Der Graf und sein Produkt: Scheinheilig – Geschoren um zu erleben?

Das Jahr des Grafen, das Jahr von Unheilig. 2010 hat niemand die Szene so polarisiert wie diese Band. Verraten fühlen sie die, die der einst unbekannten Band über Jahre treu geblieben sind weil sie Unheilig als Identifikation genommen haben. Verkauft fühlen sich die anderen, die einst auf kleinen intimen Festivals und Clubkonzerten den noch unpopulären Aachenern zujubelten. Wer vom Schatten in das Licht tritt, darf sich nicht wundern, wenn die Sonne ihn blendet. Der Erfolg von Unheilig auf dem subjektiven Prüfstand der Szene-Integrität. Scheinheilig ist nicht nur der Titel einer Videoparodie.

Nach einem Beispiellosen Marketingfeldzug erreicht das Album „Große Freiheit“ im letzten Jahr Platz 1 der Album Charts und erhält im Laufe des Jahres 6fach Platin. Im August löst es Herbert Grönemeyers Album „Ö“ an der Spitze der am längsten auf Platz 1 befindlichen Alben ab und wird letztendlich zum erfolgreichsten Album der Jahres 2010 gekürt. Was zunächst als musikalische Diskussion begann, ist nun in einem handfesten Szeneeklat angekommen.

Musikalisch reiht sich das Album nahtlos in das musikalische Konzept der Band ein, es ist ein bisschen poppiger als der Vorgänger, hält aber alle Elemente für ein gutes Unheilig-Album bereit. Während der Graf in „Fernweh“ die Stärken seiner Stimme ausspielen kann, ist „Heimatstern“ wieder eine schöne Ballade mit solidem Text, der durchaus den Ansprüchen aus vergangenen Stücken gerecht werden kann. Mit „Für immer“ sichert man sich geschickt auch eine Position in den Playlisten der Clubs. Doch das Album bleibt Geschmackssache und erinnert mich mit dem restlichen Inhalt an eine jugendlich unbedenkliche Version von Rammstein, bei der man die Flammenwerfer gegen Kerzen ausgetauscht hat. Das Stück „Geboren um Leben“ steigt in Windeseile auf die vorderen Chart-Position und wird zum Zankapfel einer ganzen Szene.

Aber machen wir uns nichts vor: Mit Gothic hat Unheilig eigentlich nichts gemeinsam. Doch wo passt man denn nun hinein? „Wenn, dann in die schwarze Szene – denn da komme ich her. Da waren die ersten Menschen vor zehn Jahren, die auf die Lieder aufmerksam geworden sind, die mir den ersten Applaus geschenkt haben.1 Die Szene lebt von der Vereinnahmung, Musik die zur Szene passt, wird in der Szene gespielt – da reichen auch eine tiefe Stimme und melancholische Texte mit viel Herzschmerz völlig aus.  Das Unheilig nichts mit Gothic-Musik gemeinsam hat, lässt sich daher nur auf die Wurzeln des musikalischen Genre zurückführen.  „Schwarze Szene“ oder „Gothic“ sind höchst subjektive Einschätzungen einer höchst heterogenen Szene.

Das Kind der Szene nabelt sich ab, wird erfolgreich und sorgt für viel Leid bei den vermeintlichen Eltern. Der Graf sieht seine Wurzeln in der Szene, weil er dort die ersten offenen Ohren fand. Einer Kategorisierung seiner Musik entzieht er sich aber, verweist auf möglichst weit auseinanderliegende Quellen seiner Inspiration und stiftet so natürlich nur noch mehr Verwirrung.

Wenn ich ein Lied mache, das härter ist, dann möchte ich, dass sich das wie Rammstein anhört. Die haben es einfach geschafft, es auf den Punkt zu bringen – das ist für mich Metal der Neuzeit. Ansonsten finde ich aber auch die Texte von Herbert Grönemeyer klasse. Er kann mit wenigen Worten sehr schöne Bilder aufbauen. Der Ursprung der Unheilig-Musik ist aber in meiner Kindheit zu finden. Damals habe ich Filmmusik von Hans Zimmer, Ennio Morricone oder Bill Conti nachgespielt und meine eigene Version daraus komponiert. 2

Eine Angst die er mit vielen Künstlern teilt, denn für die bedeutet eine musikalische Zuordnung Stigmatisierung und die Angst, nie wieder aus der Ecke heraus zu kommen. Es sei mir verziehen das ich die Musik von Unheilig als kitschige Pop-Musik empfinde, eigentlich immer schon. Glücklicherweise teilt der Graf meine Einschätzung: „Ich finde Kitsch gut. Ich brauche Kitsch. Den Tannenbaum zu Weihnachten will ich bunt und schrill. Öko-Weihnachtsbäume finde ich langweilig. Ich möchte bei Filmen ein richtiges Happy End. So ist es auch mit Balladen. Ich weiß, dass eine Ballade gut ist, wenn ich weinen muss. Es muss Emotion da sein.3 Zur Not nimmt man auch mal einen Kinderchor, der wirkt immer.

Leben und leben lassen. So habe ich Unheilig immer betrachtet, das ein oder andere Stück finde ich sogar recht gelungen. Musik ist doch Geschmackssache, ein höchst subjektives Erlebnis ohne den Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Entweder gefällt einem die Musik oder sie gefällt einem nicht.

Doch was das Marketing aus den Unheiligen machte, sorgt bei mir für regelmäßigen Brechreiz. Es beginnt damit, das sich der offizielle Unheilig-Fanclub im Frühjahr 2010 auflöst und damit der Diskussion eine neue Dimension verleiht. Während dessen rollt die Vermarktungsmaschine unter Volldampf. Autogrammstunden in Elektromärkten, jede Woche Auftritte bei RTL2 und RTL, Unzählige Interview mit der BILD Zeitung. „Und woher bezieht der Pop-Adelige seine gräfliche Unterwäsche? Der Graf: „Ich habe zwölf Paar schwarze Socken und zwölf Unterhosen, die ich täglich wechsele. Die Marke ist mir völlig egal. Hauptsache, es kneift nicht.4 Eine Spendenaktion für die Opfer in Haiti wird von Unheiligs „Geboren um zu leben“ begleitet, im Big Brother Container oder bei der Soap GZSZ präsentiert sich der Graf einer ganz neuen Zielgruppe.

Die Verkaufszahlen steigen, der Graf wird immer gefragter. Kontaktlinsen und schwarze Fingernägel weichen dem bescheidenen und zurückhaltenden Image. „Meine Kontaktlinsen trage ich schon seit drei Jahren nicht mehr, weil es auf Dauer höllisch wehtut, diese Dinger in den Augen zu haben. Und die Nägel sind seit vier Jahren nicht mehr lackiert, weil es mir irgendwann zu blöd war, jeden Morgen im Hotelzimmer zu sitzen und die Finger schwarz zu lackieren.5 Er gibt sich gottesfürchtig, lehnt die Kirche als Institution ab. „Ich bin extrem religiös“ und „…aber ich sehe mich eher als religionsfrei an“ erscheinen im nahezu selbem Satz 6

Er bietet eine massentaugliche Mischung aus Bescheidenheit und Mysterium und präsentiert sich, seine Band und seine Musik zu jeder Gelegenheit, ohne auszuwählen ob es passend ist oder nicht. Popularität um jeden Preis. Er verkauft das, was sich die Szene einst auf die Fahnen geschrieben hat. Abseits des Mainstreams die gesellschaftlichen Werte in Frage zu stellen, zu zeigen das man es ablehnt an der lauten und kommerzialisierten Welt teilzunehmen. Gefühle wirken geheuchelt, wenn man sie zu jeder Gelegenheit einspielt.

Zu behaupten, Unheilig hätte je ein anderes Ziel verfolgt als den Erfolg, irrt sich. Schon im September 2006 tritt Unheilig bei der Doku-Soap „Frank, der Weddingplaner“ auf Pro7 auf, 2009 findet man den Grafen bei „Mieten, Kaufen, Wohnen“ auf VOX, doch erst 2010 explodiert die Vermarktung.  Bleibt die Frage, ob die Fans von einst nicht unehrlich zu sich selbst sind und der Band ihren Erfolg nicht gönnen, für den sie lange und hart gearbeitet haben.

Es bleibt aber auch die Frage wie weit man für seinen Erfolg gehen darf. Unheilig hat meiner Ansicht nach diese Grenze deutlich überschritten, mit ihrer Sucht nach Erfolg und der beispiellosen Medienpräsenz haben sie sich und ihre Inhalte verkauft. Wer so weit geht, dem darf man dann auch schon mal den Verrat der eigenen Ideale ankreiden, insofern die Band um den Grafen jemals welche hatte. In einem Interview auf laut.de beschreibt Eisbrecher Sänger Alex Wesselsky seine Eindrücke so:

Was mich viel eher stört, ist die Tatsache, dass man mit der Nummer „Geboren Um Zu Leben“ einen auf Betroffenheit macht, um Spendengelder für Haiti zu sammeln. Das ist meiner Meinung nach zynisch und menschenverachtend. Das ist RTL-Marketing auf der untersten Schiene. Ich versteh auch nicht, wie man allen Ernstes zu Big Brother gehen kann. Damit disqualifiziert sich meines Erachtens nach jeder. Egal ob Künstler, Politiker oder was auch immer. Man muss doch nicht jeden Dreck mit machen, nur um Platten zu verkaufen. Die ganze Vermarktungskampagne, die da gerade mit Unheilig läuft, finde ich echt scheiße und peinlich. So was regt mich wirklich auf. Das hat aber nichts mit der Musik zu tun.

