Interview mit Parma Ham: Die modernisierte Form von rund 40 Jahren Gothic-Szene

Für die einen sind es Poser, für die anderen die Speerspitze einer neuen Generation Gruftis. Menschen wie Parma Ham inszenieren sich in immer neuen Variationen und bedienen sich vermeintlich schamlos an knapp 40 Jahren Gothic-Styling Geschichte. Der Umgang mit sozialen Medien wie YouTube, Instagram oder Facebook gehört zum Selbstverständnis des täglichen Lebens, wie für andere die Luft zum atmen. Auf dem letzten Wave-Gotik-Treffen ist der 25-jährigen Londoner einigen Besuchern durch die wohl höchste Frisur des Treffens in Erinnerung geblieben, auf seinen Accounts bei Facebook und Instagram werden die Videos und Bilder millionenfach angeschaut. Ist das die modernisierte Form einer rund 40 Jahre alten Subkultur?

Genug Gründe Parma Ham vorübergehend aus den Fesseln der sozialen Netzwerke zu befreien und ihn für Spontis ein paar Fragen zu stellen, um zu sehen, was unter den ganzen Haaren zu finden ist. Ich habe es zweisprachig zusammengefasst und biete es hier in der deutschen Übersetzung und im englischen Original an, das man sich durch Wechsel der Tabs aufrufen kann.

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Spontis: Vor ein paar Jahren bist Du aus dem scheinbaren Nichts aufgetaucht und hast vor allem durch deine Frisur beeindruckt. Wie kam es dazu?

Parma Ham: In meinem ersten Jahr auf Instagram sind 3 Videos von mir viral gegangen, das beliebteste Video wurde auf Facebook rund 80 Millionen mal angeschaut. Man könnte sagen, ich hab den Laden über Nacht gerockt! :-)

Spontis: Warum nennst Du dich überhaupt „Parma Schinken“, hast du eine Vorliebe für italienische Fleischerzeugnisse?

Parma Ham: Eigentlich bin ich Veganer und habe noch nie Parma-Schinken gegessen. Ich habe den Namen gewählt, weil er gleichzeitig süß, eklig und lustig ist, aber auch für eine Art Statement gegen den Konsum und die Behandlung von Menschen als Vieh steht.

Spontis: Ist Dein Style reine Selbstdarstellung oder ein Art von Kunst? Geht es nur um die Frisur?

Parma HamIch finde es einfach schön, wie ich mich kleide und in welcher Art und Weise ich die Haare und mein Make-Up style. Es gibt kein Motiv dahinter. Ich versuche nicht, irgendetwas auszudrücken und würde es sicher nicht Kunst nennen. Ich denke, die meisten Leute stylen und kleiden sich für eine Party so, wie sie sich gefallen. Ich bin genau so. Der einzige Unterschied ist wohl, dass mein Geschmack extremer ist. Diese Extreme haben sich in den letzten 10 Jahren meiner Entwicklung langsam entwickelt und ich wurde immer besser, was das angeht. Mit allem was ich tue, suche ich Wege mich zu verbessern und Dinge auszuschneiden, die unnötig geworden sind und so entwickelt sich meine Erscheinung immer weiter.

Parma Ham - Posing on Knees

Spontis: Du spielst in deinem Style mit deiner geschlechtlichen und subkulturellen Identität, gibt es dafür einen Grund? Wie würdest du die Schublade bezeichnen, in die du passt?

Parma Ham: Gothic hat eine lange Geschichte des „Gender-Bendings“ und das war auch eines der Dinge, die mich angezogen haben. Wir dürfen nicht vergessen, das Gothic vor rund 40 Jahren begonnen hat und sich seitdem vieles verändert hat. Ich will die Vergangenheit nicht einfach nur imitieren, sondern meine eigene, modernisierte Version davon ausleben, die im Vergleich zu Vergangenheit natürlich viel extremer ist. Das liegt natürlich auch daran, das ich vielmehr Style-Vorbilder hatte, auf die ich aufbauen konnte. Meine geschlechtliche und subkulturelle Identität sind sehr miteinander verflochten. Es geht beiden um Rebellion, das infrage stellen von Autoritäten und darum, sich nie der gesellschaftlichen Konformität zu beugen.

Spontis: Wie das eigentlich alles angefangen? Wen würdest du also Vorbild bezeichnen?

