WGT-Tagebuch: Graveyardqueens Samstag – Zwischen Kuriositäten und Musik, die berührt

Im Vorfeld des Wave-Gotik-Treffens 2025 haben sich auf Initiative von Maren einige Autoren dazu entschlossen, ihre Sichtweise auf das WGT in Artikeln festzuhalten. Herausgekommen ist das WGT-Tagebuch, das euch nun mitnimmt und das Treffen aus der Sicht von Graveyardqueen erleben lässt.

Als Maren auf mich zukam, ob ich mit ihr und den anderen Autoren einen WGT Rückblick erarbeiten möchte, war ich etwas skeptisch. Nicht etwa, weil ich die Idee schlecht fand, sondern weil ich nicht wusste, ob ich Zeit und Energie dafür hätte. Eine Woche später sitze ich schreibend auf dem Balkon. Und das dank Veljanov.

Der frühe Vogel fängt den Wurm

Die Nacht von Freitag zu Samstag war relativ kurz. Mit den ersten Sonnenstrahlen wurde ich munter und erstmals im Rahmen des WGT, war ich vor dem Mittag ausgehfertig. Mich trieb es in den Bahnhof, wo ich mir ein Frühstück gönnte und anschließend die diesjährige Ausstellung „Bestiarium“ besuchte. Über 40 Künstler aus, der ganzen Welt, zeigten dort ihre Kunst.

Da ich Freitag direkt nach Arbeit anreiste und nur das Nötigste in Leipzig mit hatte, suchte ich im Anschluss die Drogeriemärkte der Stadt auf. Dort deckte ich mich mit Haarspray, Lidschatten und Parfüm erst einmal ein. Allerdings musste ich die Zeit im Auge behalten, weil ich Nachmittag zum Veljanov Konzert, in die Kuppelhalle wollte. Mit meiner Ausbeute machte ich mich also auf ins Hotel, um kurz nach 14 Uhr mit der Linie 15 zum Volkspalast zu fahren.

Warten, warten, warten

Als ich ankam, waren schon einige Leute vor Ort. Den klassischen Goth mit toupierten Haaren suchte ich allerdings vergebens. Generell vernahm ich ein eher älteres, schlichteres Publikum.

Da ich keine Lust hatte zu stehen, drängelte ich mich Richtung Treppe vor und setzte mich. Naja gut… ich gebe es zu, ich wollte auch eine der ersten Personen am Einlass sein, damit ich später so weit wie möglich an die Bühne komme. Ab jetzt musste ich meine Zeit totschlagen.

Immer wieder ging die Türe auf und man hatte die Hoffnung, doch schon eher rein zu können. Die Security ließ uns aber bis zum bitteren Ende warten. 15 Uhr, als es begann zu nieseln und man um das gestylte Haar schon Sorge hatte, war es endlich so weit. Zielsicher suchte ich mir meinen Weg in die Kuppelhalle. Genau vor die Bühne.

Auf dieser befand sich bereits links ein Schlagzeug. Mittig ein Stuhl nebst Mikrofon. Und rechts war ein Keyboard aufgebaut. Ich nahm den Rucksack von den Schultern und setzte mich auf die Bühnenkante. Wieder hieß es irgendwie Zeit totschlagen.

Veljanov: Das geht tief

Als die Zeit reif war, erhob ich mich und vernahm kurz darauf Begeisterung im Publikum. Seitlich betrat Veljanov mit seinen Kollegen die Bühne. Auf ihren Gitarristen mussten sie, aus gesundheitlichen Gründen, allerdings verzichten. Veljanov nahm auf dem Stuhl Platz, die anderen beiden Herren an ihren Instrumenten.

Mit dem Stück Das Lied vom einsamen Mädchen eröffnete man das Konzert. Und da war es auf einmal wieder. Dieses Gefühl in mir. Von der Musik berührt. Wie jüngst beim Left For Pleasure Konzert, spürte ich wie meine Emotionen hochkochten. Kurz schluckte ich und fing mich wieder. Ich kann nicht genau sagen, was mich da ergriff. Ob der Text oder Veljanov seine dunkle, ruhige, aber auch eindringliche Stimme. In dem Moment war aber klar, Maren hat mich für ihr Vorhaben im Boot. Und ich war voller Neugier, was mich noch erwarten würde.

Neugier, die sich auszahlt

Ich muss gestehen, dass sowohl „Deine Lakaien“ als auch das Projekt Veljanov, bisher eher stiefmütterliche Aufmerksamkeit von mir bekommen haben. Allerdings war ich immer von seiner Erscheinung angetan, Solo-Pfade zu beschreiten. Sowohl die, mittlerweile leicht ergrauten, toupierten Haare als auch seine ruhige und geerdete Art. Umso überraschender war es für mich, wenn ihm hier und da mal ein Lächeln auf die Lippen kam. Wie er verriet, hatte er gar nicht damit gerechnet, dass so viele Leute erscheinen werden. Dies erfreute ihn sehr. Genauso wie der immer wiederkehrende, begeisterte Beifall der Zuschauer.

Veljanov wusste nicht nur, wie er Raum und Bühne für sich nutzen konnte, sondern auch wie er mit seinem gefühlvollen Gesang einen einfängt. Und so schaffte er es bei „Because Of You“ ein weiteres Mal mich zu berühren. In der Setlist wechselten sich deutschsprachige Lieder mit englischsprachigen ab. Mal wurde man zum träumen eingeladen. Mal zum tanzen. Auf dem Plan standen unter anderem „The Man With The Silver Gun und „Town By The River“. Aber auch das Deine Lakaien Lied „The Ride“ wurde dargeboten. Den Abschluss sollte dann mein Favorit „Fly Away“ machen. Und so ließ ich mich ein letztes Mal von Veljanov seiner Stimme verzaubern.

Als die Drei Künstler, sichtlich geschafft, anschließend die Bühne der Kuppelhalle verließen, gab das Publikum noch einmal alles. Es bedankte sich mit Jubel und tosenden Applaus. Und jeder hoffte und wartete, dass Veljanov und seine Bandkollegen noch einmal auf die Bühne zurückkommen. Und das taten sie. Mit dem Titel „The Game“ welches Veljanov mit Ernst Horn (Deine Lakaien) erarbeitet hatte, sollte der Nachmittag endgültig enden.

Moritzbastei: Lovataraxx, Diavol Strain und Balduvian Bears

Da dies an dem Tag das einzige Konzert im Volkspalast war, hieß es weiterziehen. Leider war das WGT Programm für den Samstag eher mau. Sodass ich nur die Wahl zwischen „The Whispers In The Shadow“ im Felsenkeller und Nachts „Night in Athen“ in der Moritzbastei hatte. Da ich im Vorfeld wusste, dass man sehr schlecht in die Moritzbastei reinkommt, beschloss ich den ganzen Abend dort zu verbringen.

Nach einem kurzen Abstecher ins Hotel machte ich mich auch rechtzeitig auf den Weg dahin. Tatsächlich schien ich dort die Erste zu sein, die reinwollte. Niemand außer mir stand vor dem Einlass. Und ich denke, ich brauche es nicht groß erwähnen, dass ich auch diese Zeit, des Wartens, wunderbar überbrückt habe.

Lovatraraxx konnten mich nicht überzeugen

Glücklich darüber, dass es endlich reinging, peilte ich sofort die Bühne an. Nach kurzer Überlegung entschied ich mich dann aber doch für einen Sitzplatz am Rand. Dort blieb ich auch das erste Konzert über.

Den Anfang machte die französische Band Lovatarrax, welche auch von Gallowdancer als WGT Tipp vorgestellt wurde. Die damalige Hörprobe konnte mich nicht überzeugen und so blieb es auch live.

Der Sound war mir zu experimentell und die Art des Gesangs sprach mich nicht an. Sowohl Gestik als auch Mimik der Sängerin riefen in mir immer wieder mal einen irritierenden Blick ins Gesicht. Seltsamerweise musste ich manchmal an den Duracell Hasen denken, dessen Batterie langsam zuneige geht. Dem Großteil des Publikums schien es allerdings zu gefallen. Die Kuriosität des Konzertes war dann für mich erreicht, als man eine Tüte süße Erdbeerschnüre aufriss, damit ins Publikum sprang und diese verteilte.

Ehrlich gesagt war ich nicht böse darüber, als das Konzert dann sein Ende gefunden hatte. Das Einzige, was nett anzusehen war, war deren Lichtshow. Es waren auf der Bühne zwei Leuchtröhren aufgebaut, die ihre Farbe wechselten. Zusätzlich stand ein kleiner Monitor, auf dem man verschiedene Videosequenzen sah. Diese wurden auch auf eine große Leinwand projiziert.

Diavol Strain: Schon eher nach meinem Geschmack

Als Nächstes stand Diavol Strain auf dem Plan. Die beiden Mädels aus Chile erweckten zufällig meine Neugier, als ich verzweifelt den WGT Samstag plante. Ich nutzte es aus, dass sich die ersten Reihen lichteten und suchte mir einen Platz vor der Bühne. Nach zügigem Umbau ging es dann auch schon los. Die Bühne verdunkelte sich und ein Intro setzte ein. Nach kurzem, mystischem Sound, griffen die Zwei in die Saiten.
Ab jetzt wurde es laut und wild. Sängerin Lau M ihren beschwörungsartigen Gesang konnte man leider nur schwer verstehen.

