Gothic Friday Juli: Kleine Oasen in der großen Stadt (Tanzfledermaus)

Wenn die Tanzfledermaus nicht gerade tanzt, tummelt sie sich in ihrer natürlichen Umgebung. Der Natur. Berliner sind darauf angewiesen zu wissen, wo sie Erholung und Ruhe finden. Die lebendige Metropole und Hauptstadt macht die kleinen Fluchten offensichtlich überlebenswichtig. Für das Juli-Thema des Gothic Friday hat sie ganz tief in ihrer Fotoschachtel gestöbert und präsentiert einmalige Aufnahmen ihrer persönlichen Rückzugsräume und Lieblingsorte.

Berliner Pflanze in der Botanik
Als gebürtige Berlinerin müsste ich einigen Trubel gewöhnt sein, sollte man meinen. Jedoch bin ich zum einen am grünen Stadtrand aufgewachsen, und zum anderen bin ich jemand, der sehr viel Ruhe braucht und sich gerne in der Natur aufhält. Berlin ist zwar insgesamt eine sehr grüne Stadt – soweit ich weiß die grünste Großstadt überhaupt – aber auch hier muss man ein bißchen suchen, um wirklich Erholung zu finden. Es gibt viele Parks, von denen einige oft heillos überlaufen und entsprechend vermüllt sind. Die belebteren davon meide ich, so gut es geht. Und trotzdem finde ich auch meine kleinen grünen Oasen, zum Teil mitten in der Stadt. Der Botanische Garten ist mein Highlight, aber es gibt auch noch ein paar weitere, die ich euch vorstellen möchte.

Botanischer Garten
Hier könnte ich – ausgestattet mit Kamera und/oder einem guten Buch – gerne jeden Tag verbringen, weshalb ich mir auch immer wieder eine Jahres- oder Mehfachkarte gönne. Mein absoluter Kraftort, der mich auf eine kleine Reise nimmt. Sowohl geografisch (es gibt Regionen verschiedener Erdteile) als auch innerlich, indem ich mich herrlich wegträumen kann. Der Garten ist den Jahreszeiten entsprechend stetig im Wandel und es gibt bei jedem Besuch immer wieder Neues zu entdecken. Bei schlechtem Wetter oder einem Regenguss gehe ich auch gerne in die riesigen Gewächshäuser, jedoch meist bin ich draußen unterwegs. Mit der Kamera erkunde ich besonders gerne Details, es müssen nicht immer Blüten sein. Auch besondere Blattformen, das Licht- und Schattenspiel im Grünen oder interessant geformte Früchte und Samenkapseln.

Der Garten ist sehr verwinkelt angelegt, es gibt viele romantische und versteckte kleine Pfade. Sogar Gebirgszüge wurden nachempfunden, so dass man vom Himalaja in den Kaukasus oder andere Gebirge der Erde hinüberwandern kann. An manchen Stellen finden sich kleine Pavillons und auch an gut besuchten Tagen findet man immer ein schönes, ruhiges Plätzchen. Ich sitze oder liege manchmal lange auf einer Bank, schaue einfach ins Grüne oder lese.

Es gibt dort etliche zutrauliche Tiere, vor allem Vögel. Kaum ein Besuch vergeht, ohne dass ich von neugierigen Meisen verfolgt werde, die sich in meiner Nähe niederlassen. Eine hat sich mir sogar erst auf die Füße und dann auf die Knie gesetzt, als ich auf einer Bank saß. Es gibt auch zutrauliche Rotkehlchen, schon mehrfach hat eines direkt vor mir im Gebüsch gesessen und dabei munter weitergesungen. Das absolute Highlight jedoch ist der zahme Fuchs, der häufig im Garten anzutreffen ist. Er macht sich nichts aus den Besuchern, kommt ihnen seelenruhig auf dem Weg entgegen und setzt sich auch mal entspannt hin, obwohl ringsherum Menschen unterwegs sind. Das schönste Erlebnis war, als ein fast Erwachsenes Jungtier dabei war und beide Füchse keine zwei Meter entfernt von mir auf einer Wiese herumtollten. Ich habe lange zuschauen können, es kamen weitere Leute hinzu und die Füchse taten einfach so, als ob wir gar nicht da wären. Ein traumhaftes Erlebnis! Eichhörnchen lassen sich ebenfalls sehr gut beobachten, sie fressen einem häufig aus der Hand. Einmal sah ich fünf Hörnchen, eine ganze Familie, zusammen auf einer Wiese herumtollen.

