Vorweihnachtlicher Einkaufsstress?

Am 24. Dezember, dem heiligen Abend, habe ich ein ganz besonders kurioses Ritual, das ich nun schon seit gefühlten Ewigkeiten pflege. Und folgt man der Diskussion über die Definition von Gothic, so kann der Eindruck erweckt werden, ich würde das aus eben den genannten Gründen immer wieder machen. Bekanntlich haben die Geschäfte am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag geschlossen und sind damit – je nach Jahreslage – ein ordentlicher Batzen ohne die Möglichkeit einzukaufen was die Menschheit mit panikartigen Einkäufen am 24, Dezember quittiert. „Man will vorbereitet sein“ hört man da, „Tante Erna kommt doch noch und die trinkt nur Ramazotti„, wird auch gerne genommen, oder „Scheiße, ich habe die Paprika für das Weihnachtsessen vergessen“ schallt es auch aus manchen Küchen – vielleicht geht auch einfach nur die Welt unter, wer weiß.

Klischeehafte Männer kaufen Geschenke für die Menschen denen sie eigentlich gar nichts schenken wollen und nur aus Pflichtgefühl etwas einpacken und dazu irgendeinen Mist kaufen den die findigen Geschäftsleute genau an diesem Tag und genau aus diesem Grund in ihre Auslagen legen. Verärgerte Schlafmützen tauschen sogar jetzt schon Dinge um, von denen sie erfahren haben das der zu beschenkende jenige es bereits bekommt oder bekommen wird. Gutscheine sind beliebt, kleine Geschenkkörbe mit Duschgel oder Hautcremes und sonst irgendein unpersönlicher und meist lieblos verpackter Mist. Na gut, vielleicht nicht lieblos, aber dann wenigstens talentfrei – denn zum Einpacken fehlt vielen Männern das entsprechende Gen. Aber gut, das ist auch sicherlich ein überstrapaziertes Klischee.

Ich liebe es jedenfalls – um wieder auf mein skurriles Ritual zu kommen – am Heiligen Abend einkaufen zu gehen, nicht weil ich etwas bräuchte, sondern weil ich als Zeitlupe in Mitten gestresster Menschen dem bunten Treiben in schwarzen Klamotten Paroli biete und beobachte wie sie Erwachsene Menschen um Gemüse streiten, sich MP3 Player aus der Hand reißen und ihre Qualitätsansprüche wegen fehlendem Angebot immer weiter runter schrauben. Kontrovers, nicht wahr? Und genau dann mache ich diese Beobachtungen die mich so besonders faszinieren und moralisch pikieren. Nervenkitzel ist natürlich auch dabei, denn was wäre, wenn ich selbst etwas vergessen hätte?

Ich beruhige mich wieder, denn heute ist erst der 1. Dezember und einige Sachen habe ich bereits besorgt, Wunschzettel sind geschrieben und das Weihnachtsessen ist geplant. Irgendwie unspontan für einen Spontis, aber so bin ich eben. „Man(n) will vorbereitet sein.

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Pixella
Pixella (@guest_10528)
Vor 13 Jahre

Aus dem Grund stürze ich mich auch liebend gerne in die Flut der Einkaufsirren an Heiligabend.Mein Musiktipp dazu: Der Ritt der Walküren von Wagner oder die Theme von Benny Hill.*lach*

Madame Mel
Madame Mel (@guest_10530)
Vor 13 Jahre

Pragmatisch und völlig stressless habe ich bereits alles im Net geordert… Ist aber immer wieder ein Schauspiel, die hetzende Meute zu beobachten. Weihnachten kommt jedes Jahr so plötzlich (genau wie der Schnee im Winter)!

Guldhan
Guldhan (@guest_10532)
Vor 13 Jahre

Zu dem Video.

