Es dürfte den regelmäßigen Lesern nicht entgangen sein, dass es ruhig geworden ist im Blog. Eigentlich ist es nicht meine Art einen Abwesenheitsartikel zu verfassen, denn ich selbst finde das schrecklich und überflüssig. Entweder man schreibt, oder man schreibt eben nicht. Ich möchte diesen Artikel zum Anlass nehmen, etwas von Träumen zu schreiben, von guten Freunden und unerwarteter Hilfe.
Ich bin ein Spätzünder und das in jeder Hinsicht. Ich habe Jahre gebraucht um mich selbst zu finden und bin Träumen hinterhergelaufen, die unrealistisch und unmöglich erschienen. Kompromisse, so dachte ich, gehören zum privaten Leben dazu. Kompromisslosigkeit erschien mir egoistisch. So blieb es bei Träumen von der perfekten Wohnung, von einem Refugium, das ganz und gar den eigenen Ansprüchen, Vorstellungen und Wünschen entspricht. Kleine Schritte wurden erkämpft und mündeten in einem Zimmer, einem Raum. Ein Rückzugsort im Rückzugsort. Falsche Klischeevorstellung bremsten den Drang zusätzlich, was ich als schön und ästhetisch empfand, wurde als kitschig und lächerlich abgestempelt. Ich bin 37 und endlich richte ich eine Höhle so ein, wie es mir gefällt. Nennt mich einen Spätzünder.
„Man muss erst herausfinden, dass es auch anders geht.“ sagte eine gute Freundin zu mir. Und so utopisch das für mich klang, ich habe es herausgefunden und das in jeder Hinsicht. Seit ein paar Wochen renovieren wir eine gemeinsame Höhle voller Gemeinsamkeiten, verbringen viel Zeit in Einrichtungshäusern, Baumärkten um nach den schwarzen Perlen zu tauchen. Die einzigen Kompromisse sind dem Geldbeutel geschuldet.
Der Weg ist das Ziel?
Nicht für mich. Am liebsten würde ich mit dem Finger schnippen und alles ist wie von Geisterhand fertiggestellt. Blöd nur, dass die Realität anders aussieht. Wände und Decken streichen sich nicht von allein und defekte Heizungsrohre, die während der Renovierungsarbeiten entdeckt werden, werfen Zeitpläne schonungslos zurück. Erschwerend hinzu kommt, dass ich zwar ein ausgeprägtes Helfer-Syndrom habe, es mir aber schwerfällt, selbst nach Hilfe zu fragen. Glücklicherweise gibt es Menschen, die das wissen und entsprechende schonungslos ihre Hilfe anbieten. Ein überraschender Telefonanruf brachte unerwartete Hilfe:
„Sag mal, kommst du am Freitag?“
„Ich weiß noch nicht, ich wollte eigentlich am Wochenende streichen um muss noch alles abkleben.“
„Du renovierst? Prima, dann kann ich mich endlich mal revanchieren. Wann soll ich kommen?“
„Ähm…“
„Okay, dann also am Sonntag Mittag.“
Widerstand zwecklos. Ich bin dann tatsächlich nicht der Einladung zum Freitag Abend gefolgt, sondern habe den örtlichen Baumarkt besucht, um mich mit entsprechenden Materialien einzudecken. Ich habe angefangen auszuräumen, zu demontieren und abzukleben. Samstag dann eine wiederum überraschende E-Mail mit sinngemäßem Inhalt:
„Stefan hat mir gestern erzählt, dass du renovierst. Ich habe mir gedacht, eine fünfte Hand kann man immer gebrauchen, wenn du nichts dagegen hast, sehen uns dann Sonntag Mittag. Viele Grüße, Marco.“
Wer jetzt schwarze Wände erwartet hat, wird enttäuscht. Das passt einfach nicht zum Ambiente der Räume, die gestrichen wurden. Ich glaube, ohne Hilfe hätte ich sicherlich doppelt so lange gebraucht und wäre nur halb so zufrieden gewesen. Ich hatte die Hilfe ehrlich gesagt nicht erwartet, denn ich bin nicht der Typ, der sich wirklich aufopfernd für die Pflege seiner Freundschaften einsetzt. Manchmal melde ich mich wochenlang nicht und bin auf Menschen angewiesen, die das ebenso unverkrampft sehen wie ich. Dankeschön.
Schwarzes Licht am Ende des Tunnels
Aus Kreidezeichnungen wird Realität und aus Träumen Wirklichkeit. Schritt für Schritt, denn eine Wohnung wächst mit seinen Bewohnern. Es ist erstaunlich, wie die Kompromisslosigkeit und Detailverliebtheit ein völlig neues Ambiente schaffen. Ein Freund, der half ein Sofa durch das Treppenhaus zu wuchten, sagte: „Komisch, es ist die gleiche Wohnung, aber sie hat eine völlig neue Aura.“ Zu esoterisch? Vielleicht ist auch das wieder eine Klischeevorstellung, von der man sich lösen muss. Denn was man fühlt ist eben manchmal kitschig und könnte der Vorstellung einer Gruftie-Wohnung näher kommen, als es der Verstand zulassen möchte. Erlaubt ist, was gefällt. Kompromisse sind doof.
Die Zeit kommt zurück und vielleicht kehrt auch bald wieder genug Ruhe ein, um Spontis mit frischem Wind zu versorgen, damit dieser Blog schnell wieder Fahrt aufnimmt. Abwesenheitsartikel sind nicht meine Stärke, ich mag sie einfach nicht.
