Doppel-Wumms in Leipzig: WGT 2023 und Depeche Mode am gleichen Tag in Leipzig

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Was für eine Doppel-Wumms! Pfingsten 2023 findet das 30-jährige Jubiläum des Wave-Gotik-Treffen in Leipzig statt und Depeche Mode beginnen am ersten Tag des WGT, dem 26. Mai 2023 die deutschen Konzerte ihre Welttournee „Memento Mori“ auf der Leipziger Festwiese. Als Depeche Mode Fan der ersten Stunde sollte ich eigentlich in die Luft springen, ich bin aber eher skeptisch, was diese Konstellation angeht. Warum ich nicht hingehen werde und welche Probleme das mit sich bringen könnte, lest ihr in diesem Artikel

Fletch ist tot – The Show must go on!

Mit Spannung erwartet wurde die Pressekonferenz von Depeche Mode, die am 4. Oktober in Berlin stattgefunden hat. Bereits im Vorfeld brodelte die Gerüchteküche, die viele Zutaten richtig gemunkelt hatte. Im Frühjahr 2023 veröffentlicht die nach Andy Flechters Tod nur aus 2 Mitgliedern bestehende Band ihr neues Album „Memento Mori“ und startet unter dem Banner „World Tour 2023“ ein entsprechende Tournee. Der Titel des Album bezieht sich nicht allein auf den Tod ihres Freundes und Band-Kollegen, sondern stand bereits im Vorfeld fest, wie die beiden Musiker auf der Pressekonferenz verrieten, hätte aber jetzt nochmal an Bedeutung gewonnen. Der Musikexpress schreibt dazu: „„Wir vermissen Fletch“, meinte Dave Gahan — der auch erzählte, sich immer gerne an Fletchers launige Kommentare im Arbeitsprozess zu erinnern. „Das sind die Dinge, die man an jemandem vermisst: Dinge, die man für selbstverständlich hält, wenn diese Person noch da ist. Er hat wirklich gefehlt“, so der Sänger.“ So geht es einer ganzer Fan-Gemeinde, die den Tod des ruhigeren und introvertierteren Bandmitglieds sehr bedauern.

Ihr erstes Konzert in Deutschland geben Dave und Martin am 26. Mai in Leipzig. Moment mal…

30. Wave-Gotik-Treffen und erstes Depeche Mode Konzert in Deutschland am selben Tag

Genau. Am selben Tag beginnt auch das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig, das 2023 zu allem Überfluss auch noch sein 30. Jubiläum begeht. Was sich nach einem Traum anhören könnte, könnte wieder einmal zu einem organisatorischen Problem werden, denn unter den etwa 70.000 Besuchern des Depeche Konzerts werden zwar einige Gruftis sein, allerdings dürfte die Stadt auch vielen Gästen von außerhalb Unterkunft bieten müssen. Das kurbelt offenbar die ohnehin sehr hohen Hotelpreise zu Pfingsten in Leipzig zusätzlich an. Aktuelle Preisrecherchen verheißen nicht gutes. Selbst die Veranstalter des WGT warnen vor Engpässen bei der Unterbringung und raten zu rechtzeitigem Buchungen.

Ein toller „Doppel-Wumms“?

Gleich vorweg. Ich nehme an, wenn ihr das hier lest, wird das Konzert in Leipzig ausverkauft sein. Aktuell sind nur noch „FOS – Zone 2“ Tickets für 309€ (!!!) zu haben. Das ist nichts für mich. Weder preislich noch inhaltlich. Versteht mich nicht falsch, ich bin Depeche Mode Fan, allerdings nur noch aus Leidenschaft, denn seit „Playing the Angel“ hat mich die Band nicht mehr wirklich abgeholt. 2010 war ich dann in Düsseldorf bei einem Stadion-Konzert der Band und musste feststellen, dass DAS nun wirklich nichts mehr für mich ist. Mieser Sound, viel zu viele Menschen, Gedränge und hupende Getränke-Verkäufer, die sich während der Hymne durch die Menge quetschen.

Ich spreche allerdings nur für mich und diese Ansicht ist definitiv meinen Befindlichkeiten geschuldet und der fehlende Relevanz, die Depeche Mode jetzt noch für mich hat. Allerdings wären die aktuellen Preise auch ein passender Sargnagel auf möglicherweise aufflammenden Begeisterungsgefühlen. Ehegrufti Orphi wollte mir gleich Karten besorgen, was ich aber aus eben genannten Gründen ablehnte. Dennoch liebe ich sie für diesen Gedanken <3

Also nein. Ich gehe nicht zu Depeche Mode nach Leipzig, wohl aber zum WGT. Vielleicht hört man ja in der Nähe des Parkstadions, wo das Konzert stattfindet, ein wenig vom Sound und kann dann „wie früher“ vor den Toren ein bisschen „Depeche Mode“ mitbekommen. Ich gönne es jedem, selbst seine Entscheidung zu treffen.

Allerdings gibt es ein Thema, über das wir noch sprechen müssen: Ticketpreise, Premiumtickets und 309€ für einen Platz IN DER NÄHE der Bühne. Wie kultig muss eine Band oder ein Künstler eigentlich sein, um das zu rechtfertigen? Dazu in einem kommenden Artikel mehr.

Angriffe mit K.o.-Tropfen – Leider auch in der Gothic-Szene ein Thema

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Angriffe mit K.o.-Tropfen gehören leider auch in der Gothic-Szene zu einer immer größer werdenden Gefahr. Seit man in den schwarzen Clubs wieder uneingeschränkt feiern kann, unzählige Konzerte und Festivals stattfinden, nimmt auch wieder die Zahl der Meldungen zu, in denen überwiegend Frauen nach solchen Veranstaltungen über Lähmungserscheinungen in den Beinen, Übelkeit, Sprachstörungen und Gedächtnisverlust klagen. Typische Symptome nach der Einnahme sogenannter K.-o.-Tropfen. Die Anzahl der Fälle und Berichte hat seit dem Wegfall aller Corona-Beschränkungen sprunghaft zugenommen. Anlass genug, das Thema aufzugreifen und mit Hilfe einer Ärztin der Suchtmedizinischen Ambulanz die Wirkungsweise zu beleuchten.

Auch in der Gothic-Szene machen Berichte von Betroffenen die Runde, erst jüngst berichtete eine Besucherin eines Boy Harsher Konzerts im Leipziger Werk II in den sozialen Medien: „Ich bin am Dienstag […] über ein durchgängig beaufsichtigtes Getränk gedrugged worden und so in die Notaufnahme vom St. Elisabeth Krankenhaus gekommen, wo sich herausstellte, dass ich nicht das einzige Opfer an diesem Abend war.