Frauenpower Mal 2

Eines muss man den beiden, die neben ihrer Europapremiere auch ihr 10-Jähriges Bestehen feierten, lassen, sie haben die Bühne ordentlich gerockt. Vor allem Ginger Blue war voll in ihrem Element. Immer wieder schüttelte sie ihr Haar wild umher. Und bei einem Stück griff sie energisch in die Saiten ihrer Gitarre, wodurch sie ein Riff erzeugte, wie ich es so noch nicht gehört habe.

Der Auftritt war durchgängig von Energie geladen und auch das Publikum war gut dabei. Die zwei jungen Frauen fanden großen Anklang, worüber sie sich sehr freuten. Auch ihr mit angereistes Team, welches seitlich, von der Bühne aus zusah, war begeistert.

Nach einer Stunde mussten sie dann die Bühne an die nächste Band abgeben.

Pleiten, Pech und Pannen

Nach zügigem Ab- und Aufbau standen dann die Jungs von Balduvian Bears , aus den USA, auf der Bühne. Auch sie waren eine der Bands, die auf dem WGT ihre Europapremiere hatten.

Im Vergleich zu Diavol Strain klangen sie eher seichter. Boten aber dennoch einen guten, Post Punk-artigen Sound, zu dem man tanzen konnte.

Nach dem dritten oder vierten Lied, beschloss ich, aufgrund der Länge und des noch bevorstehenden Night In Athen Konzertes, kurz für kleine Friedhofsköniginnen zu gehen. An dieser Stelle hatte ich allerdings nicht die Rechnung mit dem netten Herren von der Security gemacht. Als ich Richtung Ausgang steuerte, kam nur die Frage, ob ich rausgehe. Auf meine Antwort, dass ich nur mal aufs Klo müsste, bekam ich dann gesagt, dass ich mich anschließend wieder anstellen müsste. Da stand ich nun. Ohne lange zu überlegen, erwiderte ich nur „Dann habe ich halt Pech!“ und ging raus. Als ich auf dem Weg an der mega langen Schlange vorbeiging, war mir fast schon klar, dass ich mir das Anstellen sparen kann.

Zeit für Plan B

Zum Glück hatte schon einer der Dancefloors offen, sodass ich beschloss, dann eben tanzen zu gehen. Für das Hotel war es in dem Moment dann doch noch zu zeitig. Etwa bis Mitternacht tanzte ich mir noch die Füße wund, bis diese dann nicht mehr wollten. Und nach einem kurzen Abstecher auf das stattfindende Stadtfest zog ich mich mit einer Portion Pommes Schranke in mein Hotelzimmer zurück.

Auch so schön und entspannt der Samstag startet, sein Ausgang passte zu diesem, für mich, teilweise verkorksten WGT.

Interview mit Uwe Roesch, dem Schöpfer der DEAD-Comics

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Wie wir voller Vorfreude bereits berichtet haben, gibt es seit Anfang Mai den zweiten Band der „Dead Classics“ von Uwe Roesch mit dem Titel „Schwarzmaler“ käuflich zu erwerben. Es wird Zeit, den zeichnerischen „Vater“ von DEAD einmal näher vorzustellen. Glücklicherweise haben wir mit Uwe bereits für das Spontis-Magazin 2022 gesprochen und uns entschlossen, das Interview von damals nochmals online zu veröffentlichen.

Wie bist du zum Comic-Zeichnen gekommen?

Uwe Roesch kniet vor eine Mauer mit GraffitiUwe Roesch: Gezeichnet und rumgekritzelt habe ich eigentlich schon immer. Kein weißes Blatt Papier war sicher vor mir. Das war dann aber eher für private Zwecke – Geburtstage und so. Bis mein Kumpel Ritchie aus Berlin seinerzeit auf die Idee kam, ein eigenes Comicmagazin herauszubringen. Er fragte mich, ob ich Lust hätte, mitzumachen. Ja, hatte ich. So entstanden 1989 und 1990 zwei Ausgaben von „Comic-Mag – das Comic-Magazin aus Ost-Berlin“. Darin ging es um Punk, Bier und Rock ‘n‘ Roll. Das kam ganz gut an, und ich wurde immer mal wieder gefragt, ob es denn nicht mal wieder was Neues von mir gäbe und dass ich unbedingt weitermachen solle.

Ein paar Veröffentlichungen gab’s dann noch in verschiedenen Publikationen und im halleschen Stadtmagazin „Halle anders“. Nachdem damit nach einem Jahr Schluss war, verschickte ich ein paar Comics an verschiedene Magazine. Naja – „Rufen Sie uns nicht an – wir rufen SIE an!“… Aber da ich die Zeichnerei ja nie zum Broterwerb betrieb, war das nicht so schlimm.

Wie wurde dann die Idee zu „DEAD“ geboren?

Uwe Roesch: Durch Zufall fiel mir 1995 bei einem Freund das „Zillo“ in die Hände, das er abonniert hatte. Bis dahin kannte ich das Magazin überhaupt nicht. Er erzählte mir, dass es im Zillo früher schon mal Comics gegeben hatte und ich es doch einfach mal da versuchen solle. Also tütete ich ein paar Zeichnungen ein (ja, damals ging alles noch per Post) und schickte sie hin. Easy Ettler, der damalige Herausgeber, war durchaus interessiert, fand aber die Sachen etwas zu punkig für ein Gothic-/Alternative-Magazin. Es sollte eher in die Gruft-Ecke gehen. Ja, das war dann die Geburtsstunde von DEAD. Später kam dann die Band „Three Little Pigs“ dazu, damit’s nicht zu einseitig wird.

Woher nimmst du die Inspiration zu „DEADs“ Geschichten?

Uwe Roesch: Naja, man geht ja mit offenen Augen durchs Leben, geht auf Konzerte, Festivals, das WGT und so weiter, und irgendwo im Hinterkopf sammeln sich Eindrücke und Erlebtes an. Zudem ist die Schwarze Szene mit allerhand Klischees behaftet, die ich gerne heranziehe. Aber ich muss zugeben, dass nur sehr wenige der DEAD-Ideen aus direkt Erlebtem resultieren. So wie der „Bilderbuch“-Gothic auf dem Festival, der mit der Rolle Klopapier in der Hand würdevoll Richtung Dixi schreitet. Das hat schon was Kurioses, finde ich. Aber letztendlich sind die meisten Ideen ein Ergebnis zahlloser Denkstunden am Schreibtisch.

Würdest du dich selbst als „Grufti“ bezeichnen?

Uwe Roesch: Nein, nicht im klassischen Sinne. Aber mit 58 Jahren zähle ich wahrscheinlich für manche schon wieder dazu, haha! Nein, ernsthaft: Meine jugendkulturelle und musikalische Sozialisation fand mit Bands wie Black Sabbath, Motörhead, Sex Pistols, Discharge usw. statt, also mit Schwermetall und Punkrock. Später gab es dann durch Bands wie Paradise Lost und Type O Negative auch Berührungspunkte zur Schwarzen Szene. Bei meiner Leidenschaft für härtere Düstermugge ist es auch bis zum heutigen Tag geblieben.

Also: „Grufti“ nein, aber ich fühle mich der Szene verbunden. Ich bin eher in einer verfallenen Burgruine als in Belantis anzutreffen, mag lieber Moll als Dur, und in meinem Kleiderschrank dominiert nach wie vor ein fröhliches Schwarz.

DEAD ist in der Szene sehr beliebt. Woran liegt das?

Uwe Roesch: DEAD ist einfach ein cooler, lässiger Typ, der sich mit alltäglichen und nicht alltäglichen Problemen als Grufti rumschlagen muss, die wahrscheinlich die meisten kennen und der eigentlich einfach nur in Ruhe gelassen werden will. Ich denke, viele erkennen sich und ihre Sichtweise in ihm wieder, und vielleicht auch die Reaktionen der Umwelt auf sie.

Außerdem besitzt DEAD einen subtilen, bisweilen sarkastischen Humor, der aber nie derb ist, niemanden verletzt, gemein oder fies gegenüber anderen ist – außer natürlich, derjenige hat’s eindeutig nicht anders verdient :) Abgesehen davon gibt es einfach nicht so viele Cartoons mit einem Grufti als Hauptfigur, die dann auch noch lustig sind!

Seit er 1995 zum ersten Mal im Zillo erschien, erzählt DEAD aus dem Szene-Leben. Wie hat sich die seit dieser Zeit in deiner Wahrnehmung verändert?

Uwe Roesch: Hmm, schwer zu sagen. Mein letzter Besuch auf dem WGT ist schon ein paar Jährchen her, und ich stehe da nicht mehr so wirklich im Stoff. Durch den Orkus halte ich mich ein bisschen auf dem Laufenden.