Der Botanische Garten ist für mich wie ein kleiner Garten Eden, wo die Tiere kaum Scheu vor den Menschen haben.

Britzer Garten

Das ehemalige BUGA-Gelände aus der Achtziger Jahren liegt ziemlich weit südlich am Stadtrand, ist aber dafür nie überlaufen. Außerdem ist es sehr, sehr weitläufig, so dass sich auch hier immer wieder herrliche ruhige Ecken finden. Wie der Botanische Garten ist der Britzer Garten sehr vielseitig und verwinkelt angelegt. Es gibt kaum gerade Linien, die meisten Wege und Ufer verlaufen geschwungen, selbst die gastronomischen Gebäude sind sehr ungewöhnlich gestaltet. An manchen Stellen trifft man kaum einen Menschen, wohingegen andere Plätze sehr belebt sind. Da der Park Eintritt kostet und sehr gut gepflegt wird, finden sich hier jedoch selten unangenehme Grüppchen und alles ist sehr sauber. In normalen Parks sind die Wiesen ja häufig von Müll und Kippen übersät und der Rasen kaputtgetrampelt. Im Britzer Garten sind die begehbaren Wiesen sauber und der Rasen wunderbar dicht. Das Gelände ist an manchen Stellen sehr hügelig, es finden sich sehr naturnah wirkende Gewässer, auch ein kleiner Bach mit Wasserfall und Felsenlandschaft ringsherum. Überall gibt es Liegen und Stühle, die man sich dort hinstellen kann, wo man möchte. Hier kann man wunderbar die Seele baumeln lassen, an einem Seeufer unter Trauerweiden liegen und lesen oder durch das abwechslungsreiche Gelände flanieren. Es gibt eine Bühne, auf der Konzerte stattfinden und einiges an Gastronomie für jeden Geldbeutel. Für Kinder sind schöne Spielplätze vorhanden, jenseits des üblichen Spielplatzallerleis. Ein paar Tiergehege gibt es (Schafe, Ziegen, Kaninchen, Hühner). Und nahezu alle Grünflächen sind begehbar.

Im Frühling kann man Unmengen bunter Tulpen bestaunen, im Herbst sind es zahllose Dahlien. Hunderte Sorten, zum Teil bewusst nach Farben gepflanzt oder auch wild durcheinander. Der Staudengarten mit kleinem Pavillon und asiatisch anmutendem Wasserbecken ist ein Tip, ebenso der Kräuter- und Hexengarten, der wie in einer Burgruine angelegt wurde. Wäre der Park nicht so weit von meinem Zuhause entfernt, ich fahre knapp eine Stunde dorthin, könnte ich mich jeden Tag dort aufhalten.

Tegeler Fließ

Das Tegeler Fließ ist ganz im Norden der Stadt gelegen und natürlichen Ursprungs, ein Relikt der letzten Eiszeit. Hier findet sich eine nahezu unberührte Naturlandschaft mit kleinem Fließgewässer, Mooren und Erlenbrüchen, in der man viele Tiere beobachten kann. Inzwischen gibt es zur Landschaftspflege auch eine Herde Wasserbüffel, deren aktueller Aufenthaltsort mit Hinweisschildern angezeigt wird. Ringsherum gruppieren sich zum Teil Einfamilienhäuser und Gärten, aber in Richtung des alten Dorfes Lübars werden die Häuser weniger und Felder kommen hinzu. In Richtung Tegel gibt es ringsherum auch schönen Wald. Leider ist das Gelände an schönen Wochenenden häufig gut besucht, zumal hier viele Nordberliner joggen. Aber vor allem unter der Woche kann man hier herrlich spazieren gehen. Es gibt mehrere Brücken, so dass sich die Länge der Runde variieren lässt. Besonders schön ist ein längerer Holzbohlensteg durch das Moor, auf dem man mitten durch die ursprüngliche Landschaft gehen kann. Je nach Jahreszeit wirkt das Naturschutzgebiet ganz anders, zumal der Wasserstand auch häufig variiert.

