Kommentar: I goth my World – 30 Jahre Gothic-Szene

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Eine gruftige Nacht. Der Regen prasselt gegen die Fensterscheiben, der Wind peitscht in Böen durch die Strasse und schleicht sich immer wieder durch die überforderten Dichtungen der Rahmen. Auf der Fensterbank flackern Grablichter, die Schwaden der Räucherstäbchen schwängern den Raum mit einem unverwechselbaren Patschuli-Aroma. So kann es losgehen. Ich habe meine Erwartungen absichtlich niedrig gehalten und versuche Vorurteile gegen die Berichterstattung unter den Tisch zu kehren. Obwohl sich viele Klischees erfüllten, wurde ich positiv Überrascht, ja sogar ein wenig nachdenklich gestimmt.

Noch bevor ich diesen Artikel schreibe, treffen auf Facebook die ersten Kommentare ein. Ian Luther: „Ich fand die Doku durchwachsen. Aber Cyber als Gothics der Zukunft zu bezeichnen halte ich für einen schlechten Witz. Diese ganze leuchtende, saubere, plastikglänzende Welt ist nicht das, was ich als Zukunft der schwarzen Szene sehe.“ –  Sophia Intolerantia: „Das Problem war die Zeit. Eine halbe Stunde ist ZU wenig und sie hatten ja durchaus Leute erwischt, die wirklich mehr zu sagen hatten.“ Grabesmond Nocturna: „Abgesehen davon finde ich, das es schon an Verarschung grenzt, wenn man eine Doku über Gothic ankündigt und es dann letzendlich nur um Cyber, Cyberloxx und Fetishpartys geht.“ Ich schaue mir den Bericht nocheinmal an:

Der Bericht beginnt mit dem Amphi-Festival in Köln, eine gute Wahl, wenn man einen Querschnitt durch die Oberfläche der schwarzen Bewegung ziehen möchte. Sicherlich, ein Besuch auf dem WGT wäre vielleicht interessanter gewesen, aber wäre die Wirkung auf Außenstehende -und die Autoren dieses Bericht haben mit der Szene nicht zu tun- wirklich eine andere gewesen? Ich lasse die Bilder auf mich wirken. Bunt, schrill, laut, genau so wie das Amphi war, wurde es auch dargestellt. Der Sprecher erzählt uns keine Neuigkeiten und spricht von Fakten. Auftritt Kai Lotze, der Veranstalter des Amphi, der behauptet, hier würde es pro Stadt ein bis zweitausend Szenemitglieder geben. Offensichtlich war er noch nicht in meiner Stadt. Nichtsdestotrotz, betrachten wir die Oberfläche im der Sinne der Wochenend-Gothic, Teilzeit-Grufties und artverwandte Sympathisanten, mag er Recht haben.

„Die Goths sind lebendiger denn je. Wie haben sie sich solange gehalten? Sind sie heute noch eine Gegenkultur?“

Ein Auftritt von Rosa Crux, gewohnt provozieren und imposant. Olivier Tarabo, der Sänger der Band : „Wir dürfen nicht vergessen, die Religion bot uns früher ein Paradies, sie nahm uns die Ängste vor dem Tod. In einer Gesellschaft ohne Religion, die keine Lösung mehr für diese Ängste hat, regiert das Unbehagen. Als Goth ist man bereit mit diesem Unbehagen zu leben.“ Ein kluger Mann, diese Aussage möchte ich unterschreiben, sie entspricht nach meiner Vorstellung einem Grundpfeiler der Szene. Sicher, sie lässt sich nur auf einen Bruchteil der Szene-Mitglieder anwenden. Diese Einstellung ist nach und nach verloren gegangen, spätestens mit der heranwachsenden 3. Generation, die eine gebügelte Oberfläche finden, die man immer schwerer zu durchdringen vermag.

Olivier TaraboKatmi, die in diesem Bericht die mittlere Generation repräsentiert, sagt: „Wir leben in einer Zeit in der wir immer gut drauf sein sollen, erfolgreich und möglichst glücklich. Wir sind permanent auf Glückssuche. Die Goths verweigern sich genau dieser Tyrannei des Glücks.Dunja Brill, Autorin verschiedener Szene-Bücher ergänzt: „Memento Mori, erinnere Dich dass du sterblich bist, deswegen Carpe Diem erinnere Dich das du die Zeit deines Lebens nutzen sollst.“ Der nächste Grundpfeiler wie ich finde. Bis jetzt glänzt der Bericht nicht mit Bilder einschlägiger Festivals, sondern mit interessanten Menschen, die sich ihr eigenes Bild gemacht haben, dass um Längen authentischer ist, als ich es bis jetzt in derartigen Berichten gesehen habe.

Le Boucanier repräsentiert das Szene-Urgestein, der uns Einblicke in seine eigenwillige Wohnungsausstattung gibt und über die Anfänge der Szene und ihre musikalischen Neigung erzählt. Ich nicke zustimmend und lausche den Klängen guter Musik. Überhaupt ist die musikalische Auswahl in diesem Bericht passend und ganz darüber hinaus ausgezeichnet. Es geht weiter: Punk -> Post-Punk -> Gothic. So ist es.

Kommen wir zur jüngsten Generation, hier dargestellt an den Cybern. Das kennen wir schon, Poser, Party und Tanzen. Schnell nochmal das Genre Industrial falsch dargestellt. Ich bin geneigt vorzuspulen. „Die Cyber-Goths sind die Goths der Zukunft.“ Ein Satz, über den sich schon viele bei Facebook ausführlich ausgelassen haben. Egal wie man diesen Satz deutet, die Zukunft ist ungeschrieben. Ihr kennt meine Meinung, ausdifferenzieren, ihr eigenes Ding machen und gut ist. Kämpfen für eine bessere Zukunft, die sich an alten Werten orientiert, ohne neue Strömungen zu vernachlässigen. Kein Satz, über den ich mich aufregen kann, denn betrachtet man die Szene von außen, zeigt sich genau dieses Bild. Bunt, schrill, laut. Und immer noch bestreite ich, dass das eine mögliche Zukunft sein kann, denn Cyber ist meiner Ansicht nach auf dem Rückzug.  „Wir wollen die Gothic-Szene ändern.“ Ich möchte ihm sagen: Versuche nichts zu ändern was sich nicht ändern will, mach‘ Dein eigenes Ding. Das in dem jungen Mann mehr steckt, erfahre ich später.

Rogue von den Crüxshadows über die Musik: „Was die Gothic Musik ausmacht, sind nicht die technischen Elemente, sondern die Thematik der Songs.“ Auch das ist meiner Ansicht nach so, Gothic trägt sich durch viele Musik-Arten.  Fetisch + Gothic flimmert über die Mattscheibe. Für mich gehört das nicht zusammen, dass es aber in der Szene präsent ist, darf man als Fakt betrachten. Die Zukunft ist jedoch, wie bereits erwähnt, ungeschrieben. Wir arbeiten daran ;-) Viele Berliner Alt-Gothics fühlen sich meiner Erfahrung nach durch die Fetischisten angezogen, wer weiß, vielleicht ist das die verloren gegangene Provokation, die man heute in einfachen schwarzen Klamotten nicht mehr erreicht.

Annie Burger-Roussenac, die als Autorin und Kennerin der Gothic-Szene vorgestellt wird, bemängelt das Fehlen von Utopien, sie vermutet, die Gothics schaffen sich aufgrund des Bewusstsein nichts ändern zu können, eine eigene Welt, in der sie Ihre Utopien ausleben können. Ich bin mir da nicht so sicher. Der Gesellschaft mangelt es eher an der Perspektive etwas ändern zu können, viele Gothics leben aber bereits ein alternatives Leben. Wir schaffen uns keine Parallelwelt, in der wir uns ausleben können, sondern machen die Welt in der wir leben zu etwas besonderem. Vielleicht habe ich aber auch nur etwas falsch verstanden.

Es folgt ein Schaubild, das ich nicht unkommentiert lassen will. 1982 soll es in England losgegangen sein, um dann 1990 in den Ostblock zu schwappen. Diesen Eindruck teile ich nicht. Gothic ist bereits Ende der 70er schleichend in die Musik-Szene in England geschwappt. 1982 hat das Kind vielleicht einen Namen bekommen. Aber Ostblock? Soweit würde ich nicht gehen, vielleicht im übertragenen Sinne, denn meiner Ansicht nach hat die deutsche Szene durch den Mauerfall einen entscheidenden Impuls erhalten, weiterzuexistieren. Die Veränderung im Ostblock führten dazu, das ist richtig. Aber die Szene schwappte nicht, wie dargestellt, dorthin.

