Interview über Nazi-Ästhetik mit Dr. Marcus Stiglegger

Nazi-Ästhetik ist ein heikles Thema. Gerade in Deutschland sorgt diese äußerliche Provokation immer wieder für Kontroversen, besonders in der schwarzen Szene, die in den letzten Jahren einen regen Zulauf der merkwürdig militärisch-historisch Uniformierten bemerkt. In meinem Artikel über Uniformen in der Szene diskutieren die Leser differenziert über das Thema, klären individuelle Standpunkte und schreiben ihre Meinungen nieder. Einen gemeinsamen Nenner gibt es nicht.

In einer E-Mail wies mich Dr. Marcus Stiglegger darauf hin, dass sein Buch „Nazi-Chic und Nazi-Trash“ sich genau mit dieser Thematik beschäftigt. Asche über mein Haupt, mir war dieses Buch bei meiner Recherche tatsächlich entgangen. Marcus Stiglegger (41) lehrt Filmwissenschaft an der Universität Siegen und beschäftigt sich seit den 80er Jahren mit dem Phänomen des Nazi-Chic, der als Stilmittel immer wieder in Kunst und Subkulturen verwendet wird. Bereits mit seiner 1999 erschienen Promotion von „Sadiconazista begibt er sich auf eine filmische Spurensuche, 2011 erscheint „Nazi-Chic und Nazi-Trash“, in dem er seine Recherche auf Mode und Musik ausdehnt und speziell auch Bands aus der schwarzen Subkultur, wie Death in June, Der Blutharsch und Laibach unter die Lupe nimmt.

Natürlich habe ich mein Versäumnis umgehend behoben und mir ein Exemplar zugelegt. Tatsächlich führt das Buch vieles von dem aus, was ich in meinem Artikel bereits angerissen habe. Offene Fragen blieben trotzdem. Was läge also näher als um ein Interview zu bitten?

Interview über Nazi-Ästhetik mit Dr. Marcus Stiglegger

Spontis: In Ihrem Buch „Nazi-Chic und Nazi-Trash“ beschäftigen Sie sich eingehend mit dem Phänomen der faschistischen Ästhetik. Wie sind Sie darauf gekommen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?

Marcus Stiglegger - Nazi-Chic und Nazi-TrashMarcus Stiglegger: Ich hatte mich bereits früh in den 1980er Jahren für ungewöhnliche und extreme Konzepte in Kunst und Kultur zu interessieren begonnen, und Nazi-Chic begegnete damals dem Suchenden in der Filmkunst (Viscontis DIE VERDAMMTEN, Cavanis DER NACHTPORTIER) oder auf Schallplattencovern (Death in Junes ‚Brown Book’, Joy Divisions ‚An Ideal for Living’) und auf der Bühne (Laibach, SPK, in Deutschland auch Rheingold und DAF). In der Schwarzen Szene hatte der Nazi-Chic schon immer einen festen Platz, auch wenn es in den 1980er Jahren wohl noch sehr schwer war, Replika von Uniformen aufzutreiben. Totenköpfe, Eiserne Kreuze usw. kursierten vor allem in Gothic-Rock-Kreisen (inspiriert u.a. durch The Cult). Die Faszination für die Todesästhetik des Dritten Reiches und speziell der Allgemeinen SS ergänzte sich gut mit dem elitären und nihilistischen Lebensgefühl der Gothic-Szene sowie der Post-Industrialszene, die sich um 1990 formierte. Es war also schwierig, nicht mit Nazi-Chic in Berührung zu kommen, wenn man sich mit solchen Undergroundkulturen beschäftigte. Woher die immer mal wieder formulierte Idee kommt, diese Elemente hätten mit Gothic nichts zu tun oder wären damit nicht vereinbar, ist rätselhaft, man muss sich nur mit Joy Division, Siouxsie and the Banshees und speziell Rozz Williams beschäftigen und wird darauf stoßen… – Das interessierte mich, und auch die starken Reaktionen, die diese Elemente immer wieder auslösten. 1998 veröffentlichte ich einen ersten Artikel dazu in dem linken Poptheoriemagazin Testcard, 1999 erschien meine Promotion ‚Sadiconazista’ über Faschismus und Sexualität im Film.

Spontis: Die Gothic-Szene scheint große Festivals zum Laufsteg der Eitelkeiten zu machen. Man gewinnt den Eindruck, dass eine Mischung aus militärischen Uniformen, Lack, Leder und Latex ein weit verbreitetes Mittel zur Selbstdarstellung geworden sind und als besonders erotisch gelten. Was macht eine Uniform sexy?

M. Stiglegger: Der Schnitt einer Uniform betont den Körper auf eine meist vorteilhafte Weise, kantige Schultern, enge Taille, schlanke Unterschenkel. Die Kopfbedeckung soll den Träger/die Trägerin größer erscheinen lassen, quasi über die anderen erheben. Dazu kommen Accessoires, die Exklusivität und Dominanz signalisieren: Handschuhe, Reitgerte, Orden usw. Eine gelungene Fetisch-Uniform signalisiert Erhabenheit und Macht, auch sexuelle Macht. Diese Qualität ist offenbar geschlechterübergreifend. Glaubt man Susan Sontag oder Valerie Steele, die sich früher bereits damit beschäftigt haben, ist dieser Fetisch international, und von besonderer Attraktivität scheint die weltweit immer wieder zitierte schwarze Ausgehuniform der Nazi-SS zu sein. Zahlreiche Modedesigner – speziell auch mit Fetisch-Hintergrund (Karl Lagerfeld z.B.) – zitieren immer wieder diese Elemente. Vermutlich spielt auch die mit Mord, Diktatur und Willkürherrschaft verknüpfte Aura dieser schwarzen Uniform eine besondere Rolle bei der Sexyness, denn Eros und Tod sind ästhetisch eng verknüpft. Wie Texte von Jean-Paul Sartre (‚Der Pfahl im Fleische’) oder Jean Genet (‚Das Totenfest’) belegen, ist diese spezielle erotische Aura übrigens auch von politischen Gegnern wahrgenommen und bewundert worden. – Es geht also offenbar darum, mit einer solchen Uniform als Mode die eigene Einzigartigkeit und Besonderheit herauszustellen, ein durch und durch eitles Unterfangen…

Es geht also offenbar darum, mit einer solchen Uniform als Mode die eigene Einzigartigkeit und Besonderheit herauszustellen, ein durch und durch eitles Unterfangen…

Spontis: In ihren Anfängen verwendeten Subkulturen faschistische Symbole dazu, sich abzugrenzen, sie als Teil des eigenen Kleidungsstils ad absurdum zu führen, sich gegen die Nazizeit zu positionieren oder Tabus zu brechen und der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Wenn heute der Besucher eines Festivals oder eines Konzerts eine Nazi-Uniform trägt, welche Geisteshaltung steckt Ihrer Ansicht nach dahinter?

