Spontis Wochenschau #11/2013

Gestern antwortete ich auf die Frage: „Was fehlt Ihnen?“ und eröffnete so ein erquickendes Gespräch zwischen der Sprechstundenhilfe des Allgemeinmediziners und einem erkälteten Gruftie, also mir. „Ich muss sterben.“ antwortete ich schlagfertig. Die Lacher waren wieder auf meiner Seite, niemand begriff den Ernst der Lage. Ich entspannte die Situation um zu Ärztin vorgelassen zu werden und schob hinterher: „Nein, ich bin nur (sehr schlimm, Anm. d. Verf.) erkältet…“ und erntete ein ebenso schlagfertiges: „Also doch sterben?“, worauf hin ich mich trotz meiner prekären Lage zu einem Lachen hinreißen ließ. Soll ja die beste Medizin sein. Die Ärztin bestätigte mir unterkühlt, dass ich eine Erkältung habe. Ich hatte eigentlich ein sehnsüchtiges Dahinschmelzen erwartet, als ich ihr meine gestählte und völlig nackte Brust offenbarte. Doch nichts dergleichen. Anstatt dessen sollte ich mit offenem Mund ein- und ausatmen. Wie prickelnd. Vielleicht sollte ich den Tatsachen ins Auge sehen, das ist so ähnlich, wie sein Leben vor seinem inneren Auge zu verfolgen. Mit einer (bestimmt tödlichen) Erkältung verliert man seine nie dagewesene Ausstrahlung. Die rote Nase, die belegte Stimme, das ständige Schniefen und Husten wirken eben nicht harmonisch mit dem monotonen Jammern über den eigenen Zustand. Herrje. Noch kurz vor meinem Tod eine Wochenschau, weil ihr es seid: 

