1988: Depeche Mode Party im Zwickauer Jugendclub

Von den tausenden Depeche Mode Fans, die an einem eiskalten Tag im März 1988 zu einem Konzert in der Werner-Seelenbinder-Halle in Ost-Berlin pilgerten, hatten die wenigsten eine Eintrittskarte. Nirgendwo ein Hinweis darauf, dass die Band tatsächlich an diesem Tag dort auftrat und doch waren allein die Gerüchte ausreichend, eine Massenwanderung schwarz gekleideter Menschen auszulösen. Es muss ein Gefühl von Morgenluft gewesen sein, als man dann erfuhr, dass Depeche Mode tatsächlich dort aufgetreten war, ein Gefühl, dass die DDR ihren andauernden Kampf gegen die Musik des imperialistischen Westens nicht mehr ganz so akribisch durchzog. 1988 muss es dann eine ganze Welle von Depeche-Mode Partys gegeben haben, die in jeder größeren Stadt die Fans der Band anlockte. Vielleicht war es die Zuversicht, dass die Band, die auf dem Geburtstag der FDJ spielen durfte, nun zu den geduldeten Musiker der DDR zählte? So wundert es jedenfalls nicht, dass die jungen Menschen vor dem Zwickauer Jugendclub „Vaterland“ ausgelassen auf den Einlass zur angekündigten Depeche Mode Party warten.

Leider sind die Videos nicht mehr verfügbar. Wenn jemand die Quelle kennt, oder legalen Zugang zu den Videos hat, würde ich mich über eine Nachricht freuen.

Unweigerlich drängen sich Erinnerungen auf. Der Jugendclub im Paul-Schneider-Haus anno 1988, irgendein Tag im Spätsommer. Heute Abend sollte auch hier eine Depeche Mode Party stattfinden. Schon ein paar Tage vorher haben wir uns auf das Event vorbereitet, haben zusammen mit dem Jugendleiter Herr Brüning auf dem hellgrauen Linoleumboden gestanden und darüber nachgedacht, wie wir aus diesem in Holz gekleidetem Jugendclub eine Depeche Mode Tempel zaubern konnten. Notdürftig wurde die braune Holzvertäfelung mit schwarzen Laken abgehangen, die einsamen Strahl in Rot, Gelb und Grün wurden durch ein Stroboskop ergänzt, das Michael mitbrachte. Hier noch ein Poster und an der Wand zum Videoraum hing sogar ein Starschnitt von Martin Gore! Alles in allem äußerst rudimentär und nicht wirklich „gruftig“, aber wenn das Licht aus gemacht wurde und das Stroboskop zu den ersten Takten der Musik blitzte, war das alles vergessen – so dachten wir jedenfalls. Ein bisschen blöd war, das die Party um jugendlich-freundliche 20:00 begann, wir schon alle um 19:00 da waren und die Sonne nicht wirklich vorhatte, vor 22:00 wirklich zu verschwinden. So kam es, dass die komplette Tanzfläche bis 22:00 in einem schwach leuchtenden Orange strahlte, dass von den Vorhängen erzeugt wurde, die mühsam versuchte dem Licht Einhalt zu gebieten. Die Party war trotzdem toll und Jugendleiter Reiner hat sich sogar auf eine Verlängerung eingelassen. Wegen der widrigen Umstände. Ich musste einfach mal abschweifen, denn genau das ist mir alles wieder eingefallen, als ich die verwackelten und schlecht gefilmten Aufnahmen aus der DDR gesehen habe. Die Wende hat letztendlich zusammengeführt, was zusammengehörte.

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