Eine gruftige Nacht. Der Regen prasselt gegen die Fensterscheiben, der Wind peitscht in Böen durch die Strasse und schleicht sich immer wieder durch die überforderten Dichtungen der Rahmen. Auf der Fensterbank flackern Grablichter, die Schwaden der Räucherstäbchen schwängern den Raum mit einem unverwechselbaren Patschuli-Aroma. So kann es losgehen. Ich habe meine Erwartungen absichtlich niedrig gehalten und versuche Vorurteile gegen die Berichterstattung unter den Tisch zu kehren. Obwohl sich viele Klischees erfüllten, wurde ich positiv Überrascht, ja sogar ein wenig nachdenklich gestimmt.
Noch bevor ich diesen Artikel schreibe, treffen auf Facebook die ersten Kommentare ein. Ian Luther: „Ich fand die Doku durchwachsen. Aber Cyber als Gothics der Zukunft zu bezeichnen halte ich für einen schlechten Witz. Diese ganze leuchtende, saubere, plastikglänzende Welt ist nicht das, was ich als Zukunft der schwarzen Szene sehe.“ – Sophia Intolerantia: „Das Problem war die Zeit. Eine halbe Stunde ist ZU wenig und sie hatten ja durchaus Leute erwischt, die wirklich mehr zu sagen hatten.“ Grabesmond Nocturna: „Abgesehen davon finde ich, das es schon an Verarschung grenzt, wenn man eine Doku über Gothic ankündigt und es dann letzendlich nur um Cyber, Cyberloxx und Fetishpartys geht.“ Ich schaue mir den Bericht nocheinmal an:
Der Bericht beginnt mit dem Amphi-Festival in Köln, eine gute Wahl, wenn man einen Querschnitt durch die Oberfläche der schwarzen Bewegung ziehen möchte. Sicherlich, ein Besuch auf dem WGT wäre vielleicht interessanter gewesen, aber wäre die Wirkung auf Außenstehende -und die Autoren dieses Bericht haben mit der Szene nicht zu tun- wirklich eine andere gewesen? Ich lasse die Bilder auf mich wirken. Bunt, schrill, laut, genau so wie das Amphi war, wurde es auch dargestellt. Der Sprecher erzählt uns keine Neuigkeiten und spricht von Fakten. Auftritt Kai Lotze, der Veranstalter des Amphi, der behauptet, hier würde es pro Stadt ein bis zweitausend Szenemitglieder geben. Offensichtlich war er noch nicht in meiner Stadt. Nichtsdestotrotz, betrachten wir die Oberfläche im der Sinne der Wochenend-Gothic, Teilzeit-Grufties und artverwandte Sympathisanten, mag er Recht haben.
„Die Goths sind lebendiger denn je. Wie haben sie sich solange gehalten? Sind sie heute noch eine Gegenkultur?“
Ein Auftritt von Rosa Crux, gewohnt provozieren und imposant. Olivier Tarabo, der Sänger der Band : „Wir dürfen nicht vergessen, die Religion bot uns früher ein Paradies, sie nahm uns die Ängste vor dem Tod. In einer Gesellschaft ohne Religion, die keine Lösung mehr für diese Ängste hat, regiert das Unbehagen. Als Goth ist man bereit mit diesem Unbehagen zu leben.“ Ein kluger Mann, diese Aussage möchte ich unterschreiben, sie entspricht nach meiner Vorstellung einem Grundpfeiler der Szene. Sicher, sie lässt sich nur auf einen Bruchteil der Szene-Mitglieder anwenden. Diese Einstellung ist nach und nach verloren gegangen, spätestens mit der heranwachsenden 3. Generation, die eine gebügelte Oberfläche finden, die man immer schwerer zu durchdringen vermag.
Katmi, die in diesem Bericht die mittlere Generation repräsentiert, sagt: „Wir leben in einer Zeit in der wir immer gut drauf sein sollen, erfolgreich und möglichst glücklich. Wir sind permanent auf Glückssuche. Die Goths verweigern sich genau dieser Tyrannei des Glücks.“ Dunja Brill, Autorin verschiedener Szene-Bücher ergänzt: „Memento Mori, erinnere Dich dass du sterblich bist, deswegen Carpe Diem erinnere Dich das du die Zeit deines Lebens nutzen sollst.“ Der nächste Grundpfeiler wie ich finde. Bis jetzt glänzt der Bericht nicht mit Bilder einschlägiger Festivals, sondern mit interessanten Menschen, die sich ihr eigenes Bild gemacht haben, dass um Längen authentischer ist, als ich es bis jetzt in derartigen Berichten gesehen habe.
Le Boucanier repräsentiert das Szene-Urgestein, der uns Einblicke in seine eigenwillige Wohnungsausstattung gibt und über die Anfänge der Szene und ihre musikalischen Neigung erzählt. Ich nicke zustimmend und lausche den Klängen guter Musik. Überhaupt ist die musikalische Auswahl in diesem Bericht passend und ganz darüber hinaus ausgezeichnet. Es geht weiter: Punk -> Post-Punk -> Gothic. So ist es.
