Musiksendung „Formel Eins“ kehrt in Fernsehen zurück

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Fans der 80er-Jahre Musiksendung „Formel Eins“ können am 9. Januar 2025 frohlocken, denn die Kult-Sendung kehrt zurück auf die Mattscheibe. Allerdings nicht in das öffentlich-rechtliche Programm, sondern bei Kabel Eins. Um 20:15 zeigt der Sender zur Primetime „Formel Eins – Die größten Hits aller Zeiten“ – Für uns war das damals ein wichtiger Blick in die Welt der Musik, ohne die wir kaum Möglichkeit hatten, unsere Stars im Fernsehen zu bewundern. Heute fragt man sich: Schon wieder ein neuer Reiter auf der Welle der Nostalgie?

Ganz bestimmt sogar, denn nach Senderangaben präsentiert man „die unvergesslichsten Musik-Geschichten aller Zeiten“ und hat sich dazu ein passendes Moderatoren-Ensemble zusammengestellt. Peter Illmann (65), der von 1983 bis 1984 als erster Moderator durch das damalige Original führte und heute bei 80s80s-Radio mit „Peters Pop Stories“ ein ganz ähnliches Format führt. Vom Sender MTV, der dann ein paar Jahre später die Vorherrschaft beim Musik-Fernsehen übernahm, sind dann noch Markus Kavka (57) und Anastasia Zampounidis (56) dabei.

Peter Illmann freut sich auf Instagram auf die bevorstehende Sendung, moderierte er doch die ersten 67 Folgen der Sendung. Für mich persönlich sind Ingolf Lück, Stefanie Tücking und Kai Böcking die Gesichter der Sendung, wenn ich ehrlich bin. Allerdings bin ich mir sicher, dass Kavka und Zampounidis die Sendung durchaus bereichern können.

Ob wir allerdings noch einen musikalischen Rückblick auf die 80er-Jahre brauchen, lasse ich an dieser Stelle offen, für mich ist Nostalgie-Welle schon längst zu einem flachen säuseln abgeebbt, weil es einfach schon zu viele Rückblicke, Nostalgiewellen, Revival-Festivals und Dokumentationen gegeben hat, die das Thema ausgeschlachtet haben. Das muss man einfach mal festhalten. Als bekennender Nostalgiker lasse ich mich höchstwahrscheinlich aber dazu hinreißen, doch einzuschalten, wenn 3 alte Menschen über damals fabulieren. Ich gehöre ja mittlerweile auch dazu.

Stichwort Nostalgie und weil ich gerade Lust darauf bekommen habe. Hier eine komplette Formel Eins Sondersendung aus dem Juli 1988 anlässlich der 200. Sendung, die ich damals tatsächlich im Fernsehen verfolgt habe. Musikalisch zwar ein bisschen gruselig, aber was soll es. Wir hatten doch früher nicht soviel :-)

Formel Goth: Bei der Graveyard-Queen kracht jetzt die Gruft!

Auf dem Friedhof kracht jetzt die Gruft. Graveyardqueen hat sich einige Bands in ihre Playlist gelegt, bei dem selbst der massivste Grabdeckel zu beben beginnt. „Es wird tanzbarer und gitarrenlastiger“ fügt sie in ihrer E-Mail hinzu. Wir sind gespannt. Zur Erinnerung: Es hat sich etabliert, dass Leser (und Hörer) unserer Rubrik „Formel Goth“ ihre persönlichen Entdeckungen in den Kommentaren ergänzen, was sich so gut finde, dass ich es besser fand, dass man gleich neue Artikel daraus macht. Wie geht das? Einfach 3-5 Musikvideos heraussuchen und dazu beschreiben, warum man denn nun ausgerechnet diesen Song besonders toll findet, reicht aus. Per E-Mail oder Kontaktformular einreichen und schon machen wir einen Artikel daraus.

Doomood – In My House

Den Anfang macht „Doomood„, der uns mit in sein Haus nimmt. Was uns dort wohl erwartet? Viel lässt sich tatsächlich noch nicht über das 1-Mann Projekt sagen, das aus Großbritannien kommt und unter anderem in Richtung Postpunk geht. Hörproben kann man sowohl auf der Facebookseite als auch bei YouTube finden. Zugegebenermaßen erinnert mich der Anfang des Liedes an Lucretia My Reflection von den Sisters. Aber trotz dieser Ähnlichkeit in Takt und Melodie finde ich das Lied hörenswert, was auch an der angenehmen Stimme des Sängers liegt.

Pink Turns Blue – Black Swan

Mit Black Swan (But I Know There Is More To Life) stimmt uns Pink Turns Blue schon mal auf das im Frühjahr 2025 erscheinende, gleichnamige Album ein. Laut Aussage der Band soll es wohl das einzige ruhige Lied sein, das darauf zu finden sein wird. Wie der Titel des Liedes vermuten lässt, geht es um wichtige Gedanken und Fragen des Lebens. Mir persönlich kommt beim Hören des Stückes die Frage, ob man vielleicht nicht manchmal zu viel vom Leben will und erwartet, statt bescheiden damit zufrieden zu sein, was man hat. Ganz wie in der Geschichte des Fischers und seiner Frau Ilsebill.

Funhouse – What Can I Say

Auch wenn mir der Hinweis mit an die Seite gegeben wurde, dass die vorgestellten Sachen so neu wie möglich sein sollen, so kann ich es nicht lassen, auf das aktuelle Album von Funhouse einzugehen, auf das ich tatsächlich jetzt erst stieß. Bereits im Frühjahr kam schon „Sometimes I Wish“ heraus, welches einige der Lieder enthält, die die Jungs auf dem WGT 2022 spielten. Da ich sowohl mit dem Auftritt als auch mit der Musik einiges an Erinnerungen und Emotionen verbinde, liegt es mir einfach am Herzen, mit „What Can I Say“ das Album näher zu bringen. Für mich Goth Rock vom Feinsten.

Je T’aime – Useless Boy

Die drei Jungs von Je T’aime schicken mit „Useless Boy“ ebenfalls einen ersten Vorboten von ihrem im Januar 2025 erscheinenden, gleichnamigen Album ins Rennen. Ich durfte die Truppe dieses Jahr im Rahmen des Dark Affair live erleben und war von deren Energie auf der Bühne extrem begeistert. Für mich persönlich auch das beste Konzert, welches ich dieses Jahr hatte.