Auch gute Freundschaften sind nicht für die Ewigkeit. Wenn sich einer von beiden in eine andere Richtung entwickelt wie man selbst, ist es manchmal besser die Freundschaft zu beenden, ein letzter Freundschaftsdienst, den man seinem Gegenüber erweisen sollte. Solltet ihr eure Definition von Gothic um die Band gebaut haben ist es verständlich das dieses Kartenhaus nun einstürzt, habt den Mut die Karten neu zu ordnen – daraus lässt sich noch vielmehr machen.

(Bildquelle: SpreePIX Berlin, CC-Lizenz BY-NC-ND)

Einzelnachweise

  1. Interview in der Augsburger-Allgemeinen Zeitung vom 05.01.2011: Der „Graf“ von „Unheilig“ im Interview[]
  2. Aus einem Interview der Augsburger Allgemeine: Der „Graf“ von „Unheilig“ im Interview, vom 05.01.2011, abgerufen am 27.01.2011[]
  3. Aus dem Artikel Unheilig – Gothic-Graf findet „Kitsch gut“ auf relevant.at vom 19.04.2010, abgerufen am 27.01.2011[]
  4. Aus ein dem Artikel „Warum tragen sie Slipper, Herr Graf?„, abgerufen am 27.01.2011 auf bild.de[]
  5. Aus einem Interview mit tz-online.de: Raus aus der Gruft. rein in die Charts, vom 04.01.2011 abgerufen am 27.01.2011[]
  6. Aus einem Interview mit der Gießener Zeitung: „Ich bin ein ganz normaler Typ“ vom 24.03.2010, abgerufen am 27.01.2011[]
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Ricarda
Ricarda (@guest_12369)
Vor 13 Jahre

Interessanter Artikel. Ich geb zu, Unheilig nie gehört zu haben und es auch nicht vorzuhaben, aber alle Hausfrauen in meiner Bekanntschaft 40+ hören es und sind in den Grafen „verknallt“. Das hat für mich schon Wendler Ausmaße.
Die Musik spricht mich überhaupt nicht an, aber ich kann verstehen, dass sich die alten Fans irgendwie verraten fühlen. Man verbindet mit Musik ja auch immer eine gewisse persönliche Verbundenheit. Wenn die dann auf einmal in den Charts und jeder drittklassigen Fernsehshow sieht, dann hinterfragt man das schon.
Andererseits muss man sehen, dass die Leute von ihrer Musik leben wollen und deswegen immer danach aus sind, ihre Einnahmen zu steigern. Wie man das allerdings macht, sollte man immer abwägen.

simone
simone (@guest_12372)
Vor 13 Jahre

Ich habe den das erste Mal 2005 oder 2006 (weiß nicht mehr genau) auf einem winigen Mini-Popel-Festival hier in der Nähe gesehen. Und ich weiß noch dass eine Bekannte neben mir stand und meinte „Ohhh! Gleich kommt ‚der Graf‘ und der ist sooo toll!!! Hach, Seufz…!“.

Ich kannte den nicht, und fand den Typ total unsympathisch und die Musik furchtbar als er dann endlich auf der Bühne war, während so ein paar Mädels neben mir in den Anhimmel-Modus verfielen… (mir unverständlicher Weise).

Da ich den nicht mag, ist der mir auch relativ egal… und wer es hören mag, der soll es tun (jedem was er will). Wobei ich aber wirklich graue Haare bekomme sind militante Immer-Noch-Verfechter bei so Sachen… Wenn man da sagt dass man den blöd findet kommt gerne mal ein *mimimi* nur weil der Erfolg hat ist der jetzt doof oder was *mimimi* – das ich den schon vorher nicht mochte spielt dann plötzlich keine Rolle…

ASRianerin
ASRianerin (@guest_12373)
Vor 13 Jahre

Unheilig mochte ich noch nie so wirklich. Ich hörte mir zwar immer ein paar Songs an, aber ich war schnell gelangweilt, weil mich diese Kitschnuancen die schon an Schlager erinnern echt genervt haben. Ich habe auch noch nie verstanden, warum die Goths um mich herum immer so von Unheilig schwärmten. Ich hörte mich eben anfangs rein, weil ich dachte:“Na, muss ja seinen Grund haben, dass die so hochgelobt werden“ aber ich wurde sehr schnell bitter enttäuscht. Bei mir kommen auch keinerlei Emotionen hoch, wenn ich diese Musik höre. Sofern man Langeweile von Emotionen trennt.

Dass Unheilig irgendwann einen solchen Boom auslösen war mir schon sehr sehr lange klar. Mich wundert es sogar, dass es so lange gedauert hat. Kitschige Musik die man irgendwie als Düster verpackt hat lässt sich wunderbar vermarkten.

An und für sich, wäre es mir Wurscht, wenn nicht alle Welt jetzt meinen würde, sie müssten sich schwarz anziehen und Gothic sein, nur weil sie Unheilig hören und von anderer Musik aus dem Genre nichts wissen wollen. Sicherlich kann es natürlich sein, dass jetzt viele einen Einstieg in die Szene finden, aber ich hatte das Pech eben auf oben genannte zu treffen. Und das nervt mich…

Im übrigen: Als ich mein Pflegepraktikum in einem Altenheim machen musste, wurde ich den ganzen Tag mit Nino De Angelo beschallt. Und irgendwie kann ich mir nicht helfen, aber man könnte meinen, die beziehen ihre Texte aus der selbe Quelle:

;D

Tialda
Tialda (@guest_12374)
Vor 13 Jahre

Unheilig war ein Thema, das mir letztes Jahr richtig schwer im Magen lag.

Ich oute mich hiermit als Unheilig-Fan.

Zumindest war ich das, bevor das mit dem ganzen Medienzirkus begann. „Freiheit“ war eines meiner „Einstiegs-Songs“ in die Szene und viele der älteren Stücke haben mich durch schwere Zeiten begleitet. Richtig „Fan“ wurde ich wohl nach seinem Auftritt aufm WGT 2008 – dort wurde Puppenspieler vorgestellt und es war schweineheiß in der Halle, was mich da so begeistert hat, dass er n paar Flaschen Wasser und Becher dabei hatte und diese ins Publikum gereicht hat – da hat jeder mal n paar Schlucke genommen (was sicher nicht besonders hygienisch war *g* – aber die Geste und das Zusammengehörigkeitsgefühl mit den anderen Fans fand ich so toll).

Mja… und dann ging das mit „Geboren um zu leben“ los. Es klingt vielleicht kindisch oder/und egoistisch, aber es stößt mir auf „meine“ Musik mit „Normalos“ teilen zu müssen. Sogar meine Schwiegermutter hört jetzt Unheilig *augenroll*. Wenn man mich fragt „Gönnst du dem Kerl den Erfolg nicht?“ würd ich sagen „Nicht auf diese dämliche Art und Weise mit Big Brother und GZSZ.“ ASP z.B. sind auch erfolgreich und müssen nicht auf so ne Stufe absteigen (naja gut, die haben ja diese riesige Merchandise-Maschine, was n anderes Thema ist)…

Mein Ober-Aufreger: Früher kostete ne Konzertkarte von ihm um die 20 Euro – jetzt um die 40. Das erscheint mir einfach ziemlich „haben, haben, haben“-mäßig… Nach der 10-Jahres-Tour jetzt noch ne „Heimreise-Tour“ zu machen find ich auch blöd…

Blöd, blöd, blöd

Zurück bleibt eine ärgerliche und beleidigte Tanja.

Heuni
Heuni (@guest_12375)
Vor 13 Jahre

Guter Beitrag.
Ich komme zwar nicht aus der schwarzen Szene, bin aber tief im Rock verwurzelt und finde mich sehr deutlich im Folk-(Mittelalter) Rock wieder, höre Heavy Metal, gediegenen Rock. Eben Rock, Rock, Rock.
Dennoch bin ich erst durch Große Freiheit auf den Grafen aufmerksam geworden. Geboren um zu Leben gefiel mir ganz gut, auch wenn es etwas schlagermäßig daherkommt. Die CD an sich fand ich bis auf drei vier Ausnahmen ganz gut (Das Meer ist wirklich super).
Auch habe ich die Diskussion um die Szene beobachten. Siehe z.B. hier.
Ich kenne nur diese eine CD von Unheilig, gönne der Band natürlich auch Erfolg, aber ich sagte damals schon, dass z.B. The Dome eine etwas komische Auswahl der Bühne war.

Man muss immer abwägen, wo und wie man auftritt. Und seine Wurzeln und ersten (treuen) Fans darf man niemals vergessen.
Do

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

„Du macht nur Gothicscheiße“ … „Ach so…“ Ich lach mit tot. :-) Ja, der Graf hat die schwarze Szene -zumindest die dort vorhandenen Fans der ersten Stunden – wohl ziemlich enttäuscht. Ich könnte jedoch wetten, dass fast jeder andere Künstler der Szene ganz genauso handeln würde, wenn die Möglichkeit bestünde, mit der Musik richtig Kohle zu machen.