Ich habe mich ja immer gerne der gängigen Szene-Klischees bedient – und die haben sich in den Jahren eigentlich nicht großartig geändert. Ich habe aber den Eindruck, als teile sich die Szene in die „Alt-Gruftis“, die von Anbeginn dabei sind, also seit den 80er/90er Jahren, und diesen Lifestyle für sich zur Weltanschauung gemacht haben, und die „Mode-Gruftis“ und Mitläufer, für die das Ganze eine schicke Abwechslung vom Alltag ist, die die Musik und die Mode geil finden. Was ja auch an sich nichts Schlechtes ist – die meisten Jugendbewegungen und –trends definieren sich über Musik und Mode.

Aber ich finde, die Vermarktung und Kommerzialisierung hat gegenüber den 90er Jahren schon sehr zugenommen. Sein Gruft-Outfit kann man komplett im Internet bestellen, Gothicbands treten beim Eurovision Song Contest auf, das WGT wird langsam irgendwie zu einer Art Volksfest. Vieles hat für mich mit der ursprünglichen Szene, die sich ja damals aus der Punk- und New-Wave-Bewegung herausgebildet hat, nicht mehr viel zu tun. Viele der heutigen Bands wirken auf mich gekünstelt, irgendwie kalkuliert. Aber das ist nur mein persönlicher Eindruck.

Wie sieht die Zukunft von DEAD aus?

Naja, zunächst wird DEAD weiterhin seinen festen Platz im Orkus-Magazin haben. Es gibt immer mal wieder Veröffentlichungen, wie zuletzt zum Beispiel im Magazin „Drunter+Drüber“ oder im Buch „#nichtgesellschaftsfähig – Tod, Verlust, Trauer und das Leben“, das ich übrigens sehr empfehlen kann. Das sind dann allerdings alles alte Cartoons aus der Zeit von 1995 bis 2018. Neue DEAD-Cartoons wird’s wohl erst mal nicht geben. Es ist einfach so, dass mir zum einen die Zeit fehlt, zum anderen auch die Inspiration, da ich schon zu lange „draußen“ bin, und nicht zuletzt scheinen mir alle guten Ideen schon erdacht.

DEAD lebt eben in der Vergangenheit – genau wie ich, haha.

Es gibt aber immer noch viele Nachfragen, auch nach alten DEAD-Heften und Merchandise, was mich total freut und stolz macht. Das ist schon cool, dass sich trotz der Unterpräsenz in den letzten Jahren noch so viele Leute an DEAD erinnern und ihm die Treue halten. Dafür bin ich sehr dankbar!

Geplant habe ich auf jeden Fall, die alten „DEAD & More“-Hefte nochmal neu auflegen zu lassen, eventuell auch einen zweiten Sammelband wie den „Erdarbeiten – DEAD Classics 1“ von 2016. Mal wieder ein paar T-Shirts und Kaffeetassen könnte ich mir auch vorstellen.
Dann gibt es ja auch noch ein bisschen unveröffentlichtes Material, das auf die Menschheit losgelassen werden möchte. Ich würde das ja gerne wieder mit dem Orkus zusammen machen – schon wegen der Vertriebsmöglichkeiten. Mal sehen, ob daraus etwas wird. Ansonsten bleibt immer noch DIY.

Anm. d. Red.: Er sollte Recht behalten, denn der zweite Band von „DEAD Classics“ ist Anfang Mai 2025 erschienen und beim Orkus zu bestellen. Mehr über den liebenswürdigen Grufti aus der Nachbarschaft erfahrt ich auch auf seiner eigenen Homepage, die unter dead-comics.de zu erreichen ist.

WGT-Tagebuch: Gallowdancer ohne Bändchen – Ein Erfahrungsbericht

Im Vorfeld des Wave-Gotik-Treffens 2025 haben sich auf Initiative von Maren einige Autoren dazu entschlossen, ihre Sichtweise auf das WGT in Artikeln festzuhalten. Herausgekommen ist das WGT-Tagebuch, das euch nun mitnimmt und das Treffen aus der Sicht von Gallowdancer erleben lässt.

Ich weiß, ich weiß, da gebe ich Empfehlungen fürs WGT heraus, und dann bin ich nicht mal selber Teil des WGTs?! Würde ich durch künstliche Intelligenz an verschiedenen Events gleichzeitig teilnehmen können, dann wäre ich vielleicht auch ganz offiziell mit Bändchen beim WGT in Leipzig dabei gewesen. So war es nun aber wieder einmal ein Jahr mit so viel spannenden Programm auch außerhalb der mit Bändchen zugänglichen Orten, dass ich mir wieder selber mein pfingstlich schwarzes Leipzig zusammengebaut habe.

Seit einigen Jahren bin ich Teil der “WGT ohne Bändchen” Facebook Gruppe, die Annett Dennewitz betreibt und die sich jedes Jahr wirklich großartige Mühen macht, alle möglichen Events zu sammeln, die man auch ganz ohne WGT Ticket in Leipzig erleben kann.

Glory Hölle

She Can’t Afford Mascara in der Garage Ost.

Und so ging es am Donnerstag zum Warm-up in der Garage Ost los. Unter dem Titel “Glory Hölle” versteckte sich eine queere EBM Wave Clubnacht. Den Anfang machte das Leipziger Solo-Projekt Schlusslicht (Schwarzes Bayern stelle ihn bereits vor). Neu ist, und damit kommen wir zur Weltpremiere an diesem Abend, dass sich das Schlusslicht Gregor Heisterkamp und Maria Maris als Súper Miedo zusammengefunden haben. Die spanischen Vocals hatten eine super Energie und ich bin gespannt, wie sich dieses Projekt weiterentwickeln wird. Ich fand das war ein wirklich gutes Debut!

Nach den beiden ging es wieder alleine auf der Bühne weiter. She Can’t Afford Mascara ist das Projekt von Adam Shazard. Hier trifft Newbeat auf pakistanische Einflüsse. Das war schön tanzbar und wie gut, Südasien auf der Bühne repräsentiert zu sehen!

Wer jetzt noch nicht warm war, dem konnten die DJs Camy Huot (samt neuer EP) und Olivier aka Graftak mit ihren Sets helfen. Und so tanzten wir, bis die Garage um Mitternacht zu machen musste. Olivier und Camy bauten ab und als Glory-Hölle-Crew fuhren wir alle zusammen mit dem Bus ins Werk 2, wo die Nacht noch verlängert wurde, um den Start des Gothic Pogo Festivals zu feiern.

Einfach machen

Freitag stand das “T” in WGT, also das “Treffen” im Vordergrund. Es ist einfach immer schön, die Zeit in Leipzig zu nutzen, um alte und neue Bekannte wieder zu treffen und Zeit zu verbringen. Am besten natürlich, in einem guten Restaurant: Bei Mala gibt es extrem leckere Knödel in einem sehr süßen Innenhof. Tipp!

Abends ging ich es etwas ruhiger an und bin mit Axana, einer Freundin und Musikerin aus Leipzig, ins Cineding nach Plagwitz. Hier wurde der Film “Einfach machen – She-Punks von 1977 bis heute” gezeigt. Gudrun Gut, Beate Bartel, Klaudia Schifferle und viele weitere Künstlerinnen werden auf ihrer Selbstermächtigung in der männerdominierten Punk-Szene begleitet. Eine spannende Reise durch Düsseldorf, West-Berlin und Zürich, in der sich Bands wie Östro 430, Mania D. (später Malaria!), Kleenex (später LiLiPUT) ihre Freiräume erkämpfen und das auch noch heute im fortgeschrittenen Alter tun (müssen!).

Stadtgeschichtliches Museum

Am Samstag hatte ich eigentlich vor, an der Lesung von Dr. Nikola Nölle im Stadtgeschichtlichen Museum teilzunehmen, aber leider ist die Veranstaltung wegen Krankheit ausgefallen. Nikola, falls du das hier liest, lass uns doch mal über deine Dissertation in einem eigenen Blog-Beitrag reden? Mich würde dein kulturanalytischer Blick auf “Die Gothic-Szene und ihre Festivals” jedenfalls sehr interessieren.

Ich schlenderte daher nur ein wenig durch die kleine Ausstellung “Zwischen Aufbruch und Abwicklung – die 90er in Leipzig”.

Glitter + Trauma

Samstagnacht stand dann die Party des Jahres auf dem Programm: Glitter + Trauma! Seit ich die Veranstaltung 2019 für mich entdeckt habe, war ich jedes Mal immer unglaublich glücklich, dort dabei zu sein. Zacker und Crew schaffen es jedes Jahr wieder eine wirklich tolle Nacht zu kreieren. Im Institut für Zukunft, was nun Axxon N. heißt, wurde etwas umgebaut, aber es hat nicht an Charme verloren. Ich finde die Kabel- und Schlauchgewucher, die mit Licht durchflossen wie Nervenfasern (“Axon”) an der Decke pulsieren sogar richtig Cyberpunk.

