Der Schatten des Verlusts: Zum Todestag von Ian Curtis

Es gibt Tage, die tiefe Spuren in der musikalischen Geschichte hinterlassen. Tage, an denen die Welt der Musik einen großen Verlust erleidet und das kollektive Grufit-Herz in Trauer ertrinkt. Am 18. Mai 1980 verließ uns ein Mann, dessen Einfluss auf die Musikwelt noch immer stark spürbar ist. Vielen Bands, die nächste Woche beim Wave-Gotik-Treffen in Leipzig zu hören sind, ist dieser Einfluss anzuhören. Ian Curtis, der charismatische Frontmann der legendären Band Joy Division, hinterließ nicht nur ein beeindruckendes musikalisches Erbe, sondern auch eine unvergessliche persönliche Geschichte, die bis heute fasziniert.

Es ist schwierig, über den Tod von Ian Curtis zu sprechen, ohne die Dunkelheit zu berühren, die ihn umgab. Seine Texte und seine einzigartige Art, sich auf der Bühne auszudrücken, vermittelten ein Gefühl der Verzweiflung und der Kämpfe mit inneren Dämonen. Seine tiefgreifenden, poetischen Worte drangen direkt in die Seelen seiner Zuhörer ein und berührten sie auf einer emotionalen Ebene, die kaum jemand sonst erreichen konnte.

Als charismatische Figur auf der Bühne schien Curtis zu leben und zu atmen, um den Menschen seine tiefsten Gefühle zu vermitteln. Doch hinter den grellen Lichtern und dem frenetischen Jubel der Fans verbarg sich ein Mann, der mit eigenen Ängsten und Unsicherheiten zu kämpfen hatte. Die bipolare Störung, von der er betroffen war, fügte seiner inneren Dunkelheit eine weitere Schicht hinzu. Seine Kämpfe wurden zu einem zentralen Thema in seiner Musik und ließen die Menschen an seinen Qualen teilhaben.

Der 18. Mai 1980 markierte den tragischen Höhepunkt dieser Kämpfe. An diesem Tag nahm sich Ian Curtis das Leben, und die Musikwelt wurde um einen ihrer hellsten Sterne beraubt. Sein Tod war ein Schock für seine Familie, Freunde und natürlich für die treuen Fans, die in seiner Musik Trost und Verständnis fanden. Joy Division wurde von diesem Verlust zutiefst erschüttert und löste sich kurz darauf auf, um als New Order wiederaufzuerstehen. Doch der Schatten von Ian Curtis blieb bestehen und ließ die Menschen über Generationen hinweg weiterhin seine Musik entdecken und schätzen.

Heute, an diesem Tag, erinnern wir uns an Ian Curtis nicht nur als talentierten Musiker, sondern als Mensch mit einer zutiefst berührenden Geschichte. Wir gedenken eines Mannes, der es wagte, seine Ängste und innersten Kämpfe auf der Bühne auszudrücken und dadurch unzählige Menschen in ihren Herzen berührte. Wir reflektieren über die Wichtigkeit der psychischen Gesundheit und den Umgang mit inneren Dämonen, die viele von uns plagen können.

Der Todestag von Ian Curtis ist ein Moment des Innehaltens und der stillen Anerkennung. Es ist ein Tag, um die Verletzlichkeit des menschlichen Geistes anzuerkennen und Mitgefühl für jene zu zeigen, die mit ähnlichen Kämpfen zu kämpfen.

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Red
Red (@guest_62697)
Vor 11 Monate

Sehr berührend geschrieben und toll zusammengefasst. Habe einen Kloß im Hals. Wird mal wieder Zeit „Control“ zu schauen.. die Musik ist unvergänglich. Genau wie seine Persönlichkeit.

John Doe
John Doe(@arno-siess)
Antwort an  Red
Vor 10 Monate

Ich habe mir gestern Abend die Doku angesehen, die in dem Artikel verlinkt ist. Die fand ich hochinteressant und echt berührend.
Erschreckend, wie alleine und verloren Curtis im Endeffekt war, niemand aus seinem Umkreis hat das bemerkt. Vielleicht wollte es damals aber auch niemand bemerken. Wenn ich die Reaktionen seiner ehemaligen Bandkollegen in der Doku richtig interpretiere, dann ist da wohl schon ein gutes Stück an schlechtem Gewissen dabei.