Heuni
Heuni (@guest_12377)
Vor 13 Jahre

 Orphi: Denke ich nicht unbedingt. Klar, Subway to Sally und In Extremo sind auch bei Raab aufgetreten, aber niemals (meines Wissens nach) bei The Dome oder GZSZ – ich glaube, sie würden das auch niemals tun.

ASRianerin
ASRianerin (@guest_12379)
Vor 13 Jahre

Heuni, da wäre ich mir nicht so sicher…

Grabesmond
Grabesmond (@guest_12380)
Vor 13 Jahre

Ha, auf so einen Artikel hier bei spontis habe ich ja schon gewartet, wenn ich ehrlich sein soll :D

Ich persönlich habe 2005 zum ersten Mal was von Unheilig gehört, weil mein damaliger Freund darauf abfuhr und ich dachte mir „Gut, hörst du auch mal rein, vielleicht ist gefälltst dir ja“. Tja, Pustekuchen, ich fand die Musik schon damals schlimm und konnte auch nicht verstehen, wie dann später als ich in Sachsen gewohnt habe, so viele Bekannte und Freunde auf den Grafen abfuhren. Für mich hat er nichts magisches oder in-den-Bann-ziehendes, ich finde ihn persönlich langweilig.
Und jetzt geht er mir erst recht auf die Nerven, mein Freund ich haben neulich einen Clip bei youtube gesehen, wo er im ARD-Frühstücksfernsehen auftrat um mal wieder „Geboren um zu leben“ vor zutragen. Und was die Texte betrifft…für mich absoluter Kitsch, Geschwülste und Pomp, ein bißchen auf düster machen- fertig.
Irgendwo habe ich mal eine sehr schöne Bezeichnung für Unheilig gelesen: „Gothic-Analogkäse für die ganze Familie“

@Tialda
Ich kann dich verstehen, meine Mutter und mein Stiefvater fahren jetzt auch auf Unheilig ab…irgendwo stört mich das, dass sie Musik hören von einem, der noch vor 5 Jahren auf der überfüllten Parkbühne beim WGT 2006 aufgetreten ist. :D

beetFreeQ
beetFreeQ (@guest_12382)
Vor 13 Jahre

Ich hab mich ja immer gefragt, was Unheilig mit Gothic oder überhaupt irgend einer Szene zu tun haben. Das ist (zumindest alles, was ich von ihnen kenne, und das sind mittlerweile schon so einige Songs) Schlager der typisch-kommerziellen Sorte. Dass die Band teilweise ein wenig Gothic-Themen behandelt und sich damit von den Flippers oder anderen Schlagerbands absetzen, mag ja sein, trotzdem ist das auf Erfolg gebügelte Kitschmusik.

Wer die Band hören mag, soll das gern tun. Man sollte sich nur nichts vormachen, was das Einordnen der Musik angeht.

Mysti
Mysti (@guest_12383)
Vor 13 Jahre

Unheilig war meine erstes „schwarzes“ Konzert gemeinsam mit Stoffel. Ich gebe zu, ich war total begeistert von dem Konzert, der Atmosphäre, einfach dem ganzen drum und dran. Die logische Folge war für uns, dass wir uns alle CD´s (natürlich in limitierter Auflage) gekauft haben und sehnsüchtig auf den nächsten Konzertermin im norddeutschen Raum gewartet haben. Bei einem diesen Konzerten in Hamburg in der Markthalle durften wir sogar während der Autogrammstunden nach dem Konzert bei ihm sitzen, mit ihm und seinem Team plaudern und viele Konzertbilder aus seinen Alben anschauen. Es war einfach Freude pur an seiner Musik im Rahmen eines entsprechenden kleinen Publikums zu erleben.
Aber leider sollte es wie von dir beschrieben kommen. Der Graf wurde immer „größer“ und bei einem Konzert in Hannover im Capitol wurden schon mehr Eintrittskarten verkauft, so das die von mir wohlfühlende Atmosphäre nicht gewährleistet werden konnte. (das war dann auch unser letztes Hallenkonzert mit dem Grafen und wird es auch bleiben).
Aufgrund seiner Vermarktung hat sich unserer Gefühl in schwerer Enttäuschung gewandelt und wenn wir beim wöchentlichen Einkauf aus der Edeka-Musikbox den Grafen als Begleitmusik hören passt das alles nicht mehr.

Ich oute mich ebenfalls als Unheilig-Fan, jedoch nur bis zum Puppenspieler und als wir mit ca. 1000 Besuchern in den kleinen Hallen mit dem Grafen gemeinsam feierten durften.

Btw: Ich gönnen dem Grafen den Erfolg und die viele Kohle, die er sich in der jüngsten Vergangenheit verdient hat… aber bitte ohne meine Unterstützung.

von Karnstein
von Karnstein(@karnstein)
Vor 13 Jahre

Puh, Unheilig… Was hab ich von denen mitbekommen?
– Ich hab in einem Club hin und wieder zu Maschine getanzt, fand ich ganz nett.
– Ich hab 2005 oder 2006 mal gehört, die sollen auch manchmal auf Viva laufen.
– Ich habe mitbekommen, dass sie bei dieser Hochzeitsplaner-Sache waren.

Das ist dann auch schon mein Bezug dazu – hat mich nie all zu groß interessiert. Als emotionaler Mensch hasse ich es wie die Pest, wenn jemand scheinbar emotionale Musik macht, deren Emotionsgehalt aber immer weiter zu sinken scheint, je mehr Lieder man hört und je mehr man einfach merkt: Das ist nicht ehrliche Emotion, das ist Konzept. Schema F bedienen um dem Kunden das nächste Produkt zu liefern.
Willkommen im Schlager.

Das war aber in meinen Ohren eben schon immer so.
Ich habe daher nicht den Eindruck (wie offenbar viele Fans), dass Unheilig an sich sich irgendwie geändert oder verkauft hätten um einen neuen Markt zu erschließen. Es ist die gleiche leicht verdauliche Schlagersuppe wie immer, nur hat man das jetzt im großen Stil beworben und ist sich dabei für nichs zu schade.

Was soll’s also? Ich verstehe eh nicht, warum das jemals irgendwer als irgendwie gothic angesehen hat.
Das eine oder andere Lied mag ich nach wie vor ganz gerne. Aber ich mag ja auch Falco, Coldplay und Polarkreis 18…

In diesem Sinne: Mumu! Schniedelwutz! :)

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

@Heuni
Schlimmer als Raab geht ja wohl nicht mehr. Und:
Der Clip „‚Out of Sight“ von Zeraphine ist in Kooperation mit Burger King entstanden und dort auch auf dem hauseigenen Channel gelaufen. Ooomph haben die Fashion Show des Hamburger Mode-Labels ElfCraft begleiten, bei dem ein einfaches Armband locker 1500 Euro kostet und es gibt viele weitere Beispiele. Musikern ist es egal, wer die Musik hört. Jeder Fan – ob Mainstream oder Szene – ist willkommen, weil Fans die Musik mögen und kaufen und zu den Konzerten kommen. Und je mehr Fans erreicht werden, desto besser. Musiker sind keine Heiligen, die die Welt verbessern wollen sondern kreative Menschen, die mit ihrer Begabung Geld verdienen wollen statt einen Alltagsjob zu machen und im Proberaum zu versauern.

Cookie
Cookie (@guest_12387)
Vor 13 Jahre

Unheilig hat mir früher viel mit seinen Texten gegeben und ich war jedesmal froh wenn ich auf seinen Konzerten die mystische Athmosphäre genießen konnte und danach bei belieben noch mit ihm reden. Schließlich ging er früher noch nach jedem Konzert unter die Leute um zu zeigen wie unglaublich wichtig sie ihm doch sind.
Ich habe ihn allerdings nie wirklich als Gothic angesehen, aber das er die schwarze Szene so ausgenutzt hat ist erbämlich. Ganz zu schweigen davon wie er sich auf der Bühne immer zum Affen macht….