Auf dem diesjährigen Gothic-Pogo Festival im Rahmen des WGT 2022 kam es zu Zwischenfällen, die den Veranstalter zu dieser Warnung drängten: „Liebe Pogo People, leider wurden wir dies Wochenende zwei mal auf K.-o.-Tropfen Vorfälle aufmerksam. Daher möchten euch bitten, eure Getränke nicht unbeaufsichtigt zu lassen und bitte auf euch und eure Mitfeiernden achtzugeben. Leider können wir nie ganz ausschließen, dass Menschen solche Substanzen mit auf die Party bringen. Wir geben natürlich unser Bestes, euch ein schönes Erlebnis zu ermöglichen.

Die Sängerin Alison Lewis (auch bekannt unter ihrem Künstlernamen „Zoe Zanias“) der Band Linea Aspera berichtete von einem Angriff in der Berliner Discothek „Berghain“, allerdings mit einer Nadel. Vermutlich ein Fall von „Needle Spiking“, einer besonders skrupellosen und gefährlichen Form.

Needle Spiking – Eine besonders perfide Steigerung

Vor allem in Großbritannien macht zu Zeit der Begriff „Needle Spiking“ die Runde, bei dem den Opfern die Substanzen mithilfe einer Spritze unbemerkt verabreicht werden. Im Gedränge oder beim ausgelassenen Feiern verspüren viele Leute einen Einstich am Rücken oder am Bein kaum.

Eine 19-jährige Studentin berichtet dem Guardian beispielsweise, sie sei mit keinerlei Erinnerung an einen Abend im Nachtklub „Pryzm“ in Nottingham aufgewacht. Sie habe keinen Kater gehabt, aber fühlte einen „scharfen, quälenden Schmerz“ in ihrem Bein und konnte nicht gehen, ohne zu hinken. Nachdem sie eine Einstichstelle an ihrem Bein entdeckt hatte, ging sie ins Krankenhaus, um sich untersuchen zu lassen. Jüngst kam es auf Festivals in Reading und Leeds zu ähnlichen Vorfällen.

Seit Ex-Premier Boris Johnson im Oktober letzten Jahres den „Freedom Day“ ausgerufen hat, mit dem alle Beschränkungen der Corona-Pandemie fielen, häufen sich die Fälle. Wie die englische Daily Mail berichten, steigt die Zahl der Fälle seit Oktober 2021 rasant. Wie die Washington Post berichtet, ist das mittlerweile zu einem europäischen Problem geworden, denn auch in Frankreich und Belgien häufen sich Berichte, die ganz ähnliche Vorfälle schildern.

Fundierte Hintergründe zu K.-o.-Tropfen

Da es in den Kommentarspalten der sozialen Netzwerke zu vielen Vermutung und Gerüchten rund um das Thema K.-o.-Tropfen kommt, will ich das Thema beleuchten und Leser für dieses Problem sensibilisieren. Da ich selbst auch keine entsprechende Qualifikation besitze und vermutlich ebenfalls mit gefährlichem Halbwissen glänzen würde, habe ich mich mit der Ärztin Bindhu Makil-Kirnapci unterhalten. Sie ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und arbeitet in der suchtmedizinischen Ambulanz der LWL-Klinik Dortmund.

Spontis: Was sind K.-o.- Tropfen?

Bindhu Makil-Kirnapci: „K.o.- Tropfen“ ist zwar ein sehr verbreiteter Begriff, aber tatsächlich gibt es nicht die eine Substanz mit der Bezeichnung „K.o.-Tropfen“. Der Begriff ist vielmehr eine umgangssprachliche Bezeichnung für eine ganze Reihe verschiedener Präparate, die im Rahmen von Straftaten eingesetzt werden, um das Opfer gefügig zu machen. Dazu zählen unter anderem Benzodiazepine, Neuroleptika, Anticholinergika, aber auch Anästhetika und sogenannte Party-Drogen, wie zum Beispiel GBL (Gamma-Butyrolacton) und GBH (Gammahydroxybuttersäure), besser bekannt unter der Bezeichnung „Liquid Ecstasy“.

Ein Teil der Substanzen wird regulär als Beruhigungsmittel, Narkosemittel oder als Schlafmittel und zu anderen Zwecken im medizinischen Bereich eingesetzt. In der Regel sind diese Präparate rezeptpflichtig, unterliegen teilweise auch dem Betäubungsmittelgesetz. Da die Bandbreite sehr groß ist, gibt es entsprechend unterschiedliche Darreichungsformen – Flüssigkeit, Tabletten, Pulver. Denkbar ist auch, dass verschiedene Substanzen gemischt werden, um die von den Täterkreisen gewünschten Effekte zu erzielen. Die Substanzen haben unterschiedliche Halbwertszeiten, Abbauwege und Wirkweisen.

Die Täter verwenden typischerweise farb- und geruchslose Substanzen, die sie dem Opfer in einem unbeobachteten Moment ins Getränk oder ins Essen mischen. Auch bewusst konsumierten Drogen können entsprechende Substanzen zugefügt werden. In den Medien wurde in letzter Zeit auch immer wieder über eine heimliche Injektion der besagten Substanzen berichtet (Needle Spiking).

Spontis: Was machen diese Substanzen mit den Opfern?

Bindhu Makil-Kirnapci: Die Abkürzung „K.o.“- steht für „Knock-Out“ und versinnbildlicht, dass die Einnahme die Person im wahrsten Sinne des Wortes „umhaut“. Sie hat keine Kontrolle mehr über sich selbst und ist schutzlos ihrem Umfeld ausgeliefert. Anfängliche Anzeichen einer Einnahme von K.o.-Tropfen können sein: Euphorie, Entspannung, Enthemmung, aber auch Schläfrigkeit, Übelkeit, Schwindel, Erbrechen.

Häufig wird auch das Gedächtnis beeinträchtigt. Es tritt eine sogenannte anterograde Amnesie auf. In solch einem Fall werden neue Gedächtnisinhalte nach der Einnahme der K.o.- Tropfen für einen gewissen Zeitraum nicht im Langzeitgedächtnis abgespeichert und das Opfer erinnert sich nicht mehr an das Geschehene, hat sozusagen einen Filmriss. Der gleichzeitige Konsum von Alkohol oder anderen psychotropen Substanzen kann zu unvorhergesehenen Wechselwirkungen und zur Verstärkung der Symptomatik führen.

Prinzipiell gilt: Sollte man sich plötzlich unwohl fühlen, unter Schwindel, Übelkeit, Müdigkeit u.a. nicht erklärbaren Symptomen leiden, sollte man zum Arzt gehen. Dazu ist das Opfer selbst manchmal nicht mehr in der Lage, sodass es wichtig ist, dass andere helfen, wenn sich der Allgemeinzustand einer Person plötzlich verschlechtert, oder sie sich auffällig verhält.

Spontis: Welchen Gefahren ist das Opfer durch die K.-o.-Tropfen ausgesetzt?

