Gothic Friday April: Sterben und Tod, nicht nur eine Szenethema (Ronny)

Ronny ist seit nunmehr 18 Jahren in der Pflege tätig und ist dabei sich und „seiner“ Szene treu geblieben. Für meinen Artikel des Pfingstgeflüsters 2015 habe ich Ihn bereits über seine Beweggründe der Berufswahl befragt und möchte nun den relevanten Teil, im Rahmen des Gothic Friday im April, veröffentlichen. Ronny hat noch zwei Bilder beigelegt, die für ihn das Thema symbolisieren.

Der Beruf des Altenpflegers – ist für mich Tribut an die Szene und eine Berufung, denn reich wird man damit nicht. Jedoch bekommt man jeden Tag die Bestätigung – in Form von Worten und Blicken, dass man seine Arbeit richtig macht und mit dem Herzen. Schließlich arbeitet man mit Menschen, welche Ihr Leben bereits hinter sich haben und man sollte Ihnen jetzt noch einen schönen Lebensabend bereiten. Leider sehen dies nicht alle so, die in diesem Beruf arbeiten , was auch schon oft zu Diskussionen geführt hat , da ich kein Blatt vor dem Mund nehme und meine Meinung auch äußere.

Die Entscheidung in meiner Berufswahl, entdeckte ich in meiner Zeit als Zivildienstleistender, welche ich damals in einem Pflegeheim verrichtete. Menschen zu helfen, die auf andere angewiesen, ja sogar „ausgeliefert“ sind ist eben eine Berufung und nicht nur irgendein Beruf.

Mein Beruf als Tribut an die Szene, damit meine ich die Akzeptanz der Andersartigkeit. Ich möchte die Neugier der Außenstehenden dazu benutzen, ihnen näher zu bringen nicht über einen Menschen zu urteilen, nur weil er ein wenig „anders“ ist das der Rest der Menschheit. Ich werde oft von Bewohnern oder Angehörigen gefragt ob die Dinge, die in den Medien immer wieder mit Gruftis in Verbindung gebracht werden, wirklich so sind. Ob wir in Särgen schlafen oder auf den Friedhof gehen, um Gräber zu schänden. Ich kläre dann geduldig auf und ernte meist ein „Dankeschön“.

Seit 18 Jahren arbeite ich in der Pflege, 16 davon in Dauernachtwache und das nicht nur, weil ich die Nacht und das Dunkel liebe, sondern auch weil man die Ruhe und die Zeit hat um auf die Bewohner einzugehen, welche am Tag nur schnell abgefertigt werden.

Auch das Thema „Sterben und Tod “ mit dem ich fast täglich konfrontiert werde, gehört mit zur Szene und zu meinem Beruf. Als ich damals meine Ausbildung machte und zum Schluss meine Hausarbeit erstellen musste, war genau das mein Thema. Leider schieben viele dieses Thema bei Seite – obwohl es zum Leben dazu gehört, genauso wie essen und trinken. Ich habe schon viele Menschen bis zum letzten Atemzug begleitet – meist saß man daneben und hielt die Hand, so dass der Betroffene merkte, dass er in seinen letzen Minuten nicht allein ist.

Persönlich hab ich keine Angst vor dem Tod – nur die Art und Weise, wie es dazu kommt, beschäftigt einen. Mein geliebter Partner, mit dem ich 7 Jahre verheiratet war, starb 2011 in meinen Armen. Wenn ich sterbe, werde ich meinen Ehemann endlich wieder treffen. Mein Beruf hat mir auch in dieser schlimmsten Zeit geholfen, denn ich konnte meinen Mann, der 2010 an Krebs erkrankte, bis zu dem Tag im Jahr 2011 begleiten, als er in meinen Armen friedlich eingeschlafen ist.