Und dann, völlig unerwartet (eigentlich habe ich erst am Montagnachmittag damit gerechnet), stand auf einmal Mr. Spontis, unser Robert, vor mir! Wir kannten uns ja bisher gar nicht, aber ich habe mich direkt mega wohl gefühlt und zusammen mit den beiden Spontis Ines und Tobi sowie dem Matthias von [modus:synth] aus Hamburg hatten wir sehr kurzweilige Unterhaltungen.

Getanzt wurde aber auch wieder ausgiebig. Besonders gut haben mir die Sets von Mrs. Pinkeyes aus Wien und LVLVN vom Waveteef aus Antwerpen gefallen. So gut, dass ich wieder einmal erst nach 6 Uhr morgens den Laden verlassen habe.

Shockwave und ciao

Nach der Party des Jahres ist vor der Party des Jahres! Am Sonntagabend ging es dann erneut ins Werk 2 zum legendären Shockwave-Marathon. Es war gar nicht so leicht, reinzukommen (danke fürs mit mir in der Abendkasse-Schlange stehen, Kai! <3). Es spielten nämlich vorher noch Die Tödin und Laura Krieg, die beide sehr beliebte Acts sind (zurecht!). Die Tödin hat mich wirklich auch sehr beeindruckt. Lest dazu mal den Konzertbericht von Maren aus dem letzten Jahr.

 

Und dann blieb nach ein bisschen Schlaf nur noch der Rest vom Montag! Krass wie schnell die Zeit immer vergeht und schade um all die Dinge, die zeitlich nicht reingepasst haben, und die Treffen und Unterhaltungen, die zu kurz gekommen sind. Eigentlich braucht man immer noch mindestens 5 Tage mehr mit der schwarz-bunten Community.

Beim Spontis-Treffen am Montag Mittag habe ich mich dann aber noch sehr gefreut einige weitere Autor*innen kennenzulernen. Der Gruftlord, die Maren, die Tanzfledermaus, und die graveyardqueen waren mir bisher nur online begegnet, aber ich habe mich auch ohne Pikes im Kreis gut aufgenommen gefühlt. Danke an euch alle und hoffentlich bis spätestens im nächsten Jahr!

Meine erste Zusammenkunft mit Spontis-Menschen. Foto von Tobikult.

Rückblick: So war mein Spontis-Family-Treffen 2025

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Nachdem ich dank einer Mitarbeit beim Radio schon ein ganz anderes WGT erleben durfte, wie bisher, war der Höhepunkt, das Spontis-Family-Treffen 2025, so ganz ohne meinen geliebten Ehegrufti schon im Vorfeld unvorstellbar. Konnte ich die Tage beim Radio noch durch einen anstrengenden Tagesablauf von der Tatsache ihres Fehlens ablenken, schmerzte es mich am frühen Morgen des 9. Junis dann so richtig. Jemand, der mich angesichts der bevorstehenden Menge an Leuten, die ich treffen werde, sortiert, ordnet und emotional unterstützt, ist unbezahlbar. Auch die kahle Stelle am Kopf, die meine genetische Veranlagung so mit sich bringt, hat sie immer liebevoll überdeckt.

Nichtsdestotrotz stürzte ich mich in bevorstehende Aufgabe, schnappte mir meinen Rollkoffer, der bis oben hin mit Spontis-Magazinen, Taschen, Buttons, CDs und Aufklebern gefüllt war und begab mit zum Wilhelm Leuschner Platz, wo ich graveyardqueen treffen sollte, die ich als „Eisbrecher“ zur Spontis-Wiese begleiten durfte. Das parallel stattfindende Stadtfest hat seine Auswüchse bis zum Treffpunkt am Eingang zum S-Bahnhof ausgestreckt und tauchte den Ort in eine bizarre Stimmung. Immerhin war sie dort gut zu erkennen und obendrein auch noch so pünktlich, wie die Deutsche Bahn in ihren Träumen.

Dunkle Wolken am Himmel drohten unheilvoll, in den nächsten Stunden um Aufmerksamkeit zu kämpfen. Immerhin, bislang war es trocken, bedeckt und angenehm kühl.

Hinweis in eigener Sache: Ich hatte den Eindruck, es waren viele Besucher gekommen und ich bin mir sicher, dass ich mich nicht mehr an alle erinnern werde, schon gar nicht namentlich. Es sei mir daher verziehen, wenn ich hier nicht alle Begegnungen und Gäste beschreibe. Bitte meldet euch doch in den Kommentaren oder nutzt gleich die Gelegenheit, euch hier ein kostenloses Profil anzulegen!

Gruftis soweit das Auge reicht!

Von weitem machte ich Birgit und Peter aus, die bereits zu den Stammgästen gehören und auf mich genug Seriosität ausstrahlten, sich um die Verteilung des Rollkoffer-Inhalts zu kümmern. Spoiler: Ich sollte mich nicht getäuscht haben, die beiden glänzten durch Organisation und Ordnungssinn. Ein dickes Küsschen an dieser Stelle! Alex war – nach eigenen Angaben – der erste Gast auf der Wiese, ich werde diese Behauptung mit meinem Freund, dem Baum, besprechen.

Ich war übrigens sehr stolz, dass einige der Autoren, die seit geraumer Zeit das Projekt „Spontis“ mit neuen Inhalten und frischen Sichtweisen bereichern, zusammengekommen waren. Neben Maren, Graveyardqueen, Graphiel und Tanzfledermaus freute ich mich auch über Gallowdancer und Gruftlord, der gleich seine bezaubernde Familie mitgebracht hatte.

Ich begrüßte auch Vanessa nebst Partner und tauschte mit Victor von Void und Mina Miau ein paar Worte über neuen Lebensabschnitt in einer neue Stadt. Karlsson vom Dach sprach mich darauf an, endlich mal „Die Tödin“ für ein Interview zu gewinnen, was ich gleich in der nächsten Woche in Angriff nehmen werde. Kreuzbauer Gronsha, der bei meinem Verdienstabzeichen mitwirkte, hatte meine „Lieblingskrankenschwester“ wieder dabei und erfreute sich bester Laune, fast schon ein bisschen unpassend für so ein Treffen. :-)

Sophie und Konrad habe ich ebenso wiedergesehen wie Katharina und Parm, mit denen ich bereits am Donnerstag bei Jen und Holger gewesen bin, die ich ebenfalls begrüßen durfte. Mit Katharina und Parm habe ich dieses ja auch in einer WG zusammengewohnt, was aber angesichts des vollen Terminkalenders total zu kurz gekommen ist. Die zwei hatten auch noch einige Freunde im Schlepptau, die ich kurz kennenlernen durfte. Es war mir eine Freude!

Auf der Glitter+Trauma Party am Samstag traf ich bereits Gruftfrosch und Gallowdancer und zu meiner besonderen Freude auch Ines Irrelephant, eine ehemalige Autorin, mit der ich mir bereits einige Artikel um die Ohren gehauen haben. Sie war auch wieder mal dabei, hatte Matthias (der mal einen Vollbart hatte) im Schlepptau. Poar, was für ein wohlig-warmes Nostalgie-Gefühl. Das wurde von Adrian nur noch gesteigert, der nach gefühlten Ewigkeiten seine Aufwartung beim Spontis-Treffen machte, zusammen mit der ganz wunderbaren Annette, bei der er schon seit Jahren zum WGT unterkommt. Sollte ich übrigens erwähnen, das Gruftfrosch die coolsten Ohrringe des Jahrtausends hatte? Guck mal ganz unten in die Galerie!

Das war zu Zeiten unser alten WG in der Jahn-Allee und wie auf Bestellung erschien Toya auf der Bildfläche, mit dem ich damals dort unter einem Dach lebte, zusammen mit Victor, der tatsächlich die Menschen auf dem Treffen nicht doof fand. (ER weiß schon, wie das gemeint ist.) Große Freude bereitete mir auch Nicole (Grevina Patrizia), Thorsten und Darkmar, die wieder einmal eindrucksvoll über das Leipziger Grün auf uns zukamen. Von Nicole stammt dann auch die Idee, der zu Hause gebliebenen Orphi Grußbotschaften zu übermitteln, was ich natürlich fleißig umsetzte.

Ganz außerordentlich habe ich mich auch über den zahlreichen Besuch aus Österreich gefreut, Christine von „Chay – Die Welt des Tees“ nebst Mann, sowie Blue Lotus und Alwa Petroni, die ich schon seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr gesehen habe. Aus London haben uns Reny Morsch zusammen mit Richard besucht, what a Pleasure!

Merkat von Frostbite hat sich auch kurz vorgestellt, und auch Matthias, der sich erst vor ein paar Tagen für einen Spontis-Account entschieden hatte, machte seine Aufwartung. Mein rasender Reporter Reinhard war ebenfalls wieder da, so wie Mondlichtkobold (denk an die Mail, die du mir schicken wolltest). Kathrin und Detlev bleiben das sympathisch-unzertrennliche Paar von Batcave-Design, die sich trotz Abneigung gegenüber einer Kameralinse für ein Video mit einer Grußbotschaft an Orphi überreden ließen. Ich habe mich auch sehr gefreut, Regin Leif wiederzusehen, nachdem ich sie ein paar Tage zuvor im 80s80s Studio begrüßen durfte.

