Online-Video-Magazin von Bacio di Tosca

Doch dann trifft ihn das Messer Toscas. „Verfluchte!“ schreit er, sie antwortet mit „Das ist der Kuss Toscas!“, er röchelt minutenlang, stöhnt „Verfluchte!“ und „Ich sterbe! Zu Hilfe!“  Bacio di Tosca, der tödliche Kuss der Tosca, so heißt auch das aktuelle Video-Projekt von Dörthe Flemming  und Jörg Knieschewski. Was zunächst als Band der Neoklassik startete, ist nun zu einem multimedialen Erlebnis geworden. Wie bereits in einer Wochenschau berichtet, haben die Beiden auf ihrer Seite bacio di tosca.tv ein Online-Videomagazin ins Leben gerufen, dass sich um die Vertonung eines Textes berühmter Dichter dreht.

In ihren Videos bieten sie auf ein sehr lockerer Art und Weise Hintergrundinformationen zu den behandelten Dichtern und greifen Themen der Texte auf. Doch die bis jetzt 6 erschienen Folgen sind mehr, denn sie entführen den Zuschauer an bekannte und unbekannte Plätze und entpuppen sich als gut organisierte Reportagen. Was macht ein riesige Pentagramm an einer Kirche in Hannover? Warum nahm der Dichte Ernst Moritz Arndt ein 20-jähriges Berufsverbot in Kauf? Was ist der Literarische Spaziergang auf dem Ohlsdorfer Friedhof und was ist schwarze Romantik?

Eine kleine Warnung gleich vorweg. Spontis veranstaltet am 1. Dezember einen Besuch der Ausstellung „Schwarze Romantik“ im Städel-Museum und hat dazu eine – inzwischen ausgebuchte – Führung organisiert. Wer sich die Spannung erhalten möchte, sollte sich die sechste Folge unbedingt entgehen lassen ;-) Wer nicht dabei sein kann oder es schlichtweg nicht aushält, darf gerne hinsehen.

Warum machen die beiden eigentlich ein solches Videoprojekt und warum kann man alle vertonten Gedichte und Texte gratis herunterladen? Wie sie dem Zillo-Magazin erzählten, geht es Ihnen um die Verbreitung ihrer Kunst, der Kultur und einem Mehrwert zu ihren Werken: „Digitale Medien lassen sich nun mal nicht vor dem Kopieren schützen … da jetzt den Konsumenten ein schlechtes Gewissen zu machen bringt gar nichts!“ so Musiker und Labelchef Jörg Knieschewski! „Uns ist es daher ein Anliegen der Musik wieder einen Mehrwert zu geben und genau dies wollen wir mit Bacio-di-Tosca.tv tun!1 Die Beiträge wirken oft etwas unbeholfen und schüchtern, doch genau das gibt dem ganzen einen sehr sympathischen Hauch von Authentizität, der manchen nüchternen Videoproduktionen oftmals verloren gegangen zu sein scheint. Ganz nebenbei ist man hier einem Phänomen auf der Spur, dass man als Gothic-Culture umschreiben könnte. Es ist das, was sich meiner Meinung nach aus der Leidenschaft für düstere Musik und schwarze Kleidung gebildet hat.

Fernsehen findet längst nicht mehr auf den populären Kanälen statt, sondern wird im Internet selektiv wahrgenommen. Man schaut sich das an, was interessiert. Wann man möchte und sooft man möchte. Dörthe Flemming und Jörg Knieschewski blicken in eine mögliche Zukunft und bieten ein alternatives Programm mit musikalischen Gedichten und visuellen Geschichten. Ein Modell mit Zukunft?

