Die Krupps – der Schlag des Schmiedehammers

Es gibt Gelegenheiten, die sollte man sich nicht entgehen lassen. So erhielt ich vor ein paar Wochen das Angebot, ein Interview mit Jürgen Engler von der Band „Die Krupps“ über das aktuelles Album „The Machinist of Joy“ zu führen. Obwohl ich ein ausgesprochen leidenschaftlicher Musik-Hörer bin, mangelt es mir am nötigen Hintergrundwissen und so bat ich meinen guten Freund Marcus Rietzsch, sich mit seiner legendären Sorgfalt und Sachkenntnis den „Krupps“ zu widmen.

Eisen und Stahl, Feuer und Rauch, Lärm und Kraft. Inspiriert durch die Stahlhütten des nahen Ruhrpotts und geschichtsbelastete Industriegiganten haben „Die Krupps“ das Donnern des Schmiedehammers in einen musikalischen Kontext gesetzt. 1980 gegründet kreierte man mit der ersten Veröffentlichung „Stahlwerkssinfonie“ einen experimentellen, unkonventionellen Sound. Wut und Kritik begleiten die Industrie-Musik. Doch blieb man nicht stehen, sondern entwickelte sich weiter. Zuerst stark elektronisch geprägt, wurde die Musik in den 1990er Jahren zunehmend von Gitarren beeinflusst. Die Verschmelzung von kühler Elektronik und Elementen des Heavy Metals fand mit der Zeit immer mehr Anklang. Musikalischen Grenzen unterwarf man sich nie. Die „Konventionen“ des Marktes ignorierend ließ man 17 Jahre verstreichen, um erst im letzten Jahr ein neues Album zu veröffentlichen.

Ein Gespräch über die musikalische Vergangenheit, die Propaganda der Medien, Kooperationen mit befreundeten Musikern und die Bedeutung von Jugendkulturen mit Jürgen Engler, dem kreativen Kopf und der einzigen Konstante seit der Bandgründung.

Auffällig an der aktuellen Platte sind die vornehmlich deutschen Texte und der hohe Elektronikanteil im Vergleich zu den letzten Alben, die noch im letzten Jahrtausend erschienen sind. Kehren „Die Krupps“ zurück zu den Wurzeln? „Das Album beinhaltet die Essenz der Krupps.“, lautet Jürgen Englers Einschätzung. Mit dieser Veröffentlichung zieht man ein Resümee. Alle Elemente, welche die Band ausmachen, sind zu hören: Harte, treibende Sequenzen, tanzbare Rhythmen, Hymnisches, Stahlelemente, aber auch rockige Passagen. „Das sind die Krupps.

Blick in die Vergangenheit

The Machinist Of Joy“ geht aber noch ein wenig weiter in der persönlichen Vergangenheit des Musikers zurück. Mit den Coverversionen von „Industrie-Mädchen“ (ursprünglich von „S.Y.P.H.“ – der Band, in der Ralf Dörper, Mitglied der ersten Stunde, tätig war) und „Panik“ (von der französischen Punk-Band „Metal Urbain“) setzt man dem Punk ein kleines Denkmal. Mit der Band „Male“ war Jürgen Engler ab 1976 Wegbereiter des deutschsprachigen Punks. Was ist von dieser Zeit geblieben?

Ich bin immer noch der gleiche Kerl. Ich habe mich nicht geändert. Ich trage noch den gleichen Geist in mir.“ Jürgen schwärmt von der Eigenständigkeit der Punk-Bands in den 1970er Jahren. „The Clash“, „Buzzcocks“ oder „Siouxsie & The Banshees“ – jeder hatte seinen individuellen Klang. Ab Anfang der 80er Jahre wurde Punk jedoch zunehmend uninteressant. „Die Krupps“ waren eine konsequente Weiterentwicklung, ohne den Geist des Punks zu verleugnen. Geblieben sind die politischen wie kritischen Texte und die Einstellung.