Kommerz Kommerz

„Die Gothic-Szene ist ein florierender Markt.[…] Sind die Goths Opfer ihres eigenen Erfolgs? Werden sie von der Konsumwelt eingeholt, der sie eigentlich entfliehen wollten?“ So wie der Sprecher es zusammenfasst so ist es. Gothics von heute sind bequem geworden, da möchte ich mich nicht ausnehmen. Wir profitieren vom Angebot, können uns 24 Stunden lang in hunderten Internet-Shops bedienen und bekommen auf Festivals ein Überangebot an dem, was wir als ästhetisch empfinden. Der Markt profitiert von uns, Angebot durch Nachfrage. Als es nichts gab, hat man es selber gestaltet, heute wird jeder Trend aufgegriffen und in ein Konsumprodukt an jedermann gebracht. Wir sind die Opfer unseres eigenen Erfolgs. Hat uns die Konsumwelt eingeholt? Vielleicht ist es so, aber nur, weil wir uns einholen lassen. Wir sollten uns die Frage stellen, wohin wir möchten. Jeder der darüber meckert, wie Konsumlastig ein Festival ist, hat die Wahl. Wir müssen sie nur treffen.

Auch die rechte Ästhetik wird aufgegriffen. Olivier Tarabo bringt es auf den Punkt: „Ihr wollt nicht sehen was euch aufregt, aber genau das zeige ich Euch. Mit Hakenkreuzen zum Beispiel. Mit allem was euch ärgert. Es geht ums kaputtmachen, ums zerstören, ums widersprechen. Insofern hat es auch eine anarchistische Seite. Es ist ein Schlag ins Gesicht.“ Wir sollten uns schlagen lassen um nachzudenken, nicht um das zu kopieren was wir sehen. Provokation sollte keine Mode werden.

Chancy hat zwei Fehler gemacht

Der junge Cyber bekommt meiner Ansicht nach eine wichtige Rolle in der Cyber-Diskussion. Er hat Fehler gemacht, aber auch ganz viel Richtig gemacht. Es gibt einige wichtige Dinge, die ihn von all den konsumierenden Cyber unterscheidet, etwas, von dem sich viele eine Scheibe abschneiden können. Er ist leidenschaftlich, engagiert und hat ein Ziel vor Augen. Er veranstaltet seine eigene Party, sein ganz eigenes Ding. Es mangelt ihm noch an Professionalität, aber nicht an Überzeugung. Er steht für mich als Sinnbild einer möglichen Zukunft. Die Cyber machen ihr eigenes Ding, als Ableger einer anderen Subkultur. Chancy macht es vor.

Phil K, der nun interviewt wird, erklärt die Kluft zwischen den Welten: „Heute wird so ziemlich alles da hinineinprojeziert. Manche nennen sich Gothics, sind vom Look aber Cyber-Punks. Mein Eindruck ist, das der Look wichtiger geworden ist, als die Musik. Gothic ist heute mehr eine Mode als eine Bewegung. Ursprünglich war das mal anders.“ War das wirklich so? Oder hören wir das verklärte Bild eines Urgesteins? Meiner Ansicht nach wurde Gothic schon Mitte der 80er zur Mode, spätestens, als Jugendzeitschriften diesen Look vorstellten.

Fazit: Ist die Szene tot?

Glücklicherweise, “ so Le Boucanier, „gibt es noch Bands, die die Bewegung am Leben erhalten, ich glaube das sie heute die Gothic-Bewegung ausmachen.“ Nicht zu vergessen die Szene-Anhänger, die diese Musik immer noch fordern. Nicht zu vergessen die Anhänger, die in Gothic mehr sehen als Musik und Mode. Die Anhänger, die auch in der Lage sind einer neuen Generation eine alte Richtung zu geben und zu staunen, wie sie den Weg gehen werden.

Die Dokumentation halte ich unterdessen für sehr gelungen. Sie zeigt den IST-Zustand und lässt einige Menschen zu Wort kommen, die in der Summe die Grundpfeiler einer Bewegung definieren, so wie ich sie mir vorstelle.

Warum also darüber aufregen? Nun, es mag an einer Erwartungshaltung liegen. An der Erwartung genau das zu sehen, was einen stört. Für mich sind hier einige sehr interessante Menschen zu Wort gekommen die es tatsächlich schaffen, der Szene eine Art von Definition zu geben. Wer nicht weiß, was ich meine möge sich die Zitate von Olivier Tarabo, Katmi, Dunja Brill und Le Boucanier nochmals zu Gemüte führen. Was haben wir denn erwartet? Antworten auf Fragen, die wir uns selber stellen? Neue Facetten einer 30 Jahre alten Szene? Wir sollten unsere Erwartungshaltung überprüfen und dürfen nicht vergessen, dass sich die meisten hier schon Jahre in der Szene bewegen. Für den jungen Nachwuchs-Goth oder den interessierten Menschen von nebenan ist diese Doku ausgezeichnet. IST-Zustand.

Ist es Verarschung eine Doku über Gothic anzukündigen um dann Cyber und Fetisch zu sehen? Nein, das ist Realität. Wollen wir etwas von dem sehen, was wir uns unter einer Gothic-Dokumentation vorstellen, müssen wir handeln. So wie Chancy, der jungen Cyber. Wir müssen es selber machen. Mit Leidenschaft und Engagement. Und so kommt es, dass sich der Kreis schließt. Der junge Cyber aus Paris zeigt, wie Gothic in der Zukunft aussieht. Nicht nur konsumieren, sondern mitgestalten, vorleben und weitergeben. Leidenschaften und Ideen einbringen anstatt nur darauf zu warten, dass etwas passiert. Sonst sieht es schwarz bunt aus für die Szene.

Musikperlen – Vergib mir niemals mehr (Tauchgang #26)

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Vor ziemlich genau 10 Jahren gründete sich „Frustration“, die sich durch Bands wie Joy Division, Killing Joke oder auch Crisis beeinflusst zeigen und eine Mischung aus Postpunk und Coldwave präsentieren, wenn man die Franzosen in der Undurchsichtigkeit der Genre-Grenzen überhaupt einordnen kann.  Man mag es als Retro-Welle bezeichnen, als „Aufwärmen“. Ich stelle mir die Frage, was schlecht daran sein soll.  In einem Interview mit dem OX bericht Drummer Mark über die Idee dahinter: „Zur Abwechslung haben wir uns entschieden, die dunkle, kalte, traurige aber angespannte Seite des Rock’n’Roll zu erforschen. Wir wurden beeinflusst durch Postpunk- und Coldwave-Bands wie CRISIS, WARSAW/JOY DIVISION, KILLING JOKE und THE FALL. Wir fühlen uns mehr wie eine moderne, 80er-Jahre-orientierte Band, als wie eine Revival-Band. Wir versuchen nicht etwas zu reproduzieren, sondern neue Songs zu kreieren.“ Es ist ihnen gelungen:

How to destroy Angels – Keep it together

Nomen est Omen. Trent Reznor, Kopf hinter dem Musikprojekt Nine inch Nails widmet sich zur Zeit seinem Ableger „How to Destroy Angels“, dass er 2010 mit seiner Frau und Atticus Ross gründete. Und wo Reznor draufsteht ist auch Reznor drin, der stark elektronisch geprägte Song erinnert auch die neuesten Ableger anderer Helden der schwarzen. So musste ich unweigerlich an VCMG denken, in dem sich Vince Clarke und Martin Gore ebenfalls elektronisch ausprobieren. Ob hier der Name oder die Musik für entsprechende Aufmerksamkeit sorgt, liegt im Auge des Betrachters. „Keep it together“ zeigt jedenfalls im Stile von „Dark-Ambient“ welche Ideen ein Reznor so durch den Kopf gehen. Düstere Soundkonstruktionen, eingehende Beats und ein dahingehauchter Gesang. Die dazugehörige EP „An Omen“ erscheint am 13. November.

Tommi Stumpff – Niemals Mehr

In den späten 70ern hinterließ Stumpff einen bleibenden Eindruck als Kopf der Düsseldorfer Punkband „Der KFC“ , bevor er sich 1982 auf eigenen Pfaden bewegte. Fasziniert von Elektronik und Computern schuf und legte er bis 1993 einige eindrucksvolle EBM-Meilensteine. „Massaker“ ist das bekannteste Stück, dass rund 13 Minuten die Tanzflächen füllte. Zusammen mit Silvia Nemanic probierte sich Stumpff auch in der Neuen Deutschen Welle. Das gleichnamige Album „Silvia“ erreichte in der Wave-Szene einige Berühmtheit, nicht zuletzt weil die Klangkonstruktionen überhaupt nicht in das belanglos klingende Schema eines NDW-Songs passten. (Silvia – Zuerst Ich bildete die Brücke zum NDW, während Silvia – Sauf und Stirb seiner Zeit voraus war und Stumpffs spätere Ausrichtung deutlich macht). Auf seinem späteren Album „Terror II“ erschien auch das düstere Stück „Niemals Mehr“, dass nach rund 25 Jahren auch ein offizielles Video spendiert bekommt. Zusammen mit Peggy Johanson setzt er den eher melancholischen Song um. Großartig. Zeitlos.

