Doku über Fantasyrollenspiele – Nur ein Spiel

Es mag ein Tribut an unsere Informationsgesellschaft sein, dass viel zu viele Menschen ihr Wissen nur noch aus den Medien beziehen ohne das Verlangen zu spüren mehr darüber zu erfahren, es selbst auszuprobieren und zu hinterfragen was man sieht. Das gilt nicht nur für die privaten Sendeanstalten, sondern auch die öffentlich-rechtlichen. Moment! Darf ich nicht erwarten, das die aus den Rundfunkgebühren finanzierten Sender ihrem Bildungsauftrag nachkommen? Sollte man annehmen, doch das gilt nicht für die Randbereiche der Berichterstattung oder Bildungslücken die nicht als solche erkannt werden.

Immer wieder geistern im Zusammenhang mit Amokläufen und Gewalttaten Jugendlicher, oder junger Erwachsener die Computerspiele – genauer gesagt die Killerspiele –  auf, außerdem wird von „Suchtverhalten“ und „Isolation“ gesprochen die letztendlich bei labilen Menschen zu merkwürdigen Verhaltensweisen führen. Das die privaten Sender das gewinnbringend ausschlachten, dürfte den meisten dann bewusst werden, wenn sie selbst oder auch nur anteilig davon berührt sind, aber auch die öffentlich-rechtlichen schüren die Diskussion und werfen Fragen auf, anstatt antworten zu liefern.

Michael Schillhansl hat einen großartigen Dokumentarfilm über das Genre Fantasyrollenspiel gedreht, das alle Facetten dieses Bereichs zeigt und einen differenzierten Einblick in die Faszination von LARP, Tischrollenspielen und Online-Spielen gibt. Bei Facebook schreibt er dazu: „Ich wollte eine Dokumentarfilm machen, der die Faszination von Fantasyrollenspielen erklärt. Anders als sonst im Fernsehen üblich, wollte ich keine Freaks zeigen, die von Verwahrlosung, Gewalt und Sucht bedroht sind, sondern „normale“ Menschen, die von ihrer Leidenschaft erzählen.“ Nehmt euch die Zeit, und schaut die Dokumentation an, es lohnt sich:

Und das hat er geschafft, wer sich rund 55 Minuten Zeit nimmt, erhält einen spannenden und bemerkenswert ehrlichen Einblick in eine Welt, die für Außen stehende nicht greifbar, nicht erklärbar und unverständlich erscheint. Anstatt immer die gleichen Phrasen auszudiskutieren liefert den Film einen Einblick in die Welt der Fantasyrollenspiele auf 3 verschiedenen Ebenen.

Sowas müsste im Fernsehen laufen! War auch meine erste Reaktion als ich das Video bei Nerdcore sah, bevor ich dazu Michael Schillhansl Text las, den ich euch nicht vorenthalten möchte und der dann erst recht fassungslos macht:

Warum läuft der Film nicht im Fernsehen?

Damn – i tried really hard. Als ich vor ein paar Jahren die ersten Ideen für den Film hatte, begab ich mich brav zu Vorgesprächen mit Fernsehredakteuren. Die Gespräche verliefen abgekürzt immer so: „Ah sie wollen was über Computerspieler machen. Wollen sie es mehr unter dem Suchtaspekt betrachten, oder mehr unter dem Gewaltaspekt?“ – „Ähm – Nein, ich wollte die zunehmende Popularität und Faszination des Spielens erklären.“ „Achso, also, wenn das nicht unter dem Thema Amok oder Sucht läuft, weiß ich nicht, ob das wer sehen will.“

Nach einiger Zeit beschloß ich den Film selbst zu produzieren. Mit dem fertigen Film bin ich dann zu etlichen Fernsehsendern gegangen. Die Dialoge verliefen dann meist so: „Ah – Computerspiele. Da machen wir gerade eine eigene Produktion. Die zeigt (Sender X) die Suchtgefahren der neuen Medien, oder (Sender Y), wie Computerspiele die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen erhöhen…Experten…Verwahrlosung…AMOK!!!“

Leider bleibt deshalb Oma Erna im Musikantenstadelsumpf stecken und wird beim Wort Computerspiele weiterhin Herzflimmern bekommen oder an Kinderpornographie denken.

Liebe Fernsehsender. Jugendschutz ist eine feine Sache, es gibt so viele Sachen auf dieser Welt und auch im Internet vor denen die Hoffnung unserer Nation geschützt werden muss. Zensur, Verbote und Stigmatisierung sind die Fragen mit denen ihr euch beschäftigt, doch wer beantwortet die Fragen derer die gefährdet sind? Wer erklärt den Jugendlichen was wirklich dahintersteckt? Ihr macht das offenbar nicht und seid zu engstirnig endlich eurem Bildungsauftrag nachzukommen, zu tief steckt ihr schon in den Mühlen aus Quoten und Werbeeinnahmen. Mir läuft es kalt den Rücken runter wenn ihr euch auf den Fernsehpreisen selbst etwas vorheuchelt und Dokumentationen über Angst, Tod, Hass und Arbeitslosigkeit Preise verleiht. Ehrlich, da soll sich noch mal einer wundern, das wir in schwarz rumlaufen.

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Sven
Sven (@guest_10482)
Vor 13 Jahre

Im Fernehen wie im Printbereich geht es doch primär ums Geldverdienen, also möglichst viele Leser/Zuschauer an das Thema zu binden.

Ob das völlig überzogene „das Leben der Superreichen“ oder Reportagen über Autobahnraser – letztendlich zählt was schnell, laut und am Besten noch völlig krank ist.

Insofern hat eine Doku über die bunte Welt der Onlinespiele keine Chance. Zum einen interessiert es keinen (zumindestens nicht länger als 5 Minuten) außer die Spieler selbst und ist somit kein Aufhänger um Geld zu verdienen und zum anderen braucht man die Thematik ja auch als Böses Beispiel für den nächsten Amoklauf.

Es gibt auch keine Dokumentation über das Leben im Schützenverein. Bis auf die Supernanny gibt es auch keine Dokumentation wie das Leben in der Familie manchmal wirklich entgleitet…

Das wirkliche wird ausgeblendet und nur dann benutzt wenn das Extreme erklärt werden soll.

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