Beim Blick auf die heutige Musiklandschaft scheint Jürgen Engler zu resignieren: „Die letzten zehn Jahre waren musikalisch die größte Wüste, die wir je durchgemacht haben.“ Bands orientieren sich in erster Linie an der Vergangenheit. Der Wille, die Musik weiterzuentwickeln und neue Klangwelten zu eröffnen, ist kaum noch vorhanden. Es wird munter abgekupfert. Begünstigt durch Computer und entsprechende Programme klingt vieles ähnlich. Früher hatte man diese Möglichkeiten nicht. In Düsseldorf gab es einen einzigen Laden, der Hardware-Synthesizer im Angebot hatte. Jedes Modell war höchstens zweimal vorhanden. So bekam jede Düsseldorfer Band – „DAF“, „Der Plan“, „Die Krupps“, „Propaganda“ – ihren eigenen, unverwechselbaren Sound.

Eine Jugend ohne Feindbilder

Ebenso vermisst er die gesellschaftlich-kulturellen Bewegungen, die etwas anstoßen. Die sich klar abgrenzenden Subkulturen, die Reibungspunkte schaffen. „Es muss immer einen Kontrapunkt geben.“ Aus fehlenden Reibungspunkten resultiert Stagnation. Eine Art „Feindbild“ sei unerlässlich, um andere Ansichten und Einsichten zu gewinnen. Im Punk waren diese Feindbilder vorhanden. Wichtig war die deutliche Abgrenzung von der Masse der Kinder des Wirtschaftswunders und der glitzernden, sich auf Oberflächlichkeiten reduzierenden Discowelt. Man wollte Musik machen, kreativ sein, ausbrechen. Anders als bei vielen gegenwärtigen Bands wurde kein Gedanke an einen finanziellen Erfolg verschwendet. Heute „versucht keiner mehr gegen den Strom zu schwimmen“. Feindbilder, wie es sie beispielsweise auch in der Hippiebewegung gab, scheinen längst verloren gegangen zu sein. Zu vermischt sind einzelne Subkulturen, zu verwaschen ihre Grenzen, zu lähmend ihre Toleranz. Jugendkulturen, die etwas anschieben und verändern, sind nicht mehr vorhanden. Doch erkennt Jürgen auch, dass es immer schwieriger geworden ist, die Gesellschaft aufzurütteln und ihr einen Spiegel vorzuhalten. In den USA, in denen der Musiker seit etwa zwei Jahrzehnten lebt, fällt es schwer, zu schockieren. Mit einem bunten Irokesenschnitt auf dem Haupt stößt man nicht mehr an.

Diese Vermischung ist auch ein Grund, warum sich Jürgen Engler keiner aktuellen Subkultur zugehörig fühlt. Die Fans der „Krupps“ sind keine klar definierte Szene. „Man kann sagen, dass Gothic der Überbegriff ist, aber letztendlich sind wir nicht Gothic und unsere Fans sind es eigentlich auch nicht.“ Es ist die Schublade für alle Außenstehenden, in die jeder, der Schwarz trägt, eingeordnet wird. Eine Definition für „Die Krupps“ zu finden, fällt ihm schwer. Sie sehen sich durchaus als Teil einer Szene, aber durch die lange Geschichte der „Krupps“ deckt man eine große Spannbreite ab: EBM, Industrial, Neue Deutsche Härte, wobei diese Genres zumeist erst später größeren Zuspruch fanden, nachdem sich die „Krupps“ bereits neuen Klangwelten zugewandt hatten.

Die Krupps
Die Krupps beendet jüngst ihre Europatournee, werden jedoch ab Juli auf zahlreichen Festivals vertreten sein.
(c) Marcus Rietzsch – T-Arts

So waren es auch immer Andere, die die ganz großen Erfolge feiern konnten. Die Kreativität der „Krupps“ hatte Einfluss auf zahlreiche Bands. Auf „Nitzer Ebb“ beispielsweise. Oder auf „And One“. Auch „Rammstein“ tauchen in dieser Liste auf. Man vergleiche den Titel „Tier“ mit „The Dawning Of Doom“. Eine eindeutige Hommage. Jürgen weiß, dass „diejenigen, die den Stein lostreten, immer diejenigen sind, die den härteren Weg haben.“ Doch dies stört ihn nicht. Wichtiger ist ihm, sich nie verbogen und keiner Maschinerie unterworfen zu haben.

