Bei ARTE Tracks war jüngst ein spannender Beitrag über die „Gothic Renaissance“ die wieder einmal von eine Wiedergeburt des Szene handeln soll. Im Mittelpunkt stand die aktuelle Londoner Szene rund um Parma Ham, die Gothic für sich interpretieren, ausleben und erweitern. Für manche ist das ein Stilbruch ohne inhaltliche Bezüge zu Szene, für andere eine neue und spannende Dekade gruftiger Weiterentwicklung.
Vielen Lesern dürfte Parma Ham kein unbekannter sein, schon 2018 haben wir ihn schon in einem Interview vorgestellt, seit dem ist er zu einer Art Stilikone für „Neo-Gothic“ geworden, wenn man diesen Ableger so nennen möchte. ARTE hat eine Gruppe von jungen Leuten, Künstlern und Fotografen in der britischen Hauptstadt London besucht, um anhand dieser Entwicklung die Wiedergeburt der Szene zu dokumentieren. Funfact: Bereits 1998 hat ARTE schon einmal über die Rückkehr der Gothics berichtet.
Gothic Renaissance? Völliger Unsinn!
Das die Szene gerade jetzt wieder auferstanden sein soll, ist für mich völliger Unsinn, denn die Szene war im Grunde genommen nie wirklich weg oder tot und muss demnach auch nicht wiedergeboren werden. Sie ist nur in den letzten Jahren wieder in den Fokus gerückt, seit dem stilprägende Filme und Serien wieder auf der Mattscheibe zu sehen sind. Wednesday, Beetlejuice und die Neuverfilmung von „The Crow“ sind nur die Spitze des Eisberges. Diese Produktionen haben wieder für einen modischen und zum Teil auch inhaltlichen Trend gesorgt, in dessen Fahrwasser auch die Gothic-Szene wieder verstärkt in den Mainstream geschwappt ist.
Allerdings finde ich die Auswahl der Leute für den Inhalt dieser ARTE-Tracks Sendung sehr gelungen, denn mit dieser neuen Interpretation unserer Subkultur wurde eine neue Dekade der Szene eingeläutet. Ich habe an anderer Stelle bereits von meiner Theorie geschrieben, dass sich die Szene meine Ansicht nach etwa alle 10 Jahre „neu erfindet“ und neue Einflüsse und Interpretationen assimiliert. Der Verbreitungsgrad dieser Doku ist jedenfalls Indikator dafür, dass viele von Euch sie bereits gesehen haben:
Zankapfel der Szene – Kurzzeitiger Trend oder neuer Bestandteil?
In den Kommentarspalten streitet sich die Szene. Einige können sich so gar nicht mit dem Inhalt der Dokumentation identifizieren und halten das für einen Trend von Posern, andere finden, dass die Szene hier nur weiterentwickelt wird. Dass das einigen nicht gefällt, liegt in der Natur der Veränderung. Das ist aber auch nicht weiter tragisch, denn schließlich ist Gothic für einen das, womit man sich einst identifiziert hat. Gruftis aus den 80ern sehen die Szene ein Stückchen anders als Gruftis aus den 90er oder den 00ern. Die Wurzeln der eigenen Szene-Identität sind nun mal festgewachsen. So weit, so theoretisch.
Wirklich neu ist der visuelle Eindruck, über den sich viele echauffieren, allerdings nicht. Aufmerksame Szenefans werden überall Versatzstücke früherer Generationen erkennen, die hier nun gebündelt auf den Körpern der Protagonisten gemischt werden. Haare aus den 80ern, BDSM-Elemente aus den 90ern, Cyber-Einflüsse aus den 00ern, Gender-Bending aus den 10ern. Wobei sich auch diese Elemente wieder untereinander befruchtet haben und auch schon immer irgendwie in der Szene schlummerten. Auch musikalisch ist das alles keine Überraschung, „Techno“ war bereits Ende der 90er auf den Plattentellern schwarzer Clubs zu finden. Woher kommt also die Ablehnung?
Aus den Kommentaren zur Doku, die bei Facebook zu finden sind, möchte ich folgende zitieren:
Es ist für mich eher Sci-Fi-Punk, aber kein Goth und macht für mich kaum das aus, was für mich Goth ist.
„Goth“ ist ein sehr individuelles Zugehörigkeitsgefühl, das vor allem musikalisch und inhaltlich verwurzelt ist. Ich verstehe jeden – wie in diesem Zitat – für den das, was in der Doku zu sehen ist, nicht „sein Gothic“ ist. Auch für mich geht das ein meiner persönlichen Definition vorbei, spricht aber den Leuten aus der Doku in keinster Weise ihre Daseinsberechtigung ab. In einem anderen Kommentar heißt es:
So ganz ehrlich: welche kreative Jugend hat schon Lust es exakt so zu machen wie der angehende Rentertrupp, der den größten Teil der schwarzen Szene in den letzten 10 Jahren auszumachen scheint?
Das ist der Punkt. So funktioniert Abgrenzung oder auch Rebellion und Interpretation. Es eben nicht so zu machen, wie die Leute, die schon waren. Daraus wächst dann wohlmöglich ein eigener Wertekompass von dem, was Gothic für einen ausmacht.
Reduziert man Parma Ham und die Leute aus dem Video nur auf einen Aspekt ihrer Interpretation – also auf die Musik, das Styling oder auch die inhaltliche Agenda, mag die Kritik gerechtfertigt sein. In der Gesamtheit funktioniert die äußerlich und Inhalte Provokation doch letztendlich genauso, wie in jeder Dekade der Szene. Immer ein bisschen krasser, als vorher.
Heute fällt man so schon garnicht mehr auf, insofern kann ich nachvollziehen daß die Ausdrucksformen einfach krasser sein müssen, und – hey, funktioniert ja gut wenn man sich ansieht wie viele sich hier jetzt echauffieren
Dabei liegt die Messlatte für die neuen Gruftis deutlich höher, denn die müssen sich nicht nur vom Mainstream abgrenzen, sondern auch von den Vorgängerversionen der Subkultur, der sich zugehörig fühlen.
Ich persönlich finde das alles spannend und großartig. Ich habe keine Lust darauf, die Szene, die immer schon den Mainstream auf eine passive Weise konterkariert hat, als Kopie der Szene wahrzunehmen, in der ich mich durch sie sozialisiert habe. Allerdings gestehe ich jedem zu, „seine Szene“ zu schützen, schließlich ist das ein Refugium nach ganz eigenen Maßstäben und Wertevorstellung. So wie bei Parma Ham und seinen Freunden. Die bringen so ein eigenes Magazin mit Artikeln, Gedichten, Gedanken und vielen Bildern heraus.
Rebellion mit guter Laune?
Eine Sache fand ich allerdings dann doch noch spannend. Wie ich bereits erwähnte, gehören meine Wertvorstellung zu „meiner Szene“. So wie Traurigkeit, Melancholie und ja, Pessimismus. Allerdings sagt Parma Ham am Ende der Dokumentation:
„Ein Punk-Slogan war ’no future und das fühlte viele Leute damals so. Das ist der große Unterschied zu heute. Viele Leute aus meinem Umfeld sind viel optimistischer. Und dieser Optimismus kommt von einer gewissen Vorfreude auf das, was als nächstes kommt, um daraus die Zukunft zu formen.“
Auch wenn ich das nicht so sehe, finde ich das irgendwie spannend. Denn ist das nicht die Gegenrichtung zum aktuellen Mainstream? In den 80ern haben wir uns gegen eine Spaßgesellschaft gestemmt, die alles neonfarben-bunt in Grund und Boden gefeiert hat. Gegen eine Gesellschaft, die angesichts der damaligen Ereignisse und Entwicklungen nicht an ein Ende der Welt geglaubt hat. Heute glauben viele an ein Ende der Welt. Klimawandel, Kriege, Konflikte und Flüchtlingskrisen bestimmen das Weltbild. Der Mainstream ist irgendwie pessimistischer geworden. Ist das neue Refugium dann zwangsläufig der Optimismus? Grenzt man sich durch Optimismus mittlerweile vom Rest der Gesellschaft ab?
Oh Robert…da hast du ja wieder harten Stoff ausgegraben 😅!
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll meine Gedanken zu ordnen.
Die Frage wo das noch Goth sein soll finde ich mehr als berechtigt. Außer das mit Elementen davon gespielt wird, nehme ich ihn persönlich nicht wahr. Tatsächlich darf man wohl aber nicht aus den Augen verlieren, dass wir inzwischen in einer anderen Zeit angelangt sind und es mit einem anderen Teil der Erde zu tun haben. Für mich kristallisiert sich immer wieder heraus, dass jedes Land…jeder Kontinent seinen eigenen Goth hat. Mein Eindruck ist, dass speziell wir in Deutschland noch sehr am alten Goth festhängen, was ich definitiv begrüße!, und in unserem Äußeren doch sehr gesetzt und geerdet sind. Unser eins will und braucht dieses Auffallen und präsentieren nicht. Wir wollen unsere Ruhe. Zumindest so mein Eindruck.
Warum letztendlich die Szenen der verschiedenen Ländern und Kontinente zusammenschmelzen weiß ich nicht. Womöglich doch einfach nur das das tragen, für manche wohl spielen, mit den Elementen. Und ja gerade im Bezug auf die gezeigten Leute in der Doku, kam mir der Gedanke, ob sie die Schwarze Szene nicht einfach nur dafür missbrauchen um einen Freifahrtschein für’s anders sein zu erhalten, weil sie sich sonst nicht trauen. Ich treibe mich ja nun schon viele Jahre auf unterschiedlichen Portalen und Seiten für die Szene herum, und nicht selten habe ich unter der Rubrik „was bedeutet Gothic für dich“ gelesen „Ich selbst sein zu können“. Sehr oft fing es dann immer an in meinen Kopf zu arbeiten, weil für mich persönlich nicht nachvollziehbar ist, warum man eine Szene braucht, damit man man selber ist. Oder ob die Leute sich einfach nur unglücklich ausgedrückt haben. Meine Auffassung ist, ich bin wie ich bin, mit all meinen Interessen und Vorlieben und Dingen, die mich ansprechen und suche mir dementsprechend die für mich passende Szene. Quasi mein Zuhause.
Um wieder auf die Doku zurück zu kommen, den Leuten scheint es ja auch bewusst darum zu gehen aufzufallen, daher ein weiterer Gedanke, ob sie mit ihrer Optik vll. nicht auch etwas kompensieren wollen. Bzw. bezeichnen sich viele von ihnen ja als Künstler und wie man weiß, sind Künstler in seiner Art und dem Auftreten sehr oft auch extrovertiert. So wirklich kann ich das gesehene tatsächlich nicht einordnen. Aber ich denke, ob wir wollen oder nicht, so langsam müssen wir uns damit arangieren und abfinden, dass solche Erscheinungen parallel zu uns alten, im Vergleich fast schon langweilig daher kommenden, Schwarzkitteln, in der Szene existieren. Und ich denke, dass wir in Deutschland auch noch so manche Veränderung erwarten können – wenn vll. auch nicht so extrem. Bei mir läuft aktuell auch so ein kleines Mädel rum (macht ihr Praktikum), die ich nicht einschätzen kann. Baggy ähnliche Hosen, Hoodie und Sportschuhe – alles in Schwarz und Accessoires, die nach Goth schreien. Ich könnte mir vorstellen, dass auch hier die Kids anfangen werden mit Elementen verschiedener Szenen zu spielen und ihr eigenes kreieren.
Was ich abschließend aber noch zu dem ganzen Text sagen möchte…die Leute können tun was sie wollen, von mir aus auch mit Goth-Elementen spielen, was mir aber immer schleierhaft bleiben wird, warum es immer gleich mit als Goth betitelt wird 🤷🏼♀️🤔.
Vorallem passt einfach die optimistische Sichtweise der Welt und deren Zukunft nicht in die allgemeine Goth Szene.
Natürlich sollte man nicht alles Negativ sehen und sich vor der Welt fürchten, aber was mich schon immer an der Szene so angezogen hat war und ist die realistische Betrachtungsweise der Gesellschaft und der heutigen, so wie zukünftigen Zeit.
Die Welt ist kein fröhlicher Regenbogen, wie es uns unsere Eltern und Dysney vorgaukeln wollten, als wir noch klein wahren, sondern ein Zusammenspiel aus vielen, teils tragischen Ereignissen, die vom Menschen, oder der Natur selbst hervorgebracht werden.
Natürlich gibt es auch viele schöne Momente, keine Frage. Aber es gibt eben auch die Dunkelheit.
Wer das nicht mag (und auch mit der Musik wirklich allgemein gar nichts anfangen kann) ist dann leider in der Goth Szene meiner Meinung nach falsch abgebogen, da man sich primär um die dunkle Seite des Lebens und der Menschen beschäftigt.