Ich halte es eher für zweifelhaft, ob Subkulturen je Nazi Chic nutzten, um sich gegen die Nazizeit zu positionieren – oft ging es vielmehr um Provokation und Widerstand gegen die eigene Gesellschaft und vor allem die Generation der Eltern. Speziell in den USA und England wurden Nazi-Elemente in der Sub- und Gegenkultur meist sehr unreflektiert und auch uninformiert verwendet, und speziell die Biker-, Surfer- und auch die frühe Punk-Kultur können nicht per se als ‚links’ motiviert eingestuft werden. Ich spreche von den Eisernen Kreuzen der Hell’s Angels, Sid Vicious’ Hakenkreuz-T-Shirt usw. Wichtiger war, Symbole des Widerstandes und der Nonkonformität zu präsentieren. Parallel dazu wurden diese Elemente auch immer affirmativ verwendet, etwa in Neonazi- und Rechtsrockkreisen, die ebenso als (politische) Subkultur gelten können. Man findet also vor allem indifferente und affirmative Verwendungen von Nazi-Chic, sehr selten wird das kritisch eingesetzt, wie noch bei John Heartfield, der z.B. bei der slowenischen Band Laibach zitiert wird. – In der gegenwärtigen Schwarzen Subkultur wird Nazi-Chic vor allem getragen, um 1. sexy zu sein, 2. sich vom Rest abzuheben (von Uniform kann man da übrigens nicht unbedingt mehr sprechen, denn dann müsste ja eine Clique durchweg die selbe Kleidung tragen) und 3. einer bestimmten Band zu huldigen (von Death in June bis Nachtmahr). Am ehesten würde ich bei den aktuellen Nachtmahr-Fans von einer Uniform sprechen, da die teilweise wirklich identisch und in größerer Zahl auftreten.

Spontis: Mode-Accessoires werden in der Regel ausgesucht, weil sie aus irgendeinem Grund gefallen. Doch ein Hakenkreuz oder eine SS-Uniform ist kein Strass-Schmetterling, der unbeschwert getragen wird. Hakenkreuze werden auch von geschichtlich weniger interessieren Menschen automatisch mit Gewalt, Verbrechen und Massenmord in Verbindung gebracht. Warum wird diese Hemmschwelle aus Modegründen so locker überschritten?

M. Stiglegger: Also in Deutschland ist das Hakenkreuz ja als verfassungsfeindliches Symbol streng verboten, daher wird es auch nicht öffentlich getragen – in England, Japan, Russland oder den USA ist das weniger problematisch. Dort wird es vermutlich genau aus dem Grund verwendet, weil es den Ruch des Völkermordes trägt und damit einen besonders morbiden Nervenkitzel verspricht. Allerdings muss man auch noch bedenken, dass dieses Symbol in anderen Kulturen wie etwa buddhistischen und hinduistischen andere Bedeutungen trägt und von daher auch nicht wirklich provokativ wahrgenommen wird. – Ebenso ist es in Deutschland unmöglich, eine SS-Uniform zum Ausgehen zu tragen, denn diese weist gleich mehrere verbotene Symbole auf: die SS-Runen, den Reichsadler mit Hakenkreuz, die Armbinde, das Koppelschloss mit der SS-Losung usw. Wenn diese Symbole und konkreten Abzeichen entfernt werden, bleibt eine uniformähnliche Bekleidungsbasis, die man problemlos bei Ebay kaufen kann, denn ein Viertaschenrock und eine Breeches-Hose sind natürlich nicht illegal und speziell der Jackenschnitt ist heute noch in vielen Modehäusern zu finden. Wird diese Bekleidung mit Bandlogos ausgestattet, hat man es allenfalls mit einer Phantasieuniform zu tun, und das sollte vermutlich auf Fetisch- oder Gothic-Parties kein Problem sein. Von Nazi-Uniform kann man nur sprechen, wenn auch wirklich die Parteisymbole vorhanden sind. Ist das nicht der Fall, gehört nicht viel dazu, diese Schwelle zu überschreiten. Ist es der Fall, hat man es nach deutschem Recht wohl mit einer Straftat zu tun. Ich denke daher nicht, dass diese Grenze so leicht passiert wird…

Ein Künstler muss damit rechnen, als Vorbild betrachtet zu werden […] Sollten Künstler so handeln? Nun: Wer soll ihnen das vorschreiben?

Spontis: In Ihrem Buch gehen Sie darauf ein, dass vor der Bühne oft das getragen wird, was Künstler vormachen. Wenn die Kunst Nazi-Uniformen als Mittel zur Provokation versteht, aber der Großteil der Anhänger daraus eine unreflektierte Mode macht, wie sollten die Künstler Ihrer Meinung nach reagieren?

M. Stiglegger: Ein Künstler muss damit rechnen, als Vorbild betrachtet zu werden. Laibach z.B. provozieren geradezu ihre Fans, sich mit Merchandise-Artikeln ebenso auszustatten, wie sie es auf der Bühne sehen, um das Ambivalenzerlebnis von der Bühne direkt ins Publikum zu tragen und den Totalitarismus von Pop auszuleben. Noch unreflektierter und offensiver betreiben das Nachtmahr. Bei Death in June dürfte es dem Künstler zumindest ästhetisch gefallen, seine Fans im Tarnfleck zu sehen. Aus Sicht der Fans geht es eher darum, an der Aura der Künstler teilzuhaben. Man sieht: Die Reaktion der Künstler in diesem Fall ist animierend. Das hat eine lange Tradition in der Popkultur: die Turbo-Jugend von Turbonegro, die KISS-Army usw. Sollten Künstler so handeln? Nun: Wer soll ihnen das vorschreiben?

Spontis: Wenn ich auf ein Festival gehe, muss ich meine Wasserflasche am Eingang abgeben. Mit einer Nazi-Uniform darf ich passieren. Wir haben alle Geschichtsunterricht gehabt, können uns allgegenwärtig informieren und besitzen in der Regel gesunden Menschenverstand. Warum schreit kein Veranstalter, kein Modelabel, kein Künstler, kein Szenemagazin und kein Besucher eines Festivals: „Halt! Bis hierhin und nicht weiter!“ ?

Thomas Rainer - Amphi 2008 - TobikultM. Stiglegger: Ich habe oben bereits bezweifelt, dass ein Besucher in Nazi-Uniform in Deutschland auf ein Festival gelassen würde. Wenn es um uniformähnliche Kleidung geht, die durchaus mit Elementen des Nazi-Chic arbeiten kann, wird diese auf verbotene Symbole geprüft. Es macht auf dem historischen Hintergrund absolut Sinn, dass besagte Symbole verboten sind, man kann aber keine Kleidungsstücke wie Reithosen oder Viertaschenröcke, Reitstiefel oder Offiziersmützen (ohne Abzeichen) an sich kriminalisieren. Das würde den oben geschilderten Eindruck erklären. Ähnliches ist hier nicht Gleiches. Und warum z.B. Labels nicht dagegen einschreiten, liegt auf der Hand: Soll Trisol seinen Goldesel Nachtmahr ermahnen, doch nicht mehr so martialisch aufzutreten, wenn das weltweit hervorragen funktioniert? Im Gegenteil: Hier hat man einen kommerziellen Mechanismus aufgetan, der sich lohnt. Sieht man sich die Klicks von Youtube-Videos an, wird die Attraktivität von Nazi-Chic umso deutlicher. Ich gehe eher davon aus, dass sich Modelabels wie XtraX oder Plattenlabels Gedanken machen, wie sie aus der Uniformwelle weiteren Vorteil beziehen können. Solange dabei nur Tabus berührt werden aber keine Gesetze überschritten, kann man davon ausgehen, dass das nicht trotz, sondern durchaus wegen des historischen Bezuges gemacht wird. Daraus ein politisches Statement abzuleiten wäre jedoch vermutlich zu ambitioniert gedacht…

Spontis: Film, Fernsehen und Medien überfluten uns tagtäglich mit Krieg, Gewalt und Sex. Die Messlatte für Abstoßendes, Verstörendes und Provozierendes wird mit jedem Jahrzehnt höher gelegt.  In den späten 70ern reichten den Punks bunte Haare, um zu provozieren. In den 80ern schockierten die Gothics mit umgedrehten Kreuzen und blass geschminkten Gesichtern. Heute bleiben noch Uniformen, Fetisch-Bekleidung und Nazi-Symbolik . Was provoziert die Gesellschaft in der Welt von morgen?