Daniel Knutz – Bats vs. Rats

Den Abschluss macht Daniel Knutz, den wir bereits bei einer vorherigen Formel Goth Ausgabe zu Gast hatten. Nach „No Grave Can Hold Us Down“ und „Victim Of Time“ meldet sich der in Berlin lebende Musiker, mit „Bats vs. Rats“ für das kürzlich vergangene Jahr ein letztes Mal musikalisch zu Wort. Ein höchst politischer Song, wie man seiner Facebookseite entnehmen kann, den es in heutiger Zeit mehr als braucht. Lasst uns also mit „Bats vs. Rats“ Stellung gegen Extremismus und rechtes Gedankengut beziehen.

Gruft-Orakel Januar 2025: Ein Sukkubus beim Zahnarzt

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Der Sukkubus sitzt im Wartezimmer des Zahnarztes. Im Hintergrund kratzt das malträtierende Geräusch des Bohrers, der gierigen Schlund des Speichelsaugers lechzt nach Flüssigkeit und das wimmernde Stöhnen von ausgelieferten Menschen wabert durch die Praxis. Was klingt wie die Einschlafbeschallung eines Wesens aus der Hölle, treibt dem Sukkubus den Angstschweiß auf die Stirn. Den heute ist sie dran. Zahnstein entfernen, Zahnreinigung, Bleaching. Das volle Programm. Und das alles nur, weil Alana Abendroth in ihrem aktuellen Gruft-Orakel vom „elegantesten Zusammenbeißen“ geschrieben hat und das bei den potenziellen Opfern ja auch eine gewisse Erwartungshaltung schürt. Die will sie natürlich nicht enttäuschen. In dem Augenblick springt die Tür zum Wartezimmer auf: „Frau Sukkubus? Frohes neues Jahr! Kommen sie dann?“ Jetzt auch noch diese ekelhafte Freundlichkeit? Kann ein Jahr noch beschissener anfangen? Grummelnd schlurft der Sukkubus der Sprechstundenhilfe hinterher und denkt sich: „Wenn meine Zähne fertig sind, komme ich zuerst zu dir…

Gruft-Orakel Januar 2025 - Alana Abendroth

 

Eine unvergessliche Nacht mit „The Cure“ im Londoner Troxy

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Am 1. November 2024 erschien das lang ersehnte Album „Songs Of A Lost World“ von The Cure, Gothics aus der ganze Welt sprangen in einem Anflug von Freude aus ihren Särgen.  In einem exklusiven Konzert im Londoner Troxy, das die Band auch im Internet streamte, wollte man 3000 Gästen das Album präsentieren. Die heiß ersehnten Karten, die nicht etwa zu exorbitanten Summen, sondern zu regulären Preisen angeboten wurden, waren in einem Wimpernschlag vergriffen. Familie Klammer hat es allerdings geschafft und ihre Erlebnisse mitgebracht und aufgeschrieben. 

Ein unerschütterliches Cure-Fan-Girl und ihr großer Traum

Mein Name: Jeannette. Jahrgang: 1977. Aufgewachsen: in der DDR. Erster Berührungspunkt mit The Cure: 1989. Im staatlichen Rundfunkgeschäft stand eine Single: „Close to me“. Seither war es um mich geschehen. Ohne die Band oder Musik vorher gekannt zu haben, wusste ich: Das ist es. Das bin ich. Die kennen mich. Die wissen, was ich fühle. Die Single muss ich haben. Ich hatte nicht mal einen Plattenspieler und trabte daher Tage später mit der neuen Errungenschaft zum Opa. Der hatte nämlich einen. Was soll ich sagen? Seither bin ich ein Fan-Girl. Aus dem tiefsten Herzen, mit Leib und Seele. Ohne Wenn und Aber, unerschütterlich.

Der deutschen Geschichte sei Dank, durfte ich „The Cure“ später bei einem Konzert in Berlin. Hier allerdings in Begleitung meines Vaters, der mich ja noch „viiieeeel zu jung für sowas“ fand. Später sah ich sie bei einem Festival in Konstanz und viel später mit meinem zweiten Ehemann – mittlerweile war ja einiges passiert – in Berlin bewundern und wie Teenie anhimmeln.

Und dennoch träumte ich immer davon meine „Helden“, meine „Seelenverwandten“ einmal im Leben in einem kleinen Club in London zu sehen, hatte ich doch hin und wieder gelesen, dass „The Cure“ es sich nicht nehmen ließen, solche Gigs hin und wieder zu spielen. Jedoch, dem gemeinen Cure-Fan geläufig, wurde der Traum immer abwegiger, irrationaler und irrer.

Der große Traum rückt in greifbare Nähe

Zeitsprung, wir schreiben das Jahr 2024. Die mittlere Tochter studiert mittlerweile zu unserer Begeisterung und völlig verdient Theaterschauspiel in London. Ein Besuch unsererseits stand an. Die Planungen der Reise waren in vollem Gange, als die Neuigkeit einschlug wie ein Komet:

„The Cure“ wird anlässlich der Veröffentlichung ihres seit 16 Jahren heiß erwarteten neuen Albums ein Exklusivkonzert geben!

Erster Gedanke: Wow, da müssen wir hin! Zweiter Gedanke: Hey, da sind wir doch gerade sowieso in London! Dritter Gedanke: jetzt brauchen wir nur noch Karten. Das MUSS klappen! Angesichts der Tatsache, dass vermutlich tausende Fans genau den gleichen Gedanken haben, sind wir eingeschüchtert, aber zuversichtlich. Das Universum muss doch wissen, dass das UNSER Traum ist! Außerdem, so reden wir uns ein, haben bestimmt alle anderen die Ankündigung gar nicht gelesen.

Schritt 1: Album bestellen beim offiziellen Cure-Fan-Shop, um einen Code zu bekommen, mit welchem man angeblich Vorkaufsrecht an Tickets erlangt.

Schritt 2: Diverse Familienangehörige davon überzeugen, auch eine Bestellung zu tätigen, um für uns ebenfalls an einen Code zu kommen.

Schritt 3: App herunterladen, um die Tickets dann zu kaufen und die Familie daran erinnern, dies auch zu tun!

Jetzt warten wir auf Tag X, den 17. Oktober 2024. Der Tag an dem der Vorverkauf der Tickets für das Konzert im Troxy losgehen soll.