Ich hoffe einmal, dass solche Marotten der Überflussgesellschaft jenseits des großen Wassers bleiben und nicht auch noch irgendwann als Kulturgut nach Europa geschwommen kommen. Das beweißt aber mal wieder die These, dass ein Mensch womöglich vernunftbegabt ist. Eine Horde Menschen sich aber dekadenter gibt, als ein Rudel Heuschrecken. Wie kann man nur gegenüber nichtigen Konsumgütern so derart sein Gesicht verlieren. Aus Freude an der Sache? Hysterie des Kaufrauschs? Vielleicht bin ich aber auch zu existenzminimumsverbittert, um einen halbwegs (v)erklärbaren Spaßfaktor hinter dem orgienartigen Geldausgeben zu sehen. Doch eines scheint dabei wieder zu Tage zu kommen: So ist der Mensch, oder zumindest der Amerikaner.

Zum Text:

[…]vielleicht geht auch einfach nur die Welt unter, wer weiß.[…]

Im Grunde frage ich mich das jedes Mal, wenn das große Schreckgespenst des eifrigen Konsumenten niederfährt. Nämlich diese heimtückische Art von Feiertag, die sich mit diabolischem Feixen an ein Wochenende schmiegt und uns alle damit zum Totentanz aufruft. Und so auf die ersten Opfer lauert, die Montagmorgen verhungert vor den Kühlschränken liegen, während die Kratzspuren in der Tür bei Sonnenuntergang metallisch glänzen. Oder all jene, die schon Sonntag Wahnsinnig vor Hunger den Teppich fressen, weil sie es verpassten, am Freitag einzukaufen und die Geschäfte erst wieder Dienstag öffnen. Nachdem sie all die verzweifelten Pilger von dem Gehsteig kehrten, die in der letzten Hoffnung vor der Ladentür verendeten. Und zu Gott flehten, er möge die Rollläden teilen das Tor des Marktes öffnen. So oder ähnlich bauen sich mir die Szenarien auf, wenn ich zu solchen Feiertagen, oder gerade in der Zeit um Weihnachten und Silvester, in die Einkaufswagen der Mitmenschen blicke und mich fragen, wo all die Luftschutzbunker denn stecken mögen, in die das ganze Zeug gekarrt wird.

Ich wette, dass bei einem vorhergesagten Kometeneinschlag nicht halb soviel gehamstert werden wird, wie zu dieser nun nahenden Zeit. Aber so kauft und kauft man in der Hoffnung auch ja nichts zu vergessen, als wenn dieses eine Todsünde wäre. Motzt die Verkäufer an, was das denn für Zustände wären, dass nun gerade diese Butter ausverkauft sei, wo man doch nun hier als zahlender Kunde steht und nach dieser verlangt. Überfrisst sich dann aus lauter Protest bzgl. der hungernden Kinder, die zu dieser Zeit wieder gerne im Briefkasten und auf der Mattscheibe zur Betroffenheit aufrufen und wirft letztendlich die Hälfte weg. Darunter auch das Zuviel an Milch- und Fleischprodukten, dessen Erzeuger die ehrenvolle Aufgabe besaßen, nun für den Biomüll ihr Leben zu lassen. Klingt womöglich zynisch, aber genau dieses kann man beobachten.

Was die Geschenke angeht halte ich im Grunde nichts von Einkäufen in letzter Minute. Früher machte ich mir deswegen das letzte halbe Jahr Gedanken. Schnappte hier und da ein Schlagwort auf, welches die Familie so von sich gab. Kaufte das dann ganz frech, und sei es auch schon im September, um es dann irgendwann einzupacken und denen am 24ten entgegen zu werfen. Ganz stressfrei und entspannend. Einzige Gefahr bei der Sache ist, dass man dann aufpassen musste, dass es die Betreffenden in der Zeit nicht schon selber orderten. Andererseits ist das eh alles sinnentladen. Es sollte eine Geste sein und mehr nicht. Ideeller Wert statt materiellem Ringen. Etwas passendes im Eigenbau erweckt in mir mehr Emotionen, als irgendein überteuerter Spittel, der nur Mittel zum Zweck war.

Marcus
Marcus (@guest_10533)
Vor 13 Jahre

 Guldhan: Leider kann das Verhalten der „Menschen“ im Video nicht auf die USA beschränkt werden. Ich kann mich an die Berichte über eine Markteröffnung in Deutschland (Berlin?) erinnern, bei der ähnliche Szenen zu sehen waren. Tja, und das nennt sich Zivilisation…

shan_dark
shan_dark (@guest_10534)
Vor 13 Jahre

Hmm Video sieht nach Flashmob aus.