M. Stiglegger: Tabus müssen in jeder Epoche und Gesellschaft immer neu ermittelt werden. Was heute provoziert, kann morgen schon lächerlich wirken – und umgekehrt. Ich sehe da nicht durchweg eine Steigerung, sondern eher eine zyklische Wiederkehr, denn wie ich in meinem Buch auch darstelle, tauchte Nazi-Chic seit der Nachkriegszeit ca. alle zehn Jahre wieder in der populären Kultur auf. Von den Bikern über die Surfer, die Hippies (Jim Morrisons Faszination für die Nazis!), die Glamrocker (David Bowie), die Punks, die New Waver, die Gothics, EBM, Industrial, Neofolk… Momentan ist Nazi-Chic präsent durch Bands wie Nachtmahr, Shadow Reichenstein und Eisbrecher. Es spricht einiges dafür, dass hier kein Ende in Sicht ist. – Dabei ist zu beachten, dass andere Symbole von Völkermord und Unterdrückung wie die japanische Kriegsflagge oder der Rote Stern offenbar weniger zur Provokation taugen und daher seltener oder in anderen Kontexten auftauchen. Für unsere Kultur haben die Nazis folglich eine ästhetische Formenwelt geschaffen, die ihre unheimliche Aura offenbar noch nicht verloren hat und sich immer wieder einsetzen lässt, um Aufsehen zu erregen…

Weiterführende Links:

  • :Ikonen: Magazin für Kunst, Kultur und Lebensart – Das Internetprojekt von Marcus Stiglegger, in dem sich zahlreiche Interessante Artikel, Rezensionen und Interviews finden, die sich mit den riskanten Bereichen der Kunst und Kultur auseinandersetzen.
  • Verlag Bertz + Fischer – Bezugsquelle für das Buch „Nazi-Chic und Nazi-Trash – Faschistische Ästhetik in der populären Kultur„. Erschienen im Oktober 2011, 105 Seiten, 45 Fotos zum Preis von rund 10 Euro.
  • Auf Deketor.fm gibt es zudem ein Audio-Interview, indem er auf Nazi-Chic im Film und in der Musik eingeht. „Nazi Chic: Coole Provokation oder modisches Unding?
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Piet Noir
Piet Noir (@guest_28212)
Vor 12 Jahre

Tolles Interview. Spontis wird immer besser!

Ich kann Herrn Stiglegger bis auf „Es macht auf dem historischen Hintergrund absolut Sinn, dass besagte Symbole verboten sind“ absolut zustimmen. Symbole zu verbieten halte ich aber nach wie vor für falsch, dumm und menschenverachtend. Aber das steht wieder auf einem anderen Blatt.

Ansonsten eine schöne Sache, dass hier öfter mal Interviews auftauchen.

Asti
Asti(@lorraine)
Vor 12 Jahre

Das Interview ist wirklich gut.
Ist das nicht eben das Problem dass „schwarze Szene“ und „Gothicszene“ quasi als eins betrachtet werden?
Lass die Uniformen und den „Militärlook“ den EBMlern, und den Gruftis genügend Haarlack…
mich verstören Uniformen oder uniformähnliche Kleidung, egal bei wem, außer, es ist wirklich Militär, und ich war auch sehr verwundert, als es beim Buntvolk im letzten oder vorletzten Jahr Mode war seine Hosen in die Stiefel zu stopfen, das löste bei mir ähnliche Assoziationen aus.
Nazisymbolik, direkt oder indirekt, lehne ich ab. Und wer sich so auf ein Festival oder eine Party begibt, nunja, dazu, sage ich jetzt einfach mal nichts.

Death Disco
Death Disco (@guest_28218)
Vor 12 Jahre

Warum werden Uniformen immer wieder mit EBM verknüpft? Das ist doch unsinnig. Traditonelle EBM-Fans kleideten sich in Jeans und Lederjacken, so wie man es von Depeche Mode her kennt. Die Neulinge greifen halt mehr zur Tarnhose. Aber Uniformen, wie der Nachtmahr-Dödel sie trägt, gab es dort nie. Nicht einmal DAF-Fans trugen sowas, wo man es am ehesten vermutet hätte.

Auch kann ich nicht nachvollziehen, aus welchem Grund das Eiserne Kreuz bzw. „Nazi-Chic“ in erster Linie mit dem Gothic-Rock-Umfeld assoziiert wird. Wieviele Bands hantierten tatsächlich damit? Mal davon abgesehen, dass The Southern Death Cult, die eigentlich repräsentativer wären, ein ganz anderes Image vertraten als The Cult, die vom Mainstream Rock zur Hard-Rock-Band mutierten (mit Gothic wollten die schon seit 1984 nichts mehr zu tun haben), ist der Bezug zur Nazi-Ästhetik doch offensichtlich künstlich hergestellt worden. Ian Astbury flitzte kurzzeitig mit preussischen Uniformteilen/Symbolen herum, wie sie im 18. und 19. Jahrhundert, u.a. zur Zeit Friedrich des Großen, aktuell waren (Husaren-Regiment -> Beispielfoto). Das war es dann aber auch schon.

Selbst wenn man fünf Bands heraussuchen würde, auf die das zuträfe, kann man das wohl kaum als typisch für das Genre bezeichnen, das innerhalb von 30 Jahren mehrere hundert bis tausend Bands weltweit zum Vorschein brachte.

tobikult
tobikult(@tobikult)
Vor 12 Jahre

Habe das Interview gerne gelesen. Da man mit Doktortitel stets ein Argument weniger braucht, wirken die Ausführungen von Marcus Stiglegger sehr überzeugend. Als rasender Reporter muss ich aber an einer Stelle doch widersprechen: gleich zweimal wird behauptet, in einer SS-Uniform würde man es nicht auf ein Festivalgelände schaffen. Ich habe das Gegenteil mehrmals dokumentiert. Ob „Meine Ehre heißt Treue“-Koppeln, Adler mit knapp überklebten Hakenkreuzsen oder SS-Runen. alles da auf dem Amphi und WGT. Das ist doch das Problem. Es ist nicht die Kunst sondern der schwarze Normalbürger der sich besorgniserregend darstellt.

Axel
Axel (@guest_28220)
Vor 12 Jahre

Ich denke auch, dass der gute Herr Stiglegger das ganze Naziproblem in der Szene ein wenig unterschätzt. Es gibt genug Möglichkeiten auch ohne Zurschaustellung von Hakenkreuzen Stellung zu beziehen, bspw. durch entsprechende Shirts mit Aufschriften wie „Kraft durch Freude“. Alles schon gesehen und ich habe seit 3-4 Jahren das starke Gefühl, dass sich die braune Pest in der Szene vermehrt breit macht. Nicht nur das, sondern diese immitieren ja seit Jahren auch bewusst Symboliken der politischen Linken, wie bspw. das Pali-Tuch.

