Cosplay im Porträt – Eine Arte-Doku über Subkultur, Selbstausdruck und Szenegrenzen

Was einst als Nischenhobby für eingefleischte Manga- und Anime-Fans galt, ist längst in der Popkultur angekommen. Das Video der ARTE-Reihe „Twist“ gibt einen facettenreichen Einblick in die Cosplay-Szene – von der professionellen Kostümdesignerin Cinderys in Paris über den Cosplay-Weltmeisterschaftsbeitrag von Shiroku bis hin zu queeren Hobby-Cosplayerinnen wie Aby und Pasta, für die das Verkleiden weit mehr bedeutet als bloßes Spiel. Die Reportage beleuchtet, wie aus einem japanischen Jugendphänomen ein weltweiter kultureller Ausdruck geworden ist – mit eigenen Stars, Märkten, Konflikten und Freiräumen.

Cosplay – Kostümierung und Empowerment

Der Begriff „Cosplay“ – eine Wortschöpfung aus „Costume“ und „Play“ – entstand in den 1980er-Jahren in Japan und beschreibt ursprünglich das Verkleiden und Darstellen von Figuren aus Anime, Manga oder Videospielen. Was als kreative Ausdrucksform japanischer Fans begann, entwickelte sich zu einem weltweiten Phänomen mit einer aktiven und stetig wachsenden Szene. Heute ist Cosplay nicht nur auf Conventions zu Hause, sondern längst auch Teil westlicher Jugend- und Subkulturen – eine Mischform aus Handwerk, Rollenspiel, Popkultur und individueller Selbstdarstellung.

Auch auf Spontis hat das Thema immer wieder Raum gefunden. Im Artikel „Cosplay auf dem WGT – Zwischen Klischee und Kunst“ habe ich mich bereits mit der Präsenz von Cosplayer*innen auf dem Wave-Gotik-Treffen auseinandergesetzt – und dabei beobachtet, wie sich traditionelle Szeneästhetik und Popkultur zuweilen überlappen oder reiben. In „Mode, Masken, Medien – Zur Sichtbarkeit von Subkulturen“ ging es um die Bedeutung von Kleidung als Ausdrucksform in subkulturellen Kontexten – ein Aspekt, der beim Cosplay besonders deutlich zutage tritt.

Denn wer sich in Rüstung, Robe oder Uniform präsentiert, tut das oft mit großer Sorgfalt, technischer Präzision und einer klaren Haltung zu der Figur, die verkörpert wird. Cosplay ist also nicht bloß Verkleidung – es ist ein Spiel mit Identität, ein kreativer Akt der Aneignung und in vielen Fällen eine Form von Empowerment.

Subkultur und Kommerzialisierung

Cosplay ist in den 90er-Jahren auch nach Europa geschwappt und hat sich hier schnell verbreitet, mit der zunehmenden Verbreitung von entsprechenden Manga-Serien wuchs die Szene rasant. Ich würde sagen, Cosplay ist schon längst keine Nischenerscheinung mehr, sondern ein weltweiter Trend, der auch hier in Deutschland auf entsprechenden Conventions oder Veranstaltungen zu finden ist. Die Kommerzialisierung liegt allerdings in der Natur des Cosplay, da die Quellen ja in Comics, Serien und Filmen zu finden sind, die stets ein Geschäft waren. Gleichzeitig prägt die Szene auch ein starker DIY-Gedanke, den die meisten Kostüme sind extrem aufwendig und arbeitsintensiv.

Die Cosplay-Szene ist von einer starken Realitätsflucht geprägt, ist enorm Leidenschaft und aufopfernd, was mich persönlich sehr fasziniert. In den letzten Jahren gibt es auch eine zunehmende Verbreitung von „Cosplay“ innerhalb der Gothic-Szene, man muss sich ja nur mal auf dem viktorianischen Picknick umschauen. Die Grenzen scheinen fließend zu sein, in vielen Hinsichten.