Ganz besondere Momente der Aufmerksamkeit erlebten Marco, Vega und Krähe Demonix, die wieder zusammen mit Jeffrey und Marble zu Besuch gekommen waren. Ich bemerkte erst viel später, dass sich zwei „Normalos“ mit Marco und Vega unterhielten und eine winzige Kamera nebst kleinem Mikro dazu nutzten, Anwesende des Spontis-Treffens zu interviewen. So kam dann das Treffen auch noch in den Genuss von entsprechenden Videoaufnahmen.

Daniela brachte ihre bezaubernde Tochter mit zum Treffen, um sie gleich in die größten Geheimnisse des WGT einzuweihen. Allerdings bin ich mir unschlüssig, welche Geheimnisse das waren. Katharina Noire wurde gleich mit der Produktion eines neuen Spontis-Buttons für das Magazin 2025 beauftragt. Mirjam hat das Wohnmobil gegen ein ordentliches Zimmer getauscht und Lukas, der angehende Szene-Fotorgraf, hat sein Spontis-Magazin aus Versehen so geknüddelt, dass ich ihm noch vor Ort zusagte, noch eins mit der Post zu schicken.

Nicht vergessen werde ich hier natürlich Tobikult, der ebenfalls ohne Ehegrufti auf dem WGT unterwegs war und mit dem ich ein paar aufregende Stunden verbracht habe, die spielend einen ganz eigenen Artikel füllen könnten. „Tischtennisprofi“ Lippi und Tigrid erfreuten mich auch mit ihrer Anwesenheit und auch Waldemar, einer meiner treuesten Leser, war wieder mit von der Partie. Im Kreis der Pikes entdeckte ich auch Angelika und Jörg, leider verpasste ich die Gelegenheit für ein kurzes persönliches Gespräch.

Natürlich vergesse ich auch nicht das epische Vergnügen, die Gebrüder Dargel wieder gemeinsam beim Spontis-Treffen zu begrüßen, ebenso wie Bettina und Alex und die anderen aus der „Gang“, die nicht nur regelmäßig den „Gothic Run“ infiltrieren, sondern auch die Weinverkostung von Oswald Henke. Ja und wären da nicht wieder Familie Klammer dabei gewesen, hätte echt was gefehlt. Nicht nur, dass es sich die beiden wieder endlich gut gehen lassen, ich habe außerdem gebohrt, wann es den nächsten fantastischen Urlaubsbericht der Beiden gibt.

Katharina von Schlotterstein hat glücklicherweise überlebt, denn Johann von Stahls blutverschmierter Bart ließ zunächst Böses erahnen. Spontis-Treffen 9.5 Initiatorin Bibi Blue und Dismas machten uns ebenfalls die Aufwartung und zauberten ein Lächeln in mein Gesicht. Ramona schaute ebenfalls mit ihrer kleinen Familie vorbei, toll! Dana und Thilo machten ebenso ihre Aufwartung und sorgten im Nachgang des Treffens noch für große Freude meinerseits.

Nicht zu vergessen war auch wieder Martin, der mit seiner blauen Brille für Verwirrung sorgte. Etme Funk, die einige noch aus einem uralten Fernsehbericht kennen könnten, erfreute mich wieder mit ihrer Anwesenheit und läuft bald Gefahr für immer dazuzugehören. Ihr Nachwuchs verwandelte den Baumstamm des großen Spontis-Baums in eine von Wikingern inspirierte Ritualstätte. Irgendwie kommt mir hier Linn Noire in den Sinn, die wohlmöglich fröhlichste Hexe der Welt. Übrigens schreitet niemand so schön über eine Wiese wie Romana und Tobias, aber das nur am Rande.

Nach einer lieben E-Mail von Rike – einer stillen Mitleserin – erinnere ich mich nun wieder an sie und Marie, die im Spontis-Kreis neben mir gesessen hat und für das nächste Jahr orangefarbene Haare versprochen hat ;)

Ein bisschen Herzschmerz verbreitete Oliver, der ohne Elisabeth zum Treffen gekommen war, denn die war ja jüngst verstorben und hat auch in unseren Herzen eine riesengroße Lücke hinterlassen. Ja, das knabberte gerade bei diesem Treffen besonders heftig an mir.

Ich habe mich auch sehr über Stefan von STW-Fotos gefreut und das führt mich dann zu dem ikonischen Foto vom Titel dieses Beitrags, für dessen Nachbau Tobikult verantwortlich war. Das ursprünglich Bild entstand beim Spontis-Treffen 2013 und zierte im Anschluss das Spontis-Magazin, das 2014 veröffentlicht wurde:

Spontis-Treffen 2013
Im Original gibt es leichte Abweichungen in der Besetzung: v.l.n.r: Christoph, meine Wenigkeit, Adrian, Nadja und Katharina. Im Hintergrund stehen Katharina (2) und Schatten.
Spontis-Treffen 2025
Das nachgestellte Bild von Tobikult: v.l.n.r.: Meine Wenigkeit, Adrian, Darkmar (als Vertretung von Nadja), Katharina – Im Hintergrund hält Steve das Magazin von damals

An dieser Stelle nochmal die Bitte. Markiert euch in den Bildern in den sozialen Medien, kommentiert, wenn ihr auch dagewesen seid, aber nicht genannt wurdet. Schließt meine Wissenslücken!

Ich habe auch die Idee von T-Shirts nicht vergessen, die an mich herangetragen wurde und auch, dass Lena (?) einen Bericht über das kommende Cold Hearted Festival schreiben wollte. Bitte meldet euch über eine der Kontaktmöglichkeiten, damit wir uns darüber unterhalten können.

Ende Gelände

Ich glaube, es ist 18:00 gewesen, als ich erschöpft den Weg zur wohlverdienten Nahrungsaufnahme antrat. Der ehemals volle Rollkoffer war nahezu leer, rund 60 Taschen, 100 Magazine aus alle Jahren, 50 Buttons und 20 CDs wurden mitgenommen. Einige Besucher haben gefragt, ob sie Spenden sollten. Das war nicht nötig, denn alle Dinge, die man hier mitnehmen konnte, waren bereits durch meine großartige Community finanziert worden.

Was ihr allerdings machen könnt: unterstützt das kommende Spontis-Magazin 2025, das voraussichtlich zum Jahresende erscheinen wird. Ihr werdet zur gegebener Zeit über einen entsprechenden Aufruf stolpern. Jeder Cent, der auf diesem Wege zusammenkommt, geht an die Community zurück. In Form von Magazinen, Taschen, Buttons oder auch CDs und Aufkleber.

So war mein WGT hinter Glas – was ist euer Feedback zum 80s80s-Radio?

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Das Wave-Gotik-Treffen 2025 ist vorbei, für mich eine völlig neue Erfahrung, da ich ja im Vorfeld und auch während des Treffens drei Tage im 80s80s-Studio tätig war. Ich möchte euch gerne meine Eindrücke in einem Rückblick schildern und vor allem in den Kommentaren wissen, ob und wie ihr das Radio gehört habt, was euch gefallen und was euch nicht gefallen hat.

Sonntag um 9 – In Leipzig könnte man Zombiefilme drehen

Bereits der Freitag begann völlig anders als jemals zuvor auf dem WGT. Ich hatte mir den Wecker für 7.30 Uhr gestellt, denn neben einer Dusche war auch eine Rasur geplant, um das in die Jahre gekommene Gesicht in Form zu bringen. Anschließend habe ich mich ins Outfit geschwungen und das Resthaar hübsch gemacht. Weil das Studio mitten in der Leipziger City lag, habe ich die Tram genommen, um bis zum Wilhelm Leuschner Platz zu fahren, um dann die verbleibenden 500 Meter in Pikes zurückzulegen. Um diese Uhrzeit in Leipzig unterwegs zu sein, ist surreal. Am Sonntagmorgen war es so leer, dass die Innenstadt problemlos als Zombie-Kulisse hätte dienen können.

Im Studio, das früher mal ein Reisebüro war, herrschte geschäftiges Treiben. Tische wurden aufgestellt, Lautsprecher montiert und letzte Handgriffe an der Technik vollzogen. Tatsächlich war das Erste, das mir aufgefallen ist, die hohe Temperatur im Raum. Die Lüftung funktionierte offensichtlich nur unterdurchschnittlich und bereitgestellte Lüfter arbeiteten daran, für Luftbewegung zu sorgen. Meine Grufti-Klamotte musste infolgedessen angepasst werden.

Natürlich haben wir uns alle erstmal vorgestellt. Sabine, die Moderatorin, kannte ich ja bereits von der 80s80s Cure Listening Session, Ruth und Ruby waren die Schweizer Multifunktionsmitarbeiterinnen, die im Laufe der folgenden drei Tage noch erstaunliche Leistungen liefern sollten. Lena aus dem Bereich „Social Media“ rundete das Team ab.