Der Krimi um die Karten für das Konzert im Troxy

17.10.2024, 15.45 Uhr MEZ, 14.45 Uhr GMT. Es ist ein Donnerstag, mein Mann hat das Handy im Home-Office mit geöffneter App vor sich liegen, meine Tochter kündigt in der Uni an, kurz vor 16 Uhr ein wichtiges Telefongespräch mit Deutschland führen zu müssen, um die Räume rechtzeitig verlassen zu können und ich schließe meine Bürotüren und kündige den Kollegen an, für eine Zeit keine Gespräche entgegen nehmen zu können.

Der Countdown läuft, dieser ist auch in der App zu sehen. 3…2…1… „Kaufen“ drücken. Die sofortige Meldung „ausverkauft“. Was? Wie? Das war es? Aus der Traum? Vorbei? 1/2 Sekunde zu langsam? Die Tränen kann ich kaum aufhalten. Plötzlich ein „Piep“ aus dem Handy. Kai schreibt. Und? Nein, er hat es auch nicht geschafft. Gemeinsame Trauer. Noch ein „Piep“. Charis, die Tochter: „ich habe eure Karten“. WAAAAS? Sie hat Karten? Sie hat Karten? Sie hat es geschafft?

Ich möchte laut schreien, bin ganz irre vor Freude. Ich taumel und bekomme tatsächlich einen kleinen Schwächeanfall. Die Kollegen haben mich gehört, öffnen die Tür, fragen, was los ist. Ich stammel nur „ich kann gehen“, „ich werde The Cure sehen“! Ich lasse den Tränen freien Lauf, zittere am ganzen Körper, ich bin nicht mehr in der Lage, an dem Tag zu arbeiten.

Als ich nach Hause komme, springe ich meinem Mann entgegen; aber was hat er? Er schaut traurig aus. Was ist passiert?

Um den exorbitanten Weiterverkaufspreisen von Tickets entgegenzuwirken, ist die Weitergabe von Tickets nicht möglich. Aha. Und? Das heißt, unsere Tochter, Charis, wird zum Konzert gehen können und eine Person mitnehmen dürfen. Das wäre dann ich, hat sie gesagt. Mehr als zwei Karten konnte man nicht kaufen. Ich bin in einem Dilemma. Ich möchte mich freuen, und tue das auch. Aber ohne Kai, der wie ich, seit frühester Jugend ein Fan ist? Natürlich freut sich auch Charis, denn wir beide hatten beschlossen, beim nächsten The Cure Konzert gemeinsam zu gehen. Aber Fan seit frühester Jugend? Nein, das ist sie nicht. Die gegensätzlichsten Gefühle bestimmen die nächsten Tage.

Was wir zunächst nicht wissen: Charis hat dem Veranstalter geschrieben. Sie wird es mir später zeigen und mein Herz damit berühren. Sie schreibt, dass es ihr Wunsch ist, ihre Eltern gemeinsam zum Konzert gehen zu lassen und die Tickets auf uns übertragen lassen möchte. Es wird mehrere E-Mails geben, aber da es sich um eine „familieninterne Übertragung“ handelt, ist es möglich: Die Tickets werden auf uns beide umgeschrieben. Die Freude ist riesengroß, die Dankbarkeit auch.

„The Cure“ – Troxy, wir kommen!

Am Abend des 24.10.2024 ist es soweit. Das Auto ist voll bepackt, die Fahrt geht los. Nach 5 Stunden Fahrt und einer kurzen Übernachtung in Aachen und weiteren 3 Stunden Fahrt am nächsten Morgen geht es mit der Fähre von Dünkirchen nach Dover und weitere 2 Stunden später sind wir in London angekommen. Wir verleben ein tolles Wochenende mit vielen Erlebnissen (welche hier zu beschreiben dann wirklich den Rahmen sprengen würden) mit Charis und ein paar herrliche Tage im Dartmoor.

Das Navigationssystem zeigt den Weg zum Ziel

01.11.2024

Nach 5 Stunden Fahrt vom Dartmoor zurück nach London machen wir uns ausgehfertig (unseren supernetten Gastgebern Reny und Richard sei an dieser Stelle herzlichst gedankt!!!). Mit der U-Bahn geht es dann los, knapp 1 Stunde Fahrt. Als wir die U-Bahn-Station verlassen, sehen wir die ersten Mitstreiter, kommen schon ins Gespräch. Wir sehen das Troxy. Und dann die Schlange! Oh weh, denke ich, das wird wohl nix mit erster Reihe.

Pünktlich 18 Uhr geht’s los, die Schlange schiebt sich dem Eingang entgegen. Alles geht reibungslos und schnell, die Organisation ist perfekt. Die Absprache mit Kai: er geht zum Merch-Stand, ich sicher die Plätze so weit vorn an der Bühne wie möglich. Kaum sind wir im Vorraum, sprinte ich ganz ungruftihaft los, werde aber von den Ordnungskräften zu langsam gehen angehalten. Dennoch schaffe ich es bis in Reihe zwei, da die meisten derer, die sich noch nicht beim Merch angestellt haben, sich in einer Traube vor der Mitte der Bühne sammeln.Der Merchandise-Stand beim Cure-Konzert im Londoner Troxy Schnell füllt sich der Saal, Kai kommt bepackt mit Merch (das T-Shirt für 20 Pfund, der Hoodie für 40 Pfund; da kann man nicht meckern) dazu. Die Zeit vergeht nun wie im Flug, wobei ich die ganze Zeit versuche, die unangenehmen US-amerikanischen „Fans“ direkt vor mir zu ignorieren. Er im Spiderman-Kostüm, sie mit leuchtend rosa Wackel-Fühlern auf den Kopf… Wenn ich mir überlege, wie viele richtige Fans sich nichts sehnlicher gewünscht hätten, als hier dabei zu sein, macht es mich fast wütend, sowas zu sehen. Aber ich versuche, mir die Stimmung nicht verderben zu lassen, schließlich soll das der Abend des wahr gewordenen Traums werden!

Die Klammers kurz vor dem Konzert im Troxy

Und dann geht’s los, die ersten Noten, meine Helden betreten die Bühne und mir schießen die Freudentränen in die Augen. So nah werde ich ihnen wohl nie wieder sein. Das komplette Album „Songs Of A Lost World“, welches wir selbstredend auf der Fahrt vom Dartmoor nach London vorangehört haben. Unglaublich, welche Kraft diese Stimme immer noch hat! Die Songs legen sich wie eine schützende Hülle über mich, umarmen mich und nehmen mich vollkommen ein. Für mich schließt sich mit dem Album die Lücke, die spätestens nach „Bloodflowers“ von 2000 – über die Alben wie „The Cure“ von 2004 und „4:13 Dream“ von 2008 gehe ich mal hinweg – entstanden ist.

