis“ vorbehalten sind, wieder den Weg an das Licht des Netzes erblicken. Eigenständig und unabhängig.

Die Regeln der Blogparade (wenn ihr teilnehmen möchtet) lauten:

1. Poste den Award auf deinem Blog (Habe ich gemacht!)
2. Verlinke denjenigen der dir den Award geschenkt hat (Auch erledigt)
3. Schenke 10 Bloggern diesen Award (Schon geschehen!)
4. Benachrichtige die Blogger, dass sie einen Award gewonnen haben (Ich will es versuchen!) 
5. Der Award sollte nur an Blogger mit weniger als 250 Lesern gehen (Woher soll ich das denn wissen? Feed-Leser? E-Mail Abonnenten? Zugriffszahlen?)

Herbstlicher Melancholie mit dem Clan of Xymox, Andreas Gross und Boyd Rice

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Die äußerst fleissige Musikredaktion hat sich wieder gemeldet und die neuesten 3 Alben vorgestellt, die ihr zu Ohren gekommen sind. Vielleicht schaffe ich es ja auch irgendwann, die Rezensionen auch zeitnah zu veröffentlichen. Genug lamentiert, los geht es mit Neuigkeiten vom Clan of Xymox. Das Album Kindred Spirits widmet sich der schwarz-kulturellen musikalischen Geschichte, auf dem der Clan die wichtigsten Titel „ihrer“ schwarzen Szene covern, ob das immer gelungen ist? Andreas Gross, der bereits auf eine 10-jährigen Vergangenheit zurückblicken kann, dürfte den wenigstens bekannt sein, mit seinem achten düster-poppigen Album „Grounds of Ashes“ könnte sich das ändern. Auch Boyd Rice, bei dem es sich um eine der umstrittensten Figuren der Post-Industrial Ära handelt, besinnt sich auf seine Vergangenheit. Das Album „Back to Mono“ kehrt zu den musikalischen Ursprüngen zurück und versucht sich ebenfalls an einer Coverversion des „The Normal“ Klassikers „Warm Leatherette“.

Clan of Xymox – Kindred Spirits

Clan of Xymox - Kindred SpiritsAuf ihrem neuen Album versucht sich der „Clan of Xymox“ an Cover-Stücken, also eine Art Ehrerbietung alter Helden. Diese Idee ist nicht zwar nicht neu und wurde bereits von Bands wie „Love Like Blood“ („Chronology of a Love Affair“) sehr gut umgesetzt, doch ist dies gerade bei einer Band, welche in den 80ern zu den wichtigsten Gruppen im Dark Wave Umfeld zählte und sich bis heute hält (wenn auch nicht alle Fans ihre Entwicklung zu immer moderneren elektronischen Sounds mitgegangen sind) eine besonders interessante Angelegenheit. Bei einer guten Umsetzung könnte man wohl alte wie neue Fans wieder zusammenführen, doch die Bewertung der Umsetzung gestaltet sich schwierig. Es ist nun mal schwierig mit einer Stimme wie sie Ronny Moorings hat ein „Siouxsie and the Banshees“ Lied zu covern. Außerdem passt der moderne Sound, welche „Clan of Xymox“ mittlerweile vertreten nicht wirklich zu allen Liedern. Doch gibt es auch hier absolute Empfehlung wie Alice („The Sisters of Mercy“), Decades („Joy Division“) oder auch A Forest („The Cure“). Doch wie bereits erwähnt tun sich bestimmt nicht wenige mit der Neuinterpretation von Red Light („Siouxsie and the Banshees“) als auch Blue Monday („New Order“) sehr schwer, da entweder stimmlich oder auch rein musikalisch das nicht so wirklich passen will und auch nicht die Energie des Originals weitertragen können. Trotzdem ein schönes Album mit einigen guten Stücken und vielleicht schafft es Herr Moorings & Co damit dem Nachwuchs etwas Nachhilfe in Sachen schwarz-kultureller Geschichte zu geben. Wünschenswert wäre es.