Man wird da nicht glücklich werden.
Ich war ja eine ganz kurze Zeit Punk, als ich 11 – 12 war. Da habe ich aber auch gemerkt es passt einfach nicht. Bis auf die Toten Hosen und die Ärzte ist die Musik größtenteils leider nicht mein Geschmack (die Sex Pistols hatten noch den ein oder anderen guten Song) und Punk ist vorallem sehr laut, schrill, provokant und extrovertiert, während ich genau das Gegenteil war.
Da gehe ich ja auch nicht hin, ändere komplett die Punk Szene und erwarte dass die anderen gefälligst da mit machen.
Das hast du schön formuliert! Genau so seh ich das auch.
Die Szene mag sich damals zu Beginn in den 80ern sicherlich zu großen Teilen über Musik und Optik definiert haben (aber auch nicht nur/alle, und die Friedhofsgänger z.B. gab es damals auch schon – deren Motive mögen natürlich sehr unterschiedlich gewesen sein ;) )… aber sie hat versucht sich später dann eine Identität zu geben die auch über „Party aber halt in düster“ hinausgeht (man denke nur an die Neue Deutsche Todeskunst und deren Texte)… und diese Identität ging irgendwann leider allmählich wieder zum Teil verloren (nicht erst heute, eher Laufe der 2000er finde ich). Schade.
Kann ich das irgendwo unterschreiben bitte? :)
Seh ich genauso – Aber ich glaube zumindest MANCHEN (nicht allen) von dir zitierten Leuten tust du da tatsächlich unrecht: Wenn du dich mit dem identifizierst was die Szene in deinen Augen ist und du deren Musik, Ästhetik, Mentalität(?) magst… dann kannst du in dieser Szene entsprechend halt so sein wie du bist. ;)
(Aber manche benutzen auch die Szene sicherlich um irgendwelche anderen Spleens auszuleben, ich glaube es gibt einfach beides unter den Leuten die du hier zitiert hast.)
Die Doku hat die Spitze des Eisberges dargestellt. Der 08/15 Neo-Goth ist sicherlich weniger auffällig (man diesen ja nicht gezeigt in der Doku), so wie es auch hierzulande üblich ist. Nicht jeder will als Paradiesvogel auffallen. Andererseits sehe ich diese Generation der Anfangsgeneration weit näher als die derzeitige altbackene Generation. Damals hatte man Spaß und hat gefeiert was das Zeug hält. Ihr wisst schon warum. Die Neos (ich nenne sie jetzt mal so salopp) feiern auch, nicht das Ende, sondern die Zukunft. Die bisherigen Goth sind zum größten Teil in den 90ern mit Goth sozialisiert worden und kennen Goth nur so. Sie, also ihr, wissen gar nicht wie die Goth in den 80ern gefeiert haben, oft zusammen mit Punks. Wir hatten damals nix am Hut mit Melancholie und Düsternis und so. Genau das sehe ich jetzt bei den Neos. Ich sehe hier im Club, dass Goth eher zu Elektro tanzen als zu klassischem Goth, von daher ist für mich nicht verwunderlich, dass die Kiddies in der Doku zu Gabber abtanzen. Ein Stein fügt sich ins andere. Wäre die Goth-Szene heute direkt die gleiche wie in den 80ern, wäre der Bruch zu den Neos gar nicht so groß und wesentlich logischer nachvollziehbar.
So wie Robert finde ich die Entwicklung spannend. Im Gegensatz zu den meisten meiner Zeitgenossen bin ich weiterhin für alles Neue zu begeistern, auch wenn ich nicht alles mitmache. Ich finde es einfach spannend wie sich alles so entwickelt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob diese neue Welle auch tatsächlich auf den Kontinent rüber schwappt. Das weiß man nun mal nie. In England entstehen immer wieder neue Dinge. Die Engländer sind da hyper dynamisch in solchen Dingen und es gibt da immer wieder was neues, das auch schnell wieder verschwindet. Was sich davon hält, kann man nicht vorher wissen und somit auch nicht mit dieser neuen Episode. Wie sagt man hier im Süden? Schaun mer mal.
Im gewissen Maße muss ich Alice bezüglich diesem Thema „Feiern“ schon Recht geben. Ich habe tatsächlich manchmal den Eindruck gehabt, ohne es jetzt als Kritik zu meinen, dass die Szene auch eine gewisse Party- und Feierszene ist. Bei nicht wenigen steht das Tanzen gehen weit oben und die Leute erwecken auch nicht den Eindruck, dass sie zu Tode betrübt sind.
Wenn man allerdings schon den Vergleich zu damals zieht, dann doch bitte komplett. Ja auch damals wurde gefeiert, aber die Leute sahen nicht aus als seien sie gerade von einer Faschingsferien des Städtischen Karnevalclubs gekommen 😂.
An der Stelle ist mir auch etwas schleierhaft, warum man unbedingt versucht diese neue Szene aus dem Beitrag mit der damaligen zu verbinden 🤷🏼♀️.
Ich finde du stellst die Vergangenheit arg vereinfacht dar. Auch wenn ich einigen deiner Punkte durchaus zustimme, würde ich das alles nicht so generalisieren.
Meine Cousine war beispielsweise auch in den 80ern aktiv, hing irgendwo zwischen Punk und Goth mit anderen Punks rum und nahm no future noch sehr ernst. Sie und ihre Freunde waren damals felsenfest davon überzeugt, dass der Kalte Krieg die Lichter bald ausknipsen wird. Ihre damals beste Freundin ging sogar noch weiter, Stichwort „Goldener Schuss“. Friede Freude Eierkuchen und ein bisschen rumpöbeln war eben auch nur ein Teil des Gesamtbildes. Nebst denen, zu denen du scheinbar gehört hast gab es schon auch noch jene die das Leben und die Zukunft ganz und gar nicht rosig sahen und all die Gruselattitüden bierernst nahmen. Diese düstere Sichtweise fand dann in den 90ern ihren Höhepunkt.
Während du die 80er als Zeit des Feierns beschreibst, vergisst du, dass viele diese Ära auch als sehr düster empfanden. Natürlich gab es Partys und Spaß, aber für viele war die Ästhetik des Todes, der Melancholie und der Verzweiflung nicht nur eine Maske, sondern eine Art, mit dem gesellschaftlichen Klima umzugehen.
Dem schließe ich mich durchaus an. Und nein, man muss nicht alles mögen was neu ist. Parmas Outfits empfinde ich auch größtenteils als albern und bei dieser fürchterlichen utzutzutz-Musik möchte ich am liebsten im Strahl kotzen. Die Vielfalt der Szene erlaubt aber gerade diese unterschiedlichen Geschmäcker und Vorlieben. Und selbst wenn die elektronische Musik für mich nichts ist, gibt es genug andere Einflüsse, die mir gefallen.
Das sich international immer mal was tut finde ich allerdings auch spannend. Ob das jetzt lange anhält oder wie ein Strohfeuer nur kurz aufflammt, um dann wieder zu verschwinden sei mal dahin gestellt.
Graphiel, ich kann Dir – wieder einmal – vollumfänglich zustimmen. Die Kalte Krieg-Ära war beileibe nicht schön, der Atom-Unfall in Tschernobyl, der Saure Regen und das Ozon-Loch konnten einem in den 80ern auch schon den rosaroten Blick auf die Zukunft verhageln. Was blieb da übrig? Deprimiert sein – oder feiern gehen, wie beim Totentanz. Das beides hat die Gothic-Szene schon immer vereint. Je nachdem, mit welchen Leuten man sich umgab, überwog das eine oder das andere, oder es war ne ausgewogene Mischung (mal in sich gekehrt sein und Weltschmerz zelebrieren, dann wieder alles durch musizieren und/oder tanzen rauslassen).
Ich hab genug Goths aus den Anfagszeiten kennen gelernt und bin selbst 35 Jahre in der Szene, habe einige Entwicklungen mal wohlwollend, mal ablehnend betrachtet. Letztlich erleben wir musikalisch eigentlich seit einigen Jahren eine echte Retro-Welle, vom Postpunk und Batcave über Synth- und Coldwave, sogar ein paar waschechte neue Gothrock-Gruppen gibt es. Die klingen zum Teil wirklich klasse, auch wenn sie oft optisch nicht mehr eindeutig der Szene zuzuordnen sind.
Man mag die Musik altbacken nennen, aber es sind meist junge Musiker, wie z.B. Whispering Sons oder Kaelan Mikla, die diese Musik für sich entdecken und spannend gestalten. Da ist nichts „tot“.
Was mich hingegen nervt, sind „Goth-„Etikettierungen für etwas, was eigentlich anderen Szenen angehört, sowohl musikalisch als auch optisch sowie inhaltlich. Das war schon beim Cyber und Steampunk so und nun auch bei diesem „Neo-Goth“, der sich mehr an Techno, Rave, Fetisch, Drag Queen und Manga orientiert. Alles, was mit Goth an und für sich nichts zu tun hat. Warum sollte es also „Goth“ sein? „Drag Art Rave“ würde als Betitelung besser passen ;-)
Seh ich auch so – Und ich verstehe es auch nicht so ganz… warum war es ausgerechnet die Gothic-Szene und das Label „Goth“ dass für absolut ALLES herhalten muss? Warum wird dieses Label einfach überall drangehängt auch wenn daran gar nichts „gotisch“ oder „düster“ oder „melancholisch“ oder „schaurig“ ist? Wenn es weder einen Bezug zur 80er/90er Goth-Szene noch zu den Gothic Novels noch zu sonst irgendwas das evtl. „gothic“ ist echte Berührungspunkte hat? Gab es das jemals bei anderen Szene? Mir fällt keine ein. :(
Das ist ein bisschen ein generelles Problem – Wenn jemand z.B. „damals“ dabei war dann sagt er „das war damals so und so“… dann mag das so gewesen sein für ihn/sie. Aber in den 80ern kanntest du halt wohl doch primär eher DEINE lokale Szene in DEINER Stadt und ggf. vlt. deiner Region/deinem Bundesland. Du kanntest nicht die gesamte deutsche Szene und du kanntest nicht jeden Goth im Lande (tut man natürlich auch heute nicht, aber heute kriegt man durch das Internet halt schon ein wenig mehr mit)… mir wurde auch schon von Altgruftis erzählt dass es ihnen um mehr ging als um feiern, das Gegenteil von dem was Black Alice sagt – Idealisierung der Vergangenheit? Möglich, man weiß es nicht. Menschen sind aber verschieden und ich glaube es waren eher regionale Grufti-Cliquen die halt auch einfach vielleicht durchaus auch etwas unterschiedlich drauf waren…
Und ich denke es ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Strohfeuer (wie fast alles in unserer schnelllebigen oberflächlichen Instagram-Zeit). ;)
Für mich hat Goth bekanntlich nichts mit Mode oder Erscheinung oder andere Äußerlichkeiten zu tun. Mir geht es um die Musik.
Und da finde ich gerade die letzten Jahre super spannend, nachdem die 2010er mir etwas zu viel in der Post-Punk-Welle waren. Egal ob Dark Jazz, Dark Folk, Dark Indie Rock, Dark Pop oder so ganz altmodische Genres wie Ethereal Wave oder der gute alte Goth-Rock. Wenn ich auf Bandcamp unterwegs bin, finde ich ganz viele unterschiedliche Spielarten, die es vor 10 Jahren so noch nicht in dieser Vielfalt gab.
Wenn gewollt, kann ich ja mal einen Artikel drüber schreiben. ;-)
Ja, schreib mal bitte. ;-)
Wenn Robert einverstanden ist… :D
Ich vermute dein Kommentar zielt auf den Techno ab, den man im Clip wahrnehmen kann, anders krieg ich jetzt sonst keine Verbindung zwischen deiner Aussage und dem Beitrag.
Dass es einige gibt, die mit Goth nix äußerliches verbinden – OK, aber wenn du schon die Musik als wichtigen Punkt erwähnst, darf man fragen, was für dich Goth Musik ausmacht? Welche Punkte da, symbolisch gesprochen, abgehakt werden müssen, damit für dich Musik Goth ist? Einfach nur damit man deinen Gedanken besser verstehen und einordnen kann. 🤔
Das kommt je nach Genre an: Bei Dark Punk sind mir beispielsweise Texte sehr wichtig. Bei Neoklassik, Ethereal Wave oder Dark Folk vor allem eine dunkle Grundatmosphäre, in der ich mich gedanklich verlieren kann.
Bei so traditionellen Genres wie Gothic-Rock entweder der Versuch etwas neues zu wagen, oder wenn man schon auf alten Pfaden unterwegs ist, dann ist mir hier das Songwriting und die Komposition sehr wichtig.