Kommen wir zur jüngsten Generation, hier dargestellt an den Cybern. Das kennen wir schon, Poser, Party und Tanzen. Schnell nochmal das Genre Industrial falsch dargestellt. Ich bin geneigt vorzuspulen. „Die Cyber-Goths sind die Goths der Zukunft.“ Ein Satz, über den sich schon viele bei Facebook ausführlich ausgelassen haben. Egal wie man diesen Satz deutet, die Zukunft ist ungeschrieben. Ihr kennt meine Meinung, ausdifferenzieren, ihr eigenes Ding machen und gut ist. Kämpfen für eine bessere Zukunft, die sich an alten Werten orientiert, ohne neue Strömungen zu vernachlässigen. Kein Satz, über den ich mich aufregen kann, denn betrachtet man die Szene von außen, zeigt sich genau dieses Bild. Bunt, schrill, laut. Und immer noch bestreite ich, dass das eine mögliche Zukunft sein kann, denn Cyber ist meiner Ansicht nach auf dem Rückzug. „Wir wollen die Gothic-Szene ändern.“ Ich möchte ihm sagen: Versuche nichts zu ändern was sich nicht ändern will, mach‘ Dein eigenes Ding. Das in dem jungen Mann mehr steckt, erfahre ich später.
Rogue von den Crüxshadows über die Musik: „Was die Gothic Musik ausmacht, sind nicht die technischen Elemente, sondern die Thematik der Songs.“ Auch das ist meiner Ansicht nach so, Gothic trägt sich durch viele Musik-Arten. Fetisch + Gothic flimmert über die Mattscheibe. Für mich gehört das nicht zusammen, dass es aber in der Szene präsent ist, darf man als Fakt betrachten. Die Zukunft ist jedoch, wie bereits erwähnt, ungeschrieben. Wir arbeiten daran ;-) Viele Berliner Alt-Gothics fühlen sich meiner Erfahrung nach durch die Fetischisten angezogen, wer weiß, vielleicht ist das die verloren gegangene Provokation, die man heute in einfachen schwarzen Klamotten nicht mehr erreicht.
Annie Burger-Roussenac, die als Autorin und Kennerin der Gothic-Szene vorgestellt wird, bemängelt das Fehlen von Utopien, sie vermutet, die Gothics schaffen sich aufgrund des Bewusstsein nichts ändern zu können, eine eigene Welt, in der sie Ihre Utopien ausleben können. Ich bin mir da nicht so sicher. Der Gesellschaft mangelt es eher an der Perspektive etwas ändern zu können, viele Gothics leben aber bereits ein alternatives Leben. Wir schaffen uns keine Parallelwelt, in der wir uns ausleben können, sondern machen die Welt in der wir leben zu etwas besonderem. Vielleicht habe ich aber auch nur etwas falsch verstanden.
Es folgt ein Schaubild, das ich nicht unkommentiert lassen will. 1982 soll es in England losgegangen sein, um dann 1990 in den Ostblock zu schwappen. Diesen Eindruck teile ich nicht. Gothic ist bereits Ende der 70er schleichend in die Musik-Szene in England geschwappt. 1982 hat das Kind vielleicht einen Namen bekommen. Aber Ostblock? Soweit würde ich nicht gehen, vielleicht im übertragenen Sinne, denn meiner Ansicht nach hat die deutsche Szene durch den Mauerfall einen entscheidenden Impuls erhalten, weiterzuexistieren. Die Veränderung im Ostblock führten dazu, das ist richtig. Aber die Szene schwappte nicht, wie dargestellt, dorthin.
Kommerz Kommerz
„Die Gothic-Szene ist ein florierender Markt.[…] Sind die Goths Opfer ihres eigenen Erfolgs? Werden sie von der Konsumwelt eingeholt, der sie eigentlich entfliehen wollten?“ So wie der Sprecher es zusammenfasst so ist es. Gothics von heute sind bequem geworden, da möchte ich mich nicht ausnehmen. Wir profitieren vom Angebot, können uns 24 Stunden lang in hunderten Internet-Shops bedienen und bekommen auf Festivals ein Überangebot an dem, was wir als ästhetisch empfinden. Der Markt profitiert von uns, Angebot durch Nachfrage. Als es nichts gab, hat man es selber gestaltet, heute wird jeder Trend aufgegriffen und in ein Konsumprodukt an jedermann gebracht. Wir sind die Opfer unseres eigenen Erfolgs. Hat uns die Konsumwelt eingeholt? Vielleicht ist es so, aber nur, weil wir uns einholen lassen. Wir sollten uns die Frage stellen, wohin wir möchten. Jeder der darüber meckert, wie Konsumlastig ein Festival ist, hat die Wahl. Wir müssen sie nur treffen.
Auch die rechte Ästhetik wird aufgegriffen. Olivier Tarabo bringt es auf den Punkt: „Ihr wollt nicht sehen was euch aufregt, aber genau das zeige ich Euch. Mit Hakenkreuzen zum Beispiel. Mit allem was euch ärgert. Es geht ums kaputtmachen, ums zerstören, ums widersprechen. Insofern hat es auch eine anarchistische Seite. Es ist ein Schlag ins Gesicht.“ Wir sollten uns schlagen lassen um nachzudenken, nicht um das zu kopieren was wir sehen. Provokation sollte keine Mode werden.
Chancy hat zwei Fehler gemacht
Der junge Cyber bekommt meiner Ansicht nach eine wichtige Rolle in der Cyber-Diskussion. Er hat Fehler gemacht, aber auch ganz viel Richtig gemacht. Es gibt einige wichtige Dinge, die ihn von all den konsumierenden Cyber unterscheidet, etwas, von dem sich viele eine Scheibe abschneiden können. Er ist leidenschaftlich, engagiert und hat ein Ziel vor Augen. Er veranstaltet seine eigene Party, sein ganz eigenes Ding. Es mangelt ihm noch an Professionalität, aber nicht an Überzeugung. Er steht für mich als Sinnbild einer möglichen Zukunft. Die Cyber machen ihr eigenes Ding, als Ableger einer anderen Subkultur. Chancy macht es vor.