Parma Ham: Marilyn Manson weckte in der Mitter der 2000er mein Interesse an alternativer Musik und Mode. Später entdeckte ich dann Bands wie Alien Sex Fiend, Specimen und Bauhaus. Mode, Musik und Clubkultur gehen für mich Hand in Hand und sind gleich wichtig.

Spontis: Die Szene hat sich, wie du bereits erwähnt hast, kontinuierlich durch die Jahrzehnte entwickelt. Wir würdest du „Gothic 2018“ beschreiben?

Parma Ham: Immer noch lebendig! Ich weiß, dass die Puristen sich darüber ärgern, dass Gothic 2018 nicht mehr dasselbe ist wie 1984, aber ich finde es wichtig, das „Gothic“ sich stetig ändert. Ich liebe die neuen Sachen in der Goth-Musik, die wieder durch Techno & EBM beeinflusst sind. Gothic gibt es jetzt auch in anderen Bereichen wie Social Media mit YouTube, SoundCloud und Instagram, und das allein hilft, ältere Szenen wie London und New York mit aufkeimenden Szenen in Mexico City und Sao Paulo zu verbinden. Wo sich Wege schließen, öffnen sich definitiv wieder neue.

Spontis: Du lebst und arbeitest in London. Wie geht es der Szene in der britischen Hauptstadt?

Parma Ham: Noch haben wir es gut, die meisten angesagten Bands spielen hier und wir haben immer noch viele Clubs. In den letzten Jahren ist es jedoch immer schwieriger geworden. Die Immobilienpreise in London sind absurd hoch und für unabhängige Unternehmen, wie Club- und Konzertstätten ist es zunehmend schwieriger geworden, offen zu bleiben. Auch die Kommunen und die Regierung ersticken durch immer neue und strenge Regel das Nachtleben, sei es durch die Einschränkung der Öffnungszeiten, die Begrenzung des Lärmpegels oder den hässlichen Krieg gegen die Drogen.

Spontis: Wo soll deine Reise hingehen, was hast du in nächster Zeit geplant?

Parma Ham: Ich kuratiere eine Ausstellung in der Lethal Amounts Gallery in Los Angeles, die im Februar 2019 gezeigt wird. Thema ist Zensur in sozialen Medien und wie sie die Kreativität von Künstlern beeinflusst, die ihr Publikum über Plattformen wie Instagram, Facebook und YouTube gefunden haben. Guckt es Euch an :-)

Spontis: Irgendwelche Empfehlungen für einen Besuch in London? Was sollte man gesehen haben?

Parma Ham: Einen Besuch im Slimelight, das mittlerweile seit 30 Jahren geöffnet hat und jeden Samstag von 23:00 bis 07.30 der wichtigste Treffpunkt ist. Ich liebe auch die brutale Architektur von „The Barbican„, die komplett aus Beton gegossen wurde.

Spontis: A few years ago, you just turned up and talked through the biggest hairstyle right away. You could not be overlooked in the social networks, but who is under the hairstyle, was previously hidden. What happened?
Parma Ham: In my first year on Instagram 3 of my videos went viral, with the most popular video receiving 80 million views on Facebook, so yes I did just turn the fuck up over night! :-)

Spontis: Why did you call yourself Parma Ham? Do you love the Italian Ham?
Parma Ham: I’m actually vegan, and have never had Parma Ham. I chose the name because it’s cute, disgusting and funny; but also a comment on consumerism and how people are treated as meat.

Spontis: Self-Expression or a kind of Art? Is it all about Hair?
Parma Ham: The clothes I wear, and the way in which I do my hair and makeup, is done because that’s what I find beautiful. There is no motive behind it; I’m not trying to express anything and I’m not going to call it art. I think most people going to an event put on an outfit and do their makeup in a way that they think looks good; I am exactly the same. The only difference being that my taste is more extreme. That extremity has slowly evolved over the last 10 years of me dressing up; and where I’ve got better at doing hair and makeup through practice. With everything I do, I always look for ways to improve, and to also cut out the things that are unnecessary, and in this instance my image is always evolving.

Spontis: You’re playing with your Gender and Subcultural Identity. Is there a reason for that? How would you name the drawer that suits you?
Parma Ham: Goth has a history of gender bending, and that was one of the first things that attracted me to it. We have to remember: Goth began 40 years ago, and a lot of things have changed since then. I don’t want to simply imitate the past, so my version of it is going to be different, modernised, and more extreme in comparison – but thats because I have had a lot of things to build upon. My gender and subcultural identity are very entwined, they are both about rebellion, they question authority, and they will never bow to societal conformity.