Ich denke: wer solche Uniformen bzw. uniformähnlichen Klamotten trägt, macht das nicht aus Provokation. Für mich steht da auch eindeutig eine gewissen Haltung dahinter, denn:
Ich trage nur das, womit ich mich indentifizieren kann!
Wöllte man Provozieren gäbe es andere Möglichkeiten, als sich wie ein Soldat zu verkleiden.

Das ist ja nicht neu, dass das Nazipack die Szene unterwandern will. Früher, ende der 90er, haben sie es schonmal versucht; damals gab es aber breiten widerstand z.B. in Form von Vereinen wie „Gruftis gegen Rechts“. Heute dagegen scheint es vielen egal zu sein, und das ist das eigentlich traurige und auch gefährliche. Genau dieses „unpolitische“ ist so gefährlich.

Zusammenfassend: Diese Mode kommt dadurch, dass solche Gestalten angezogen werden; Bands wie Nachtmahr verstärken das alles noch.

Jeder Grufti, der solche braunen Gestalten sieht, muss Stellung beziehen! Jeder MUSS die Zivilcourage haben, diesen braunen Idioten zu zeigen, dass wir in der Gothic-Szene keine Nazis wollen!

Piet Noir
Piet Noir (@guest_28221)
Vor 12 Jahre

Ich bin froh, dass es die „Grufties gegen Rechts“ nicht mehr gibt. Ist doch auch nur so ne (Anti-)fa Abspaltunge die bei jeder Band Nazi-Bezüge findet…

Wenn jetzt einer mit dem Shirtaufdruck „Strength through Joy“ autaucht oder mit DI6 Logo, ist das auch nicht in Ordnung? Darf man keine Bandshirts mehr tragen die auch provozieren können?

Ich sehe schon, das artet hier wieder zu einer Uniform-Diskussion ansich aus. Dazu gibt es einen anderen Beitrag. Bitte da weiter posten. (@Robert: Ich nehme dir das jetzt einfach mal vorweg;) )

Death Disco
Death Disco (@guest_28222)
Vor 12 Jahre

Herr Stiglegger dürfte eigentlich auch kein Unbekannter sein, schrieb er doch schon vor mehr als 20 Jahren u. a. für Glasnost. ;-)

 Axel: die Braunen nutzten schon immer Symbole der Linken (z.B. Hakenkreuz auf roter Fahne). Zum einen sicherlich Taktik, zum anderen beherbergten sie in ihrer Partei aber auch selbst etliche Linke. Da muss man dann schon ein wenig weiter in der Geschichte zurückgehen (ca. 80 Jahre und mehr). Bei den Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten ging es auch nie um vollkommene, ideologische Gegensätzlichkeiten. Das ist etwas, das erst in den Nachkriegsjahren so dargestellt wurde.

Wenn jetzt einer mit dem Shirtaufdruck “Strength through Joy” autaucht oder mit DI6 Logo, ist das auch nicht in Ordnung? Darf man keine Bandshirts mehr tragen die auch provozieren können?

Die Frage ist doch wohl eher: Muss ich sie tragen, wenn ich doch um die Bedeutung der Namen und Symbole weiß? Worin liegt denn die Notwendigkeit? Wer kann denn schon etwas mit einem Bandnamen wie Strength Through Joy anfangen, außer einer Handvoll Neofolker? Und tut’s nicht auch ein anderes, weniger symbolträchtiges Di6-Shirt?

Axel
Axel (@guest_28224)
Vor 12 Jahre

Es geht doch nicht darum bei Bands auf Teufel komm raus irgendwelche „Nazi-Bezüge“ zu finden. Beispielsweise benutzen viele Folk-Bands Runen, weil deren Mitglieder einfach gewissen Naturreligionen angehören. Dagegen ist erstmal nix einzuwenden. Wenn so eine Band abe rnicht gerade aus Indien kommt, sondern Mitteleuropa und dann Hakenkreuze zu sehen sind, dann ist das schon ein Statement! Bands die einfach keine Nazi-Bezüge haben wollen, benutzen einfach nicht solche Symboliken und punkt. Wenn man Parolen und Symboliken aus Nazideutschland verwendet, gemäß dem Fall wirklich nur aus Provokation, dann stilisiert man diese Dinge trotzdem und das kann ich nicht gut heißen!

Es muss doch unser aller Aufgabe sein, darauf zu achten, dass es so eine Nazidiktatur nie wieder geben wird. Und das fängt bei mir schon damit an: keine Unterstützung für Neonazis! Und wer bewusst solche Symboliken und entsprechende Parolen verwendet und trägt, der muss nunmal damit rechnen in diese Ecke gestellt zu werden!

Death Disco
Death Disco (@guest_28225)
Vor 12 Jahre

Trägst Du da nicht ein wenig dick auf? Oder warst Du nicht zufällig selbst ein ehemaliges Mitglied der GgR? ;-)

Eine Nazidiktatur halte ich für unwahrscheinlich. Du schaust zu viel fern. Die prophezeien uns schließlich auch schon seit Jahren einen Umsturz durch Salafisten. Morgen dürfen es dann wieder die Rothschilds, die Bilderberger und die jüdische Weltherrschaft sein.

Diese Symbole und Uniformen sind aufgrund ihrer Geschichte und im bestehenden Kontext abzulehnen. Ich denke, darum geht es hier in erster Linie.

Irmin
Irmin (@guest_28226)
Vor 12 Jahre

Das Interview gefällt mir, auch, wenn ich dem guten Mann zumindest einmal widersprechen muss und eine andere zumindest in Zweifel ziehe. Er kann ja gerne bezweifeln, dass man mit Naziuniformen nicht auf Festivals kommt, aber ich denke, es gibt genug Gegenbelege (z. B. per Foto festgehalten), dass es da wenig zu zweifeln gibt.

Was das Thema Verbieten von Symbolen angeht… dazu zitiere ich auch Axel mal:

Bands die einfach keine Nazi-Bezüge haben wollen, benutzen einfach nicht solche Symboliken und punkt. Wenn man Parolen und Symboliken aus Nazideutschland verwendet,[…]

Was sind denn Parolen und Symbole Nazideutschlands? Also im Sinne von eindeutige Symbole? Das Hakenkreuz? Nun, auch das ist in anderer Verwendung nicht nur in Indien zu finden (das habe ich auch schon mal woanders verlinkt) ;) Aber gut, heutzutage aber wohl eher nicht mehr, von daher geht das als eindeutig durch. Mit den Runen hast du selbst ein gutes Beispiel gebracht, denn auch mit der Benutzung dieser wird man ja so manches Mal in die rechte Ecke gestellt.

Und da viele Symbole und auch Parolen (man denke nur an „Jeden das Seine“) im Laufe ihrer Existenz mehrfach anders ge- oder missbraucht werden, finde ich ein generelles Verbot dieser eher nicht so toll. Symbolpolitik eben (man verzeihe mir dieses schlechte Wortspiel).

Deren eindeutige Verwendung ablehnen, wie Death Disco schreibt, ist die meiner Meinung nach bessere Alternative zu Verboten. Verbote machen schließlich auch attraktiv.