Bei elektronischen Darkwave wiederum eine bestimmte Atmosphäre, die für mich passend ist. Da kann es durchaus auch Elemente von Synthwave oder Synth Pop geben.
Aber vor allem und immer: Authentizität. Wenn mir jemand beispielsweise Techno oder Schlager-Pop als „Goth“ verkaufen will – nur weil er szenisch gekleidet und gestylt ist, finde ich das, naja…
Dafür können aber Musiker, die optisch auf den ersten Blick wenig mit der Szene gemein haben (nicht jeder will halt wie ein Paradiesvogel unterwegs sein), sich auf herrlich dunkle und geradezu melancholische Songs spezialisieren.
Und Letzteres ist mittlerweile auch die Mehrheit, weil auch niemand mehr Musik als Hauptberuf betreibt. Also nicht in Subkulturen. Da muss man dann optisch durchaus auch etwas Rücksicht auf den Brotjob nehmen. Insbesondere in Ländern wie Kanada, Australien – wo es nie eine sonderlich große Gothic-Szene gab. Von so Ländern wie Italien oder die ganzen osteuropäischen Länder ganz zu schweigen.
Auch mein erster Eindruck: Mit der Gothic Szene im klassischen Sinne hat es nix zu tun. Für mich ist Gothic eine Szene die stark mit der entsprechenden Musik verknüpft ist. In der Gothic Szene ist es eben hauptsächlich Gothic Rock, Post Punk und Wave. Und musikalische Genre lassen sich ganz gut nach bestimmten Parametern zuordnen. Strengenommen ist alles andere nicht Gothic!
Dennoch, wenn wir von schwarzer Szene sprechen ist das nochmal etwas anders, weiter, vielfältiger. Da gibt es ja zig mehr Genre, die mal mehr, mal weniger Bestandteil des Ganzen sind.
Und ob es uns gefällt oder nicht, es gibt nunmal viele Fusionen die in den letzten Jahrzehnten stattgefunden haben. Mit Metal oder Techno z.B..
Ich kann überhaupt nichts mit Metal anfangen und genausowenig mit der ganzen Cyber-Sache. Aber vor allem letzteres scheint gerade bei vielen Jüngeren einen starken Eindruck hinterlassen zu haben.
Technoide Klänge sind bei jungen Leuten eben total normal und alltäglich geworden, so wie die Rockmusik für die vorherigen Generationen. Man denke dran, selbst „harmloser“ Rock war für die Eltern/Großeltern Generation der Jugendlichen in den 50er 60er und auch noch 70er Jahren totaler Krach. So ähnlich ist das heute vermutlich mit Techno. Eine Szene die viele Facetten hat, von totalem Mainstream á la Scooter, bis zu sehr undergroundigen Formen.
Die in der Doku gezeigte Clique ist definitv eine Truppe von spannenden Kreativen und ich finde es schon beeindruckend was die auf die Beine stellen. Das sie den Begriff Gothic für sich aufgreifen und nutzen, so fürchte ich, kann man da nicht viel dran machen. Sollen sie doch ihre eigene Definition davon verwirklichen. Ich denke diese Künstler haben generell einen speziellen Blick auf die Dinge. Zum einen ist das eine Generationenfrage, zum anderen neigen sehr kreative Menschen sowieso dazu alles auf den Kopf zu stellen und sich starren Strukturen zu widersetzen.
Paradiesvögel und Selbstdarsteller gabs übrigens schon von Anbeginn an in der Szene. Die braucht es auch, vor allem wenn der Großteil der Szeneleute eher introvertiert ist.
Und natürlich wird auch diese Clique und Partyreihe seine Spuren in der schwarzen Szene hinterlassen. Dagegensteuern und Meckern hilft da wohl auch nicht viel.
Ich denke, der Kern der Gothic Szene bleibt trotzdem erhalten, weil sie ja eben schon allein musikalisch determiniert ist. Und ungerührt dessen das seit Jahren, Jahrzehnten das vermeintliche Ende prophezeit wird und einige Menschen eine verwaschene Definition verbreiten. Also alles halb so wild ; )
Ob die Baby Bats von heute eher den traditionellen Gothic Begriff und die Musik übernehmen oder sich mehr von neueren Spielarten angesprochen fühlen, liegt schlicht nicht in unseren Händen. Ich find das alles sehr spannend! Meine persönliche Sozialisation in die Szene und meine Auffassung von Gothic wird durch neue Strömungen und Sichtweisen nicht gefährdet, sondern höchstens ergänzt! Ein bisschen mehr Gelassenheit kann nie schaden.
Einspruch! ;-)
Hier verweise ich auf Acts wie The Vyllies, Cocteau Twins, This Mortal Coil (überhaupt vieles was damals bei 4AD veröffentlicht wurde), Dead Can Dance, In The Nursery etc. die die Szene-Musik der 80er Jahre genauso prägten wie Siouxsie & The Banshees, The Cure & Co.
In den 90ern gab es dann so Sachen wie Stoa, Chandeen, Miranda Sex Garden, Dargaard, Love Is Colder Than Death, Rajna (allgemein alles aus dem damaligen Prikosnovenie-Katalog!) u.ä. die eher neoklassische Werke im Repertoire hatten.
Gerade diese Acts waren schon sehr, sehr eng mit der Gothic-Szene verwoben IMO.
Ja, die Label 4AD und Hyperium haben schon einige gute Acts gehabt damals!
Da hast du mich falsch verstanden. Natùrlich sind die bands die du aufgezåhlt hast bedeutend fùr die szene, gerade eine band wie dead can dance hat mich in den 90ern sehr geprägt! Mir ging es lediglich um eine strikte genrebezeichnung, wenn man denn ganz pingelig sein wùrde. Damit wollte ich eben zum ausdruck bringen, das die grenzen durchaus dehbar sind, wenn man es nicht so genau nimmt.
Absolut Zustimmung. Es ist die Jugend die eine Szene beleben und überhaupt erzeugen. Es sind die Alten, die immer alles beim alten lassen wollen. Die Zukunft gestaltet aber die Jugend und das ist auch ihr Recht. Wir können da nur zuschauen. Es ist vielleicht nur ein Sturm im Wasserglas, oder eine neue Spielart des Goth. Das entscheiden sie und nicht wir alten Granny-Goth und Grand Pa-Goth.
Was ich bei Arte Tracks jetzt sehen konnte, trifft mein Gefühl von Gothic so gar nicht: – Laut, schrill, extrovertiert wurden jetzt auch schon viele Gedanken dazu geäußert, denen ich zustimmen kann. Dennoch können andere vielleicht genau auf diese Weise Dunkelheit feiern und dann sollen sie das gerne auch so tun. Meine emotionale Gestricktheit ist ja kein Maßstab für andere.
Für mich ist das, was ich jetzt in dem Beitrag über die Gothic Rennaisance in diesem Beitrag mitbekommen habe eher Kunst, Kunst der Selbstdarstellung die ich bestaunen kann, die ich auch zum Teil sehr kreativ finde, die aber nichts mit meinen eigenen Gefühlen zu tun hat. Das heißt, ich bleibe interessierter Beobachter, fühle mich aber gar nicht als Teil davon. Interessant fand ich in den in der Arte Tracks Sendung mehrfach erwähnten Bezug zu transhumanistischen Ideen. Ich habe schon in verschiedenen Gruppen die verschiedenen Abstufungen Mensch-Maschine diskutiert mit jeweils völlig anderen Ergebnissen. Aber so spannend das sein kann, es liegt für mich weitestgehend außerhalb von Gothic. Ich sage weitestgehend, denn irgendwo hat die Aufhebung der Grenzen Mensch-Maschine oder Mensch-künstlich erzeugte Kreatur wieder etwas gruseliges, dystopisches , das dann doch irgendwo passt. Ganz so einfach finde ich das mit den Grenzlinien: „Was passt zu meiner Vorstellung von Goth?“ also gar nicht.
Das sehe ich allerdings anders. In unserer Gesellschaft ist zwar „Mimimi“ sehr verbreitet, aber wenn es wirklich ans Eingemachte geht, verschließt doch die Mainstreamgesellschaft nach wie vor die Augen. Stichwort Klimawandel: Die meisten verdrängen doch, dass wir oder unsere Kinder gute Chancen haben zu ertrinken, zu verdursten oder zu verbrennen, weil wir den Planeten einfach gnadenlos überfordert haben. Thema Tod, Vergänglichkeit: Da zeigt für mich gerade der Artikel über Trauer und KI, wie Menschen verzweifelt versuchen, die Endgültigkeit des Todes zu verdrängen. Goth sein. bedeutet für mich aber, genau diesen Dingen ins Auge sehen zu können. Und was junge Menschen angeht, so habe ich gerade wieder heute mit zweien ein Gespräch gehabt, das unter die Haut ging. Falscher Optimismus und Verdrängung wäre hier nur Hohn gewesen. Ich bin der Meinung, dass es immer noch junge Menschen gibt, die eine vor Optimismus strotzende Gesellschaft eher kritisch sehen und denen die Ursprungsszene oder Erwachsene, die sich daran orientieren, näher stehen als die schrill wirkenden Paradiesvögel aus London. Aber wie schon einmal gesagt, viele verschiedene Wege führen durch die Dunkelheit und welchen man schlussendlich einschlägt, ist eine höchst individuelle Angelegenheit und sollte meiner Meinung nach einfach akzeptiert werden.
Die Goth waren in den 80ern auch bunte und schwarze Paradiesvögel. Damals fielen sie extrem auf, so wie auch Punker. Wir hatten viel gemeinsam die Punker und wir. Die Masse war aber eher zwar punkig schwarz, dunkel oder auch normalfarbig, aber nicht schrill aufgedonnert. Das sind immer nur einige wenige, die schrill aus der Masse heraus stechen und das taten sie damals schon. Das sind die, die man gerne fotografiert, die Bilder die man über die Jahrzehnte aufbewahrt und die das Bild nach vielen Jahrzehnten prägen, weil man die anderen Bilder nicht mehr hat, weil langweilig. Heute interessiert das niemanden, wenn da dunkle Gestalten daher kommen. Ist heute alles normal. Erst wenn man sich nen Krähennest aufsetzt und sich hellweiß schminkt, dann fällt man etwas auf, aber sonst, sind Normal-Goth heute unauffällig normal. Die Doku hat auch nur diese schrillen Gestalten aufgenommen. Die Masse dahinter hat die Doku nicht erfasst und das fand ich schade. Nach 40 Jahren wird man diese Doku aus der Kiste holen und dann sagen, so waren die Goth der 2020er Jahre. Die anderen, die die Szene tatsächlich prägen, die wird man in 40 Jahren vergessen haben.
Bei dem Punkt wollte ich nochmal nachhaken…
„Die Goth waren in den 80ern auch bunte und schwarze Paradiesvögel.“
Die 80er hab ich in Windeln erlebt und kenne quasi nur Bilder. Aber ich dachte immer, dass die Paradiesvögel, eher die New Romantics waren? 🤔
Leugnen, dass die Schwarzen auch auffielen mag ich gar nicht, aber ich habe den Eindruck, die haben da andere Mittel genutzt. Nicht diese „Hier bin ich“-Erscheinung wie zum Beispiel Boy George 🤔.
Ich vermute mal, Alice meint eher die Blitzkid- und Batcave-Szene der frühen 80er. Die waren zum Teil recht schrill, allerdings gab es damals noch gar nicht das Etikett „Goth“, das kam erst ca. Mitte/Ende der 80er auf. Außerdem wurden Szenemitglieder anfangs eher als Waver, Gruftis, Fraggles oder Ghouls bezeichnet, Goth/Gothic wurde als Begriff erst später verwendet.
Ah ok! Danke…ja das ist mir tatsächlich nicht so geläufig.
hier mal ein paar Fotos dazu:
https://www.messynessychic.com/2021/04/30/meet-the-london-club-kids-who-made-punk-go-pop/
Oh ja, das waren echt Paradiesvögel… :D
Aber wie Tanzfledermaus schon geschrieben hat, meinte ich eher die, naja, Underground Szene. So hieß das damals im allgemeinen, weil die einzelnen Sub-Szenen darin noch keinen Namen hatten. Die New Romantics waren die Paradiesvögel der New Wave Szene, obwohl die in dieser Szene auch sehr umstritten waren. Und die anderen, waren die Paradiesvögel der Underground Szene. Die einen waren hübsch (ja echt, waren wirklich tolle Sachen was die gemacht haben), die anderen eher provokativ. Wobei die New Romatics durchaus auch mit ihrer Ansrogynität provoziert haben. Es hat schon etwas gedauert bis das punkig provokative raus war und eher ein modisches Statement gesetzt wurde, um sich dann vom Rest abzuheben. Im Laufe der 80er war Punk dann aber wirklich tot, bis auf kleine Reste. Und die kleinen Reste haben dann neue Akzente gesetzt und haben aus dem Post-Punk geschöpft und in den 90ern Punk wieder aufleben lassen. Nur so nebenbei. Aber da gingen wir schon lange grundverschiedene Wege und die Goth haben ihren eigenen Stil gefunden, um sich von allen anderen abzuheben, wie wir ja alle wissen.