Kooperationen mit anderen Bands bzw. Musikern haben Krupps-Tradition. In der Vergangenheit mit Nitzer Ebb, Arthur Brown und Client, aktuell mit Eric Débris („Metal Urbain“) und Geoffrey D. („Dernière Volonté“). Wie kam es dazu? Jürgen erklärt: „Metal Urbain war immer eine meiner Lieblings-Punkbands.“ Schon in den 90er Jahren fragte er französische Journalisten, denen er Rede und Antwort stand, ob sie Eric Débris kennen würden. Allerdings ohne Erfolg. Doch viele Jahre später konnte Geoffrey D., dessen Musik Jürgen sehr schätzt, einen Kontakt herstellen. Mit der Neuinterpretation von „Panik“ schließt sich nun ein Kreis. Punk trifft Electro.

„Die Krupps sind eine Antifaschistenband“

„Die Krupps“ haben sich immer klar gegen rechte Gesinnungen positioniert. „Dernière Volonté“ hingegen wird von mancher Seite genau diese Gesinnung vorgeworfen. Im September letzten Jahres wurde aus diesem Grund sogar ein Konzert des französischen Projekts in Berlin abgesagt. Jürgen war durchaus bewusst, dass diese Zusammenarbeit Fragen aufwerfen würde. Doch die Behauptungen sind „absolut an den Haaren herbeigezogen“. Er weiß, dass Geoffrey D. nichts Politisches im Sinn hat. Auch Eric Débris, der mit „Metal Urbain“ linken Anarcho-Punk gespielt hat und Geoffrey D. lange kennt, hat ihm dies bestätigt. Es sei wohl richtig, dass „Dernière Volonté“ auf zweifelhaften Compilations vertreten waren. Allerdings hat eine Band darauf oftmals keinen Einfluss. Jürgen betont, dass er äußerst sensibel ist, was das Thema „rechte Gesinnung“ betrifft. Wie schnell man in die rechte Ecke gestellt wird, weiß er jedoch selbst genau. So wurde im Vorfeld eines Konzerts in der Schweiz unterstellt, die „Krupps“ wären eine Naziband. Sie würden ja schließlich die Endlösung predigen. Wie konnte es zu dieser abwegigen Annahme kommen? Ein Journalist hat aus dem Albumtitel „Final Option“ „Final Solution“ gemacht. Gerne möchte man hier an mangelnde Englischkenntnisse glauben, doch wahrscheinlicher erscheint die Gier nach einer reißerischen Meldung. Wurden doch auch sonstige offensichtliche Hinweise, wie beispielsweise das „Stop Facism“-Logo auf der Rückseite der Veröffentlichung oder den Text des Stücks „Fatherland“, ignoriert.

Die Positionierung gegen Faschismus, Rassismus und Ausländerhass ist Jürgen Engler immens wichtig: „Die Krupps sind eine Antifaschistenband.“ Auf ausländerfeindliche Äußerungen reagiert er allergisch. Er weiß, wovon er spricht: „Ich bin zwischen solchen Menschen aufgewachsen.“ In Deutschland sei alles noch vorhanden, nur viel subtiler. Und die Propaganda-Maschinerie funktioniert nach wie vor. Allerdings viel raffinierter und smarter als unter Goebbels. Zwar will man sich von der deutschen Vergangenheit lösen, doch noch immer stecken in den Köpfen vieler Durchschnittsbürger Ignoranz und Arroganz.

So ist es nicht verwunderlich, dass die Industriellendynastie Krupp nicht nur für den Bandnamen Pate stand, sondern auch in den Texten thematisiert wird. Ist sie doch Sinnbild für deutschen Fleiß, Stahl und Schweiß, ebenso wie für Aufrüstung und das Anschieben der Kriegsmaschinerie im zweiten Weltkrieg, aber auch schon weit davor. Auf dem aktuellen Album widmen sich diesen kontroversen Aspekten die beiden Stücke „Im Schatten der Ringe“ und „Essenbeck“ – inspiriert von dem Film „Die Verdammten“ aus dem Jahre 1969, wobei hier die fiktive Familie Essenbeck (angelehnt an die Familie Krupp) aus Profitgier gemeinsame Sache mit den Nationalsozialisten macht.

