Bei meiner wöchentlicher Pirsch durch die Zeitschriften-Regale des örtlichen Supermarktes streifte mein Blick die jüngste Ausgabe des Gothic-Magazins, das nach zwei Jahren Winterschlaf nun wieder auferstanden zu sein scheint. Blickfang waren jedoch nicht etwa die Namen großartiger Bands oder ein aufsehenerregender Grufti in vollem Ornat, sondern ein durchsichtiger BH, der notdürftig das ihn zur Schau tragende Model verdeckte und neben dem die Begriffe Goth, Porn und Metal um meine Aufmerksamkeit bettelten. Irgendwie sah das schon fast so aus, als wäre das eine selbstverständliche Facette der schwarzen Szene, die schon immer so dahin gehörte. Die Beschreibung löste dann spontan den Kaufreflex aus, denn ich wollte wissen, was zur Hölle das alles miteinander zu tun hat:
Sie sind Pornostars, Videoblogger, Models, Metalheads und damit wohl das Aufregendste, was Berlin seit langem zu bieten hat.
Auf 6 lüsternen Seiten beschäftigt sich das Gothic-Magazin in einem Interview mit den „Dead Chicks“ Alissa Noir und Leah Obscure. Die beiden kommen, nach eigenen Angaben, aus der Pornobranche, sind eigentlich Metal-Fans und dann über die Sozialen Kanäle auf auf Youtube gelandet, wo sie auch intensiv über das Wacken berichteten. Parallelen zur Gothic-Szene finden sich nur am Rande: „…für uns spielen Bands im Gothic Bereich immer noch eine wichtige Rolle. Nachtmahr, ASP, |:Wumpscut:| und viele weitere sind immer noch immer in unserer Playlist.“
Rod Usher, der ein Interview mit Leah und Alissa führt und sonst als Sänger der Horrorpunk „The Other“ auf der Bühne steht, stellt dann nach einigem rumgepklänkel die Frage der Fragen. Oder besser gesagt: Das Gegenteil davon:
Jetzt wird’s explizit: Gothic, Metal und Sex. Wo sind die Unterschiede?
Sollte die Frage nicht lauten: „Wo sind die Zusammenhänge?“ – Was haben Gothic, Metal und die Pornobranche gemeinsam? Für mein Verständnis natürlich nichts, doch die Realität scheint einer andere zu sein, denn bereits seit einigen Jahren gleichen Szene-Magazine immer mehr Fetisch-Zeitschriften, während man sich musikalisch darauf verständigt hat, Metalbands und Gothicbands wild durcheinanderzuwürfeln. Trotzdem wohnt der Fragestellung dann doch eine gewisse Ironie inne.
In der Außenwahrnehmung ist das schon lange so angekommen. Die Boulevard-Presse hat das Bild vom Gräber schändenden, todessehnsüchtigen Grufti, der schwarze Messen abhält gegen das Bild vom blutverschmierten Horror-Vamp, das auch gerne mal in Latex-Uniform mit einem Halsband über diverse Szene-Treffpunkte geführt wird, ausgetauscht.
Logische Konsequenz des aktuellen Zeitgeistes?
Die Gothic-Szene hat immer schon alle möglichen Stile, sei es musikalisch oder auch ästhetisch assimiliert. Ob wir es nun passend finden, oder nicht, spielt keine Rolle, denn die eigene Definition der Szene ist immer geprägt vom Style, mit dem man sich ursprünglich identifiziert hat. Niemand hat das Recht, seine Definition als Allgemeingültig zu definieren.
Machen wir uns nichts vor. Szene-Magazine wie „Gothic“ bilden die kommerziellen Strömungen der Szene ab, versuchen ein möglichst breites Publikum zu erreichen und natürlich auch, am Markt zu bestehen und möglicherweise sogar, Geld zu verdienen. Als Auslöser für solchen Strömungen würde ich sie dabei nicht sehen, aber als Multiplikator, der dann noch mehr Unmöglichkeiten vor und hinter der Kamera in die Szene-Treffpunkte und auf die Festivals lockt.