Bindhu Makil-Kirnapci: Durch eine Überdosis oder eine Verkettung unglücklicher Umstände kann Lebensgefahr bestehen. Erbrochenes kann zum Beispiel bei bewusstseinsgetrübten Personen in die Lunge gelangen und die Atemwege blockieren. Eine Fahrtauglichkeit ist nicht mehr gegeben. Es kann zu Stürzen, Verletzungen, Unfällen und lebensbedrohlichen Komplikationen, wie einem Atemstillstand, kommen. Ist Spritzenbesteck, das beim Needle-Spiking eingesetzt wird, nicht steril und wird gar mehrfach eingesetzt, sind Infektionen denkbar.

Die Betroffenen verlieren die Kontrolle über ihr selbstbestimmtes Handeln, können Opfer von Eigentumsdelikten und/oder sexualisierter Gewalt werden, mit all den entsprechenden Konsequenzen bis hin zur Infektion mit Geschlechtskrankheiten. Menschen, die Opfer körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt werden, können eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln.

Spontis: Wie ist es Ihrer Meinung nach zu erklären, dass Täter offensichtlich problemlos an solche Substanzen kommen?

Bindhu Makil-Kirnapci: Ein Teil der genannten Substanzen wird regulär und sinnvoll im medizinischen Bereich eingesetzt, zum Beispiel als Beruhigungsmittel, Narkosemittel, oder als Schlafmittel und im Rahmen weiterer Indikationen. Diese Präparate sind rezeptpflichtig, unterliegen teilweise auch dem Betäubungsmittelgesetz (BtmG) und damit strengen Beschränkungen. Leider ist es so, dass man auf dem Schwarzmarkt nahezu jede Substanz für einen entsprechenden Preis kaufen kann.

Spontis: Kann man sich vor der Wirkung oder der Einnahme dieser Substanzen schützen?

Bindhu Makil-Kirnapci: Tatsächlich werden auf dem Markt Tests – zum Beispiel als Armband – angeboten, die versprechen, Getränke auf K.o.- Tropfen testen zu können. Ein Produkt, das ich mir genauer angeschaut habe, verweist darauf, dass auf GHB getestet wird (Liquid Ecstasy). Die anderen Substanzen, die ebenfalls als K.o.-Tropfen eingesetzt werden können, werden nicht getestet. Diese Tests können also nur einen sehr begrenzten Schutz bieten.

Bei Intoxikationen mit bestimmten Substanzen gibt es die Möglichkeit, ärztlich ein Gegenmittel zu verabreichen. Da die Opfer von K.o.-Tropfen in der Regel nicht wissen, welche Substanzen sie gegen ihren Willen konsumiert haben, ist die Einnahme von Gegenmitteln auf eigene Faust praktisch nicht umsetzbar.

Generell ist zu empfehlen, Getränke und Speisen nicht unbeobachtet zu lassen. Von fremden Personen sollte man keine offenen Getränke annehmen.

Spontis: Was sollten Opfer tun, wenn sie vermuten, dass sie K.-o.- Tropfen verabreicht bekommen haben?

Bindhu Makil-Kirnapci: Sie sollten sich in der Notaufnahme eines Krankenhauses vorstellen. Dort können alle Maßnahmen, die aus medizinischer Sicht erforderlich sind, eingeleitet werden. Besteht der Verdacht auf sexuellen Missbrauch, werden entsprechende gynäkologische Untersuchungen durchgeführt und Verletzungen dokumentiert. Gegebenenfalls benötigen die Opfer auch psychologische Unterstützung. Darüber hinaus ist eine Rücksprache mit der Polizei zu empfehlen.

Die Organisation der „Weiße Ring“ bietet täglich von 7-22 Uhr die Möglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme – bundesweit, kostenfrei und anonym. Unter der Nummer 116 006 können sich Opfer melden und beraten lassen. Zudem gibt es in vielen Städten Frauenberatungsstellen, die Opfern ihre Hilfe anbieten.

Fazit: Gegenseitige Achtsamkeit kann lebenswichtig sein

Lasst Getränke in der Diskothek niemals unbeaufsichtigt und nehmt keine offenen Getränke von Unbekannten an. Passt gegenseitig auf Euch auf und achtet darauf, ob sich jemand plötzlich komisch benimmt und beschriebene Symptome aufweist. Fühlt ihr euch merkwürdig, bittet das Personal, Freunde und Bekannte um Hilfe und ruft im Zweifel immer mit der 112 den Rettungsdienst. Test-Streifen und Test-Armbändern vermitteln häufig ein falsches Schutzgefühl.

Gruft-Orakel Oktober 2022: Work-Dead-Balance für Dämonen

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Der Dämon ist ein Bösewicht. Das liegt in seiner Natur. Als er entdeckte, dass auch er an Corona erkranken kann, hat er ein neues Rezept für seine Work-Dead-Balance gefunden. Mit dem ganzen Rudel der Werwölfe um die Wette trinken, mit dem Sarg-Club auf einem großen Sargdeckel-Konzert und dann mit den anonymen Vampire Hälse aufreißen. Selten hat er so einen Spaß gehabt. Die anschließende Corona-Erkrankung, die er sich eingefangen ganz sicher einfangen wird, sieht er als willkommene Erholung vom Party-Stress. Urlaub auf Krankenschein, denn ja, auch die Hölle ist ein Arbeitgeber mit Regeln und einer Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter. Und wenn der Böse den Bösen etwas böses antut, dann wird das doch wieder gut, oder?  Ich hoffe, Alana Abendroth geht mit glänzendem Beispiel voran!

Das Gruftorakel vom Oktober 2022

 

 

Pfingstgeflüster 2022: Endlich wieder Leipzig in Schwarz

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Heute lag die 15. Ausgabe des Pfingstgeflüsters im Briefkasten. Endlich wieder! So lautet dann auch das Vorwort des Magazins, das Marcus Rietzsch – der Herausgeber – dort verfasst hat. Nach 2 Jahren ohne WGT, mit einem ganzen Korb voller Krisen und deutlich weniger Besuchern ist es wieder einmal erstaunlich, was der fleißige Wahl-Berliner auf die Beine gestellt hat. Die gewohnt hohe Qualität des Inhalts konnte nochmals durch eine deutlich wertigere Haptik gesteigert werden. Ich kann mir nicht helfen, das Heft fühlt sich einfach toll an und bietet den perfekten Rahmen für die Artikel der DJs, Fotografen, Musiker und Besucher. Vielleicht ist es aber auch die Seltenheit, ein solches Werk in diesen Zeiten auf die Beine zu stellen, die ein besonders wertiges Gefühl vermittelt.

Was erwartet mich?