Der Blog ist super geschrieben und die Lola Angst Parodie genial

 Orphi: findest du das nicht etwas zu pauschal? Ich bin mir sehr sicher das nicht alle jedem Angebo nachspringen. Und was ist schlimm daran wenn Oomph Edel-Mode-Shows begleitet? Finde es gibt einen klaren Unterschied ob man bei RTL in den Werbungen rumhopst oder auf solchen Luxus Events spielt

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

 Cookie

Ich zitiere aus Roberts Artikel:

„Er ver­kauft das, was sich die Szene einst auf die Fah­nen geschrie­ben hat. Abseits des Main­stream die gesell­schaft­li­chen Werte in Frage zu stel­len, zu zei­gen das man es ablehnt an der lau­ten und kom­mer­zia­li­sier­ten Welt teil­zu­neh­men.“

Edel-Mode-Shows, Burger King und RTL-Werbung, Stefan Raab und wasauchimmer… fällt alles in eine Kategorie, wenn man oben genanntes Zitat betrachtet. Was sich die Szene auf die Fahnen geschrieben hat (hat sie das überhaupt?), haben sich die Künstler noch lange nicht auf die Fahnen geschrieben. Oder wie Robert in meinem Blog so nett formulierte:
Es ist nicht alles schwarz, was glänzt.

maehnenwolf
maehnenwolf (@guest_12390)
Vor 13 Jahre

Ich finde Du bringst das richtig schön auf den Punkt. Ich habe auch eine zeitlang Unheilig gehört, finde „Freiheit“ und „Sage Ja“ immer noch sehr gut und hatte auch schon das Vergnügen den Grafen anno dazumal auf dem M’Era Luna zu treffen und ihn dort als sehr netten Menschen erlebt.
Die ganze Vermarktung ging mir bisweilen allerdings ziemlich am Allerwertesten vorbei, so sehr hing ich nicht an der Band. Wenn man aus Sonic Seducer und Zillo dann erfährt, dass er soweit geht die schwarze Szene zu verleugnen brodelt es auch in mir, aber ich habe mich nie persönlich mit Unheilig als Band oder Künstler identifiziert, höchstens mit ein paar ausgewählten Liedern.
Allerdings sehe ich es auch als Armutszeugnis an, wenn man von RTL oder gar RTL2 seine Medienpräsenz beziehen muss. Diese Sender stellen, für mich zumindest, das untere Ende der Medienintegrität dar. Das Herr Alex (von Eisbrecher) selbst eine Sendung auf DMax hat sei mal dahingestellt (ich kenne den Sender nicht, hörte aber von Freunden, dass ihnen die Autosendung, die er da hat, echt gut gefällt und schließlich benutzt er sich nicht, um seine Musik zu vermarkten!), aber sonst gebe ich ihm vollkommen recht.
Aber interessant ist es, dass er in dem von Dir zitierten Teil seine Meinung wirklich klar äußert. In der aktuellen Zillo steht das sehr harmlos dar… Zu dem ganzen Medienrummel kann ich mich allerdings nicht so äußern, da ich kein Fernseh schaue und deshalb nicht mitbekomme, was RTL und Konsorten so treiben. Ich find’s allerdings schade, dass ein Szene-Magazin wie Zillo es immer noch nötig sieht, mit dem Grafen die Verkaufszahlen anzukurbeln und ihn deswegen groß auf die Titelseite zu setzten. Wenn er mit der Szene nichts mehr zu tun haben will, dann soll er das so handhaben. Meiner Meinung nach braucht die Szene ihn ebensowenig. Also warum mehr um ihn kümmern als um eine Lady gaga oder einen Justin Biber?

Epitaph
Epitaph (@guest_12391)
Vor 13 Jahre

Ich gestehe ich fand Unheilig früher auch mal ganz toll. Mit Rammstein, Manson und den Deathstars wohl so meine Einstieg. Für das mir bekannte war es absolut magisch, düster, etc. Als dann aber irgendwann Puppenspieler rauskam war ich schon schwer enttäuscht und verwundert, dass diese extrem weichgespülte Art so wenig Menschen gestört hatte. Die beiden Vorgänger Alben hatten wenigstens noch etwas von NDH, Electro-Rock zu tun und waren für mich damals die tollsten Alben überhaupt. Auch auf Konzerten fand ich es toll, dass es so „Fan-nah“ war. Was dann aber mit Puppenspieler begann war schon übel…

Wer sich heute über „Geboren um zu leben“ beschwert, aber „An deiner Seite“ immernoch so toll findet, kann ich dsa Schlager-argument auch nicht ernsthaft abnehmen…

Was aber noch viel schlimmer ist, dass sich sogenannte „Szene Magazine“ (also die schwarzen Bravos) sich so darauf stürzen mit wechselseitiger Beziehung von Festivals und anderen größeren Medien ihre eigenen Umsätze in die Höhe schrauben.

Ausserdem jetzt auf Opfer machen und den Fans vorwerfen, sie finden ihn nur doof, weil er keine Kontaktlinsen mehr trägt und sich nicht mehr die Finger lackiert finde ich auch unter aller Sau. Wenn man seine Musik so auf Schlager trimmt und vor dem Fernsehen und Radio so die Beine breit macht, braucht man sich nicht zu wundern. Und wenn soger im kino im Vorspann groß den Grafen für RTL II Werbung machen sehe, das geht einfach gar nicht… Über die Medien beschweren und jetzt jeden Dreck mitzumachen ist einfach unglaubwürdig. Genauso wie er früher mal sagt, er findet es bescheuert eine Single vor dem Album rauszubringen, weil es ja nur Kommerz wäre. Achja Geld lässt vieles vergessen…

PS. Ich glaube nicht, dass sich jeder Künstler für alles hergeben würde. David Tibet oder Arthaud Seth als Auftritt bei GZSZ oder the Dome`? Kann ich mir echt (glücklicherweise) nicht vorstellen.

Guldhan
Guldhan(@guldhan)
Vor 13 Jahre

Unheilig. Nun gut, ich kenne das Projekt seit dem Zeitpunkt des ersten Albums Phosphor. Als seine Grafschaft 2001 noch als Neo-Nosferatu durch das Musikvideo von »Sage ja« fingerte. Und muss sagen, dass ich diese ganzen Debatten –allgemein, also nicht hier im Blog persönlich nehmen, denn zum lesen kam ich noch nicht- mit deren Begründungen beschämend finde. Zum einen für das Schwarzvolk, dass zumeist mit der argumentativen Stärke eines trotzigen Kindes anrückt, den man den Lolli klaute. Und zum anderen aber auch für den Grafen, der mit diversen Aktionen den Stil seines Projektes vehement untergräbt.

Wie in dem Artikel schon hervorgeht, fand Unheilig in der schwarzen Szene sein erstes großes Gehör. Ob dieses durch passenden Zufall oder durch gewollte Provokation geschah, sei dahingestellt. Er wurde in die Szene integriert und ließ sich integrieren. Denn im Grunde passte er gut hinein, auch wenn es für mich von Album zu Album immer sentimentaler geworden war.
Doch woher nimmt nun der gemeine Fan das Recht heraus, den Künstler nur für sich zu beanspruchen. Ihm das Diktat der Szenetreuheit aufzuerlegen und kategorisch die Weiterentwicklung zu verbieten.
Der einste Fanclub entblödet sich nicht einmal, das Weglassen der Kontaktlinsen und die neuerdings unlackierten Fingernägel als Kritikpunkt anzugeben. Was bitte soll der Unfug. Sieht einer von denen denn noch so aus wie vor neun Jahren. Wo bleibt das Anrecht auf persönliche Veränderung. Oder motzt man auch jeden voll, nur weil dieser die Frisur und die Schuhe ändert. Und selbst wenn das heißt, dass der Graf nächstes Jahr mit Stalinschnauzer und Altmännerhaarkranz auftaucht, das hat nicht zu interessieren.
Manche scheinen auch vergessen zu haben, dass man als Interpret nicht nur zur persönlichen Belustigung Musik macht. Da kann ich mich dreimal über die Dreistigkeit des Interpreten, doch tatsächlich Geld verdienen zu wollen, empören. Aber das ist und bleibt auch eine verständliche Intention. Selbst für den gitarreklimpernden Sozialpädagogen auf dem Fest der freien Evangelen.
Wer erfolgreich in seiner Kunst ist, der soll auch Anrecht auf diesen Erfolg haben. Und gerade in der Zeit der offenkundigen Schwarzbrennerei liegt der Preis für die musikalische Leistung nun einmal verstärkt in der Gage. Und diese darf überall entgegen genommen werden, wo sie angeboten wird. Sofern er es mit sich selbst vereinbaren kann. Denn dass der Graf zuerst auf die schwarze Szene stieß, heißt ja nicht, dass er dort bleiben muss oder vertraglich an genau diese Tugenden und genau diese Fans gebunden ist. Kunst ist allgemeingut. Als elitär darf sich der Fan höchstens dann ansehen, wenn er nur zu einem kleinen Rahmen von Liebhabern zählt. Aber nicht, wenn er starrköpfig, bockig sowie scheinheilig die Kunst nur für sich vereinnahmt.

Und ich weiß wovon ich rede. Denselben Unfug gab ich zum Thema Oomph! von mir. Dieselbe dämliche Haltung. Jeder der nicht weiß wovon ich rede, der vergleiche einmal die Alben bis zur »Unrein« mit denen danach. Von Ramsteins Inspiration mit textlichem Genialitätsverdacht zu BRAVO-Pop im Gewand der Schmalspurlyrik. Aber was soll´s. Ich finde es scheiße. Aber ich werde ja nicht gezwungen mich dauerhaft mit einem Musikprojekt zu identifizieren. Genausowenig ist das Projekt mir irgendwelche Verpflichtungen schuldig. Denn der Künstler muss sich nur vor zwei Dingen rechtfertigen. Vor der Kunst und vor der Glaubhaftigkeit seiner Person (gegenüber seinem Verständnis von Kunst) Die Angriffslust des Fans sollte sich nur dann entfachen, wenn ethische Normen gebrochen werden. Ansonsten sollte man bei Nichtgefallen einfach von seinem Recht zu schweigen gebrauch machen. Wobei ich zugebe, dass mir das in vielerlei Hinsicht auch schwer fällt…

Soviel dazu.
Ich schätze einige Stücke von Unheilig sowie ich einige aber auch reflexartig wegklicke, um nicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln einem Lachanfall zu erliegen oder damit identifiziert zu werden. Allerdings kann ich auch nicht verstehen, wie man sich einerseits ein solch edles Images aufbaut -was aufgrund des Erscheinungsbildes und der Musik sicherlich so vorgesehen war- und anderseits für einen solch dekadenten Medienschiss wie Big Brother sein Werk vermachen kann oder freudig mit BILD plaudert.
Die Sache ist nur die, dass auf den CDs das Universal-Logo prangert. Und ich glaube nicht, dass sich dieses Label einzig und allein damit begnügt, die Silberlinge zu pressen. Wer unter vertrag steht, der geht Verpflichtungen ein. Welche das in welchem Ausmaß sind, dass wissen allerdings nur die beiden Unterschreibenden. Somit kann manches seinem Willen entwachsen sein, muss aber nicht.