Früher galten wir als Satanisten und heute gelten wir eben als „Pornisten“, Leute die sich sexy kleiden, mit Halsbändern durch die Gegend geführt werden und für die meterhohe High-Heels zum typischen Szene-Outfit gehören. Für mich die logische Konsequenz aus fehlender Abgrenzung, breiter Toleranz und Ergebnis einer mittlerweile über 40-jährigen Entwicklung. Das kann noch nicht einmal ein Vorwurf sein, sondern nur eine Feststellung. Wir müssen diesen Zeitgeist akzeptieren, können ihn aber gepflegt ignorieren. Frei nach dem Motto: „Dann kauf die Zeitschrift doch einfach nicht mehr.“ Doch ganz so einfach ist es nicht.
Gothic #87 – Ein gelungenes Comeback mit Abzügen in der B-Note!
Nicht gleich Schnappatmung bekommen. Tatsächlich scheint sich aber unter dem gelebten Klischee von „Goth – Porn – Metal“ eine sehr gelungene Ausgabe zu verbergen. Myk Jung schreibt einen guten Text „vom Schürfen in der Tiefe“ und auch Dr. Mark Benecke zeigt sich informativ bis rebellisch: „Die meisten Menschen schaffen es ja noch nicht mal, auf Tier-Ausbeutung zu verzichten. Und das ist sehr einfach: vegan leben. Wenn dieser wirklich kleine Schritt nicht gelingt, dann müssen wir mit der Zerstörung unserer Welt leben. Heulen hilft nicht.“
Dann der emotionale Nachruf auf Felix Flaucher, der zu Beginn der seit 1990 erscheinenden Zeitschriften die meisten Cover-Bilder schoss, oder auch Don Michas Rückblick auf die Band „Shock Therapy“ und den verstorbenen Sänger Itchy sind äußerst bewegende und gelungene (Ein)Blicke auf das Schaffen der Szene. Auch das Clubsterben wird beleuchtet und es gibt interessante Bilder vom Plage Noire 2018, dem Festival, wo sie allem mit dem Rücken zum Meer stehen. Als Krönung gibt es dann noch die Graphic-Novell „Seelendämmerung“ von Martin Sprissler, die nicht nur ganz gut gezeichnet ist, sondern auch mit 50 Seiten (!) inhaltlich umfangreich rüberkommt.
Nach über 2 Jahren Funkstille konnten auch die meisten der damals so erbosten Community beruhigt werden, denn alle Abos, die damals geschlossen wurden, gelten auch weiterhin und für die neuen Ausgaben.
Neue Klischees oder freizügige Realität?
Natürlich bedient das Gothic-Magazin das Klischee und liefert ein gelungenes Beispiel für „Sex sells“. Da sind die beiden Früchtchen – Entschuldigung Küken – , die mit Gothic nun wahrlich überhaupt nichts zu haben als Galeonsfiguren- und Thema der Rückkehrer-Ausgabe avanciert. Sie erzählen von Wacken, Pornodrehs, Sexpartys und ihrem YouTube-Kanal und sonstigen Dingen, die weder „Gothic“ noch für mich interessant sind. Und leider muss ich den Küken entgegen ihrer Aussage „da steckt doch ein wenig mehr dahinter“ als besagtes Sex Sells, widersprechen. Klar es ist wahnsinnig viel Arbeit, alle Kanäle zu bedienen und dabei gut auszusehen, doch es bleibt dabei: Die meisten Leute lesen Euch, gucken Euch an und folgen Euren Videos, weil sie es „geil“ finden, wie ihr Euch auf dem Sofa räkelt oder halbnackt Zimtsterne backt. Und ob ihr wollt oder nicht, solange ihr Euch so vermarktet wird es genau das sein, worauf man Euch reduziert. Sex sells. Dauert wahrscheinlich nicht lange, bis man die Damen in einem „Dark-Dancefloor“ Video sieht, wie sie sich dort räkeln.
Dennoch sind diese 6 Seiten nur ein winziger Teil der Ausgabe und stehen in keiner Weise stellvertretend für die gesamt Ausgabe. Ist so ein bisschen wie auf dem Wave-Gotik-Treffen. Die aufgedonnerten und möglichst freizügigen Leute fallen ins Auge und schaffen es auf die Bilderstrecken der Magazine, doch die sind nur ein kleiner Teil einer viel gruftigeren Szene.