Phil K, der nun interviewt wird, erklärt die Kluft zwischen den Welten: „Heute wird so ziemlich alles da hinineinprojeziert. Manche nennen sich Gothics, sind vom Look aber Cyber-Punks. Mein Eindruck ist, das der Look wichtiger geworden ist, als die Musik. Gothic ist heute mehr eine Mode als eine Bewegung. Ursprünglich war das mal anders.“ War das wirklich so? Oder hören wir das verklärte Bild eines Urgesteins? Meiner Ansicht nach wurde Gothic schon Mitte der 80er zur Mode, spätestens, als Jugendzeitschriften diesen Look vorstellten.
Fazit: Ist die Szene tot?
„Glücklicherweise, “ so Le Boucanier, „gibt es noch Bands, die die Bewegung am Leben erhalten, ich glaube das sie heute die Gothic-Bewegung ausmachen.“ Nicht zu vergessen die Szene-Anhänger, die diese Musik immer noch fordern. Nicht zu vergessen die Anhänger, die in Gothic mehr sehen als Musik und Mode. Die Anhänger, die auch in der Lage sind einer neuen Generation eine alte Richtung zu geben und zu staunen, wie sie den Weg gehen werden.
Die Dokumentation halte ich unterdessen für sehr gelungen. Sie zeigt den IST-Zustand und lässt einige Menschen zu Wort kommen, die in der Summe die Grundpfeiler einer Bewegung definieren, so wie ich sie mir vorstelle.
Warum also darüber aufregen? Nun, es mag an einer Erwartungshaltung liegen. An der Erwartung genau das zu sehen, was einen stört. Für mich sind hier einige sehr interessante Menschen zu Wort gekommen die es tatsächlich schaffen, der Szene eine Art von Definition zu geben. Wer nicht weiß, was ich meine möge sich die Zitate von Olivier Tarabo, Katmi, Dunja Brill und Le Boucanier nochmals zu Gemüte führen. Was haben wir denn erwartet? Antworten auf Fragen, die wir uns selber stellen? Neue Facetten einer 30 Jahre alten Szene? Wir sollten unsere Erwartungshaltung überprüfen und dürfen nicht vergessen, dass sich die meisten hier schon Jahre in der Szene bewegen. Für den jungen Nachwuchs-Goth oder den interessierten Menschen von nebenan ist diese Doku ausgezeichnet. IST-Zustand.
Ist es Verarschung eine Doku über Gothic anzukündigen um dann Cyber und Fetisch zu sehen? Nein, das ist Realität. Wollen wir etwas von dem sehen, was wir uns unter einer Gothic-Dokumentation vorstellen, müssen wir handeln. So wie Chancy, der jungen Cyber. Wir müssen es selber machen. Mit Leidenschaft und Engagement. Und so kommt es, dass sich der Kreis schließt. Der junge Cyber aus Paris zeigt, wie Gothic in der Zukunft aussieht. Nicht nur konsumieren, sondern mitgestalten, vorleben und weitergeben. Leidenschaften und Ideen einbringen anstatt nur darauf zu warten, dass etwas passiert. Sonst sieht es schwarz bunt aus für die Szene.
Ich fand die Doku durchwachsen. Aber Cyber als Gothics der Zukunft zu bezeichnen halte ich für einen schlechten Witz. Diese ganze leuchtende, saubere, plastikglänzende Welt ist nicht das, was ich als Zukunft der schwarzen Szene sehe. Ganz im Ernst, jeder Metaller passt besser in mein Weltbild als das. Deutschland als Zentrum der gesamten Szene zu sehen halte ich für sehr gewagt, speziell in Osteuropa tut sich da auch eine ganze Menge. Vor allem Moskau und Sankt Petersburg sowie Ungarn haben eine keimende, sich entwickelnde Szene hervorgebracht. Ich empfinde die deutsche Szene als träge, vom ewig gleichen gelangweilt und mittlerweile zu einer Blase der Kuriositäten mutiert. Dass es in Frankreich nur 1000 Goths geben sollte, ist doch wohl ein schlechter Scherz. Auf was bezieht man sich da? Auf Goths als reine Goths oder alles, was irgendwie angeschwärzt ist? Viel zu viel Brimborium um nichts und die vorgestellten Personen sind für mich persönlich nicht repräsentativ genug. Da fand ich die Doku über Joy Division davor ganz interessant, aber man erfährt auch hier nichts besonders neues, was man nicht schon auf Wikipedia gelesen hätte.
Ich fand den Beitrag gar nicht schlecht. Die drei persönlichen Schlaglichter haben einen akzeptablen Querschnitt durch schwarze Stimmungen jenseits der Klischees geliefert – nicht vollständig, das ist in einem Beitrag ja gar nicht möglich, aber auch nicht falsch (na ja, außer der Aussicht, daß die Knicklichter unsere Zukunft seien – schauder! Aber ich habe eher den Eindruck, daß sie ihren Zenit schon überschritten haben. Aber die peinliche Verwandtschaft ist nun mal da …).