Gruftwurm
Gruftwurm(@christian)
Editor
Antwort an  John Doe
Vor 10 Monate

Stephen Morris erwähnte in einem Interview, das es in den 70er eine Art Stigma gab. Es galt als Schwäche zu sagen, das etwas mit einem nicht stimmt.
Das die Band recht blind gegenüber seinen Problemen war, soll lt. einem Interview auch nicht ganz richtig sein. Wochen vor seinem Tod hätten sie versucht, Curtis mit Musik zu heilen und haben gemeinsam Songs geschrieben, wobei auch Ceremony entstand. Laut Sumner wollte man ihm zeigen, das eine großartige Zukunft vor ihm liegt. Aber leider hat das nicht geklappt.
The ‚two personas‘ of Ian Curtis: Joy Division mark anniversary of bandmate’s death | CNN

John Doe
John Doe(@arno-siess)
Vor 10 Monate

Ist off-topic, aber leider nicht minder traurig. 😞
Andy Rourke, der Bassist der „Smith“, ist an Bauspeicheldrüsenkrebs gestorben.
Er durfte gerade einmal 59 Jahre alt werden.
RIP!

Gruftwurm
Gruftwurm(@christian)
Editor
Antwort an  John Doe
Vor 10 Monate

Das habe ich auch heute erfahren. RIP Andy Rourke.

Yttrium
Yttrium(@yttrium)
Vor 10 Monate

Mitgefühl für attraktive, charismatische, artikulierte Menschen mit psychischen Erkrankungen haben die allermeisten Leute, das ist keine großartige Leistung. Gern wird das dann auch romantisiert, wie im Fall von Ian Curtis, weil er ja eine fabelhafte Projektionsfläche bzw. Identifikationsfigur abgibt. Und wenn diese Fantasie, dieses aus Versatzstücken bestehende Phantom weit weg ist (und noch weiter weg als tot geht ja nicht) ist das sogar noch besser, weil man da nicht einmal mehr mit den tatsächlichen, konkreten negativen Auswirkungen psychischer Krankheiten konfrontiert wird.

Nennt mich meinetwegen zynisch oder verbittert, aber ich bin ziemlich sicher, dass die Hälfte der Menschen, die Ian Curtis betrauern, einen großen Bogen um die streng riechenden Säufer vom Bahnhofsvorplatz machen. Und von der Rentnerin im Bus, die rassistische Parolen schreit, wird sich ebenfalls unauffällig weggesetzt. Deren psychische Krankheiten sind nämlich nicht attraktiv genug und sie können kein Talent oder sonstwas als „Ausgleich“ vorweisen. Da sind dann auch keine hübschen, aber hohlen Phrasen gefragt, auch kein „Mitgefühl“ oder „Verständnis“, sondern ganz pragmatische Sachen wie Geld für Sozialarbeit und bessere medizinische Versorgung.

Also nehmt einen Fuffi (oder was ihr grad erübrigen könnt) in die Hand und spendet an eine Organisation nach Wahl, damit hilft man viel mehr als wenn man daheim sitzt und melancholische Musik hört. Ist grad sowieso Mental Health Awareness Week, das passt also hervorragend. ;)

Yttrium
Yttrium(@yttrium)
Antwort an  Robert
Vor 10 Monate

Das, was wir von Herrn Curtis‘ Erkrankung mitbekommen, wird durchaus als „attraktiv“ präsentiert, ja. Er muss ja wohl auch öfter unangenehm laut und aggressiv geworden sein, was die Fans natürlich nicht stört, weil sie das nicht sehen.

Und natürlich ist Rassismus keine psychische Erkrankung. Aber situationsunangemessenes Verhalten kann ein Sympton für eine sein. Wenn ein Nazi zusammen mit seinen Nazi-Kumpels auf einer Nazi-Demo Nazi-Parolen brüllt ist das z.B. situationsangemessen, wenn auch falsch.

Wenn jemand Trost in Musik und Kunst sucht und findet – von mir aus. Das kann ja dann auch Beethoven oder Andrea Berg sein. Find halt nur den damit verbundenen Promi-Kult sehr seltsam. Dieses Konzept der parasozialen Beziehung ist in meinen Augen einfach recht strange. Kommt mir immer wie ein schaler Ersatz für echte Beziehungen vor.