Für diverse deutsche Firmen spielt Rüstung nach wie vor eine erhebliche Rolle. Aktuell liegt Deutschland in der Statistik der Waffenexporte auf Platz drei, was höchstens halbherzig und inkonsequent diskutiert bzw. kritisiert wird. Totschlagargumente sind letztendlich immer die Arbeitsplätze, die verloren gehen, wenn man auf diesen Industriezweig verzichten würde. Wie wird dieses Thema in Jürgen Englers Wahlheimat – kein Land hat mehr Waffenexporte – behandelt? Der Musiker verweist darauf, dass die USA nicht als Land gesehen werden kann. Es ist ein Kontinent – zig Mal größer als die Bundesrepublik. Ein Kontinent voller extremer Gegensätze. Ein Teil spricht sich strikt gegen Waffen aus, die Republikaner dafür. „Die haben ja auch alle Waffen zuhause und die Bibel.“ Seit er in den USA lebt, hat er nie eine Schießerei erlebt, nicht einmal eine Schlägerei. Umso mehr ärgert ihn die mediale Darstellung, in der das Bild eines Landes voller Gewalt und schießwütiger Bürger gezeichnet wird – im krassen Gegensatz zum „zivilisierten“ Deutschland. Medien betrachtet Jürgen Engler sehr kritisch. Behauptungen hinterfragen und das Nutzen unterschiedlicher Quellen ist oberste Pflicht. Schließlich werden Worte und Tatsachen so lange verbogen und verdreht, bis es den verantwortlichen Journalisten passt. Letztendlich geht es nur um die „fette Schlagzeile“, die den Verkauf anschiebt.

Bei den Vorbereitungen für dieses Interview schwelgte ich in Erinnerungen. Ein Auftritt der „Krupps“ im Jahre 1997 in Chemnitz hat sich in mein Gedächtnis gebrannt. Auch Jürgen erinnert sich sofort. Damals beendete bedauerlicherweise ein Stromausfall im gesamten Stadtteil das überaus stimmungsvolle Konzert. Man munkelt, dass hierfür der Veranstalter vergangener Auftritte, der sich übergangen fühlte, verantwortlich war. Mit zwei Taschenlampen musste die Band, die übrigens mit der Wahl des Veranstalters nichts zu tun hatte, hinter der Bühne ihre Sachen zusammensuchen. Doch glücklicherweise blieben Musiker wie Konzertbesucher bei der kürzlich beendeten Tournee durch Europa von Stromausfällen und ähnlichen misslichen Ereignissen verschont. Und Jürgen Engler konnte sich zudem darüber freuen, dass die neuen Titel vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen wurden.

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Shan Dark
Shan Dark (@guest_49410)
Vor 10 Jahre

Sehr interessant und informativ, habe einiges erfahren, was ich noch nicht über die Krupps wusste. Danke für das tolle Interview, Marcus.

Zu vermischt sind einzelne Subkulturen, zu verwaschen ihre Grenzen, zu lähmend ihre Toleranz. Jugendkulturen, die etwas anschieben und verändern, sind nicht mehr vorhanden.

Wie wahr, vor allem der erste Satz. Gleichzeitig wie schön für Jürgen Engler, dass er in der Vergangenheit schwelgen kann. Wobei die Grufties noch nie gesellschaftlich irgendwas angeschoben und verändert haben, dann schon eher die Punks. Weitere Subkulturen, die gesellschaftlich was bewirkt haben, wollen mir aber gerade nicht recht einfallen. Ach so, höchstens die Hippies noch…

fxsend
fxsend (@guest_49411)
Vor 10 Jahre

Vielleicht bin ich da ein politischer Romantiker, aber ich glaube einfach immer noch an die Kraft der Subversion. Und sind Subkulturen wirklich nur dann „erfolgreich“, wenn sie Einfluss auf den Mainstream haben und gesellschaftliche Veränderungen bewirken?

Oder ist es nicht mindestens genauso wichtig, dass Subkulturen im Stande sind Freiräume für Leute zu schaffen, die mit der Mainstreamkultur nichts anfangen wollen oder können?

Ich glaube, da unterschätzt Jürgen Engler vielleicht sogar seinen eigenen Einfluss, weil gerade Künstler wie die Krupps sehr viel dazu beigetragen haben, dass sich da über lange Jahre etwas erhalten hat, was sich dem Einfluss des Mainstreams erfolgreich widersetzt.

Death Disco
Death Disco (@guest_49412)
Vor 10 Jahre

Ich halte es für fragwürdig, altgediente Bands nachträglich einer der aktuell bestehenden Szenen unterzuordnen. Natürlich waren Die Krupps zunächst in der 80s-Wave-/EBM-Kultur beliebt (Goths im traditionellen Sinne hörten sie eigentlich gar nicht).
Später zählten sie zur 90er Crossover-Szene, als Bands wie Ministry und NIN groß waren… Das Publikum war irgendein Mischvolk aus ehemaligen EBMheads und einer Horde metallisch Alternativer, die sonst nur Clawfinger, Machinehead, Suicidal Tendencies und so ein Zeug hörten. Da passten sogar Oomph! in ihrer Sperm/Defekt-Phase rein.