Internetseite: Clan of Xymox – Label: Trisol – Preis: 15€

Andreas Gross – Grounds of Ashes

Andreas Gross - Grounds of AshesWer noch ein passendes Album für trübe Herbsttage sucht, welches nicht allzu schwer genießbar oder zu tiefgründig ist, sollte sich das neue Album der Formation „Andreas Gross“ anhören. Auch wenn es die Band schon seit über 10 Jahren existiert, scheint sie für die meisten noch immer unbekannt zu sein. Mit „Grounds of Ashes“ veröffentlichen sie bereits ihr 8. Album auf dem sie ihren Weg weiter bestreiten. Gut gemachte – düster angehauchte – Popmusik welche eine angenehme Melancholie verbreitet aber dennoch leicht konsumiert werden kann. Elektronische Untermalung mit zartem Frauengesang und Pianoeinlagen, nicht überladen, aber auch nicht minimalistisch und Texten, welche nicht wirklich innovativ wirken, aber dennoch Kraft in sich tragen. Besonders die Lieder „Vermillion pt.2“ (Slipknot Cover), bei dem Andreas Gross selbst für die Stimme verantwortlich ist, sowie „Planets in peril“ welches von einem Dudelsack begleitet wird (was erstaunlicherweise sogar sehr gut passt) stechen besonders hervor. Reinhören lohnt sich also für all diejenigen, welche es nicht immer undergroundig rau haben wollen, sondern auch mal einfache Kost haben möchten.

Internetseite: Andreas Gross – Label: Bob Media Preis: 13€

Boyd Rice – Back to Mono

Boyd Rice - Back to MonoEine der umstrittensten Figuren im (Post-) Industrial kehrt zu seinen Wurzeln zurück. „Mr. Intolerance“ zeigt auf „Back to Mono“ wer Noise und Industrial mitbegründet hat. Doch auch Menschen die weniger auf Lärm bis zum Anschlag stehen, dürften hier das eine oder andere „schöne“ Stück finden können. Mit dem ersten Stück „Turn me on, Dead Man“ wird der Zuhörer langsam, aber sicher in die alptraumhafte Welt des Boyd Rice gezogen um dann mit „Watusi“ die volle Ladung an Lärmgeräuschen ins Gesicht zu bekommen. Ob das (bewusst?) an „Total War“ erinnernde Stück „Fire shall come“ oder das vor Verstörtheit und Aggression nur so wummernde „Scream“, es gibt auch auf diesem Album wieder weit mehr Abwechslung als auf den meisten aus diesem Genre. Es ist schön zu hören, wie die alte Garde es den Jungen immer wieder zeigt, wie man den Geist einer mittlerweile in die Jahre gekommenen Bewegung in die Neuzeit katapultieren kann. Doch warum gerade in letzter Zeit so viele Bands das Stück „Warm Leatherette“ covern müssen bleibt mir ein Rätsel. Natürlich ist es ein absolutes Kult-Lied, doch wenn jetzt jeder anfängt das Stück zu covern, verliert es schnell den Charme des Besonderen. Herr Rice orientiert sich hier noch sehr stark am Original von „The Normal“ baut er doch weit mehr Störgeräusche ein die einen sehr schönen Kontrast zu seiner (eher weichen) Stimme bilden lassen. Ein Album, welches auch für Nicht-Noise-Hörer durchaus interessant sein dürfte.

Internetseite: Boyd Rice – Label: Mute – Preis: 17€

Online-Video-Magazin von Bacio di Tosca

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Doch dann trifft ihn das Messer Toscas. „Verfluchte!“ schreit er, sie antwortet mit „Das ist der Kuss Toscas!“, er röchelt minutenlang, stöhnt „Verfluchte!“ und „Ich sterbe! Zu Hilfe!“  Bacio di Tosca, der tödliche Kuss der Tosca, so heißt auch das aktuelle Video-Projekt von Dörthe Flemming  und Jörg Knieschewski. Was zunächst als Band der Neoklassik startete, ist nun zu einem multimedialen Erlebnis geworden. Wie bereits in einer Wochenschau berichtet, haben die Beiden auf ihrer Seite bacio di tosca.tv ein Online-Videomagazin ins Leben gerufen, dass sich um die Vertonung eines Textes berühmter Dichter dreht.

In ihren Videos bieten sie auf ein sehr lockerer Art und Weise Hintergrundinformationen zu den behandelten Dichtern und greifen Themen der Texte auf. Doch die bis jetzt 6 erschienen Folgen sind mehr, denn sie entführen den Zuschauer an bekannte und unbekannte Plätze und entpuppen sich als gut organisierte Reportagen. Was macht ein riesige Pentagramm an einer Kirche in Hannover? Warum nahm der Dichte Ernst Moritz Arndt ein 20-jähriges Berufsverbot in Kauf? Was ist der Literarische Spaziergang auf dem Ohlsdorfer Friedhof und was ist schwarze Romantik?

Eine kleine Warnung gleich vorweg. Spontis veranstaltet am 1. Dezember einen Besuch der Ausstellung „Schwarze Romantik“ im Städel-Museum und hat dazu eine – inzwischen ausgebuchte – Führung organisiert. Wer sich die Spannung erhalten möchte, sollte sich die sechste Folge unbedingt entgehen lassen ;-) Wer nicht dabei sein kann oder es schlichtweg nicht aushält, darf gerne hinsehen.