Es ist also beides. Bittere und freizügige Realität und ein Klischee, von dem sich leider weitere, merkwürdige Menschen und Splittergruppen angezogen fühlen werden. Ich hätte mich gefreut, wenn man auf diese „Verkaufsfördernde Maßnahme“ verzichtet hätte, obwohl ich mich gerade frage, ob ich dann dieses Ausgabe gekauft hätte. Bin eben auch nur ein Opfer meiner Wahrnehmung. Wer trotzdem Lust hat, das Magazin für rund 8€ durchzublättern, kann ja den pornösen Teil zukleben.
Sehr schön eingefangen. Bei dem Cover war ich mir im ersten Moment nicht sicher, ob es vollkommen daneben ist oder dem Zeitgeist entspricht. Ein bißchen Haut und nette Dessous, warum nicht? In der Szene gibt es genügend Beispiele bei Frauen und Männern oder Drittgeschlechtlern, die das gerne offen propagieren. Was allerdings hinter diesem eher pornös angelegten Schlagzeilen steckt, ist letztendlich leider vollkommen Banane. Wen interessiert es, ob diese jungen Damen sich dem Gothic oder Metall nahe fühlen, wenn sie im Grunde doch nichts anderes sind als „geile“ Vorlagen für die Suchenden? Mich interessiert es nicht die Bohne, aber immerhin gibt es in der Zeitschrift noch mehr zu finden als eben besagten Artikel. Der Zusammenhang von Gothic zur Porno wurde herbeigebrochen um solch ein verkaufsförderndes Titelbild zu ermöglichen. Jedenfalls gehe ich davon aus, und ich arbeite nun mal in der Werbebranche. Sex sells… ok, schade nur, dass die Zeitschrift es nötig hat.
Es scheint momentan generell ein Trend zu sein, auf die billige „Sex Sells“-Masche zu setzen, nicht nur bei den (ehemaligen) Szenemagazinen, sondern auch bei Veranstaltungsflyern oder Werbung für Szenezubehör wie Klamotten usw. Selbst vor der Musik macht das nicht mehr halt.
Dass im gleichen Zuge auch die Qualität darunter leidet, scheint geradezu zwangsläufig zu passieren. Aus meiner Sicht findet Qualität in den letzten Jahren wieder mehr und mehr abseits der Szenemagazine, „großen“ Bands und Veranstaltungen statt, oder wenn man so will: im Untergrund, quasi als Gegenbewegung zur Kommerzialisierung der Szene. Vielleicht gibt es ja doch noch Anlass zur Hoffnung.
Den Charme von einst – hat das Magazin verloren. Da helfen auch keine Beiträge wie zb.: “ Felix Flaucher ein persönlicher Nachruf “ “ Schock Therapy “ oder der 50´zig Seitige Comic von Martin Sprissler.
Schade ist auch das das Magazin fast komplett in Farbe gehalten ist und „Möpse“ gehören da auch nicht rein .
Bin wirklich sehr enttäuscht von dieser “ Auferstehung“ des einst gutem Magazin´s.
Da lob ich mir die Glasnost , die Entry etc.
Als ehemaliger Schreiberling beim Gothic Magazine habe ich ehrlich gesagt ein gespaltenes Verhältnis zu dieser „Wiedergeburt“, bei der man mich auch angefragt hat, ob ich dabei sein will. Ich empfinde diese Ausgabe eher wie eine Realsatire. „Goth Porn Metal“ ins Leben zu rufen, ist schon bar jeder Logik. Da darf man sich nicht wundern, wenn „Normalos“ sich über diese Szene lustig macht, Sie scheint ja selbst sich in manch kurioses Fahrwasser zu begeben. Allerdings ist das Gothic Magazine kein wirklich wichtiges Presseorgan, und dass man sich so „progressiv“ gibt, hat eher damit zu tun, die Verkaufszahlen bei dem Relaunch wieder etwas zu forcieren, um weitere Werbekunden an Land zu ziehen (es geht nie um die Szene, sondern ums Geld, das habe ich schnell gelernt). Durchaus sind einige Artikel ganz passabel, täuschen aber nicht darüber hinweg, dass wir es letzten Endes wieder mit einem Werbeblatt der Musikindustire zu tun haben. Den völlig zusammenhangslos rangetackerten Comic interpretiere ich eher als eine Profilneurose seitens des Chefredakteurs. Gut ist dieser Strip nicht. Und von der sprachlich zum Teil wirklich grottigen Qualität der Artikel will ich hier gar nicht erst anfangen.