Ronny Rabe - PflegeberufAber bis dahin hat es hoffentlich noch ein bisschen Zeit. Auch wenn es banal klingt „Carpe Diem“ ist und bleibt meine Philosophie, was nicht heißt, dass man nicht voraus plant .Ich beziehe dieses eher auf den jeweiligen Tag, dass man immer das Beste daraus macht und genießen soll, denn es geht manchmal schneller als man denkt und das Leben wirft einen aus der Bahn.

Die Zeit unserer Ehe war perfekt und obwohl mein Mann nicht aus der Szene kam, lernte ich ihn durch diesen kennen. Er begleitete mich zu Konzerten, zum WGT und lernte auch Lacrimosa zu schätzen.

Einen geliebten Menschen zu verlieren, seinen Lebenspartner bis in den Tod zu begleiten ist ein Erlebnis, das sehr schmerzvoll ist aber auch eine Erfahrung für die Ewigkeit ist. Mein Kartenhaus stürzte damals ein – ich verlor nicht nur meinen geliebten Mann, sondern musste von null anfangen. Manchmal gibt es Situationen wo einfach die Tränen fließen, wo Erinnerungen wieder kommen und man sich diese schönen Jahre zurück ersehnt. Den Verlust habe ich mit verschieden Tattoos auf meiner Haut verewigt. Wie ein Porträt von meinem Mann , von unseren Hunden , bis hin zu einem Grabstein auf dem sein Todestag steht. Immer wenn ich traurig bin schaue ich in das liebe Gesicht von meinem Mann und zwinkere Ihn zu ;-)

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Kommentare

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Mia
Mia (@guest_52033)
Vor 8 Jahre

Ein wundervoller Bericht, Ronny. :)
Deine Beweggründe, weswegen du auch in der Pflege arbeitest, gefallen mir wirklich gut!

Es müsste mehr von dir geben. Viel mehr Pfleger, die mich ganzem Herzen beim Menschen sind!

strangeplant
strangeplant (@guest_52034)
Vor 8 Jahre

*tränchen verdrückt* Was für wunderbare Worte… Wenn DAS nicht mal der Sinn des Lebens ist… für andere zu tun, wozu man sich berufen füht, Anerkennung zu erfahren und wahre Liebe… ^v^

Tanzfledermaus
Tanzfledermaus(@caroele74)
Vor 8 Jahre

Puh, also diesen Job könnte ich einfach nicht machen. Auch wenn einem die Betreuten sehr viel zurückgeben, so verlangt es einem sicher einiges an Stärke ab, man sieht viel Leid und besonders das Sterben würde mir sehr zusetzen.
Du beschreibst sehr schön, wie es ist, wenn der Beruf mehr eine Berufung ist und man bereit ist, dafür Höhen UND Tiefen in Kauf zu nehmen…
Dass Dein Partner Dich auf diese Weise so früh verlassen hat, ist sehr traurig. Bewahre Dir Deine innere Kraft.

Ronny Rabe
Ronny Rabe (@guest_52040)
Vor 8 Jahre

@Mia – herzlich Willkommen hier ( Ex Arbeitskollegin ;-) und lieben Dank !

@strangeplant – Lieben Dank ! alle das was du aufgezählt hast – trifft 100 % auf mich zu ;-)

@Tanzfledermaus –
deswegen ist es auch eine Berufung und nicht nur irgendein Job . Und ja , die Höhen und Tiefen muß man in Kauf nehmen in diesem sehr schönen Beruf .
und lieben Dank – meine innere Kraft , versuche ich so gut wie möglich zu bewahren !
Ps.: das Tattoo – zeigt eine Sanduhr – wobei im obrigen ein Kind im Sandkasten sitz und im unteren ein Grab zu sehen ist . Dieses Tattoo – steht für mich , für meinen Beruf und mein Leben.

Gabrielle
Gabrielle (@guest_52047)
Vor 8 Jahre

Wie ich gerade bei Mias Beitrag schrieb, es ist bewundernswert, was ihr leistet. Du machst das schon so lange Zeit, ich denke, dazu muss man eine starke Persönlichkeit sein. Schön, dass es euch gibt.

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