  • Melodrom-Fans trauern um Kultdisco in Kaufbeuren | Allgäu Online
    Am Samstag, den 12. Oktober starb der nächsten schwarze Kulttempel in Deutschland. Ein Großfeuer zerstörte die seit 28 Jahren existierende Discothek „Melodrom“ völlig. Das Gebäude brannte bis auf die Grundmauern nieder. Für Anhänger der schwarzen Szene eine Institution. „Seit 28 Jahren wurden im „Melo“ Filme gezeigt, anschließend verwandelte sich der Kinosaal in eine Diskothek. Über die Jahre fanden auch viele Jugendliche und junge Erwachsene aus dem benachbarten Landkreis Landsberg den Weg dorthin – samstags war sie vor allem für die Anhänger des Gothic Rock eine Anlaufstelle. Viele von ihnen hoffen jetzt auf einen Neuanfang, wenn auch nicht am ursprünglichen Platz.“ schreibt die Augsburger Allgemeine. Besitzer Jakob Eger gilt als „Stehaufmännchen“, doch es ist klar, dass der „alte Charme“ sich nicht wieder eröffnen lässt.
  • Der Mann mit der privaten Geisterbahn im Keller | Die Welt
    Nein, der Mann hat sicher nichts mit der Szene am Hut, doch seine 25 qm große und mit 13,2m Schienen befahrbare Geisterbahn ist sicher das Ausstattungsmekka gruftiger Inneneinrichter. „Er selbst nennt sich einen Tüftler mit verrückten Ideen. Doch das ist stark untertrieben. Denn die Effekte seiner Geisterbahn sind außergewöhnlich. Es zischt, knallt und holpert. Da ist ein Keuchen, Ächzen und Stöhnen. Nebel wabert, Blitze zucken, und Sirenen heulen. Der Elektriker hat sich einen Kindheitstraum erfüllt. „Mich haben Geisterbahnen schon immer begeistert. Freunde haben mich vor Jahren auf die Idee gebracht, selbst eine zu bauen“, sagt er. Aus der Idee wurde Faszination. Derenbach stemmte zwei Wände im Kohlenkeller auf, baute einen Rundkurs mit einem 13,2 Meter langen Schienennetz und schuf in unzähligen Arbeitsstunden auf etwa 25 Quadratmetern eine einzigartige Gruselstrecke.“ Schön, dass es noch Menschen gibt, die sich Kindheitsträume erfüllen.
  • Erst Tragödie, dann Farce | taz
    Vor rund 35 Jahren, genauer gesagt am 21. Oktober 1978 erstach Sid Vicious von der legendären Punkband Sex Pistols seine Freundin Nancy Spungen. Beide waren vollgepumpt mit Heroin. Als er nach seiner Verhaftung wegen Mordes gegen eine Kaution am 1. Februar 1979 auf freien Fuß gesetzt wird, geht er zurück in das New Yorker Hotelzimmer und setzt sich eine Überdosis Heroin. Sein Selbstmord scheitert, seine Mutter, die ihn am 2. Februar findet, vollendet den Suizid und verabreicht ihrem Sohn die tödliche Dosis, um ihn vor dem Gefängnis „zu retten“. „Die Tödliche Doris verfilmt 1981 „Das Leben des Sid Vicious“ mit einem Drei- und einer Sechsjährigen in den Hauptrollen, ihr Kommentar zur Legendenbildung. Noch 1995, da ist Kurt Cobain schon tot, strickt der bekannte Punkrock-Darsteller Ben Becker mit dem Theaterstück „Sid und Nancy“ die Legende weiter. Die Nancy spielt Schwester Meret. Geschichte wiederholt sich, so der Marx-Evergreen, mal als Tragödie, mal als Farce.
  • Die eingeschworenen Jungfrauen von Albanien | Rosa Chalybeia
    Das dritte Geschlecht ist keine Erfindung unserer Zeit, sondern schon seit je her ein weit verbreitetes Lebensdogma. Rosa Chalybeia, die bereits mit ihrem Artikel „Two Spirits“ an diese Tatsache erinnerte, berichtet nun von den albanischen Jungfrauen, die sich für ein Leben als Mann entscheiden. „Dass es zwischen den biologischen Geschlechtern von Männlein und Weiblein noch mehr gibt, hält man ja oftmals gerne für eine moderne Spinnerei von Leuten die sonst nicht viel zu tun haben, allerdings, da mich das Thema schon sehr lange beschäftigt, möchte ich dieser Meinung entgegensetzen, dass es sogar sehr viele Kulturen gibt welche ein drittes Geschlecht kennen, das sich nicht an biologische Tatsachen festmacht, sondern am Selbstempfinden mancher Personen, besser noch, gerade bei vielen sehr alten Kulturen waren solche Phänomene nicht nur gewissermaßen normal, sondern oft auch gesellschaftlich hoch angesehen – erst der Einzug der westlichen “Kultur” minderte das Ansehen solcher Personen,  schlimmer noch, deren komplette Auslöschung war ebenfalls in manchen Fällen eine traurige Konsequenz.
  • Knochenkirche Kutna Hora | Frau Fledermaus
    Einen mit eindrucksvollen Bilder garnierte Beitrag über die tschechische Knochenkirche Kutna Hora liefert Frau Fledermaus: „Ich war im Juli über eine Woche im Osten für eine Fototour unterwegs. Weil wir unbedingt Kutna Hora sehen wollten, haben wir einen „kleinen“ Abstecher nach Tschechien gemacht.“ Einen ausführlichen Reisebericht, über den ich bereits berichtet habe, findet ihr immer noch beim schwarzen Planeten.
  • Schöne Grüße von Jules Verne | Gedankensplitter
    Stichwort „Tolle Bilder“. Gestorbene Legenden hinterlassen Pilgerstätten um ihrer zu gedenken. Markus Rietzsch folgt dem Ruf des Autors vieler fantastischen Geschichte und besucht den Friedhof in Amiens, auf dem Jule Verne begraben liegt. „Skulpturen und Gargoyles zieren die verschiedenen Grabstätten, ehe in meinem Augenwinkel plötzlich und unvermittelt das ursprünglich anvisierte Ziel auftaucht und mich staunen lässt: Die steinerne Grabplatte hochstemmend reckt ein Mann seinen Oberkörper aus der Gruft – den Blick gen Himmel gerichtet und den Arm wie zum Gruß erhoben. Jules Verne grüßt seine Leserschaft. All jene, die seiner Phantasie folgten und folgen. Diese lebensgroße Abbildung fasziniert nicht nur mich. Die Sitzbank gegenüber wird von wechselnden „Pilgern“ eingenommen, die ihren Gedanken nachhängen.
  • Der Mann, der seit fünf Jahren nur rohes Fleisch isst | Vice
    Die für Qualitätsjournalismus bekannte Internetpräsenz von VICE hat Derek Nance ausgegraben, der sich von rohem Fleisch ernährt. Wer sich mal wieder gründlich ekeln möchte, folgt dem Link. Es ist unfassbar, was Menschen für ihre 5 Minuten Ruhm alles auf sich nehmen. Ein Kerl, der sich nur von Leichen ernährt. „So probierte er eine mediterrane Diät (Fisch und Gemüse), dann ließ er den Fisch weg und wurde Veganer, doch es wurde nicht besser. Schließlich empfahl ihm ein Typ mit ähnlichen Symptomen die karnivore Version der paläolithischen Diät. Weil er nichts mehr zu verlieren hatte, gab Derek dem rohen Fleisch eine Chance. Das ist jetzt fünf Jahre her. Mittlerweile putzt er sich sogar mit Tierfett die Zähne.
  • Goth Challenge – Oder: Eine Autobiographie des Grauens | Mondbote
    Fast genauso gruselig ist Ian Luthers Werdegang in die schwarzen Szene, die er anlässlich einer Goth Challenge zum Besten gibt: „Mit zarten elf Jahren baute sich der kleine Ian einen Sarg aus Karton, weil er Lumpi, den älteren Bruder von Rüdiger von Schlotterstein so cool fand. Vampire, geil, sowas rockt. Lange vor Bergdoktor-Glitzer-Elfen, die sich im Wald verstecken. Musikalisch begann es bei mir eher gitarrenlastig. Rammstein, wie für viele andere war dies auch für mich wohl eine Art “Einstiegsdroge” in “düstere” Richtungen, die Mediamarkt damals in ihren schmalen Musikregalen für einen nerdigen Star Wars – Fan, mit mehr Pickeln als schulischem Engagement, hatte. Die Reise entwickelte sich weiter von Rammstein, hin zu Trällerelfen-Metal à la Nightwish oder Within Tempation, in späteren Tagen auch Epica, eben all solchen Dingen.
  • The Day my Kid went Punk (1987) | Nerdcore
    Ein Selbsthilfefilm für verstörte Eltern, deren Kinder zu „Punks“ mutierten, drehte 1987 der Sender ABC um dabei zu helfen, die Gefahr abzuwehren. Zur Zeit kann man sich das 45-minütige Machwerk der Aufklärung auf Youtube anschauen. Oder hier:
  • Breakdance im ZDF 1984 | KFMW
    Ich glaube ja fast nicht, dass man das je ernst gemeint hat. Das kann einfach nicht.