Aber was ist aus dieser Ära denn geblieben? Ich käme jedenfalls nicht auf die Idee, Die Krupps der aktuellen Schwarzen Szene zuzurechnen. Das wirkt so deplaziert wie ein Biedermeiersekretär bei Ikea.

Die 90er Zeit hatte ich persönlich aber auch kaum noch verfolgt, was auch daran liegen mag, dass ich mich nie an das Accu§er-Geschrabbel und die „Hetfield-isierung“ des Krupps-Sounds gewöhnen konnte.
Ich erinnere mich noch gut daran, mit dem Kauf einer grauen 4xCD-Sammlerbox vor Ewigkeiten einen ersten Schlussstrich unter das Krupps-Kapitel gezogen zu haben – weiß jetzt gar nicht, ob die ’nen Namen besitzt (?). Empfehlenswert für Leute, die sich retrospektiv mit den Frühwerken eindecken wollen. Für mich war’s damals ’ne nette Ergänzung zu den Schallplatten.

Bands orientieren sich in erster Linie an der Vergangenheit. Der Wille, die Musik weiterzuentwickeln und neue Klangwelten zu eröffnen, ist kaum noch vorhanden. Es wird munter abgekupfert.

Was ja nicht nur die Musikszene an sich, sondern auch deren Gefolgschaft betrifft. Bei Batcave und EBM erfolgt das beispielsweise ganz bewusst…

…bei Cyber hingegen muss man den Leuten ja permanent vorhalten, dass sie fast 25 Jahre alte Scheiße nur neu aufwärmen. *g*

Death Disco
Death Disco (@guest_49416)
Vor 10 Jahre

weil auch die Krupps auf einigen “Szene-Festivals” zu Gast sein werden. Gothic ist heute ein allgemeingültiger Stempel geworden

War das schön, als man’s noch (nahezu) wertungsfrei „Independent“ nannte. Kein zwanghafter Vereinnahmungsversuch durch musikhistorisch ungebildete Mode-Clowns, wie sie heute zuhauf da draußen herumrennen. Ich hoffe ja immer noch insgeheim, dass diese jugendkulturelle Fehlgeburt irgendwann von der Bildfläche verschwindet, ohne größere Spuren zu hinterlassen.

Ich würde auch sagen, dass Jürgen Engler seinen Einfluss unterschätzt.

Das Gefühl hatte ich zu Zeiten der Krupps-/Nitzer-Ebb-Kooperation auch. Ich bin mir gerade nicht sicher, aber meine, dass damals der Kontakt über Ralf Dörper zustande kam, während Engler gar nicht glauben konnte, dass er mit NE erklärte Fans vor sich hatte.

Death Disco
Death Disco (@guest_49418)
Vor 10 Jahre

Nun ja. Blutengel und vergleichbare Bands (zieht euch mal Trümmerwelten rein – selten so gelacht!) verschwinden langsam aus dem Rampenlicht, oder wie sieht das momentan aus? An die L’âme-Immortelle-Fans der 90er kann sich heute keiner mehr erinnern, obwohl die Band nun wirklich in aller Munde war. Hingegen erscheinen die Namen der Gothic-Ikonen der 80er wie in Stein gemeißelt. Die wird man auch noch kennen, nachdem der Hype um Mono Inc., Lord of the Lost oder ASP abgeflaut ist. Sicher, ASP könnten durchaus überleben… der Rest wird dann Schnee von gestern sein.

Independent im eigentlichen Sinne war ein Teil der Labels ganz sicher nicht mehr, das ist schon richtig. Aber es diente zumindest dazu, ein gewisses Klangspektrum und ein „Unabhängigkeitsfeeling“ zu definieren, ohne großartig Farbzuordnungen zu tätigen („schwarze“ Musik etc., wie’s ja heute gerne getan wird – vor allem mit Musik, die mit Gothic nie etwas zu tun hatte).

fxsend
fxsend (@guest_49419)
Vor 10 Jahre

Independent als künstlerische Haltung hat mit dem Genre seit mittlerweile Jahrzehnten ungefähr genau soviel gemein wie Industrial mit Industrial.