…tut es für mich ebenfalls – So interessant ich als IT’ler, Nerd & ehemaliges „Computerkind“ gewisse Themen in diesem Bereich finde… „Gothic“ war zumindest für mich immer eher verknüpft mit Gefühl, dunkler Romantik, Kunst, Poesie, … nicht mit Technik, dem Philosophieren über Transhumanismus oder der Beschäftigung mit technischer Utopie/Dystopie (wobei das in der Doku auch eher nach Schlagworten klang und nicht nach echter tiefgehender Auseinandersetzung innerhalb dieser Community). Das befindet sich zumindest in meinem Hirn jeweils in völlig verschiedenen Bereichen. XD
Genauso. Wobei ich Ausnahmen sehe, die bei mir zumindest eine Verbindung zulassen. – Deswegen sagte ich auch „weitestgehend“. Da ist zum einen Frankensteins Monster, eine künstlich geschaffene Kreatur, die aber zutiefst emotional ist und Einsamkeit, Trauer und Schmerz empfinden kann. Für mich treffen hier genau die Dinge aufeinander, die Du zurecht verschiedenen Bereichen im Hirn zuordnest: Wissenschaft und Technik (verkörpert durch Viktor Frankenstein) und dunkle Romantik (erkennbar in der Emotionalität und Sensibilität der Kreatur, die einsame und erhabene Landschaften liebt). Ich spreche hier jetzt vom Roman (eines meiner Lieblingsbücher). Bei den Verfilmungen hat keine für mich die dunkelromantische Stimmung wirklich transportiert. Der andere Anknüpfunspunkt ist für mich die Dystopie aber nicht im Sinne der technischen Dystopie. Die gehört bei mir auch nicht zum Gothic -Areal in meinem Gehirn. Ich meine eher die einer zerstörten, kurz vor dem Untergang stehenden Welt. Die Endzeitstimmung, die da verbreitet wird, hat für mich schon einen Bezug zu Gothic. Das ist dann auch für mich kein ganzer Film oder kein ganzes Buch sondern Szenen oder einzelne Kapitel daraus. Oder auch „Das Ende“ von Goethes Erben, worin sich unsere Welt zum schlimmst möglichen Ort entwickelt hat.
Aber ich teile Deine Vermutung, dass diese Auseinandersetzung mit der Zukunft in der Community, die in der Doku gezeigt wird, eher nicht stattfindet. Würde ja dann auch nicht zu deren eher optimistischen Haltung passen.
Die Dypstopie per se hat natürlich schon was mit Goth zu tun (Endzeitromantik)… Aber an Franksteins Monster hatte ich in dem Kontext noch nie gedacht (vermutlich weil ich auch bei der Geschichte aus HEUTIGER Perspektive eher die dunle Romantik und Tragik sah und weniger die natürlich darin ebenso erkennbare (auch intendierte?) Skepsis gegenüber Technologie und deren potentiellen Gefahren – Das ist in der Tat eine interessante Perspektive auf das Thema – Danke für diesen Kommentar! :)
Vermutlich haben diese beiden Bereiche für mich in meinem persönlichen(!) Empfinden auch deshalb so wenig Berührungspunkte zueinander weil die (dunkle) Romantik für mich auch in gewissem Sinne ein Ausbruch aus einer kalten, technisierten, sinnentleerten Welt ist (die eben frei von Romantik und Gefühl ist und den Wert von Kunst und Poesie nur noch nach deren wirtschaftlicher Verwertbarkeit bemisst… man könnte auch sagen „Gothic“ ist für mich auch eine kleine „Rebellion der vorsätzlichen Unvernunft“ in einer Welt in der sonst die Form nur noch der Funktion folgt…).
PS: „Das Ende“ ist tatsächlich ein faszinierender Song das stimmt, nicht „schön“ (soll er wohl auch nicht sein) aber interessant…
„Rebellion der vorsätzlichen Unvernunft in einer Welt in der sonst die Form nur noch der Funktion folgt.“
Diese Formulierung kann ich absolut nachvollziehen. Genau diese Rebellion kann man meiner Meinung ja auch in Shelleys Roman erkennen: Die Kreatur steht für Unvernunft, Emotionalität und rebelliert gegen Ihren Schöpfer, der als Wissenschaftler kaltes, nur auf einen Zweck ausgerichtetes Denken vertritt. Aber beide sind im Roman schicksalsmäßig eng miteinander verbunden. Und da sehe ich halt auch die Verbindung: Wäre die Welt nicht kalt und sinnentleert, wie Du sagst, würde das Irrationale und Emotionale nicht in dieser heftigen Form rebellieren.
Ich finde aber auch, dass Frankensteins Kreatur zeigt, was passieren kann, wenn man die emotionalen Seite unterdrückt: Sie gerät außer Kontrolle: Das Monster beginnt zu morden.
Das heißt für mich wiederum in Bezug auf Gothic, dass das Ausleben (dunkler) Emotionen durch düstere Musik und Ästhetik einem helfen kann, in dieser Welt, so wie Du sie beschrieben hast, eben nicht in einer Sinnkrise zu ersticken. Da kommen dann wieder Goethes Erben ins Spiel: Nein, schön ist der Song nicht, aber für mich bei doch mal eintretender Sinnkrise ein gutes Mittel mit reinigender Wirkung.
Das würde ich wiederum voll und ganz unterschreiben – Sehr schön zu hören bzw. zu lesen dass man mit dieser Perspektive nicht alleine ist hier. :)
Vieles wurde hier schon gesagt, manchem stimme ich zu, Anderem nicht. Ich möchte trotzdem ein paar Gedanken beisteuern.
„Für mich ist das nicht Gothic!“ Ich glaube, für „Gothic“ gab es noch nie die eine, für immer gültige Definition, Gothic ist für jeden eine individuelle Interpretation. Das fängt schon bei den Ursprüngen des Wortes „Gothic“ an, das ja eigentlich einfach nur für etwas Rohes, Andersartiges, „Barbarisches“ stand, aber mit dem Entstehen der Szene immer wieder erweitert und neu interpretiert wurde.
Bei den musikalischen Ursprüngen ging es darum, aus den gewohnten Bildern und Themen des Punk auszubrechen, der anstößig und unangepasst sein wollte, sich aber nicht weiter entwickelte. Post Punk und später Gothic Rock suchten dagegen eher die Schönheit im Unvollkommenen, Individuellen und Andersartigen, was aber nicht immer mit Traurigkeit gleich zu setzen war. Der Bezug zur Düsternis und Horror ergab sich dabei eher nebenbei als Interpretation der Fans. Wo Punk extrovertiert und zerstörerisch war, wurde Gothic eher introvertiert und reflektierend, durchaus auch rebellisch in seiner Kritik an der Gesellschaft, aber ohne die destruktiven Tendenzen des Punk, dabei trotzdem in seinen Extremen immer so „fremd“, dass es dem Mainstream wie eine Invasion von Barbaren vorkam.
Das Streben nach indiviuellen Schönheit, der Hedonismus und auch das Ausgelassene und durchaus Fröhliche waren schon immer Teil der Szene und der Interpretation der Individuen unterworfen. Mit den gesellschaftlichen Bedingungen der 80er entfaltete sich dies in eine eher düstere Richtung, die eine Sehnsucht nach den schöneren Aspekten des 18. und 19. Jahrhunderts enthielt. Es ging also um Eskapismus und die Suche nach Schönheit bei gleichzeitiger Kritik, Akzeptanz und Annahme des Unvermeidlichen. Das bedeutete aber auch immer, dass sich die Szene und ihre Definition später mit den gesellschaftlichen Bedingnungen wandelte (was bekanntlich der Grund ist, weshalb sie überhaupt noch existiert).
Die Zugehörigkeit von Akteuren wie Param Ham zur Szene ist in meinen Augen daher auch kein Gegensatz zum angestrebten Individualismus und Herausstechen aus der Masse, denn die Szene bietet einen Raum in das akzeptiert wird und wo man sicher vor Anfeindungen ist, und andererseits ist ja auch genau dieser Indivualismus in die Gene der Szene eingeschrieben, er trägt zur Erweiterung und Erneuerung bei.
Ich finde, die im Video gezeigten Individuen passen durchaus in diese Interpretation des Gothic. Das zeigt Parma Ham sehr gut, indem er sich und seine Kunst einerseits als Kritik an der Konsumgesellschaft sieht, andererseits aber auch sagt: „Es geht einfach darum gut auszusehen […] und das ist meine Version davon“. Also auch hier wieder die Suche nach einer individuellen Definition von Schönheit im Anderartigen, basierend auf einer düsteren Zukunftsvision (er nennt unter Anderem das Thema Transhumanismus, also das Erweitern und Überschreiten der Grenzen menschlicher Existenz mit technischen Mitteln, was aber auch schon Grundlage von Mary Shelleys „Frankenstein “ ist, einer der Gothic Novels schlechthin, die ja auch in der Szene eine große Rolle spielen).
Ich glaube, Vieles von dem Ablehnenden, was hier gesagt wurde, basiert ein wenig auf der Angst, dass die Szene irgendwann so anders wird, das man selbst sich nicht mehr als dazu gehörig akzeptieren kann. Es ist eine Form von Gatekeeping, das aber den Wandel der Szene langfristig nicht verhindern wird.
Natürlich kann man sich fragen, was neuere Entwicklungen wie Steampunk mit dem Gothic-Teil der Szene zu tun hat (mich überzeugt das auch nicht besonders), aber letztlich glaube ich, dass es eine Menge (auch personeller) Überschneidungen und viel weniger Unterschiede in der Grundtendenz gibt, als man vielleicht auf den ersten Blick sieht.
„Ich glaube, Vieles von dem Ablehnenden, was hier gesagt wurde, basiert ein wenig auf der Angst, dass die Szene irgendwann so anders wird, das man selbst sich nicht mehr als dazu gehörig akzeptieren kann. “
Ich kann jetzt nur meine Ansicht zu sagen, aber ich persönlich kann mich schon länger nicht mehr mit der Szene identifizieren, wie sie jetzt ist. Meine Ablehnung hat also weniger mit Angst zu tun. Vielmehr ist es eher Unverständnis im Sinne von „nicht begreifen“ können. Mein damaliger Beweggrund, die Szene als mein Daheim anzusehen, war zum Beispiel, dass ich mich nie mit den Trends von Mode und was In ist identifizieren konnte, genauso dieses streben nach höher, schneller, weiter…das teuerste und beste von allem, welches vorallem in der Stinogesellschaft gelebt wird. Die Szene war für mich immer fernab davon. Heute gibt es x Influencer, deren Leben sich gefühlt nur um Mode dreht. Da wird hier ein Paket von Killstar aufgerissen und da wird dort vor der Kamera sich angekleidet. Und das wöchentlich bis täglich. Ich kann niemanden verübeln, wenn die Szene ihm inzwischen fremd ist oder die Person sich gegen weitere Einflüsse ausspricht. Das hat was von, wenn jemand zu dir Heim kommt und deine komplette Wohnung umräumt. Man nimmt das neue automatisch irgendwann nicht mehr als seins war…zumindest ist das bei mir so.
Nachtrag: letztendlich macht man dann einfach sein Ding für sich. 🤷🏼♀️
Ja, diese Auspackorgien auf YT gehen mir komplett auf den Geist. Aber soll jeder seinen Spaß. Meiner ist es jedenfalls nicht.
Interessant finde ich Deinen Einstieg in die Szene. Mode spielte schon immer eine Rolle in der Szene. Zuerst um aufzufallen, um anzuecken. Das funktionierte in den 80ern noch ganz gut. Mode war schon immer eine Protestform gegenüber der Gesellschaft. Damit konnte man schon immer aufregen und schockieren. Mit Mode grenzt man sich als Jugendliche von anderen Szenen ab. Neben der Musik als Hauptträger der Szene ist es auch die Mode die damit einher geht. Die Neo-Gothics müssen heute noch schriller sein als wir es damals im Verhältnis waren, weil heute weit mehr toleriert wird als damals. Die Mode der Goth hat sich von Anfang der 80er bis heute erheblich verändert. Sie hat sich seit Mitte der 90er bis heute weniger verändert als von Ende 70er bis Ende 80er. So meine Beobachtung, mein Gefühl. Du bist in eine Zeit eingestiegen, als alles schon modisch erstarrt war. Und genau diese Starre brechen die jungen Neo-Goth nun auf. Es ist zumindest spannend.