Red
Red (@guest_62708)
Antwort an  Yttrium
Vor 10 Monate

Leider gibt es Erkrankungen, die nur sehr schwer zu behandeln sind. Die bipolare Störung gehört dazu. Durch die extremen ups and downs eben. Die medizinische Versorgung war in dem mir vertrauten Fall gegeben, ebenso Fürsorge, Liebe und keine monetären Probleme. Trotzdem gab es keine Heilung und Rettung. Ich persönlich fürchte mich vor schreienden und ausfällig werdenden Menschen. Habe zu lange verbale und körperliche Attacken aushalten müssen. Das ist wohl mein Trigger.

Gruftwurm
Gruftwurm(@christian)
Editor
Vor 10 Monate

Ian Curtis ist schon etwas wie ein Idol für mich, denn mit der Musik von Joy Division habe ich mich oft Verstand gefühlt. Nicht nur seine psychischen Probleme, auch die gesundheitliche Situation mit der Epilepsie und die daraus resultierten Nebenwirkungen und die Eheprobleme im Zusammenhang mit der Affäre, zogen ihm immer mehr den Boden unter den Füßen weg.
Ich erlaube mir etwas offener zu sein, habe in der Vergangenheit selber mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen gehabt, was mich auch psychisch sehr runter zog und kein Licht mehr am Ende des Tunnel gesehen habe. Vielleicht konnte ich mich deshalb mit der Musik auch gut identifizieren und hineinfühlen, auch wenn die Lebenssituation verschieden sind.
Jedes Jahr an seinem Todestag schaue ich mir Control an, so war es auch gestern wieder. Der Film bewegt mich wirklich jedes mal aufs neue. Sam Riley als Ian Curtis spielt hier seine Rolle wirklich sehr glaubwürdig. Die schwarz-weiß Ästhetik in dem Film vermittelt ein gutes Lebensgefühl des Auf- und Umbruch im tristen Manchester. Zusätzlich die Auftritte und kraftvolle Musik mit ihren melancholischen Texten von Joy Division und die schauspielerische Darbietung und das Abdriften Curtis in seine innere düstere Welt, macht den Film fast zu einem Meisterwerk.
Ich möchte behaupten das Joy Division und Ian Curtis mit ihrer emotionalen Musik schon etwas einzigartiges geschaffen haben. Wie selbst Robert Smith von The Cure es ausdrückte:
„Ich erinnere mich, dass ich ‚Closer‘ zum ersten Mal hörte und dachte: ‚Ich kann mir nicht vorstellen, jemals etwas so kraftvolles wie dieses zu machen. Ich dachte, ich müsste mich umbringen, um eine überzeugende Platte zu machen’“.
Falls wer das Buch Touching from a Distance (Aus der Ferne..) geschrieben von seiner Frau noch nicht gelesen haben sollte, ich kann es nur empfehlen.
Jedenfalls habe ich mich sehr über diesen Artikel hier gefreut und dieser ist wirklich sehr bewegend geschrieben. Vielen Dank!

Red
Red (@guest_62707)
Vor 10 Monate

Ich romantisiere psychische Erkrankungen keineswegs, war im familiären Umfeld selbst betroffen und Jahr um Jahr wurde es schlimmer. Was mir den Arsch gerettet hat: Musik. Ja, auch und vor allem düstere, melancholische. Dies ist und war ein großer Teil meines Lebens.

Tanzfledermaus
Tanzfledermaus(@caroele74)
Antwort an  Red
Vor 10 Monate

Ich habe leider auch familiäre Erfahrungen damit: einen psychisch kranken Vater, der sich zusätzlich mit Alkoholmißbrauch jeglichen Realitätssinn zerstört hat (und am Ende auch seine Gesundheit und sein Leben). Meine Schwester hatte auch jahrelang heftige Probleme incl. (zum Glück missglückten) Suizidversuch. Daher bin auch ich weitab davon, solche Erkrankungen zu romantisieren. Musik hat mir schon immer Halt gegeben, und ganz besonders die melancholischen Klänge.