Eine Wagenladung Musik mit Aeterna, Eldar und The Deadfly Ensemble

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Nachschub aus der Musikredaktion. Wie bereits angekündigt, hat Piet deutlich mehr auf die Ohren bekommen, als es für einen Artikel dazu ratsam wäre.  Aus dem Bereich „Neofolk“ stellt er das zweite Album der ewigen Aeterna vor, dass er mit dem Titel Abyssos für eine Kaufempfehlung an die Fans dieses Genre weitergibt. Auch für Kenner, die Lucas Lanthier von „Cinema Strange“ schon vermisst haben, hat er Neuigkeiten. An Instructional Guide for Aspiring Arsonists nennt er das neueste Album seines Nebenprojektes „The Deadfly Ensemble“, in dem er gewohnte Klänge mit dem Stil folkloristischer Kammermusik mischt. Eine ganz andere Mischung präsentieren die Italiener von Eldar. Dark Ambient mit Elementen des Ritual versprechen sphärische Klänge. The Secret Golden Flower ist mit nachdenklich-poetischen Texten eine passenden Inspiration für die dunkleren Jahreszeiten.

Über euer Feedback zu den Neuveröffentlichung und Anregungen zu dieser Rubrik würden wir uns auch weiterhin freuen. Der Rückblick auf den (noch) aktuellen Monat wird auch nicht mehr solange auf sich warten lassen.

Aeterna – Abyssos

Aeterna - Abyssos„Abyssos“ ist das zweite Album der deutschen Gruppe „Aeterna“ (lat. für „ewig“), welche damit erneut aus den Bereichen „Neofolk“, „Dark Ambient“ und „Martial Industrial“ speist und einen Stil (musikalisch, besonders aber textlich) weiter trägt  den man endlich wieder getrost als „Apocalyptic Folk“ bezeichnen kann. Während das Debüt aus dem Jahre 2009 noch beim legendären Label „Cold Meat Industry“ erschien, haben sie nun ihre neue Heimat beim kleinen Label „Lichterklang“ gefunden.

Musikalisch nicht an dem Willen zur Perfektion leidend, schaffen sie hier ein Werk, welches viele Höhen, allerdings auch so manche Tiefen bereithält. Besonders der weibliche Gesang stößt hier bei Liedern wie „Eternal War“ oder „Secrets of the Hear“ recht schnell an ihre Grenzen, obwohl gerade hier die instrumentale Grundlage Hoffnung auf vieles macht. Es wechseln sich über das ganze Werk Frauen- mit Männergesang, als auch Lieder mit Text wie ohne ab. Besonders die Lieder „The End is near“ (zusammen mit den Schweden von „Sub Luna“), welches vielleicht vom Titel nicht besonders innovativ klingt, sich aber als wahrhaftige „Apocalyptic Folk“ Hymne entpuppt, sowieso das Stück „Antichrist“ welches von einer Männerstimme mehr vorgelesen als gesungen wird und Friedrich Nietzsche unter düster-martialischem Tone zitiert sind hier hervorzuheben.

Das es sich bei der Veröffentlichung um die eines kleinen Labels handelt, hört man leider manchmal ein wenig zu sehr heraus, ironischerweise gerade bei der schon erwähnten Hymne „The End is near“ besonders deutlich. Ansonsten eine klare Kaufempfehlung für all diejenigen, die sich für die erwähnten Genres interessieren und bei all denen die nicht nur Lagerfeuer und Naturlobgesänge sondern auch wieder Musik passend zum Weltuntergang hören möchten.

Internetseite: Aeterna@Facebook – Label: Lichterklang – Preis: 13 Euro

The Deadfly Ensemble – An Instructional Guide For Aspiring Arsonists

The Deadfly Ensemble - An Instructional Guide for Aspiring ArsonistsGanze 5 Jahre musste man auf Neuigkeiten von Lucas Lanthier warten. Nachdem er mit „Cinema Strange“ sein letztes Werk bereits im Jahre 2006 veröffentlicht hat, widmete er sich vermehrt, seinem ehemaligen Nebenprojekt „The Deadfly Ensemble“. Wie auch auf den ersten beiden Alben werden hier Elemente verbunden, welche man noch aus Zeiten früherer „Cinema Strange“ Stücke als auch von folkloristischer Kammermusik her kennt.

In diese Musik werden – meist sehr gekonnt – Geschichten über alle möglichen illustren Gestalten eingebaut und verstärkt den Effekt des extrem schrägen Auftretens. Doch auch instrumentale Stücke sind wieder vorhanden. Hier besonders hervorzuheben ist das Stück „Commercial Success“, welches anfangs womöglich auch viele „strange“ finden werden – ganz besonders in Verbindung mit dem offiziellen Videoclip – verlässt aber die Gehörgänge unter Umständen erst nach Tagen wieder. Als Anspieltipp würde ich hier „Concerning Two Lunatic Vagabonds Of The Middle Ages„ empfehlen, ein Stück getragen von einer – angenehm von einem Streicher untermauerten – Melodie in welcher (wie der Titel schon vermuten lässt) ein Gespräch 2er Menschen im Mittelalter von Lucas Lanthier´s Stimme eingewoben wird. Wirkliche Aussetzer gibt es nicht, es gehört zu diesen Alben in die jeder einmal reingehört haben sollte.

Internetseite: The Deadfly Ensemble – Label: Projekt Darkwave – Preis: 14 Dollar

Eldar – The Secret Golden Flower

Eldar - The Secret Golden FlowerEs gibt Bands, die lange einen sehr ähnlichen Stil verfolgen und auf einmal kommt ein neues Album in dem zwar der alte Stil immernoch klar erkennbar ist, es aber in vielerlei Hinsicht doch anders klingt. Das neue Album von „Eldar“ gehört ganz klar dazu. Während noch auf den letzten Veröffentlichungen eine Mischung aus „Dark Ambient“ und einem bombastischen „Martial Industrial“ á la „Triarii“ zu hören war, hat man den letzten Teil größtenteils verworfen, den Stimmverzerrer in die Ecke gestellt und stattdessen mit echten, unverfälschten Stimmen und fast schon rituellen Schlagwerk abgelöst.

Diese Neuerung tut den Italienern sehr gut und wertet deren Musik noch einmal auf. Die „Dark Ambient“ Passagen laden weiterhin zu träumen ein, werden jedoch mit nachdenklich-poetischen Texten verbunden, was man besonders in diesem Genre nicht allzu oft hört. Man beschäftigt sich bei jedem Lied mit einem einzelnen Thema auf mythologisch-metaphorischer Ebene. Hierbei sei besonders das Stück „God“ erwähnt, welches besonders gut den neuen Stil darlegt.

Es wechseln sich auch hier über das ganze Album Männer- und Frauengesang, sowie langsame, ruhige mit schnelleren – von Schlagwerk durchzogenen – vom „Ritual“-beeinflusste Stücke ab. Ein sehr gelungenes Album für Tage an denen man am liebsten im dunklen Raum sitzt und bei Kerzenschein alleine der Musik lauscht um in andere Welten zu tauchen.

Internetseite: Eldar – Label: Old Europa Cafe – Preis: 13€

1.Dezember 2012: Spontis plant den musikalisch-romantischen Rausch in Frankfurt

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Wie bereits in einem Beitrag über die Ausstellung „Schwarze Romantik von Goya bis Ernst“ angekündigt, möchten wir nun Sargnägel mit Köpfen machen. Am Samstag, dem 1. Dezember besuchen wir das Städel Museum in Frankfurt und alle Leser sind dazu aufgerufen, durch ihre Teilnahme ein kleines Spontis-Family Treffen daraus zu machen. Die Ausstellung war schon mehrfach Thema im Blog, wer möchte kann sich in den Artikeln eingehend darüber informieren.

Nach der Ausstellung wollen wir gemeinsam zum Cold Insanity Fesitval meets Desperate Society, das im Frankfurter Club „Das Bett“ stattfindet. Hier erwarten euch einige tolle Bands aus dem Post-Punk und Wave-Umfeld, von denen der eine oder andere bereits etwas gehört hat. Alles Weitere dazu finden sich im Artikel.