Warum machen die beiden eigentlich ein solches Videoprojekt und warum kann man alle vertonten Gedichte und Texte gratis herunterladen? Wie sie dem Zillo-Magazin erzählten, geht es Ihnen um die Verbreitung ihrer Kunst, der Kultur und einem Mehrwert zu ihren Werken: „Digitale Medien lassen sich nun mal nicht vor dem Kopieren schützen … da jetzt den Konsumenten ein schlechtes Gewissen zu machen bringt gar nichts!“ so Musiker und Labelchef Jörg Knieschewski! „Uns ist es daher ein Anliegen der Musik wieder einen Mehrwert zu geben und genau dies wollen wir mit Bacio-di-Tosca.tv tun!“ Die Beiträge wirken oft etwas unbeholfen und schüchtern, doch genau das gibt dem ganzen einen sehr sympathischen Hauch von Authentizität, der manchen nüchternen Videoproduktionen oftmals verloren gegangen zu sein scheint. Ganz nebenbei ist man hier einem Phänomen auf der Spur, dass man als Gothic-Culture umschreiben könnte. Es ist das, was sich meiner Meinung nach aus der Leidenschaft für düstere Musik und schwarze Kleidung gebildet hat.

Fernsehen findet längst nicht mehr auf den populären Kanälen statt, sondern wird im Internet selektiv wahrgenommen. Man schaut sich das an, was interessiert. Wann man möchte und sooft man möchte. Dörthe Flemming und Jörg Knieschewski blicken in eine mögliche Zukunft und bieten ein alternatives Programm mit musikalischen Gedichten und visuellen Geschichten. Ein Modell mit Zukunft?

Musik und Inhalt mit Bedeutung und Mehrwert zu erweitern ist eine interessante Bereicherung, man taucht tiefer in die Thematik ein und kann sich mit den Ideen der Künstler vertraut machen. Womöglich birgt es nötiges Identifikationspotential, vielleicht raubt auch das etwas vom nötigen Interpretationsspielraum und kann dem ein oder anderen den nötigen „Zauber“ vorwegnehmen. Ich möchte euch einige sehr interessant Folgen vorstellen und lade euch ein, eine eigene Meinung zu formen:

Folge 2 – Marktkirche Hannover

Folge 5 – Literatur auf dem Friedhof Ohlsdorf

Folge 6 – Schwarze Romantik im Städle-Museum (Achtung, Führungsbesucher, der Inhalt könnte die Spannung zum geplanten Besuch vorweg nehmen.)

Gothic – Wir sind eine Szene ohne Ziel und ohne Richtung

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Manchmal tauchen Fragen, die man sich schon öfter gestellt und dann wieder verdrängt hat, auf Umwegen wieder auf. Heute sah ich ein junges Gothic-Paar in der Stadt, gekleidet in trendigem X-tra-X-Schwarz inklusive einem Berg aus Schnallen, Ösen und Bondage-Bändern. Sofort stellte sich bei mir die innere Abwehr ein. Mit denen hab ich nichts zu tun. Das sind nur Mitläufer. Die gehören nicht zur Szene. Mode-Gruftis, die sich nur interessant machen wollen. Untrue! Gleichzeitig das schlechte Gewissen, sich als „was Besseres“ zu fühlen und direkt in abwertenden Kategorien zu denken.

Was wissen die neuen Gothics schon von der alten Szene – von den Beweggründen und Zielen, die einen zum wahren Mitglied dieser Subkultur machen? So schoss es mir durch den Kopf. Äh – Moment mal! Da war sie wieder, die besagte oft verdrängte Frage. Gab es überhaupt jemals eine Richtung oder ein Ziel in der Szene?

Zuhause am Computer nehme ich Wikipedia zur Hilfe, um ein einigermaßen objektives Bild von großen Subkulturen und ihren Zielen zu erhalten. Und siehe da: Die Musik spielte zwar immer eine übergeordnete Rolle, aber es steckte mehr dahinter:

Hippie – Der Traum vom humaneren und friedlichen Leben

Die von San Francisco ausgehende Hippiebewegung stellte die ihrer Meinung nach sinnentleerten Wohlstandsideale der Mittelschicht in Frage und propagierte eine von Zwängen und bürgerlichen Tabus befreite Lebensvorstellung. Im Vergleich zur 68er-Bewegung und den Gammlern dominierten dabei stärker gemeinschaftliche (Selbstverwirklichung) als gesellschaftspolitische Konzepte, teilweise überschnitten sich die Ideale der Bewegungen. „Denn anders als die Gammler wollten sie nicht nur dem Leistungsdruck der Gesellschaft entfliehen, sondern zugleich neue, menschlichere Lebensweisen und Umgangsformen finden.“ Die Idee von einem humaneren und friedlicheren Leben wurde mit dem – oft synonym zur Hippiebewegung verwendeten – Schlagwort Flower-Power (englisch für „Blumenmacht“) belegt, das 1965 vom US-amerikanischen Dichter Allen Ginsberg geprägt wurde. Diese Ideale wurden versuchsweise in neuartigen, oft ländlichen Kommunen umgesetzt.

Punk – Gegen das Establishment

Zu den Ursachen für die Frustration englischer Jugendlicher bezüglich der sie umgebenden Regeln gehörte der mangelnde Halt durch die Schulen und mangelnde Aussichten im Berufsleben, bedingt durch die Wirtschaftskrise und das steife englische Klassensystem. Die Jugendlichen fühlten sich ausgeschlossen und betrogen um die Dinge, die ihnen erstrebenswert vorkamen: modische Kleidung, die neueste Musik, oft sogar schon der Konsum von Getränken in Gaststätten. Aus dieser Perspektive war auch durch Rock- und Popmusik ein neues Establishment geschaffen worden, das gegenüber der bürgerlichen Mehrheitsgesellschaft keine Alternative mehr bot und das deswegen bestenfalls noch Stillstand bedeuten konnte. Die Antwort der englischen Punk Szene hierauf hieß Eigenproduktion, „von der Szene für die Szene“… Die dreckigen und schnoddrigen Elemente des Punk Rock wurden hier zum Programm: das Establishment, und damit der Status Quo der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, wurde offen abgelehnt und brüskiert. Die herrschenden Werte wie auch die herrschende Ästhetik wurden durch einen radikalen Nonkonformismus negiert. Die Bewegung versuchte nicht, sich etwa durch künstlerische Qualität in ihrem Anliegen verständlich zu machen, sondern betonte gerade das Unvollkommene, Dreckige, das radikal Individuelle und Unvermittelbare der eigenen Musik und Lebensweise. Man war nicht der Auffassung, dass Kritik an dieser Gesellschaft in ihr auch konstruktiv wirken müsse. Im Mittelpunkt stand die eigene Subjektivität, das eigene Leiden am Zustand der Welt, das sichtbar gemacht und so gegen sie gewendet werden sollte.

Hip-Hop – Früher gegen die sozialen Ungerechtigkeiten

Die überlieferte Hip-Hop-Kultur begann ihre Karriere in den frühen 1970er-Jahren der Bronx, einem verarmten New Yorker Stadtteil. Im Verlauf der 1960er- und 1970er-Jahre war dieser Teil New Yorks einer zunehmenden Verarmung und Ghettoisierung durch Immigranten und Afroamerikaner ausgeliefert. Die schwarze Ober- und Mittelschicht mit ihren Intellektuellen entfloh zunehmend in die „weißen“ Vorstädte und hinterließ unter anderem ein sozial isoliertes afroamerikanisches Proletariat. Außerdem verstärkten städtebauliche Fehlplanungen des Viertels diesen Effekt noch, besonders auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaus sowie beim Bau einer Umgehungsstraße, welche die Bronx nun vom Rest New Yorks abschnitt. Bandenkriminalität, Verarmung und Verwahrlosung waren die bekanntesten unmittelbaren Folgen dieser Entwicklung zu einem Teufelskreis. […] Während der ursprüngliche Hip-Hop noch die sozialen Ungerechtigkeiten, in denen die farbige Bevölkerung in den Ghettos New Yorks lebte, thematisiert habe, sei heutiger Hip-Hop jedoch oft reaktionär, gewaltverherrlichend, frauenfeindlich, homophob, sexistisch und fördere dadurch unter anderem die Jugendkriminalität, Aggressivität, Passivität und generelle Gewaltbereitschaft. Statt der Verbesserung der sozialen Lage der eigenen Community strebe, so die Kritiker, der gegenwärtige Hip-Hop-Künstler im Musikbereich keine weiteren Ziele mehr an als ein gefülltes Bankkonto und Platzierungen in Charts, sowie ein möglichst „gangster“-mäßiges Image (Kleidung, Auftreten, Äußerungen).