Auch wenn ich Yttriums Vorwurf insofern nachvollziehen kann, dass Personen im Rampenlicht mit psychischen Erkrankungen oft eher toleriert werden als betroffene „Underdogs“, ist das aber auch eine Form von Schwarzweißdenken.
Es gibt so viele Menschen dazwischen, die scheinbar ein normales Leben führen, weder berühmt sind noch am Rande der Gesellschaft angekommen, die psychische Probleme haben. Die werden noch weniger wahr- oder ernstgenommen als durch Bekanntheit oder sichtbare Verwahrlosung Betroffene. Aber vielleicht ist das vielen auch recht so, wohingegen andere bewusst offen damit umgehen um Akzeptanz oder Hilfe zu bekommen.
Das kann man schwer über einen Kamm scheren und auch der Vorwurf einer Romantisierung der Erkrankung Prominenter finde ich nicht wirklich angebracht. Das mag für einige wenige zutreffen, aber meist rückt dann doch mehr das Schaffen der Personen in den Vordergrund, mt dem man sich identifiziert, als mit der Person an sich.

Und wenn jemand ebenfalls psychische Probleme haben sollte, findet er durch künstlerische Betätigung oder eben durch das Genießen der Kunst vielleicht auch einen Kanal, um sich auszudrücken, vieles raus zu lassen und dadurch ein Ventil und Erleichterung zu bekommen….

Letzte Bearbeitung Vor 10 Monate von Tanzfledermaus
Gruftwurm
Gruftwurm(@christian)
Editor
Antwort an  Tanzfledermaus
Vor 10 Monate

Selbst als nahestehende Person mit betroffenen psychisch erkrankten Familienmitglieder muss das sehr hart sein. Die Hilflosigkeit und mit anzusehen, wie in deinem Fall der eigenen Vater sein Leben durch Alkohol zerstört oder die eigene Schwester leidet und sich zu so einem Schritt entscheidet. Das ist selbst für einen selber nur schwer zu verkraften und hinterlässt seine Spuren. Weiß nicht, wie man da auf die Idee kommen sollte, Erkrankungen zu romantisieren. Jedenfalls meinen großen Respekt an Dich. Solche Erfahrungen sind prägend für das Leben.

Und wenn jemand ebenfalls psychische Probleme haben sollte, findet er durch künstlerische Betätigung oder eben durch das Genießen der Kunst vielleicht auch einen Kanal, um sich auszudrücken, vieles raus zu lassen und dadurch ein Ventil und Erleichterung zu bekommen….

Das kann ich nur bestätigen. Bei mir ist es die Fotografie, womit ich versuche meine inneren Gedanken und Gefühl auszudrücken. Gleichzeitig ist das kreative gestalten und die Arbeit wie ein Ventil, ablassen von negativen Gedanken und das versinken in eine andere Welt, um einfach mal aus dieser täglichen Routine und Realität zu verschwinden.
Das gleiche gibt mir auch die Musik und besonders melancholische Klänge, wo ich mich einfach wohl fühle und man sich manchmal fallen lassen kann. Dabei entstehen oft auch viele neue Ideen für Bilder und ich habe dadurch meine depressiven Stimmung besser im Griff und nur noch selten böse Gedanken.

Auch wenn ich Yttriums Vorwurf insofern nachvollziehen kann, dass Personen im Rampenlicht mit psychischen Erkrankungen oft eher toleriert werden als betroffene „Underdogs“, ist das aber auch eine Form von Schwarzweißdenken.

Stimme ich Dir zu, wobei öffentliche Personen wie Curtis nie groß im Rampenlicht stehen wollten. Als der Ruhm um Joy Division größer wurde, wollte Ian die Band verlassen. Anderes Beispiel ist Kurt Cobain, der ebenfalls nie diesen Ruhm gesucht hat und letztlich auch daran zerbrach.
Ich finde den Vorwurf der Romantisierung und Bevorzugung von Personen des öffentlichen Leben etwas zu oberflächlich. Vielleicht mag es auch in bestimmten Fällen zutreffen, aber die Gesellschaft konnte dadurch vieles lernen. Lange Zeit waren Depression oder psychische Erkrankungen ein Tabu-Thema. In der heutigen Zeit wird mehr darüber geredet und es finden Aufklärungen statt.
Ich glaube auch nicht das viele Menschen Personen wie Ian Curtis mit psychische Erkrankungen romantisieren, sondern sich einfach in der Musik und Texte verstanden fühlen, als es vielleicht ihr Umfeld kann. Und für manche von denen mag es, wie von Dir angesprochen ein Ventil sein.

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