Hélène de Thoury, die mit ihrer Solo-Projekt Hanté und ihrer Band Minuit Machine tiefe musikalische Spuren in der schwarzen Szene hinterlassen hat, verkündete im Dezember überraschend das Ende ihrer Live-Auftritte. „Das wars. Samstag Nacht war das letzte mal auf einer Bühne.“ war in einem Statement bei Instagram zu lesen. Die französische Musikerin hatte bereits Anfang 2022 durch eine Covid-Erkrankung ihr linkes Gehör verloren und auch das Innenohr, das für den menschlichen Gleichgewichtssinn verantwortlich ist, wurde in Mitleidenschaft gezogen. Nach einigen letzten Versuchen, weiterhin aufzutreten, hat sie nun die Reißleine gezogen.
In einigen offenen Worten auf Instagram erläutert die Musikerin ihre Situation ausführlich: „Wie ihr bereits wisst, habe ich Komplikationen durch Covid und mein linkes Innenohr funktioniert nicht mehr. Das bedeutet, dass mein Gehirn neu lernen muss, wie es mit nur einem Innenohr funktioniert. Und das ist ein langer Weg. Aber was ich bis jetzt nicht erwähnt habe, ist, dass ich in diesem Kampf auch mein linkes Gehör verloren habe. Es wird nie wieder zurückkommen. Tinnitus ist das einzige neue Geräusch, das von dieser Seite kommt. Das verändert natürlich vieles, und die Musik wird für mich nie mehr dieselbe sein. Es ist schwer zu verarbeiten, was der Verlust eines Gehörs in meinem Leben verändern wird.“
Bereits bei den Proben zu einigen Live-Auftritten, die Ende 2022 stattfinden sollten, zeichnete sich ab, dass Live-Auftritte schwierig werden würden: „Ich werde nicht lügen, die Proben waren hart. Erstens, weil ich halb taub bin und mein letztes Ohr schützen muss, ist die Musik, die ich auf der Bühne höre, als käme sie aus einem anderen Raum oder als wäre ich unter Wasser. Das andere Problem ist, dass ich mich einfach nicht mehr so bewegen kann wie früher…“
Nach einige Versuchen, live zu performen, verkündete die Musikerin im Dezember 2022 endgültig: „Samstagabend stand ich zum letzten Mal auf einer Bühne! Ich weiß, dass es für einige von euch ein Schock sein wird. Aber die Wahrheit ist: Ich genieße es nicht mehr, auf einer Bühne zu stehen. Und eigentlich auch die ganze Erfahrung drum herum. Es wurde ein Kampf, eine bittere Erinnerung daran, was mit mir nicht stimmt. Und es hat absolut keinen Sinn, das weiter zu ertragen. Die Realität ist, dass ich halb taub bin, mit einem starken Tinnitus, den laute Umgebungen und Müdigkeit noch mehr auslösen, bis er manchmal unerträglich wird, und mit einem nicht funktionierenden Innenohr. Clubs sind in meiner Situation der schlimmste Ort, an dem man sich aufhalten kann. Ich sehe, wie sich mein Zustand Woche für Woche verschlechtert, und das ist beängstigend.“
Hélène de Thoury betont aber, dass die für 2023 geplanten Auftritte von Minuit Machine stattfinden werden und bittet darum, ihre verbliebene Bandkollegin Amandine Stioui, tatkräftig zu unterstützen. Ein Weg könnte es sein, dem aktuellen Album „24“ an dem noch beide Musikerinnen beteiligt waren, eine Chance zu geben. Wie es aber langfristig mit der Band und vor allem mit Hélène weitergehen wird, ist nicht bekannt.
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Schlimm, einfach nur schlimm und traurig. Vor allem, wenn es keine Aussicht auf eine Besserung oder Genesung gibt, ist das verdammt hart. Und das für einen Menschen, der sich durch Musik auszudrücken verstand und in dieser auch sicher einen Weg fand, alles mögliche zu verarbeiten und auszudrücken…
Ich kann dir nur zustimmen. Persönlich kann ich mir kaum vorstellen, wie zerschmetternd und schrecklich das wirklich für sie sein muss. Ich hoffe sehr, dass es in Zukunft vielleicht doch eine Heilung oder effektive Behandlungsmethode dafür gibt..
Vor solch einer Sache habe ich immer Angst, daher habe ich auch mittlerweile immer bei Konzerten und in Clubs meine Ohrschützer dabei. Da lohnt sich auch mal der Weg zu einem Fachmann, der etwas mehr Geld für seine qualitative Arbeit nimmt.
Das hier Covid so fies zugeschlagen hat, ist besonders traurig, weil das jeden treffen kann. Ich bin gerade ziemlich fassungslos.
Stimme dir so sehr zu.