 

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Irmin
Irmin (@guest_48361)
Vor 10 Jahre

Mit einer tödlichen Männergrippe ist aber auch nicht zu spaßen. Daher kann ich deinen Zustand absolut verstehen, wenn ich auch momentan nicht davon geplagt bin.

Ich liebe schräge Fernsehschnipsel aus Zeiten, an denen an mich noch nicht (oder gerade so eben) zu denken war. Echt erstaunlich, da liegen keine 30 Jahre dazwischen, es wirkt aber wie aus einer anderen Welt. Aber gut, wenn man sich den größten Schrott von heute raussucht, kann man vermutlich Ähnliches behaupten ;)

Das Grab von Jules Verne sieht richtig schön und ungewöhnlich aus. Falls ich mal irgendwann in der Gegend sein sollte, muss ich da auch einen Abstecher hin machen. Schließlich haben seine Geschichten auch mich schon als Kind fasziniert.

À propos Kind, die „Goth Challenge“ finde ich ja eine nette Idee. Auch, wenn ich selbst immer zögere, mich als Goten zu bezeichnen. Ich persönlich bin zumindest musikalisch ja eigentlich nur mehr oder minder zu meinen Wurzeln zurückgekehrt – meine erste CD war eine Zusammenstellung aus allerlei Mittelalterrock, Neoklassik, Folk und diversen elektronischen Spielarten. Wobei ich das zu der Zeit einfach für gute Musik hielt und keine Ahnung davon hatte, dass das nicht gerade das ist, was alle hören. Was aber auch erklärt, warum ich nie kannte, was alle hörten. Nun ja. Nach Ausflügen zum Alternative Rock (jeder macht mal Fehler) ging es dann über Metal sozusagen wieder zurück (wobei, alles bis auf den Alt-Rock-Kram höre ich auch immer noch) – geholfen, mich in die richtige Bahn zu hieven, haben auch nette Menschen, die ich kennen gelernt habe ;) Die (beinahe) monochrome Kleidungswahl kam allerdings erst spät dazu.