Spätestens da wurde der Eindruck, dass ich das in der Zukunft sein könnte bestätigt *g*
Ich finde es schön, dass du endlich den Mut gefunden hast, dich kompromisslos auszuleben, denn das sollte in den eigen vier Wänden immer möglich sein, wo man sich doch schon im Alltag immer ein wenig unterordnen muss.
Diese Angst als „Klischeetrulla“ ö.Ä. bezeichnet zu werden, kenne ich sehr gut. Genauso wie die Träumerein, nach einer perfkten Behausung ohne Kompromisse (ich lebe bei den Eltern und kann mich noch nicht so austoben wie ich es will), die Außenstehenden auch gerne als banal erscheinen, obwohl doch ein zu Hause mehr als nur ein Dach über dem Kopf ist.
Auch zu dem Einsatz deiner Freunde kann ich dich nur beglückwünschen. Ich denke manchmal, dass das nicht so selbstverständlich ist, wie man meinen könnte und wenn man dann noch ganz spezielle Vorstellungen hat, könnte es vielleicht noch schwieriger werden?!
Wie dem auch sei: Viel Glück in der neuen Wohnung! Ich würde sagen, wir Blogleser packen denn mal unseren Kram zusammen – PARTY BEI ROBERT, YIIEHA!
Spätzünder? Hier! Ich auch – ich bin immerhin kurz über die 30 und drück mit 18-jährigen Mädels nochmal die Schulbank *lach* – auch wenns einem immer irgendwie mal komisch zumute ist bei sowas – besser spät als nie. Es nutzt nichts sich einen Kopf zu machen weil man mit gewissen Dingen erst *später* auf den Trichter gekommen ist, wichtig ist daß man den Trichter überhaupt findet :) – und auch den Mut hat sein Ding durchzuziehen und drauf Sch***en kann was Andere davon halten.
Aber mal ehrlich – ein Leben auf geraden Bahnen und ohne Stolpersteine wäre irgendwie auch wieder langweilig.
Würde man mir die Möglichkeit einräumen, die Zeit zurück zu drehen und von Anfang an alles anders machen, ich würde dankend ablehnen. Das Leben kann mittendrin ein ziemlicher Sausack sein, aber es gibt uns mit solchen Umleitungen auch Erfahrung mit die wertvoll sind.
Vielleicht ist das jetzt auch übers Ziel hinausgeschossen und reichlich „esoterisch“ ;) – aber Du verstehst es sicher :) – das unbestimmte Gefühl daß sich bei Dir grade einiges ändert hat sich wohl irgendwie bestätigt …
Die Detailbilder der Wohnung sehen super aus – würd ich mich wohl auch wohl fühlen ;) – in diesem Sinne wünsche ich Dir alles Gute in der neu gestalteten Wohnung!
Und: Mut zum Klischee ;) – das kann unglaublich witzig aber auch sehr befreiend sein. Ich zB hab schwarze Handtücher und schwarzes Geschirr – weil ichs schön find und andereseits auch immer wieder über mich schmunzeln kann wenn ich meine Pizza aus dem Ofen auf den schwarzen Teller verlade :D
Was das „wochenlang nicht melden“ angeht – bin ich genauso. Leute die ich als Freunde bezeichne sind auch für mich solche, die damit klar kommen daß ich beim Kontakt gelegentlich mal sehr lahm sein kann. Im Endeffekt sortierten sich so die Personen aus die sich dann später auch nicht gerade als Freunde entpuppten.
Ah, falls Du für sowas offen bist: besorg Dir ein wenig Weihrauch und Kohle, such Dir was womit Du das Zeug im glimmenden Zustand transportieren kannst und lauf damit einmal die Runde durch die Wohnung, besonders die Zimmerecken nicht vergessen. Das putzt energetisch nochmal durch ;) – falls Spuren negativer Emotionen irgendwo noch dumm herumhängen sollten :)
wow du hast ja echt nette Freunde.. und besser spät als nie. Und mit dem Schreiben, solche Erfahrungen sind doch viel schöner und wichtiger als Bloggen! Hoffentlich wird alles so, wie du es dir erträumt hast.
LG Tina
Hi!
Das mit der Wohnung ist toll –
herzlichen Glückwunsch! :)
Meine Traumwohnung existiert derzeit
leider nach wie vor immernoch nur in
meinem Kopf. Schwarzhumorig soll es bei
mir sein, gruftig und schräg – mit Puppen am
Strick, die von der Decke baumeln, Kindersarg
in der Wohnzimmerecke und witzigen Schildern.
( zB für die Eingangstür: Caution – strange people
crossing… ) Dazu Wände in kräftigen Farben und
ausschließlich schwarze Möbel. Und natürlich
viel Gedöns ( Kunstrosen, Kerzenständer,
Totenköpfe, Bla ), das Bad ganz in schwarzweiß…
Hachja… *träumz*…
Ich gehöre übrigens auch zu den Menschen,
die sich oft wochenlang nicht bei ihren
Freunden melden. Ich brauche sie einfach nicht
immer um mich herum und kann auch mal
eine Weile ganz glücklich mit mir alleine sein
und vor mich hinwerkeln ( zB am PC – gerade
dort versinke ich oft regelrecht in dem, was ich
tue und vermisse dann gar nichts. An manchen
Tagen bin ich durchaus auch nerdy ).
Und irgendwann kriege ich dann wieder den
Rappel und ich denke mir: Was macht
eigentlich… ? ;)
@ Rosa: Mir könnte es bald ähnlich gehen wie
Dir – ich strebe zunächst ein paar Praktika an
und später eine Ausbildung. Und ich bin auch
schon 31, auch mein Lebenslauf ist nicht perfekt.
Wichtig ist nur, daß man sich selbst treu und
im Kopf jung bleibt! :)
Dunkle Grüße !
Melle