Alice, meine ablehnende Haltung gegen die Modewelt und Trends der Stinos hat nur einen Teil meiner Beweggründe ausgemacht, aber um die und meinen „Einstieg“ soll es hier ja nicht gehen 😉🙂.
Davon ab gibt es in meinen Augen schon einen Unterschied zwischen „Ich nutze Kleidung um ein Statement zu setzen bzw. eine Zugehörigkeit nach Außen zu tragen“ und Kleidung als Prestigeobjekt zu nutzen und Leute entsprechend abzuwerten. Und genau darum, wie es quasi auch in meinem Text steht,
„….genauso dieses streben nach höher, schneller, weiter…das teuerste und beste von allem, welches vorallem in der Stinogesellschaft gelebt wird“
ging es mir immer.
„Es ist eine Form von Gatekeeping, das aber den Wandel der Szene langfristig nicht verhindern wird.“
Hier bin ich wieder musikalisch und entgegne: Ich kenne das wirklich von keiner anderen Szene, dass man ein Label auf Dinge draufklebt, die nichts damit zu tun haben. Und ich bin da bekanntlich auch alles andere als ausgrenzend. Gerade das Gatekeeping, das vor 10 Jahren oder so noch viel verbreiteter waren, habe ich immer abgelehnt. Und wer meine Arbeit kennt, der weiß, dass meine Interpretation sehr ausgedehent, weitläufig und auch inkludierend ist.
Jedoch finde ich es wichtig bestimmte inhaltliche Boxen trotzdem intakt zu lassen. Nehmen wir den Begriff Post-Punk, der in den letzten Jahren so dermaßen inflationär verwendet wurde, dass er schlicht gar keine Bedeutung mehr hat. Ähnlich ist es mit Gothic, das bereits in den 90ern komplett zweckentfremdet wurde. Klassisches Beispiel: Man hat Flyer für Gothic-Partys gesehen und wenn man dann mal da war, gab es nur lauten stampfenden Techno – am besten noch mit frauenfeindlichen sowie sexualisierten Lyrics, der einen das Hirn zerschreddert hat lassen und wo man nur die Flucht antreten musste.
Sowas ist dann einfach der Sache nicht dienlich. Für die Künstler nicht und für die Fans jeweiliger Spielarten eben auch nicht.
Das Problem was ich in Social Media und allgemein der heutigen Medienlandschaft sehe, dass solche krassen Beispiele dann die Runde machen, während zumeist introvertierte Musiker, die schlicht introvertierte Musik machen, komplett untergehen. Da die Medienlandschaft auf lauten Krawall aus ist. Das finde ich auch sehr, sehr, sehr schade.
Ist Goth Music wirklich immer introvertiert? Vieles von den Sisters klingt ganz und gar nicht introvertiert, wie auch vieles aus dem Goth Rock der 90er. Die schreien ihr Ding regelrecht heraus. Dieses Introvertierte ist ja auch so ein Ding, dass sich erst so in der zweiten Hälfte der 80er herausgebildet hat. Da gab es beides, den introvertierten, wie auch den extrovertierten. Heute habe ich eher das Gefühl, dass es nur noch um Introvertiertheit geht, was es ursprünglich gar nicht war. Weil sich viele aufregen, dass so manche etwas schriller sind, rege ich mich auf, dass es nur noch um introvertierte Emo Themen geht, was für mich aus der ersten Generation nicht so das primäre Thema ist.
Was Post-Punk angeht, so muss ich Dir Recht geben. Gerade in der Goth Szene wird der Begriff regelrecht verramscht für Stile in denen ich keinerlei Post-Punk sehe. Das Thema hatten wir ja auch an anderer Stelle schon.
Black Alice Das habe ich nicht gesagt. Es gibt seit einigen Jahren auch ne kleine Dark-Punk-Welle, die natürlich nicht introvertiert ist. Auch Dark Carbaret ist alles andere als introvertiert.
Mein Take war jedoch, dass eben introvertierte Musiker und ihre Kunst kaum noch wahrgenommen werden. Darum geht es mir. ^^
Naja, Goth ist einfach eine schöne Möglichkeit mit Themen wie beispielsweise Depressionen oder Existenzängste umzugehen. Das hat dann natürlich auch eine therapeutische Wirkung.
Ich denke, gerade musikalisch gibt es derzeit viele spannende inhaltliche und stilistische Strömungen, die jedoch medial nur unzureichend dargestellt werden.
Die Doku haben wir neulich auch gesehen (Arte-Dokus sind ja i.d.R. oft sehenswert)… und waren eher wenig überzeugt im Anschluss. ;)
Sind das interessante, kreative, sympathische Leute? Ja, absolut!
Hat das was für mich mit Goth zu tun? Nein, sorry.
Toupierte Haare o.ä. (so sehr ich dgl. auch schätze) reicht da für mich nicht.
Auch „Abgrenzen und Auffallen um jeden Preis“ reicht für mich nicht.
Zum manchen der Stylings (die nicht alle meinen Geschmack treffen ;) ) oder der (absolut grässlichen) Musik bei diesen Wraith-Events will ich gar nichts weiter sagen, das ist natürlich sehr subjektiv… aber diese „positive, total optimistische Grundhaltung“ ist für mich halt maximal ungruftig. Dinge wie Melancholie, Zweifel, Nachdenklichkeit, Beschäftigung mit Themen wie Tod, Vergänglichkeit, den Schattenseiten des Lebens und der menschlichen Natur… gehören – für MICH – einfach dazu.
Natürlich ist nicht jeder Goth automatisch ein großer Philosoph (muss auch nicht sein), aber diejenigen die keine reinen Modegruftis sind (und von denen hab ich schon länger keinen mehr persönlich irgendwo getroffen (das setzt natürlich ein Gespräch voraus, mag schon sein dass im Club welche an mir vorbeiliefen ;) ) hatten halt irgendwie immer einen tendenziell eher nachdenklich-skeptischen Blick auf die Menschen, die Welt und deren Zukunft und/oder haben sich gern mal ein wenig der Melancholie hingegeben… (man kann auch im Club gern mal zu schnelleren Beats tanzen, aber hört dann vielleicht Zuhause bei Kerzenschein mal Sopor oder geht zur Entspannung auf dem Friedhof spazieren – Das eine schließt das andere ja nicht aus)
Robert : Abgesehen davon dass ich NICHT den Eindruck habe dass die Mehrheitsgesellschaft wirklich schon an ein Ende der Welt glaubt (kommt vlt. ja noch ;) ) – mir scheint die meisten verdrängen Probleme eher und konsumieren fröhlich weiter – wenn man NUR deshalb, NUR um sich (vermeintlich) „abzugrenzen“ von einer pessimistischen(?) Gesellschaft plötzlich einen auf fröhlich-optimistisch machen würde… hm. Für mich ist Goth da eher „einfach sein gruftiges Ding machen, seine innere Dunkelheit ausleben, EGAL was andere denken“, wenn man partout einfach nur „Anti“ sein will („ganz egal wie“) orientiert man sich ironischerweise letztendlich ja doch WIEDER auch nur an der Mehrheitsgesellschaft – oder? ;)
@ Topic: Generell liest man hier in den Kommentaren ja teilweise sinngemäß ein „stellt euch nicht so an, eine Szene muss sich verändern etc.“ – Find ich als pauschale „Grundhaltung“ genauso schwierig wie das andere Extrem (alles neue aus Prinzip immer nur sch… zu finden). Die Frage ist für mich: Sehen wir neue Facetten einer existierenden Szene, Facetten die vlt. anders sind aber an bestehendes anknüpfen (und zwar nicht NUR rein äußerlich)…? Ist der „Spirit“ noch da und kommt halt nur in neuer Form daher? ODER wird nur – mal wieder – „Gothic“ als bedeutungsloses Etikett irgendwo drangehängt? Letzteres darf man nämlich durchaus auch mal unsinnig finden imho (ohne deshalb gleich ein „engstirniger ewig gestriger“ zu sein). ;)
Ich bin auch keineswegs intolerant, jeder darf und soll nach seiner Fasson glücklich werden – Aber deshalb muss doch nicht auf ALLES immer wieder und wieder gleich groß das Label „Gothic!“ geklebt werden – Deshalb liebe Leute: Bitte erfindet doch einfach mal neue, eigene Begriffe für eure (im hier gezeigten Beispiel ja nicht unsympatische) Szene wenn es außer „toupierte Haare hier“ und „Lackklamotten da“ keinerlei Überschneidungen gibt (und ja, ich weiß dass ist hier nicht das erste mal dass das passiert). Es muss nicht alles immer „Sowieso-Goth“ sein. Kreativ genug wären die Leute aus der Doku ja sicherlich, und ansonsten hätte Tanzfledermaus hier irgendwo schon einen guten Vorschlag gemacht. ;)
Nachtrag weil „Bearbeiten“ gerade nicht klappt:
Robert : Ernstgemeinte Frage: Warum „müssen“ sie das denn eigentlich in deinen Augen Robert? Ich kam erst 2004 so wirklich in die Szene aber hatte nie das Bedürfnis mich von Goths der 80er oder 90er „abzugrenzen“ (ganz im Gegenteil, ich fand sie faszinierend und irgendwie interessanter als „meine Generation“ damals) – Abgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft, vom direkten Umfeld, als Teenager von den eigenen Eltern z.B., kann ich alles irgendwo nachvollziehen – Aber warum wird man Teil(?) einer Szene um sich DANN anschließend von ihr „abzugrenzen“? Das wirkt doch schon ein wenig paradox, oder nicht?
Nun ja, meine Erfahrung hat gezeigt, dass „Nachwuchs“ sich immer versucht „abzugrenzen“. MÜSSEN sie natürlich nicht.
Doch ich sehe immer wieder, dass sich „Gothic“ von Generation zu Generation weiterentwickelt, einfach weil es natürlich ist, genau das zu tun. Das geht auch immer mit einer gewissen Abgrenzung einher, wie ich finde. Eben weil auch viele „alte“ sich vom „neuen“ abgrenzen. Man will alles „alte“ vereinnahmen und es dann mit „seinem“ fortführen. Entwicklung oder Abgrenzung, das mag Ansichtssache sein.
Darüber hinaus habe ich den Eindruck gewonnen, dass sich viele neue „Gothics“ gar nicht mehr als Teil der Szene sehen, sondern als Individuum, in so einer Art Patchwork-Subkultur. Meinem EMPFINDEN nach, gibt es immer weniger junge „Gothics“, die sich auch als Teil einer Subkultur empfinden. Und wenn, dann bitteschön in einer eigenen Schublade :-)
Das war doch früher auch schon oft so, dass sich einige regelrecht mit Händen und Füßen dagegen gewehrt haben, in die Grufti/Gothic-schublade gesteckt zu werden, weil sie der Meinung waren, das würde ihrer Individualität schaden. Das hab ich nie so recht verstanden, warum zum einen eine Szene als Sammelbecken Gleichgesinnter gesucht wird, aber zugleich imer wieder betont werden musste, wie individuell man doch ist. Nu ja…
Mir stellt sich gerade die Frage, ob es denn wirklich so dramatisch ist, wenn Leute keinen Stempel aufgedrückt bekommen wollen, sondern einfach nur ihr Ding machen. Ob es jetzt unter dem Aspekt der gewollten Individualität passiert oder nicht, sei jetzt Mal dahin gestellt. Ich persönlich sehe das jetzt nicht problematisch und kann durchaus nachvollziehen, dass die Leute sich gerne mit Menschen umgeben wollen, die zum Beispiel ihre Interessen teilen und sie verstehen.
Ich selber tu mich auch mit der einen oder anderen Bezeichnung schwer. Grufti würde ich für mich zum Beispiel nie beanspruchen wollen, weil das für mich vorallem die aus den 80ern sind…die Urgesteine quasi. Und musikalisch bin ich da vermutlich auch anders und breiter aufgestellt, weil es vorkommen kann, dass bei mir auch Mal alter Rock und Metal läuft. Gothic finde ich für mich auch nicht passenden, weil ich vorallem all das ab den 2000ern und von heute damit in Verbindung bringe. Damit kann ich aber nix anfangen. Mit Goth kann ich mich auf Grund meiner Vorliebe für Goth Rock schon eher anfreunden. Und einfach nur „Schwarz“ finde ich für mich am passensten, weil ich es als Begriff großflächiger finde. Das jetzt Mal mein Blickwinkel dazu 🙂.