Musik und Inhalt mit Bedeutung und Mehrwert zu erweitern ist eine interessante Bereicherung, man taucht tiefer in die Thematik ein und kann sich mit den Ideen der Künstler vertraut machen. Womöglich birgt es nötiges Identifikationspotential, vielleicht raubt auch das etwas vom nötigen Interpretationsspielraum und kann dem ein oder anderen den nötigen „Zauber“ vorwegnehmen. Ich möchte euch einige sehr interessant Folgen vorstellen und lade euch ein, eine eigene Meinung zu formen:

Folge 2 – Marktkirche Hannover

Folge 5 – Literatur auf dem Friedhof Ohlsdorf

Folge 6 – Schwarze Romantik im Städle-Museum (Achtung, Führungsbesucher, der Inhalt könnte die Spannung zum geplanten Besuch vorweg nehmen.)

Einzelnachweise

  1. Ein Artikel in der Zillo aus der Ausgabe #10/2012, abgerufen am 13.11.2012 – http://www.zillo.de/template.cgi?page=news_detail&id=1473[]
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Axel
Axel (@guest_29088)
Vor 11 Jahre

Ich bin auch schon seit längerem über das Projekt gestoßen. Bei mir ist es so, dass ich musikalisch Bascio di Tosca garnicht mag. Da fande ich die alten Charitona Aufnahmen weitaus besser! Aber deren Onlinemagazin ist richtig klasse, informativ und zeigt, dass es in unserer Szene eben eine Kultur geben kann. Dass das Gothic-Lebensgefühl eben doch mehr als nur Musik und Kleidung ist.

Ian Luther
Ian Luther (@guest_29103)
Vor 11 Jahre

Hihi… ich habe oft den Eindruck, dass Gothic immer nur da mit Herz stattfindet, wo es mit der „Szene“ nichts zu tun hat :-) Na dann, auf nach Frankfurt :-)

shan_dark
shan_dark (@guest_29173)
Vor 11 Jahre

Prinzipiell finde ich das eine super Idee und Tosca die Bacio geben sich viel viel Mühe! Dennoch… die einzelnen Folgen sind sehr lang und leider auch zu wenig fesselnd. Etwas geraffter und etwas weniger vielleicht, das wäre „mehr“.

Axel
Axel (@guest_29175)
Vor 11 Jahre

Gerade weil die einzelnen Folgen so lang, so ruhig und ohne viel Schnitte auskommen, ist das Format klasse. Es spricht halt nicht die „Generation YouTube“ an, sondern eher die „Generation BRalpha“ oder so.

Was passiert, wenn man sich „Generation YouTube“ anbiedert, merkt man an Formaten wie Fernsehkritik.tv, welches seit Monaten immer mehr in die hysterische Polemik verfällt.

Shan_dark
Shan_dark (@guest_29176)
Vor 11 Jahre

^^ ich bin Generation YouTube. Das hat mir noch keiner gesagt – danke für das Kompliment ;)

Mal im Ernst: ich hab nicht von einem Trailerformat gesprochen. Ich konnte mir aber vorstellen, dass es gekürzt auf die Hälfte und in manchen Bereichen etwas abwechslungsreicher gedreht/gemacht noch besser wäre. Ich finde es authentisch & sympathisch, aber da ist noch Luft nach oben.

Axel
Axel (@guest_29177)
Vor 11 Jahre

Das kostet dann aber auch wieder viel Zeit wenn man ständig irgendwelche Locations wechselt. Und es würde an Authentizität verlieren, finde ich. Ne, das ist mal ne sehr schöne Abwechslung. Erinnert mich ein wenig an die alten Formate Alpha bis Omega: http://www.youtube.com/watch?v=Aw9effmf2ls oder Denker des Abendlandes:

(Schade, dass Harald Lesch vom BR weg ist. Seine ZDF-Sendungen gefallen mir so gaaarnicht – nur so nebenbei)

Marcus
Marcus (@guest_29181)
Vor 11 Jahre

Noch habe ich nicht alle sechs Folgen gesehen – doch was ich gesehen habe, fand ich sehr interessant. Eine tolle Sache. Wobei ich Shan Dark auch Recht gebe, dass hier und da ein paar Sequenzen weniger durchaus nicht verkehrt gewesen wären. Ich bin gespannt, was da noch kommen wird. Vorher werde ich mir aber noch die anderen Folgen zu Gemüte führen…

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