Verliebt auf Teufel komm raus! (Teil 1/3)

Es konnte eigentlich nur eine Frage der Zeit sein, bis die Bravo das Theme „Gothic“ wieder einmal zum Gegenstand einer ihren Fotogeschichten macht. Nach 2002 ersetzte die BRAVO jedoch das ursprünglich mehrteilige Format, durch einen abgeschlossenen Foto-Love Roman, dessen Geschichte in ein einzelnes Heft passte, schade eigentlich.

Aus einer bisher unbekannte Ausgabe stammt der folgende Foto-Roman, der unter der Serie „My true Story – BRAVO Leser erzählen ihre bewegendste Story“ den Wahrheitsgehalt der Ausführungen suggerieren soll. Hauptdarstellerin ist Dajana D. (16), die durch einen schwarzen Mantel in die Szene gerutscht ist und hat dort Lars kennengelernt hat, in den sie sich verliebt hat. Außerdem spielt der geheimnisvoll „Faro“ noch eine Rolle, der als Meister von verbotenen Ritualen den knisternden Geschmack der Spannung streuen soll. „Verliebt auf Teufel komm raus!“ bringt dann auch gleich mal wieder den Teufel als Macht der Finsternis auf den Plan. Grund genug, sie auch diese mal damit auseinanderzusetzen.

Ich weiß nicht, ob es an diesem tollen schwarzen Mantel lag, den ich eines Tages entdeckte und sofort haben musste. Aber als ich ihn zu Hause vorm Spiegel anzog, war mit plötzlich klar: Ich wollte anders werden – jetzt oder nie!“ So einen schwarzen Mantel hatte ich auch mal, doch bei dem handelte es sich offensichtlich nicht um einen Zaubermantel, der den Einstieg in die Gothic-Szene ermöglicht. Das erinnert mich unfreiwillig an die Szene aus Harry Potter, in der ein sprechender Hut dem Träger sagt zu welcher Klasse er gehört. Das Gefühl anders zu sein oder anders sein zu wollen, teilen jedoch die meisten der schwarzen Gestalten, das lässt sich nicht abstreiten.

Gleich im Titel klärt das besorgte Dr. Sommer Team auf: „Schwarze Magie – das Spiel mit dem Feuer. Die als Grufti schwarz zu kleiden und auffälligen Schmuck zu tragen, um dich von anderen abzugrenzen, ist okay. (…) Nächtliche Messe und Rituale auf Friedhöfen sind auf den ersten Blick spannend – aber alles andere als harmlos und außerdem streng verboten! Auf Dauer lösen sie Angstzustände aus. Spätestens wenn Tiere geopfert und Menschen zu etwas gezwungen werden, ist der Spaß vorbei.“ Es folgt die obligatorische Telefonnummer der Sektenberatung. Dieser Einstieg hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Warum zum Teufel (da hätten wir ihn wieder) ist es nach 2002 immer noch nötig, schwarze Messen, Tieropfer und dunkle Rituale untrennbar mit der Szene in Verbindung zu bringen? Es gibt wohlmöglich hunderte Facetten der Gothic-Szene, die allesamt harmloser, friedfertiger und freundlicher sind als Dinge, die nie zum Gegenstand der Szenekultur gehörten, sondern lediglich von einigen dazu genutzt wurden, Aufmerksamkeit zu erhaschen.

Verliebt auf Teufel komm raus - Bild 1

Wie alles begann… Also, eigentlich fing alles damit an, dass ich immer mehr das Gefühl hatte, anders als andere zu sein. Ich begann, mich für die Gothic-Szene zu interessieren und las auch Bücher über Satanismus – aber nur, weil ich darüber Bescheid wissen wollte. Ich fand Klamotten in Schwarz voll cool und wollte nach außen deutlich machen, dass ich nicht angepasst bin. Meine Ratte Mexico und mein Hund Snap waren meine besten Freunde. Bei den Gothic-Leuten lernte ich dann schließlich Nina kennen, mit der ich mich toll verstehe. Tja – und dann verliebte ich mich auch noch total…“ Wie sollte es auch anders sein, natürlich las sie auch Bücher über Satanismus. Wahrscheinlich gibt es hunderte Szenepublikationen, die sich mit ganz anderen Dingen auseinandersetzen, doch der Reiz des verbotenen ist scheinbar unausweichlich.  Wie dem auch sei, an Bücher über Satanismus ist ja prinzipiell nichts schlimmes, doch umso wichtiger ist hierbei, darüber zu reden, sich damit auseinanderzusetzen, nachzufragen und herauszufinden.

Daher ist es von der BRAVO mehr als Kontraproduktiv sich hinzustellen  und zu schreiben „Das ist verboten!“, damit fühlen sich doch gerade Jugendlich herausgefordert, auszuprobieren und am besten so, dass es keine mitbekommt, denn schließlich steht ja in der Zeitschrift das man sich damit Ärger einhandeln kann. Wie wäre es, wenn die BRAVO den Satanismus einmal aufgreifen, recherchieren und relativeren würde?

Verliebt auf Teufel komm raus - Bild 2

Immer macht es Hoffnung, dass der Hund Snap seine eigene Meinung hat: „Sollen wir dich vielleicht auch noch schwarz färben, Snap? – Nein Danke! Alles hat seine Grenzen„. Selbstverständlich werde ich mich auch weiterhin mit Dajana und Lars und dem schwarzen Magier Faro beschäftigen, auch ich bin neugierig. Bis dahin schwelge ich Erinnerungen an Ratte, die mit Liebe nichts am Hut hatte, sondern einfach nur weg wollte, nach London. Bis dahin genieße ich die Schminktipps der BRAVO, rufe mal beim Sektentelefon an und werde mir endlich wieder mal meinen schwarzen Mantel vor dem Spiegel anzuziehen um täglich aufs neue festzustellen: Ich will anders sein!

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Elisabeth
Elisabeth (@guest_15718)
Vor 12 Jahre

Oh man, ich hab wirklich Tränen gelacht :D Danke für’s Teilen!

Arne
Arne (@guest_15720)
Vor 12 Jahre

Viel gefährlicher ist, dass die Bravo es so hinstellt, als ob man sich alleine und ohne Übung einen Iro schneiden kann. Und das ohne jegliche Warnung. Ich hör schon die Deutschlandweiten Schreie von entsetzten Müttern…

Alsuna
Alsuna (@guest_15723)
Vor 12 Jahre

Man sieht ja auch „gar“ nicht, dass sie in den Anfangsbildern eine Perücke trägt ^_^.

Immer diese seltsamen Rituale auf dem nachbarlichen Friedhof, denke ich auch immer, wenn ich die Leute zum dritten Mal in der Woche den Familiengrabstein waschen sehe.

Grabesmond
Grabesmond (@guest_15740)
Vor 12 Jahre

Irgendwie fand ich die Ratte-Foto-Lovestory besser :(
Vielleicht auch, weils damals noch keinen Hinweis auf Satanismus gab oder gleich die Telefonnummer der Sektenberatung. Mal abgesehen davon hat der Satanismus, wie er in den Medien allzu gerne dargestellt wird nichts mit Tier- und Kinderschändung sowie Katzenschlachten zu tun, aber das ist eine andere Geschichte. :)

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