„dramatisch“ oder „problematisch“ ist es natürlich nicht, eher eine etwas amüsante Beobachtung finde ich. :)
Dieses leicht affektierte Überbetonen der eigenen Individualität und Einzigartigkeit das mir bei meiner „Goth-Generation“ damals oft auffiel, unbedingt der „Besonderste unter den Besonderen“ sein zu wollen… Dabei ist doch eigentlich klar: Jeder Mensch ist ein Individuum, jeder Mensch ist erstmal einzigartig – Das muss man eigentlich nicht groß betonen oder herausstellen… und jeder Mensch lässt sich DENNOCH so man denn will auch in mehrere „Schubladen“ stecken (allerdings nicht nur in eine, das ist natürlich ein weit verbreiteter Irrtum – Z.B. sind die wenigsten Gruftis NUR Gruftis und sonst nichts weiter ;) ).
Mich darf man gern in die Schublade „Grufti“ stecken (aber ich pass auch noch in ein paar andere, die teilweise gar nichts miteinander zu tun haben). 8)
Mein bester Kumpel z.B. könnte über sich selbst einerseits sagen „Ich bin ein einzigartiges Individuum“… er könnte aber ebenfalls sagen „Ich bin primär Metalhead, Nerd und Gamer“ -> Beides wäre gleichermaßen wahr. ;)
Auch wenn der Begriff für viele irgendwie negativ aufgeladen ist: Insgeheim denkt doch jeder Mensch in „Schubladen“, auch wenn es ihm 99% der Zeit nicht bewusst ist (anders kämen wir in unserer komplexen Welt im Alltag vermutlich gar nicht zurecht), da mach ich mir keine Illusionen – Problematisch wird es in meinen Augen erst wenn daraus negative Vorurteile oder Diskriminierung resultieren.
PS: „Grufti“ ist für mich nicht nur ein Begriff mit 80er- sondern definitv AUCH mit 90er-Bezug, interessant dass andere das so anders sehen. :)
Die 90er sehe ich als eine Zeit des Umbruchs. Schon allein optisch fing das an sich zu drehen. Zumindest meine Wahrnehmung. In der Zeit war dann halt auch viel Samt angesagt, Trompeten- und Fledermausärmel….Spitze. Wenn ich mir den 80er Stil so ansehe, dann ist mein Eindruck, dass da andere Materialien und Schnitte vorherrschten. Das werden die alten Hasen, die dabei waren aber besser beurteilen können als ich Jungspund 😁.
Da die Szenemode auch immer mit der Mainstreammode in Wechselwirkung steht, gab es zwischen dem typischen 80er und typischen 90er Stil eine große Veränderung, das stimmt. Vor allem die Schnitte und die Silhouetten. Die Neunzigerjahre würde ich vor allem als körperbetonter und weniger androgyn bezeichnen.
Ich finde allerdings ob man sich nun lieber Goth, Grufti, oder Waver nennen möchte, ist letztlich eine Frage der persönlichen Präferenz. Das ist nicht zwingend an das Jahrzehnt gekoppelt aus dem man stammt.
Ich würde das nicht so streng betrachten und sagen man kann da nutzen was einem näher liegt.
Ne, da bin sogar ich schon ein wenig pingeliger. Ich finde wenn man sich schon eigenmächtig ein Etikett auf die Stirn kleben will, dann sollte der Inhalt zumindest zu dem passen was man vorgibt zu sein und nicht völlig aus der Reihe tanzen. Das ist für mich eine Frage der Authentizität.
Ich selbst habe mir übrigens lange Zeit ebenfalls gar keine Eigenbezeichnung gegeben und stattdessen davon gesprochen mich in der Szene zu bewegen. Inzwischen fühle ich mich aber auch mit „Grufti“ recht wohl. Das Etikett habe ich mir aber auch nicht selbst verpasst, sondern waren es befreundete Szenegänger (oft aus den 80ern) die zuerst damit anfingen mich damit in ihr Grüppchen einzubeziehen. Das war also eher ein organischer Prozess, denn das Lable kam von außen. Dadurch fühle ich mich bis heute auch immer etwas geschmeichelt und ich finde das ist dann sogar noch ein schöneres Gefühl als krampfhaft hinter einem bestimmten Etikett herzulaufen das man (aus welchen Gründen auch immer) gerne tragen würde. ;-)
Ich denke mal ein Mittelalter und Metal Fan würde wohl weniger auf die Idee kommen sich selbst als Waver zu beschreiben, von daher.
ich rede schon von Leuten die sich sowieso in der Kernszene bewegen.
Findest du den Unterschied zwischen einem Goth und einem Gothic so groß das man das nicht synonym verwenden sollte?
Und bist du der Meinung das sind Label die man sich verdienen muss und nur von alten Hasen bekommen darf?!
Ein bisschen klingt es so.
„Ich denke mal ein Mittelalter und Metal Fan würde wohl weniger auf die Idee kommen sich selbst als Waver zu beschreiben, von daher.“
Ich greife die Aussage von dir, Norma, Mal auf, weil als ich den Abschnitt von Graphiel gelesen habe „Ich finde wenn man sich schon eigenmächtig ein Etikett auf die Stirn kleben will, dann sollte der Inhalt zumindest zu dem passen was man vorgibt zu sein und nicht völlig aus der Reihe tanzen.“ Ging mir folgendes durch den Kopf…
Ich habe schon manchmal bemerkt, dass es Leute gibt, die vom Äußeren sehr nach Tradgoth aussehen oder Richtung Death Rock gehen, aber musikalisch dann teilweise schon in eine andere musikalische Szeneschiene tendieren. So Mogelpackungen gibt es schon irgendwie, wenn auch vll. nicht so krass wie in deinem Beispiel.
Wiederum finde ich es aber auch etwas schwierig, sich optisch auf eine Schiene fest zu legen. Die Szene bietet soviel Splittergruppen, sowohl optisch als auch musikalisch, dass es durchaus vorkommen kann, dass man mehrere bedient. Kommt bei mir persönlich auch vor. Wenn ich Bock habe mehr in die 80er und Wave Schiene zu gehen, dann hole ich mir entsprechend die Klamotten aus dem Schrank. Und wenn ich weniger androgyn und mehr weiblich in Richtung 90er / 2000er Goth will, kommen halt die langen Wallawalla-Röcke und Kleider aus dem Schrank. Ich kann und will mich da gar nicht festlegen. Dennoch kann ich Graphiel verstehen, wenn er etwas mehr Substanz dahinter fordert 🙂.
Mogelpackungen kann es natürlich immer geben. Solange sich nicht jemand komplett Szenefremdes als Gothic bezeichnet ist es mir einfach egal, bzw.nicht so wichtig. Bei den Feinheiten ist es jedem selbst überlassen. Ich wollte vor allem dich darin bestärken, dich auch dann Goth/Gothic/Grufti wie auch immer zu nennen, (auch wenn du nicht in den 80er dabei warst) wenn du es denn möchtest. Aber musst du auch nicht. Es offen zu lassen gibt einfach auch viel Spielraum für all die tollen Facetten, die es in der Szene gibt und das machst du ja schon. Das schlimmste wäre sich aufgrund einer Selbstbezeichnung in der persönlichen Entwicklung einzuschränken. Also weiter so : )
Was ich persönlich allerdings wirklich schlimm finde wenn jemand emo zu mir sagt, da bin ich dann doch etwas eingeschnappt. Zum Glück ist mir das nur ein einziges Mal passiert ; )
ohje ich hoffe ich habe jetzt keine emo/ Goth Diskussion gestartet….
Ich danke dir für deine Worte, Norma, und keine Sorge, von meiner Seite wird keine Emo Diskussion kommen 🙂.
Ich finde „Gothics“ inkludiert einfach schon mal mehr mit ein als nur die frühen Stile. Gothic im Sinne einer bedrückenden Grundstimmung kann schließlich in so vielen Dingen enthalten sein, zu denen der frühe Anhänger von bedrückendem Post Punk und Wave schon gar keinen Zugang mehr zu haben muss. Goth sehe ich daher tatsächlich eher als eine Spezifizierung an.um die ursprünglichen Szeneströmungen zu umfassen, so wie sie von der Insel zu uns kam. Das sich der Begriff verselbstständigt hat: Geschenkt, aber das macht es für mich nicht unbedingt besser.
Nein, es geht nicht ums Verdienen. Ich habe lediglich beschrieben, dass es für mich persönlicher und authentischer wirkt, wenn die Szene einem das Label gibt, anstatt sich selbst zu kategorisieren. Es fühlt sich einfach natürlicher an, wenn du von denen als „Grufti“ akzeptiert wirst, die selbst Teil der Szene sind, statt dich selbst als solchen zu bezeichnen. Das hat weniger mit „Müssen“ zu tun, sondern mehr mit dem Gefühl der Zugehörigkeit.
Ich persönlich kannte den Begriff Goth in meiner Anfangszeit zum Beispiel gar nicht. Da wurde hauptsächlich von Gothic oder Grufti gesprochen. Aber ich verstehe die Diffenzenierung die du zwischen Goth und Gothic machst. Goth wird sich aufgrund der alten Gewohnheit trotzdem nicht in meinem Sprachgebrauch durchsetzen, auch deshalb weil ich damit irgendwie amerikanische Teens verbinde. Warum auch immer. Trotzdem betrachte ich sie größtenteils synonym.
Zu zweitens: Kann ich zum Teil schon nachvollziehen, klar ist es schön persönlich gesagt zu bekommen das man dazu gehört. Für mich ist Authentizität vor allem etwas das von innen kommt, nicht unbedingt von außen. Das man sich nicht verstellt, das man sich treu bleibt. Ich denke viele sehnen sich danach diese Bestätigung zu bekommen, dazuzugehören, das ist ja nur menschlich. Aber laufen gerade deshalb Gefahr einem Label hinterherzujagen und sich zu verstellen und ihre Authentizität einzubüßen.
Es bleibt die alte Frage, wer gehört dazu zur Szene und wer nicht? Und man landet wieder beim eigentlichen Thema des Artikels, ob das noch Gothic ist, bzw.. das neue Gothic ?! Wir drehen uns aber mit der Frage im Kreis. Ich denke einfach das es immer besser ist, möglichst entspannt und unverkrampft an die Dinge ran zugehen. Es ist unser Safe Space, der natürlich auch geschützt werden muss, aber der auch kein hermetisch abgeriegelter Raum sein darf, sonst findet ja niemand neues hinein.
Ja, aber genau das macht es doch umso absurder. Wenn man sich verstellen muss, um die Bestätigung für ein Label zu bekommen, passt das Label meiner Meinung nach nicht zur Person. Ein Label erzeugt immer bestimmte Erwartungshaltungen bei anderen – das lässt sich nicht abstreiten oder irgendwie.
Es geht nicht darum, dass ein Label dich einschränken soll. Vielmehr besteht doch die Kunst darin, authentisch zu bleiben, obwohl du dich gelegentlich anderen Szenebereichen oder gar szenefremden Inhalten widmest. Wenn man sich erst einmal eine gewisse Zeit authentisch in seinem künftigen Heimathafen bewegt und dann von den Mitstreitern dieses Label verliehen bekommt, ist das Zugehörigkeitsgefühl oft viel größer und vor allem echter. Man sollte zuerst einen Heimathafen suchen, wo man sich wohlfühlt, statt sich auf unbekanntem Terrain eine Identität überzustülpen und dann überrascht zu sein, wenn das nicht sofort angenommen wird. Verstehst du, was ich meine?
Auch eine hermetische Abriegelung stand meinerseits gar nicht zur Debatte. Ich denke es ist kein Geheimnis, dass auch ich mich gegen sowas ausspreche und bisweilen recht wohlwollend bin. Doch daher empfinde ich eben sowohl die schwarze Oberfläche der schwarzen Szene als auch ihre unzähligen Subszenen (zu denen Goth und Gothic gehören) als weit praktischer wie einige andere Szenegänger. Dort an der Oberfläche können sich Leute in Ruhe ausprobieren und ihren Platz suchen gehen. Selbst wer nur da oben schwimmen möchte kann das meinetwegen tun. Das muss aber nicht heißen, dass ich hier unten in unserer Nische jeden Blödsinn dulden muss. Deshalb finde ich auch die Herangehensweise von Parma Ham und seinen Freunden sogar gut gelungen, auch wenn ich es persönlich weniger als eine Entwicklung sehe sondern mehr wie eine weitere Abspaltung bzw. eine neue Schublade. Um von einer tatsächlichen Weiterentwicklung zu sprechen müsste schließlich das alte ersetzt werden und das sehe ich definitiv nicht. Dem Kind einen neuen Namen geben und einfach mal schauen ob sich daraus etwas entwickelt was groß genug ist um eine eigene Nische zu bilden, anstatt mit Gewalt etwas neues und fremdes in eine alte Schubladen zu zwingen finde ich dagegen erstmal nur spannend.
Ja, ich verstehe deine Sichtweise durchaus, trotzdem können wir ja unterschiedliche Perspektiven haben, oder zu einer anderen Erkenntnis gelangen.
