1984 schufen die Band Ministry mit „Everyday Is Halloween“ einen Song, der mittlerweile zum Mantra der gesamten Gothic-Szene mutierte. Jetzt hat Al Jourgensen, Sänger der Band, den Frieden mit seiner Vergangenheit gemacht und dem Klassiker endlich ein Musikvideo spendiert. Eine Hommage an die Gothic-Szene, die der Band von ihren frühen Synthie-Pop-Tagen bis zur Industrial-Metal-Band, zu der sie sich wandelte, loyal geblieben ist.
Nach rund 40 Jahren beschloss Ministry Frontmann Al Jourgensen, Frieden mit seiner Vergangenheit zu machen und mit dem Album „The Squirrely Years Revisited“ einigen alten Tracks die Liebe angedeihen zu lassen, die sie verdient haben. „Da ich meine frühen Sachen jahrzehntelang hasste, beschloss ich, das jetzt mal in die Hand zu nehmen und es endlich richtig zu machen.„, sagte Jourgensen, der selbst als schärfster Kritiker seiner frühen Synthie-Tage bekannt ist.
Allerdings hat er nicht nur das neue Album auf Cleopatra Records herausgebracht, sondern auch gleich ein Musikvideo zu seinem größten Szene-Hit „Everyday Is Halloween“ gemacht, dessen Titel zum Mantra einer ganzen Szene geworden ist.
Ich bin erstaunt und fühle mich geehrt, dass die Leute diesen Song auch nach 40 Jahren noch hören. Hisst die Freak-Flagge mit Stolz.
Das Video ist dann auch eine augenzwinkernde Hommage an die Menschen der Szene, die eben diese Flagge mit einem gewissen Stolz tragen. Um visuelle Brücke zur heutigen Szene zu schlagen, hat er sich prominente Unterstützung gebucht. Influencerin Victoria Venin beispielsweise, die stilecht aus einem Sarg kriecht oder auch Malice McMunn, die zu Beginn des Videos mit einem Walkman durch die Gegend läuft, um letztendlich von ElisaWiitch flankiert zu werden, die einen Globus mit schwarzer Schmiere besudelt.
Es scheint so ein bisschen, als hätte man sich gruftige Reichweite zusammengebucht, wobei die Profile der Protagonisten dann auch stark dem aktuellen „Szene-Bild“ eines düsteren Erotikkalenders ähneln. Schön finde ich allerdings, die Idee zu solch einem Video überhaupt umzusetzen und sich bei den Menschen, die den Song als Hymne verstanden haben, zu bedanken. Ich will das aber gar nicht weiter kommentieren, sondern überlasse euch die persönliche Einordnung.
Hat der Song und sein Titel überhaupt eine Bedeutung für euch? Was haltet ihr von dem Musikvideo?
Hier gibt es übrigens auch noch einen Blick hinter die Kulissen des Musikvideos:
Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.
Sehr schön! 😊
Gut, daß Al endlich Frieden mit seiner Synthie-Pop-Vergangenheit gemacht hat.
Wobei es meiner unmaßgeblichen Meinung nach auch nie einen Grund gab, damit zu hadern.
Ich höre „With Sympathy“ oder „Twitch“ heute noch gerne, sind beides tolle Alben…
Ich muß gestehen, zu dem Lied Null Bezug zu haben und ich werde da wohl auch zukünftig keinen bekommen. Ministry sagt mir vom Namen her etwas, aber ich habe mich nie mit deren Musik befasst. Mir ist auch weder dieses Lied noch ein anderes jemals durch Zufall in meine Gehörgänge gespült worden, wie es sonst vielmals der Fall ist – gerade wenn etwas als bekannter Szenehit gefeiert wird.
Zum Clip…:
Ich musste stellenweise an The 69 Eyes ihr Gothic Girl denken. Vorallem die tanzende Masse um den Sänger. Ansonsten nimmt man schon einen optischen Querschnitt wahr. Aber vordergründig erscheint dennoch dieses aalglatte Gothic Girl Bild, wie man es aus den 2000ern kennt. Glattes langes schwarzes Haar zum Beispiel. Mir fehlt etwas der Bezug zum ursprünglichen Goth. Der erscheint nur kurz in Form dieses Kopfhörer Mädels, wie ich finde….mehr leider dann nicht.
Was die von dir, Robert, erwähnten Instagram Profile betrifft…nun ja, das ist leider das Bild, welches inzwischen die Szene prägt. Ich habe nix gegen Erotik und nackte Haut, aber wie ich es schon in der Diskussion um das Albumcover von Rabengott ansprach, ich mag es stillvoll. Für mich ist ein in Stoff gehüllter Körper, der nur dezent etwas preis gibt und Spielraum für Phantasie und Gedanken lässt, wesentlich ansprechender als reine nackte Haut bzw. komplett entblößte Körper. Man kann mir transparenten Stoffen und Schnitten, meiner Meinung nach wesentlich mehr Erotik schaffen.
Aber leider müssen wir es akzeptieren, auch wenn’s nicht immer und jeden leicht fällt, dass der BDSM, Lack, Leder, Latex, Porno, nackte Haut -Anteil in der Szene über die Jahre stärker geworden ist.