Zusammen mit Piet Noir, der sich bei Spontis als Musikredakteur einen Namen gemacht hat, haben wir ein mögliches Programm auf die Beine gestellt, das unter dem Motto „Kunst & Musik“ steht.  Wer kein Interesse am Festival hat, ist trotzdem am Museum gerne gesehen, wer keine Lust auf eine Ausstellung hat, ist auch beim musikalischen Abend ein erwünschter Gast.

Ablauf: Museumsbesuch

Treffpunkt ist das Museum selbst (Schaumainkai 63), vor dem wir uns am Samstag um 13:30 treffen möchten. Haben wir eine entsprechend große Gruppe zusammen (mehr als 10 Personen), beträgt der Eintritt pro Schwarzkittel nur noch 10€ (anstatt 12€ zum regulären Preis). Bei entsprechender Resonanz durch EUCH, werden wir versuchen, eine Führung zu organisieren. Geplanter Beginn ist um 14:00.  Daher wäre es sinnvoll, neben euren Kommentaren zu diesem Artikel eine möglichst feste Aussage zu treffen, ob und mit wie vielen Personen ihr zum Museum kommen möchtet.

Die Führung beginnt um 14:30, wir brauchen aber etwa eine halbe Stunde vor Beginn um Eintritt und Gruppenausrüstung aufzunehmen. Die Führung dauert voraussichtlich 1 Stunde.

Nach der Führung könnt ihr / können wir die Ausstellung auf eigene Faust erkunden oder uns irgendwo gemeinsam niederlassen um die Eindrücke zu verarbeiten ;) Um 18:00 beginnt der Einlass im „Bett“.

Ablauf: Cold Insanity Festival meets Desperate Society

Cold Insanity Festival - Dezember 2012Vom Museum  zum Club „Das Bett“ (Schmidtstr. 12 ) sind es etwa 5,5 km. Wie wir uns dorthin begeben, werden wir wohl vor Ort entscheiden, je nachdem wie viel Zeit wir dazwischen haben und welche Temperaturen vorherrschen (und natürlich auch wie viele Autos vorhanden sind).

Im „Bett“ erwartet jeden, der sich auch nur ein wenig im Wave/Gothic/Post Punk Umfeld auskennt, eine wahre Offenbarung: Die legendäre Post Punk/Wave Band Chameleons (Vox) spielt zusammen mit der 90ies Goth Rock Band „Vendemmmian“, der Dark Wave/Goth Rock Hoffnung aus UK „The Last Cry“ und dem italienischen Newcomer „Christine plays Viola“, der sich ebenfalls am Post Punk und Dark Wave der 80er orientiert.

Wer sich näher über die einzelnen Bands informieren möchte, kann das auf der Internetseite des Veranstalters tun. Einlass ist um 18:00 Uhr und der VVK-Preis von 16 Euro gerechtfertigt angesichts dieser Fülle an interessanten, als auch bekannten Bands.

Organisatorisches

Grundsätzlich ist jeder selbst für seine Unterbringung, das Besorgen der Karten für das Festival (nicht fürs Museum!) und die Anreise verantwortlich. Es würde uns jedoch freuen, wenn sich Fahrgemeinschaften und Unterbringungsmöglichkeiten in der Gemeinschaft ergeben, um die Kosten für jeden einzelnen möglichst gering zu halten.

Teilnehmern mit weiter Anreise, die dort übernachten müssen, sei das Goethe Hotel in unmittelbarer Nähe (1-2 Minuten zu Fuß) empfohlen. Es bietet die Möglichkeit, diesen Tag entspannt auszuklingen zu lassen. Ein Einzelzimmer kostet hier 41 Euro (inkl. Frühstück) und eine Doppelzimmer 51 Euro (inkl. Frühstück). Es macht also durchaus Sinn, sich für Doppelzimmer zusammenzuschließen.

Nutzt die Kommentare bitte für eure Anregungen, Fragen und Hinweise. Feste Zusagen bitte in FETTER Schrift darstellen! Das ist wichtig, um uns als Gruppe anzumelden, vom vergünstigten Eintritt zu profitieren und eine Führung zu genießen. Anmeldeschluss für die Führung/Gruppe ist der 4. November.

Vorläufige Teilnehmerliste:

  • Rosa Chalybeia, Christian, Schatten, Grabesmond Noctura, Piet Noir, Sophia Casquette, Konrad Earl Grey, Karnstein, Libbit von Geisterwalde, Sophia Intoleranta, Silvia und Freundin, Marcus Rietzsch + Edith (?), Robert + Sabrina , Alva Katharin + Anhang, Guldhan, Victoria, Scyllarus, Schwarzer Baas und Frau – sind bis jetzt 23 Personen

Teilnehmer Museum + Führung: 

  • 1 – Rosa Chalybeia, 2 – Christian, 3 – Schatten, 4- Grabesmond Noctura, 5 – Piet Noir, 6 – Sophia Casquette, 7 – Konrad Earl Grey, 8 – Karnstein, 9 – Libbit von Geisterwalde, 10 – Sophia Intoleranta, 11 – Silvia und 12 – Freundin, 13 – Robert + 14 – Sabrina , 15 – Alva Katharina + 16 – Anhang, 17 – Guldhan, 18 – Victoria, 19 – Schwarzer Baas + 20 – Frau, 21 – Marc, 22 – Rania &  23 – Henri, 24 – Scyllarus, 25 – Kathi – sind 25 Personen

Bin ich ein schwarzer Romantiker?

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Eigentlich sollte das Thema der Blogparade „Ich bin ein schwarzer Romantiker, weil…“ lauten, doch trotz intensiver Überlegung ist es mir nicht möglich, eine abschließende Antwort auf die Frage zu geben. Worum geht es? Das Städel Museum, das noch bis zum Januar 2013 die Ausstellung „Schwarze Romantik“ beherbergt, hat zu einer Blogparade mit diesem Thema aufgerufen. Wie ich bereits in einem Artikel dazu angekündigt habe, werden wir uns die Ausstellung ansehen und würden uns freuen, wenn daraus ein kleines Spontis-Treffen wird. Interessierte markieren sich den 1. Dezember in ihrem schwarzen Kalender, alles Weitere gibt es in Kürze.

Das Museum streift ein vermeintlich staubiges Image ab und eröffnete im  September 2011 einen Blog, ist seit 2009 in zahlreichen sozialen Netzwerken unterwegs und pflegt auch sonst eine sehr lebendige Kommunikations-Kultur. So wurde man auf meinen Artikel aufmerksam und lud mich zu einem „Community-Abend mit Tweetup und Blogparade im Städel“ ein, der heute Abend ab 18:00 im Rahmen des StARTCamp Frankfurt im Städel Museum stattfindet. Teilnehmen kann ich leider nicht, finde die Idee aber großartig, der sonst so elitären klassischen Kunst eine breite Plattform zu geben. So begnüge ich mich mit dem durchaus interessanten Thema der  Blogparade, an der man noch bis zum 31. Oktober  teilnehmen kann.

Zurück zur Fragestellung: Bin ich ein schwarzer Romantiker?

Filmstill mit dunkler Landschaft
Friedrich Wilhelm Murnau (1888–1931), Faust – Eine deutsche Volkssage, Deutschland 1926, Filmstill – Stummfilm, schwarz-weiß, deutsche Zwischentitel © Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung

Romantiker, so scheint jedenfalls die heutige Auffassung zu sein, lieben das romantische Ambiente. Das Herstellen einer besonderen Stimmung als Ausdruck der besonderen Zuneigung zu einem anderen Menschen. So klingt es jedenfalls, wenn ich versuche, es sachlich zu formulieren. Und in der Tat trifft auch das auf mich zu. Beim Abendessen beispielsweise brennen häufig Kerzen und der Tisch ist hübsch gedeckt. Das übrige Licht wird abgedunkelt, im Hintergrund läuft im Idealfall etwas Ruhiges von The Cure oder wahlweise etwas von Helium Vola, je nach Stimmung und Anlass. Ich bereite alles vor und freue mich darauf, mit meiner Partnerin in diese Atmosphäre einzutauchen, um so den Alltag auszublenden. Romantisch?

Die Tatsache, dass Kerzen – häufig in Form von Grablichtern – die umgebenden Objekte wie Fledermäuse, Totenköpfe und Eulen in ein flackerndes und extrem mystisches Licht tauchen, könnte man – neben der ausgewählten Musik – als Klischee bezeichnen, oder eben als „Schwarze Romantik“.  Doch das ist nur ein Teil von dem, was ich unter Romantik verstehe.