Um „repräsentativ“ zu sein, wie viele Dutzend Beispiele hätte man wohl gebraucht?
Robert fragte weiter oben noch:
Da versuche ich eine kurze Antwort als Späteinsteiger:
Ich hatte nie im Sinn, mich einer „Szene“ anzuschließen. Als ich ziemlich spät und über Umwege die schwarze Musik für mich entdeckt hatte (musikalisch bin ich schon immer ein Spätzünder), habe ich mich in den Texten, Stimmungen und im Stil der Szene immer mehr wiedererkannt – als wäre ich schon immer schwarz gewesen und hatte es nur nicht gewußt. Langsam verschwanden dann die letzten bunten Sachen in den Tiefen des Kleiderschranks, ich möchte sie einfach nicht mehr.
Ich habe mich auf den schwarzen Partys wohlgefühlt, obwohl ich deutlich über dem Altersdurchschnitt gelegen habe – und weil das nichts ausmachte. Ich habe Freunde gefunden, mit denen ich weit mehr „auf einer Wellenlänge“ lag, als mit den meisten aus alten Zeiten. In einer Diskussion sagte ich damals dann noch, ich sähe mich ja eigentlich nicht als Gothic, und bekam zur Antwort: „ja, das ist typisch“.
Damit hatte es mich dann wohl erwischt …
Ein wenig mehr über meine Gefühle zum „Goth sein“ gibt es demnächst auf dem schwarzen Planeten zu lesen, da will ich nicht weiter vorgreifen.
Habe ich das so falsch verstanden? Die Bezeichnung „Gothics der Zukunft“ verstand ich nur als Kategorisierung. Also im Sinne von Cybers sind die „Future Goths“ und die „Alten“ sind die „Trad Goths“. Mir haben jedenfalls beide Dokumentationen äußerst gut gefallen, insbesondere die Joy Division Doku lebt doch von der Art und Weise, wie sie gemacht war. Atmosphäre und Zeitzeugen kann Dir Wikipedia da nicht liefern, Ian Luther. ;-)
Naja, die Doku wurde halt von Menschen gemacht, die nicht aus der Szene kommen. Übrigens: nicht nur in Osteuropa gibt es eine lebendige Szene, sondern auch in Lateinamerika.
Die deutsche Szene krankt vorallem, wie Ian Luther schon sagt, an der Trägheit und meiner Ansicht an der Faulheit sich auf Neues einlassen zu wollen. Man möchte alles mundgerecht serviert bekommen und einfach nur noch… konsumieren. Nicht mehr selber entdecken und sich keine eigenen Gedanken machen. Da ist die normale alternative Szene lebendiger hierzulande. Die sogenannte schwarze Szene in Deutschland ist einfach nur überladen an Regeln, übertriebenen Erwartungshaltungen sowie einer sehr unangenehmen Militanz (auf beiden Seiten: unter den Traditionalisten und den Cybers).
Katrin: Jaaaa, aber wenn ich mir alte Fotos der „Trad-Goths“ anschaue, fühle selbst ich als junger Hüpfer damit eher angesprochen als dieses… wie soll ich’s denn beschreiben… ungruftige, unschwarze Cyber-Zeugs. Tut mir leid, wenn ich damit jemanden beleidigt habe, aber Cyber hat für mich nichts mit Gothic zu tun. Wahrscheinlich genauso wenig wie ich mit der Altszene zu tun habe, dennoch kommt mir das „Alte“ vertrauter und darum auch „heimatlicher“ vor.
Richtig, Wikipedia kann mir keine Atmosphäre liefern. Aber als Zeitzeuge fühle ich auch im realen modernen (Cyber)Gothic keine Atmosphäre. Für mich ist das Rave und kein Wave. Die Doku über Joy Division war gut, aber die vorherige Doku über das Thema „Gothic, Industrial und Black Metal“ von ARTE fand ich greifbarer und atmosphärischer. -> https://mondbote.wordpress.com/2012/10/12/welcome-to-the-80%C2%B4s-gothic-industrial-und-black-metal/
Axel: (Sorry wenn ich’s reposte) Da hast du absolut recht, ich sehe das ähnlich. Die normale alternative Szene ist m. M. nach viel blühender und auch was die Kreativität angeht. Ich bewundere die bunte Mischung aus Menschen, die etwas auf die Beine stellen und neues erschaffen. Unsere Szene dagegen konsumiert nur noch, möchte aber nichts dazu beitragen. Ich habe das schon mal in „Dunkles Leben“ angesprochen und sofort nur Geschimpfe entgegenbekommen. Ich finde das nicht schön, ich suche dort oft vergebens nach ähnlichen Meinungen aber jeder scheint sich doch nur selbst der nächste zu sein. Was mir fehlt, sind Diskussionen. Wenn ich ein Thema in den Raum stelle, wird eher nur beleidigt, statt konstruktiv etwas vorgeschlagen. Ich bekomme dann oft vorgeworfen, ich sei ein Gutmensch mit Hippie-Mentalität. Aber kann man denn nicht „anti“ sein und dennoch Ideen haben? Oft kommt es mir in der Szene nämlich so vor, als gelte das Motto „Nach mir die Sintflut“. Klar kann man nicht von einem Forum auf alles schließen, aber unschön finde ich es doch. Da bleib ich lieber bei Spontis. Da wird zwar auch gemeckert, aber wenigstens unterhaltsam :-)
Obwohl ich mich im nachhinein über Aussagen wie: „Wir wollen die Szene verändern“ von den Cybern aufgeregt habe (Veränderung schön und gut, aber einfach alles über den Haufen werfen, was die Szene ausmacht/mal ausgemacht hat, empfinde ich schon irgendwie als dreist. Wenn man schwarze Kleidung und entsprechende Musik doof findet, dann soll man gleich woanders hin gehen), muss ich sagen, dass ich die Doku in ihrer Machart gar nicht mal so schlimm fand.