Das meine Meinung zu dem Ganzen 🙂
Ist vielleicht eine „Generationenfrage“. 😄
Meine den bzw. die Songs, nicht das Video…
Weitestgehend kann ich mich dem, was Du sagst, einfach anschließen: Der Song ist nicht bis zu mir hinter den Wald durchgedrungen, und wenn ich ihn jetzt anhöre, bereue ich das auch nicht oder habe das Gefühl etwas verpasst zu haben. Bei anderen Künstlern dagegen habe ich schon gedacht, das es höchste Zeit für mich ist, mich auch mal damit zu befassen und froh war um die Gelegenheit dies zu tun.
Ebenso was das Video angeht: Holt mich auch nicht wirklich ab. Genau, Erotik ja, aber bitte stilvoll! Ich stehe da auch nach wie vor zu meiner Kritik zu Rabengotts Albumcover bei „Love and Order“. Aber wie ich dazu schon an anderer Stelle bemerkt habe, haben sie sich sowohl Covermäßig als auch musikalisch weiterentwickelt, so dass sie mir inzwischen schon deutlich mehr zusagen als im Dezember!
Ich mag weder das Lied (musikalisch) noch spricht mich das Video an. Die Mädels viel zu plump auf Sex getrimmt in ihren Posen…
Mir ist schleierhaft, wie Ministry in den Bereich Gothic-Szene gefunden hat?!? Laut Wiki ist das eine Industrial(ähem!)-Metal Band, die zudem aus den USA kommt und wo die schwarze (Gothic) Szene sich doch deutlicher von der europäischen unterscheidet. Mir ist diese Band bisher auch nur durch relativ harte Riffs mit etwas Electro-Einschlag zu Ohren gekommen. Gothic… meine Güte, dann ist eben auch Helene Fischer Gothic. Irgendjemand wird da schon noch einen Bezugspunkt finden… ;D
Industrial-Metal war die spätere Phase von denen.
Vorher waren die anders unterwegs.
Was ist Gothic? Die nie enden wollende Diskussion.
(Die ich hier auch definitiv nicht wieder anfachen möchte!) 😁
Es gibt Einiges, was das de facto nicht ist, aber in der Szene trotzdem Anklang findet bzw. einmal Anklang gefunden hat.
Einfach eine Sache des persönlichen Geschmacks… 😉
Tja, kaum zu glauben, dass das hier dieselbe Band ist… die alten Sachen mag ich zum Teil, bin halt ein Kind der 80er ;-)
https://www.youtube.com/watch?v=1VFqVRepm6U
https://www.youtube.com/watch?v=2Vs9jVAhGok
„bin halt ein Kind der 80er“
Willkommen im Club! ;-)
Danke fürs Verlinken der beiden Videos. Ja, die Songs kann ich mir auch anhören. Liegt vielleicht auch bei mir an der 80er Prägung.
Das Video ist natürlich dem heutigen Zeitgeist entsprechenden gemacht, mit den aktuellen Outfits (Lack und Latex) und weniger dem klassischen Bild (Samt und Seide). Da verschwimmen Grenzen zwischen verschiedenen Szenen.
Aber für mich ist der Text viel interessanter. Letztlich gehts hier um die Reaktionen der Außenwelt die kritisch sein können. Für mich ist das an dem Film relevanter als die Frage, ob Lack zur Gothic Szene gehört. Dürfte Geschmackssache sein.
“ Also, immer, egal wo, wohin ich gehe,
scheinen alle Leute stehen zu bleiben und zu starren.
Sie sagen: „Warum bist du angezogen, als wäre Halloween?“
„Du siehst so absurd aus, du siehst so obszön aus!“
Kann es überhaupt eine allgemeine Gothic-Hymne geben für eine Szene, deren Mitglieder dunkle Emotionen doch sehr individuell feiern? Ich denke, es gibt Songs, die vielleicht für viele die Essenz von Gothic verkörpern, z.B. The Cure, Lullaby oder Cold aber selbst da gibt es abweichende Meinungen. Ich spreche jetzt nur für mich, aber „Everyday is Halloween“ halte ich schon mal gar nicht für geeignet, jemandem das Gefühl für Gothic näher zubringen. Es geht schon beim Titel los, der suggerieren könnte, Gothic wäre identisch mit Halloween. Sicher gibt es eine Schnittmenge, aber ich bin froh, dass aus meinem Umfeld noch nie der Kommentar kam, ob ich Halloween vorverlegt hätte. Vielleicht ziehen da andere weniger scharfe Trennlinien und vielleicht hat es auch damit etwas zu tun, dass Ministry eine US amerikanische Band sind und dort Gothic insgesamt eine etwas andere Ausprägung hat. Vielleicht hast Du Recht,
Robert , und man muss dieses Video und auch den Song mit Augenzwinkern verstehen, aber auch damit tue ich mich zugegebenermaßen etwas schwer. Da erreicht mich die Tödin eher, weil sie gruftige Klischees richtig krass auf die Spitze treibt.. Für mich wird in dem Video eine Party gefeiert, die ich nicht verstehe und bei der ich nicht dabei sein möchte, weil das Ganze – von der Ästhetik will ich gar nicht anfangen – auf mich unecht wirkt.
Ich habe mir in diesem Zusammenhang noch einmal ein paar Videos der Band „Prayers“ angeschaut, die letztes Jahr hier für sehr geteiltes Echo sorgte. Nun, die sind kulturell ja noch weiter weg, aber in deren Videos kann ich den Bezug zu Gothic deutlich erkennen. Und auch, wenn deren Musik mich vor Herausforderungen stellt, kann ich spüren, dass darin echter Schmerz steckt.