Romantik ist für mich auch Leidenschaft, Sehnsucht und Melancholie. Der Wunsch, einen Zustand herzustellen, der nicht möglich erscheint, und sich daher in Phantasien und Gefühlen manifestiert. Tief empfundene Traurigkeit und die Sehnsucht nach einem besseren Jetzt. Die Nacht ist für mich die romantischste Tageszeit. Der Sonnenuntergang läutet die Zeit der Stille ein, in der das Auge vieler seiner Wahrnehmungen beraubt wird. Die einkehrende Stille hüllt das Selbst in eine beruhigende Glocke der Einsamkeit, man fühlt intensiver, ist nachdenklicher, kreativer und konzentrierter. Die Phantasie benutzt die Leinwand der Nacht für ihre ganz eigenen Projektionen. Ist das „schwarze Romantik“?

Kunst und Gefühl

Ein Friedhof im Sonnenuntergang
Caspar David Friedrich (1774–1840)
Kügelgens Grab, 1821/22
Die Lübecker Museen, Museum Behnhaus Drägerhaus, Leihgabe aus Privatbesitz

Die „Schwarze Romantik“ ist jedoch eine Kunstrichtung. Eine trockene Genrebezeichnung für Künstler mit dunklem Gemüt. Künstler, die eben diese Gefühle mit ihrer Kunst verknüpften und Bilder mit ihrer ganz eigenen Stimmung schufen. Bin ich einer von ihnen? Nein, ich denke nicht. Ich möchte dennoch schildern, warum ich die Bilder und Kunstwerke, die diesem Genre zugeordnet werden, so mag. Vielleicht könnte man das mit der Aussage „Ich bin ein schwarzer Romantiker, weil…“ betiteln.

Es sind Bilder wie das von Caspar David Friedrich, die mich zum Träumen einladen. Der Hintergrund verschwimmt, während ich das Bild betrachte. Ich entdecke Details und erkunde das, was mein Auge sieht. Der Geruch der feuchten Erde kitzelt meine Nase, der leichte Wind wiegt die knorrigen Äste der Bäume. Vor mir sehe ich den Friedhof, den auch Friedrich sah und genieße das Absolute des Todes. Es ist allgegenwärtig und doch nicht präsent. Keine Lebenden auf dem Friedhof, nur der Gedanken an das Vergangene. Was mögen wohl für Geschichten begraben sein? Was erzählt uns die Inschrift auf einem Kreuz?

Ich finde einige der Bilder faszinierend, weil sie eben nicht blühende Sommerwiesen oder im Glanz der Sonne erstrahlende Landschaften zeigen. Sie lenken nicht ab, sie konfrontieren.

Was will uns der Künstler damit sagen?“ – Ich hasse diese – zugegeben klischeehafte – pseudointellektuelle Herangehensweise an gemalte Kunst. Oftmals versucht man herauszufinden, welche Botschaft hinter einem Bild steckt, welche Aussage ein Bild hat und verknüpft biographisches Fachwissen mit einer kruden Interpretation. Muss ein Bild denn etwas sagen? Will uns der Künstler nicht einfach nur einladen, durch seine Augen zu sehen um dann eine eigene Interpretation zu kreieren?

Für mich ist ein Bild, das mein Auge fasziniert, eine Einladung zur Reise in die eigene Gedankenwelt. Eine Verbindung zum Verborgenen, ein Katalysator für Ungedachtes. Ob mich das zu einem schwarzen Romantiker macht, weiß ich nicht. Eine abschließende Antwort oder Erklärung gibt es nicht. Es gibt keine brauchbare Definition dieser Bezeichnung und das sage ich nicht, weil ich mich partout nicht einordnen lassen will. Ich weiß einfach nur nicht, was einen schwarzen Romantiker ausmacht. Vielen Dank an das Städel Museum, das es mir erlaubt hat, die Fotos der Bilder in diesem Artikel zu benutzen.

Ein schwarzer Abend im Zwischenfall, vor 22 Jahren

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Das Zwischenfall ist Geschichte, seitdem ein Feuer im August 2011 das Gebäude völlig zerstörte.  In Form von Veranstaltungen an verschiedenen Orten in der Umgebung, versucht man seitdem den Kontakt zur Vergangenheit nicht abreißen zu lassen. Auf der ehemaligen Internetseite des Club wird seitdem darüber informiert. Der Club in Bochum-Langendreer ist eine Legende, für die meisten regelmäßigen Besucher wurde er die musikalische Heimat und Treffpunkt für Gleichgesinnte. In den Köpfen vieler „Veteranen“ muss sich jeder neue Club mit dem Zwischenfall messen, die meisten versagen leider. Viele Szene-Gänger, die erst seit einigen Jahren ihren Weg in die schwarze Subkultur gefunden haben, fragen sich seit dem, wie es denn so war, damals im Zwischenfall.

Glücklicherweise gibt „metabaron65“, der uns auf Youtube mit einigen selbstgedrehten Aufnahmen aus dieser Zeit beglückt und damit einen kleinen Ausflug in das Jahr 1991 möglich macht. Für Veteranen zum Schwelgen, für Neulinge zum Staunen. Neulich im Zwischenfall, eine ganze Stunde lang:

Leider sind beide Videos nicht mehr verfügbar. Vielleicht hat ja der Uploader, der die Filme gemacht hat, ja mal bei mir melden. Möglicherweise finden wir ja einen Weg, diese Zeitdokumente einer kleinen Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Dusk to Dawn: Remains – Schallplatten passen nicht in Briefkästen

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Neulich im Briefkasten: „Wir haben sie nicht angetroffen, sie können ihre Sendung ab 10:00 des folgenden Werktages bei folgender Filiale abholen…“ Ich habe doch gar nichts bestellt? Wird mein Mausfinger auf irgendeiner Shopping-Seite mit mir durchgegangen sein? Nagende Ungewissheit bis zum nächsten Tag. Dann die Überraschung: In einem Paket fand sich die Schallplatte „Remains“ von der Band Dusk to Dawn, über die ich bereits vor einiger Zeit berichtet habe. Seit 1991 treiben sich Achim Zolke, Jörg Erren und Andreas Kleinwächter musikalisch herum, bevor sie 1997 eine kleine Pause einlegten. Einer aktiven Netzgemeinde ist es wohl zu verdanken, dass man sich 2011 wieder zusammensetzte, um neue Songs aufzunehmen.

Dusk to Dawn - RemainsVor genau 20 Jahren veröffentlichten die Band aus der lokalen Nachbarschaft ihr Debüt „Before the Eye“, die sie jetzt in aufpolierter Form beim spanischen Laben Atemporal Records in Vinyl verewigen ließen. Die Band geht mit der Zeit, denn „Before the Eye“ erschien damals ausschließlich auf Kassetten, die leichter und günstiger zu produzieren waren. Jetzt gehen sie den nächsten „logischen“ Schritt und veröffentlichen eine Schallplatte bei einem Label. Klingt doch einleuchtend, oder? Für mich ist das die konsequente Fortsetzung eines Stils, den ich schon lange in den Tiefen der Digitalisierung vermisst habe. Warum den dritten Schritt vor dem zweiten wagen? Die Musik passt zur Entschleunigung unseres Alltag, klassischer Gothic-Rock mit einem Schuss Wave erinnern mich an alte Zeiten.

Doch zurück zur Anfang. Mir fällt auf, dass ich es in Zeiten von Mp3 Downloads und CDs in Luftpolsterumschlägen einfach nicht mehr gewohnt bin, Musik bei der Post abzuholen. Verrückt, früher war mir kein Weg zum Plattenladen zu weit. Ich halte also die Schallplatte in meinen sichtlich überraschten Händen, bin verwundert und dankbar für dieses Geschenk, dass ich so nicht erwartet habe. Doch was jetzt? Ich habe gar keinen Plattenspieler! Es war wohl Ende der 80er Jahre, als ich meinen Plattenspieler, den ich von meinem Vater geschenkt bekam, zum letzten mal benutzte. Ich fand es wohl unheimlich toll herauszufinden, wie man dass mit dem „Scratchen“ macht, dass mich damals in Form eines alten Klassikers neugierig machte. Lange rede kurzer Sinn, die Nadel überlebte nicht. Eine neue kostete damals 50 DM, was mein knappes Budget deutlich überstieg. 1 Jahr später folgte der erste CD-Player.