Das ist der Lauf der Dinge. Wenn etwas aus sich heraus erfolgreich ist, wird das gefeatured auf Teufel komm raus, kopiert und stromlinienförmig gemacht und jeder will ein Stück vom Kuchen. Das Ergebnis sind dann musikalische Monokulturen, die sich nur noch selbst replizieren. „Schwarze“ Festivals werden größtenteils nur noch von jeweils zwei, drei Agenturen und Verlagen bestückt und als Ergebnis hast du eine running order, die zwar alle Sparten abdeckt, bei denen die Combos innerhalb der Sparten aber fast ununterscheidbar sind.

Früher war nicht alles besser, aber vieles anders. Da kamen in Ermangelung eines umfangreiche Backkataloges viele abseitige Sachen auf den Plattenteller und Künstler hatten eine Chance, die eben nicht in eindeutige Schubladen passten und als „klingt wie“ vermarktet werden konnten. Das war auch eine Frage der Haltung, offen gegenüber abseitigem zu sein.

In Teilbereichen der Szene ist das zum Glück immer noch so, weil es da keine Clubbesitzer gibt, die hyperventilieren, wenn die Tanzfläche leer ist, weil der DJ ins Klo gegriffen hat oder die Leute sich gerade fragen: „Was ist das denn jetzt?“ Dazu braucht man aber nichtkommerzielle Strukturen oder am besten überhaupt gar keine.

Um noch einmal auf die Krupps und die Vielfalt in früheren Jahren zurückzukommen:

Na klar werden die Krupps auch auf die großen Festivals eingeladen, weil man sich zwischendurch auch mal feigenblattmäßig mit Tradition schmückt. Aber geistig verwandtes auf auf der After-show-Party?

Undenkbar.

Marcus
Marcus (@guest_49430)
Vor 10 Jahre

Ich glaube auch, dass es noch genug anzuschieben gibt, aber der Jugend und uns fehlen die klaren und unmissverständlichen Feindbilder.

Ich denke schon, dass es auch heute noch klare Feindbilder gibt. Nur habe ich zunehmend das Gefühl, dass es immer weniger Menschen interessiert. Hauptsache Couch, Bier und Fernsehapparat sind vorhanden. Mehr wird nicht erwartet. Und so scheinen auch die Jugendkulturen zu fehlen, die aufbegehren, Vorhandenes hinterfragen und den Feindbildern den Kampf ansagen.

Es gibt gefühlte 1.000 Petitionen, die sich gegen einen Missstand richten.

Und leider sind diese oftmals aufgrund von diversen Fehlern von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Abgesehen davon, dass es mehr Leute interessiert, ob sie nun mit ihren Gebühren einen Herrn Markus Lanz finanzieren, als die wirklich wichtigen Themen, die einen unausweichlichen Einfluss auf das eigene Leben (und das vieler Anderer) haben.

Heimfinderin
Heimfinderin (@guest_49431)
Vor 10 Jahre

Warum braucht es ein Feindbild? Habe ich da was nicht verstanden^^Ich empfinde Menschen mit Feindbildern als äußert unsympathisch und bemerke da so eine gewisse Unsicherheit und Zugeknöpftheit, der Welt entgegen zu treten. Ich leiste aber gerne Widerstand und stelle allgemeine Regeln und Verhaltensweisen in Frage, wenn sie für mich inakzeptabel sind. Das ist aber nicht das gleiche asl ein so großes Wort zu benutzen.Und jemanden „doof“ zu finden, weil er andere Musik hört und andere Farben schätzt oder eine mir ferne Hirnstruktur im Leben umsetzt dürfte jeder als unreif erkennen.

Marcus
Marcus (@guest_49618)
Vor 10 Jahre

Ich kann durchaus verstehen, dass man sich am Wort „Feindbild“ stört. Strahlt dieses doch etwas Negatives und Aggressives aus. Es ist aber nur ein Wort und letztendlich bedeutet es für mich, sich gemeinsam gegen Missstände Gehör zu verschaffen bzw. sich für eine Sache stark zu machen. Ich vermisse heutzutage die jugendlichen Subkulturen, die rebellieren und sich auch einmal gegen gesellschaftliche Konventionen stellen. Aber die Gleichgültigkeit scheint deutlich zugenommen zu haben und das Desinteresse ist unübersehbar.

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