Sie zeigt eine Momentaufnahme, die Menschen sehen, die nichts mit der Szene zu tun haben. Das war ja der Anspruch, den die Macher hatten und ich hatte für mich persönlich schon das Gefühl, dass ich das durch die Augen eines Außenstehenden sehe.
Was mich gestört hat ist, dass sie die Potentiale ihrer Protagonisten nicht genutzt haben. Die halbe Stunde haben sie für mein empfinden, viel zu sehr mit Technnozeug (ich provoziere ganz bewusst :P) gefüllt. Gerade der Franzmann, der als Szeneurgestein berichtet hat, hätte sicherlich noch mehr zu sagen gehabt. Das wäre interesant gewesen.
Dennoch war ich überrascht, dass sie Prunes, Bauhaus etc. eingespielt haben und die musikalischen Ursprünge aufgegriffen haben. Das hat mir bisher bei den meisten Dokus gefehlt. Es wäre daher also schön gewesen, wenn man der Produktion einen größeren zeitlichen Rahmen gegeben hätte, damit es dann nicht doch so einseitig wird.
Und auch wenn ich mich ab und an noch immer über Knicklichter ärgere: Auch die wurden letztlich als das dargestellt, was sie sind: Eine Partygruppe, die viel tanzt und mit den Ursprüngen nichts zu tun hat.
PS.: Ich will auch so eine Kappala haben. Cool irgendwie. :D
Den Cybern ihre Szene. Aber bitte außerhalb des schwarzen Spektrums.
Da muss ich mich ASRianerin anschließen – in allen Punkten. Als Momentaufnahme der Szene gut gelungen, nicht völlig unkritisch (siehe Cybers und Wirtschaftsfaktor Gothic) ohne so penetrant-daneben zu werden wie man das von den Berichten diverser Privatsender so gewohnt ist.
Der Einstieg war zwar etwas holprig, aber danach wurde es durchaus besser.
Genervt hat mich einmal der inzwischen offenbar unausweichliche „Gothic-Fan“ und manche Aussagen der Soziologen. Daß Cyber immer mehr Zulauf findet – ich nehme mal an das bezieht sich womöglich auf die Situation in Frankreich, bei uns ist der Trend – wie ja schon bemerkt – schon längst wieder im Abstieg begriffen. Deren Auftreten fand ich auch eher – naja – aber zeigt eben nunmal was deren Beweggründe ausmachen. Inclusive der Tanzvideos …
Ich fand die Doku okay, aber nicht mehr. Vielleicht habe ich auch zu viel erwartet. Ich denke ebenfalls, dass man mehr hätte herausholen können, indem man den Protagonisten mehr Zeit gibt und so die Unterschiede zwischen den Generationen und ihren Bezug zur Szene im Laufe der Zeit besser zeigt.
Woher die Zahlen kamen (so und so viele Goths in Frankreich / Deutschland) ist mir schleierhaft, dass die Szene, wer auch immer da genau hineinfallen mag, in Deutschland am größten ist (wenn vielleicht auch nicht am schwärzesten) kann ich mir allerdings gut vorstellen.
Was mich gestört hat war, dass die Cyber, die alles andere als schwarz wirken sich als Zukunft einer Szene sehen bzw. präsentiert werden mit der sie eigentlich kaum was gemeinsam haben und dass wieder mal auf dem Thema Satanismus herumgeritten wurde.
Dass der Konsumzwang und die Tatsache dass viele Händler gar nichts mit der Szene, mit der sie ihr Geld machen anfangen können aufgezeigt wurden fand ich gut und ich stimme der Doku zu, wenn es heißt, dass die negativen Vorurteile der Szene insofern geholfen haben, dass sie nicht schon viel früher und in viel größerem Maße kommerzialisiert wurde.
Was mich noch interessiert hätte sind nicht nur die Unterschiede zwischen den Generationen, sondern auch zwischen der Szene in Deutschland und jener in Frankreich.
Irgendwie habe ich eine andere Doku gesehen, meine ich. 30 Minuten, die mir gezeigt haben, dass es noch Leute gibt, die ihre Plattensammlung hegen, morbide Staubfänger sammeln, die den Montags-Duncker kennen und die mit dem ganzen Trubel, der sich Szene nennt, nichts anfangen können. Warum sie damit nichts anfangen können, habe ich dann aus Cybers Mund direkt selbst erklärt bekommen. Klasse gemacht! Und zum Schluss mit einer Frage zu enden (Steht eine der letzten Rebellenkulturen vor dem aus?), deren Abspannmusik (This Corrosion) mir die Antwort gegeben hat, fand ich ehrlich gesagt recht amüsant. :-)
@Lucretia:
Naja, die Szene ist in Osteuropa und vorallem Lateinamerika auch nicht gerade klein. Im Gegenteil, dort ist es am explodieren geradezu. Das Deutschland die größte Gothic-Szene hat, ist lange nicht mehr so. Denn wenn wir die ganzen Cybers, Raver, Geldverdiener usw rausrechnen, ist der Kern der deutschen Gothic-Szene nicht gerade sehr groß. Im Gegenteil, ich würde fast schätzen das die eigentliche Gothic-Szene hierzulande in den den letzten 10 Jahren sich verkleinert hat. Einfach auch, weil sich viele wegen der Kommerzialisierung und der Pervertierung aus eben dieser Szene verabschiedet haben. Man kann sich da einfach nicht mehr damit identifizieren. Und die, die übrig bleiben, jammern den ganzen Tag rum ohne selber etwas zu versuchen etwas zu bewegen. Meine Beobachtungen in den letzten Jahren sehen so aus, dass viele sich in ihren Familien zurückziehen oder eher in die „bunte alternative Szene“ gehen.