Soweit die anderen – bei der Suche nach den Beweggründen unserer Gothic-Szene wird es schwammig:

Gothic – Eine gemeinsame Lebenseinstellung gibt es nicht

Die Gothic-Szene gilt als ästhetisch orientierte Subkultur, deren Mitglieder als friedlich, aber auch als unnahbar, elitär oder wirklichkeitsfremd wahrgenommen werden. Sie ist eine retrospektive Kultur mit einer enormen Bandbreite an modischen Formen. Die Durchschnittsbevölkerung wird von Teilen der Gothic-Kultur negativ kritisiert, etwa als konservativ, konsumorientiert, intolerant, egoistisch und vom Gesetz der sozialen Bewährtheit geleitet. Aus der Ablehnung dieser Eigenschaften resultiert eine demonstrative Distanzierung zur Gesellschaft. Eine charakteristische Lebenseinstellung, die alle Angehörigen der Gothic-Kultur miteinander teilen, gibt es nicht. Zwar werden philosophische, religiöse sowie politische Fragen unter Goths thematisiert, allerdings nicht einheitlich beantwortet.

Klingt ein wenig nach einer hohlen Frucht, die außen zwar ganz hübsch aussieht, aber innen nicht viel zu bieten hat. Dabei propagieren wir doch – auch in diesem Blog – immer wieder, dass Gothic mehr ist als Mode und Musik. Alles nur nachträglich hinein interpretiert? Eine Art Subkultur-Sozialromantik, erdacht von ein paar Gutmenschen, die mit den schwarzen Klamotten alt geworden sind und sie mit Sinn füllen wollen? Ist Gothic überhaupt eine Subkultur, wenn es kein Ziel und keine Richtung gibt? Es gibt jenseits von Modetrend und Musik nicht einmal eine Wurzel, aus der die schwarze Blume gewachsen ist.

Der Begriff der Subkultur („Unterkultur“) ist ein seit den 1940er Jahren in der Soziologie verwendeter Terminus, mit dem eine bestimmte Untergruppe der sozialen Akteure einer Kultur beschrieben wird, die sich im Hinblick auf zentrale Normen deutlich von der „herrschenden“ Kultur abgrenzen. Eine völlige Abgrenzung, also eine den herrschenden Normen diametral gegenübergestellte soziale Gruppe wurde von Soziologen (vor allem seit den Protestbewegungen der 1960er Jahre) häufig als „Gegenkultur“ (counterculture) bezeichnet. Umgangssprachlich werden beide Begriffe häufig synonym verwendet.

Grenzen wir uns deutlich von herrschenden Normen ab? Vielleicht: Wir verweigern uns aktuellen Modetrends, verwischen optisch die Geschlechter und bevorzugen eine morbide Ästhetik. Aber was wollen wir erreichen? Für ein ernstzunehmendes Ziel ist das wohl etwas zu dünn.  Selbst der Begriff „soziale Akteure“ aus der obenstehenden Definition muss in Frage gestellt werden. Wer agiert denn sozial? Wir agieren allenfalls, indem wir uns bewusst für schwarze Klamotten entscheiden und andere Musik hören als der Mainstream. Vielleicht bemüht sich der eine oder andere, im privaten Umfeld die Welt ein bisschen besser zu machen – der Szene als solches kann man das aber nicht als gemeinschaftliches Ziel zuschreiben. Immer wieder ist die Rede von „Provokation“, die zu diesem oder jenem Outfit führt. Wer soll provoziert werden? Und warum? Mit welchem Ergebnis?

Die Gothic-Szene ist nach 30 Jahren Orientierungslosigkeit nicht umsonst so breit gefächert. Wo es keine gemeinsamen Beweggründe, keine Ideale und keine gemeinsamen Ziele gibt, können Gruppen aller Gesinnungen ihr Fähnchen in den Boden hauen und eine neue „Strömung“ ausrufen. Es gibt niemanden, der mit dem Brustton der Überzeugung sagen kann: Das war und ist nicht unser Beweggrund, unsere Richtung, unser Ziel. Auch ich kann das nicht sagen. Leider.

Kommentar: I goth my World – 30 Jahre Gothic-Szene

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Eine gruftige Nacht. Der Regen prasselt gegen die Fensterscheiben, der Wind peitscht in Böen durch die Strasse und schleicht sich immer wieder durch die überforderten Dichtungen der Rahmen. Auf der Fensterbank flackern Grablichter, die Schwaden der Räucherstäbchen schwängern den Raum mit einem unverwechselbaren Patschuli-Aroma. So kann es losgehen. Ich habe meine Erwartungen absichtlich niedrig gehalten und versuche Vorurteile gegen die Berichterstattung unter den Tisch zu kehren. Obwohl sich viele Klischees erfüllten, wurde ich positiv Überrascht, ja sogar ein wenig nachdenklich gestimmt.