Und spätestens, als all die großartigen alten Stücke gespielt werden wie „Plainsong“, „Burn“, „Desintegration“, „At Night“, „A Forest“ gibt es kein Halten mehr, der Saal singt und tanzt, als gäbe es kein Morgen.

Leider bringen mich die rosa blinkenden Fühler der Tante vor mir hin und wieder ein bisschen aus der Stimmung und dem Ganzen die unrühmliche Krone setzt ihr Begleiter, als er allen Ernstes zu „Lullaby“ auch noch die Spiderman-Maske aufzieht und rumhampelt wie ein debiler Teenager, doch sogleich blende ich das wieder aus und gebe mich wieder voll und ganz den Klängen hin. Mein persönliches Highlight ist natürlich „Close to me“, schließt dieser Song doch meinen persönlichen Kreis.

Nach drei wundervollen Stunden geht aber auch der Konzertabend zu Ende. Seelig lächelnd verlassen die anwesenden Stück für Stück den Saal. Noch einmal schlängelt sich die Merch-Schlange durch das gesamte Foyer, welche noch immer von Absperrungen in die richtigen Bahnen gelenkt wird.

Aber noch will ich nicht gehen, will auch die letzten Stimmungsfetzen in mich aufnehmen und so erkunden wir das Troxy einfach ein wenig. Treppe rauf, Gang rüber, noch eine Treppe rauf und wer läuft vor uns? Simon! Ein kleiner Fingertipp auf seine Schulter und er dreht sich herum. Leider ist er für ein Foto nicht bereit „not today“, ein klein wenig Verständnis ist schon da, aber trotzdem, ein kleines Foto wäre schon toll gewesen.

Immer noch beseelt geht’s nochmal am nunmehr leeren Merch-Stand vorbei, ein weiteres Shirt, ein weiterer Hoody passen schon noch in die Taschen und dann lässt sich der Abschied wirklich nicht mehr rauszögern, es geht gen Ausgang.

Zurück bleiben jede Menge Fotos, diverse neue Kleidungsstücke, ein Poster, ein Pin und die Erinnerung an einen der großartigsten Abende meines Lebens! Was den Abschied leichter macht ist Roberts Versprechen auf ein Wiedersehen – und das nehme ich angesichts der offensichtlichen Freude an Spielen, die sie allesamt auf der Bühne gezeigt haben, ernst. Und so wird es auch nächstes Jahr wieder heißen: „The Cure“ – wir kommen!!!

The Cure im Londoner Troxy – Die Fotos

Die Band „Rabengott“ auf dem Weg in ihr musikalisches Asgard

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Auf der Gamescom 2023 lernte ich Julian kennen. Ich meine, wer kennt sie nicht, die weltgrößte Computer-Spielemesse, auf der man typischerweise Musiker trifft?! Julian – so erfuhr ich dann später – ist neuestes Mitglied von „Rabengott„, einer Köln-Aachener Band, die 2021 von der Bassistin Denise Kylla und dem Gitarristen Dennis Sennekamp gegründet wurde. Nicht überliefert ist allerdings, ob Denise und Dennis die Raben „Hugin“ und „Munin“ sind, die Odin seine Weisheit flüsterten, und wer dann die Rolle des Odin, einnimmt.

Die Band macht Gothic Rock, so würde ich das jedenfalls einordnen, orientiert so ein bisschen am Sound der Sisters oder auch Project Pitchfork und ist auch nicht scheu, Bruce Dickinson, den Sänger der Band „Iron Maiden“ als Vorbild zu nennen. Aktuell schmücken sie sich mit der Resurrector EP, die sich durch Remix-Versionen von Songs anderer Bands auszeichnet. Intensive Einblicke in das „Bandleben“ gibt übrigens die mittlerweile 68 Folgen umfassende „Logbuch-Reihe“, die sich auf dem YouTube-Kanal der Band findet. Die gefällt mir übrigens ausgesprochen gut und verleiht der Band einen Berg an Authentizität, den viele andere nur bewundernd emporblicken können. Tatsächlich ist dieser Kanal dann auch der Grund, warum ich ausgerechnet über Rabengott berichte, natürlich neben der Tatsache, dass wir ein paar Monate nach dem Treffen auf der Gamescom als Umzugshelfer für einen gemeinsamen Freund Seite an Seite geschwitzt haben ;)

Es gibt auch bereits ein Video der Band, allerdings noch in alter Besetzung. Bei Bandcamp kann man allerdings auch dem Album „Love And Order“ lauschen, das weitere Kostproben der Band gibt. Obwohl ich für rockige Klänge und eine gute Portion Pathos in den Stücken der Band keine Antennen habe, so muss ich jedoch anerkennen, dass mir das Schaffen der Köln/Aachener Gothic-Rocker im Strudel der Synthie-Bands und der Flut an aktuellen Post-Punk-Bands fast schon wohltuend auffällt.

„Kinder der Nacht“ ist dann auch eine Hommage an die Sisters of Mercy, während man sich auch nicht scheut, mit „Shadowland“ eine Ballade anzustimmen, während mich „Abyss“ dann wieder an den Eingangs erwähnten Bruce Dickinson erinnert.

Und gerade weil so ein authentisches Youtube-Tagebuch der Band existiert, wirkt der musikalische Pathos sympathisch und nicht wie ein aufgesetztes Image, um sich krampfhaft von anderen Acts abzugrenzen. Ja und gerade das ist dann schon so eine Art Alleinstellungsmerkmal, das mich zum Rabengott-Fan macht.

Rabengott bei Danse Macabre und beim WGT

Die Band ist allerdings außergewöhnlich fleißig und hat bereits einige Auftritte absolviert, wie beispielsweise im Shadow in Leverkusen oder auch auf dem Stella Nomine 2024, was sie natürlich ausführlich dokumentiert haben. So wurde auch Bruno Kramm auf die Band aufmerksam, was letztendlich darin mündete, dass Rabengott in Asgard aufgenommen wurden. Besser gesagt beim Label Danse Macabre, was sie auch gleich in einem ihrer Tagebuch-Einträge gefeiert haben:

Ob nun daher ein Auftritt beim WGT 2025 ist nicht bekannt, allerdings hat man den Platz auf Leipzigs Bühnen fleißig erspielt – möglicherweise hat aber auch Odin seine Finger im Spiel?