In Frankreich ist es durchaus noch anders. Die Franzosen haben aber auch ne ganz andere Mentalität als wir Jammerdeutschen. Dort gibt es zwar auch ne Cyberbewegung und kommerzielle Strömungen, gleichzeitig hast Du in Frankreich aber auch einen sehr, sehr großen Underground die straight ihr Ding durchziehen.
Axel: Ich unterschreibe gerne deinen Kommentar :-)
Um mal auf Roberts Ausgangsartikel zu kommen: toll gechrieben! Und inhaltlich stehe ich da voll und ganz hinter Dir. Nicht drauf warten, dass was passiert – sondern selbst gestalten und eigene Ideen einbringen! Genau darauf beruht eine Szene, die sich abgrenzen möchte. Einfach nur konsumieren bedeutet Stillstand. Es muss nicht jeder zum Musiker oder allgemein Künstler mutieren. Aber es kann jeder etwas finden, womit man im Kleinen etwas verändern kann! (Und aus viele kleine Einzelteile entsteht dann ganz schnell etwas ganz große, wenn man es schafft diese Einzelteile zu vereinen!)
Robert betreibt diesen Blog, ein paar positiv-verrückte Musikfans bringen vierteljährlich ein wunderschönes PDF-Magazin namens „Dark Feather“ heraus welches von den Grundideen an das klassische Fanzine erinnert und somit einen inhaltlichen Gegenpol zum kommerzdurchsickernden Mainsteam von „Orkus“ und „Zillo“ darstellt. Der Remo Sorge hat im Rübeland ein altes Haus zu einem geradezu Mekka für die Old-School Goths augebaut: „Kreuzmühle“ genannt. Und in Leipzig gibt es jedes Jahr nicht nur das WGT, sondern auch viele Veranstaltung neben dem WGT die als Alternative gelten! Wo man reinkommt ohne ein Bändchen zu haben. Wo es bewusst traditioneller zugeht als bei der pink-schwarzen Loveparade nebenan. Und wir haben mit „afmusic“ ) ein deutsches Netlabel, welches den Old-School-Gothic geradezu lebt! Die ihre Release kostenrei zum Download anbieten und allgemein eine wunderbare Alternativ zu den Chris Pohls, Agonoizes und Grafen dieser Rebuplik bieten. In Frankreich gibt es übrigens ein ähnliches, nicht minder tolles Netlabel: Zorch Factory Records ). Auch diese haben richtig geniale Releases im Programm. Ebenso kostenlos downloadbar.
Man darf nicht vergessen: hinter all diesen Plattformen stecken Menschen mit Ideen die gestalten und nicht einfach konsumieren. Jeder sollte sich die eine Frage stellen: „Was würde ich ohne diese Ideen tun? Ohne Spontis? Ohne die Kreuzmühle? Ohne die wunderbare Blaue Stunde, die jedes Jahr zum Pflichtprogramm eines WGT-Wochenendes gehört? Ohne afmusic, die so tolle Bands und Musiker heruskramen und präsnetieren?“ Und man kann weitergehen: „Was kann ich dazu beisteuern, dass sich die Szene dahin entwickelt, wo ich sie sehen will?“
Sich über die Kommerzialisierung aufzuregen bringt nix. Es bringt auch nix sich über Cybers aufzuregen. Sondern Selbermachen ist angesagt, und sich nicht immer nur an doktrinen Regeln und übertriebenen Erwartungshaltungen festzuhängen…
Danke für Robert für den Querschnitt durch die Doku, die mich unheimlich interessiert hätte ( genau so wie die Musikdoku. Konnte leider nicht gucken und bin froh hier nochmal nen Kommentar zu lesen.
In einem muss dir echt zustimmen Cyber ist für mich nicht die Zukunft der Szene. Die zukunft der Szene sind für mich Menschen, die sich von großartigen Urgsteinen wie euch inspirieren lassen ihren eignen Weg zu gehen und auch ihren eignen Stil zu gestalten.
Gebe zu ich bin auch froh darüber ab und an in Gothshops passende Assecoires zu bvekommen, aber das sollte nicht alles sein.