Noch bevor ich diesen Artikel schreibe, treffen auf Facebook die ersten Kommentare ein. Ian Luther: „Ich fand die Doku durchwachsen. Aber Cyber als Gothics der Zukunft zu bezeichnen halte ich für einen schlechten Witz. Diese ganze leuchtende, saubere, plastikglänzende Welt ist nicht das, was ich als Zukunft der schwarzen Szene sehe.“ –  Sophia Intolerantia: „Das Problem war die Zeit. Eine halbe Stunde ist ZU wenig und sie hatten ja durchaus Leute erwischt, die wirklich mehr zu sagen hatten.“ Grabesmond Nocturna: „Abgesehen davon finde ich, das es schon an Verarschung grenzt, wenn man eine Doku über Gothic ankündigt und es dann letzendlich nur um Cyber, Cyberloxx und Fetishpartys geht.“ Ich schaue mir den Bericht nocheinmal an:

Der Bericht beginnt mit dem Amphi-Festival in Köln, eine gute Wahl, wenn man einen Querschnitt durch die Oberfläche der schwarzen Bewegung ziehen möchte. Sicherlich, ein Besuch auf dem WGT wäre vielleicht interessanter gewesen, aber wäre die Wirkung auf Außenstehende -und die Autoren dieses Bericht haben mit der Szene nicht zu tun- wirklich eine andere gewesen? Ich lasse die Bilder auf mich wirken. Bunt, schrill, laut, genau so wie das Amphi war, wurde es auch dargestellt. Der Sprecher erzählt uns keine Neuigkeiten und spricht von Fakten. Auftritt Kai Lotze, der Veranstalter des Amphi, der behauptet, hier würde es pro Stadt ein bis zweitausend Szenemitglieder geben. Offensichtlich war er noch nicht in meiner Stadt. Nichtsdestotrotz, betrachten wir die Oberfläche im der Sinne der Wochenend-Gothic, Teilzeit-Grufties und artverwandte Sympathisanten, mag er Recht haben.

„Die Goths sind lebendiger denn je. Wie haben sie sich solange gehalten? Sind sie heute noch eine Gegenkultur?“

Ein Auftritt von Rosa Crux, gewohnt provozieren und imposant. Olivier Tarabo, der Sänger der Band : „Wir dürfen nicht vergessen, die Religion bot uns früher ein Paradies, sie nahm uns die Ängste vor dem Tod. In einer Gesellschaft ohne Religion, die keine Lösung mehr für diese Ängste hat, regiert das Unbehagen. Als Goth ist man bereit mit diesem Unbehagen zu leben.“ Ein kluger Mann, diese Aussage möchte ich unterschreiben, sie entspricht nach meiner Vorstellung einem Grundpfeiler der Szene. Sicher, sie lässt sich nur auf einen Bruchteil der Szene-Mitglieder anwenden. Diese Einstellung ist nach und nach verloren gegangen, spätestens mit der heranwachsenden 3. Generation, die eine gebügelte Oberfläche finden, die man immer schwerer zu durchdringen vermag.

Olivier TaraboKatmi, die in diesem Bericht die mittlere Generation repräsentiert, sagt: „Wir leben in einer Zeit in der wir immer gut drauf sein sollen, erfolgreich und möglichst glücklich. Wir sind permanent auf Glückssuche. Die Goths verweigern sich genau dieser Tyrannei des Glücks.Dunja Brill, Autorin verschiedener Szene-Bücher ergänzt: „Memento Mori, erinnere Dich dass du sterblich bist, deswegen Carpe Diem erinnere Dich das du die Zeit deines Lebens nutzen sollst.“ Der nächste Grundpfeiler wie ich finde. Bis jetzt glänzt der Bericht nicht mit Bilder einschlägiger Festivals, sondern mit interessanten Menschen, die sich ihr eigenes Bild gemacht haben, dass um Längen authentischer ist, als ich es bis jetzt in derartigen Berichten gesehen habe.

Le Boucanier repräsentiert das Szene-Urgestein, der uns Einblicke in seine eigenwillige Wohnungsausstattung gibt und über die Anfänge der Szene und ihre musikalischen Neigung erzählt. Ich nicke zustimmend und lausche den Klängen guter Musik. Überhaupt ist die musikalische Auswahl in diesem Bericht passend und ganz darüber hinaus ausgezeichnet. Es geht weiter: Punk -> Post-Punk -> Gothic. So ist es.