 

Gonzo-Journalismus. Aufstieg und Fall des Skandal-Magazins VICE

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Die ARD Dokumentation „Die Vice-Story – Gosse. Gonzo. Größenwahn“ handelt vom Aufstieg und Fall eines der kontroversesten Magazine der letzten Jahre. Bei dem als „Gonzo-Journalismus“ bezeichneten Format ging es darum, „nach den vergessenen Gruppen in der Gesellschaft zu fragen. Nach den abgedrehtesten Geschichten zu suchen und aus den dunkelsten Ecken der Gesellschaft herauszukehren„, wie die ehemalige Autorin Thembi Wolf, die jetzt bei Stern arbeitet, in ihrem Artikel schreibt.

Gonzo-Journalismus wird populär

Neuer und ungeschönter Journalismus. Das Erleben im Vordergrund, radikal subjektives Spiel mit Emotionen und Moralvorstellung. VICE machte Ende der 90er-Jahre dieses Format zum Gewinner. Es geht fast immer um Drogen und Kriminalität, um Sex und Style, um Absurdes, Abseitiges und Ekliges. Thembi Wolf dazu:

Ein Redakteur wirft darin den Saugnapf-Dildo dreimal über die Schulter. Zuerst auf ein Whiteboard, das „arme Länder“ aufführt (Kuba, Syrien), dann auf die „Minderheiten“ (Geflüchtete, Menschen mit Behinderung), zuletzt auf die „Drogen“ (Xanax, LSD). Heraus kommt eine Reportage über: Transgender Ketamin-Dealerinnen in Venezuela.

Als in den 2000er ein deutscher Ableger gegründet wird, sucht man unter jedem noch so abseitigen Stein in Deutschland nach einer Story. Man sprengt moralische Grenzen mit Ansage und radikalisiert den Journalismus in Deutschland für Auflage und später für Klicks und Views. Als die Konkurrenz nachzieht und auch öffentlich-rechtliche damit ihr Zielpublikum erreichen wollen (wie beispielsweise mit „Wild Germany„) geht es nur noch um die Superlative, um ständige Steigerungen der Skandalisierung.

Die ARD-Dokumentation fasst die ganze Story und den Gonzo-Journalismus hinter VICE nochmal in einem Mehrteiler zusammen. In 3 Folgen erzählt man von „Humor & Hedonismus“, „Coups & Cash“ und letztendlich von „Alleingänge & Absturz“. Sehenswertes, das ein klein wenig nachdenklich macht.

Man besucht Diktatoren in Asien, spricht mit IS-Terrorkämpfern, fragt Überlebende des Holocaust, „ob sie in Auschwitz auch gute Momente erlebt hätten“ und zeigt Menschen, die sich absichtlich mit HIV infizieren wollen. Es gibt nichts, was man nicht ins Licht der Öffentlichkeit zerrt. Und während sich die Leute verbal und moralisch darüber empören, schauen sie mit dem anderen Auge hin. Millionenfach.

Allerdings scheint in diesem Jahr alles vorbei. Bereits 2023 ist der amerikanische Muttern-Konzern pleite, der deutsche Ableger schließt im März seine Pforten. Schluss mit Voyeurismus. Schluss mit Spannen, Staunen und Starren?

Aber nicht etwa, weil die Menschen sich jetzt plötzlich an Moral erinnern oder sich über die Empörung empören, sondern weil die Art der Berichterstattung offensichtlich die Schlange von innen zerfressen hat. Toxisches Arbeitsumfeld, Machtmissbrauch, Abhängigkeitsmissbrauch. Die Finanzierungsgrundlagen brechen weg, weil Werbepartner für die kontroversen Inhalte vielleicht kaum noch zu finden sind und Geschäftspartner möglicherweise fürchten, mit der nächsten Skandal-Story selbst auf Gleis der Absurditäten zu geraten.

Dennoch: Ich glaube, der Zeitgeist schreit (leider) nach solchen Formaten. Ich könnte jetzt die moralische Instanz mimen, aber im Grunde genommen gucke ich wohl auch hin, wenn Formate wie VICE die menschlichen Abgründe ans Tageslicht zerren – vielleicht um zu staunen, mich zu empören oder einfach ein bisschen besser zu fühlen als die „Anderen“.

Wie geht es Euch? Erinnert ihr Euch an besonders aufwühlende Artikel und Videos von VICE? Wie sieht mit Eurer Moralverstellung aus? Gibt es Dinge, die nicht ans Licht der Öffentlich gezerrt werden sollten?

Weltuntergangsstimmung de luxe: Diese drei Designer sind die Goths der Fashion-Welt

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In einem fensterlosen, nur spärlich beleuchteten Gewölbe irgendwo in Paris wartet die Fashion Haute Vaulet auf die Präsentation der Herbst-/Winterkollektion 2022/23, als plötzlich ein düsterer Beat aus den Boxen scheppert. Es sind die ersten Takte von „Lights„, einem Frühwerk der Sisters of Mercy. Die Gothic-Rocker liefern den Soundtrack für die apokalyptischen Kreationen des Modedesigners Rick Owens. Zufall ist die Musikauswahl ganz sicher nicht. Es folgt ein Spektakel für Augen und Ohren. Und damit herzlich willkommen in der dunklen Welt der schwarzen Avantgarde.

Schwarze Avantgarde

Dass sich die Modeindustrie immer wieder gerne in der Gothic-Szene bedient, weiß man ja. Die Creepers des in London ansässigen Modelabels All Saints vor einigen Jahren waren aber auch wirklich nicht schlecht kopiert. Und Modeketten wie H&M oder Urban Outfitters drucken regelmäßig die Kultlogos von Bands wie Joy Division auf ihre T-Shirts. Mit der schwarzen Avantgarde hat das alles nichts zu tun.

Diese modische Strömung zieht ihre Inspirationen auch aus dem Underground, aus Punk und Goth. Doch anders als die oben genannten Beispiele geht es ihr nicht um schnelllebige Trends oder um modische Gefälligkeiten. Die Mode von Rick Owens, Ann Demeulemeester und Yohji Yamamoto hat ihre eigenen Gesetze, und sie ist so kompromisslos, dass hier von Anbiederung an Trends oder Geschmäcker eher nicht die Rede sein kann.