Jetzt habe ich immer noch die Platte in der Hand und frage mich, was ich machen soll. Ich bin aufgeschmissen. Und doch regt sich in mir die Lust an der Nostalgie, die Neugier die Platte der sympathischen Grevenbroicher zu hören und wieder einmal Musik so zu genießen, wie ich damit groß geworden bin. Dusk to Dawn hat es geschafft, ich habe mir einen Plattenspieler bestellt. Mit ihrem Album „Remains“ haben sie es geschafft, mir etwas von dem wiederzugeben, was ich verloren glaubte. Nostalgie, Aufmerksamkeiten und gute Musik. Eine guten Gelegenheit, ein paar alte Platten aus dem Keller zu holen, in alten Kartons zu wühlen und auf dem Trödelmarkt nach alten Schätzen zu forschen. Ich bin geneigt, Plattenliebhabern recht zu geben, Musik ist auch ein haptisches Gefühl. Vielleicht werde ich auch einfach älter.

Immerhin kann ich jetzt auf die Frage, warum ich mir jetzt noch einen Plattenspieler kaufe, ein kleine Geschichte erzählen. Von Kassetten, Mp3, CDs und von Dusk to Dawn:

Informationen:

Spontis Wochenschau #13/2012

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Nahrungsaufnahme ist ein notwendiges Ritual zur Aufrechterhaltung wichtiger Körperfunktionen und kommt gleich nach Trinken auf Platz 2 unverzichtbarer Angewohnheiten. Um jedoch Nahrung vorrätig zu haben, bedarf es des „Einkaufens“, einer lästigen, verstörenden und äußerst grotesken Form möglicher Tätigkeiten. Warum ich unbedingt immer bis Samstag warten muss, um den leeren Kühlschrank mit frischen Einkäufen zu bestücken, bleibt mir jedoch rätselhaft. Gelegenheit hatte ich schon vorher, ich habe es jedoch vorgezogen, diese lästige Pflicht solange nach hinten zu schieben, bis das Licht aus dem Kühlschrank beim Öffnen blendet. Und so tummelt man sich zwischen unzähligen Jägern und Sammlern, die auf der Suche nach den besten Produkten der Natur schon mal die Arme ausfahren um sich die schönste Gurke, die besten Paprika und die am wenigsten verdötschten Tomaten herauszusuchen. Andere testen ausgiebig das vorhandene Angebot an Weintrauben. Sie essen den halben Fruchtstamm leer um festzustellen, dass es sich um gute Qualität handelt, um sich dann eine frische Ladung in die Tüte zu stecken. Die Angebissenen legen sie freilich wieder zurück, wer will sowas schon kaufen? Während ich noch kopfschüttelnd das Weite suche und zum meinem Einkaufswagen gehe, fällt mir auf, dass die Mangos fehlen, die ich mir kurz vorher hineingelegt hatte. Offensichtlich hat jemand die passende Auslage nicht gefunden. Ich helfe doch gern. Auch beim suchen von Links, hier die aktuellen Wochenschau:

  • Aokigahara – der Selbstmordwald in Japan | Heul Nicht
    Japan ist eine der schnelllebigsten Gesellschaften der Erde, wer nichts leistet, wird aussortiert, wer nicht Schritt hält, wird überrollt. Das schlägt sich auch in der Zahl der Selbstmorde nieder. Legendär ist Aokigahara, ein Wald zum Leben nehmen. Einen mit gruseligen Bilder garnierter Artikel zum legendären Selbstmordwald in Japan: „Ein Waldspaziergang ist an sich etwas Entspannendes. Die frische Luft, der gute Geruch, Bäume, Natur und Tiere tragen zur Erholung der Großstadtseele erheblich bei. Etwas anders aussehen dürfte die Sache allerdings in Aokigahara, einem Wald in Japan. […] Aokigahara erfreut sich nämlich seit Jahrzehnten großer Beliebtheit unter Selbstmördern. […] „Ein perfekter Platz zum Sterben“, so beschreibt der Autor Wataru Tsurumi in seinem Buch „The Complete Manual Of Suicide“  den Wald Aokigahara – und offenbar hört man auf seinen Ratschlag, denn bei nicht wenigen geborgenen Selbstmördern wurde eine Ausgabe dieses Buches gefunden.“ Das amerikanische Magazin VICE hat dazu noch eine kleine Dokumentation:
  • Der Sarg-Discount – zum Selbstabholen für Angehörige und Bestatter | Bestatterweblog
    Särge können eine teure Angelegenheit werden, die Grenze nach oben ist offen. In einem Sarg-Discount gibt es einfache Modelle schon ab 99 Euro. Undertaker Tom mit seiner Sicht auch den Laden, der auch schon beim griechischem Imbiss nebenan Unmut erregt hat: „Ich persönlich finde Sargdiscount-Läden doof. Die Menschen wollen einfach nicht so augenfällig an die eigene Vergänglichkeit erinnert werden und ihr Tabu aufrecht erhalten. Da sollen die Bestatter mal schön fein zurückhalten sein, meinen die meisten. Außerdem werden Bestatter, darüber habe ich ja häufig schon geschrieben, oft gar nicht großartig wahrgenommen, man läuft wie mit Scheuklappen an den Läden vorbei. Erst wenn man selbst von einem Sterbefall in der Familie betroffen ist, sieht man diese Läden auf einmal und dann kann es durchaus als störend empfunden werden, wenn der Bestatter nicht mit der sorgsamen Fürsorge für die Toten und Lebenden wirbt, sondern mit Discountpreisen und Waren zum Selbstabholen.“ Für die nächsten paar Tage kann man sich auch die Lokalzeit aus Bonn zu Gemüte führen, um ein paar bewegende Eindrücke zu bekommen. Für mich ein klassischer Fall, wegschicken, ausblenden, weggucken. Bloß kein Tabu brechen. Guckt die Lokalzeit bis zum Schluss, dann wird klarer was ich meine.
  • „Nett“ ist die Schwester von YPS | Nilzenburger
    Es ist soweit, nach Jahren der Entbehrung liegt ein neues YPS-Heft an den Kiosken. Während einige Fans frohlocken: “ Ohne Zweifel kann man Ausgabe 1258 als das beste je vom Ehapa-Verlag produzierte YPS bezeichnen. […] Man merkt dem Heft aber an, dass hier YPS-Fans am Werk waren und auch, dass der Rat von zahlreichen YPS-perten eingeholt wurde.“ (YPSfanpage) sind andere, wie beispielsweise Herr Nilzenburger, nicht so begeistert: „Stattdessen ist es ein Heft über die 80er Jahre, mit ein bisschen Comic-Promotion von Ehapa für einen, schon auf 4 Test-Seiten zum einschlafen lähmenden, Zombie-Comic. Werde Spion, werde Zauberer, werde Dinosaurierforscher. Die Seiten ballern einen zu mit Testosteron. Dazu noch ein paar superlustige Comicstrips, bei denen einer nur aus einem Panel eines Ausschnitts einer Kellnerin besteht (”Höh Höh Höh!”), Zaubertricks mit Bierflaschen und Zigaretten und einer Bilderstrecke mit Autos von damals und heute. Ey, boah, ey“ Wer sich selbst ein Bild machen möchte, sollte sich ranhalten, das YPS-Heft ist vielerorts ausverkauft und wird mittlerweile für 40€ bei Ebay versteigert (Ladenpreis 5,90€)
  • Ask Lovecraft | Das ganz normale Chaos
    Ask Lovecraft ist eine Reihe von dem Schauspieler Leeman Kessler. Er hat Lovecraft bereits einige Male  auf der Bühne gespielt und schafft es diese Rolle perfekt einzunehmen. Zumindest soweit wie wir uns Lovecraft vorstellen würden. In einem Video behandelt er das Thema Katzen, da der Fragesteller wissen wollte, wie man eine dicke Katze zum Abnehmen bringen könnte. Die Antwort darauf ist herrlich lovecratesque.“ Die Videos seien dem Leser ans Herz gelegt, Kessler schafft es tatsächlich meinem Bild eines Lovecraft sehr nahe zu kommen. (Wer nicht warten kann, hier geht es zum YouTube-Kanal von Leeman Kessler.)
  • Vergangen, vergessen, verlassen: Katholischer Friedhof Charlottenburg bei Staaken | Gedankensplitter hinter Glas
    Wieder einmal hat Marcus einen verlassenen Friedhof erforscht. Bewaffnet mit Kamera und der Leidenschaft für das morbide macht er sich auf eine bebilderte Erkundungstour: „Erst auf den zweiten Blick entdecke ich unweit der ehemaligen Grenze, die Berlin mehrere Jahrzehnte in Ost und West teilte, in einem kleinen Waldstück vereinzelt graue Steine. Ziemlich unscheinbar liegt der ehemalige Katholische Friedhof Charlottenburg direkt neben der zweispurigen B5. Die meisten Autofahrer rasen an dem aufgelassenen Gottesacker vorbei, ohne diesen zu beachten. Ich hingegen bin neugierig und steuere die Ausfahrt an. Kein Zaun beschützt diesen kleinen Rest der „Letzten Ruhe“. Einzig ein Gedenkkreuz und einige Namenstafeln weisen den Vorbeieilenden auf den ehemaligen Nutzungszweck dieses Ortes hin.“
  • Miesięcznik Egzorcysta – Das erstes Magazin für Exorzisten | Schlecky Silberstein
    Marktlücken gibt es immer wieder. Dass deutsche Verleger diese noch nicht für sich entdeckt haben, grenzt an ein Wunder. Womit wir dann auch schon bei der Kirche sind: „“Print ist tot” liest man immer wieder. Nicht in Polen. Dort flattert jetzt das erste Magazin für Hobby-Exorzisten in die Kioske. Ein findiger Verleger tat sich mit einigen katholischen Priestern zusammen, um dem aktuellen Exorzismus-Boom Polens ein Leitmedium zu geben. In der ersten Ausgabe des Miesięcznik Egzorcysta (The Monthly Exorcist) geht es unter anderem über Verhandlungstaktiken mit Satan. Wer da zu blauäugig reingeht, der wird nämlich über den Tisch gezogen, dass es nur so kracht.
  • Über das Plattencover von Joy Divisions „Unknown Pleasures“ | KFMW
    Man sieht es auf Postern, Plakaten, T-Shirt und Taschen, die legendäre Wellenform des Joy Division Albums „Unknown Pleasures“. Einige Leser erinnern sich, es handelt sich um den Pulsar CP 1919. Doch wie kam es dazu? „Verantwortlich für die Gestaltung des Covers war damals der Grafiker Peter Saville. In diesem Video spricht er über genau diese Arbeit und erklärt, was es mit der auf sich hatte.