Kommen wir zur jüngsten Generation, hier dargestellt an den Cybern. Das kennen wir schon, Poser, Party und Tanzen. Schnell nochmal das Genre Industrial falsch dargestellt. Ich bin geneigt vorzuspulen. „Die Cyber-Goths sind die Goths der Zukunft.“ Ein Satz, über den sich schon viele bei Facebook ausführlich ausgelassen haben. Egal wie man diesen Satz deutet, die Zukunft ist ungeschrieben. Ihr kennt meine Meinung, ausdifferenzieren, ihr eigenes Ding machen und gut ist. Kämpfen für eine bessere Zukunft, die sich an alten Werten orientiert, ohne neue Strömungen zu vernachlässigen. Kein Satz, über den ich mich aufregen kann, denn betrachtet man die Szene von außen, zeigt sich genau dieses Bild. Bunt, schrill, laut. Und immer noch bestreite ich, dass das eine mögliche Zukunft sein kann, denn Cyber ist meiner Ansicht nach auf dem Rückzug.  „Wir wollen die Gothic-Szene ändern.“ Ich möchte ihm sagen: Versuche nichts zu ändern was sich nicht ändern will, mach‘ Dein eigenes Ding. Das in dem jungen Mann mehr steckt, erfahre ich später.

Rogue von den Crüxshadows über die Musik: „Was die Gothic Musik ausmacht, sind nicht die technischen Elemente, sondern die Thematik der Songs.“ Auch das ist meiner Ansicht nach so, Gothic trägt sich durch viele Musik-Arten.  Fetisch + Gothic flimmert über die Mattscheibe. Für mich gehört das nicht zusammen, dass es aber in der Szene präsent ist, darf man als Fakt betrachten. Die Zukunft ist jedoch, wie bereits erwähnt, ungeschrieben. Wir arbeiten daran ;-) Viele Berliner Alt-Gothics fühlen sich meiner Erfahrung nach durch die Fetischisten angezogen, wer weiß, vielleicht ist das die verloren gegangene Provokation, die man heute in einfachen schwarzen Klamotten nicht mehr erreicht.

Annie Burger-Roussenac, die als Autorin und Kennerin der Gothic-Szene vorgestellt wird, bemängelt das Fehlen von Utopien, sie vermutet, die Gothics schaffen sich aufgrund des Bewusstsein nichts ändern zu können, eine eigene Welt, in der sie Ihre Utopien ausleben können. Ich bin mir da nicht so sicher. Der Gesellschaft mangelt es eher an der Perspektive etwas ändern zu können, viele Gothics leben aber bereits ein alternatives Leben. Wir schaffen uns keine Parallelwelt, in der wir uns ausleben können, sondern machen die Welt in der wir leben zu etwas besonderem. Vielleicht habe ich aber auch nur etwas falsch verstanden.

Es folgt ein Schaubild, das ich nicht unkommentiert lassen will. 1982 soll es in England losgegangen sein, um dann 1990 in den Ostblock zu schwappen. Diesen Eindruck teile ich nicht. Gothic ist bereits Ende der 70er schleichend in die Musik-Szene in England geschwappt. 1982 hat das Kind vielleicht einen Namen bekommen. Aber Ostblock? Soweit würde ich nicht gehen, vielleicht im übertragenen Sinne, denn meiner Ansicht nach hat die deutsche Szene durch den Mauerfall einen entscheidenden Impuls erhalten, weiterzuexistieren. Die Veränderung im Ostblock führten dazu, das ist richtig. Aber die Szene schwappte nicht, wie dargestellt, dorthin.

Kommerz Kommerz

„Die Gothic-Szene ist ein florierender Markt.[…] Sind die Goths Opfer ihres eigenen Erfolgs? Werden sie von der Konsumwelt eingeholt, der sie eigentlich entfliehen wollten?“ So wie der Sprecher es zusammenfasst so ist es. Gothics von heute sind bequem geworden, da möchte ich mich nicht ausnehmen. Wir profitieren vom Angebot, können uns 24 Stunden lang in hunderten Internet-Shops bedienen und bekommen auf Festivals ein Überangebot an dem, was wir als ästhetisch empfinden. Der Markt profitiert von uns, Angebot durch Nachfrage. Als es nichts gab, hat man es selber gestaltet, heute wird jeder Trend aufgegriffen und in ein Konsumprodukt an jedermann gebracht. Wir sind die Opfer unseres eigenen Erfolgs. Hat uns die Konsumwelt eingeholt? Vielleicht ist es so, aber nur, weil wir uns einholen lassen. Wir sollten uns die Frage stellen, wohin wir möchten. Jeder der darüber meckert, wie Konsumlastig ein Festival ist, hat die Wahl. Wir müssen sie nur treffen.

