Die Flucht in den Konsum

Es gibt Tage, die bleiben einem einfach in Erinnerung, sei es nun in guter oder schlechter, manchmal lässt sich das einfach nicht vermeiden. Wenn ein Tag so voller kleiner Anekdoten steckt, das er schon bald droht davor überzulaufen, ist es an der Zeit für einen kleinen Tagebucheintrag wie diesen, dann muss sich einfach mal „freischreiben“.

Der Samstag stand auch bei uns im Zeichen des Fußballs, denn heute spielten Mönchengladbach und Köln in Mönchengladbach. Das ist immer so eine Sache, denn das Lokalderby gilt als eines der brisantesten in der Bundesliga. Nicht wegen der Mannschaften und ihrer Qualität, sondern wegen der Fans und solchen, die es ein möchten. Immer wieder gab es heftige Ausschreitungen, mal in Köln, mal in Mönchengladbach. Jetzt hat es offenbar gereicht, denn der Oberbürgermeister Norbert Bude hat kurzerhand 142 Straßen zur Alkoholfreien Zone erklärt. Kein Genuss von Alkohol, kein Verkauf von Alkohol, kein mitführen von Alkohol. Über 1000 Polizisten sollen für die Einhaltung sorgen und so Ausschreitungen verhindern.

Grund genug die Flucht zu ergreifen. Für uns jedenfalls. Und wohin? Nach Köln, denn da kann heute ganz ungestört shoppen, habe ich gehört. Offensichtlich waren wir nicht die einzigen mit dieser brillianten Idee, denn der Bürgersteig die Schildergasse drohte an den Menschenmassen zu ersticken. Trotzdem haben wir ein ganz neues Einkaufskonzept getestet: Aussuchen, Anprobieren aber noch nicht kaufen, damit man(n) die Tüten nicht noch durch die ganze Stadt schleppen muss. Angst davor das die Sachen dann weg sein könnten, oder der Laden zu sein könnte? Pah! Nicht mit uns.

So haben wir uns dann durch unzähligen Konsumtempel gekämpft um etwas ansprechendes zu entdecken. Unsere Route Hohe Strasse – Schildergasse – Neumarkt – Mittelstraße – Ehrenstraße und am Kölner Ring wieder umkehren. Natürlich nicht ohne eine von diese scharfen Currywürsten von Currywurstforever.  Schärfegrad Twilight Zone, 250.000 von diesen Schärfegraden, da kenne ich nichts. Während ich noch mit den Tränen und den Schweißperlen kämpfe, entern 3 junge Menschen den Laden. „Eh, tust du mir eine Currywurst, aber Stufe 6!“ – „Wir haben nur 5 Stufen und dazu müsste ich ihren Ausweis sehen damit ich weiß dass sie volljährig sind.“ „Eh, wie seh‘ ich aus? Seh ich aus wie Pussy?“ – Offenbar kratze das am Ego des Patienten. „Möchten sie vielleicht nicht erst eine weniger scharfe Wurst probieren?“ fragte die besorgte Angestellte. „Quatsch Eh!“ Obwohl sie schon sichtlich genervt aussieht mahnt sie eindringlich: „Damit ist nicht zu spaßen, manche vertragen so etwas einfach nicht!“ – „Ich will drei Stück und einpacken.“ Selber Pussie, hat wahrscheinlich Hemmungen dann doch sein Gesicht zu verlieren und schmeißt die Dinger dann zu Hause lieber in den Müll.

Auf der Tour zurück haben wir dann die Konsumtempel erneut besucht, um uns die Waren einzuverleiben. Bei mir ist es nicht viel geworden, eine Pyjamahose, eine Mütze, ein Paar schwarze Lederhandschuhe und wieder ein wenig Kosmetik und Gesichtspflege, denn obwohl man mir natürlich mein Alter in keiner Weise ansieht, kann es hier auch wieder nur heißen: Vorbeugung ist besser als Nachsicht. Natürlich habe ich mich auch in eine Jacke bei H&M verguckt, die natürlich nicht in vernünftigen Größen zu haben ist. „Gibt’s die auch noch Größer?“ lautete dann auch meine berechtigte Frage an die Verkäuferin. Ihre Antwort war überraschend: „NOCH größer???“ Eine Männerjacke in 54 als größte Größe? Schade eigentlich. Vielleicht passt die mir ja wenn ich im hohen Alter wieder schrumpfe.

Nachdem ich dann durch unzählige Tüten die Belastbarkeit meiner Alltags Pikes getestet habe drückte am Bahnhof noch die Blase, was eigentlich kein Problem darstellen sollte, denn Toiletten sollte es am Kölner Hauptbahnhof schon geben. Und jetzt kommt’s: 1€ für das Urinieren. Ich war sprachlos. Noch nie war pinkel so teuer. Selbst aus sonst so teuren Rastplätzen kommt man günstiger weg (0,5€), da vergeht einem echt die Lust an der Notdurft. Ein Stapel Zeitschriften vom Presseladen und ein Vanilla Latte Tall vom Starbucks linderte meinen seelischen Schmerz.

Ausgegangen ist das Spiel übrigens 0:0 – Vermutlich hatten die Mannschaften das Ergebnis vom Oberbürgermeister vorgeschrieben bekommen, sonst hätte ja noch was passieren können.

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Tears
Tears (@guest_4506)
Vor 14 Jahre

Keine Chance über Absperrungen etc. drüber zu steigen? So mach ich das eigentlich immer, wenn das Pissen so teuer ist. Wenn das Klo dann so sauber war, dass man vom Boden essen könnte werf ich hinterher dann nen Euro rein… was allerdings bisher nie vorgekommen ist, bisher war „es stinkt nicht unerträglich nach Urin“ das beste was mir in öffentlichen Klos so untergekommen ist.

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