My home is my Castle

Vor allem bei schlechtem Wetter ist mein Zuhause ein ganz wichtiger Rückzugsort für mich. Mit meinen beiden Katzen auf der Couch oder auf meinem Balkon mit Blick ins Grüne (gegenüber ist ein kleiner Friedhof) kann ich auch wunderbar abschalten. Mein Computerarbeitsplatz kann auch ein Ort sein, an dem ich mich wegträume, wenn ich die Fotos meiner zahlreichen Wander- und Fototouren sichte und bearbeite. Dann erlebe ich diese Touren immer wieder als Kopfkino neu. Obwohl, dafür braucht es eigentlich keinen Computer und keine Fotos, denn die Erinnerungen sind ja auch so gespeichert. All die schönen Ecken aufzulisten, die ich bei meinen Wanderungen und Fahrten ins Berliner Umland und darüber hinaus erkundet habe, würde den Rahmen hier sprengen. Aber allgemein kann ich sagen, dass es in ganz Brandenburg traumhafte Natur und interessante alte Orte zu entdecken gibt, die mich immer wieder überraschen. Daher fahre ich auch so oft es Zeit und Wetter zulassen, ins Umland und schaue mir was Neues an. Meine regionale Lieblingslandschaft ist die eiszeitlich stark geprägte Uckermark: weite Felder, sanft gewellte Hügel, viele Seen, aber kaum Menschen. Diese Tagestouren sind ein kleiner, guter Ersatz dafür, dass ich sonst noch nicht viel herumgekommen bin.

Fernblick und Fernweh
Ich habe noch nicht viele Fernreisen machen können, da ich meist kein Geld dafür übrig hatte und früher meist nur Familienbesuche in den Norden oder Süden Deutschlands gemacht habe. Aber generell mag ich ursprüngliche Landschaften sehr, wie man sie in Irland, Schottland oder Skandinavien findet. Wo die Natur noch nicht vom Menschen kultiviert wurde und man vor lauter Schönheit ganz andächtig wird. Grüne Schluchten, schroffe Felsen, geheimnisvolle Moore, alte Wälder mit knorrigen moosigen Bäumen, felsige Stände… genau mein Ding! Ich kann mit vielen typischen Urlaubszielen nicht viel anfangen. Sandstrand? Von mir aus, aber möglichst menschenleer und zum entspannten Entlangwandern – bloß kein überlaufener Strand, wo alle in der Sonne braten. Nichts würde mich mehr langweilen und anöden als ein reiner Badeurlaub. Der blanke Horror wäre eine große Ferien- oder Hotelanlage mit Reisegruppen und belebtem Urlaubsort ringsherum. Ich brauche Ruhe, möglichst wenig Menschen, viel Natur und abwechslungsreiche Landschaft.
In Irland war ich vor fast 25 Jahren auf einer Jugendreise – seitdem habe ich es leider nicht mehr dorthin geschafft. Diese sattgrünen Hügel und urigen Ortschaften haben es mir sehr angetan. Schottland steht ganz oben auf meiner Wunschliste. Island wäre traumhaft, wenn ich nicht so einen  Heidenrespekt vor Vulkanen hätte. Aber auch in Deutschland gibt es Traumziele. Ich liebe die Sächsische Schweiz! Diese schroffen Felsen, canyonartige Schluchten und der ganz eigene Zauber dieser urtümlichen Landschaft sind einfach grandios. Rügen gehört ebenfalls zu meinen Lieblings-Reisezielen. Die schroffe Kreideküste, die alten Buchenwälder am aussichtsreichen Hochuferweg, der eiszeitlich-hügelige Süden, der mich sehr an Irland erinnert. Noch diesen Sommer fahre ich wieder dorthin.

Und ich mag alte, historische Städte mit schöner Architektur (alles bis einschließlich Jugendstil)! Schade, dass es heute nicht mehr möglich erscheint, Häuser mit Stil und Seele zu bauen. Moderne Bauten wirken auf mich steril, hässlich und kalt. Ich sehne mich nach verspielten Stilen, Ästhetik, Geschichte und Patina. Gerne auch Ruinen oder neudeutsch: Lost Places.
Ich staune immer wieder über den Ideenreichtum der früheren Fassadengestaltung. Dabei war es früher doch viel schwieriger, zu bauen, weil es keine oder weniger helfende Maschinen gab. Und dennoch waren die Gebäude, häufig sogar Zweckbauten wie Ämter oder Fabriken, früher deutlich verzierter, verspielter, kunstvoller. Diese Faszination schafft bei mir kaum ein moderner Bau.