Zacker, der Leipziger Veranstalter und Host der „Glitter+Trauma“ Party war der erste Gast, der zum Interview kam. Sabine leitete die Befragung und ich hatte im Anschluss Gelegenheit, auch noch ein paar Fragen zu stellen. So sollten die Interviews im Laufe der Tage alle ablaufen. Schnell wurde mir klar, dass man im Radio keine zusammenhängenden Interviews sendete. Es wurden einzelne Antworten der Gäste herausgeschnitten, die Sabine dann vorproduziert anmoderierte. So wurden dann aus den Interviews kurze Sektionen, die in den Stream eingespielt wurden. Vorteil: Man konnte die Gespräche auf das Wesentliche reduzieren. Nachteil: Manchmal wurden Passagen weggelassen, die durchaus spannend gewesen wären.

Währenddessen herrschte in der Leipziger Innenstadt geschäftiges Treiben. Ab und zu blieben ein paar Leute stehen und beobachteten uns durch die Schaufenster. Das WGT fand quasi hinter einem Schaufenster statt und so fühlte es sich dann auch an. Als würde es an mir vorbeiziehen. Allerdings ist die Innenstadt auch nicht wirklich das Pflaster, auf dem ich mich während eins WGTs herumgetrieben hätte, daher hinkt der Vergleich.

Im Laufe der Zeit und der folgenden Interviews haben Sabine und ich dann immer besser zusammengearbeitet und uns ergänzt. So hatte ich im Laufe der drei Tage die große Ehre, Lydia Benecke, Coppelius, die schwarze Witwe Anja Kretschmer-Rodenbröker, Sascha Lange, Rue Oberkampf, Archäologin Betty und Luci Van Org kennenzulernen. Nikola Nölle, die Buchautorin, die zu Gothic-Festivals geforscht hat, musste leider krankheitsbedingt absagen.

Ruth und Ruby – Die Schweizer Multifunktionsmesser

Die beiden kommen natürlich nicht aus der Schweiz, sondern aus Rostock, da wo auch 80s80s ansässig ist. Trotzdem waren sie genau das. Unfassbar engagierte, talentierte und professionelle Multitasking-Genies. Sie haben die Interviews nicht nur innerhalb weniger Minuten geschnitten und optimiert, sondern auch die Texte zum Anmoderieren vorbereitet, sie in die Sendung eingefügt und zwischendurch passende Veranstaltungen aus dem WGT-Plan herausgesucht, die Sabine dann ankündigen konnte. Darüber hinaus haben sie auch O-Töne der Besucher eingefangen und sind dazu an der Moritzbastei und auf dem Viktorianische Picknick herumgelaufen. Das war schon ziemlich beeindruckend, wie Ruth, Ruby und Sabine zusammengearbeitet haben!

Ich habe zwischendurch Lena, die 80s80s bei Social-Media unterstützt, mit Boomer-Fragen gelöchert, um endlich hinter das Geheimnis „Instagram“ und Social Media im Allgemeinen zu kommen. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich den Plan, auch in diesen Kanäle „stattzufinden“, weiter verfolge. Ganz schön anstrengend und irgendwie gefährlich.

Sabine hat am laufenden Band Moderationen eingesprochen mit einer – für mich erstaunlichen – Fähigkeit, die Stimme als Werkzeug zu benutzen – immer genau so, wie es klingen soll. Anmoderationen, Veranstaltungshinweise und Interviews mit den anwesenden Gästen bekamen immer die passende Tonalität. Verrückte Radiowelt. Aber alles enorm beeindruckend. Und um es vorwegzunehmen: Die Antwort lautet „Nein“… hier schlummert keine Karriere für den Wizard of Goth.

3 aufregend andere Tage – 3  Anekdötchen aus dem Nähkästchen

  • Weil die anderen beschäftigt waren und Sabine morgens einen Kaffee für alle organisiert hatte, sind Ruby und ich losgezogen, um klassische Currywurst für alle zu besorgen (für mich eine vegetarische). Wir enterten das angrenzende Stadtfest und stolperten durch die Menge. Ruby scannte nach passende Essenständen. Ich wollte eigentlich helfen, versuchte angesichts der Mainstream-Dusche die Fassung zu bewahren. Da stand ein „Tattoo-Wagen“ zwischen Zuckerwatte und Crêpes und gegenüber einer Pommesbude, in dem sich Stadtfestbesucher mit Blick auf das geschäftige Treiben vorgefertigte Bilder tätowieren lassen konnten! Wer während des WGT nach einer aufregenden Grenzerfahrung sucht, ist herzlich eingeladen, es mir nächstes Jahr Mal gleichzutun.
  • Friedhofsflüsterin Anja Kretschmer, die ich am Samstag noch interviewen konnte, begegnete mir am folgenden Tag direkt vorm Studio nochmal und berichtete mir mit einer Stimme, die so klang wie die eines Fußballfans nach einer gelungenen Aufstiegsfeier, dass bei ihrer ersten Führung am Samstag das Mikrofon ausgefallen war. Sie war also dazu verdonnert, von der Friedhofsflüsterin zur Friedhofsschreierin zu mutieren, um alle Anwesenden mit ihren Ausführungen beglücken zu können.
    Ein paar Meter weiter musste ich dann Luci van Org aus den Fängen ihrer Fans befreien und sie daran erinnern, dass sie zu spät zu ihrem Auftritt beim Radio kommt. Verrückte Radiowelt!
  • Bei der Eröffnungsfeier bei 80s80s musste ich am Freitagabend vor den anwesenden, geladenen Gästen auf die Bühne und sagen, was man auf dem WGT auf gar keinen Fall verpassen sollte. Komfortzone verlassen. Das war mein Plan. ABER NICHT SO! Danach habe ich jedenfalls fluchtartig das Studio verlassen, bin in den Park hinter der Moritzbastei gewatschelt, um mich dort an einer Säule in der Dämmerung zu verstecken. Ein Extrovertierter wird aus mir auch nicht mehr werden. Könnt ihr echt vergessen!

Einfach mal Danke sagen

Ich will 80s80s-Radio ein großes Dankeschön ausrichten. Selten hat sich ein Radiosender so viel Mühe gegeben, im Rahmen seiner Möglichkeiten ein WGT-Radio zu sein, wie dieser Sender aus Rostock. Nicht nur die vielen liebevollen Details, wie schwarzes Trinkwasser, Aufkleber, Buttons, Bändchen, tolle Poster in der ganzen Stadt, eine eigene Kunstausstellung und eine Live-Band, sondern auch die Zugänglichmachung ihres Musikprogramms über eine gemietete UKW-Frequenz waren großartig. Das ist nicht selbstverständlich und die gefürchtete „Kommerzialisierung“ war meiner Ansicht nach nicht zu spüren. Man hat durch die Programmgestaltung versucht, sich der Szene auf Augenhöhe zu nähern. Auch wenn ihr mit dem „schwarzem Eis“ beim VicPic nichts anfangen könnt oder die 80s80s Gallery langweilig, so fand ich allein das Musikprogramm mehr als gelungen und passend. Für mich klingt diese letzte Nachricht auf Instagram authentisch:

Pfingstmontag – der letzte Tag. Und doch ist es kein Abschied für immer. Die Szene lebt, durch ihre MenscheN, ihre Geschichten, ihre Musik. Und wir von 80s80s sind stolz, ein Teil davon zu sein. Mit unserer Gallery und unserem Festivalradio. […] Ein großes Dankeschön an alle Besucher:innen, Gesprächspartner:innen und Hörer:innen. Lasst uns dieses WGT im Herzen tragen.

Jetzt seid ihr dran. Ich würde gerne wissen, wie euch der 80s80s-WGT-Stream gefallen hat. Was fandet ihr gut, was war doof? Was sollte mehr in den Fokus rücken, was weniger? Bitte gebt mir ein bisschen Feedback, ich verspreche die Crux daraus an die Verantwortlichen weiterzuleiten, um es vielleicht beim nächsten mal NOCH besser zu machen.

Pfingsten in der Hölle – Warum Gruftis das WGT meiden sollten

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Während der Countdown zum WGT 2025 die Tage herunterzählt und der MDR mit Tipps zum Wave-Gotik-Treffen ein Feuerwerk abbrennt, stellt Orphi in ihrer WGT-Glosse die wirklich wichtigen Fragen des Treffens. Gehen wir der Sache mit der Szene mit einem Augenzwinkern auf den Grund und erkennen zuletzt den seriösen Hintergrund!

Es ist jedes Jahr dasselbe und trotzdem jedes Mal ein Schock: An Pfingsten brennt die Sonne mit einem satanischen Lächeln vom Himmel über Leipzig. Während sich Normalsterbliche nicht aus der Wohnung wagen oder höchstens einen Ausflug an einen kühlen See machen, rennen wir Gruftis in kompletter Montur durch die Stadt und schwitzen. Die Sonne knallt erbarmungslos auf Samt, Kunsthaar und zehn Lagen Schminke.

Und das ist noch nicht alles: Es ist fürchterlich hell. Man hat sich stundenlang zurechtgemacht, jede Brosche sitzt, die Corsage nimmt einem den Atem, der Lidstrich reicht bis in den Schläfenbereich – und dann stolpert man in gleißendes Sonnenlicht, das jeden Vampir sofort zu Asche zerfallen ließe. Nur wir halten durch. In Würde, aber mit Mühe.