Aber ich befürchte wir reden auch ein bisschen aneinander vorbei. Mein Ausgangspunkt war graveyardqueens Aussage, die Bezeichnung Grufti gilt hauptsächlich für diejenigen die bereits in den Achtzigern am Start waren. Wohingegen ich finde, das man es unabhängig vom Jahrzehnt nutzen kann, das wars im Grunde. Und ich beanspruche da keine Allgemeingültigkeit drauf. Das es zu so einer Grundsatzdiskussion führt, damit hab ich gar nicht gerechnet.
Die Aussage mit dem Safe Space und der Abriegelung war nicht auf dich bezogen. Das war ein allgemeiner Gedanke der mir im Zusammenhang der Diskussion gekommen ist.
Da wir uns ja auch privat austauschen, kenne ich deine Sichtweise und du meine. Wir ziehen da ja am selben Strang. Mir ist die Szene wichtig, dir ist die Szene wichtig. Und wir bewegen uns beide in den untergründigeren Nischen. Wir schmunzeln mal über die „Mainstage Fraktion“ bzw. über die Musik die da läuft, aber machen unser Ding und lassen andere gewähren, komplette Ausreißer natürlich ausgenommen. Ich weiß das du toleranter, bzw. offener bist als manch anderer!
Alles halb so wild. Ich plädiere abermals für mehr Gelassenheit :D
Ich glaube, wir sind uns tatsächlich in vielen Punkten einig und schätzen die Szene auf eine ähnliche Weise. Für mich war es hauptsächlich spannend, die Balance zwischen Authentizität und Labelzugehörigkeit zu reflektieren. Die Frage, wer sich wie einordnen möchte, ist doch ohnehin etwas sehr Persönliches und ich habe meine Gedanken dazu einfach in den Raum gestellt, ohne das als festen Standpunkt zu sehen. Die Gelassenheit ist definitiv das Beste, was wir uns da bewahren können – also absolut d’accord mit dir!“
Ich würde das tatsächlich auch nie eins zu eins auf andere Personen so übertragen, da ich sie letztendlich meist ja nicht kenne, um da irgendwas kategorisieren zu können. Es ist tatsächlich für mich persönlich, also auf mich bezogen, eine Weise, wie ich es handhabe. Ich geb da auch anderen nicht vor, wie sie mich zu sehen haben. Ein einziges Mal hatte ich mit einem Typen ein Gespräch im Zug, als ich zum WGT fuhr. Als er den Begriff „Gothic“ in den Raum warf, sagte ich ihm nur, dass ich mich so nicht bezeichne, aber es schon in die Richtung tendiert. Ansonsten sehe ich da aber auch keinen großen Diskussionsbedarf 🙂.
So ist es, 80er waren nicht so auf „romantisch“ gebürstet, sondern hatten noch deutlich mehr Punk-Einschlag und waren ein Spiegelbild der 80ies-Mode (asymmetrische Schnitte, grafische Muster, viele Assessoires wie großer Schmuck und Stulpen, riesige Pullover), nur dunkel statt grell. Madonna hat in ihren frühen Jahren einige Mädels optisch sehr beeinflusst. Neben diesen mit Minirock, Netzstrümpfen/Leggings und Corsage ausgestatteten Mädels gab es auch den Piraten-Look (Rüschenhemden, geschnürte Hosen) und androgyne „Walle-Walle“-Klamotten, sprich weite Hemden und Pluderhosen – bei beiden Geschlechtern. Und es wurden entweder Pikes oder Docs bzw. Springerstiefel getragen.
Die Klamotten waren wie Du schon schriebst, in den 90ern sehr Romantik-lastig, zugleich kamen in den späteren 90ern zunehmend Fetisch-Klamotten in die Szene. Pikes verschwanden zunehmend. Die 2000er brachten Cargohosen, Bondage-Looks und Plateaustiefel bzw. New Rocks dazu…
Allein schon die Frisuren waren in den 80ern deutlich anders als bei späteren Dekaden. Es wurde vor allem viel gestrubbelt und gewuschelt, toupiert und hochgestellt, mit Tüchern in den Haaren und um die Stirn experimentiert. Nahezu unvorstellbar, mit platten Haaren irgendwo aufzukreuzen!
In den 90ern dominierten dann lange glatte Haare bzw. Zöpfe und maximal noch undercut dazu, hochgestellte oder andersweitig aufwendige Frisuren sah man leider kaum noch.
In den 2000ern kam allerhand an buntem Kunsthaar und Zöpfchen dazu, was die Cybers dann noch forcierten.
Da kann ich mich sogar grob an ein Bild von Madonna erinnern, wo sie so einen Leggingslook, wie du ihn beschreibst, trägt.
Und dass die Haare bei den Mädels mit der Zeit länger und glatter wurden, ist tatsächlich auch mein Eindruck. Im Prinzip hat sich das ja sogar bis heute so gehalten. So Kurzhaarfrisuren, wie man sie in den 80ern bei Frauen hatte, findet man heute fast gar nicht mehr. Heute wirkt alles so glatt geleckt 🤔.
Die Leggings waren auch gar nicht auf Madonna bezogen, sondern auf die allgemein typischen 80er Klamotten
Doch, schau dir mal 80er looks von Madonna an, da hat sie tatsächlich öfter Leggings zum Rock an.
Oops, habe deinen letzten Beitrag übersehen, graveyardqueen, daher waren die letzten zwei Antworten von mir eigentlich überflüssig…
Alles gut! 🙂
…ich war ja immer eher ein 80’s Tradgoth-Fan, aber inzwischen muss ich sagen dass gerade diese Übergangszeit mit stilistischen „Mischformen“ auch ihren optischen Reiz hat: Hab auch mal (WGT?-)Fotos aus den (frühen?) 90ern gesehen von Leuten in Pikes mit teils noch toupierten Haaren aber eben in Kombination mit Samtmänteln und -kleidern, Gehröcken+Rüschenhemden usw. … das passte irgendwie doch überraschend gut zusammen und hat irgendwie schon auch was gehabt muss ich sagen… (musste erst neulich wieder daran denken als meine Liebste via Kleinanzeigen einen Original-Xtra(noch ohne das zweite „X“)-Samtmantel ergattern konnte, echt schickes Teil – Schade dass Samt gerade so „out“ ist in der Szene – Bin ich der einzige der den optisch irgendwie ein wenig vermisst inzwischen?)
Ich teile deinen Eindruck. Samt findet man tatsächlich kaum noch am Schwarzvolk. Selber will ich mich da gar nicht raus nehmen. Selbst bei solchen Events wie das WGT sieht man es kaum noch. Wiederum findet man aber auch in den Szeneshops nicht wirklich was. Ich hatte zu Pfingsten in Leipzig die Stände speziell danach abgesucht, weil ich schon ganz gerne Mal wieder ein neues Samtkleid oder einen Rock gehabt hätte.
Dramatisch ist es natürlich nicht, aber ein Paradoxon: ich suche mir bewusst eine Szene, mit der ich eine große Schnittmenge aufweise, so dass ich mich in ihr wohlfühle und ihre Merkmale für mich (großteils) übernehme – und trotzdem behaupte ich felsenfest, kein Teil davon zu sein. Das klingt irgendwie wenig glaubwürdig und warum soll es auch schlimm sein, sich dazu zu bekennen? Man kann doch dazu stehen, es ist ja keine Schande, sich in einer Szene zu bewegen. Das meinte ich.
Ah okay! Dann hatte ich das wohl falsch verstanden gehabt. Dazu stehen, wenn man sich innerhalb der Szene bewegt, im Sinne von Musik und Veranstaltungen z.B., kann man natürlich schon.
Ich glaube im Normalfall sind es letztendlich auch mehr die anderen, die einem den Stempel geben und man nicht selber, so wie es auch Graphiel in seinem Fall schildern tat. Man selber macht sich da gar nicht Mal so sehr die Gedanken dazu. 🙂
Genau DAS fand ich auch immer ein bisschen witzig… auch in den 2000ern ist mir das oft untergekommen, viele waren so furchtbar individuell und sagten sowas wie „ich passe in keine Schublade“ und waren nach eigener Aussage „keine Gothics“ usw. … aber hörten das was damals als „Gothic-Musik“ galt, kauften in Gothic-Läden ein, gingen in Gothic-Outfits auf Gothic-Parties, hatten ne Clique die es ebenso gemacht hat… „eine Szene von Individualisten“ sozusagen – Ein Oxymoron das war für mich immer ein wenig zum Schmunzeln war. ;)
Es steckt nicht immer der Wunsch dahinter besonders „individuell“ sein zu wollen. Manchmal passt man tatsächlich in keine Schublade.
Ich habe meine ersten Schritte in der Szene Mitte der Neunzigerjahre gemacht. Seit dem hab ich sehr viiiiele verschiedene Dinge gemacht. Wie schon oft erwähnt war ich lange szeneabstinent und auch in diversen anderen Szenen unterwegs. Ich kann dir versichern, ich passe in keine Schublade. Und das ist ok für mich, auch wenn ich es mir früher anders gewünscht hätte. Heute ist es mir nicht mehr so wichtig. Ich weiß wer ich bin. Ich erfülle viele Kriterien/ Interessen einfach nicht um mich einen waschechten Grufti zu nennen, da kann ich graveyardqueen Sichtweise auch gut verstehen. Nichtsdestotrotz fühle ich mich extrem verbunden mit der Szene und ich protestiere auch nicht wenn man mich so bezeichnet. Bezeichne mich gelegentlich auch mal selbst so, aber es ist nicht worüber ich mich allein und primär identifiziere. Es ist eine wichtige Facette von mir.
Bzw. jetzt da ich deinen anderen Kommentar gründlicher gelesen habe: das Konzept der verschiedenen Schubladen finde ich am schlüssigsten. Wobei auch da erwähnt sein sollte ,es passt vermutlich nie jemand zu hundert 100% irgendwo hinein. Daher würde ich es eher mit dem „Rollenmodell“ betrachten. Je nachdem wo, mit wem in welchem Kontext man sich befixnet, übernimmt man unterschiedliche Rollen. Berufliche, familiäre oder eben subkulturelle. Man bleibt sich im Idealfall aber immer treu. Zumindest kann ich das von mir sagen : )
Wie gesagt, von den Eltern usw. ist das ja nichts ungewöhnliches bzw. das Normalste auf der Welt… aber innerhalb einer Szene… das geht für mich gedanklich nich ganz zusammen. Wenn ich da das Bedürfnis nach „Abgrenzung“ habe würde ich dort gar nicht erst Teil von werden („Abgrenzung“ von neuen Strömungen die einem total gegen den Strich gehen versteh ich da schon eher, denn man war ja vorher schon da…). Aber da wir beide da nicht drinstecken lässt sich die Frage nach dem „Warum?“ psychologisch wohl nicht endgültig klären. :)
Man steckt nicht drin, eben.
Wenn ich Robert richtig verstehe, dann nennt er nicht nur bewusste Abgrenzung, sondern auch Wandel und Veränderung, der ja ganz automatisch über die Jahrzehnte passiert. Und vielleicht kann sich ein heute 15jähriger Teengrufti, nicht mehr exakt mit dem identifizieren womit sich ein 1986 15jähriger Teengrufti identifiziert hat. Es ist eben nicht mehr die exakt selbe Welt. Trotzdem kann man gefallen und Interesse an der Szene haben, auch an der damaligen, es nur selbst anders ausleben.
Seine Idee mit der Patchworkszene kann ich mir auch gut vorstellen. Diese festen Kategorien, die es noch vor ein paar Jahren gab, ob Emo oder Goth oder Skater, gibt es heute vielleicht gar nicht mehr so oft!?
Durante : Wenn du „Eltern“ gegen „Erwachsene“ austauscht, wird ein Schuh draus und verstehst, was ich meine. Jugendliche grenzen sich von Erwachsenen ab, das war immer schon so und wird vermutlich auch so bleiben. Die Gothic-Szene, die es nun seit über 40 Jahren gibt, ist voll von Erwachsenen, Eltern, ja sogar von Großeltern. Da gibt es ein ganz natürliches Bestreben, sich auch innerhalb der Subkultur von den Erwachsenen abzugrenzen.
Und jetzt kommt es ganz Dicke: Selbst in der Subkultur verhalten sich viele Erwachsene „Gothics“ wie im Mainstream. Das siehst du unter anderem an vielen Kommentare bei FB oder YT zu diesem Video. Wir lehnen es ab, integrieren es nicht, reagieren „schützend“ und vereinnahmend. Doofe Musik, Selbstdarsteller, nicht die richtigen „Werte“.
Ergo Teil 1: Du kommst in die Subkultur, um dem Mainstream zu entfliehen, dich auffällig anzuziehen und coole Musik zu hören. Vielleicht auch, weil du „anders“ sein willst. Vielleicht auch, weil du hoffst, dich über Traurigkeit, Gefühle und Gedanken austauschen zu können. Wenn du allerdings nicht dem „Szene-Codex“ entsprichst, holt der Mainstream dich einfach ein. Finde ich jedenfalls.