Daniel : In der Tat. Wie bereits in früheren Artikel angeklungen, werden wir mittlerweile eher belächelt als gefürchtet. Das macht aber im Grund keinen Unterschied, im Grunde sucht sich der „Normalo“ nur ein möglichst einfaches Bild für Gestalten und Verhalten, das er nicht einordnen kann.
Ist es 2018 überhaupt noch möglich ein sich selbst finanzierendes Zeitschriftenmodell auf die Beine zu stellen, ohne sich möglichst breit einer konsumierenden Masse anzubiedern?
Ich stimme Deinem Kommentar in jeder Silbe zu, auch wenn ich in meinem ursprünglichen Beitrag ein wenig diplomatischer erscheine. Denn tatsächlich weiß ich nicht, ob das Magazin ein Teil des Problems ist, oder ob es einfach nur dem besagten Zeitgeist entspricht. Ich versuchte also das „Gute“ zu finden, es erschien mir unfair einem Blatt vorzuwerfen, den „IST-Zustand“ der Szene abzubilden.
Schade finde ich allerdings, dass man sich den Relaunch nicht zu Herzen genommen hat, wieder authentischer zu werden und zu wirken (in doppelter Hinsicht), sondern unisono in das gleiche Horn der anderen Veröffentlichungen bläst. Möglicherweise mit vorausschaubarer Zukunft der Selbstauflösung, wie es bereits einige andere Magazine vorgemacht haben.
@All: Sex sells ist leider auch Magnet für viele Leute, die sich nur der Szene anschließen um ihr Fetisch-Kostüm einmal bei Tageslicht zu tragen und ein Magnet für Gaffer, die sich irgendwelche Alben anlegen um was weiß ich damit zu machen. Ebenso, wie der Neofolk wie ein Magnet auf rechte Spinner gewirkt hat, zieht dieser Trend leider aufmerksamkeitsgeile Spinner an.
Dieses ganze halbnackt rumgehüpfte in den Clubs oder posieren in solchen Blättchen geht für mich gar nicht. Ich finde genau das versaut Gruftitum. Und das zieht immer die Falschen an. WGT, Zeche, überall so viel Sex-sells. Ich kenne reizende wäre-gern-Models, die hier ihre Nische gepachtet haben aber mal null Grufti sind. Da ist immer fremdschämen vorprogrammiert.. Grufti und in der Öffentlichkeit SO freizügig passt für mich nicht zusammen.
Das Schundblatt wurde schon vor 15 Jahren ungenießbar. Ich habe noch alte Ausgaben, selbst aus der Zeit, als das Heft mit dem Hysterika-Magazin verschmolz (1992/93). Bartscher-Kleudgen machte dann das Gothic Grimoire. Das fand ich noch gut. Verschwand aber leider mit dem Celtic Circle Label anno 1997.
Dieser Tittentrend langweilt. Das gesamte Alt.-Porn-/Suicide-Girls-Genre konnte mich schon nicht begeistern. Das liegt aber nicht an der Nacktheit an sich, sondern an der Darstellung vieler Models in unpassender Umgebung. Die meisten Aufnahmen strahlen einfach Null Düsternis und Morbidität aus. Standard-Fotos für den pubertären Handbetrieb. Kilometerweit entfernt von der Kunst eines Philippe Fichot.
Auseklis : In der Tat. Mir fehlt auch dieses Gefühl der Unabhängigkeit, das in aktuellen Magazinen vollkommen verloren gegangen zu sein scheint, wenn du darauf ansprichst. Dennoch müssen wir den Magazinen zugestehen, die aktuelle Szene abzubilden. Jedenfalls an der Oberfläche.