Ich verstehe es auch nicht, warum man um sich solch eine Atmosphäre aufbaut und dann durch derart banale Medienpräsenz zunichte macht. Das das Unverständnis liegt nicht darin begründet, weil es die Gothik-Band Unheilig war, die auf Szenefestivals spielt. Das Unverständnis entsteht daraus, dass es einfach nur Unheilig ist. Selbst wenn dieser seit eh und je auf »TheDome« gespielt hätte, wäre ich ebenso skeptisch. Aber nichtsdestotrotz sind auch dort seine Fans. Und sind das Fans unterer Klasse…Unterfans oder was. Was macht die Schwarzfans zu etwas besonderen, dass es nur diesen zusteht Unheilig auf der Bühne zu sehen.
Unheilig hat Charisma, auch wenn es aufgrund der musikalisch-textlichen Weichspülung immer mehr verliert. Aber dieses Charisma wird stellenweise auf derart billige Weise verhökert, dass es schon fast an Medienprostitution grenzt. Das gebe ich ja auch zu. Aber nur dieser Kontext sollte kritisiert werden. Nur der Widerspruch von Kunst und dahingehenden Kommerz. Und nicht einfach über Kunst und Kommerz wettern.

Post scriptum: Die Parodie finde ich bis zur Minute 1:30 richtig gut gemacht. Aber dann verstrickt sie sich nur in Dämlichkeit. Schade eigentlich. Hätte gut werden können. Denn gerade der Name »Scheinheilig« hat auf mehr konstruktive Kritik hoffen lassen, als der eines quäkenden Sheepworld-Flüchtlings mit Kastrationsphantasien.
Lola Angst entzieht sich auch etwas meines Verständnisses von Humor. Vielleicht muss ich es mir aber auch erst erklären lassen…

Celina
Celina (@guest_12394)
Vor 13 Jahre

Ich muss sagen, Unheilig war mir immer relativ egal, ich hab sie nie sonderlich gehört. Was einfach daran liegt, dass sie zu balladenlastig sind und ich steh nicht wirklich auf Balladen.
Diese Ablehnung der früheren Fans interpretiere ich zunächst immer so, dass sie sich auf den Schlips getreten fühlen, weil ihre Musik sonst immer etwas besonderes war, womit sie sich von der Masse abheben konnten. Wird ebendiese Band jetzt plötzlich massentauglich, macht es wohl keinen Spaß mehr, sie zu hören. So habe ich oft den Eindruck. Andersrum kann ichs auch irgendwie verstehen, ich bin auch von vielen Massenhypes genervt.
Ich habe viel gelesen, sie würden ihre Musik nun auf die Masse ausrichten. Auch das finde ich nicht. Wenn ich mir das alte Zeug und das Neue von ihnen anhöre, ist es aber auf einer ähnlichen Linie, klar, nie genau gleich, aber jeder entwickelt sich irgendwann in eine Richtung. Siehe nur Subway To Sally… früher doch eher Folk, jetzt eher brachialer Metal.
Für die Fans ist es natürlich auch ungewohnt: Wie ein Internetbekannter mal sagte, er kam sich schwarz angezogen auf dem Unheilig Konzert falsch vor, weil eben mittlerweile viele Normalos ihre KOnzerte besuchen.
Musiktechnisch sehe ich das nicht so eng, was die Band da treibt. Aber diese mediale Prostitution geht wirklich etwas zu weit. Mal auf irgendnem Fernseh-Musik-Event zu erscheinen, wäre glaub ich auch halb so wild, aber wie geschrieben, Soaps und andere Fernsehauftritte.. mit aller Gewalt ins Fernsehen. Im Grunde find ich auch das nicht schlimm, wenn er meint, er muss das machen, ich kann das nicht beeinflussen. Tatsache ist nur, dass es nervt.
Ich bin irgendwie insgesamt zwiegespalten, vielleicht weil ich diese Band nie wirklich gehört habe, wenn das irgendwann eine Band tut, die ich höre, hab ich vielleicht eine andere Meinung dazu.
Alles in allem denke ich mir aber, man sollte seinen Musikgeschmack nicht von sowas abhängig machen. Wenn einem die Musik gefällt, ist es doch egal, dass die Band ständig in den Medien ist. Man kann sie doch dennoch hören, auch wenn man dann nicht mehr zwingend anders ist. Und nur, weil diese Band nicht mehr einem bestimmten Genre zuzuschreiben ist, aufzuhören sie zu hören, obwohl man die Musik doch mag, ist doch eigentlich dämlich. Solche Leute kann ich als Goth dann einfach nicht ernst nehmen, weil ich dachte in der schwarzen Szene ginge es darum, man selbst zu sein und nicht immer zwingend gegen den Mainstream.

Foxxi
Foxxi (@guest_12396)
Vor 13 Jahre

Gut geschrieben. Das der „Mainstream“ sich einer ehemals ganz ordentlichen Band bemächtigt und diese dann den Kommerz bis über jegliche Schmerzgrenze hinaus betreibt, dazu muss man nichts mehr sagen. Die wahren Idioten sind aber Festivalveranstalter wie FK Scorpio die ein schönes Festival wie das M’era Luna mit soetwas in die BLÖD-RTL-etc.-Gosse ziehen. Ich war letztes Mal wirklich entsetzt über Teile des Publikums. Nur noch Beliebigkeit, wohin man auch blickt …

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

Was mich an solchen Diskussionen immer stört, ist der seltsame Heiligenschein, der da immer über die Schwarze Szene gezaubert wird. Die Bands spielen auf Festivals für wenig Geld vor Leuten, die kurz vorher eine Menge Geld für ihre Outfits in teuren Szeneläden, die ihrerseits Marketing betreiben und vom Kommerz leben, gelassen haben. Dieses Geld haben diese Leute wahrscheinlich überwiegend in Firmen verdient, die sich ziemlich eindeutig FÜR den Kommerz aussprechen und sicher auch nicht vor Werbung und Marketing im Mainstream zurückschrecken. Anschließend gehen diese Leute noch kurz bei McDoof essen – andere Läden haben ja nicht mehr auf – und zu Hause ziehen sich die meisten Leute dann noch kurz vorm Schlafen das Spätprogramm der bösen Unterschicht-Sender rein – natürlich nur, um sich hinterher dagegen auszusprechen. Nur ein sehr kleiner Teil der „Szene“ lebt das, was sich die Gothics „angeblich“ auf die Fahnen geschrieben haben.

Als Künstler würde ich mich dann auch irgendwann fragen, ob ich eigentlich bescheuert bin, wenn ich für das Freizeit-Gewissen des Publikums auf Geld verzichte, das ich gut gebrauchen könnte.

Marcus
Marcus (@guest_12407)
Vor 13 Jahre

 Orphi: „Ich könnte jedoch wetten, dass fast jeder andere Künstler der Szene ganz genauso handeln würde, wenn die Möglichkeit bestünde, mit der Musik richtig Kohle zu machen.“

Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie Rudy Ratzinger (:Wumpscut:) bei Carmen Nebel auftritt… ;-)

Meinst Du nicht, dass es einige Musiker gibt, die ihre Kunst als reines Hobby betrachten und gar keine Lust haben, riesige Tourneen mit zig Auftritten zu absolvieren, um dabei möglicherweise die Lust an der Musik zu verlieren? Ich muss zugeben, dass ich diese Hoffnung durchaus habe.

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

@Marcus
Doch, klar gibt es Musiker, denen ihre Musik so wichtig ist, dass sie sich nicht von einem Major Label verbiegen lassen wollen. Deswegen hatte ich extra „fast jeder andere Künstler“ geschrieben. Und von denen, die mit dem Kommerz grundsätzlich kein Problem haben, werden sicher auch nicht alle einem Werbevertrag mit RTL zustimmen.

Aber man sollte in Musiker nicht immer so viel hinein interpretieren und sie als die Hüter der Moral ansehen, nur weil sie sinnvolle Texte für ihre Songs schreiben. Und man sollte nicht selber „scheinheilig“ sein und vergessen, dass man im teuren Outfit mit einer Cola in der Hand schon mittendrin steckt im Kommerz. Darauf wollte ich hinweisen.

Marcus
Marcus (@guest_12411)
Vor 13 Jahre

Ein Problem entsteht in erster Linie, wenn ein Interpret seine Musik nicht für sich stehen lässt, sondern ein die Musik unterstützendes Image erschafft. Wenn sich dieser Künstler dann entgegen seinem Image verhält, ist der Ärger der Fans sicherlich nachvollziehbar. Aber natürlich hast Du recht, dass man als Konsument nicht so blauäugig sein und zu viel in das Handeln eines Musikers hineininterpretieren sollte. Viele Musiker spielen eben wie Schauspieler auch nur eine Rolle, wobei hier ebenso der eine oder andere Konsument nicht zwischen Rolle und Mensch unterscheiden kann.