Axel
Axel (@guest_28227)
Vor 12 Jahre

Moooment, ich habe nie irgendwas von Verbot geschrieben. Das sollte man mir nicht in den Mund legen. Es gibt durchaus eindeutige Symboliken und Parolen. Wie eben Hakenkreuze oder die SS-Runen. Oder eben solche Parolen wie „Kraft durch Freude“, „Arbeit macht frei“ etc. Wenn man diese Parolen in Verbindung solcher Symboliken bringt, muss man sich doch nicht wundern.

Natürlich sollte man nicht jeden, der heidnische Runen verwendet in die rechte Ecke stellen. Es kommt auch immer drauf in welchem Zusammenhang man sowas verwendet. Wenn man aber bewusst mit dem „Nazi-Chic“ koketiert, dann sollte man dies schon auch ablehnen dürfen.

Hier mal als Beispiel, dass es auch anders geht, die Band Waldtraene:

Da würde niemand ernsthaft auf die Idee kommen, diese Band in eine rechte Ecke zu stellen. Schaut man sich das Erscheinungsbild an, dann weiß man dass dies einfach Musiker sind mit heidnischen Glauben:

Wenn man aber nun unkommentiert bestimmte Parolen benutzt, sollte man schon kritisch sein. Ich finde es einfach respektlos gegenüber der jüngeren Geschichte und der Opfer, wenn man solche Dinge zur Provokation benutzt, egal ob da jetzt eine bestimmte Meinung dahintersteckt oder nicht. Allein, dass mit sowas Geld gemacht wird, ist respektlos. Dasselbe würde auch gelten, wenn eine Band beispielsweise mit nem RAF-Wappen auftreten würde…

Irmin
Irmin (@guest_28228)
Vor 12 Jahre

Okay, sorry, das habe ich wohl nicht vernünftig formuliert. Der Herr Stiglegger sprach ja davon, dass er Verbote bestimmter Symbole unterstützt. Um zu untermauern, warum ich das schwierig finde, wollte ich auch gleich auf dich verweisen – weil eben oft nicht klar ist, was eindeutig ist und was nicht. Du hast die Extrembeispiele genannt, und wenn du sagst, dass man sich auch darauf beschränkt, sind wir einer Meinung. Denn hier stimme ich dir zu:

Es kommt auch immer drauf in welchem Zusammenhang man sowas verwendet.

Und das gilt meiner Meinung nach durchaus auch für „Nazi-Chic“ – ich würde es lieber Ästhetik nennen. Was man absolut von Symbolik und Parolen trennen sollte, weil es noch allgemeiner ist. Um mal ein schön prominentes Beispiel zu nehmen: Als Rammstein ihr Cover von „Stripped“ mit nem Leni-Riefenstahl-Film unterlegt haben (auch, wenn vermutlich nur, um etwas Aufmerksamkeit zu bekommen), fand ich das nicht schlimm. Obwohl Frau Riefenstahl ja durchaus Nazi-Ästhetik ist. Weil eben eindeutig ist, dass da keine Ideologie hinter steckt.

PS: Danke für den Tipp, „Waldtraene“ klingt vielversprechend. Die muss ich mir mal genauer anhören.

Axel
Axel (@guest_28229)
Vor 12 Jahre

Ein weiteres Beispiel wären ja auch Feindflug, welche die damalige Zeit musikalisch aufarbeiten (Beispiel). Auf jeder ihrer CDs steht fett, dass die Musiker nicht hinter den Inhalten der Musik stehen (genau solche eindeutigen Abgrenzungen bzw. Statements fehlen mir bei kommerziell erfolgreichen Bands wie Nachtmahr). Dass diese dann trotzdem in diese Ecke geschoben werden (auch heute noch!), ist ziemlich dämlich.

Bei Rammstein gab es damals durchaus Irritationen und diese wurden damalsauch in der Nazi-Szene gehört. Aber das wurden MIA. ja auch schon (worauf sie dann frecherweise Auferstanden aus Ruinen gecovert haben: . Natürlich, wenn man sich mit den Musikern beschäftigt hat (Stichwort: Feeling B, Die Firma, usw.) dann weiß man, dass diese alles sind – nur keine Nazis. Und für die, die immernoch meinten: „Nazi-Band!“ hat man dann folgenden Song rausgehauen:
Im übrigen würde ich sagen: nur weil man Leni Riefenstahl zitiert, muss dies keinen politischen Hintergrund haben. Grade bei den Stripped-Video hatte das ja eher eine inhaltliche Bewandniß, nämlich das man auf den wieder erstarkten Körperkult in der Gesellschaft verweisen wollte. Gerade Rammstein war schon immer eine Band, die zwar oberflächlich nur provozieren; wenn man aber mal 2,3 mal darüber nachdenkt und auch interpretiert, kommt man schnell darauf, dass dies eine Form von Kritik ist. Rammsmtein ist sowieso ein Thema für sich – aber das gehört jetzt nicht hier her.

Natürlich kann man solche Uniformen auch in anderer Hinsicht nutzen, auch als Band/Musiker. Beispielsweise um zu warnen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Aber dafür braucht es auch klare Aussagen und Positionen der Musiker. Was passiert stattdessen? Seit Jahren wird mit der Ästhetik gespielt, damit koketiert, mit diesen Dingen provoziert des Provokationswillen. Man versucht da durchaus Grenzen auszuloten was geht und was nicht geht. Viele, vorallem junge Männer, fühlen sich davon angezogen. Und genau DAS ist die Gefahr, denn die rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen sind ja nicht dumm und werben dort zukünftige Neonazis ab. Denn mit der Musik und der ganzen Ästhetik drumherum fängt es an. Der Weg zu den Inhalten und der Denkweise ist dann nicht mehr weit. Und genau diesen Vorwurf müssen sich Nachtmahr, Shadow Reichenstein & Co. nunmal stellen. Wenn dahingehend keine ehrlichen Aussagen und Aktionen kommen, dann kann man das so oder eben auch so sehen.

Irmin
Irmin (@guest_28230)
Vor 12 Jahre

Na wunderbar, dann sind wir uns doch weitestgehend einig. Bei Feindflug hab ich nie verstanden, wie man Titel wie „Grössenwahn“ und „Kahle Bedrohung“ nicht als eindeutige Aussage verstehen kann. Da unterstelle ich dann schon ein wenig Absicht, oder tatsächlich die schlichte Logik „Nazisamples = böse“. Auch bei Rammstein stimme ich dir völlig zu (und darum mag ich die auch, darf man das zugeben? :D).

Nur eines noch:

Denn mit der Musik und der ganzen Ästhetik drumherum fängt es an. Der Weg zu den Inhalten und der Denkweise ist dann nicht mehr weit.

Ich bin mir da nicht so sicher. Klar, wenn man noch „formbar“ ist, dann können einen die Inhalte durchaus faszinieren. Aber diese Inhalte sind ja nicht Teil der Musik – selbst wenn man mit deren Symbolik (auch ohne Aussage dahinter) spielt. Ich würde dem folgen, wenn es um Leute ginge, die, weil ihnen die Musik gefällt, mal in Rechtsrock oder NSBM reinhören und dann auch die Inhalte für sich entdecken (das Thema, ob man so etwas auch hören kann/darf/sollte, wenn man sich der Inhalte bewusst ist, es einem aber nur die Musik geht, wäre noch mal eine Diskussion für sich). So weit gehen, zu sagen, dass das auch passieren kann, wenn nur gewisse Stilelemente zitiert werden, möchte ich aber nicht. Oder sagen wir anders: Das kann natürlich passieren, ich möchte den Künstlern da aber nicht die (Haupt-)Schuld geben. Rechte Unterwanderung ist schließlich flexibel in der Wahl ihrer Mittel, da „braucht“ es nicht unbedingt ein militaristisches Auftreten für.