Ergo Teil 2: Was passiert also? Du kommst 2024 in die Szene, mit all den Einflüssen aus 40 Jahren, mit Serien auf Netflix oder sonstwo. Du findest „Witchhouse“ toll, stehst auf „Dark Techno“ und empfindest dadurch die Welt so dystopisch, wie sie für Dich zu sein scheint. Gothic ist zwar das richtige, weil alles atmosphärisch und düster ist und die Leute Dystopien feiern und dem „Tod nahestehen“ aber, das was dich hergebracht hat, wird nicht akzeptiert. „Das ist nicht Gothic“ – „Karneval!“ – „Steckt nix dahinter“. Du grenzt dich also nochmal ab. Von den Erwachsenen IN der Szene.
Ich sage nicht, dass ALLE so sind, aber guck dir (euch) mal die Kommentarspalten bei FB oder YT an, dann wirst du schnell merken, was ich meine.
Auch hier liest du (und BITTE an alle die sich angesprochen fühlen, das ist KEIN ANGRIFF): Die Musik passt nicht, das schrille und laute passt nicht, die Optik passt nicht, das Optimistische passt nicht.
Wir schützen, was uns lieb und teuer ist, versuchen uns selbst davon „abzugrenzen“, um unser Refugium zu erhalten. Völlig okay und völlig normal soweit. Aber wir halten die Szene Entwicklung nicht auf. Und das ist auch sehr, sehr gut so.
Ich verstehe jetzt etwas besser was du meinst, danke. :)
Aber ich find es schwierig jedwede Kritik an z.B. einer Szene-Strömung/Sub-Szene immer als potentiell engstirnig, altmodisch, rein subjektiv und zueinander gleichwertig einzustufen (was halt von „der anderen argumentativen Seite“ auch gerne mal gemacht wird, dir will ich da jetzt wohlgemerkt keines dieser Wörter in den Mund legen!).
„Das is neu/Das kenn ich nicht, is also von Haus aus blöd“ oder „eure Musik klingt anders als unsere, also gehört ihr nich hier her“ is für mich jetzt z.B. NICHT ganz dasselbe wie zu sagen „in eurer explizit optimistischen Grundhaltung verbindet euch irgendwie halt einfach nichts mit dem existierenden Label ‚Gothic‘ (von E.A. Poe bis Lebanon Hanover)“… man MUSS keiner dieser Aussagen zustimmen, aber man sollte sie auch nicht auf diesselbe Stufe stellen finde ich.
(Ich nehme mal an du meinst primär sowas wie meine ersten beiden Beispiele wenn du von FB- oder YT-Kommentaren sprichst (hab bewusst keinen FB-Account und YT-Kommentare versuche ich inzwischen grundsätzlich zu meiden XD ), dass es sowas auch zu Hauf gibt wundert mich jetzt nicht.)
Auch seh ich persönlich z.B. in der Doku jetzt wenig „Substanz“ die ein Fundament schaffen könnte für etwas das dann Jahrzehnte überdauert (natürlich kann ich mich auch irren)… und zu diesem Schluss könnte ein 20jähriger Nicht-Grufti nach dem Ansehen möglicherweise auch genauso kommen (muss nicht, aber KANN) – Nur weil es zufällig ein 40jähriger Goth sagt macht es das nicht automatisch unwahr.
Nicht jede Kritik muss immer nur ein „Ihr seid anders, ich will nicht mit euch spielen, raus aus meinem Sandkasten!“ von „intoleranten ewig gestrigen“ sein, manchmal ist Kritik… auch einfach nur nüchterne Kritik (ob im Einzelfall berechtigt oder nicht).
Und Leute die sich „verkleiden“ (bewusst so formuliert) und zu (imho) grässlichem Lärm einfach nur Party machen wollten gabs in meiner Generation, zu meiner „Baby-Bat-Zeit“, auch schon (reichlich), diesen Teil der Szene fand ich damals schon nicht anziehend oder interessant… soweit ich mich an einen früheren Text von dir erinnere war das auch (ungefähr) die Zeit in der du dich mal temporär von der Szene abgewendet hattest… das hat jetzt also scheinbar NICHT zwingend NUR was mit Alter/Generationen zu tun… Oder anders argumentiert: Zwischen der Wraith-Clique aus der Doku oder der Cyber-Goth-Community in den 2000ern seh ICH (was so die hier häufig geäußerten Kritikpunkte betrifft) keinen wirklich fundamentalen Unterschied (außer dass letzere ab und an teilweise mal den Begriff „Endzeit“ in den Mund genommen haben, aber zumeist nur als Schlagwort) – Und das eine ist 20 Jahre her, nichts daran ist neu.
Was ich sagen will: Nicht jeder der z.B. irgendwie (nicht-böswillige!) Kritik an Parma Ham & seinen Leuten und deren „Goth-Definition“ übt will nur zwingend „sein Refugium schützen“ – Mancher hat auch (in den eigenen Augen) berechtigte Gründe Kritik zu üben :) (und hat womöglich ähnliche Kritik auch schon geübt als er selbst in Parmas Alter war ;) ).
Und auch in der Gen-Z z.B. wird es Menschen geben die irgendwie auf der Suche nach mehr, nach Tiefe, nach Sinn sind… man sollte nicht immer alles nur auf Alter/Generationen reduzieren.
(Dass es die „alles neue/andere ist pauschal immer schei**!!!“-Fraktion gibt bestreite ich wohlgemerkt gar nicht, aber d.h. nicht dass jede Kritik aus der selben Motivation heraus geäußert wird.)
Nein, um Goths Willen! Jede Kritik ist zulässig, ich würde nie die Kritiker über einen Kamm scheren, ich bitte nochmals um Verzeihung.
Ich verhalte mich mitunter ganz genau so. Und das ist auch GUT SO, denn wenn eine Leidenschaft für etwas brennt, möchte man es auch „schützen“ und sich abgrenzen. Es ist SUPERWICHTIG, Abgrenzung auch ernst zu meinen. Ich kann mit Menschen wie diese, die sich hier im Blog meistens versammeln, wesentlich mehr anfangen, als mit Parma Ham und seinen Freunden. Ich heiße nicht alles kritiklos gut, würde mir manchmal etwas mehr Toleranz für die „spannenden“ Dinge wünschen und etwas mehr „Intoleranz“ für das, was der Szene schadet.
Wobei man natürlich jetzt vorzüglich darüber diskutieren kann, WAS der Szene schadet.
Ist ein bestimmter Teil des Kommentars für mich bestimmt? Oder ist das eher allgemein?
Denn ich kann deine Sichtweise ja gut nachvollziehen, musst mich also nicht überzeugen ; )
Ich finde vor allem diesen:
„Die Gothic-Szene, die es nun seit über 40 Jahren gibt, ist voll von Erwachsenen, Eltern, ja sogar von Großeltern“
Und diesen Punkt:
„Selbst in der Subkultur verhalten sich viele Erwachsene „Gothics“ wie im Mainstream.“
sehr treffend.
Die Lebenswelten von einem Mitte 50jährigen und einem jungen Menschen sind einfach unterschiedlich, auch dann wenn man vielleicht die selben Bands mag, sich in der selben Szene bewegt!
Da passiert Abgrenzung ob bewusst oder unbewusst vollzogen, fast zwangsläufig.
Nein, das war total allgemein und sollte nur den „Tenor“ und seine Wirkung verdeutlichen, die manche Kommentare auf mich haben.
Es ging mir um die Verdeutlichung des schmalen Grates zwischen Toleranz und Intoleranz, ich wollte niemanden persönlich angreifen, sondern nur die Atmosphäre abbilden. Eben die Atmosphäre, die dann auch ein Nachwuchs-Goth auf der Suche nach seiner subkulturellen Zugehörigkeit finden könnte. Und wenn du so bei FB oder YT manche Kommentare liest, hast du schon fast keinen Bock mehr auf „uns“. Und ohne Nachwuchs keine Szene, keinen neuen Bands, keine „neue“ Traurigkeit“ und keine Festivals.
Ja, der Grat zwischen Toleranz und Intoleranz ist schmal, jedoch genau auf dem gilt es zu balancieren. Und wenn ich darüber nachdenke, gebe ich Dir recht, dass manchmal am falschen Platz Toleranz gefordert oder auch aus Bequemlichkeit vorgeschoben wird, an anderer Stelle sieht man die Szene sehr schnell in Gefahr. Da bin ich bei @ Norma Normal, die mehr Gelassenheit fordert. Neulich habe ich „Geronimo“ gesehen, einen der wenigen Filme von Native Americans, die ich gut finde. Geronimo sagt zu Männern seines Stammes, die sich streiten: „Wir sind zu wenige, um uns gegenseitig zu hassen.“ Vielleicht ist es für manche etwas an den Haaren herbeigezogen, aber ich musste sofort an die Szene denken und die erbitterten Grabenkämpfe, die man dort beobachten kann. Das wurde ja hier auch schon im Zusammenhang mit Victorian Goth erwähnt. Genau diese gegenseitige Zerfleischung, die dort wie Du richtig sagst vor allem in FB und YT Kommentaren beobachtet werden kann, halte ich für schädlich. Jetzt muss man aber auch festhalten, dass das Bild der Szene, dass man dort bekommen kann, nicht unbedingt eins zu eins die Realität wiedergibt. Und genau daraus ergibt sich dann für mich ein Grund, FB und co eben nicht komplett den Rücken zu kehren. Sonst sind da nur noch Leute unterwegs, die ihren Denkvorgang verkürzt haben.
Wandel und Veränderung mag sein, aber „Abgrenzung“ ist für mich ein bewusster Akt. Ein „ergibt sich halt so…“ ist was anderes und das kann ich eher nachvollziehen.
Auch dass Robert gesagt hat dass (bewusste) Abgrenzung eher von der anderen Seite ausgeht ergibt für mich mehr Sinn.
Ich finde die Frage die du am Ende stellst ist inzwischen gar keine solche mehr bzw. das „vielleicht“ kann man imho getrost streichen: Dass klassische (oft Musik-basierte) Jugend- und Subkulturen heutzutage (leider) eher am Aussterben sind haben wir hier auf dem Blog schön öfters diskutiert (das heißt nicht dass sie gänzlich verschwinden, sie haben nur nicht mehr ihre frühere Relevanz in der Breite). Früher wurden Leute halt z.B. in ihrer Jugend- teilweise sowas wie Goth oder Metalhead und blieben das – manchmal – dann auch für immer, und quasi in jeder Schulklasse hattest du ein paar Vertreter diverser Subkulturen sitzen.
Heutige Teenager sind oft (nicht immer) halt primär Fans von diesem Franchise, jenem Game, diesem Youtuber, jenem Twitch-Streamer, von dieser Marke, jenem schnellebigen Trend, whatever… dass diese Dinge i.d.R. nicht dieselbe Beharrlichkeit und langfristige Bindungskraft haben, und es nicht schaffen eine richtige „Szene“ (die Jahrzehnte überdauert und quasi global existiert) zu begründen liegt irgendwie auch auf der Hand. Das sind alles Dinge die für die entsprechende Generation mal für ein paar Monate, mal für ein paar Jahre interessant sind (parallel neben vielem anderen!) und dann halt durch was anderes abgelöst werden. Als neuere „Szene“ die diesen Namen wirklich verdient würde mir sowas wie die Cosplayer einfallen (ist klar definiert/abgrenzbar zu Nicht-Cosplayern, existiert schon lange, hat engagierte kreative Mitglieder, existiert global, es findet Austausch und gegenseitige Inspiration statt, man trifft sich (in verschiedenster Form))… aber sonst? Alles zu speziell und zu kurzlebig, nicht viel was wir eine Szene nennen würden (und wenn mal ein Begriff aufkommt der in die Richtung geht – sowas wie die sog. „Doomer“ – ist das sehr begrenzt und schnell wieder vergessen). Und sowas allgemeines wie „Gamer“ (was unterhalb einer gewissen Altersklasse halt einfach nahezu jeder ist), is halt auch keine Szene (so wenig wie „Bücherleser“ oder „Radfahrer“ eine „Szene“ sind).
Ich vermute das liegt einerseits daran das Musik heute für viele nicht mehr so identitätsstiftend ist (sondern eher etwas das nebenher läuft – einzelne Ausnahmen wie die sog. „Swifties“ gibts natürlich ;) ), andererseits dass man medial halt so zugesch… wird von allen Seiten, mit medialen Konsumgütern jedweder Art – Dieses „ich such mir jetzt in dem ganzen Wust meine ganz persönliche Nische und setze mich mit dieser dann intensiv auseinander“ müsste schon ein bewusster Akt sein).