Tatsache ist, dass die Szene einen sehr deutlichen Ruck in Richtung „Nacktheit“ gemacht, mit dem ich mich auch nicht anfreunden kann. WGTs, Amphis und Mera Luna’s gleichen immer mehr einer Playboy Veranstaltung, in der der Reiz offensichtlich darin liegt, sich möglichst extrem zu inszenieren.
Kommt dieser Ruck durch die Magazine oder folgen die nur einem aktuellen Trend? Und wenn sie nur einem Trend folgen, sollten sie sich lieber „dagegenstellen“?
Die Magazin-Kultur ist seit den 00er Jahren immer dünner geworden. Das Internet hat als Informationsplatform immer mehr an Wichtigkeit gewonnen. Übrig geblieben sind die Magazine, die sich so breit und kommerziell aufstellen, dass sie dadurch ihr Überleben sichern. Da scheint kein Platz für das Morbide zu sein.
Ich würde mir konkret wünschen, dass es weniger um „Porn und Metal“ gehen würde, sonder wieder mehr um „Goth“. Und warum werden eigentlich hauptsächlich Frauen in „Szene“ gesetzt? Das finde ich nicht mehr zeitgemäß, sondern fast schon eklig – ist die Entfernung zu den „Schmuddelblättchen“ der Zeitschriftenauslagen ja nur noch einen Stein-Wurf weit weg.
Es ist ein wenig irritierend den Relaunch eines Magazins in diesem Bereich zu erleben. Ein Relaunch, wie er in einer nischengebundenen Printlandschaft selten (und noch seltener erfolgreich) vorkommt. Ein Relaunch „überhalb“ oder „außerhalb“ des Undergrounds erscheint oft wenig sinnvoll und unfunktional (ein seltenes finanziell funktionales Beispiel findet sich im Metalbereich in Form des „Deaf Forever“ Magazines, welches vor einigen Jahren aus dem RockHard Magazin hervorging bzw. sich von diesem abspaltete). Unkommerziell im Underground existierende Fanzines sind ein anderes weiterhin parallel unabhängiges Phänomen, auf das ich jetz nicht weiter eingehen werde.
Das „wilde Durcheinanderwürfeln“ von Gothic und Metal als Musikstilen (so wie es auch auf dem Cover der fraglichen Zeitschrift geschieht) ist eine Unart, welche schon seit geraumer Zeit im Mainstream existiert und meist auf mangelndem Fachwissen basiert. Mangelndes Fachwissen ist entweder (bei einigen Individuen) ein „Übergangsproblem“ oder eben ein Ausdruck von Ignoranz (alternativ vllt. auch „Szene-Tourismus“). Allerdings gibt es zumindest Zusammenhänge zwischen Gothic und Metal: So besteht teilweise eine gemeinsame Verbindung zum Punk (wenn auch jeweils meist zu unterschiedlichen Teilen des Spektrums). Auch sind bzw. waren nicht wenige Metal Musiker und Bands enthusiastische Rezipienten und Bewunderer von Gothic als Musikgenre. So verarbeiten beispielsweise Paradise Lost oder aktuell Idle Hands dies auch musikalisch (es gibt viele weitere Beispiele, teilweise auch mit personellen Verbindungen).
Was Pornografie jedoch mit Gothic oder Metal zu tun hat erschließt sich mir nicht. Zwar rezipieren viele sogenannte „Alt.-Pornstars“ scheinbar Bands, welche nach einem mainstreamigen Verständnis diesen Musikspektren zugeordnet werden könnten, jedoch geht dies selten über angesagte oder weitgehend etablierte Bands hinaus. In Interviews findet man teilweise Aussagen, welche oft nicht über ein subjektives Erleben einer „überproduzierten Mainstreamband“ (plakativ und überspitzt ausgedrückt) als „heavy/ technical/ really dark“ hinausgeht und Liveerfahrungen auf „brutal pit/ f***ing breakdown/ really satanic“ reduziert. Auch hier erscheint mir popkulturelle Ermangelung an Fachwissen und Immersion als eine Ursache des Problems. Ob dieser Zustand nur mein (als Außenstehender) gebildeter Eindruck ist, auf die gesamte Riege zutrifft oder möglicherweise eine Übergangszustand ist bleibt abzuwarten oder zu eruieren.