Zwischen dem Agra-Gelände und dem Hauptbahnhof spielt sich ein seltsames Schauspiel ab: Düstere Gestalten, die eigentlich für Nacht und Nebel gemacht sind, huschen wie Schattenwesen von einem Baum zum nächsten. Sie sind auf der verzweifelten Suche nach einem Meter Schatten. Schwarze Kleidung zieht die Hitze an – das Ergebnis sind fünf Tage Sauna in Stiefeln. Da helfen weder Fächer noch Sonnenschirm. Wer Glück hat, kann sich bis zum Einbruch der Dunkelheit verkriechen, doch das Programm beginnt oft bereits mittags. Und man will ja sehen und – seien wir ehrlich – oft auch gesehen werden.

Abends, wenn es endlich dämmert, beginnt dann des Gruftis eigentliches Element – könnte man meinen. Doch die Körper dampfen in den aufgeheizten Hallen weiter. Der Schweiß tropft nicht nur von der Stirn, sondern auch von der Decke. Die Nebelmaschine röchelt, die Wimpern kleben und irgendwo fällt eine berüschte, gekalkte Edeldame elegant in Ohnmacht. Wie sollen da düstere Vibes entstehen, wenn man sich fühlt wie eine übelriechende Gewürzgurke im Glas?

Zeit für ein paar konstruktive Vorschläge:

  1. Vampirpass fürs Nachtprogramm
    Ein offizieller „Sonnenvermeider-Pass“, der exklusiven Zugang zur WGT-After-Dark-Version mit Konzerten, Lesungen und Märkten nach Sonnenuntergang ermöglicht.
  2. Tragbare Grufti-Gefriertruhen
    Rucksäcke mit integriertem Kühlaggregat, wahlweise in Sargform oder als viktorianische Teekiste. Sie verfügen über Fächer zum Verstauen von Schminke, eiskalten Getränken und kleinen Eiswürfeln für eine spontane Eigenkühlung im Park.
  3. Das WGT-Eissarg-Mobil
    Ein fahrbarer Eiswagen, der kostenlos blutrote Sorbets und schwarze Lakritzeiskugeln in stilechten Totenkopfschalen verteilt. Beim Näherkommen spielt der Wagen düstere Walzermelodien.
  4. Der Schattenlotse
    Eine App mit Live-Schattenkarten von Leipzig inklusive GPS-Tracking der schattenspendendsten Strecken vom Agra-Gelände bis zur Moritzbastei. Es gibt Warnungen bei sonnigen Plätzen und Bonuspunkte für besonders stilvolles Schleichen entlang von Friedhofsmauern.
  5. Eyeliner mit Hitzeschutzfaktor 50+
    Endlich ein Produkt, das beim Schmelzen in ein dramatisches Tropfendesign übergeht – inspiriert von Dalí. Limited Edition: „Melted Elegance“.
  6. Die „Schwarze Brise“ – mobile Kühlstationen
    Strategisch aufgestellte Zelte mit Nebeldüsen, düsteren Beats und einem kalten Aufguss aus Holunderblüten und Melancholie. Eintritt nur in Samt oder Lack. Flipflops? Keine Chance.
  7. Kollektives Grufti-Überhitzungs-Protokoll (GÜP)
    Ab 32 °C gemeinsames Umfallen. Danach folgt das langsame Wiederaufstehen mit theatralischem Seufzen und dem Duft von verbrannter Poesie. Das gibt Extrapunkte fürs nächste Szene-Ranking.
  8. Sonnenschirme entlang der Straßen mit integriertem Soundmodul
    Jede Bewegung löst einen dramatischen Streicherklang oder ein Kirchenorgel-Grollen aus. Für stilvolle Auftritte auf heißem Asphalt.
  9. Die „WGT-Exorzismus-Lounge“
    Ein klimatisierter Ruhebereich, in dem unter Weihrauchdunst und gregorianischem Gesang das Böse – in diesem Fall die Sonne – aus der Seele getrieben wird. Ein kaltes Fußbad mit Lavendel und schwarzer Minze ist inklusive.
  10. Der CryoSarg™ 666 – Für das kühle Grauen unterwegs
    Ein eleganter Klapp-Sarg aus ultraleichtem Carbon mit UV-Schutz, ausklappbaren Rollen und integriertem Miniventilator. Tagsüber als schattiger Rückzugsort nutzbar, nachts einfach aufstellen, reinlegen – und in Würde regenerieren. Features:

    • Innenklima bei konstant 17 Grad, unabhängig von der Leipziger Höllenhitze
    • Nebelintervallfunktion (wahlweise: Friedhofsfeuchte, Vampirgruft, oder Patchouli-Wolke)
    • Eingebaute Soundkulisse: dumpfer Donner, leise Orgelmusik oder monotones Seufzen
    • Notfall-Kühlstoß auf Knopfdruck bei Begegnung mit Touristen in Shorts
    • Solarbetrieben – Ironie inklusive

Man könnte natürlich auch einfach im Hotelzimmer bleiben, das Fenster verdunkeln, Cold-Wave auflegen und sich ein Glas Absinth gönnen. Aber das wäre zu einfach. Leiden gehört dazu. Und wer mit Eyeliner im Schmelzpunktbereich tanzen kann, hat sich sein Szeneabzeichen sicher verdient.

Darf man als Grufti gucken? Die große WGT-Gaffen-Frage

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Während der Countdown zum WGT 2025 die Tage herunterzählt und der MDR mit Tipps zum Wave-Gotik-Treffen ein Feuerwerk abbrennt, stellt Orphi in ihrer WGT-Glosse die wirklich wichtigen Fragen des Treffens. Gehen wir der Sache mit der Szene mit einem Augenzwinkern auf den Grund und erkennen zuletzt den seriösen Hintergrund!

Es ist das ewige Dilemma der Gruftis beim WGT: Man steht da, wie man eben dasteht – gestylt, geschwärzt, mit viel zu wenig Schlaf, aber mit maximaler Attitüde. Und dann kommt sie vorbei. Eine (Mond)Lichtgestalt. Ein Outfit, das so beeindruckend ist, dass du innerlich „Wow“ rufst, während du den Blick abwendest, als sei es das Normalste der Welt, so herumzulaufen.

Denn wir sind ja Szene. Wir sind abgeklärt. Wir haben Christian Death live gesehen, in einem Keller mit 23 Leuten, und wir tun nicht erstaunt, wenn jemand ein drei Meter langes Trauerkleid mit Fledermauskragen und Spiegelsarg auf dem Rücken trägt. Wir gucken nicht. Wir werden angeguckt. Das ist der Kodex. Oder?

Kodex gegen Realität – Wer gewinnt?

Aber mal ehrlich: Stimmt das wirklich? Natürlich gucken wir. Alle. Nur eben nicht direkt. Sondern durch Sonnenbrillen. Über die Schulter. Über das Handy. Oder im Vorbeigehen mit maximaler Coolness und minimaler Kopfbewegung – ein raffinierter Halbnicken-Scan.

Und das ist auch in Ordnung. Denn das WGT ist eine Bühne. Für Musik, für Austausch, für Exzentrik – und ganz ehrlich: auch für Show. Wer sich zwei Stunden in Lack quetscht, sich vier Stunden lang toupiert und dann bei 31 Grad wie ein viktorianischer Todesengel mit LED-Fächer durch die Stadt schwebt, will gesehen werden. Und das soll er auch. Wir sind nicht aus Eitelkeit hier. Aber wir nehmen sie gern mit.

Gucken ist nicht respektlos – solange es nicht zum Gaffen wird. Die Grenze ist fließend, aber sie existiert. Wer starrt, stört. Wer wahrnimmt, wertschätzt. Und wer kurz den Atem anhält, weil jemand umwerfend aussieht, gehört genau hierher. Man darf gucken. Man muss nicht so tun, als sei es alltäglich, von wandelnden Albträumen und lebenden Gedichten umgeben zu sein. Es ist etwas Besonderes. Es sieht umwerfend aus. Und wir sind alle ein bisschen hier, um das zu feiern.

WGT - XXXX
Sehen und gesehen werden schon immer ein Maxime des Wave-Gotik-Treffens – Wem es in den Kommentaren gelingt, das WGT Jahr und den Ort, an dem dieses Foto entstanden ist, zu benennen, gewinnt ein Exemplar von Uwe Roeschs jüngsten DEAD-Comic.

WGT-Warm-up beim MDR: Cornelius gewinnt, Sven sieht besser aus, aber ich bekomme den Kuss!

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In der Sendung „MDR um 4“ läuft bereits die Vorberichterstattung zum Wave-Gotik-Treffen 2025, in der man den Pressesprecher des WGT Cornelius Brach eingeladen hat, über das Treffen zu erzählen, während Sven Friedrich (Solar Fake) ein akustisches Stück zum Besten gibt. In der MDR-Mediathek gibt es das volle Programm.