Ja, ich bin schon immer nur mit Gehörschutz auf Musikveranstaltungen gegangen, sogar im Kino ist es mir häufig zu laut, so dass ich auch dort Ohropax verwende. Kein Wunde, dass inzwischen davon gesprochen wird dass (mindestens) eine Generation der Schwerhörigen heranwächst, weil überall so überlaute Beschallung herrscht und das dann im Privaten durch überlaut eingestellte Kopfhörer noch weiter geht…
Das schlimme ist ja, wenn verloren gegangenes Gehör sich nicht mehr zurückholen lässt oder ein Tinnitus einem das Leben zur Hölle macht.
Es ist sehr beunruhigend, zu erfahren, dass so etwas auch durch Corona entstehen kann. Ich erlebe um mich herum fast nur noch Menschen, die Corona lange nicht mehr ernst und keinerlei Rücksicht auf andere mehr nehmen – aber auch ein paar, die selbst nach Omikron (das ja so oft als harmlos und mild heruntergespielt wird) manche noch sehr lange gesundheitliche Probleme haben. Eine zuvor körperlich gesunde Freundin kommt 5 Monate nach ihrer Omikron-Infektion immer noch nur mit Mühe die Treppen hoch und hat auch noch weitere körperliche Beschwerden. 2 meiner Kolleginnen, die erst die Delta- und später noch die Omikron-Variante hatten, erlebten die Omikron-Infektion sogar noch als heftiger und langwieriger.
„Eine Generation der Schwerhörigen“ – in der Tat. Mittlerweile tragen manche Leute ja Bluetooth-In-Ear Kopfhörer dauerhaft und stressen ihr Gehör schon auf einem Grundniveau. Allerdings sind viele Schwerhörige in meinem Arbeitskollegenkreis beruflich geschädigt, durch die Arbeit unter Tage oder wie mein Vater durch die Arbeit in einer Weberei. Während dort allerdings die Schutzmaßnahmen immer weiter verbessert wurden, scheinen im privaten Umfeld – so wie du sagst, nur noch eine untergeordnete zu Rolle spielen.
Umso erschreckender, wenn das offenbar aus einer Corona-Erkrankung entsteht, ohne äußere Einflüsse.
Da ich seit einem Konzert selber unter einem Tinnitus leide, kann ich die Situation von Helene zumindest ansatzweise nachvollziehen. In der Regel ist aber nicht Covid Auslöser einer Hörschädigung, sondern es sind zu laute Geräusche und denen setzt man sich auf Partys und Konzerten zwangsweise aus.
Das Problem ist: Solange Menschen nicht selber von Hörverlust, Tinnitus oder einem Hörsturz betroffen sind, scheint es niemand zu interessieren. Die Musik in den Clubs wird in der Regel so laut aufgedreht, dass man sich nur mit Mühe oder gar nicht mehr unterhalten kann. Und nicht selten verlässt man die Veranstaltung mit einem Piepen im Ohr. Ich kann nur warnen: Es kann passieren, dass dieses Piepen nicht von alleine weggeht, sondern für immer bleibt …
Das ist wirklich eine traurige und dramatische Geschichte. Ich kann das ein Stück weit nachvollziehen, da ich schon seit Jahren einen Ohrenschaden habe und durch Corona eine weitere Verschlechterung mit zusätzlichen Schwindelattacken aufgetreten ist. Meinen Hörgeräteakustiker hat das zur Verzweiflung gebracht, weil in der Folgezeit meine Hörkurve hin und her gesprungen ist und ich mit neuen, frisch (vor der Erkrankung) angepassten Geräten trotzdem nicht richtig hören konnte… Aber ich bin keine Musikerin und schon daran gewöhnt, mein Leben mit einem Tinnitus zu teilen. Und der Schwindel ist verschwunden und die Hörschwankungen haben sich wieder verabschiedet. Deshalb ist es so furchtbar von solchen Extremen zu lesen.
Ich drücke ihr ganz fest die Daumen, dass sie lernt mit der Beeinträchtigung zu leben und sich auch bei ihr längerfristig eine Verbesserung des Zustands bemerkbar macht.
Ansonsten rate ich jedem, sich beim Hörgeräteakustiker speziell angepassten Hörschutz anfertigen zu lassen. Die Dinger sind nicht übermäßig teuer, werden genau ans Ohr angepasst und sind definitiv günstiger als Hörgeräte…
Sehr schlimm! Wünsche ihr gute Besserung! Ich habe noch nie verstanden, warum es nahezu üblich ist, die Lautstärke total übertrieben hoch einzustellen! Nicht nur in Clubs und auf Konzerten, wie schon erwähnt auch in Kinos und bei mir in Wien wird man auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln mit ohrenbetäubend lauten Durchsagen und Pieptönen gequält!
Habe persönlich keine besondere Beziehung zu ihrer Musik, aber das is echt bitter und verdammt traurig… :(
Hab sie noch im November auf der Bühne gesehen auf einem Tagesfestival (wenn leider auch nur kurz und nicht sehr gut da wir zu spät die Halle gewechselt hatten zwischen den Konzerten) – Da muss das ja bereits akut gewesen sein (wusste ich natürlich damals nicht). :(