Warum boomt der „Kostümtrend“ denn nun? Nun erstens ist es kein Trend mehr, sondern für vielen der Protagonisten ein Teil ihrer Identität, eine Subkultur mit Abgrenzungen und Verhaltensweisen und vor allem eine Form, sich auszuleben. Die Verbreitung ist darüber hinaus beispiellos, denn seit Jahren explodieren die Veröffentlichungen in Film, Serien und Comics, die stets neues Futter für neue Anhänger bieten und sich vor allem auch in der Gaming-Szene fortpflanzen. Ein mittlerweile riesiger, gemeinsamer Markt, der entsprechend viele Menschen begeistert. Auch Euch?

Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.

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Kommentare

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John Doe
John Doe(@arno-siess)
Vor 22 Stunden

Für mich persönlich gesprochen, ganz klar nein. Mir fehlt da jedweder Zugang, da ich weder Manga-Fan noch Gamer bin und es eher auch nicht mehr werde.
Robert schreibt von fließenden Grenzen zur Szene, ich würde das eher als diffus bezeichnen, um noch eine kleine Steigerung hinein zu bringen.
Ich sehe das als eigene Szene, die den schwarzen Untergrund womöglich eher als „Unterschlupf“ nutzt, als sich wirklich zugehörig zu fühlen. Aber da sind wir wieder beim uralten Thema… 😉
Für sich gesehen ist es ein Hobby, das bestimmt Spaß macht, wenn man diesbezüglich affin ist und in das man viel Zeit und Enthusiasmus stecken kann. 😄

Graphiel
Graphiel(@graphiel)
Vor 21 Stunden

Ein mittlerweile riesiger, gemeinsamer Markt, der entsprechend viele Menschen begeistert. Auch Euch?

Ich bin Gamer und schaue gern auch den ein oder anderen Anime, aber das Bedürfnis mich wie einer der Prot-/Antagonisten zu verkleiden hatte ich nie. Mir hat es stets genügt für eine Weile in eine andere Welt abzutauchen (ähnlich wie beim lesen eines Romans) und fertig.

Auch gebe ich John Doe völlig recht damit, dass ich die „Cosplayszene“ nicht als einen Teil der schwarzen- sondern als eigenständige Szene ansehe. Was hier wohl eher vorliegt ist neben dem bereits genannten „Unterschlupf“ eine ganz normale Überlappung zwischen den Szenen und ihrer Mitglieder.

Menschen sind halt nicht so eindimensional und können in manchen Fällen daher sowohl Grufti als auch Cosplayer sein. Ich möchte gar nicht wissen wie viele von den beim WGT (und anderen schwarzen Veranstaltungen) gezeigten Cosplayern einfach nur Leute sind die versuchen beides unter einen Hut zu bekommen und es dann gleichzeitig auszuleben. Zugegeben: Meine Herangehensweise wäre das nicht und ich würde mich in so einem Fall wohl eher auf den laufenden Anlass fokussieren, anstatt zu versuchen beides zu vermischen. Sonst wirkt das alles halt auch irgendwie unfreiwillig komisch und die schrägen/abwertenden Blicke anderer Szenegänger sind vorprogrammiert. Das ist dann halt in etwa so als wenn ein leidenschaftlicher Fußballspieler, der aber eben auch gern in die Oper geht beschließt bei seinem nächste Opernbesuch zu seinem Jackett und Krawatte Sporthose und Sportschuhe anzuziehen. 😉

Letzte Bearbeitung Vor 21 Stunden von Graphiel
graveyardqueen
graveyardqueen(@graveyardqueen)
Vor 18 Stunden

Ich habe mit Cosplay nichts am Hut. Ob das nun Verkleidung, Realitätsflucht, Hobby oder irgendwas anderes ist, darüber mag ich nicht urteilen. Aber wie viele andere Gruppierungen, die auf dem DIY basieren, ist Cosplay eine Szene für sich, die auch Anhänger in der Schwarzen Szene hat. Was mir in diesem Zusammenhang immer wichtig ist, ist dass dies auch so betrachtet wird und nicht als fester dazugehöriger Bestandteil, der Schwarzen Szene gesehen wird. Ansonsten sollen die Leute machen wonach ihnen ist. Auch wenn ich manches etwas argwöhnisch beäuge. 🤷🏼‍♀️

Tanzfledermaus
Tanzfledermaus(@caroele74)
Vor 18 Stunden

Genau wie beim Steampunk finde ich es spannend und hab Hochachtung vor der Kreativität und Detailverliebtheit, mit denen diese Leute ihre Outfits kreieren. Ob sie mir immer gefallen, ist was anderes, aber allgemein ist es doch schön, so ein kreatives Hobby mit Gleichgesinnten auszuleben. Jedenfalls sinnvoller als was viele andere so in ihrer Freizeit machen.

