Konzertbericht DAF + No More

Wie ich bereits völlig euphorisch in diesem Artikel berichtet habe, besuchte ich am Donnerstag Abend das Konzert im Duisburger Pulp. Ich war gespannt ob No More als Vorgruppe von DAF das Publikum begeistern konnten, denn obwohl ihre Musik irgendwo miteinander verwandt ist, unterscheidet sie sich jedoch grundlegend voneinander.

Pulp, Donnerstag 18.03.2010 – 19:35: Als Tina Sanudakura und Andy Schwarz die Bühne betreten finden sich einige Leute vor der Bühne ein, wobei sie auch die Fans von DAF sehr offen für die Kieler Band zeigten. Nach einem sehr kühlen und sphärischem Auftakt mit The Kores of Stockholm vom neuen Album Midnight People & Lo-Life Stars ist das Publikum zunächst verwirrt, den entgegen der sehr energetischen Musik von DAF mag dieses Stück nicht so recht in das vorgefertigte Bild eingestandener DAF-Fans passen.DAF im Pulp 2010

Mit Dim the Lights wenden sie sich einem Klassiker zu, der aber in der elektronischen Instrumentierung und zurückhaltenden Darbietung seine Energie nicht vollständig ausspielen kann. Das Stück Midnight People & Lo-Life Stars hat mir bereits in der Album-Version gut gefallen und animiert das Publikum zu vorsichtigen ersten Reaktionen. Das hypnotische A Rose is a Rose das mit dem Stück Waiting for the Man einen Spannungsbogen mündet im Stück, das die meisten kennen Suicide Commando, das immer noch ein Klassiker ist und in dem leicht modifizierten Originalsound erstaunlich gut klingt.
Sunday Mitternacht, das man als Singleauskopplung des neuen Albums wählte, bringt der „neuen“ Sound der Kieler auf den Punkt. Synthieteppiche zu eingehenden Hook-Lines heben den Sound der Kieler in ein neues und angenehmes Gewand der Retro-80er, das unaufdringlich und zeitgemäß klingt. Mit Teenage Years beendet No More sein solides Set, das nur unter dem zu intensiven Einsatz des Theremin gelitten hat, aber bei einige Neuhörern einen guten Eindruck hinterlassen hat.

Nachdem man die Bühne von allem störenden befreit und mit unzähligen Wasserflaschen bestückt hat, betreten DAF im nun vollen, aber nicht überfüllten Pulp die Bühne und machen mit ihrem ersten Stück Verschwende deine Jugend gleich alles richtig. In den ersten Reihen wird fleißig gepogt während sie Gabi Delgado langsam aber sicher in Stimmung artikuliert. So eröffnet man ein Konzert. Ich und die Wirklichkeit beruhigt die erhitzten Gemüter, Delgado nutzt die Wasserflaschen um seinen Kopf , seine Kehle und das Publikum zu kühlen. Delgado wirkt angeschlagen, offenbar zollen vorangegangene Konzerte ihren stimmlichen Tribut, Robert Görl von dem – wie zu erwarten – außer eines hämmernden Schlagzeuges nicht viel zu hören und sehen ist.

An DAF scheiden sich die Geister, entweder man findet sie gut oder scheiße, dazwischen gibt es nicht viel. Dem Publikum und mir ist es egal, die Mischung aus allen Facetten der schwarzen Szene von den die meisten wohl Ü-30 sein dürften ist begeistert und gibt ihr Bestes, was mit dem Mussolini honoriert wird.  Nach Ich Will und Muskel entschuldigt Delgado für das Versagen seiner Stimme, schont sich aber trotzdem nicht und ist sichtlich begeistert vom Publikum und treibt sich weiter voran.

Nach Rote Lippen das pulsierend und fordernd in die Menge schallt folgt ein überraschendes Mashup aus Sheriff (Text) und Osten währt am längsten (Song). Als die beiden Lieder Sato-Sato und Mein Herz macht Bum mein Ohr erreichen wächst in mir das Gefühl, dem 81er Album Alles ist Gut gegenüberzustehen, die es schaffen alle in längst vergangene Zeiten zu versetzten. Man wird das Gefühl nicht los, das sich Publikum und DAF ausgezeichnet verstehen, obwohl am Sound noch deutlich gearbeitet werden muss, ein schrecklich störendes Summen der Lautsprecher ist mehr 1981 als mir lieb ist, außerdem hätte man den Lautstärkeregler gerne noch etwas höher drehen dürfen um die während des Konzerts quatschenden Mädels neben mir ruhig zu stellen. (Ich habe mich später entschlossen die beiden ätzenden Unmöglichkeiten durch heftige Tanzbewegungen aus meinem Dunstkreis zu verbannen). Alles Lüge, stimmt nur für die Bühne, denn mit Als wärs das letzte mal schließt der Albumkreis und beendet zunächst das Konzert.

Die unvermeidliche Zugabe, die durch das begeisterte Publikum lautstark gefordert wurde, ließ nicht lange auf sich warten und zeigte sich mit Der Räuber und der Prinz auch als äußert geeignet zum mitsingen. Wieder verlassen ein sichtlich erschöpfter Delgado und Robert Görl die Bühne um kurz danach mit einer CD bewaffnet erneut die Bühne zu entern. Algorithmus (Zahlenlied) ist genau die richtige Waffe, die Melodie von CD, das Schlagzeug von Görl und Delgado verausgabt sich erneut eindrucksvoll. „Delgado: Selbstverständlich. Die Musik und die Texte von DAF sind von den Zeitenwenden nicht eingeholt worden. Außer der Text zu „Kebabträume“. Mauerstadt und Stacheldraht, das ist ja vorbei. Aber den Song spielen wir live auch nicht mehr. Und unser Bandname war immer ironisch zu verstehen.1 Stimmt glücklicherweise nicht, denn mit einem furiosen Kebabträume endet das Konzert nach etwa 75 Minuten und hinterlässt bei mir einen sehr positiven Eindruck. Einzig und allein der schlecht Sound hinterlässt einen Wehrmutstropfen. DAF? Gerne immer wieder! No More ware als Vorgruppen gut, nicht mehr und nicht weniger.

Einzelnachweise

  1. Aus einem Interview bei laut.de zum neuen Album Fünfzehn neue Lieder von Michael Schuh, 2003[]
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Atanua
Atanua (@guest_7985)
Vor 14 Jahre

Oh, ich wäre ja zu gerne auch dagewesen^^
Quatschende Menschen während eines Konzertes sind echt die Hölle, ätzende Unmöglichkeiten ist die perfekte Beschreibung, gefällt mir ^^

LG

Marcus
Marcus (@guest_14641)
Vor 13 Jahre

Quatschende Konzertbesucher. Ein Phänomen, welches mir bisher niemand erklären konnte. Sicherlich ist es in Ordnung, sich während eines Konzerts auch mal kurz auszutauschen, aber diese langanhaltenden Gespräche sind hier doch wirklich fehl am Platz. Erst letzte Woche – zufälligerweise auch bei „DAF“ – wurden meine Nerven durch tratschende Typen doch ziemlich beansprucht. Die haben – während die Vorgruppe „Psyche“ auf der Bühne stand – unaufhörlich störende Dauergespräche geführt. Die Lautstärke der Musik war aber vollkommen in Ordnung und konnte an der Situation leider auch nichts ändern.

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