Musik ist emotional. Und obwohl man einem Musiker ggf. den Erfolg gönnt, gibt es gewisse Handlungsweisen, die einem die Musik verleiden können, auch wenn sich an der Musik selbst nichts geändert haben mag. Der rein kommerzielle Erfolg sollte hier jedenfalls niemals ausschlaggebend sein.

Cookie
Cookie (@guest_12412)
Vor 13 Jahre

 Orphi
Persönlich trenne ich Künstler und Szene – klar gehört gothic etc. zu der schwarzen. Aber es ist nur ein Bestandteil und nicht umbedingt ein essentieller. Man kann ebenso die Musik hören ohne sich der Szene zu „bekennen“ wie umgekehrt. Es ist mehr eine Lebenseinstellung/Überzeugung. Musik ist meist etwas Persönliches mit dem sich Leute ausdrücken/artikulieren – und ich hab großen Respekt vor den Leuten die eben dies schaffen. Aber dürften nur Künstler in einer Szene auftreten die die Prinzipien dieser auch vertreten wäre es nicht nur engstirnig sondern auch reichlich leer auf Festivals.

Zu der Oomph! Sache: Natürlich stellen auch solche Edel Veranstaltungen einen Bruch dar aber ich finde es bei weitem nicht so dramatisch wie bei Unheilig. Der Graf Pustete zu Werbebeginn vor dem großen RTL Logo in seine Hände. Das hat nichtmal entfernt was mit Würde, Musik oder seinen alten pseudo Prinzipien zu tun. Einerseits gönn ich ihm Erfolg, andererseits sind mir die Mittel zuwider und mir persönlich ist er einfach nichtmehr sympatisch. Aber ich werd keine Hass- und LeidTriaden in die Welt schreien oder aufhören meine Unheilig Pullover zu tragen – schließlich ist seine Musik weiterhin gut (bzw. die selbe) und nicht für RTL und konsorten „verändert“ worden.

 Guldhan: Der Kommentar ist eigentlich schon ein eigener Blog – stimm aber größtenteils zu. Und hatte bei Scheinheilig auch mehr erwartet – aber ich bezweifle das sich der NDR überhaupt mit der Person Graf auseinandergesetzt hat^^

Heuni
Heuni (@guest_12419)
Vor 13 Jahre

@Foxxi: Ich gehe auch auf Mittelaltermärkte und freue mich immer, Leute aus der Szene zu sehen. Aber auch dort laufen Familien rum, die „normal“ gekleidet sind und nicht zur Szene gehören (ich gehöre auch nicht zur Szene in dem Sinne).
Aber von Beliebigkeit an allen Ecken zu reden, finde ich etwas engstirnig.
Klar wenn bspw. Nightwish mit Once einen großen Erfolg hat und Britney Spears Teenies auf den Konzerten rumlaufen, ist dies nervig, aber eben nicht zu ändern.

Worauf ich aus bin ist nur eine Sache: Niemand ist beliebig, jeder hat seinen Charakter und ist ein Individuum an sich. Jeder ist anders.

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

Gerade auf der Zillo-Webseite entdeckt:

Unheilig: Verehrt – Verdammt – Vermarktet: Kontroverse Diskussion zu einem Phänomen! Meinungen, Ansichten und Analysen dazu in der Februar-Ausgabe!

Das Thema scheint wohl sehr viele Leute zu beschäftigen.

Melle Noire
Melle Noire (@guest_12434)
Vor 13 Jahre

Hi!

Früher habe ich Unheilig sehr
gerne gehört – vor allem die Alben
„Das 2. Gebot“ und „Zelluloid“.
Ich war auch hier in der Nähe vor
Jahren auf einem Unheilig-Konzert.
Die Bühne war sehr klein, die Anzahl
der Konzertbesucher überschaubar
und ich konnte locker in der ersten
Reihe stehen. *g* Das Konzert war toll,
ich hab damals viel mitgesungen –
nur die Bühnenperformance des Grafen
fand ich etwas seltsam. Aber das tat ja
der Musik keinen Abbruch. ;)

Dann ging ja irgendwann dieser wahnsinnige
Medienzirkus um Unheilig los und ich
dachte erstmal WTF??? o.0 Nicht daß ich
es Bands allgemein nicht gönnen würde,
irgendwann auch mal kommerziellen Erfolg
zu haben – aber SO? Plötzlich war der Graf
omnipräsent, egal ob nun im TV oder in
Zeitschriften oder sogar im Radio – keiner kam
mehr an ihm vorbei irgendwie. Und beim
Bumsvision-Songcontest war irgendwie auch
von vornherein klar, wer am Ende das Rennen
machen würde. Dabei war das Lied ja so
langweilig!!! Aber der Graf hätte auch genausogut
„Alle meine Entchen“ singen können und
hätte trotzdem haushoch gewonnen – einfach
weil er eben der Graf ist und BLA. -.-
Und dann noch die Nummer bei Carmen Nebel
usw… Zum Kotzen…

Trotzdem wird es für mich immer ein paar
Lieder von Unheilig geben, die ich auch
weiterhin mag. Wie zB „Schutzengel“, „Maschine“
oder „Zeig mir, daß ich lebe“. Ein ausgewiesener
Unheilig-FAN war ich indessen nie – Unheilig
war einfach eine Band unter vielen, die ich
gerne hörte. Schade drum.

Dunkle Grüße. :)
Melle

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

@Robert

Und damit befinden sich diese Bands auf Festivals in bester Gesellschaft, denn sie spielen mittlerweile nicht mehr vor einer Subkultur sondern vor einem Publikum, das zum großen Teil den Mainstream in Schwarz lebt. So findet zusammen, was zusammen gehört. Jede Subkultur wurde irgendwann vermarktet und dadurch ad absurdum geführt. Heute gibt es nicht nur Modelabels sondern auch viele andere Mainstream-Angebote, die das Schild „Punk“ tragen. Diese Entwicklung – aktuell in der Schwarzen Szene – lässt sich nicht mehr aufhalten.

An dieser Stelle könnte man dann die direkte Überleitung zum neuen Blogbeitrag „Zwischen Resignation und Hoffnung“ machen.

Marcus
Marcus (@guest_12440)
Vor 13 Jahre

 Orphi: Die Spaßgesellschaft hat vor einiger Zeit Einzug in die schwarze Subkultur gehalten, was der Atmosphäre diverser Veranstaltungen sicherlich – zumindest aus meiner Sicht – keinesfalls förderlich war. Trotzdem geht meine Tendenz Richtung Hoffnung. Es gibt sie nämlich noch, die Festivals und Partys ohne Karnevalsverkleidungen und quietsch-bunte Outfits. Es gibt auch noch Künstler, die zu unangepasst sind, um massentauglich vermarkten zu werden. Und der eine oder andere Kommentar in diesem Blog zeigt mir, dass es noch viele Menschen gibt, die Ideale vertreten und das von wem auch immer gegebene Hirn benutzen.

Marcus
Marcus (@guest_12895)
Vor 13 Jahre

@Robert: Leider wird dieser Optimismus mit zunehmender Lebensdauer in vielen Bereichen doch immer wieder auf eine harte Probe gestellt. Bei der täglichen Zeitungslektüre fällt es nicht leicht, Hoffnungen in Bezug auf die Menschheit am Leben zu halten. Aber das ist ein anderes Thema. Zumindest im Bereich der schwarzen Subkultur gibt es glücklicherweise immer wieder Erlebnisse und Momente, welche mich optimistisch in die Zukunft blicken lassen…

orphi
orphi(@orphi)
Editor
Vor 13 Jahre

@Marcus
Diese Momente gibt es auch außerhalb der schwarzen Subkultur. Ich denke, es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass sich in der Szene besonders umsichtige oder soziale oder engagierte oder tiefsinnige Menschen bewegen. Ich kenne viele Leute dieser Art, die mit „Schwarz“ absolut nix am Hut haben. Genauso habe ich viele Leute in Schwarz getroffen, die mit diesen Eigenschaften nicht kompatibel sind.

@Robert
Die Hoffnung stirbt zuletzt,was? ;-)

Marcus
Marcus (@guest_12901)
Vor 13 Jahre

 Orphi: Natürlich gibt es auch außerhalb der Szene hoffnungsvolle Momente und Erlebnisse. Ich bezog mich mit meiner Aussage auch hauptsächlich auf „szenetypische Probleme“. Mir fällt da beispielsweise der Einzug der Spaßgesellschaft in die Szene ein. Selbstverständlich gibt es auch abseits der schwarzen Subkultur Menschen, die ihr Gehirn verwenden, nicht auf Kommando fröhlich sind und Dinge hinterfragen. Diese Begegnungen zaubern mir dann auch immer ein Lächeln auf mein Gesicht. Doch in Betrachtung der Gesamtheit des alltäglichen kleinen und großen Wahnsinns auf dieser Welt mutet das wie ein Tropfen auf den heißen Stein an. Was mich natürlich nicht davon abhält, eine gewisse Hoffnung aufrechtzuerhalten. Zumindest im „Kleinen“. Die Hoffnung auf Politiker in höheren Ebenen, welchen das Wohl der Bürger und nicht die eigene Macht wichtig ist oder sozial denkende Wirtschaftsbosse darf man hingegen getrost ad acta legen.

