Tatortreinigerin aus der Gothic-Szene – NDR-Doku zeigt ungewöhnlichen Beruf

Leichenreste, Tod und Verwesung sind die zu reinigenden Herausforderungen, denen sich eine Tatortreinigerin oder ein Tatortreiniger stellen müssen und irgendwie auch Begriffe, mit denen sich Gruftis gerne umgeben, wenn auch nur in symbolischer und vielleicht noch in inhaltlicher Form. Was ist allerdings, wenn Gothics diesen Beruf ergreifen? Was passiert, wenn sich die physische Form des Todes mit der spirituellen Wahrnehmung mischt? Okay. Ganz so tiefgründig geht die Doku des NDR nicht ans Werk, allerdings ist es irgendwie doch spannend, wenn ein Gothic auch Tatortreinigerin ist.

Tatortreinigerin am Werk – Team Clean aus Lengende

Wer muss beim Thema Tatortreinigung nicht an Bjarne Mädel in seiner Paraderolle „Schotty“ denken, mit der er zwischen 2011 und 2018 in 31 Folgen Witz und Humor in das Thema Tod und Sterben brachte?

Ein Witz ist die Arbeit von Iris Heike Wolpert-von der Wehd allerdings in keinster Weise. Bei ihr dreht sich alles um echte Leichenreste, Körperflüssigkeiten und Gehirnmasse. Für sie ist Tatortreinigung nur ein Szenario, mit dem sie sich in ihrer Gebäudereinigungsfirma „Team Clean“ beschäftigt. Beim Säubern von Messi-Wohnungen ist ihr die Idee gekommen, das Portfolio ihrer 2014 gegründeten Firma zu erweitern. „Man weiß ja nie, was man unter einem Berg Müll alles findet – vielleicht wollte ich einfach nur vorbereitet sein.“ sagt sie in einem Interview.

In der NDR-Doku betritt die Tatortreinigerin die Wohnung einer 80-jährigen Frau, die zwei Monate tot in ihrem Zuhause gelegen hatte. Gefunden wurde sie erst, als ihre Schwägerin sie nicht mehr erreichen konnte und die Polizei die Tür öffnete. Ein tragischer, aber keineswegs seltener Fall.

Neben den bekannten Fällen von Mord oder Totschlag spielt sich ein Großteil des Todesgeschehens unsichtbar ab – in stillen Wohnungen, hinter verschlossenen Türen. Nach Angaben des Bundeskriminalamts wurden im Jahr 2023 rund 2.282 Fälle von Mord, Totschlag oder Tötung auf Verlangen registriert. Dazu kommen etwa 10.300 Suizide laut Statistischem Bundesamt. Doch wie viele Menschen in ihrer Wohnung versterben und erst nach Tagen, Wochen oder gar Monaten entdeckt werden, darüber gibt es keine bundesweite Statistik. Lokale Behörden berichten immer wieder von Fällen, bei denen Verstorbene erst durch Zufall gefunden werden – der Postbote, der Geruch, ein besorgter Nachbar. Der „einsame Tod“ bleibt so eine stille Konstante unserer Gesellschaft, in der Vereinsamung und Anonymität immer häufiger mit dem letzten Atemzug enden.

Tod bei der Arbeit, Gothic zu Hause

Ein Blick in das Zuhause der Tatortreinigerin offenbart dann ganz klar den Bezug zu Szene und bietet alles, was man sich als anständiger Grufti in die eigenen vier Wände stellen sollte. „Unser Einrichtungsstil ist hald ein bisschen anders. Manche vergleichen uns auch mit Satanisten, was absoluter Quatsch ist. Finde ich jedenfalls.“ sagt sie in der Dokumentation und stellt noch Paule vor, ein altes Schulskelett, das in einem Sarg im Wohnzimmer nach dem Rechten sieht.

Iris erscheint mir wie ein pragmatischer Grufti – sie ist schon viel zu lange so unterwegs, um noch irgendetwas von dem, was sie ausmacht, zu relativieren oder rebellisch zur Schau zu stellen. Sie ist einfach so, wie sie ist. Und genauso geht sie auch mit den Wohnungen und Haushalten um, in denen sie ihre Arbeit verrichtet. Dennoch bleibt es ein harter und anstrengender Beruf, der in der Öffentlichkeit viel zu wenig Beachtung findet.

Es gibt ja glücklicherweise noch kein Geruchsfernsehen, aber was die Bilder davon suggerieren, reicht mir an dieser Stelle auch vollkommen aus. Ich bleibe dann lieber bei der symbolhaften und spirituellen Beschäftigung mit dem Tod und verbleibe mit höchstem Respekt vor diesem „ekligen“ Beruf.

Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.

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