Selbermachen ist das Zauberwort. Leider gibt es aber immer noch viele Goths mit der Einstellung „Nach mir die Sintflut“, denen sprichwörtlich alles am Arsch vorbei geht und als einziges Hobby nur am Meckern sind. Ich mecker auch gerne, aber ich tu dann auch was dagegen ;-)
Zugegebenermaßen habe ich mich anfänglich über die Dokumentation stellenweise „geärgert“. Jedoch musste ich bei näherer Betrachtung auch erkennen, dass letztendlich kein falscher Eindruck vermittelt wurde. Schließlich muss man zwischen der Szene, wie man sie gerne hätte und der Szene, wie sie sich momentan darstellt, unterscheiden. Cyber beispielsweise ist leider und aus meiner Sicht auch paradoxerweise ein Teil der heutigen Szene. In der Vergangenheit wurde die anfängliche Abgrenzung aufgegeben und alles toleriert. Man suchte nach Anerkennung und wollte nicht mehr missverstanden werden. So wurde die Szene zahm und konnte bestens vermarktet werden. Gruftis wurden für Außenstehende zu possierlichen, exotischen Tierchen. Sicherlich vermag es keine Dokumentation, innerhalb von 29 Minuten eine über 30 Jahre alte Szene, die sich oft selbst nicht erklären kann bzw. mag, bis in den letzten Winkel zu beleuchten.
Und wenn wir uns nun über den Ist-Zustand der Szene ärgern, heißt es diesen zu verändern. Da kann ich mich nur den Aussagen von Robert, Axel etc. anschließen. Mir kamen hier auch die Kreuzmühle, die Blaue Stunde und Spontis in den Sinn. Weiterhin fallen mir da sofort die elektronische Nacht oder das Schemenkabinett ein. Letztendlich liegt es an jedem Einzelnen, diese Angebote anzunehmen, zu unterstützen und auch selbst aktiv zu werden…
Also ich habe mir jetzt die Doku mal in Ruhe angeschaut und muss sagen, dass ich sie nicht so schlecht finde, wie sie häufig gemacht wird. Gerade weil hier der IST-Zustand aufgezeigt wird. Von den kleinen inhaltlichen Fehlern mal abgesehen, ist die Doku so wie eine Doku sein muss: kritisch und mit Abstand betrachtet.
Es wurde zwar schon alles gesagt – aber nicht von allen!
So will ich mich nicht verwehren und auch meine Meinung kundtun. Die Doku zeigt das, was wahrnehmbar ist von der Szene, nicht was wir uns wünschen oder an subkulturellen Nischen hegen und pflegen. Ethnographisch ist ohne richtig viel mehr Aufwand nicht mehr rauszuholen.
Wie sähe denn wohl eine längfristige teilnehmende Beobachtung von uns aus? Und was würde rausgeschnitten werden, weil es schnöder Alltag ist und nicht sichtbar mit dem Attribut „gruftig“ aufgeladen ist?
Mir gefällt die „do it yourself“ – Energie und das ewig kindlich neugierige am Gruftisein ebenso gut wie die „wir werden alle sterben“ – Attitüde. Und das kam alles zur Sprache in dem kurzen Filmchen.
Habs auch noch nicht alles geschafft und die halbe Stunde Doku nur gesehn…Immer die selbe Leier eine „Szene“ in eine Dokumentation zu packen und das in einer halben Stunde dann aufzuzeigen…lach…werd mir die anderen aber auch noch ansehn…aber trotzdem ein paar interessante Sätze von dem Rosa Crux Olivier Tarabo dabei…Was für den einen Mode, für den anderen dann sein ganzes Leben ist, kann einfach nie da rein passen in sone Doku…Wenn Menschen die keinen Einblick in „die Szene“ haben versuchen etwas davon darzustellen werfen sie immer alles durcheinander…Für jeden ist Gothic ein bisschen anders und wenn man das in eine „Szene“ zusammenfassen will, ist das für Schubladendenker eben schwer einzuordnen wer überhaupt wo rein passt…Gothic wird nie sterben solange es diese Musik gibt UND NICHT NUR DAS…Aber warum Leuten das erklären die es nur von außen kennen und nicht im Herzen fühlen und die Musik nicht hören…über Jahre hinweg hat doch jeder sich selbst sich ein Bild gemacht und seine eigenen Vorstellungen was für ihn selbst Gothic ist…Individualismus in einer Szene ist halt einfach der Widerspruch an sich…Ich meine das es so was wie eine „Schwarze Szene“ gar nicht gibt. Wie kann die dann sterben ??.. ;-) Gothic gibt’s doch schon seit der „Addams Family“ und Nosferatu und Co.Wer behauptet das Cyber zu der „Schwarzen Szene“ gehört hat wohl das damals über die Emos ganz vergessen…die gehören da ja auch angeblich rein…Irgendwie muss der „Mainstream“ ja Sachen kategorisieren sonst kann es nicht vermarktet werden…Schwarz ist eben da wo kein Licht ist und somit sieht man Bunt einfach nicht in der Nacht… ^^ zum Glück!
Und den Eindruck habe ich leider auch! Anfang der Neunziger inserierten Musikversender wie Infrarot oder Martz Mailorder im Zillo auf ganzseitigen oder gar doppelseitigen Anzeigen, während für Klamotten nur kleine Anzeigen geschaltet wurden.
In diesem Jehrtausend ist es genau anders herum: Ganz- oder doppelseitige Anzeigen von X-Tra-X, Musikversender inserieren gar nicht mehr, obwohl es sie durchaus noch gibt.
Immerhin hat man auf der http://www.infrarot.de – Seite noch den Eindruck, es mit einem Musikversender zu tun zu haben, während
http://www.martz-mailorder.de die Bedeutung von Klamotten gegenüber Musik mehr als deutlich macht.
War das nicht schon immer so? Überwiegend.