Spontis: How did it all start? Who inspired you?
Parma Ham: Marilyn Manson in the mid 2000’s ignited my interested in alternative music and fashion, and from there I discovered bands like Alien Sex Fiend, Specimen and Bauhaus. The fashion, music, and club culture all go hand-in-hand for me, and are all equally important.

Spontis: The scene has been steadily evolving in recent decades. How would you describe „Gothic 2018 „?
Parma Ham: Still here! I know purists are upset that goth in 2018 is not the same as it was in 1984, but it’s important Goth changes. I love some of the new music coming through which has stripped back Techno & EBM influences. Goth now also exists in other realms such as social media with the likes of YouTube, SoundCloud and Instagram, and that in itself helps connect older scenes such as London and New York to burgeoning scenes in Mexico City and Sao Paulo. So where some avenues closes, others definitely open.

Spontis: You live and work in London. What about the scene in the British capital?
Parma Ham: We have it good, bands always tour here, and there are plenty of clubs. However in recent years it’s been particularly difficult, as property prices in London are utterly absurd and it makes it increasingly more difficult for independent businesses such as club and gig venues to stay open. Second to that, government and local councils are creating more and more rules that suffocate nightlife including restricting opening times, limiting noise levels, and the ugly war on drugs.

Spontis: Where should your journey lead, what have you planned to do in the near future?
Parma Ham: I’m curating an exhibition at Lethal Amounts gallery in LA, which opens in February 2019. The theme is censorship on social media, and how it affects the creativity of artists who have found their audience via platforms such as Instagram, Facebook and YouTube. Check it out next year.

Spontis: Your recommendations for a visit to London? What we have to see?
Parma Ham: A visit to club Slimelight, which has been open for 30 years, and is open every single Saturday 11pm-730am. I also love the Brutalist estate The Barbican, which is entirely made of poured concrete.

Natürlich wollte ich auch wissen, welche 10 Songs Parma Ham zur Zeit besonders gut gefallen und habe nach der obligatorischen Top-Liste gefragt. Ein wenig Zeit, die Gedanken kreisen zu lassen.

Seit je her existieren Grabenkämpfe in der Gothic-Szene, was dazu gehört und was nicht, doch im Gegensatz zum berühmten „früher“ gibt es Unterschiede. Was zunächst bei der neuen Generation ins Auge sticht, ist die dauerhafte Präsenz in sozialen Medien in allen Lebenslagen. Während man sich damals vielleicht an einem Samstag in der Woche über den Weg gelaufen ist, kann man nun täglich Lebenszeit darauf verwenden, Bilder zu bewundern und ungefilterte Gedanken aufzuschnappen. Das wird unterschiedlich aufgefasst. Während die einen daraus einen Wettbewerb machen, wer wohl die meisten Klicks bekommt, ist das für andere die Konfrontation mit den eigenen Unzulänglichkeiten. Das polarisiert und bietet Reibungspotential.

Ich finde, Gothic ist 2018 lebendiger denn je, weil wir unzählige Möglichkeiten haben, an der Szene zu teilzuhaben. Was meint ihr? Alles nur inhaltsloses Posing oder die reizvolle Entwicklung der Szene?

Parma Hams Top 10

Qual – Above Thee Below Thee
Sextile – Disco
S.A.D. – She’s Gone
Sumerian Fleet – Seven Sins
Soft Moon – Like A Father (Imperial Black Unit Remix)
Valis – Black Carbon
She Past Away – Katarsis (Ash Code Remix)
Detachments – Chain of Secrets
Kaelan Milka – Kalt
The Horrorist – Programmed (Silent Servant Remix)

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Tanzfledermaus
Tanzfledermaus(@caroele74)
Vor 5 Jahre

Ich bin da etwas skeptisch, was diesen neuen Hang zur extremen und ständigen Selbstdarstellung bei Youtube, Instagram etc. betrifft. Es ist eine neue Form des Schaulaufens, ein Wettrüsten der Eitelkeiten und es geht vor allem um eines: Äußerlichkeiten. Selbstwert definiert sich durch „likes“, von zum Teil wildfremden Personen. Sicher kann das dem Ego enorm schmeicheln, aber will man wirklich auf Äußerlichkeiten reduziert werden?

Auch Youtuber, die ihren halben Alltag filmen und online stellen oder meinen, zu jedem Thema ihren Senf als Video ins Internet zu laden, kann ich nur belächeln.