  • Luther liest: Ludwig Tieck – Melancholie | Mondbote
    Wer gerne ein bisschen Lyrik oder Poesie mit dunklem Charakter im Ohr hat, dem sei die Serie „Luther liest“ empfohlen. Auf seinem Blog „Mondbote“ widmet er sich unter anderem dem vorlesen dunkler Werke. Mir ist es mitunter kalt den Rücken runtergelaufen, was in unseren Kreise wohl ein Zeichen für etwas gutes sein muss.

Zwischen Meinungsfreiheit und Zensur: Dirk Bach und die Homo-Hölle von kreuz dot net

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Wer kennt sie nicht, die hasserfüllte, propagandistische und volksverhetzende Seite einer anonymen Gruppen von Schreiberlingen, die seit einigen Jahren auf kreuz dot net ihr Unwesen treiben. Kein Ereignis in Deutschland, das nicht mit verdrehten Ansichten von Kirche und Religion für sich nutzbar gemacht wird. Der jüngst verstorbene Schauspieler Dirk Bach hat aufgrund seiner Homosexualität auch einen Artikel geerntet, in dem er unter anderem als „homosexueller Sittenverderber“  und „Homo-Gestörter“ bezeichnet wird. Am 1. Oktober 2012 starb Bach im Alter von 51 Jahren an den Folgen einer Herzerkrankung in Berlin-Lichtenfelde.

Die Empörung ist groß, nur ein paar Stunden der Veröffentlichung des Artikels hinterlassen hunderte Kommentatoren sachlich und vor allem unsachliche Meinungen. Das Internet reagiert schnell und kritisiert den Artikel über Bach auf das Schärfste. Zahlreiche Blogs berichten über den Artikel und füllen sich mit Solidaritätserklärungen für den verstorbenen Bach und Empörungsbekundungen gegen den unglaublichen Artikel auf kreuz dot net. Der Bruno Gmünder Verlag setzt sogar ein Kopfgeld von 15.000€ aus, um an Informationen über die Betreiber der Seite zu gelangen. Manfred Bruns, Bundesvorstand des Lesen- und Schwulenverbandes zeigte kreuz dot net  bei der Staatsanwaltschaft Berlin wegen Volksverhetzung an.   Die Anzeige erfolgt jedoch gegen Unbekannt, denn die Macher der Seite verbergen sich in der Anonymität des Internets.

Die Internetseite ist seit 2004 eine unerschöpfliche Quelle des klerikalen Faschismus, die sich selbst als „Initiative einer internationalen privaten Gruppe von Katholiken in Europa und Übersee, die hauptberuflich im kirchlichen Dienst tätig sind“ bezeichnen. Da die Internetseite im Ausland betrieben wird, ist sie für die deutsche Justiz nicht greifbar. Bereits im Januar 2008 musste ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingestellt werden, da die zuständigen ausländischen Behörden einen Rechtshilfegesuch abgelehnt haben. Seit dem wechseln die Betreiber häufig das Land der Domainregistrierung und den Standort der Servers, womöglich um ganz bewusst einer möglichen Strafverfolgung aus dem Weg zu gehen.

Stoppt kreuz dot net?

Schnell wurden Stimmen laut, die Macher vor Gericht zu stellen und die Seite zu schließen. Der Bruno Gmüder Verlag rief die Seite „stopptkreuznet“ ins Leben, um zentral über die Bemühungen zu informieren. Das zuvor ausgerufene Kopfgeld zeigt seine erwünschte Wirkung, 48 Stunden nach seiner Aussetzung finden sich bereits hunderte Hinweise im Postfach des Verlages. Kurz darauf war aus Kreisen von „Anonymous“ zu hören, die Seite mit den üblichen DDoS Angriffen zum Erliegen zu bringen und damit unerreichbar zu machen, innerhalb weniger Stunden wurde ein entsprechendes Video erstellt. Man verlangte die Seite zu schließen, startete eine übereilte Online-Petition und rief dazu auf, die Seite bei Google zu „melden“ um sie aus den Suchergebnissen zu verbannen.

Man gewinnt unter anderem den Theologen und Autor des Buches „Der heilige ScheinDavid Berger als Koordinator der Aktion, der sich schon länger mit der umstrittenen Seite beschäftigt und die Macher dem Umfeld der Piusbruderschaft St. Pius X zurechnet.  Vor ein paar Tagen verfasste man auf stopptkreuznet.de einen offenen Brief an die Deutsche Bischofskonferenz, in dem man dazu aufruft, die Aktion zu unterstützen.

Der Zuspruch zu der […] entstandenen Kampagne […] war immens. Schnell haben wir auch von vielen engagierten Christen beider Kirchen, besonders aber natürlich der katholischen, zahlreiche solidarische Zuschriften bekommen. – Sehr häufig verbunden mit der Bemerkung: „Eigentlich tun Sie das, was zuerst Aufgabe unserer Kirche wäre. Die Rufschädigung, die die katholische Kirche durch ein solches Hass-Portal erleidet ist immens!“ Vom einfachen Gläubigen bis hin zu den Klerikern hören wir immer wieder, dass sich viele Menschen von der katholischen Kirche abwenden, weil sie vermuten, dass es eine heimliche Zustimmung der katholischen Kirche zu den[…] propagierten Inhalten gibt.  […] In diesem Sinne möchten wir Sie einladen, unser Anliegen zu unterstützen.

Einige Deutsche Blogs und Internetseiten unterstützen die Aktion, so berichtet beispielsweise Nerdcore zur der Seite „Stoppt Kreuz dot net“: „Kann ich vollumfänglich unterstützen, denn auch wenn ich mit dem Begriff „Kopfgeld“ ein kleines Problem habe: Bei diesen Arschlöchern tendiert mein Mitleid gegen Null.

Meinungsfreiheit und Zensur

Wie die Berliner Morgenpost berichtet, stuft der Verfassungsschutz die Seite als grundgesetzwidrig ein: „Sie zeichne sich „durch homophobe, muslimfeindliche und antisemitische Äußerungen“ aus. Etliche Beiträge seien nicht vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt und überschritten „die Grenzen zur Strafbarkeit„. Und tatsächlich ist das Recht auf Meinungsfreiheit durch das Grundgesetz begrenzt in dem es in Artikel 5(3) heißt: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“ Für viele Kritiker scheint klar, dass die Verfasser dieses Artikels die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten haben und vor einem Gericht zur Rechenschaft gezogen werden sollten.