ASRianerin
ASRianerin (@guest_14759)
Vor 12 Jahre
Lúthien
Lúthien (@guest_17189)
Vor 12 Jahre

Tja, auch meine Wenigkeit mochte den Grafen einstmals sehr. Dann kam, was kam. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Schwarz wurde bunt, ich verliess ein Konzert und kehrte dem „neuen“ Grafen seitdem den Rücken. Der „alte“ Graf ist weiterhin hie und da Teil meines Musiklebens und wer weiss, vielleicht gibt es ja mal ein „Back to the roots“? Chancen verdient jeder! ;-)

Guldhan
Guldhan(@guldhan)
Vor 11 Jahre

und wer weiss, viel­leicht gibt es ja mal ein »Back to the roots«? Chan­cen ver­dient jeder! ;-)

Dahingehend kann ich nur auf die Rezensionen der allbekannten Verkaufsplattform verweisen. Und ich kann die Negativkritik verstehen. Hörte ich doch soeben interessehalber hinein. Doch als mir dieser Xavier Naidoo als Co-Sänger in den Kopfhörer schnulzte war endgültig Schluss mit lustig. Und jeder weiß, wie tolerant ich in Bezug auf Musik bin….

Ich weiß nicht, aber im Vergleich zu solch´ platter Besinnlichkeit ist Neofolk der reinste Knusperbass-Industrial.

Davon einmal abgesehen, wer einmal seinen Weg gefunden, gelebt und vergolden lassen hat, der schaut nur noch selten zurück. Somit darf auf ein »Back to the roots« lange gewartet werden. Vor allem nach dem nun erschienen Album.
Zudem erlebte ich es bis jetzt nur ein einziges mal, dass ein Musikprojekt wieder zu seinen Wurzel zurückkehrte. Sämtliche Interpreten, deren Schaffen sich immer weiter von meinem Geschmack entfernt hatten, blieben auch weiterhin auf Abstand.

Ich für meinen Teil werde jedenfalls auch die folgen Alben des Grafen als »Jenseits weiteren Interesses« einstufen und mir mit Ambassador21 die Ohren frei blasen, denn Naidoos Klagestimmchen will ich nicht im Kopf behalten.

Mr. Niles
Mr. Niles (@guest_24022)
Vor 11 Jahre

Tja, Unheilig – was soll ich da noch groß zu schreiben?
Hm, ich muss wohl ein bisschen ausholen: Ich bin Jahrgang `68 und Mitte der 80er zur Schwarzen, bzw. „Indie“-Szene gekommen. Sachen wie Depeche Mode und ähnliches hörte ich da schon länger, aber der eigentliche „Underground“ war noch ein solcher, d.h.: man musste schon ein wenig buddeln, wenn man Musik abseits des Radio-Airplays suchte. Die Szene war größtenteils von englischen Bands dominiert – einige Electroacts kamen aus Belgien, und irgendwo ganz unten krebsten ein paar deutsche Bands herum. Der große Wandel begann für mich schon, als die Vermarktung immer besser und günstiger wurde: aus zusammengehefteten, kopierten DIN-A-4 Seiten wurden ordentlich gebundene Magazine. (Glasnost, Zillo – später Subline undwiesealleheißen)
Es war der Anfang der 90er – zunächst fand ich das ganz toll. Man konnte plötzlich fast alles einfach im (Spezial-)Plattenladen an der Ecke kaufen und musste keine Mailorders mehr bemühen, CDs wurden bezahlbar (sowohl was die Produktionskosten anging, als auch für den Käufer) und Indie-Labels schossen wie Pilze aus dem Boden. Der Nachteil: Jeder Hanselpansen, der gar finster dreinblickte, bedeutungsschwangere Weltuntergangslyrik ins Mikrofon kreischte und dazu wüst auf Synthies oder Klamfen rumprügelte war plötzlich das große Ding in der Szene. Speziell die deutschen Musiker (die englische Musikszene begann zu diesem Zeitpunkt schon, sich den Clubsounds, Asian Underground, u.ä. zu widmen) sorgten bei mir zu diesem Zeitpunkt bereits öfters für ungläubiges Staunen. Eigentlich war da für mich schon der Ofen so Wave-/Gothicmäßig aus. Als dann aber die Majors merkten „Ui! Mit dem Krach kann man ja doch Kohle machen“, war`s ja wohl eh´endgültig vorbei! Meinen Heroen aus der Zeit, die teilweise heute noch im Underground tätig sind, wie z.B. The Legendary Pink Dots, Tuxedomoon, Snog hielt ich auch weiterhin die Treue und wenn mir heute eine „schwarze“ Band gefällt, dann stehe ich auch dazu. Ich bin nicht mehr so Firm, was Szenemäßig abgeht und erst seit ich vor 2,5 Jahren eine Frau kennen lernte, die die ganze Zeit „dran geblieben“ war, bin ich auch mal wieder auf Festivals (Blackfield) gegangen, und habe mal im Seducer, oder im Gothic geblättert. OMG!
Was für eine ewig gleiche Kommerz-Scheiße! Kriegt das eigentlich noch jemand mit? So, genug davon – ich könnte noch ganze Seiten damit füllen, aber das gehört ja eigentlich nicht zu Thread…
Zu Unheilig bleibt mir nur zu sagen:
Wir leben längst im Zeitalter des Scheißegal – alles scheint auf einer Ebene stattzufinden. Statt einer Eigenheit und Identität in dieser Gegenkultur ist diese schon längst vom Mainstream vereinnahmt worden – vom Underground-Mainstream! Das merke ich z.B. schon daran, dass bestimmte Bands, die teilweise schon 20 Jahre oder länger Musik machen, auf Festivals gar nicht mehr auftauchen!?
Unheilig kannte ich nur dem Namen nach – kann auch sein, dass ich in irgendeiner Disse mal was von denen gehört habe. Das erste mal bewusst gehört habe ich den Grafen im Zuge eines Radio-Interviews auf EinsLive, wo er „Geboren um zu leben“ vorstellte. Netter Popsong, nur: was hat das mit Gothic zu tun? Deshalb kann ich ihm nicht mal böse sein – und wenn er sich für`s Präkariatsfernsehen zum Affen machen muss – na bitte!
Nur, wenn ich so anhöre, was heute so als Gothic /Electro/EBM durchgeht, muss ich mir danach erst mal nen halben Tag Throbbing Gristle, Coil, und Alien Sex Fiend durch die Gehörgänge pusten, um wieder klar zu werden ;-)

LG Jörg D. aus Do.

Death Disco
Death Disco (@guest_24046)
Vor 11 Jahre

Glasnost war toll, wenn auch ziemlich von der Meinung Oliver Köbles bestimmt. Habe fast alle A4-Ausgaben vollständig (und noch ’ne Handvoll A5-Hefte). Zillo und Sub Line waren letztlich nur SPEX-Abklatsch. Sub Line lebte eh nicht so lange, zwei oder drei Jahrgänge fliegen bei mir herum.

Nein, es gab schon noch Fanzines und gute Musik. Und die Bands, die einigermaßen was taugten, kamen auch nach oben. Ich meine, da trennte sich noch der Dreck von den Perlen. Heute ist’s genau umgekehrt. Der Dreck boomt, nach Perlen darf man suchen wie ein Schwein nach Trüffeln. Leider ist der Untergrund ebenso überschwemmt von schlechtem Zeugs. Ich merk’s zum Beispiel im Neofolk-Bereich, wo eine von 5 Bands was taugt, der Rest als mittelmäßige bis unterirdische Lagerfeuermusik durchgeht. Was da manchmal abgefeiert wird, hinterlässt bei mir nur ein Stirnrunzeln.

Katrin
Katrin (@guest_24057)
Vor 11 Jahre

Ich merk’s zum Beispiel im Neofolk-Bereich, wo eine von 5 Bands was taugt, der Rest als mittelmäßige bis unterirdische Lagerfeuermusik durchgeht. Was da manchmal abgefeiert wird, hinterlässt bei mir nur ein Stirnrunzeln.

Ahhh, das interessiert mich. Also weniger die Zoten, vielmehr die Perlen, die Du ausmachst in heutiger Zeit. :-)

Irmin
Irmin (@guest_24059)
Vor 11 Jahre

Ich meine, da trennte sich noch der Dreck von den Perlen. Heute ist’s genau umgekehrt. Der Dreck boomt, nach Perlen darf man suchen wie ein Schwein nach Trüffeln. Leider ist der Untergrund ebenso überschwemmt von schlechtem Zeugs. Ich merk’s zum Beispiel im Neofolk-Bereich, wo eine von 5 Bands was taugt, der Rest als mittelmäßige bis unterirdische Lagerfeuermusik durchgeht. Was da manchmal abgefeiert wird, hinterlässt bei mir nur ein Stirnrunzeln.

Nun ja, ich kann bei „früher“ nicht mitreden (weil meine Definition von „früher“ wohl „ein paar Jahre vor der Jahrtausendwende“ wäre), aber wenn stimmt, was Mr. Niles schreibt, ist das doch heute ein ähnliches Gefühl wie früher. Nur, dass man nicht mehr in der Gesamtbreite der Musik nach Underground sucht, sondern eben in einer Nische nach… naja, dem zweiten Kellergeschoss? ;) Also, zumindest das hätte sich dann doch erhalten, wenn auch in etwas anderer Form.