Mit der Schwarzen Szene seh ich aber sowohl beim Steampunk als auch beim Cosplay keine wirklichen Überschneidungen. Die Schwarze Szene ist eindeutig musikbasiert und obwohl es auch hier Leute gibt, sie sich aufwendige Outfits basteln, ist das nicht das überwiegende Hauptaugenmerk. Gruftis haben häufig eine bestimmte Grundstimmung/Lebensgefühl, was die Musik widerspiegelt und viele kommen auch erst durch die Musik mit der Szene in Berührung, identifizieren sich mit dieser und nicht mit Fantasywelten. Sich aufzubrezeln wird weniger als Verkleidung oder Rolle betrieben/empfunden, sondern geschieht aus anderen Beweggründen. Und im Alltag wird meist versucht, einen Kompromiss zwischen Selbstausdruck und erwarteter Anpassung zu finden.

Bei Cosplay geht es um das möglichst genaue Imitieren von Comic-/Filmfiguren, ein Rollenspiel. Im Alltag spielt dies vermutlich keine große Rolle, es ist eine reine Freizeitbeschäftigung.

Letzte Bearbeitung Vor 15 Stunden von Tanzfledermaus
Black Alice
Black Alice(@blackalice)
Vor 18 Stunden

Ist nicht jede Szene irgend wie auch Cosplay? Ist nicht auch die Goth Szene eine Art Cosplay? Gut, es wird keine bestimmte Figur imitiert, aber es hat eine ganz bestimmte Ausdrucksform diesich auf ganz bestimmte Themen stützt. Manche imitieren Bandmitglieder, andere Vampire oder Vampirellas.

Graphiel
Graphiel(@graphiel)
Antwort an  Black Alice
Vor 18 Stunden

Ich würde das in der schwarzen Szene eher als Anlehnung, denn Cosplay betrachten. Ja, viele orientieren sich an musikalischen Vorbildern der Vergangenheit und Gegenwart, aber es besteht halt noch ein großer Unterschied darin ob ich mir nun die Frisur von Johnny Slut und das makeup von Siouxsie Sioux, oder meinetwegen das outfit von Bram Stokers Dracula zu eigen mache, oder ob ich tatsächlich eine dieser Personen darstellen will.

Beim Cosplay geht es ja gerade um dieses darstellen eines bestimmten Charakters. Sei es nun der Lieblings-Animeheld, oder einfach nur die eigene Spielfigur aus einem beliebigen Onlinerollenspiel mit Charaktererstellungsoption. Das ist in meinen Augen eben ein signifikanter Unterschied zu unserer Subkultur. Ich kenne niemanden der ernsthaft von sich behaupten würde „heute als Robert Smith“ unterwegs zu sein. Da bleibt jeder trotz teils deutlich sichtbarer Anleihen im eigenen Selbst unterwegs.

Letzte Bearbeitung Vor 18 Stunden von Graphiel
Tanzfledermaus
Tanzfledermaus(@caroele74)
Antwort an  Graphiel
Vor 17 Stunden

so sehe ich das auch – gerade die Charakter-Darstellung ist es doch, was Cosplay ausmacht, nicht allein die Optik. Man schlüpft bewusst in eine andere Rolle und nimmt diese nur zu bestimmten Gelegenheiten ein. Wie ein Mantel, den man ab- und ablegt, oder eben ein Spiel.

Das ist bei Gothics anders, selbst wenn sie bekannte Künstler optisch zitieren/imitieren, dann vermutlich auch nicht 1:1 das Outfit plus Frisur plus Charakter, um eine Rolle einzunehmen. Sondern sie sind auch, wenn sie diese optische Anlehnung nicht zeigen, immer noch Gothics.

Letzte Bearbeitung Vor 17 Stunden von Tanzfledermaus

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