Eingefleischte Gruftis, so nennen wir uns untereinander (sagt der Bericht), wissen im Prinzip schon alles, was dort im Bericht angeschnitten wird, um das Treffen zu beschreiben. Klar dass der MDR aus dem vollen schöpfen kann, was Archiv-Aufnahmen angeht und uns mit zahlreichen Rückblenden einen kleinen Nostalgie-Kick verpasst. Wir erfahren weiterhin, dass der Pressesprecher kurz mit seinen Extremitäten hadert, bevor Sven Friedrich eine akustische Version des Solarfake-Songs „Disagree“ zum Besten gibt.

Nach einer Rückblende auf die Vergangenheit des Sängers muss ich unbedingt googeln, wie alt Sven Friedrich ist, finde heraus, dass wir gleichalt sind und strecke beleidigt die Unterlippe nach vorne, weil er gefühlt deutlich besser aussieht und deutlich besser singen kann als ich. Der Ehegrufti beruhigt mich, findet mich süßer und gibt mir einen Kuss. Nimm das, Sven Friedrich!

Dafür ist er aber Rekordhalter des WGT und mit 16 Auftritten aus 3 Bands sowas wie ein Angestellter des Treffens. Ich war erst 14 mal beim WGT, verdammt! Neben ein paar interessanten Fakten rund um das Treffen macht der MDR dann ein Quizspiel mit den Beiden, bei dem es darum geht, Musik zu erraten. Ich prophezeie blind, dass Cornelius Brach gewinnt. Gleichzeitig bin ich entsetzt, wie man zwei eingefleischte Gruftis so brutal ins Rampenlicht der Mainstream-Unterhaltung zerrt. Autsch! Das hat so ein bisschen was von Vampiren, die man dem Sonnenlicht aussetzt.

Am Ende gewinnt, wie vorhergesagt, Cornelius Brach den kleinen Wettbewerb, Sven Friedrich bekommt eine Trost-Fledermaus und Cornelius eine Fledermaus-Tasse, die auf dem Kopf steht. Ich bin erschüttert. Muss ich erwähnen, dass ich natürlich alle Songs wusste? Aber gut, ich stand ja auch nicht im Rampenlicht der Fernsehkameras und sitze hier gemütlich in meinem Schreibtischstuhl.

Goth sei Dank lenkt man anhand der Fledermaus wieder zurück auf die spannenden Aspekte des Treffens und stellt eine naturkundliche Führung auf dem Südfriedhof vor, bei dem die Besucher des WGT echten Fledermäusen nachspüren können. Der Wetterbericht ist durchwachsen, es wird zwar nicht heiß, aber vermutlich auch ein bisschen regnerisch. Für das Spontis-Treffen am Montag hatte ich allerdings Sonne bestellt.

WGT³- Robert empfiehlt 3 Bands fürs Wave-Gotik-Treffen 2025

WGT³“ ist unsere Artikelserie, in der wechselnde Autor:innen jeweils drei Bands vorstellen, die man sich beim Wave-Gotik-Treffen 2025 auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Heute sind es 3 Tipps von Robert.

Nostalgie Pur: Alphaville

Ich muss einfach für die Nostalgiewelle eine Lanze brechen und stelle Alphaville vor, die Freitag um 22:10 auf der AGRA die Dusche der Vergangenheit aufdrehen. Klar, Alphaville waren nie Gothic und ihre Songs allenfalls poppig und doch verbinde ich mit ihren Songs ein latentes Gefühl von Melancholie. Oder ist es verklärte Nostalgie? Ich weiß es nicht, bis ich wieder „A Victory of Love“ höre und instant Gänsehaut bekomme. Da muss doch was dran sein. Obwohl es um Frontmann Marian Gold jetzt schon länger ruhig war, ist der jüngst verliehene europäische Kulturpreis und der insgesamt zweite Auftritt der Band (die waren 2000 schon mal da) auf dem WGT willkommener Anlass für ein paar Klassiker.

Die Verkörperung von Independent – New Model Army

Naja, 1984 unterzeichneten sie einen Major-Plattenvertrag bei EMI und sind jedenfalls auf kommerzielle Art und Weise nicht mehr „Indi“ im klassischen Sinne. Immerhin gründeten sie 1998 ihr eigenes Label. Die Inhalte bleiben jedoch irgendwie unabhängig und sind höchst politisch und immer wieder von erstaunlicher Aktualität. Ich darf da mal an den Song „51st State“ erinnern, der mit dem orangefarbenen Präsidenten der USA neue Bedeutung erlangte. Die Band ist nach eigenem Verständnis allerdings gar nicht so politisch. Sie sprechen stets durch die Inhalte ihrer Musik, sind geprägt und Gesellschaftskritik und Poesie, die in meinem Jugendzimmer besonders gut angekommen sind. Und so hing ein Poster von NMA gleich neben Martin Gore und Robert Smith. Für mich passt das. 22:45 am Montag, gleich nach Camouflage.

Die ewige Vorgruppe? – Psyche

Anne Clark, Suicide, Diary Of Dreams. Früher haben sie sich im Schatten bekanntere Acts aufgehalten und sind zu Unrecht vielfach unbeachtet geblieben. Es sind ihre Hymnen, die die Band in das nostalgische Langzeitgedächtnis der Szene gebrannt haben und längst sind sie in der Lage, eigene Konzerte zu füllen. Sie im Rahmen des Wave-Gotik-Treffen in einer Location wie der Moritzbastei zu erleben, ist bestimmt cool. Vor allem mit meinem Lieblingslied: „Misery“:

Aufm WGT im Supermarkt – Die Kunst, sich zwischen Toastbrot und Tragik nicht zu blamieren

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Während der Countdown zum WGT 2025 die Tage herunterzählt und der MDR mit Tipps zum Wave-Gotik-Treffen ein Feuerwerk abbrennt, stellt Orphi in ihrer WGT-Glosse die wirklich wichtigen Fragen des Treffens. Gehen wir der Sache mit der Szene mit einem Augenzwinkern auf den Grund und erkennen zuletzt den seriösen Hintergrund!

Es ist ein Klassiker des WGT-Alltags: Du gehst in den Supermarkt. Die Blicke der „normalen“ Kundschaft? Eine Mischung aus Staunen, Skepsis und stiller Panik. Eine ältere Dame sagt: „Ach, die sehen aber hübsch aus – wie aus dem Fernsehen!“ Innerlich hoffst du, dass sie „Interview mit einem Vampir“ meint und nicht „Wicked„. Du, in Plateaustiefeln und mit hochgeschlossenem Kragen, greifst nach einer Packung Hafermilch. Der Mann mit dem luftigen Hawaiihemd und den Sandalen ohne Socken mustert dich, als wärst du gerade einer Parallelwelt entstiegen.

Egal, wen kümmert schon der Mainstream? Man ist schließlich nicht hier, um denen zu gefallen. Man ist hier, weil man Klopapier braucht. Und kaltes Wasser. Vielleicht auch ein bisschen Obst. In voller Montur schiebt man den Wagen durch die Regalreihen, weil man entweder direkt vom Konzert kommt oder weil man auf dem WGT nie nicht in voller Montur ist. Die Netzstrümpfe sind leicht verrutscht und die Lippenfarbe nicht mehr ganz präzise. Aber es geht. Und dann passiert es: Du siehst sie. Einen anderen. Eine andere. Welche von uns…

Nicht draußen, im Club, im Schatten, wo wir hingehören und glänzen. Sondern unter der grellen LED-Beleuchtung in Gang 4, zwischen H-Milch und Apfelsaft. Die Begegnung ist elektrisch – nicht, weil man sich kennt, sondern weil man sich erkennt. Man mustert sich kurz, ein inneres Protokoll wird abgerufen: True oder nicht true? Metal oder Melancholie? Blutengel oder Clan of Xymox?

Dann die große Frage: Sagt man etwas? Die Szene ist ja bekanntlich nicht für ihre Kommunikationsfreude bekannt. Wir haben gelernt: Blick senken, Arroganz an, unterkühlt und kontrolliert wirken. Gefühle ja, aber bitte nur auf der Bühne oder in Gedichtform. „Hallo“ zu sagen im Supermarkt fühlt sich wie eine Grenzüberschreitung an.

Und doch … manchmal passiert es. Ein Nicken. Ein kaum sichtbares Lächeln. Ein gehauchtes „Schönes WGT noch“ irgendwo zwischen Tiefkühlpizza und Bio-Müsli. Es fühlt sich an, als würde die Realität sich mit der Brechstange Zugang zu deinem dunklen Königreich verschaffen. Bei einigen regt sich bei Begegnungen auch gar nichts.  Vielleicht ist das ein Stilmittel. Vielleicht liegt es an der Hitze. Vielleicht ist man in ihrer Welt einfach nur ein Poser. Wer weiß das schon?

Man geht wieder auseinander. Vielleicht sieht man sich abends im Täubchenthal. Vielleicht auch nie wieder. Aber für einen kurzen Moment war man sich nah – inmitten von Leergut, Sonderangeboten und Whitney Houston aus scheppernden Lautsprechern. Wer es schafft, im Neonlicht der Realität würdevoll eine Gurke zu kaufen, ohne sich dabei infrage zu stellen, hat das WGT verstanden.