Rick Owens: Prinz der Dunkelheit

Rick Owens wurde 1961 in Kalifornien geboren und lebt inzwischen in Paris. Seine Models hüllt er zumeist in Schwarz. Asymmetrische Schnitte, der demonstrative Einsatz von Leder, unifarbene Stoffe und androgyne Looks sind kennzeichnend für seine Kreationen. Elemente aus Goth, Punk und Grunge tauchen in fast jeder seiner Kollektionen auf. Es gibt Modenschauen von Rick Owens, die aussehen, als würden die Models geradewegs aus einem Mad-Max-Film heraus auf den Catwalk gesprungen sein. Dort laufen sie dann zum Beat der Sisters of Mercy (Men FW 2022), Siouxsie & the Banshees (Women SS 2023), oder Peaches (Women FW 2023) am – natürlich – schwarz gewandeten Publikum vorbei.

 

Dass um Rick Owens inzwischen einen regelrechten Kult existiert, liegt nicht nur an seinem zweifellos qualitativ hochwertigem Oeuvre. Der „Meister der schwarzen Avantgarde“ oder „Prince of Darkness“, wie er gerne genannt wird, beherrscht die Inszenierung seiner Person und seiner Mode wie kaum ein anderer. Dankenswerterweise nimmt er sich dabei selbst nicht zu ernst. In den wenigen auf der Welt zerstreuten Rick-Owens-Boutiquen stehen in den Umkleidekabinen Rick-Owens-Figuren aus Kunststoff, die den Kunden als Hocker dienen. Der Mann hat also zweifellos Humor und kann über sich selbst lachen.

Seine Kollaborationen mit Kultmarken wie Dr. Martens und Converse waren vermutlich auch nicht die schlechtesten Schachzüge, um sich einem breiten Publikum bekannt zu machen. Zu den Bewunderern des Designers gehören der Londoner Goth-It-Boy Parma Ham und die meist kalkbleich gepuderten Performance-Künstler Fecal Matter. Ein ganz schön schräges Volk also.

Ann Demeulemeester: Mode des Trostlosen

Geht es um Avantgarde-Mode, die Bezüge zum Gothic hat, darf der Name Ann Demeulemeester nicht fehlen. Die belgische Designerin gehört zu den Antwerp Six, einer Designer-Gruppe, die in Antwerpen zusammen Modedesign studiert und Anfang der 1980er Jahre der flämischen Mode einen echten Popularitätsschub gegeben hat. Wer einen ersten Eindruck von ihrer Mode gewinnen möchte, sollte sich an dieser Stelle das bekannte Schwarz-weiß-Foto von Patti Smith in Erinnerung rufen, das ihr Album „Horse“ ziert. Es zeigt die „Mother of Punk“ in einem weißen Hemd mit schwarzen Hosenträgern. Über ihre Schulter hat Smith ein schwarzes Jacket geworfen. Ann Demeulemeester hat dieses Foto einmal als Inspirationsquelle genannt. Bis heute lassen sich Bezüge darauf in ihren Kollektionen erkennen, die in der Regel nur zwei Farben kennen: weiß und schwarz.

Eine Journalistin schrieb einmal, Ann Demeulemeester würde mit ihrer Mode des Trostlosen schocken. Nun, das kann man auch als Kompliment verstehen. Wobei die Bohème-inspirierten Kollektionen eher durch elegante Schnitte und eine glamouröse Ästhetik auffallen und weniger durch Schockeffekte. Vielleicht ist man da aus der Goth-Perspektive aber auch einfach schon zu abgestumpft.

Das Modelabel gehört inzwischen zur italienischen Antonioli-Gruppe. Ann Demeulemeester ist nur noch beratend für die Marke tätig. Ob von ihr die Empfehlung kam, für den aktuellen Behind-the-Scenes-Film der Herbst-/Winterkollektion ausgerechnet das düstere „Afterhours“ der Sisters of Mercy zu wählen, ist nicht bekannt. Dass Musiker aus dem dunklen Underground die Marke schätzen, lässt sich hingegen schnell belegen. Robert Alfons von TR/ST, die Band Pol, PJ Harvey, und Ian Astbury von The Cult lieben den Ann-Demeulemeester-Look.

Yohji Yamamoto: Ein 83-jähriger Finsterling

Fließende Stoffe (in Schwarz, na klar), weite Roben und reichlich Totenkopf-Klimbim kennzeichnen die Entwürfe eines weiteren prominenten Übervaters der schwarzen Avantgarde: Yohji Yamamoto. In seinen Kollektionen kombiniert der japanische Modedesigner Traditionsbekleidung seiner Heimat mit Uniformen und Viktorianischer Couture zu einem postmodernen Avantgarde-Look. Populär ist Yamamoto auch mit seiner sportiven Zweitlinie Y-3, einer Kooperation mit dem Sportartikel-Hersteller Adidas. Ähnlich wie bei Rick Owens spielen auch bei Yamamotos Entwürfen asymmetrische Schnitte und dekonstruierte Stoffe eine wichtige Rolle.

Yamamotos Modenschauen sind düster-melancholische Inszenierungen, die gerne unter ausladenden Kronleuchtern und vor an Gotik-Kathedrahlen angelehnte Bühnenbildern stattfinden. Weltuntergangsstimmung de Luxe sozusagen. Mit seinen Kreationen könnte der inzwischen 83-jährige Finsterling unter den Modedesignern mühelos jeden Vampir-Film ausstatten. Zu den Bewunderern des Japaners gehört offenbar auch Warren Ellis. Der Musiker von den Bad Seeds (Nick Cave) gab einen Gastauftritt bei Yamamotos Show für die Herbst-/Winterkollektion 2024/25. Nicht als Musiker, sondern als Model.

Aktuell gibt es eine Schmuckkollektion, die unter dem Label „Gothic Yohji Yamamoto“ vermarktet wird. Darunter Kettenanhänger in Totenkopf- und Gargoyle-Design. Zum Fürchten sind nicht nur die Schmuckstücke, sondern leider auch die Preise, die für das Geschmeide aufgerufen werden. Den Piratenring gibts mal eben für knapp 2.000 Euro.

Ähnlich wie Rick Owens und Ann Demeulemeester genießt auch Yohji Yamamoto unter seinen Fans Kultstatus. Auf Instagram gibt es etliche Accounts, in denen die Looks der entsprechenden Designer gefeiert und zur Schau getragen werden. Auf Insta-Kanälen wie „streetgothfits“ und „iconiaavantgarde“ zeigen User ihre düsteren Outfits. Und hier lässt sich auch beobachten, dass alle drei Modeschöpfer bis heute viele ihrer Kolleginnen und Kollegen überall auf der Welt inspirieren. Was sie noch gemeinsam haben? Erkundigt man sich aus Versehen bei Owens, Demeulemeester und Yamamoto danach, welche Farben denn wohl in der nächsten Saison Trend sein wird, dürfte ihre Antwort wenig überraschend gleich ausfallen.

