Video: Deine Lakaien im Viva Special 1999

Ich empfehle dringend, die Anmoderation zu überspringen um dem „Zauber“ einer Nadine Krüger zu entgehen. Alexander Veljanov und Ernst Horn gründeten diese Ikone des Dark Wave „Deine Lakaien“ schon 1985. Fast noch interessanter als ihre Musik ist ihre Entstehungsgeschichte. Ernst Horn, damals Kapellmeister des Staatstheaters in Karlsruhe und ein Freund klassischer Piano-Kompositionen hatte zu dieser Zeit „Lust“ etwas neues zu machen. Er schaltete eine Anzeige mit dem Text „Suche experimentierfreudigen Sänger“ und traf schließlich Alexander Veljanov: „Als wir uns das erste Mal trafen, war es nicht unbedingt die Liebe auf den ersten Blick. Da standen sich zwei Männer gegenüber, die ziemlich verschieden waren und der Altersunterschied war nicht zu übersehen. Als wir dann anfingen, uns über Musik zu unterhalten, war das Eis schnell gebrochen, obwohl unser Musikgeschmack unterschiedlicher nicht hätte sein können.1 4 Jahre blieb der Erfolg lokal beschränkt, die Band war ihrer Zeit voraus und spielte für eine Szene, die noch mit The Cure, den Sisters of Mercy und Depeche Mode ihre Richtung suchte. Mit der Wiedervereinigung und einem neuen Interesse für neue Musik war es dann endlich soweit. Den Rest der Geschichte haben viele Szene-Mitglieder in den Regalen stehen. 1999 nahm sich Viva mit ihrer Sendung „JAM – Jeans and Music“ der Sache an und reflektierte 15 Jahre Band-Geschichte und gleich noch die Gothic-Szene in einem Rutsch.

Auch enthalten ist ein wirklich interessanter Zusammenschnitt damaliger „Legenden“ über die Schublade, in die sie gesteckt wurden. „Rockbands vergnügen sich damit Lärm zu machen, deswegen sollte man vorsichtig sein.“ (Andrew Eldritch) „Man kann nicht von einer Bewegung sprechen. Die Bezeichnung Gothic dient eher als Anhaltspunkt, den das Publikum und die Journalisten brauchen.“ (Wayne Hussey) „Gothic ist schon so alt, das begann Mitte der 80er Jahre. Heute ist es lächerlich The Mission als Gothic-Band zu bezeichnen, denn Gothic existiert doch gar nicht mehr.“ (Andy Cousin, The Mission) „Ich hasse Etiketten. Ich habe diese Punk-Schublade genauso gehasst wie Gothic auch. Wir bekamen diese Bezeichnung auferlegt, weil wir zu dieser Zeit Musik machten.“ (Siouxsie Sioux)

Wie dem auch sei, letztendlich können die meisten dieser Bands doch froh sein, dass es die „Szene“ gegeben hat und immer noch gibt. Denn oftmals ist genauso diese Szene und ihr Umfeld die Startrampe für breitere Erfolge. Aber was soll’s, wir sind nicht nachtragend und letztendlich interessiert uns doch nur die Musik und die Figur auf der Bühne und nicht der Mensch dahinter. So oberflächlich das klingt, manchmal schützt es vor der Zerstörung einer Illusion.

Zurück zu den Lakaien. Die haben ihren Namen übrigens aus dem Einstürzende Neubauten Song „Die genaue Zeit“ in dem es heißt: „Auch Lakaien haben Taktgefühl„. So trivial der Name klingt, so eingängig ist er. Zurück zum Thema, zurück zur Viva-Doku. Für mich sind Deine Lakaien einer wichtiger Meilenstein des Dark Wave Genre und vor allem Ernst Horn ist eine Bereicherung für die Szene, nicht zuletzt wegen seiner Verschmelzung von Klassik und Elektronik zu neuen Gewändern. Qntal oder auch Helium Vola klingen so wie sie klingen, weil er auch hier seine Finger im Spiel hatte. Textlich haben beiden ihre Stärken. Veljanov (heute auch erfolgreich Solo unterwegs) und Horn haben das Schreiben stets aufgeteilt. Viva ist heute mehr oder weniger Geschichte, die Lakaien sind glücklicherweise immer noch aktiv, über ihr letztes Album Indicator, das 2010 erschien, freue ich mich immer noch. Immer wieder beglücken sie ihre Fans mit Konzerten und sind auch abseits ihrer gemeinsamen Wege erfolgreich. Veljanov als Solo-Künstler und Ernst Horn mit Helium Vola, die dieses Jahr das Doppelalbum „Wohin?“ veröffentlicht haben. Ihre Musik ist Geschmacksache, ihre Rolle in der schwarzen Szene unbestritten.

Einzelnachweise

  1. Tagesspiegel-Artikel vom 25. Januar 2007: Deine Lakaien – Für den Admiralspalast waren wir zu laut – zuletzt abgerufen am 20.11.2013[]
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Axel
Axel (@guest_48552)
Vor 10 Jahre

Ernst Horn ist in der Tat ein klasse Musiker. Er produziert ja derzeit auch das Projekt Saeldes Sanc und spielt dort gelegentlich auch Piano und tritt live mit Hannah (welche ebenfalls bei Helium Vola singt) auf (wie zuletzt beim WGT oder demnächst am 27.12. in Berlin).

Umso schöner diese tollen Musiker mit bei der zweiten Snowflakes Compilation dabei zu haben. :-)

(Ja, die „Werbung“ musste jetzt mal sein. ;-) Ich bin nicht ganz uglücklich über die letztliche Zusammenstellung; die sehr viel Zeit, Mühe und noch mehr Geduld erfordert hat)

Mone vom Rabenhorst
Vor 10 Jahre

Ööööhm, hab mir die erste grad runtergeladen… sehr schön! Denke mal, Werbung machen erlaubt?

Axel
Axel (@guest_48560)
Vor 10 Jahre

Danke Mone vom Rabenhorst. :-)
Vielleicht wird ja auch der 2. Teil hier thematisch behandelt werden? (*Zwinker an Robert*)

Anonymous
Anonymous (@guest_48562)
Vor 10 Jahre

Danke für diesen Beitrag! Danke, dass Du mich wieder an diese wunderbare Band erinnert hast, die bei mir schon beinahe in Vergessenheit geriet. Ein sehr interessanter Beitrag, was Musik im allgemeinen und die Szene im besonderen betrifft.
Mindmachine, mindmachine, mindmachiiiiine…. *summ*

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