Welche Art der eindeutigen Aussage wäre deiner Meinung nach ausreichend, um sein Auftreten von unschönen Inhalten abzugrenzen? Ich weiß z. B. nicht, ob sich Nachtmahr jemals dazu geäußert haben, aber das könnte auch daran liegen, dass ich Nachtmahr für einen Haufen von Clowns (oder von mir aus auch einen Clown) halte. Wie „öffentlich“ sollte so eine Aussage sein? (Im Sinne von: Reicht eine Äußerung in einem Interview, oder eine Botschaft auf jeder CD, oder gar eine Aussage bei jedem Konzert,…)

Flauers
Flauers (@guest_28231)
Vor 12 Jahre

Kurzer Einwand!

Shadow Reichenstein legen zwar viel Wert auf ihr Aussehen, aber textlich und vorallem musikalisch (man höre sich das erste Album „It’s Monster Rock“ an, was sehr stark an amerikanischem Blues und Rock’n’Roll angelehnt ist) sind sie nicht mit der rechten Szene oder sonstigen verwerflichem Mist verwechselbar (Punk und Surf-Rock sind wohl nicht sooooo beliebt bei (deutschen) Nazis, oder?!). Der einzige Song, der hier provozieren könnte, wäre Werewolf Order.

Edit: Hab mir die Jungs auch nochmal angeschaut. Jetzt mal ernsthaft: Nur wegen den Armbinden, die ja selbst mittlerweile durch Captain Morgan bei der Fussball-WM angekommen sind und der Gasmaske samt Spitzenhaube (die übrigens nicht aus der Nazizeit stammt …) könnte man sie hier in die List der Bands einreihen.

Meiner Meinung nach eine wenig fragwürdige, durchaus gute Düsterpunkband!

Death Disco
Death Disco (@guest_28233)
Vor 12 Jahre

Da würde niemand ernsthaft auf die Idee kommen, diese Band in eine rechte Ecke zu stellen.

Ich würde nicht einmal auf die Idee kommen, sie zur Schwarzen Szene zu rechnen (denn um diesen Bereich ging es ja). Aber heutzutage darf ja jedwedes Liedermacher-Gezupfe schwarz sein. *g*

In My Rosary fänd ich beispielsweise repräsentativer (für ihr Logo z.B.). Mich wundert es übrigens, dass hier noch nicht der Name Silke Bischoff fiel. Die zweckentfremdeten mal kurzerhand den Reichsadler. ;-)

Irmin
Irmin (@guest_28251)
Vor 12 Jahre

@Robert:

Ich habe ganz ähnlich wie Tobi beispielsweise viele Besucher des WGT oder Amphi gesehen, die durchaus mit entsprechenden und eindeutigen Symbolen über das Festival laufen. Von daher kann von einer funktionierende Kontrolle am Eingang nicht gesprochen werden. Ich nehme einfach mal an, das dazu einfach die Kapazitäten fehlen und die Prioritäten eben doch nur auf den Wasserflaschen liegen. Aber das ist natürlich eine Behauptung.

Ohne allzu sehr in der Vergangenheit wühlen und Dinge aufgreifen zu wollen, die schon mehrfach ausführlichst behandelt wurden, möchte ich dennoch mal eine weitere Behauptung aufstellen: Wenn man vonseiten eines Festivals (äh, Treffens, natürlich) selbst mit doch recht eindeutiger Symbolik spielt (die, wenn man so will, sogar noch eindeutiger ist als ein Hakenkreuz), muss man sich vielleicht nicht wundern, wenn es einem die Besucher gleichtun. Ich zweifle dann leider ein wenig an Bemühungen, wirksame Kontrollen durchzuführen, wenn man es schon selbst nicht so ernst mit der Symbolik nimmt.

Und ja, Robert, das dürfte wohl eine recht effektive Methode sein, dass die Symbole weniger werden. Gibt es ja auch durchaus auch bei einigen Konzerten, dass sogar Bandshirts überdeckt werden müssen. Es gefällt mir nicht so ganz (eben wegen der „Symbolpolitik“), aber ich habe auch keine bessere Idee.

Irmin
Irmin (@guest_28266)
Vor 12 Jahre

Wenn ich so weiter darüber nachdenke, reicht allein das „aktive“ Vorgehen nicht aus, weil es meiner Meinung nach an einem Punkt schwächer ist als das „passive“: Es richtet sich gegen Symbolik, also gegen das, was man zur Schau stellt. Der passive Protest dagegen gegen die öffentliche Zurschaustellung der Gesinnung. Und das ist meiner Meinung nach besser, denn:

Sie tragen ihre Gesinnung offen zur Schau und lassen für den neutralen Beobachter eigentlich nur einen Schluss zu: Das hier ist ein Sammelbecken für Menschen jeder Gesinnung.

Wenn man das Tragen der Symbolik verböte, könnte der normale Betrachter die Nazis zwar nicht mehr erkennen. Aber sie wären ja immer noch da. Natürlich kann man nicht bei jedem Besucher einen Gesinnungstest machen, und das möchte ich auch überhaupt nicht. Wer ein „Kellernazi“ ist, ist halt einer. Das finde ich zwar ziemlich abstoßend, aber ich kann ja niemanden auf Gedankenverbrechen abklopfen. Was man allerdings tun kann, ist, sich gegen das öffentliche Zurschaustellen dieser Gesinnung zu wehren.

Diese Aufgabe darf man aber nicht allein den Künstlern überlassen. Denn auf der anderen Seite muss man auch sehen, dass man sich seine Fans nicht aussuchen kann und eventuell auch müde wird, sich immer wieder zu distanzieren. Ich meine, Feindflug werden immer noch in diese Ecke gedrängt, da verstehe ich jeden Künstler, der gar nicht erst damit anfängt oder nach einem Versuch keine Lust mehr darauf hat. Zu einem vernünftigen Protest gegen neonazistische Kräfte innerhalb der Szene gehört auch, nicht jeden gleich als Nazi abzustempeln, der bspw. mit einem Mjölnir rumläuft. Das sorgt nicht nur dafür, dass man die richtigen Nazis nicht mehr erkennt, sondern auch dafür, dass man die Leute, die dagegen protestieren, nicht mehr ernst nimmt oder gar ebenfalls als Problem ansieht.

Dylan
Dylan (@guest_52917)
Vor 7 Jahre

Was mich stört ist einfach, dass immer auf der Schwarzen Szene und den Gothics rumgehackt wird. Ich kenne genug Hip Hop, Rap und Pop Fans die einen auf Nazi machen und das lustig finden. Das sind natürlich zu 90% Teenager, die sich ihres Verhaltens nicht bewusst sind. Da muss man den Hitlergruß machen und HH schreien, um lustig zu wirken…
Als ob man nicht auch durch normale Witze lustig sein kann. Ich frage mich, warum meine Generation (14-17 Jahre) als eine der Hauptträger für die Zukunft die Vergangenheit nicht ernst nehmen kann…

Tanzfledermaus
Tanzfledermaus(@caroele74)
Vor 7 Jahre

Apropos Parodien bzw. Witzfiguren: „Er ist wieder da“ haut in dieselbe Kerbe…

KlausA
KlausA (@guest_52942)
Vor 7 Jahre

Was mich stört ist einfach, dass immer auf der Schwarzen Szene und den Gothics rumgehackt wird. Ich kenne genug Hip Hop, Rap und Pop Fans die einen auf Nazi machen und das lustig finden.