„Musikversender inserieren gar nicht mehr, obwohl es sie durchaus noch gibt.“ …
liegt daran, das sich musik im mp3 zeitalter kaum noch verkaufen lässt wie früher …
ich fand die doku scheisse und oberflächlich.. und beim cyber und elektro dingen kamen nur dummschwätzer zum zug, herzlichen dank.
die machen eine doku über 30 jahre goth und zeigen keine einzige sekunde was aus england ?
@achjee:
Die Zielsetzung des Films war es wohl nicht, 30 Jahre Goth Revue passieren zu lassen. Als Anlass zur Dokumentation wurde einzig der Club „Batcave“, welcher vor 30 Jahren eröffnet hat, genommen. Zugegeben: ein etwas an den Haaren herbeigezogener Anlass. Gezeigt werden sollte aber der Ist-Zustand in Deutschland und Frankreich und nicht die komplette Entwicklung und Entstehungsgeschichte der letzten drei Jahrzehnte. Zumindest war dies mein Eindruck.
Ich habe die Doku noch nicht gesehen, möchte aber kurz zu dem Kommentar „Wir wollen die Schwarze Szene verändern“ dieses Cybers äußern.
Ich finde das widerlich. Wie kommt jemand auf die Idee, einer Gruppe von Menschen, mit denen er ja als Cyber vermutlich persönlich nie viel zu tun hatte, etwas wegzunehmen, ihnen etwas zu stehlen, wofür sie Jahre lang eingestanden sind, es zu seinen Gunsten zu verändern und sich damit wohl fühlen können? Wirklich nur die IDEE dazu zu haben. Unverständlich!
Dieser perfide Egoismus schreit mir immer wieder ins Gesicht, nicht nur bei dieser Thematik. Keiner denkt mehr daran, wie sich sein Mitmensch fühlt.
Mir fehlen die Worte. Ich bin fassungslos gegenüber dieser unüberlegten, ekelhaften Aussage.
Flowers: Kein Schwein muss sich von diesen einzelnen Idioten etwas aufdrängen lassen, die da in der Doku rebellieren wollen. Denn die Realität sieht anders aus. Cyber geht (zumindest bei mir in der Provinz) sehr zurück und macht Platz für andere (hoffentlich schwarze) Dinge.
Sicherlich muss man sich nichts aufzwängen lassen. Werden wohl auch die wenigsten mit sich machen lassen.
Mir stellt sich dennoch die Frage, warum man in eine Subkultur „eindringt“ mit der man im Generellen erst ein mal nicht viel bis gar nichts anfangen kann, um sie dann zu ändern. In Kombination mit dem Gejammer darüber, dass man nicht akzeptiert wird, gibt das schon ein sehr skurriles Bild
Tja, das liegt eben an dem äußerst negativen Bild, das sich die Szene im Laufe der Jahre erarbeitet hat. Manche Leute können eben nicht damit umgehen, dass die Szene in ihrer Gesamtheit nicht ihrem Wunschdenken entspricht einer schwarzromantischen Kuschel-Familie. So denken die Cyber auf ihre Weise, und so denken wir auf unsere Weise. Wir sind genausowenig solche Grufties in dem Sinne, wie die Cyber welche sind. Wir machen was wir wollen und wie wir es wollen. Das ist eine Idee des Punk. Und da sind die Cyber nun mal genauso wie wir. Nur ist es ein anderer Lifestyle, eine andere Seh- und Hörgewohnheit – aber eben anders, auch wenn uns das nicht gefällt. Die New Romantics sind genauso wenig Goth gewesen wie die Cyber es heute sind. Lassen wir sie einfach leben. Aber nicht unter dem Begriff „Gothic“, den so ziemlich einige von denen sowieso ablehnen. Andererseits: Was hat EBM wie Funker Vogt oder Front 242 mit Gothic zu tun und dennoch wird es in der Szene konsumiert? Was ist dann an den neonfarbenen Techno-Clowns so schlimm?
Keine Ahnung, woran es mangelt. Diese Fragen könntest Du Dir ohne große Probleme selbst beantworten. »Wave« heißt das Zauberwort. Und all diese Szenegrüppchen subsumierten sich darunter.
Inwieweit trifft das auf den Cyber zu? Seit wann ist der Cyber ein Waver?
Ian Luther: Ich weiß, dass sich niemand etwas aufzwingen lassen muss. Trotzdem erregt die reine Präsenz dieser Haltung eines … Menschen (oder eben auch mehrerer!) pure Abscheu. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, etwas, das über Jahre hinweg gereift, gewachsen ist zu verändern. Denn im Begriff verändern verbirgt sich auch der Gedanke des Annullierens. Letztendlich die (hart formuliert) „Auslöschung“ von allem, was vor der Cyber-Bewegung Goth war. Versteht ihr? Ihm ist egal, wie wichtig Gothic Euch ist. Er will nicht, dass es so, wie ihr es auslebt, weiter existiert! DAS regt mich an seiner Formulierung auf. Ein reines „Wir wollen unser Ding machen!“ – Okay. Aber ein verändern von etwas, das Ihnen nicht gehört, an dem sie kein Anteil genommen haben, mit dem sie sich nicht auseinander gesetzt haben, sondern einzig und allein aus dem Grund, weil es „cool“ klingt, sich Goth zu nennen … Nein, das ist einfach ignorant, egoistisch und in der Tat widerlich. So jemand hat in keinster Weise(selbst wenn er seine eigene Party aufzieht) meinen Respekt verdient.