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_48362)
Vor 10 Jahre

Irmin: Ja, das mit der Selbstbetitelung als „Gote“ ist ziemlich schwierig… ich selbst finde ja, dass ich mich nicht als „Goth“ bezeichnen kann, weil ich dazu kein Anrecht habe. Für mich sind die „echten“ Goths diejenigen, die in den 80ern dabei waren und die schwarze Szene ist zu komplex und zu nuancenreich, sich selbst in eine Sparte zu stecken, bei der man ständig aufpassen muss, allen Klischees gerecht zu werden. Ne, ich sehe mich als „schwarz“, das ist für mich einfacher und umfangreicher. Ist aber nur meine Interpretation :)

Irmin
Irmin (@guest_48363)
Vor 10 Jahre

Ian, ja, das ist tatsächlich auch einer meiner Gründe, mich nicht als „Goth“ (um mal nicht die pseudodeutsche Bezeichnung zu verwenden) zu bezeichnen. „Anrecht“ trifft es ganz gut. Außerdem trifft das meinen Musikgeschmack sowieso nur zum Teil, je nachdem, was man denn so unter Goth verstehen will. Das mit den Klischees ist auch so eine Sache, am Ende müsste ich mir noch vorwerfen lassen, nicht „trve“ genug zu sein. Da kann ich gerne drauf verzichten.

Andersherum habe ich dagegen kein Problem damit, wenn mich jemand aufgrund meiner Interessen, meines Auftretens oder sonstiger Eigenschaften als „Goth“ bezeichnet. Das ist zumindest ein Etikett, mit dem ich leben kann, aber selbst verwende ich es nicht.

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_48364)
Vor 10 Jahre

Irmin, ja, genauso sehe ich das auch :)

Am Ende sollte man sich immer sagen: Man ist in erster Linie man selbst. Aber wenn mich jemand in eine schwarze Schublade stecken möchte, habe ich damit kein Problem, im Gegenteil.

Axel
Axel (@guest_48370)
Vor 10 Jahre

Sorry, wenn ich das jetzt missbrauche, aber: wo ist denn die liste mit den letzten Kommentaren hin? Das war doch saupraktisch. :-(

(Und wenn ich schonmal dabei bin: kann man das mobile Design irgendwie für iPads und andere Tablets ausschalten? Denn ein 10 Zoll Bildschirm zeigt ja eine normale Homepage ohne Probleme an)

Ian von Nierenstein
Ian von Nierenstein (@guest_48371)
Vor 10 Jahre

Ich gehe davon aus, Robert möchte, dass man die Artikel liest, um diese dann zu kommentieren – und nicht, dass man nur die Kommentare liest um diese dann zu kommentieren – verständlicherweise :)

Axel
Axel (@guest_48374)
Vor 10 Jahre

Da habe ich noch garnicht geschaut. Wie hast Du eigentlich das mobile Design im WP aktiviert? Gibt es da irgendein lustiges Plugin?

Orphi
Orphi(@orphi)
Editor
Vor 10 Jahre

Du hast ihr Deine gestählte und völlig nackte Brust offenbart? Mir dünkt ich höre – ob dieser Anmaßung – einen Frosch in einem kleinen Tümpel im fernen Östen amüsiert quaken. Wirklich fassungslos macht mich aber das 80er Jahre Breakdance-Video. Das ist einfach… noch unglaublicher als das mit der gestählten Brust. Oder meintest du damit die Brustwarzen-Piercings? Sind die nicht aus Titan? :-)

Orphi
Orphi(@orphi)
Editor
Vor 10 Jahre

Alles klar, jetzt habe ich das mit der gestählten Brust verstanden. Du musst verzeihen, ich kenne mich damit nicht aus, mein Freund hat sowas nicht. :-)

Orphi
Orphi(@orphi)
Editor
Vor 10 Jahre

Ich bezog mich auf die zweite mögliche Deutung.

Mone vom Rabenhorst...
Vor 10 Jahre

Wie cool. Wird das jetzt eine Folge der „Robert/Orphi“-Show? *popcornrausholt*

;-)

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