Formel Goth: Winterlich in der neuen Graveyard-Queen-Edition

Es hat sich etabliert, dass Leser (und Hörer) unserer Rubrik „Formel Goth“ ihre persönlichen Entdeckungen in den Kommentaren ergänzen, was sich so gut finde, dass ich es besser fand, dass man gleich neue Artikel daraus macht. So beginnen wir den Dezember mit einem Formel Goth Artikel in der Graveyard-Queen-Edition (GQE), das sich hoffentlich bald wiederholt und auch von anderen Lesern dazu genutzt wird, ihre Entdeckungen besonders spannender Musikvideos und Neuveröffentlichungen einzureichen. Einfach 3-5 Musikvideos heraussuchen und dazu beschreiben, warum man denn nun ausgerechnet diesen Song besonders toll findet, reicht aus. Per E-Mail oder Kontaktformular einreichen und schon machen wir einen Artikel daraus. Jetzt überlasse ich Euch aber in die kundigen Ohren der Königin der Friedhöfe.

Ductape feat. She Past Away – Ölüm Günüm

She Past Away ist eine Band, die inzwischen aus den von YouTube vorgeschlagenen Playlisten, die ich regelmäßig angezeigt bekomme, nicht mehr wegzudenken ist. Und so schaffte auch die Band „Ductape“ und ihr Song „Ölüm Günüm“, bei dem She Past Away mitwirkten, den Weg zu mir. Eine Band, die mir bis Dato unbekannt war und mit ihrer Vielfalt meine Neugier wecken. So wird sowohl der Dark Wave als auch der Post Punk in ihrer Musik vereint und die Texte auf Türkisch und Englisch verfasst.

Einen besseren Termin als November, in dem ich nicht nur einen schmerzlichen Verlust hinnehmen musste, sondern viele am Totensonntag den Verstorbenen gedenken, hätte man für das Lied nicht wählen können, bedeutet Ölüm Günüm übersetzt nichts anderes als Todestag.

Kaelan Mikla – Stjörnuljós

In dieser nasskalten und dunklen Jahreszeit, in der ich mich gerne in meine vier Wände zurückziehe, kommen von Kaelan Mikla genau die richtigen Klänge. Die Räume in gedimmtes Licht gehüllt und mit einer warmen Tasse Tee in der Hand, taucht man ab und lässt sich von den sanften Tönen tragen. Und etwas Wärmendes benötigt man vermutlich auch, denn die Protagonistin nimmt uns im Video mit durch die Wälder.

Peter Murphy & Boy George – Let The Flowers Grow

„Zwei Ikonen der 80er-Jahre treffen aufeinander“, genau das war das Erste, was ich dachte, als ich von dieser Kollaboration las. Und ich finde, wir können dem Zufall dankbar sein, welcher damit begann, dass Boy George eine Demo-Version von „Let The Flowers Grow“ Peter Murphy zukommen ließ. Dieser war nämlich für Aufnahmen im Tonstudio und hörte dort zufällig die Rohfassung. Entstanden ist ein gefühlvolles Lied, was textlich zwar eher nach dem Finden zu sich selbst klingt, dessen zarte Klänge, mich aber in meiner Trauer berühren und gleichzeitig etwas Hoffnungsvolles geben, nach Vorne zu blicken. Und vermutlich fügt sich genau an dem Punkt der Text und mein Empfinden zu einem Ganzen. Zum Leben erwecken, alle Schmerz hinter sich lassen und aufstehen.

Gruft-Orakel Dezember 2024: Der Fangzahn dekoriert seine Oase

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Mit der tatkräftigen Hilfe des Sarges hat sich der Fangzahn ein paar hübsche Regale gezimmert, um möglichst viel Platz für seine Devotionalien zu schaffen. Gerade als er das letzte Gebiss einer seiner Opfer liebevoll anrichtet, fallen ihm die vielen Anekdoten ein, die zu jedem dieser Zahnreihen gehören. Er schmunzelt ein wenig als im bewusst wird, wie gleich die Zähne der Menschen sind, wenn man von den unterschiedlichen Verfärbungsgraden mal absieht. Im nächsten Regal kommen gleich die Zähne der dämonischen Wesen an die Reihe, Werwolf-Reißzähne, Wiedergänger-Backenzähne und natürlich die verlängerten Vampir-Zähne, die immer ein ganz besonders seltenes Relikt sind. Seine Freunde finden es makaber, die Kauleisten seiner dämonischen Artgenossen so zur Schau zu stellen, doch der Fangzahn macht da keinen Unterschied. In Regal Nummer drei kommen dann Sargnägel, abgeschnittenen Zöpfe und die goldenen Deckel der Grableuchten – Gerechtigkeit muss sein. Einen ganz besonderen Platz hat er natürlich freigehalten, denn irgendwann werde die Zähne von Alana Abendroth ihm gehören.

Gruft-Orakel Dezember 2024 - Alana Abendroth

Wochenschau: Ist ein Leben ohne Fan-Gen leidenschaftslos?

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Ich hatte ja nie ein Fan-Gen. So nenne ich das, wenn man für eine Band oder einen Künstler so sehr brennt, das man Tränen vergießt, wenn dieser Mensch die Bühne betritt, das man unzählige Konzerte besucht, um zu den immer gleichen Lieder dahinzuschmelzen oder vor Ergriffenheit zu zittern beginnt oder in einem Rausch der Freude explodieren möchte. Ja, noch nicht einmal für Robert Smith, wie es jüngst in dem Interview mit dem Cure-Ultra Alex klang oder auch für Depeche Mode, die ich ebenfalls seit meiner Jugend verfolge. Natürlich bin ich Fan der Bands und liebe ihre Songs mehr als andere. Aber eben nicht so, dass ich der Band hinterherreise, jede Veröffentlichung kaufe oder die Wohnung mit entsprechendem Merchandise geschmückt habe. Nein, ich habe kein Fan-Gen. Manchmal finde ich das schade, weil ich denke, ich könnte nicht genug Leidenschaft für etwas (oder jemanden) aufbringen, dann aber finde ich das auch ganz praktisch, eine Sicht von außen auf die Dinge einzunehmen. Guckt Euch mal die Doku „Being Swiftie: Mein Leben für Taylor Swift“ an und verratet mir, für wen ihr so brennt oder ob es auch nicht möglich ist, Euch „anzuzünden“. Bis dahin entlasse ich Euch in eine längst überfällig Wochenschau:

Robert Smith macht Kunst für wohltätige Zwecke | Rolling Stone

Kann man machen, wie ich finde und steigert nur meine persönliche Wertschätzung für den Fürsten der Dunkelheit. Das Rolling Stone schreibt dazu: „Bereits Anfang November wurde bekannt, dass Robert Smith Kunstwerke zugunsten der Heart Research UK versteigern würde. Insgesamt erschuf er fünf Bilder für das „heArt-Projekt“. Diese basieren auf den folgenden Titeln von „Songs Of A Lost World“: „Drone:Nodrone“, „I Can Never Say Goodbye“, „Warsong“ und „A Fragile Thing“. Das am meisten verkaufte Werk war „I Can Never Say Goodbye“ mit rund 18.527 Euro. Kurz danach folgt „Warsong“ mit einem Gewinn von ungefähr 4.750 Euro. 

Leben mit den Toten – Der Friedhof-Slum von Manila

Manila – Marilyn Regala steht vor einer alten Waschmaschine und räumt T-Shirts und Handtücher ein. An sich nichts Ungewöhnliches, wären da nicht die vielen pastellfarbenen Gräber. Denn diese „Waschküche“ steht auf einem Friedhof. Beim Blick nach oben auf das Wellblechdach fällt ein löchriger schwarzer Plastiksack ins Auge, aus dem Menschenknochen ragen. Der Manila North Cemetery ist kein Ort für schwache Nerven: Hier – auf einem der größten und ältesten Friedhöfe der philippinischen Hauptstadt – leben rund 6.000 Menschen zwischen einer Million Toten.“ Ein spannender Artikel über einen Friedhof in Manila und seine lebenden Bewohner. Mehr davon findet ihr im Artikel bei web.de (Danke, Caro!)

Der Körper als kulturelles Zeichen | SWR Kultur

Der Körper ist viel mehr als nur eine biologische Hülle; er dient als Medium, das sowohl persönliche als auch politische Botschaften transportieren kann. Besonders Künstler und Subkulturen nutzen den Körper, um gesellschaftliche Normen zu hinterfragen und Identitäten auszudrücken. In seinem neuen Buch „‚Body Politics! Körperkult, Queerness und Post–Modern Primitivism‘ erforscht der Kulturwissenschaftler Marcus Stiglegger die Entwicklung von Körperbildern in den letzten 40 Jahren.“ Die 8-minütige Sendung gibt es auf der Internetseite des SWR als Podcast zum Nachhören und das Buch für 20 Euro direkt beim Verlag zu bestellen. Körper, soviel ist klar, waren immer auch schon eine persönliche Leinwand, um kulturelle, religiöse oder weltanschauliche Ansichten zu präsentieren, obwohl, so meine bescheidene Meinung, mittlerweile Beliebigkeit regiert und Dinge nach außen getragen werden, die „gut aussehen“.

Current State of British Goth Culture | Dazzed

Die Fotografin Xanthe Hutchinson und die Stylistin Helen McGuckin haben eine Fotoserie inszeniert, um den aktuellen Stand der britischen Gothic-Szene zu dokumentieren. Ganz schön bunter Haufen, diese Briten. Auszug aus dem Artikel bei Dazzed: „Unter den Fotografierten selbst ist der Einfluss des Internets und der sozialen Medien auf die Entwicklung ihrer Subkultur – im Guten wie im Schlechten – ein wiederkehrendes Thema. Einerseits konzentriert sich das Internet oft mehr auf Ästhetik als auf authentische Werte, da Nischenkulturen von Unternehmen aufgefressen und aus Profitgründen wieder ausgespuckt werden. ‚Die Gothic-Kultur hat sich von einer Underground-Subkultur zu einem öffentlichen Spektakel entwickelt‘, sagt Zovi , eine der Personen, die für das Projekt fotografiert wurden. Dies hat Auswirkungen auf das reale Leben: ‚Underground-Räume sind nicht mehr mit wunderschönen Kreaturen und lebender Kunst gefüllt, die Etikette bei Shows ist nicht mehr so ​​gemeinschaftlich und sicher‘„. Absolut, die Gothic-Kultur hat sich zu einem öffentlichen Spektakel entwickelt – abgrenzen müssen wir uns also nicht nur vom Mainstream, sondern auch der schwarzen Oberfläche.

Widerborstig – Buzz Cut, Afro, Schleier, Irokese – was haben Haare mit Protest zu tun?

„Die Haare sind das wichtigste!“ – sagte schon ein junger Protagonist aus einer frühen Kölner Dokumentation über die Subkultur der Gothics und New Romantics. Eine aktuelle Dokumentation aus der Sendereihe „Aspekte“ beschäftigt sich jetzt mit Hintergründen: „Wieso tragen Frauen keine Bärte? Warum sind Glatzen uncool? Was wir auf unserem Körper tragen ist hochpolitisch, ob wir wollen oder nicht. Denn anhand von Körperbehaarung werden gesellschaftliche Debatten ausgetragen.“ In der Tat sind Haare seit den Debatten um „Kulturelle Aneignung“ zum Politikum geworden. Die 45-minütige Dokumentation könnt ihr euch hier anschauen.

TikToks Disorder Fakers | Youtube

Immer wieder wird es Trend eine psychische Störung vorzutäuschen, um sich wichtiger zu machen, Aufmerksamkeit zu erhaschen oder sich besonders zu fühlen. Auch bei TikTok finden sich offenbar zahlreiche Menschen, die sich damit inszenieren und die Menschen, die wirklich unter solchen Störungen leiden, meiner Meinung nach abwerten. „Einen Bärendienst erweisen“, wenn man das so nennen kann. Ein Video von „Of Herbs and Altars“ beschäftigt sich damit:

10 geniale Bands aus dem aktuellen Wave-Goth-Postpunk-Dunkel | Nadel verpflichtet

Noch bevor das aktuelle Album von The Cure das Tageslicht erblickte, clickbaitete Tim Hofmann davon, die Band durch aktuelle Bands aus dem Wave-Goth-Postpunk Umfeld zu ersetzen. In seinem Podcast „Nadel verpflichtet“, dem man ganz nebenbei folgen sollte, stellt er Bands vor, die seiner Meinung nach deutlich unterrepräsentiert sind.