Das ist nicht ganz korrekt. Im Hip Hop gibt es langjährige Auseinandersetzungen um Antisemitismus und Rassismus z.B. dieses Berliner Projekt widmet sich diesem Thema nun schon seit einigen Jahren. Aber auch im Hip Hop wird viel über Provokation und Tabubrüche polarisiert und auch dort muss hinterfragt werden. Interessant fand ich dabei auch stets die Auseinandersetzung mit der Frage inwiefern Hip-Hop-Interpreten rassistische Stereotype bedienen. Besonders der Erfolg von Migrantenkindern in der deutschen Szene wird mittlerweile auch einer Befriedigung gesellschaftlich rassistischer Ressentiments zugeschrieben. Die immer wieder betonten Wurzeln der medial präsenten Rapper bieten gerade den weißen, mitteleuropäisch-stämmigen Hörern und Nichthörern eine breite Projektionsfläche für Ressentiments gegenüber der in der Szene überrepräsentiert Bevölkerungsgruppe. Zumindest solange man sich nicht mit den Brüchen und Inszenierungen dahinter auseinandersetzt. Ich habe das Thema Hip Hop – Männerbild – Stereotype – Rassismus und Antisemitismus vor einem Jahr intensiv beackert und stieß dabei auf viele kritische Rückfragen von Interviewern, Zeitschriften, Onlineprotalen etc.

Bereits 2001 schrieb Martin Büsser das Buch Wie klingt die neue Mitte? und ging darin auf Hip Hop, Pop, Punk, Oi!, NDH und Neofolk ein. Nicht allem was er schreibt stimme ich zu, aber in seinem Rundumschlag graste er das Feld deutlich weiter ab, als nur auf unsere Szene bezogen. Tatsächlich glaube ich, dass diese Vorstellung das es immer gegen uns gehen würde, eben auch aus der Perspektive des Betroffenen kommt und weniger registriert wenn es um andere Szenen geht.

[…] auch die Film-Industrie nimmt den Ernst aus dem Thema.

Wann hat die Entertainment-Industrie dieses Thema denn mal anhaltend ernst genommen? Eine Filmproduktion oder eine TV-Serien sind immer auch darauf ausgerichtet, Geld zu verdienen:
CBS hatte 1965 mit der Fernsehserie Ein Käfig voller Helden die Nazis als die Witzfiguren in eine massenkompatible Serie gebracht und dabei die Shoa weitestgehend unter den Tisch fallen lassen. Davor und danach gab es schon Nazi-Comedy-, Nazi-Porno- (Überwiegend SM) und Nazi-Horror-Filme. Das NS-Regime wurde schon zu seinen aktiven Zeiten als ein Sujet entdeckt, dass man unterfüttern konnte, da das Grauen stets auch genügend Faszination barg. Und heute läuft das gleiche Spiel mit islamistischen Terror Four Lions ist für die Opfer des IS vermutlich eher wenig amüsant. D.h. nicht das ich generell dagegen bin, ich bin mir bis heute unschlüssig darüber was nun die richtige Herangehensweise an solche Themen ist. Ich bin dabei eigentlich gegen die Tabuisierung und anscheinend ist das Bedürfnis über die eigenen Ängste und Gräuel zu Lachen vorhanden. Vielleicht ist es sogar eine gesunde Herangehensweise. Dennoch denke ich, dass auf dieses Lachen etwas erzeugen sollte oder etwas folgen müsste, Etwas das tiefer geht, ins innere greift und Erkenntnisse für die Zukunft, das eigene Handeln birgt. Chaplin hat das 1940 in seinem herausstechenden Nazi-Film, der damals schon versuchte Hitler als Witzfigur darzustellen, versucht.

KlausA
KlausA (@guest_52958)
Vor 7 Jahre

Entschuldige jetzt schon die Masse, aber das ist ein Bogen mit einigen Schlagworten, die mich -wie Dich anscheinend auch- derzeit umtreiben, da schreib ich voraussichtlich verdammt viel…

.Für ihn – und jede nachfolgende Generation – sind die Verbrechen der Nazi-Zeit in unfassbare Entfernung gerückt. Menschen, die dabei waren, gibt es bald keine mehr die Omas und Opas der neuen Generation erzählen von den wilden 50er und 60er Jahren.

Mal die Überlegung allgemein auf unsere Zeit gemünzt und weitergesponnen: Die Besetzung Jerusalems durch die Römer mit Kreuzigungen, Gladiatorenkämpfen, Steinigungen und Hinrichtungen durch Löwen waren enorm Grausam und Brutal und dennoch ist Das Leben des Brian eine hervorragend funktionierende Komödie an der sich höchst noch ein paar radikale Christen, ob der Heiland-Blödelei stoßen. Mit S.P.O.R.-Zeichnungen kann man heute jedenfalls keinen Menschen mehr provozieren. Die Gesellschaft entwickelt sich und das kollektive Gedächtnis kann und will die realen Grausamkeiten solcher Erfahrungen nicht dauerhaft speichern. Am Ende bleibt oft eine verzerrte Comicvariante von totalitären und grausamen Systemen über die -weil sie weit zurück liegen- irgendwann nicht mehr von Bedeutung sind. Wir liegen jetzt etwa 70 Jahre nach den Nazis. In weiteren 70 Jahren ist das Regime sicher noch weniger bedeutsam und in 140 Jahren ist es vielleicht genauso fern wie das Mittelalter, die Kreuzzüge, die Hexenverbrennung etc. Dann ist es einfach irgendein grausamer Teil der ansonsten von Grausamkeiten durchzogenen Menschheitsgeschichte. Wobei wir heute, mit all dem Filmmaterial, eine deutlich bessere Konservierung solcher Gräuel als vor 1000 oder 2000 Jahren haben, aber auch ein Überangebot an realen globalen Schock- und Horrorthemen, woraufhin die Übel dieser Welt zu einer Form gesellschaftlicher Normalität werden, was wiederum in eine Kultivierung eines anhaltenden Angstzustandes führt. Welcher vermutlich einen der größten Zulaufsfaktoren der Rechtspopulisten darstellt.

Selbst ohne die mal mehr, mal weniger gelungenen komödiantischen Aufbereitungen verliert etwas, dass keinen Bezug mehr zum eigenen Leben besitzt seinen Schrecken, insbesondere wenn man jeden neuen Tag mit weiteren alltäglichen Grausamkeiten und Schrecken konfrontiert wird, die eine ganz reale aktuelle Bedrohung abzeichnen. Wie Du es schreibst, die Omas und Opas der nachkommenden Generationen erzählen heute von ihrer Rock-n-Roll- oder Hippie-Jugend, vom Wirtschaftswunder und 4 Knöterich für einen Pfennig anstelle vom Krieg, Inhaftierung und Regimen. Ist deren Jugend nicht vielleicht sogar eine romantischere schönere und attraktivere Vorstellung als es die heutige Jugend erlebt? Meine Generation, ich bin 1977 geboren, nannte man gerade noch Generation X und man schrieb ihr die Weltsicht zu, dass sie glaubte nie etwas bedeutendes neues Schaffen zu können und dass es ihr nie so gut wie ihren Eltern gehen würde. An dieser Erkenntnis hat sich seither für die Jugend nicht viel geändert. Im Gegenteil, die Jugend von heute erlebt einen neuen Tanz auf dem Vulkan, welchen es allerdings für so ziemlich jede Generation gab (Tschernobyl, Irakkrieg, Israelkonflikt, Umweltkatstrophen, Kalter Krieg etc.). Was die heutige Jugend allerdings neu erlebt ist ein Aufwachsen in permanenter Bedrohung der eigenen Existenz da es ein zunehmendes permanentes Informationsrauschen gibt.