Ich sehe diese popkulturelle Darstellung der „Szene“ (ein vllt. hohler und unzutreffender Begriff) nicht zwangsläufig als etwas Schlimmes, da eben die theoretische Möglichkeit einer stärkeren Auseinandersetzung mit der Materie besteht. Auch bin ich Rezipienten nicht allzu negativ gesinnt, welche die Gothic (oder alternativ auch Metal) auf diese Weise wahrnehmen und „verstehen“. Diesem Phänomen kann nur durch sorgfältiges Aufklären, Dokumentieren und Heranführen Einhalt geboten werden.
Mir ist bewusst, dass ich zu einem mittlerweile alten Artikel schreibe, jedoch würde ich mich über jegliche Diskussion oder Rückmeldung zu meinem Kommentar freuen.
@Dehumanizer: Vielleicht hat es sich auch schon wieder mit dem Relaunch des „Gothic Magazine“. Ich habe die ersten beiden „wiederauferstandenen“ Ausgaben noch mitverfolgt , aber kommt da jetzt noch eine neue Ausgabe? Ich weiß nicht, ob das Magazin nach der Ausgabe vom 15. Februar 2019 noch weitergeführt wird.
Zum Thema „Gothic und Pornografie“ : Robert hatte vor einiger Zeit mal in einer Wochenschau einen pornografisch angehauchten Insta-Account einer gewissen „BlackmetalBarbie“ kritisiert, die trotz nicht „lupenreiner“ Zugehörigkeit zur Gothicszene u.a. den #Goth verwendet. So verlieren die Begriffe „Metal/Goth“ ihre Trennschärfe und das eine wird mit dem anderen verwechselt.
Und natürlich haben Gothic und Pornografie nichts miteinander zu tun, wo sollte es da auch einen Zusammenhang geben? In der Musik werden zwar u.a. Sexualität sowie Perversionen (als „dunkle Seite der Sexualität“) abgehandelt, dies geschieht jedoch nicht mit den Stilmitteln des „Gansta-Rap“ oder der „Hupfdohlen-Popmusik“ , um mal zwei ganz plakative Genres zu bemühen.
Ich denke, zumindest in der Anfangszeit des Post Punk/Wave/Gothic hatten viele Musiker und deren Hörer auch ganz andere Ideale als die „Allgemeingesellschaft“. Stichwort Abgrenzung. Durch die heutige musikalische Verwässerung der Szene hat sich da eben vieles aufgeweicht.
Und wie du schon sagst, man muss eben über Genres, Musiker etc aufklären und die Unwissenden bilden.
Dehumanizer : Ich glaube noch nicht einmal, das es was mit fehlendem Fachwissen zu tun hat, sondern mit purer Absicht. Ein Szenemagazin beispielsweise, das sich einer großen Strömung verschließt, (Gothic-Metal) stellt sich langfristig auf ein Abstellgleis, weil die sowieso schon schwindenden Auflagenzahlen so noch weiter dezimiert werden. Dieses „vermischen“ wird auch von allen anderen kommerziellen Organisationen betrieben. Nimm als Beispiel „EMP“, die sich in ihrer Klamottenauswahl ganz gezielt an beiden Käuferschichten wenden, weil ja eben die ästhetischen Verwandschaft besteht. Auch die Hersteller setzen ganz gezielt darauf, sich nicht auf eine Subkultur zu beschränken. Warum sollten sie auch? Schließlich wollen sie Geld verdienen.
Porno ist nur eine weitere Facette, die man gezielt anspricht, weil sich „Gothic“ ja dank der Boulevard-Presse in eine „sexy-outfit-challenge“ entwickelt hat. Je „geiler“, je besser. Man sehe sich nur die „Kalender“ der einschlägigen Magazine an, die machen jedem Porno-Magazin Konkurrenz.
Ich denke, die Genre sind künstlich zusammengepfercht worden, um mehr Publikum zu erreichen und um Magazine, Festivals und auch Projekte damit zu vermarkten. Die einzige Verwandschaft ist eine zum Teil ähnliche Ästhetik. Mehr nicht.