Parma Ham hat durchaus interessante, kreative Stylings, aber mir persönlich wirkt vieles auch zu extrem, zu aufmerksamkeitsheischend inszeniert.
Wollten viele Gruftis früher ungern fotografiert werden (und ärgern sich Jahre später in einem Anflug von Nostalgie darüber, dass es kaum Fotos aus dieser spannenden Anfangszeit gibt), so ist es heute umgekehrt, es wird sich vor allem über’s Visuelle präsentiert, und das wo immer es geht. Nicht nur in der Stammdisko und im ausgewählten Kreis, sondern der breiten Masse. Introvertiertheit wird durch Extrovertiertheit ersetzt.

Kitty
Kitty(@katja-kitty-schlink)
Vor 5 Jahre

Ich finde es schön. Ich mag extreme Styles, Opulenz, Kreativität. Ich bin ja selbst Designerin. Ich muß sagen, daß bei mir vor ein paar Jahren durch Black Friday (die ich übrigens für eine sehr liebe und sympathische Person halte) die Lust, mein Gruftisein auch optisch wieder voll auszuleben, wieder aufgelebt ist. Ich bin damit aufgewachsen. Im Zwischenfall gab es auch die extrem hohen Haare, wallende Gewänder, Schwule mit Abendkleid und Perücke, Typen im Spandexanzug mit Plastikbusen, Billy Idol Kopien, Barockprinzen, Lackmiezen etc. Gerade diese Vielfalt fand ich toll. Ich finde es wunderbar, daß durch Leute wie Black Friday, Valentin Winter oder eben jenen Parma Ham wieder mehr „Glamour“ in die Szene kommt.
Ich habe meine Samt- und Spitzengewänder wieder rausgekramt und umgeändert, mir wieder neue Sachen genäht, die alten Pikes zum Schuster gebracht, mir wieder Schmuck gebastelt, meine Wohnung wieder gruftiger eingerichtet.
Dabei bin ich persönlich alles Andere als oberflächlich und extrovertiert. Ich bin Autistin und im ersten Kontakt sehr schüchtern. Ich habe aber wahnsinnig großen Spaß daran, mich selbst, meine Kleidung, Schmuck und meine Wohnung nach meinem Geschmack zu gestalten und das mit anderen zu teilen. Gerade, weil ich schüchtern bin, ist das Internet dafür eine gute Plattform. Im realen Leben komme ich selten mit Menschen ins Gespräch und ich bin nicht der Typ Frau, die in der Disko angesprochen wird und Komplimente bekommt. Da freu ich mich doch sehr, wenn jemand bei Instagram oder Facebook mein Outfit mag oder etwas schön findet, was ich gestaltet habe.
Überhaupt liebe ich Kunst, dazu gehört für mich auch Fotografie und Modeln. Ich schau mir einfach gerne etwas Schönes und Interessantes an. Ich finde es schade, wenn das immer wieder als dekadent und oberflächlich verschrien wird.

Wiener Blut
Wiener Blut (@guest_57396)
Vor 5 Jahre

Ein Wettbewerb wird daraus, wenn man die Sache als solchen versteht, und sich selber diesen Wettbewerb annimmt. Mich sprechen die Bilder nicht als Wettbewerb an. Auch mindern diese Bilder nicht mein Selbstwertgefühl. Wen so etwas an diesem Punkt packt, sollte sich wie auch schon beim Wettbewerbsgedanken, mal mit seinem ich auseinander setzen, und schaun ob dies überhaupt nötig ist. Wer jedoch positive Freude darin findet, bitte nur zu. Schön das der junge Mensch die Lebensumstände hat, momentan sich so auszuleben. Auch das ist ein Umstand unserer Zeit, der nicht unumstritten ist, und für dessen Erhalt es sich zu angagieren lohnt. Ich persönlich empfinde das Aussehen als „rund/stimmig/passend“ für diese Person. Man mag mir verzeihen, wenn ich bei diesen Bildern automatisch an Reaktionen „auf der Straße“, engeres und weiteres soziales Umfeld, und an die Frage der Arbeit/Ausbildung, denke. Und natürlich wie dieser junge Mensch morgens nach dem Aufstehen, ungeschminkt und unfrisiert, aussieht…. sprich wie gut man ihn da wiedererkennen würde. In diesem Sinne… weitermachen…

Auseklis
Auseklis (@guest_57621)
Vor 5 Jahre

Ich sehe da jetzt keinen so großen Unterschied zu früher. Es gab schon damals einen Wettbewerb, auch bezüglich der Haare und des Stylings, wer den größten Teller oder die längste Trauerweide auf dem Kopf trägt. Das erinnert mich stark an die Akteure hinter den Bands DAS KOMBINAT und NOTSTANDSKOMITEE. Kenner wissen Bescheid.