Eine Frage die für mich dennoch offen bleibt ist die nach der Pietät im Umgang mit dem Naziregime. Wann sind solche Aufbereitungen weit genug entfernt von der Lebenswelt um sie ohne Bedenken umzusetzen? Was sagen wohl die letzten noch lebenden Holocaustüberlebenden zu Das Leben ist Schön? Was sagen die Kinder der Holocaustüberlebenden dazu? Was z.B. der Schöpfer von Maus, Art Spiegelman, von der Oscarvergabe an diesen Film hält machte er ohne große Worte deutlich (Klick).

Das in jungen Generationen dies Regime und seine Kennzeichen weiterhin dafür herhalten können um mit Gesten und Symbolen zu polarisieren erscheint mir nur eine Frage der Zeit. Irgendwann ist auch das vermutlich völlig Wumpe. Wenn ein paar Kids heute noch glauben dass sie ihren Lehrern, Eltern oder Mitschülern auf den Wecker gehen können wenn sie den rechten Arm heben; bitte kindischer provokanter Schwachfug, solange sie nicht der Ideologie folgen, ist da zwar Gesprächsbedarf vorhanden aber solange es nur Provokation ist, vermutlich nicht so wichtig, wie andere Themen der heutigen Zeit. Und auch nicht neu: Malcolm McLaren verteilte Hakenkreuzarmbinden zu einem Pistols-Konzert und die meisten anwesenden Punks zogen sie an. Daher hatte Siouxsie Sioux ihre Armbinde, die sie noch eine Weile immer mal wieder zur Schau stellte. Das war in der Ursache blanke Provokation. Sids Shirt war blanke Provokation. Es gab bei den meisten keinen tiefen Inhalt dahinter, wenn überhaupt einen zutiefst nihilistischen, es war nur der Wunsch all jenen möglichst übel aufzustoßen, die so taten als dürfte man nicht über das Nazi-Regime und den Krieg sprechen. Und wenn heute Kids genau damit Erwachsene provozieren –und es auch immer noch funktioniert- ohne dass sie dahinter einen politischen Wert sehen, hat sich anscheinend auch in der Hinsicht seit 40 Jahren nicht viel verändert. Klar Gesprächsbedarf ist da, schon allein da es das Recht der Jugend ist den Erwachsenen zu provozieren und es Aufgabe der Erwachsenen sein sollte hier die nötige Reibungsfläche zu bieten. Persönlichkeitsentwicklung findet nunmal im Jugendalter auch über Provokation und Auseinandersetzungen statt. Womit sind wir unseren Eltern und Lehrern entgegengetreten? Wann haben wir als Jugendliche Dinge getan, nicht aus Überzeugung, sondern nur um zu provozieren? Ich erinnere mich z.B. daran, dass ich mit etwa 12 oder 13 im Reli-Unterricht das Logo der RAF gezeichnet hatte und meine Lehrerin völlig darauf ansprang. Ich hatte keine Ahnung von der RAF, ich fand das Logo cool und wusste, dass es Leuten übel aufstößt, mehr nicht.

Wir werden uns allerdings immer wieder des Themas der dahinterliegenden Ideologie annehmen müssen. Und da stimme ich Dir insofern zu, dass in Anbetracht des großen Zulaufs rechtspopulistischer Sprücheklopfer, deren Aussagen häufig bar eines nachhaltigen Realitätsbezuges sind, in dieser post-faktischen (welch ein Unwort) Kulturphase die Auseinandersetzung mit den Realitäten, Ursachen und Folgen totalitärer Regime, geboten ist. Wenn aber die Wirklichkeit in diesem post-modernen Informationszeitalter aufgrund der Unschärfe und Informationsfülle schon nicht mehr als solche Akzeptiert wird, müssen vielleicht neue Strukturen der Wahrheitsfindung und Wissensvermittlung generiert werden. Wobei ich glaube, dass der Blick in die Vergangenheit zwar wichtig ist, aber der Blick auf die Gegenwart deutlich bedeutsamer sein müsste. Rechtspopulisten haben Zulauf, weil sie aktuelle Wünsche und Ängste ansprechen, an diese muss man herangehen und diese muss man mit den gegenwärtigen und zukünftigen Realitäten und Chancen konfrontieren. Wobei ich auch anfügen muss, dass es unwahrscheinlich ist, dass Trump, Petry oder Le Pen uns ein Neuauflage des NS-Regimes bescheren würden. Die AfD ist nicht die neue NSDAP, sie wollen nicht die Demokratie abschaffen. Diese Heute Die morgen Du Sprüche greifen da in Wirklichkeit nicht. Der von solchen Populisten gepflegte Nationalismus zielt zwar auf ein äußerst rassistisches, anachronistisches Gesellschaftsbild, aber kaum auf ein totalitäres Regime. Solche rechtspopulistischen Nationalisten streben eher die Rückkehr des demokratischen Nationalstaates von vor 35 Jahren, in Abgrenzung zur ökonomisch und sozial globalisierten Welt, an. Was die gerne hätten ist die unmögliche Kehrtwende in dem unumkehrbaren Prozess der Globalisierung auf die vermeintlichen Kosten des generalisierten -möglichst entfernten- Anderen, also auf Kosten der Menschen die nicht-weiß, nicht-heterosexuell, nicht-männlich, nicht-christlich-sozialisiert, nicht-erste-Welt-Bevölkerung sind, und damit ziehen sie Stimmen. Dass das von ihnen gebaute Luftschloss nicht funktionieren wird, ohne einen Rückzug aus dem internationalen Handel und damit einer ökonomischen Isolation, was auch eine massive Schwächung des eigenen Wirtschaftsstandorts inklusive einer Schwächung des Sozialsystems bedeuten würde, sollte eigentlich jedem bei näherer Betrachtung klar werden. Gerade in der Vorbereitung für kommende Wahlen finde ich da den Hinweis auf die aktuellen Entscheidungen der gewählten Rechtspopulisten ziemlich bedeutend: Trump rudert jetzt schon bei vielen seiner Wahlkampfaussagen, gerade was Ökonomie, Ausweisungen etc. angeht zurück. Die isolationistischen Vorstellungen welche Rechtspopulisten postulieren sind ja kaum umsetzbar ohne das eigene Volk in eine drohende Wirtschaftskriese zu stürzen. Der ganze Import-Export-Handel würde darüber deutlich abnehmen und der macht einen Großteil des nationalen Wohlstands der Erste-Welt-Länder aus. Auch der neuen britischen Regierung geht seit dem Brexit die Muffe und sie versuchen seither eine Art EU-light für sich zu installieren um da noch halbwegs glimpflich raus zu kommen.

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