Als Besucher des WGT mangelt es nicht an Eindrücken, Bildern und Videos, allerdings mangel es häufig an Eindrücken und Erlebnissen. Entweder weil man es wieder einmal nicht geschafft hat, überall rechtzeitig hinzukommen oder weil man manche Perlen im Überangebot einfach nicht gesehen hat. Deshalb haben wir einige Themen und Artikel für euch herausgepickt, um Euch Geschmack auf die aktuelle Ausgabe zu machen:

  • Martin Oldgoth: All die Jahre – Der DJ erzählt, wie er in der Pandemie neue Erfahrungen mit dem Auflegen von Musik gemacht hat und wie dankbar er war, auf dem WGT die „Renegade Waltz“ Party ausrichten zu können. Knapp 40 Jahre Szeneerfahrung haben ihn aber auch zur Idealbesetzung hinter dem DJ-Pult gemacht. Eine Ehre für das WGT.
  • Christian von Aster: Die Wahrheit über Mörkemann. Ich zitiere, ohne den Hintergrund seiner Kurzgeschichte zu lüften: „…wir sind die schwarze Speerspitze wider die Apokalypse sinnentleerter Heiterkeit.“ Müsst ihr nur noch herausfinden, was es mit Mörkemann auf sich hat.
  • Die Besucher: Dieses Jahr war es mir nicht möglich, das Pfingstgeflüster in vollem Umfang zu unterstützten und den traditionsreichen Beitrag über die Besucher des 29. Wave-Gotik-Treffens in Gänze zu verfassen. Die beiden Fotografen des Artikels, Michael Küper und Marcus Rietzsch, haben die Fragebögen selbst verfasst, ausgewertet und zusammengefasst. Ich habe lediglich ein paar einleitende und ausleitende Worte dazu geschrieben. Ihr dürft gespannt sein, was Antje und Gunmar, Twiggy, Luise, Conny, Sven oder Caro Tanzfledermaus (die man auch hier im Blog zu lesen bekommt) zu sagen haben.
  • Johan Sjöblom Eliot erzählt – zugegebenermaßen etwas wortkarg – von seinem Auftritt mit seiner Band „The Exploding Boy“ im Haus Leipzig und seinem Soloauftritt in der Moritzbastei.
  • Patrik Thiele: Spuren, Träume, vielleicht Visionen – Es geht nicht nur um die Ausstellung und Lesung in der Galerie am Thomaskirchhof, sondern auch um Patrik Thiele selbst, der 2000 zum Wahl-Leipziger wurde, um dort seiner schriftstellerischen und dichterischen Passion nachzugehen. „Atmosphäre, Geheimnis, Abgründigkeit, Tragik, Komik, Melancholie, Surrealismus, Symbolik, Mystik, Schönheit – diese Substantive charakterisieren fast alles, womit ich mich täglich als Künstler und Mensch beschäftige.
  • Gwydion Enbarr von der Band „Diodati“ beschreibt seine Eindrücke des Festivals, das er in diesem deutlich anders wahrgenommen hat, als die übrigen Jahre. Er ist sich unsicher, ob es an den deutlich weniger Besuchern des WGT gelegen hat oder den vielen Gästen des Leipziger Stadtfestes. „…das erste Mal, seit ich jährlich zu Pfingsten nach Leipzig pilgere, fühlte ich mich als Fremdkörper in dieser Stadt.“ Möglicherweise ein spannendes Gefühl, denn ganz so muss es in den Anfangsjahren des WGT gewesen sein und das „Fremdkörper sein“ kommt dem Lebensgefühl der Gothics doch irgendwie am nächsten, oder?
  • „Die Leipziger Vampirdebatte“ von Florian Patermo erzählt ausführlich von der gelehrten Auseinandersetzung, die um zwei bekannt gewordene Fälle von Vampirismus in Kisolova (1725) und Medvegia (1731) entbrannte. „Die Leipziger Vampirdebatte war ein neun Jahre andauerndes Ereignis, bei dem Theologen aus ganz Deutschland Abhandlungen und Untersuchungen veröffentlichten, wie man das plötzliche Auftreten der Vampire in Serbien erklären könne.
  • „Ein letzter Augenblick“ – Markus Digwa beschreibt die Ausstellung von Marcus Rietzsch im Leipziger Grassimuseum und hat dem Fotografen gleich noch ein paar Fragen gestellt. Warum seine Bilder stets eine morbide Note haben wollte Digwa wissen: „Auf alten Friedhöfen und in leerstehenden Gebäuden finde ich zumeist eine besondere Atmosphäre vor, die ich sehr mag. Landschaften im Nebel strahlen ebenso diese angenehme Melancholie und Stille aus.

Das aufgeschlagene Pfingstgeflüster 2022

  • „Ein purer Augenblick der gemeinschaftlichen Glückseligkeit“ – Der kanadischen Musiker Alex Henry Foster, der erstmals unter eigenem Namen auf Tour gegangen ist, beschreibt in seinem sehr persönlichen Rückblick auf das WGT die Eindrücke, die ihn am intensivsten in Erinnerung geblieben sind. „Ich begann den Tag ‚hinter einer Maske‘ und beendete ihn mit dem Gefühl der Freiheit, einfach ich selbst zu sein, was auch immer das für andere bedeuten und wie beängstigend es auch für mich sein mag.
  • „Unterwegs mit Zwischenlichten & Ian Leding“ – Der bereits bewährte Markus Digwa begleitet die Künstler bei dem Versuch, auf Leipzigs Straßen Aufmerksamkeit zu erhaschen und Hörer zu gewinnen. Dabei stellte sich heraus, dass es grundsätzlich möglich zu sein scheint die Menschen aus ihrem Trott zu reißen, aber der richtige Standort von entscheidender Bedeutung ist.

Es gibt allerdings noch einige weitere Artikel und viele, extrem hochwertige Bilder, die in dieser gedruckten Form immer ein ganz besonderes Andenken sein können. Das aktuelle Pfingstgeflüster 2022 kann zum Preis von 9,90€ im Shop von Marcus Rietzsch oder direkt beim Verleger, der Edition Subkultur bestellt werden.

Gewinne ein Exemplar!

Wer bis hier hin gelesen hat, wird möglicherweise belohnt. Hinterlasst einen geistreichen Kommentar und gewinnt eins von insgesamt drei Magazinen. Innerhalb Deutschlands sogar Frei Haus! Die Magazine werden unter allen Kommentatoren verlost, die eine gültige E-Mail-Adresse hinterlassen haben und werden am 11. Oktober 2022 schriftlich benachrichtigt.

Coverbild des Pfingstgeflüsters 2022

Tears Run Rings Podcast: 4 Gruftis über Musik und alte Zeiten

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Die Party-Reihe „Tears Run Rings„, die die vier Szene-Urgesteine Darks Sounds, Knüpfi, Thomas Thyssen und Zacker gelegentlich hinter dem DJ-Pult zusammenbringt, wurde jetzt um einen Podcast ergänzt, bei dem die Musik-Nerds über alte Zeiten, die schwarze Szene und ihre 20-jährigen Freundschaft sinnieren. Die Flasche Eierlikör, die während des etwa einstündigen Podcasts unter Zuhilfenahme von Waffelbechern vernichtet wird, sorgt zwar für szeneuntypisches Gelächter, aber auch für viele spannende Anekdoten.