Lisa
Lisa (@guest_57759)
Vor 5 Jahre

Ich gehöre ja zu dieser Generation und ich finde leider überhaupt keinen Anschluss, weil es wirklich nur noch um den Style und das Aussehen(Gesicht und Körper wo ich mit Hässlichkeit gestraft bin) geht… also ich finde das ist keine gute Entwicklung und mir kommen bei vielen Artikeln auf dieser Seite immer die Tränen, da ich mit meinem Interesse an der Szene wegen meinem Aussehen immer alleine bleiben werde und ihr alle auf so eine tolle Zeit zurückblicken könnt.

Axel
Axel (@guest_57767)
Vor 5 Jahre

Liebe Lisa:
Lass Dich nicht unterkriegen von den ganzen „tollen“ Social Media Profilen. An diese sollte man sich eigentlich garnicht orientieren, diese Menschen dienen auch nicht als Vorbilder meiner Ansicht nach.

Ich kenne so viele Szene-Leute, die nach den gesellschaftlichen Werten überhaupt nicht „hübsch“ sind. Etwa weil sie übergewichtig sind, vernarbt oder vielleicht auch ein körperliches oder geistiges Handicap haben. Sie müssen aber auch optisch garnicht „hübsch“ sein.
Sie drücken sich durch Zeichnungen aus, durch Gedichte, durch Alltagsfotografie. Oder schau Dir jemanden wie mich an: Ich leide seit vielen Jahren unter einer schweren psychischen Krankheit (die sich mit der Zeit eben auch körperlich bemerkbar machen), kann aber ganz gut organisieren und habe mit einem kleinen Projekt zur Musikförderung nicht nur meine Depressionen so halbwegs in den Griff bekommen, sondern mache nebenbei auch noch etwas – für mich – sehr kreatives.

Und selbst wenn Du nichts von all den kannst oder Deine Interessen komplett woanders liegen: Das ist nicht schlimm. Suche Dir Dinge, die DIR gefallen! Die DIR richtig Spaß machen. Und sei es, dass es wandern ist. Oder schwimmen. Oder einfach nur geile Musik hören. Oder ne coole Serie schauen. Ganz egal: Mach Dinge, die Dir gut tun! Und sei Dein eigener Grufti!

Es gibt schlussendlich ein sehr schönes Motto: Gothic ist, was man selbst draus macht! :smile:

Svena
Svena (@guest_57795)
Vor 5 Jahre

Hi Lisa
(ich hoffe, das mit dem Link funktioniert)
Und auch ein herzliches Hallo an alle anderen! Ich hab mich doch mal hinreißen lassen, einen Kommentar abzugeben.

Ich bin auch nicht das, was man heutzutage als Schönheitsideal bezeichnen würde. Und manchmal erwische ich mich selbst dabei, wie ich anderen Goth gerne hinterherhecheln möchte. Einfach weil sie toll aussehen oder oder oder… Und man selber auch so bestaunt werden möchte und zu diesem Kreis an Personen gehören möchte die sich ja alle so gern haben und so gut verstehen.
Im nächsten Moment schlägt dann wieder mein Sturkopf zu, der mir sagt „Wer bist du denn, um dich von anderen abhängig zu machen? Hör auf damit.“
Anderen hinterher zu laufen ist so leicht. Mit sich selbst zufrieden zu sein, auch als kleine, immer lustige Rumkugel, ist da schon schwerer. Denn wenn man den Medien- und Trendwahnsinn, der selbstverständlich auch hier in dieser Szene angekommen ist, nicht mitmacht, bleibt man gerne außen vor.
Ich werde oft dumm angesehen oder abgestempelt, weil ich eben nicht aufgestylt bis an die Zähne und mit einem Kunstwerk im Gesicht auftrete, sondern nur schlicht schwarz gekleidet bin. Dass ich mich aber nicht schminken kann, weil das kleinste Puderkörnchen im Auge schon ausreicht, um wieder 4 Tage mit gereizten und entzündeten Augen rumzulaufen, wissen viele nicht.

Menschen, die dich wegen deiner Person mögen sind sehr viel mehr wert. Solche findest du auch in dieser Szene. Über die Jahre habe auch ich ein paar Leute kennengelernt, die genau das sind. Und für jede/n würde ich die Hände ins Feuer legen. Es sind nicht viele. Nur eine Hand voll, quer über Deutschland verteilt. Aber das reicht mir.

