Es war ein sonniger Tag in Hamburg, der die kalten Geister des Winters vertrieb, um dann in eine sternenklare Nacht zu münden. Man hätte sich keine bessere Zeit auswählen können, um ein Konzert der etwas anderen schwarzen Art zu geben. Zum 35-jährigen Bandjubiläum von Lacrimosa haben sich Tilo Wolff und Anne Nurmi etwas ganz Besonderes ausgedacht.
Während viele Bands der Schwarzen Szene gerne mal mit vollständigen Orchestern in großen Hallen oder auf Festivals ihre Musik im neuen Gewand präsentieren, wählten Lacrimosa einen ganz anderen Weg. Um ihr neues Album ihren Fans vorzustellen, wählten sie den besonders intimen Rahmen eines kleinen Clubs, reduzierten ihr Set auf rein akustische Instrumente und boten für diese Band ungewohnte unplugged-Klänge. Nackt und verletzlich. Zum ersten Mal sah man Lacrimosa ohne Keyboard, glitzerndes Drumset, E-Bass und E-Gitarre. Anne Nurmi bezauberte allein mit ihrer Stimme und Tilo Wolff griff (anstatt wie bei einigen Live-Gigs zu seiner weißen E-Gitarre) zur Trompete. Die Erfahrungen des Drummers Julian Schmidt, die er in einer Latin-Gruppe gesammelt hatte, kamen ihm an diesem Abend natürlich zugute. Und passend zur Offenheit der Veranstaltung trug er auch seine hüftlangen Haare offen.

Die Frage, welches Ereignis denn in der Nacht vor dem „Morgen danach“ vorausgegangen war, das den Anlass bot, den Song zu schreiben, beantwortete Tilo mit einem herzlichen Lachen und breitete die schützenden Flügel des Schweigens darüber. Er wolle den Zauber der eigenen Interpretation des Songs, den jeder Fan für sich gefunden habe, nicht zerstören. Dafür plauderten die Vollblutmusiker an anderer Stelle aus dem schwarzen Nähkästchen. So erfuhren wir, dass Anne Nurmi ihre und einen Großteil der Bühnenoutfits Tilos selbst entwirft und selbst schneidert.
Aber Lacrimosa haben sich nicht nur die Mühe gemacht, die neuen und ein paar eigene Klassiker in Akustikversionen zu wandeln, sondern gaben ihren Fans die Möglichkeit in drei Q&A Blocks Fragen an die Band zu stellen. Einige Fans haben dazu weite Reisen auf sich genommen, um diese einmalige Gelegenheit beim Schopfe zu packen. Selbst schüchterne Fans unter anderem aus der Ukraine, Spanien und Mexiko, aber natürlich auch ein paar nordische Jungs und Deerns fassten ihren Mut zusammen und griffen nach dem Mikrophon, um ihre Fragen loszuwerden. Thilo und Anne nahmen sich die Zeit, jede einzelne davon liebevoll zu beantworten.
Tilo erzählte von den Anfängen seiner Musikkarriere und dass er es mit seiner Idee Metal und Gothic zu verknüpfen anfangs alles andere als leicht hatte. Kaum war ein Label gefunden, wollte dieses seine Musik umgestalten und ihn zu englischen Texten drängen. Glücklicherweise ließ er sich nicht reinpfuschen, sondern verfolgte er seinen eigenen Weg und gründete ein eigenes Label unter dem Namen „Hall of Sermon“.
Das neue Album schließt die aus den Alben Testimonium, Leidenschaft und Lament bestehende Trilogie ab. Bei Lament geht es um Lamentieren in einem heilsamen Sinne. Der Betrachtung der dunklen Seiten des Lebens, die jeder Mensch durchläuft. So werfen die zehn auf dem Album befindlichen Songs Licht in das Dunkel, vertreiben die Schatten und geben den Blick auf das Wesentliche frei. Der Abend entließ uns innerlich mit einem guten Gefühl. Dem Gefühl, etwas ganz Besonderes erlebt zu haben, was vielleicht einmalig bleiben wird. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Tilo und Anne denken nach 35 Jahren Bandgeschichte noch lange nicht ans Aufhören. Im Gegenteil scheinen in den Köpfen der Beiden bereits neue Ideen zu schlummern, die umgesetzt werden wollen. Erstmal konzentrieren sie sich aber auf die vier Termine der Albumvorstellung und dann auf die anstehende Welttournee.
Lacrimosa-Termine:
25.09. HAMBURG – Markthalle
26.09. LEIPZIG – Felsenkeller
27.09. JENA – F-Haus
28.09. BERLIN – Columbia Theater
Tickets kann man hier erwerben.
Immer schon haben mich düstere Themen in den Bann gezogen. Im Laufe der Jahre durfte ich mich unter anderem beim Gothic-Magazine auch selbst inhaltlich austoben. Wenn es die Zeit erlaubt, schreibe ich oder zeichne Comics.
Im ersten Moment dachte ich, es kommt eine komplette Zusammenfassung des Abends, was auf jeden Fall schön gewesen wäre. Bzw. hier an dieser Stelle die Frage, ob es sich überhaupt um ein Konzert gehandelt hat? (Nur um den Inhalt besser einordnen zu können)
Ansonsten schön geschrieben. Auch schön zu lesen, dass Lacrimosa sich Zeit für Fan-Fragen nahm.
Lacrimosa hatte ich vor zwei Jahren auf dem WGT gesehen und wenn ich lese, dass sie in Leipzig spielen, überlegt man tatsächlich hin zu gehen. Aber wiederum sind es eigentlich nur die alten Sachen, aus den 90ger, eventuell noch frühen 2000ern, die mich abholen. Und so war es auch beim WGT gewesen. Man wartete eigentlich nur auf die Lieblingslieder. Von daher Mal sehen…bis September ist ja noch. Und falls die Karte nicht zu teuer ist und das in meinen Urlaub fallen sollte, könnte man drüber nachdenken.