Zwischenzeitlich ist aus „offiziellen“ Anonymous-Kreisen bekannt, dass man sich gegen eine Zensur ausspricht, entgegen des Videoaufrufs der einige Tage zuvor verbreitet wurde. AnonAustria twittert: „Pro kreuz dot net ! Keine Zensur!“, während AnonGermany diplomatischer vorgeht: „Nicht Pro kreuznet aber auf keinen Fall Zensur und DDoS fällt ebenfalls da drunter RT @AnonAustria Pro kreuz dot net ! Keine Zensur!“ (via Nerdcore) Ein Tweet von User „Porrporr“ bringt die Meinung vieler Kritiker dieses Verhaltens auf den Punkt: „Klerikal-Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Die Meinungsfreiheit ist überschritten, es scheint richtig, den Machern der Seite, die unter der neuen Aufmerksamkeit Besucherrekorde verzeichnen dürfte, das Handwerk zu legen, ihnen den Deckmantel des katholischen Glaubens von den Schultern zu reißen und sie vor ein Gericht zu bringen. Sollte man die Seite zensieren? Ich bin der Meinung, dass die Betreiber und Autoren der Seite zur Rechenschaft gezogen werden sollten. Es ist unfassbar, was sich Menschen mit einer verkappten Weltanschauung aus dem Kopf drücken können, um zu beleidigen, zu diffamieren und um Aufmerksamkeit zu erregen.

Ich bleibe jedoch nachdenklich. Die Seite ist mit ihrem Schreibstil und ihrer Machart so weit von dem entfernt, was ich als glaubwürdig oder authentisch einstufen könnte, dass es fast lächerlich erscheint anzunehmen, auch nur ein Besucher würde ernst nehmen, was dort geschrieben steht. Gibt es tatsächlich gläubige Katholiken, diese solche Propaganda für bare Münzen nehmen? Als positiv denkender Mensch möchte ich nicht daran glauben.

Ist es richtig diese Seite zu zensieren? Sollte der Kampf um ein „freies Internet“ nicht für allen gelten? Hat Zensur in einer demokratischen und offenen Gesellschaft überhaupt einen Nutzen?

Vor einigen Monaten war die Empörung groß, „Zensur!“ schrie man, als Ursula von der Leyen die Netzsperren durchsetzen wollte, forderte die Freiheit des Netzes. Nun schreien viele mit dem gleichen Mund nach einer solchen Zensur um kreuz dot net von der Netzfläche zu verbannen.

Wo fängt Zensur an und wo hört Meinungsfreiheit auf?

Eine Wagenladung Musik mit Velvet Acid Christ, The Breath of Life und Those Poor Bastards

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Der Blick aus dem Fenster verrät, dass der Herbst vor der Tür steht. Die Tage werden kürzer und die eigenen vier Wände werden zum wohlig warmen Rückzugsort schwarzer Seelen. Was gäbe es da besseres, um das Prasseln des Regens mit frischer Musik zu übertünchen? Die Musikredaktion ist ihrer Leidenschaft nachgegangen und hat im September gleich eine ganze Wagenladung Musik gehört um sich ein Bild zu machen. Es ist sogar soviel, dass der September in eine Doppelausgabe daherkommt. Mit der Band Those Poor Bastards bringt er uns das Genre „Death Country“ näher um uns gleich im Anschluss das neue Album von Velvet Acid Christ um die Ohren zu hauen, die das vom schwarzen Country in das Genre „Electro-Industrial“ zu überführen. Abschließend kehrt er mit The Breath of Life zurück zu den Wurzeln, auch wenn er sich mit dem neuen Album eher unzufrieden zeigt. Aber so ist das im schwarzen Wald der Musik, nicht alle Wurzeln sind gute Wurzeln.

Those Poor Bastards – Behold the Abyss

These Poor Bastards - Behold the Abyss„Those Poor Bastards sind ein amerikanisches gothic country-Duo aus Madison (Wisconsin). Sie spielen eine düstere, bewusst unterproduzierte Musik, die Folk, „Cowboy“-Musik und Country der 1930er Jahre zitiert, aber punkig verzerrt. Zu ihren Einflüssen zählen sie so unterschiedliche Künstler wie Louvin Brothers, Johnny Cash, Hank Williams, Hank III, Einstürzende Neubauten, Misfits, The Birthday Party, Nick Cave, Tom Waits und Christian Death.“ Besser kann man diese einzigartige Band wohl kaum beschreiben. Mit „Behold the Abyss“ veröffentlichen sie bereits ihr sechstes Album auf welchem sie ihren Stil konsequent fortführen und sich sogar noch ein wenig steigern können. Auch (oder vor allem) weil diese Gruppe in Deutschland noch nicht sehr bekannt ist sollte jeder der gute düstere Musik mit schrägen Einflüssen mag hier unbedingt reinhören. Das ist Musik die bekannter werden muss, da ich keine andere Gruppe kenne die nur annähernd solche Musik macht. Von ruhigeren, nachdenklicheren Stücken („Everything is Temporary“) bis hin zu dreckigen „Gute-Laune-Liedern“ („The Sacrificial Lamb“) reicht das Spektrum. Wenn auf eine Band die Bezeichnung „Gothic Country“ passt sind es eindeutig „Those Poor Bastards“ auch wenn sie ihre Musik selbst als „Death Country“ bezeichnen, was man aber durchaus auch unterschreiben kann.

Internetseite: Those Poor Bastards – Label: Tribulation Recording Company – Preis: ~17 $

Velvet Acid Christ – Maldire

Velvet Acid Christ - MaldireNachdem „Velvet Acid Christ“ auf ihrem letzten Album „The Art of Breaking Apart“ eine sehr eigene Mischung aus „Electro-Industrial“, Akkustik-Gitarren und „Shoegaze“ Elementen verbanden, kehrt Bryan Erickson mit „Maldire“ wieder zu seinen Wurzeln zurück. Ein „Electro-Industrial“ Album wie man es lange nicht im „Future Pop“ und „Hellectro“ verseuchten Gebiet des dunklen Electros gehört hat. Auch wenn durchaus Elemente aus dem „Techno“ vorkommen, wirken sie nie so platt und aufgesetzt wie beim Durchschnitts-Electro-Techno der die Clubs immer noch infiziert hat. Zur Begründung warum hier wieder zurück zum harten Electro gegangen wird, gibt Mastermind Bryan Erickson an, dass ihn so viele Dinge zur Zeit derart wütend machen, dass er wieder ein Ventil braucht, welches sich in den letzten Veröffentlichungen doch sehr ins melancholische und ruhige entwickelt hat und somit schon fast versiegelt wurde. Auf „Maldire“ wird zum einem die Hexenverfolgung in Europa thematisiert, zum anderen aber auch – wie gewohnt – sehr aktuelle Geschehnisse. Doch werden auch bei diesen Themen nicht irgendwelche primitivst Parolen von sich gegeben sondern man merkt, dass hier Leute am Werk sind, die schon lange im Geschäft sind und es noch verstehen sich mit etwas richtig zu beschäftigen.

Internetseite: Velvet Acid Christ –  Label: Metropolis Records – Preis: 12,50 Euro

The Breath of Life – Whispering Fields

The Breath of Life - Whispering FieldsSeit Ende der 80iger sind die Belgier von „The Breath of Life“ jetzt schon unterwegs. Nach ein paar Jahren Pause melden sie sich mit „Whispering Fields“ zurück, worauf sie auch ihrem „Dark Wave“ Ursprung treu bleiben. Das große Problem was diese Platte hat: Es wirkt alles irgendwie sehr ähnlich bis gleich. Der für das Genre seltene, hohe Frauengesang ist für die Band auch nichts neues und hat in der Vergangenheit ( z. B.„The Nasty Cloud“), als auch bei anderen Bands wie „Die Laughing“ auch gut funktioniert aber irgendwie wirkt er hier schon sehr poppig-gelangweilt. Auch die Musik selbst hat nicht mehr die Intensität des „Dark Wave“ und die Atmosphäre des „Ethereal“ wie in alten Tagen. Textlich durchaus solide, zerstört dieses Dahingeplätscher trotzdem den Großteil der Musik. Es mag ein paar Ausnahmen geben, „The Dark Side“ ist durchaus angenehm zu hören, was aber auch nicht mehr so viel retten kann, leider. Man fühlt sich etwas an „Inkubus Sukkubus“ erinnert, welche es auch nicht schaffen Abwechslung in ihre Musik zu bringen. Man kann durchaus in ein paar Stücke reinhören, aber wirklich überzeugen wird dieses Album nur wenige. Das interessanteste wird wohl auch für alte Fans die Tatsache sein, dass bereits erwähnter alter Hit in 2 neuen Versionen aufgenommen wurde, einmal eine neue, moderne Vertonung und eine Akkustik-Version, doch ob das ausreicht um zum Kauf des Albums zu überzeugen?

Internetseite: The Breath of Life – Label: Danse Macabre – Preis: 12 Euro