Um es vorwegzunehmen. Man erfährt keine besonderen Neuigkeiten, keine bahnbrechenden Neuigkeiten und einen Bildungsauftrag erfüllt diese Gesprächsrunde auch nicht. Und ganz ehrlich? Das ist auch gut so. Ich habe mich ganz entspannt berieseln lassen und habe erfahren, was es mit „geklauten Kassetten, Hunden aus Wurst, zerschnittenen Bravo-Magazine, die legendären Leipziger Clubs ‚Villa‘ und ‚Trinity‘, den ersten Walkman … und einen Sandwich-Maker im Disco-Nebel“ auf sich hat. Allerdings wurde wieder einmal deutlich, wie spannend die 90er-Jahre gewesen sind. Die 80er sind als Geburtsstunde der „Szene“ ja schon irgendwie ikonisch, aber währen die 90er nicht mit einem Paukenschlag, nämlich dem Fall der Mauer, gestartet, wäre die Szene wohl nicht das, was sie heute ist.

Allerdings bin ich mir unsicher, ob folgende Podcasts, die es hoffentlich geben wird, auch mit einer Flasche Eierlikör untermalt werden. Solange ihr mit dem Zeug nicht gurgelt, ist doch alles im Lot.

Podcasts liegen schwer im Trend. Die erzählerische Untermalung des Alltags hat eine sehr entspannende Attitüde, sofern sie inhaltlich von einer gewissen Leichtigkeit geprägt ist. So wie dieser Podcast der 4 Alt-Gruftis. Deshalb dürfte es davon gerne etwas mehr geben, gerne auch thematisch eingegrenzt. Einen „edukativen Hintergrund“, schloss Thomas Thyssen für diese Folge jedoch aus, als er mich vor ein paar Tagen anschrieb und mich auf die erste Folge aufmerksam machte. Ich möchte festhalten, dass „edukativ“ ein tolles Wort ist und Thomas diesem Blog offensichtlich einen solchen Charakter zuspricht. Ha! Kinder, ich habe den Zenit des Bloggens erreicht, was soll jetzt noch kommen?

Die Party-Reihe „Tears Run Rings“ hat eine eigene Webseite und den Podcast findet ihr bei podcast.de (einfach so direkt loshören), Spotify oder Apple (mit Anmeldung).

Debütalbum von Paura Diamante: Ein queerer Tango ins Schwarze

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Die queere Marlene Dietrich des Dark-Wave, Paura Diamante, hat nach ihrer Single-Auskopplung „Berlin“, die ich bereits in einer Ausgabe unserer Serie Formel Goth vorgestellt habe, endlich ihr Album veröffentlicht, das nun unter dem vielversprechenden Namen „Tango“ bei Young & Cold erschienen ist. Ich möchte vorwegnehmen: Nach dem Durchhören des Debüts ist mir bewusst geworden, wie überfällig diese musikalische, regenbogenfarbene Brücke zwischen der queeren und der schwarzen Szene gewesen ist.

Bevor wir uns nun der Musik widmen, vielleicht noch eine kurze Erklärung. Die Gothic-Szene ist seit ihrer Entstehung auch ein Schutzraum für Menschen mit queerem Hintergrund, es spielte nie eine Rolle, mit welchem Geschlecht man sich identifizierte oder inszenierte, weil man musikalisch auf der gleichen Wellenlänge schwebte und sich mit der gefühlten Melancholie und Traurigkeit auf der Tanzfläche begegnete. Allerdings gibt es zwischen typisch „queerer Musik“ und typisch „gruftiger Musik“ eine nicht wegzudiskutierende Diskrepanz, man lausche dazu diesem interessanten Podcast. Lady Gaga ist mit „Born this way“ die aktuelle Königin der queeren Hymnen. Queere Musik, so scheint es, ist energiegeladen, farbenfroh und kämpferisch. Es wurde also höchste Zeit, dass queere Musik mit der typischen Gothic-Attitüde, wie Hoffnungslosigkeit und Depression endlich auch gruftige Tanzflächen erobert.

Hier kommt Paura Diamante ins Spiel, die im sexy schwarzem Outfit, Smokey Eyes, Wolfgang-Petry-Gedächtnis-Perücke und mit glitzerndem Schweif singend den queeren Regenbogen wie eine Brücke überquert, der sich hinter dem bunten Zenit in triefendem Schwarz verliert. Ob sie dabei den „Tango“ tanzt, der dem Album seinen Namen spendete, ist nicht überliefert.

Man nehme die beiden Stücke „Munich White“ und den Titelsong des Albums „Tango“ als musikalisch Untermalung dieses Bildes. Während das erste Lied mit einem catchy Beat und funkelnden Synthie-Klängen in einem repetitiven Chorus dahinplätschert, der beim nächsten CSD tanzende Anhänger hinter einem Wagen versammeln könnte, dürfte „Tango“ düster stampfend und melodisch fordernd über die Tanzfläche jeder angesagten Dunkeldisco fegen. „Wir sind die Kinder dieser Nacht, aus welkem Fleisch gemacht – unsere Ekel wird Staub, bis der Morgen graut„. Die Pikes der Dark-Waver rutschen im Takt über die glatten Dancefloor. „Kinder der Nacht“ ist unser Stichwort.

Die Zusammenarbeit mit dem Produzenten Electrosexual, der die Songs vor allem elektronisch aufarbeitete, verleiht dem Album von Paura eine sehr gelungene und thematisch dichte Atmosphäre. Allerdings probiert sich Paura auch musikalisch aus und präsentiert mit „Sleepwalker“ einen vom gregorianischen Gesängen und Dead Can Dance inspirierten Track, während sie sich in „Children of Europe“ im Neofolk ausprobiert. Dieses Genre erscheint auch der passende Rahmen für den Song zu sein, der ihr persönliches Manifest spiegelt, dass sie zur Beschreibung des Album beigefügt hat:

Dabei bilden die politischen Ereignisse der vergangenen Jahre […] die Folie, auf der das Album kritische Fragen zu stellen versucht. Welche Verantwortung tragen ehemalige europäische Kolonialmächte im Angesicht der weltpolitischen Gesamtsituation? Wie stark reichen (gesellschafts-)politische Zusammenhänge in das Leben jeder einzelnen, in einem sicheren und wohlhabenden Europa aufgewachsenen Person hinein? Wie gehen Menschen in Europa mit der ethisch-moralischen Verantwortung um? Wie verarbeiten sie die Tatsache, dass sie in einer Wohlstandsblase leben, während um sie herum die Welt aus den Fugen gerät und immer mehr Menschen tot an die Küsten des Mittelmeers gespült werden? Die aus diesen politischen Realitäten resultierende Hilflosigkeit und Depression, die Abgründe der „Kinder Europas“, versucht „Tango“ allerdings nicht zu werten, sondern vielmehr von innen heraus zu beschreiben.