Auch die rechte Ästhetik wird aufgegriffen. Olivier Tarabo bringt es auf den Punkt: „Ihr wollt nicht sehen was euch aufregt, aber genau das zeige ich Euch. Mit Hakenkreuzen zum Beispiel. Mit allem was euch ärgert. Es geht ums kaputtmachen, ums zerstören, ums widersprechen. Insofern hat es auch eine anarchistische Seite. Es ist ein Schlag ins Gesicht.“ Wir sollten uns schlagen lassen um nachzudenken, nicht um das zu kopieren was wir sehen. Provokation sollte keine Mode werden.

Chancy hat zwei Fehler gemacht

Der junge Cyber bekommt meiner Ansicht nach eine wichtige Rolle in der Cyber-Diskussion. Er hat Fehler gemacht, aber auch ganz viel Richtig gemacht. Es gibt einige wichtige Dinge, die ihn von all den konsumierenden Cyber unterscheidet, etwas, von dem sich viele eine Scheibe abschneiden können. Er ist leidenschaftlich, engagiert und hat ein Ziel vor Augen. Er veranstaltet seine eigene Party, sein ganz eigenes Ding. Es mangelt ihm noch an Professionalität, aber nicht an Überzeugung. Er steht für mich als Sinnbild einer möglichen Zukunft. Die Cyber machen ihr eigenes Ding, als Ableger einer anderen Subkultur. Chancy macht es vor.

Phil K, der nun interviewt wird, erklärt die Kluft zwischen den Welten: „Heute wird so ziemlich alles da hinineinprojeziert. Manche nennen sich Gothics, sind vom Look aber Cyber-Punks. Mein Eindruck ist, das der Look wichtiger geworden ist, als die Musik. Gothic ist heute mehr eine Mode als eine Bewegung. Ursprünglich war das mal anders.“ War das wirklich so? Oder hören wir das verklärte Bild eines Urgesteins? Meiner Ansicht nach wurde Gothic schon Mitte der 80er zur Mode, spätestens, als Jugendzeitschriften diesen Look vorstellten.

Fazit: Ist die Szene tot?

Glücklicherweise, “ so Le Boucanier, „gibt es noch Bands, die die Bewegung am Leben erhalten, ich glaube das sie heute die Gothic-Bewegung ausmachen.“ Nicht zu vergessen die Szene-Anhänger, die diese Musik immer noch fordern. Nicht zu vergessen die Anhänger, die in Gothic mehr sehen als Musik und Mode. Die Anhänger, die auch in der Lage sind einer neuen Generation eine alte Richtung zu geben und zu staunen, wie sie den Weg gehen werden.

Die Dokumentation halte ich unterdessen für sehr gelungen. Sie zeigt den IST-Zustand und lässt einige Menschen zu Wort kommen, die in der Summe die Grundpfeiler einer Bewegung definieren, so wie ich sie mir vorstelle.

Warum also darüber aufregen? Nun, es mag an einer Erwartungshaltung liegen. An der Erwartung genau das zu sehen, was einen stört. Für mich sind hier einige sehr interessante Menschen zu Wort gekommen die es tatsächlich schaffen, der Szene eine Art von Definition zu geben. Wer nicht weiß, was ich meine möge sich die Zitate von Olivier Tarabo, Katmi, Dunja Brill und Le Boucanier nochmals zu Gemüte führen. Was haben wir denn erwartet? Antworten auf Fragen, die wir uns selber stellen? Neue Facetten einer 30 Jahre alten Szene? Wir sollten unsere Erwartungshaltung überprüfen und dürfen nicht vergessen, dass sich die meisten hier schon Jahre in der Szene bewegen. Für den jungen Nachwuchs-Goth oder den interessierten Menschen von nebenan ist diese Doku ausgezeichnet. IST-Zustand.

Ist es Verarschung eine Doku über Gothic anzukündigen um dann Cyber und Fetisch zu sehen? Nein, das ist Realität. Wollen wir etwas von dem sehen, was wir uns unter einer Gothic-Dokumentation vorstellen, müssen wir handeln. So wie Chancy, der jungen Cyber. Wir müssen es selber machen. Mit Leidenschaft und Engagement. Und so kommt es, dass sich der Kreis schließt. Der junge Cyber aus Paris zeigt, wie Gothic in der Zukunft aussieht. Nicht nur konsumieren, sondern mitgestalten, vorleben und weitergeben. Leidenschaften und Ideen einbringen anstatt nur darauf zu warten, dass etwas passiert. Sonst sieht es schwarz bunt aus für die Szene.