Formel Goth: Ein panischer Priester im Lockdown und eine finnische Suzi mit Mission

Heute roch es im Briefkasten nach Patschuli. Ein stiller, aber höchstwahrscheinlich wohlriechender Mitleser aus dem Süden Deutschland hatte mir einen Brief geschrieben und die 8 Seiten heimlich mit einer betörenden Note der Marke „Heimat“ gewürzt, die jetzt als nicht sichtbare Wolke die Synapsen reizt. Lieber Leser, so ein handgeschriebener Brief, in dem jemand seine Verbindung zu dieser Internetseite darlegt, ist schon ziemlich berührend und stört mein anhaltendes Gefühl der Misanthropie dann doch empfindlich. An den Verfasser: Die Grüße, Belobigungen und Erwähnungen werde ich an die entsprechenden Autoren weiterleiten, versprochen. Die im Brief angeregten Artikelideen werden selbstverständlich auch umgesetzt. Alle anderen hören und sehen vielleicht ein bisschen Musik?

Panic Priest – Lonely City

Den wohl besten Video-Beitrag zur Pandemie hat der panische Priester Jack Armondo abgeliefert, denn der hat ein paar Fans in einer Art Home-Dancing-Challenge auftreten lassen, die 2020 dazu verdammt waren, nur in den eigenen vier Wänden „Gothic“ zu sein. Doch auch inhaltlich und musikalisch ist das Stück ein großartiges Kleinod des US-amerikanischen Künstlers, der im cremig-aufgefrischten 80s-Sound davon singt, wie es ist getrennt voneinander zu sein. Vermutlich unfreiwillig erinnert er mich dabei an die blutjungen Tears for Fears – schön dass man heutzutage noch nostalgisch klingen kann, ohne altbacken zu wirken. Finde ich klasse, das Stück!

Suzi Sabotage – Nazi Goths, Fuck Off

Dieses Video bekommt in dieser Formel Goth einen Ehrenplatz, denn obwohl es nicht durch visuelle Untermalung der Musik glänzt, finde ich Sound und Inhalt der finnischen Suzi Sabotage inspirierend. Da die finnische Szene sehr überschaubar ist, werden sie einige Leser noch mit ihrer Band „Masquerade“ kennen. Möglicherweise aus persönlichem Anlass schrieb sie ihren Song „Nazi Goths, Fuck Off“, möglicherweise auch als Reaktion auf so manche Bewegungen im eigenen Land. Wenn man denn klicken möchte. Suzi schrieb zu ihrem Song:

Far-right ideologies are not compatible with goth. Goth is rebellion against the mainstream and celebration of diversity – whereas nazis and conservatives advocate for rigid conformity, which makes them at war against what goth is all about.The goth movement has always taken pride in being a safe haven for people from all backgrounds, and if nazis are made feel welcome, it will become dangerous for people of color, LGBTQ, women, and just anyone who doesn’t harbor fascist views. So let’s show nazi „goths“ the door and keep our scene safe.

Cellar Darling – Freeze

Die Schweizer Band „Cellar Darling“ ordnet ihre Musik als „heavy progressive folk rock“ ein und würden mich allein durch diese Beschreibung fast schon abschrecken. Glücklicherweise fand meine erste Hörerfahrung beim Zusammenlegen der Wäsche statt, als ich durch einen Gothic-Stream meines Internet-Radios diesen Song serviert bekam, ohne zu ahnen, was sich dahinter verbarg. „Am I dead? – Not yet…“ bedient jedoch gleich zu Beginn gruftige Synapsen, um mit einer gesunden Mischung aus Heavy Metal und Folk Aufmerksamkeit zu erregen, bevor die sphärische Stimme von Frontfrau Anna Murphy den Song garniert. Für mich einer der klassischen Brückensongs, die das „Beste aus beiden Welten“ (so hieß mal eine Metal & Gothic Veranstaltung in Münster) verbindet. Ja, so lasse ich mir das schmecken.

Trentemøller – Dead or Alive

Der Däne „Trentemøller“ hat eine weitere Single aus seinem Album „Memoria“ ausgekoppelt und liefert dazu gleich noch ein spannendes Musikvideo, für das sich wieder Fryd Frydendahl verantwortlich zeigt, die schon einige Videos für ihn gemacht hat.

Die Andere Seite – Das Lied Vom Ich

Leserin Nancy hat in dieser Ausgabe ebenfalls ein Video ins Rennen geschickt, das sie „gelungen, avantgardistisch, poetisch und dramatisch“ findet. Schauspieler Tom Schilling verwirklicht sich darin seine musikalische Facette, die er bisher eher im Jazz-Bereich ausgelebt hat. Offensichtlich möchte er sich nun neuen Gewässern hingeben. Ein bisschen unsicher segelt er ja noch mit seiner neuen, düsteren Attitüde. Dass es mich nicht vom Hocker haut, liegt nur daran, dass Schilling nicht selbst fechtet, wie die Videocredits verraten.

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Scornex
Scornex(@scornex)
Vor 2 Jahre

Wer Suzi Sabotage mag, der kann nicht nur die bereits erwähnte Band Masquerade (FIN) anhören, sondern auch Wild Roses Of Winter und Virgin in Veil. Tolle Künstlerin und sehr talentiert!

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