 Guldhan: Ich hoffe auch, dass es solche Szenen in Dtl. nie geben wird. Wobei ich mir hab sagen lassen, dass es früher bei den WSVs auch dramatische Szenen gab. Oder heute manchmal im ALDI montags oder donnerstags… Erklären kann ich es mir auch nicht.

@Marcus: Stimmt, das mit diesem MediaMarkt in Berlin war krass… Da tun sich auch in Dtl. Abgründe auf wg. ein paar Schnäppchen.

Über „vor Hunger den Teppich fressen“ musste ich lachen und werde ich mir merken. Eventuell auch schmackhafter als der „Kit aus den Fenstern“.

Was das Geschenke kaufen angeht, so ordere ich bereits jetzt wie Madame Mel online oder werde selbst kreativ. Einkaufen und noch dazu am 24.12. mit dem Zwang, unbedingt ein Geschenk zu finden, nee, das tue ich mir nicht an. Auch ohne Zwang wie du es beschreibst wäre das für mich nix. Sicher kann man aber da wertvolle psychologisch-anthropologische Beobachtungen machen…

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

@ shan dark

Flashmob? Das sieht eher aus wie ein Treffen der Selbsthilfegruppe für Konsum-Kranke. Kann man das heilen?

 Guldhan

Sehr schöner Kommentar. :-)

@Christkind/Nikolaus

Auch in diesem Jahr kannst du unser Haus auslassen. Wir spielen nicht mit.

ASRianerin
ASRianerin (@guest_10538)
Vor 13 Jahre

Das Video ist ja abartig. Man könnte denken, es gäbe nie wieder etwas zum konsumieren oO

In meiner Familie macht man zum glück keinen Weihnachtsstress. Zwar hat meine Mutter zig Bleche Plätzchen gebacken, aber nur, weil es ihr Spaß macht und sie auch einfach die Zeit dazu hat. Die Geschenke werden meist bestellt und das Essen ist bei uns auch nicht unbedingt ein typisches Festtagsessen: Kartoffelsalat und Würstchen. Wie die letzten 5 oder 6 Jahre muss mein Papa mal wieder an Heiligabend arbeiten, da sind wir nur zu zweit und da machen wir keinen Aufwand. So lange wir Muppets, Loriot und Kevin allein zu Haus gucken und Wein trinken können, ist alles easy.

Ich sage es mal so: VIELLEICHT könnte man die Kommerzialisierung irgendwie verkraften, aber die Tatsache, dass man sich lieber hetzt, statt für eine besinnliche Zeit zu sorgen ist echt widerlich.
Warum überhaupt Stress machen? Dann ist eben kein Paprika im Salat, dann hat man eben am 2. Weihnachtsfeiertag keine Lebkuchen mehr. NA UND?
Zudem frage ich mich eins: Es ist doch allgemeinhin bekannt, dass am 24.12. Heiligabend ist…warum wartet man dann bis zur lezten Minute? Ich bin ganz ehrlich, ich kann mir nur schwer vorstellen, dass soviele Menschen so wenig Zeit haben…

Das einzige, was wir auf Vorrat kaufen, ist Mineralwasser und Kartoffeln. :D

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

@ Robert Ich stell mir das nach deiner Beschreibung jetzt ungefähr so vor:

https://www.amazon.com/Cookie-Monsters-Christmas-Super-Coloring/dp/0375803769

:-)

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

Ich bin sehr unbegabt in Sachen „Kekse“. Bei mir werden die immer schwarz. Und das meine ich nicht im positiven Sinn :-)Dafür kann ich aber Kichererbsensuppe…

Guldhan
Guldhan(@guldhan)
Vor 13 Jahre

Nun gut. Media Markt in Berlin hat gezeigt, dass diese Stufe der Zivilisation hier wirklich schon eingekehrt ist. Dann hoffe ich mal, dass dahingehend Volkshochschulkurse angeboten werden. Denn ich komme mir mit den Jahren schon unzivilisiert genug vor. Da will ich nicht auch noch diese Art des Einkaufserlebnisses verpassen.

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