Dass man auch in dem Genre mittlerweile mit viel eher schlechter Musik zugeworfen wird, liegt mMn daran, dass es sowohl einfach ist, Musik zu machen, die man für Neofolk hält (ein Mann und seine Gitarre), als auch, sie einem mehr oder weniger großen Publikum zugänglich zu machen – dem Internet sei dank.

Ob es auch so ist, dass der Dreck boomt, wie du sagst, weiß ich nicht. Zumindest fällt mir spontan niemand aus dem Neofolk-Bereich ein, der deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommt, als er verdient. Gut, ich finde, dass Herr Wakeford nicht singen kann, was er aber sollte, wenn er es versucht. Aber das kann auch Geschmackssache sein ;)

Mr. Niles
Mr. Niles (@guest_24060)
Vor 11 Jahre

@Irmin

Hihi, das mit dem „zweiten Kellergeschoss“ gefällt mir…

Katrin
Katrin (@guest_24063)
Vor 11 Jahre

An einem Herrn Wakeford sollte man nicht rütteln, der hat die Gitarre schon gequält, als nur ein Herr Tibet etwas entgegenzuhalten wußte. :D

Katrin
Katrin (@guest_24065)
Vor 11 Jahre
Irmin
Irmin (@guest_24071)
Vor 11 Jahre

Ja, ich weiß, das war ein wenig Majestätsbeleidigung meinerseits. Sorry dafür ;) (Auch wenn sein Gesang ja nun wirklich… okay, bin schon ruhig :D)

Selbstverständlich ist die Leistung der Dreifaltigkeit des Neofolk (Pearce, Tibet, Wakeford) für eben diesen nicht in Abrede zu stellen. Das war nur das erste Beispiel, das mir einfiel, wenn es um Künstler im Neofolk-Bereich geht, die ich nicht der ihnen allgemein entgegengebrachten Aufmerksamkeit entsprechend mag. Was nicht heißt, dass ich seine Musik nicht gut finde, nur halt nicht ganz so großartig wie vielleicht manch anderer ;)

Das erste Video hat mir jetzt Lust auf Di6 gemacht, den Herrn Pearce muss ich dann wohl mal wieder auflegen…

Death Disco
Death Disco (@guest_24075)
Vor 11 Jahre

Ich denke, so einfach ist’s nicht. Früher, als sowieso alles besser war *g*, da war der Markt viel überschaubarer. Wer ’nen Joy-Division-Ersatz suchte, war mit Trisomie 21, Clair Obscur oder Siglo XX recht gut bedient. Das waren damals so die Reißer. Heute unmöglich. Man findet gar nicht die Zeit, um sich durch Tonnen von Musik zu wühlen (ich ärgere mich übrigens gerade, dass mir jemand die Sophya-Alben bei eBay weggeschappt hat. Schweinerei! Wäre ein netter Derrière-le-Miroir-Ersatz gewesen).

Ob es auch so ist, dass der Dreck boomt, wie du sagst, weiß ich nicht.

Na ja, nimm doch mal Blutengel. In den 90ern hätten wir über solchen Scheiß gelacht. Früher, als sowieso alles besser war *g*, … und als es noch echte Rezensionen gab, wäre Blutengel in der Recycling-Tonne gelandet.

Zumindest fällt mir spontan niemand aus dem Neofolk-Bereich ein, der deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommt, als er verdient.

In selbigem Nischenbereich zumindest (Neofolk/Military Pop). Vieles klingt wirklich unterirdisch mies. Da kann ich mich auch mit Löffel und Suppenschüssel in den Keller setzen und Marschrhythmen üben. Noch ’n Tonband nebenherlaufen lassen. Schöne Verpackung drumrum und 100 Kopien davon auf den Markt geworfen. Werden sicher mal Sammlerstücke im Wert von EUR 50 und mehr…

Aus dem Umfeld gefallen mir natürlich die Klassiker, DiJ, Current etc. Über Wakefords Schnaufgesang (man kann sein Körpergewicht hören!) lässt sich streiten. Mein Ding isses auch nicht unbedingt. Ich finde, dadurch versaut er sich oft die Kompositionen.

Ahhh, das interessiert mich. Also weniger die Zoten, vielmehr die Perlen, die Du ausmachst in heutiger Zeit. :-)

Von neueren Sachen gefielen mir z.B. Sorrow, Ordo Rosarius Equilibrio, Novalis, :OTWATM:, Harvest Rain oder gar Hagalaz Runedance (Volven/Frigga’s Web), wenn man das Genre etwas weiter fassen möchte. Insgesamt ist’s aber wirklich nicht mein Fachgebiet. Da gibt es andere Bereiche, die mich mehr interessieren. Wirklich schrecklich find ich Sachen wie Orplid oder Ostara. Wer in aller Welt braucht sowas? ;-)

Katrin
Katrin (@guest_24076)
Vor 11 Jahre

Novalis (Deux) mag ich sehr, ja… „Hey God“ oder „Homecoming“ oder „Human“… im Grunde alles. Schwelgmusik. Ordo Rosarius Equilibrio schon immer sehr, ja. *in der Hoffnung, dass jene sich vom bunten Blätterwald nicht verheizen lassen… Hagalez Runedance auch, trotz Dudelsackgetröte (welches mich im Grunde schmerzt). In diesem Fall stehen die Stimme und die Atmosphäre weit davor.

httpv://www.youtube.com/watch?v=6716f00yUbc

*in die nacht verschwinde… schlaft fein, gute nacht

Irmin
Irmin (@guest_24114)
Vor 11 Jahre

Früher, als sowieso alles besser war *g*, da war der Markt viel überschaubarer. Wer ‘nen Joy-Division-Ersatz suchte, war mit Trisomie 21, Clair Obscur oder Siglo XX recht gut bedient. Das waren damals so die Reißer. Heute unmöglich. Man findet gar nicht die Zeit, um sich durch Tonnen von Musik zu wühlen

Das ist wohl richtig. Darum versuche ich auch, gezielt zu selektieren – durch Empfehlungen von Blogs wie diesem, durch Foren, durch Freunde oder durch Last.fm, wenn gar nichts mehr hilft ;) Dadurch bekomme ich durchaus genug Musik in meine Finger, die mir gefällt. Vielleicht übersehe ich dadurch so manche Perle, aber gut, alles kann man eh nie finden – und für solche Fälle wühle ich dann auch schon mal höchst selbst *g*.

(Außerdem muss ich das, wie ich woanders ja schon mal verraten habe, auch noch für den Metal-Bereich machen. Noch mehr Aufwand… :D)

Na ja, nimm doch mal Blutengel. In den 90ern hätten wir über solchen Scheiß gelacht. Früher, als sowieso alles besser war *g*, … und als es noch echte Rezensionen gab, wäre Blutengel in der Recycling-Tonne gelandet.

Okay, ich bezog das nur auf den Neofolk-Bereich. Was Blutengel und Konsorten angeht (wo wir auch bei Unheilig wären, die hier ja irgendwie Thema sind), hast du natürlich recht. Darum muss man ja ab ins zweite Kellergeschoss, wenn die sich schon im ersten einquartieren ;)

In selbigem Nischenbereich zumindest (Neofolk/Military Pop). Vieles klingt wirklich unterirdisch mies. Da kann ich mich auch mit Löffel und Suppenschüssel in den Keller setzen und Marschrhythmen üben. Noch ‘n Tonband nebenherlaufen lassen. Schöne Verpackung drumrum und 100 Kopien davon auf den Markt geworfen. Werden sicher mal Sammlerstücke im Wert von EUR 50 und mehr…

*g* Ja, das stimmt. Darum hat bei mir alles Pech gehabt, was nicht mit mindestens zwei, drei Stücken bei YouTube (oder von mir aus MySpace) vertreten ist. Aber zumindest meiner Ansicht nach sind (meistens) die „richtigen“ Neofolk-Projekte bekannt, also die, die auch musikalisch was drauf haben.

Von neueren Sachen gefielen mir z.B. Sorrow, Ordo Rosarius Equilibrio, Novalis, :OTWATM:, Harvest Rain oder gar Hagalaz Runedance (Volven/Frigga’s Web), wenn man das Genre etwas weiter fassen möchte.

Dazu noch Rome und Solblot – wobei ich bei letzteren als Skandinavien-Fan nicht neutral bin, die müssen nur auf schwedisch singen und ich mag sie *g*. Hekate nicht zu vergessen, auch, wenn die stellenweise ein wenig nach Faun klingen. The Moon and the Nightspirit ist eher im weiteren Neofolk-Dunstkreis, genauso, wie Tenhi und Matt Howden (also Sieben) irgendwie dazugehören (Tenhi wohl noch ein bisschen mehr – und finnisch ist noch schöner als schwedisch ;)). Für die, die es etwas experimenteller mögen, gibt es noch Ô Paradis und Nový Svĕt sowie im etwas weiter gefassten Bereich :Golgatha:, wobei ich da jemanden kenne, der sie regelrecht hasst, die sind also Geschmackssache ;)

Ich glaube, damit habe ich die meisten abgedeckt, die ich einigermaßen regelmäßig höre.

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