„Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung fünf Jahre lang unterwegs ist, um fremde Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“
Am 8. September 1966 – vor genau 55 Jahren – flog das Raumschiff Enterprise erstmals über die Bildschirme US-amerikanischer Haushalte. Der heutige Geburtstag der Serie wird mittlerweile als offizieller „Star Trek Day“ gefeiert, während das Franchise in unzähligen Ablegern immer noch den Menschen von einer weit entfernten Zukunft erzählt.
Technische Visionen, die Realität wurden
Dabei war die Serie schon 1966 ihrer Zeit voraus. Schaut man sich die erste ausgestrahlte Folge „The Man Trap“ (Das letzte seiner Art) an, erkennen wir viele Dinge, die heute längst Realität geworden sind. Kommunikatoren, Touchscreens und Flachbildschirme bestimmen längst unseren Alltag. Das Reden mit Computern ist ebenfalls auf dem Vormarsch, auch wenn Alexa und Siri lange nicht an das fiktive Original heranreichen. In ein paar wenigen Jahren haben wir wahrscheinlich auch Universalübersetzer, erste vielversprechende Technologien wurden bereits vorgestellt.
Dagegen sind Dinge wie Warp-Geschwindigkeit, Holodecks oder das Beamen noch immer Zukunftsmusik. Es gibt allerdings Konzepte. Es widerspricht beispielsweise nicht der Relativitätstheorie, dass man Warp fliegen könnten, auch wenn man sich bislang eines theoretischen Tricks bedient, um diese Idee umsetzbar zu machen. So erscheint es wohl einfacher, den Raum zu manipulieren, als ihn mit Lichtgeschwindigkeit zu durchfliegen. Wir haben aber auch noch bis 2063 Zeit, um Cochranes „Phoenix“ nachzueifern, die damals im Film „Der erste Kontakt“ die Menschheit qualifizierte, die Vulkanier kennenzulernen.
Die Nähe zur technischen Realität hat Star Trek bereits 1966 revolutionär gemacht und sorgte in der Folge für zahlreiche Karrieren ambitionierter Wissenschaftler und Ingenieure, die durch diese Serie auf den Geschmack gekommen sind, Technik weiterzudenken. Marc Rayman beispielsweise, Chefingenieur der NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL), hat auf seinem Schreibtisch ein Star-Trek-Telefon und ist ambitioniertes Spielkind mit echtem Sandkasten: „I’ve been an incredible Star Trek fan my whole life, and even now getting to work at JPL, really just a big kid here. I still love Star Trek and I often think about how lucky I am […] I feel like I’m living Star Trek.”“
Gene Roddenberry, den man als Vater von Star Trek bezeichnen dürfte, hat schon 1966 Wissenschaftler beschäftigt, die die Vorstellungen der Drehbuchautoren überprüft haben. Auch in den nachfolgenden Jahren beeinflusste die Wissenschaft Filme und Serien des Star Trek Universums. Stephen Hawking und seine Theorien über den gekrümmten Raum fanden ebenso Platz im Franchise, wie Theorien über künstliche Intelligenz. Star Trek verpackt diese Themen in Action, Spannung und Abenteuer und trägt seit 55 Jahren dazu bei, das Verständnis für den Kosmos auf bekömmliche Art in die heimischen Wohnzimmer zu tragen.
Humanistische Gedanken für eine bessere Welt
Die Rassentrennung und der Kalte Krieg endeten 1966 bei Star Trek. Navigator Pavel Chekow, der freundliche Russe neben dem asiatischen Steuermann Hikaru Sulu wischten Gedanken an den Kalten Krieg und Erinnerung an Pearl Harbor einfach vom Bedienpanel, während im Hintergrund die afro-amerikanische Nyota Uhura stets mit einem Finger am Ohr die Rassentrennung beendete.
Zum einen war Schauspielerin Nichelle Nichols die erste schwarze Frau in einer Science-Fiction-Serie und zum Zweiten war sie die erste Schwarze, die im US-amerikanischen Fernsehprogramm einen weißen Mann küsste. (sie küsste Captain Kirk in der Folge „Platons Stiefkinder„) Dass man diese Tatsache erwähnen sollte, zeigt, wie unfassbar rassistisch es in den USA der 60er-Jahre zuging.
Einige Fernsehsender im Süden der USA weigerten sich sogar, die Serie auszustrahlen. Der Kuss, der 1968 über die Bildschirme flackerte, bestätigte sie in ihren Ansichten. Welche Bedeutung sie für die Afro-Amerikaner hatte, kann man heute kaum noch nachvollziehen. Als Nichelle Nichols die Rolle als Uhura nach ein paar Monaten nicht mehr weiterspiele wollte, weil sie sich darin unterfordert fühlte, überredete sie der Bürgerrechtler Martin Luther King persönlich dazu, der Serie „Raumschiff Enterprise“ treu zu bleiben.
Fans der Serie spielten von Anfang an eine große Rolle in der Entwicklung des Franchise. Als NBC die Serie nach einer Staffel absetzten wollte, weil es eben noch nicht genug Zuschauer gab, bombardierte diese den Sender mit Protestbriefen. Das Ende der Serie, das 1969 erreicht war, hinterließ eine Lücke in der begeisterten Anhängerschaft. 1972 fand die erste Star Trek Convention statt, die in den folgenden Jahren für wachsende Begeisterung sorgt. 1979 mündete der stete Zuspruch der Fans im ersten Film des Star Trek Franchise, an dem alle Schauspieler der Serie teilhaben wollten. Der Rest ist Legende.
Einmal Trekkie, immer Trekkie
Seit meiner Kindheit bin ich Fan der Serie, die ich Ende der 70er als Wiederholung erstmals im Fernsehen sehen durfte. Seit den Filmen in den 80er-Jahren und spätesten der Serie „The Next Generation“ bin ich Trekkie.
Klären wir die ewige Frage, was einen Trekkie ausmacht: Sich die Möglichkeiten der eigenen Zukunft vorstellen zu können und nach der Vision von einem besseren Selbst zu streben. Nehmen wir Star Wars, der Ende der 70er ebenfalls in die Kinos kam als Vergleich. Star Wars ist in einer anderen Galaxie, eine Phantasiewelt, die sich jemand ausgedacht hat und ein Raumschiff-Märchen, das stets in seinem Setting bleibt: „Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis…“
Star Trek zeigt uns die Möglichkeiten der eigenen Zukunft. Eine bessere Zukunft, in der viele Dinge positiver sind. Eine Menschheit, die sich gemeinsam weiterentwickelt hat, die an neuen Zivilisationen interessiert ist, jedwedes Leben achtet und im Grunde furchtbar neugierig durchs Weltall fliegt. Es gibt keine Armut, keinen Hunger und Pille, der fast alle Krankheiten heilt. Reichtum ist bedeutungslos, die Wissenschaft ersetzt den Glauben an höhere Wesen und die Welt bleibt rational und logisch. Ist das nicht toll?
Star Trek übt Gesellschaftskritik. Sie findet meist auf fremden Planeten statt, sind aber im Grunde Kritik an uns selbst. Umweltzerstörung, Rassismus, Kapitalismus. Auch wenn sie auf 45 oder 90 Minuten begrenzt ist, steht am Ende meist ein diplomatischer oder philosophischer Konsens. Alles das holt uns ab und heraus aus einer Welt, die wir uns besser vorstellen würden, ebenso, wie sie in Star Trek dargestellt wird.