In Budapest war ich Anfang der 90er, leider ewig her. Paris und Amsterdam habe ich vor bald 10 Jahren besucht, Paris leider im Winter bei Schmuddelwetter. Prag möchte ich unbedingt so bald wie möglich erkunden, gerne auch Barcelona. Und Görlitz mit seinem reichen Schatz an alten Gebäuden zahlreicher Stilepochen hoffe ich noch in diesem Jahr zu schaffen. Auch Quedlinburg ist sehenswert, urige krumme kleine Gässchen und pittoreske alte Häuschen. Schwerin mit seinem wunderschönen Schloss und dem ebenso schönen Schlosspark hat mich ebenfalls begeistert. Stralsund und Lüneburg mit ihrer zum Teil uralten Backsteinarchitektur haben mir auch sehr gefallen. Es gibt noch so vieles zu sehen… Ich hoffe, ich schaffe alle meine Traumziele noch zu besuchen. Da ich nur einen Teilzeitjob habe und zwei Katzen zu versorgen, kann ich keine teuren und längeren Urlaube machen. Aber dafür versuche ich mir die kleinen, um so schöner zu gestalten und intensiver zu erleben.

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Kommentare

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Heiko
Heiko (@guest_52584)
Vor 7 Jahre

Görlitz? Das ist ja interessant, das ist meine Kreisstadt! Ja, es ist wirklich sehr schön dort, das muss ich bestätigen. :)
Aber auch die anderen Orte in Berlin, die du vorgestellt hast, sehen allesamt sehr schön aus, auch wenn ich sie eben leider noch nicht selber gesehen habe, nur auf deinen Bildern eben. Hm… ich war vor 12 Jahren das letzte mal in Berlin…

Grüße vom Heiko, einem bislang stillen Mitleser dieses Blogs ;)

Ronny Rabe
Ronny Rabe (@guest_52586)
Vor 7 Jahre

Berlin ist innerhalb der Stadt ziemlich grau ( finde ich ) aber rings herum – sehr schön grün und das Havel land bzw. die Seenplatten sind auch immer einen Ausflug wert .
Paris , Amsterdam = wunderschöne Städte. und Görlitz , der Park – ein Traum .

Kathi
Kathi(@kathi)
Vor 7 Jahre

Hey,

ja zum Britzer Garten müsste ich auch mal wieder. Sooo schön da.

Gruftfrosch
Gruftfrosch(@gruftfrosch)
Vor 7 Jahre

Wow, der Botanische Garten ist ja wunderschön – erinnert mich an die Wihelma in Stuttgart, die ich auch schon besuchte.

Der Britzer Garten sieht auch einladend aus. Danke für die Tipps! (Wunderschöne Bilder übrigens. Du hast ein gutes fotografisches Auge)

Warst du schon mal in Wernigerode oder in der „kleinen Schwester“ Stolberg?

Sonst stimme ich dir nur zu, du hast ja meinen Diskurs zur Architektur schon quasi vorweggenommen. Allerliebst. :)

Gruftfrosch
Gruftfrosch(@gruftfrosch)
Vor 7 Jahre

Auch da noch nicht, aber nun merke ich es mir mal vor. Marzahn verbindet man ja doch eher mit Plattenbauödnis.

Quedlinburg gefiel mir auch. Is ne richtige Märchenstadt.

Alte Pizza
Alte Pizza (@guest_52761)
Vor 7 Jahre

In Berlin kann ich noch den Treptower Park mit dem Sowjetischen Ehrendenkmal empfehlen. Vor 2 Jahren bin ich kurzfristig in den Grunewaldforst gefahren, um das Grab von Nico mir anzuschauen. War ein Abenteuerspaziergang, was sich total gelohnt hat. Auch ein toller Ort, Der Alte St.-Matthäus-Kirchhof. Dort liegt Rio Reiser begraben. Ist zwar nicht so schön, wie das Nico Grab, aber der Friedhof ist wunderschön, mit einem sehr urigem zweistöckigem Cafe innen an der Mauer des Friedhofs. Kam dort mal zufällig mit einer Frau ins Gespräch, die damals bei der Nico Beerdigung dabei war. Auch sehr interessant, der Böhmische Gottesacker Rixdorf.

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