Ich bin skeptisch, ob man diese Tiefe innerhalb der Songs spüren kann, bin aber beeindruckt, wie reflektiert, aufmerksam und nachdenklich Paura Diamante die Umwelt wahrnimmt und versucht, sie in einem musikalischen Konstrukt zu spiegeln.

Gegenüber dem Magazin „Bouygerhl“ beschreibt in einem Interview mit Zacker das Video zum Song „Vampires“ mit ebendieser bedeutungsschwangeren Atmosphäre: „Der Vampir interessiert mich eher als Symbol für eine brüchige, marode und von Moral befreite Dekadenz.“ Glücklicherweise nimmt das Video mit expressiver Übersteuerung ein wenig Fahrt aus der vielleicht etwas überladenen Beschreibung.

Mit dem Cover vom Stefan Waggershausen Klassiker „Zu nah am Feuer“, der das 1984 zusammen mit Alice ins Mikrophon trällerte, endet er Reigen der Genre. Gemeinsam mit DIAF ist er „So nah am Feuer“. Habe ich mich nun verbrannt?

Fazit

Paura Diamantes Debütalbum „Tango“ ist großartig geworden und glänzt allein durch den möglicherweise unbeabsichtigten Versuch, eine Brücke zwischen queerer Musik und der schwarzen Szene zu bauen. Dabei probiert sich das Album in verschiedenen Genres aus, bedient Neofolk (Anspieltip: Children of Europe), erinnert entfernt an Dead can Dance, schwenkt wiederum auf Pop-Tracks für illustre Abende, um schließlich in einer potenziellen Dark-Elektro-Hymne (Anspieltip: Tango) den Ende des bunten Regenbogens zu erreichen, der wie zuvor erwähnt, in tiefstem Schwarz verläuft. Kein düsteres, waviges oder thematisches Konzeptalbum, sondern eine Art musikalischer Selbsterfahrungs-Spielplatz mit Anspruch, bei dem man der Künstlerin fasziniert beim Spielen zusieht. Für eingefleischte Gothics wahrscheinlich nicht „Gothic“ genug und für Liebhaber queerfreundlicher und lebensbejahender Hymnen wahrscheinlich zu düster.

Ich bin mir unsicher, wie sich Paura Diamante musikalisch positionieren möchte, oder ob sie es vorzieht, auf verschiedenen Hochzeiten zu tanzen. Ich würde es begrüßen, wenn sie noch tiefer in die Szene-Musik eintauchen würde. Das Augsburger Label „Young & Cold“, das ihre Musik unter die Leute bringt, steht schonmal auf der schwarzen Seite des Lebens. Das Zeug, die verschiedensten musikalischen Genre zu bedienen, hat sie allemal. Am eindrucksvollen Styling, das auf ganzer Linie überzeugt, wird es jedenfalls nicht scheitern.

Formel Goth: Fluch und Segen der Einsamkeit

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Einsamkeit ist ein unbarmherziger Lehrer. Wenn du alles allein machen musst, verlernst du nach Hilfe zu fragen und verlässt dich letztendlich nur noch auf dich selbst. Zachery Allan Starkey aus Brooklyn, New York kann ein Lied davon singen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sein Song „Solitaire“ handelt genau davon. Auch „Ein Gespenst“ thematisiert die Einsamkeit in ihrem Song „Ich tanze nur aus Höflichkeit“ und vor allem in ihrem Video dazu. Ein leerer Wiener Prater, in dem die beiden Bandmitglieder für eben dieses Lebensgefühl Pate stehen. Die ukrainische Band „Ship her Son“ greift das Gefühl des Krieges auf, indem sie Phrase „Gott bestraft uns für etwas“ aufgreifen. Dabei ist es weder Strafe noch Gott, sondern der brutale Krieg eines einsamen russischen Diktators, der die falschen Lehrer hatte.

Zachery Allan Starkey – Solitaire

Der aus New York stammende Zachery Allan Starkey tritt musikalisch in die Fußstapfen früher New Order Veröffentlichungen und verbindet stampfende House-Beats mit melodischen Synthesizer-Collagen zu einem spannenden US-Sound. Mit seinem Song „Force“ macht er auch keinen Hehl aus diesen Fußstapfen, denn dieser Track ist zusammen mit Joy Division Keyboarder und New Order Gründer Bernard Sumner entstanden. Allerdings trifft dieser Song weniger meinen Nerv, als die gesampelte Drum-Sequenz in „Solitaire“, die den Song für mich so „catchy“ macht. Allerdings schwächelt der Song darüber hinaus etwas und kann erst im Refrain wieder punkten, wenngleich er dadurch auch in etwas poppigere Gefilde driftet. Kommen wir zum Inhalt. Ich habe Zachery gefragt, worum es in dem Lied geht:

Solitaire handelt vom Triumph. Es ist ein Song darüber, sich zu weigern, aufzugeben und an seinen Prinzipien festzuhalten. Es handelt von meiner Hingabe, mein Leben nach meinen Bedingungen zu leben.

Ein gewisse Leidenschaft für die Selbstbestimmung muss man Zachery Allan Starkey schon lassen, vielleicht ist auch die Millionenmetropole New York, die ihren Tribut fordert. Menschen werden nicht zum Misanthropen geboren, sondern dazu gemacht. Was trieb den ihn die Einsamkeit?

Ich war schon immer ein einsamer Mensch. Ich bin in ärmlichen Verhältnissen in der Arbeiterklasse aufgewachsen, bin von Natur aus introvertiert und unternehme oft gerne Dinge alleine, auch gesellschaftliche Dinge wie den Besuch einer Bar oder eines Nachtclubs. Seit dem 12. Lebensjahr bin ich auf mich gestellt. […] Auf diese Weise aufzuwachsen, nicht viele Freunde zu haben und die meisten Dinge alleine zu tun, hat es mir ermöglicht, viel Zeit damit zu verbringen, andere Menschen dabei zu beobachten, wie sie Fehler machen und in welche Schwierigkeiten sie dadurch geraten. Ich habe solche Dramen immer vermieden, und ich habe auch „Solitaire“ darüber geschrieben, wie ich mein Leben allein und auf mich gestellt lebe, um mich zu schützen.

Ein Gespenst – Ich tanze nur aus Höflichkeit

Elias Hirschl ist ein blutjunger, österreichischer Autor und Poetry-Slammer, der auch musikalisch unterwegs ist. Seine aktuelle Band „Ein Gespenst“ verpackt die traurige, ja fast schon ausweglose Poesie in heiteren New Wave Sound, dessen Stimmung durch das Video nur nochmals konterkariert wird. „Ich habe keine Pflichten mehr / Ich atme nur mehr wenn ich will / Ich tanze nur aus Höflichkeit / Und wenn ich will, dann bin ich still.“ Zusammen mit Christopher Hütmannsberger hat „Ein Gespenst“ im März dieses Jahres ihre erste EP herausgebracht.