Kopf hoch und sei du selbst. Sei ehrlich zu dir und zu anderen! Tu das, was du möchtest und was dich glücklich macht. Dann stimmt deine Ausstrahlung und Kontakte knüpfen sich dann auch von selbst. Oft auch über weite Entfernungen hinweg. Lass dich nicht unterkriegen!

Liebe Grüße
Svena

Lisa
Lisa (@guest_57801)
Vor 5 Jahre

Ihr habt ja alle gut reden. Die meisten von euch sind sicher noch vollkommen im Durchschnitt mit dem Aussehen. Ich bin leider eine Frau, die aussieht wie ein nicht gerade hübscher Mann(also bringen auch Männerklamotten nur etwas Ruhe beim Einkaufen etc). Eure aufmunternden Texte sind zwar nett gemeint, aber es bringt leider nichts, wenn man bei Kontaktversuchen u.a. auch auf Festivals, Konzerten und Partys immer direkt mit Ablehnung konfrontiert wird und die Leute einen teilweise ins Gesicht sagen, dass ich hässlich bin und mich verpissen soll oder Witze über mein Aussehen machen. Offen sind manche nur, so lange sie annehmen sei eine Transsexuelle. Die Frage klärt sich aber immer recht schnell und dann ändert sich sofort der Gesichtsausdruck und der Umgang mit mir… Auch solchen die online noch nett waren und nach meiner Warnung über mein Aussehen tolerant gespielt haben merke ich immer wieder an, wie unkomfortabel mein Anblick für sie ist. Die Erwarten wohl alle ein hübsches Mädchen mit Minderwertigkeitskomplexen und werden dann mit so einer Rambogestalt in Drag konfrontiert. Auf dem letzen Gotham Sounds Festival, verfolgten mich 3 Leute sogar auf dem nach Hause weg und ließen blöde Sprüche ab. Unbeteiligte schauen bei solchen Szenen auch nur zu oder mischen sogar mit… Meine Lebensrealität hat mit Social Media also überhaupt nichts zu tun. Die Krankenkassen übernehmen auch leider nur Gesprächstherapie und stationäre Unterbringung und nicht die nötigen Korrekturen(Nur meine Progenie haben die nach jahrelangem Kampf behebt).

Sorry für den Roman. War ein Moment der Schwäche, was btw auch selten vorkommt, also bitte nicht wieder die Leier mit dem Selbstvertrauen das macht man bei Rassismus und Homophobie ja auch nicht…

Durante
Durante(@durante)
Vor 5 Jahre

Auf dem letzen Gotham Sounds Festival, verfolgten mich 3 Leute sogar auf dem nach Hause weg und ließen blöde Sprüche ab.

…wtf? Das geht über „einfache Oberflächlichkeit“ (schlimm genug aber leider allgegenwärtig – und da nehm ich mich selbst gar nicht aus), wie sie hier zuerst diskutiert wurde, ja mehr als weit hinaus… :shock:
Was zum Henker stimmt mit so Arschl… äh „Leuten“ eigentlich nicht??

Sylvia_Plath
Sylvia_Plath (@guest_58249)
Vor 4 Jahre

@All: Ich wollte einen Aspekt ansprechen, den „Tanzfledermaus“ im ersten Post genannt hat: Introversion wird durch Extroversion ersetzt. Ist es normal, dass Grufties entfernte Bekannte (wie mich) aus dem und dem Clubs nicht grüßen , sich aber lautstark mit ihrer Begleitung über mich unterhalten, so laut, dass es fast die halbe Straße mitbekommt?
Ich finde so ein Verhalten unmöglich. Und so verhält sich meiner Meinung nach kein anständiger Mensch, sei es nun „Grufti“ oder nicht.

Sylvia_Plath
Sylvia_Plath (@guest_58252)
Vor 4 Jahre

@Robert: Sicherlich ist ein solches Verhalten in unserer heutigen Gesellschaft normal. Aber in dieser Lautstärke… *kopfschüttel*.
Ich finde die introvertierten „stillen Wasser“ der Szene viel interessanter als die extrovertierten, die haben in unser grellen „bunten“ Gesellschaft schon genug „Screentime“, im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn man die „stillen Wasser“ erst einmal aus der Reserve gelockt hat und sich beim Unterhalten über ein Thema sogar auf einer Wellenlänge ist, ist das für mich jedes Mal ein magischer Moment.

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