(Danke an Norma Normal)

Ship Her Son – Gott

Die ukrainische Band „Ship Her Son“ geht mit ihrem hypnotischen Sound einen interessanten Weg, der durch den deutschen Titel und die Samples in deutscher Sprache noch einmal spannender erscheint. Die Phrase „Gott bestraft uns für etwas“ ist daher auch die deutsche Übersetzung eines populären ukrainischen Memes, der in Kriegszeiten von vielen verwendet wird. Die aktuelle EP des Ein-Mann-Projekts „Alles wird gut“ wirkt dabei wie ein zynischer Hoffnungsschimmer, um einfach mal „was nettes“ zu sagen, selbst wenn die Zeiten andere Ausblicke in Zukunft versprechen. „Gott“ stammt allerdings aus dem Album „Essen“, das 2021 erschienen ist. Die Kombination aus „Ironic German Speech“, wie er es nennt und dem kühlen und hypnotischen EBM scheint zunächst passend, verliert sich jedoch ein wenig dadurch, dass es sich oftmals um zusammenhanglose Wortfetzen handelt. „Gott“ macht seine Sache deutlich besser.

Gruft-Orakel September 2022: Wie eine Lesebrille die Spannung verhindert

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Der Dämon hat die Grableuchte ausgepustet, während der Werwolf sich einen Knoblauchzopf geflochten hat.“ Zwischen den Zeilen lesen soll spannender sein. Der Sarg hat die Lesebrille aufgesetzt und liest eifrig zwischen den Zeilen des Gruftorakels. Schon eine Viertelstunde sucht er die versprochene Spannung, doch der berühmte Bogen will einfach keine aufbauen. Was interessieren mich denn die Haarkünste des Werwolfs? Und mit dem kleinen Zwist zwischen dem Dämon und der Grableuchte habe ich auch nichts zu tun. Oha! Jetzt bemerkt er seinen Fehler. Die Lesebrille! Nachdem er sie abgesetzt hat, wird es wirklich spannend, denn jetzt kann nur orakeln, was zwischen den Zeilen steht. Da hat Alana Abendroth mal wieder den richtigen Riecher gehabt.

Gruft-Orakel für den September 2022

 

Moonage Daydream: Erste genehmigte David Bowie Dokumentation verspricht bombastisch zu werden

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Mitte September läuft „Moonage Daydream„, der erste genehmigte Dokumentarfilm über David Bowie, erstmals in den Kinos. Ein erster Trailer beeindruckt mit einer bombastisches Atmosphäre, einem gewaltigen Sound und furiosen Schnitt, der atemlos macht. Die Möglichkeit des Filmemachers Brett Morgen, aus dem umfangreichen Bowie-Archiv zu schöpfen, hinterließ ein Meisterwerk, wenn man den bisher erschienenen Kritiken Glauben schenken darf.

David Robert Jones, der sich irgendwann für den Namen David Bowie entschied, hat in seinem Leben unzählige Charaktere verkörpert. Ziggy Stardust, Major Tom oder auch der Thin White Duke sind die bekanntesten Verkörperungen, die Bowie zum künstlerischen Chamäleon gemacht haben. Für mich bleibt er ein Künstler von einem anderen Stern, der im Stande war, in jeder musikalischen Dekade tiefe Fußspuren im kollektiven popkulturellen Gedächtnis zu hinterlassen. Sein Leben erscheint wie ein riesiges Mosaik, das beim näheren Betrachten immer neue, spannende Details offenbart.

Was du im Leben machst, ist wichtig, nicht wie viel Zeit du darin verbringst oder was Du Dir gewünscht hättest zu tun.

Anders als beim biografischen Film „Stardust“, der 2020 erschienen ist und David Bowies Musik NICHT verwenden durfte, ist Filmemacher Morgen für seine Dokumentation mit dem gesamten Nachlass des Künstler gesegnet worden. Der Pressemitteilung zufolge habe er „ungefilterten Zugang zu Bowies persönlichen Archiven erhalten, einschließlich aller Master-Aufnahmen, um einen kunstvollen und lebensbejahenden Film zu schaffen, der den Zuschauer auf eine Reise durch Bowies kreatives Leben mitnimmt.

Auf das gesamte Archiv, das aus über 5 Millionen Dokumenten bestehen soll, zurückgreifen zu können, ist eine gewaltige Möglichkeit, das künstlerische Leben von David Bowie nachzuzeichnen. Es kann aber auch eine erdrückende Last sein, so einem produktiven Künstler gerecht zu werden, der mit seinen Darbietungen stets Maßstäbe setzte.

Fünf Jahre hat sich Brett Morgen durch das Material gearbeitet, um auf 140 Minuten zu komprimieren, was Bowie ausmachte. Dabei legt der Film nicht wert auf schnöde biografische Fakten, sondern: „die emotionale Entwicklung Bowies, sein Wachsen als Künstler und vor allem als Mensch, seine Wandlung von einem tatsächlich schüchternen Mann, der sich auf der Bühne auslebte, zu einem in sich ruhenden Menschen, der mit Mitte 40 durch seine Ehe mit dem Model Iman endgültig zu sich selbst fand.

Einen langweiligen Film über Bowie zu machen scheint aufgrund seines Lebens und dem gewaltigen Nachlass an Material sowie nicht möglich zu sein. Es wird allerdings spannend, ob der Film die Erwartungen der Fans, einer der musikalisch einflussreichsten Menschen des 20. Jahrhunderts, gerecht werden kann. Im Prinzip muss er das aber auch nicht, denn jeder kann den Charakter aus David Bowie Karriere nehmen, mit dem er sich am meisten identifiziert.

Wochenschau: Sommer, Palmen, Sonnenschein? Nein Danke!

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Sommer, Palmen, Sonnenschein. Vor knapp 40 Jahren sangen die Ärzte von dem, was sich die meisten Jugendlichen damals wünschten. Im März 1984, bei einem Playback-Auftritt in Wipperfürth, war es jedenfalls saukalt und der Sommer in weiter Ferne. Dieser Tage sieht das wohlmöglich anders aus. Winter, Schatten, Regenschauer könnte der Titel lauten, denn allerorts ächzt man unter einer nie dagewesenen Hitzewelle. Klimawandel am eigenen Leib, das Wetter ist total im Eimer! Aber wem erzähle ich das? Für uns Gruftis war die Welt schon vor 40 Jahren dem Untergang geweiht, mittlerweile haben wir Abrüstung und Aufrüstung erlebt, haben Atomkraftunfälle, Atomkraftabschaffung und die neue Atomkraftliebe mitgemacht und sehen auch immer noch schwarz. Wir fanden vor 40 Jahren schon die Sonne doof, den Schatten cool und klirrende Kälte besser gefunden als brütende Hitze. Kümmern wir uns also nicht um die Probleme der Welt, sondern um Triviales. Viel Spaß mit der Wochenschau!

Kat von D macht Schluss mit Grufti | Insider

Die Tattoo-Künstlerin und Stilikone Kat von D macht Schluss mit der Gothic-Ästhetik, mit der sie sich einst definiert hat. Sie verkaufte ihre Anteile an der gleichnamigen Schönheitsmarke, bedeckte bereits einige Tattoos, verkaufte Immobilien und entsorgt jetzt einige Bücher über Hexerei und Tarot aus ihren. Nach ihrer Aussagen decken sich diese Dinge nicht mehr mit dem, „was sie sein möchte.“ Wir wünschen eine gute Reise! „Ich fand Schönheit schon immer im Makaberen, aber an diesem Punkt meines Lebens musste ich mich einfach fragen, in welcher Beziehung ich zu diesem Inhalt stehe. […] Und die Wahrheit ist, ich möchte einfach keines dieser Dinge in das Leben meiner Familie lassen, selbst wenn es in wunderschönen Hüllen verpackt ist und Staub in meinen Regalen ansammelt.

Dungeons, Boudoirs, and Bondage Wear | Creem

Andi Harriman begibt sich für das Creem-Magazin zusammen mit Stilikone Dave Edmond auf die Suche, warum Fetisch-Accessoires oder Latex-Kleidung in die Gothic-Szene gesickert sind: „Mehrere Gründe. Ich denke Specimen waren so etwas wie die Aushängeschilder der Batcave — sie waren immer in diesem Zeug gekleidet. Keyboarder Jonny Slut von Specimen trug immer Netzstrümpfe und PVC. Und als das Modelabel „Boy“ sich auf die ganze Sache mit Batcave einließ, fingen wir an, einen Batcave-Gothic-Look zu verkaufen. Wir würden immer beides zusammenmischen. Sie waren wie eine natürliche Ehe, ein bisschen wie Spitze. Du hättest zwei Arten von Goths: Du hättest die Art von viktorianischen Goths und die schmuddeligen Fetisch-Goths. Das weibliche Gegenstück war der Goth-Domina-Look – als Patricia Morrison beim Gun Club und den Sisters of Mercy war, trug sie immer solche Sachen.“

Bunter kann Schwarz nicht sein | NDR

Das Mera Luna ist vorbei und hat zahlreichen Besuchern ein tolles Wochenende beschert. Tino Nowitzki fasst das Wochenende für den NDR zusammen: „Ketten-Schlüpfer, Ledermasken, blutverschmierte Unterhemden? Willkommen auf dem M’era Luna 2022 – eines der wichtigsten Treffen der Schwarzen Szene. Und eines der schillerndsten: Denn wer beim Gang über das Festival-Gelände nicht bei offenem Mund ins Staunen gerät, der braucht dringend einen Termin beim Optiker des Vertrauens. Daran hat sich auch nach zwei Jahren Festival-Pause durch Corona-Pandemie nichts geändert.“ Untermalt wird der Text von einem 3-minütigen Video-Beitrag, dessen Tenor wohl „Kostüme“ lauten könnte oder vielleicht auch sollte.

Die prägenden Synthesizer von Front 242 | Gearnews

In einem Beitrag von „Moogulatur“ widmet sich Gearnews intensiv den technischen Aspekten der EBM und geht dabei speziell auf die Band Front 242 ein: „Die ersten Versuche mit „Principles“ erinnern eher noch an Cabaret Voltaire und steigern sich in einen neuen eigenen Sound, der bis zur frühen Mitte der Achtziger von analogen Synthesizern geprägt wurde. Zentral auf dem Geography-Album sind Synthesizer wie Rolands System 100 und 100m, Yamahas CS–Synthesizer (CS-40M, CS-15) zu hören. Auch der „Operating Tracks“-Bass vom Moog Source ist zu hören. Das ist ein speicherbarer Synth mit etwa der Struktur des Prodigy, den auch Depeche Mode sehr früh genutzt haben. „Belgien ist ein Land, in dem Synthesizer teuer sind“, sagte mir ein bekannter EBM-Musiker zu jener Zeit und so waren manche Instrumente auch Leihgaben.“ Obwohl ich jetzt keine Ahnung von der Materie habe, bin ich beeindruckt, wie viel Ahnung man von so einer Materie haben kann.

40 Jahre CD: Musik zum Anfassen | Tagesschau

Das runde Jubiläum der CD mag wohl gleichzeitig auch der finale Abgesang auf die kleine glänzende Scheibe werden, denn Streaming ist das neue Schlagwort, wenn es ums Musikhören geht. Für mich wieder eine Innovation, die ich von der „Geburt“ bis zu seinem theoretischen Ende mitverfolgt habe und dennoch nicht für „tot“ halte, denn wie die Schallplatte oder die Kassette findet auch die CD noch weiter Verwendung. Ein Artikel in der Tagesschau fasst alle Fakten und die heutige Situation zusammen. Hatte ich eigentlich schonmal die Geschichte von meinem ersten CD-Player erzählt? Könnt ihr ja gerne mal in den Kommentare anfordern.

Leipzig liest kein Buch | FAZ

Die Universität Leipzig schafft die Buchwissenschaften ab. Für die Stadt des Buchs eine Katastrophe oder die zwangsläufige Entwicklung der Digitalisierung? „Abgesänge auf das gedruckte Buch gibt es in etwa so viele wie Bücher selbst. Das Buch hat sie bislang überlebt, und die Leseforschung, ein Zweig der Buchwissenschaft, hat erklärt, warum man auch in Zukunft noch Bücher drucken wird. Etwa weil man sich besser an das erinnert, was man zwischen zwei Buchdeckeln gelesen hat.

Rock im Park 2023 – Kräftiger Preissprung | merkur

Der begonnene Vorverkauf für das „Rock im Park“ Festival für nächstes Jahr wirft dunkle Schatten auf kommende Preissteigerungen voraus. Inflation, Personal, Energie. Statt 199€ kostet das Festival 2023 nun 268€. Ich bin gespannt, was uns noch so erwartet. „„Das Rock-im-Park-Ticket für nächstes Jahr kostet in der Early Bird Phase 268 €. Vor Corona waren es noch 199 €, davor 169 € …“, moniert eine Person die Preise in einem Jodel-Post. Dazu der Hashtag #Wucher. „Richtige Frechheit, zumal die Organisation einfach seit Jahren immer schlechter wird“, antwortet jemand. „Würde denen wirklich gönnen, wenn die mal richtig floppen würden, aber gehen vermutlich immer noch genug hin …“

Druiden und Hippies 1969 in Stonehenge | Kraftfuttermischwerk

Subkulturen gibt es schon eine ganze Weile. Nicht erst in den letzten Jahren versammeln sich einige davon in Stonehenge, um ihren Leidenschaften und Überzeugungen nachzugehen.

(via KFMW)

Black Friday – Biggest Goth Festival in the World Part 2 | It’s Black Friday

Wer A sagt, muss auch B sagen. Nachdem ich in der letzten Wochenschau den ersten Teil von Black Fridays Besuch des Wave-Gotik-Treffen gezeigt habe, kommt jetzt auch der zweite Teil.