1986. Die Bravo entdeckt Gothic als Jugendkultur und arbeitet in den folgenden Jahren an einer stetigen Verbreitung dieser Bewegung. Etwa zu gleichen Zeit gründet Produzent und Songschreiber Chris Garland (U-BahnX, The Slits) die „Trash Groove Girls“ in Düsseldorf und findet mit Simone Stepputat, Andrea Willert und Katinka Päkel drei Damen, die wie keine anderen die 80er verkörpern.
Zunächst fanden sie als Vorgruppe der Einstürzenden Neubauten neugierige Musikredakteure, die ihnen mit einigen Artikeln zu einem Achtungserfolg verhalfen. Sie veröffentlichen das Album „Arbeit, Sport & Spiel“, dass jedoch mit einer unterschwelligen Form von Monotonie, einem Hauch tanzbaren Beats und einer Gitarre auf Diät nie zu einem kommerziellen Erfolg aufstieg. Womöglich hätte man sich an X-mal Deutschland ein Beispiel nehmen sollen, die den Schritt nach England wagten, um dort entsprechende Erfolge feiern zu können. Denn die waren tatsächlich fasziniert von den 3 Damen im Gothic-Cyber-Punk-Style und berichteten in der englischen Sounds, dem Melody Maker und dem NME Magazin über die Band.
Genau dieser Style stand immer wieder im Mittelpunkt der Betrachtungen, so waren sie 1987 in der Vogue zu sehen und erhielten auch das Angebot, im Playboy zu erschienen, das sie jedoch ausschlugen. Es mag wohl dem Zeitgeist geschuldet sein, dass die Trash Groove Girls so beliebte Models waren, schließlich feierten Sigue Sigue Sputnik Mitte der 80er Jahre mit einem ähnlich Style große Erfolge und nutzten die Provokation ihres Outfits geschickt für ihre Zwecke. Konzept oder Zufall?
The Psychedelicmanifesto schreibt: „The TRASH GROOVE GIRLS were conceived as a full frontal ‚POP ART TERRORIST‘ ATTACK ON THE GERMAN MUSIC INDUSTRY. The ultimate in PERFORMANCE ART POP PRANKSTERISM. The TGGs were an unstoppable ‚CYBER PUNK‘ LIVING AUDIO-VISUAL INSTALATION, that came out of nowhere created absolute havoc and controversy and generated the most enormous amount of press coverage. They were literally never out of the press! Featured naked wrapped only in a German flag full page in German high circulation magazines, the girls were a journalist’s dream and an interviewer’s nightmare.“
Das Konzept ging jedenfalls nicht auf, die Zeit überholte sie. 1987 lösten sie sich wieder auf. Sie hinterließen aber ein Video, dass sowas von 80er ist, dass man fast davor zurückschreckt, sich nochmal in diese Zeit zu wünschen. Viel Spaß ?!
Hihi, lustig :-) Die Band war mir schon seit einer Weile ein Begriff, ich war mir nur nicht bewusst, dass sie eine Trend-Band war :-) Von den Outfits und der Haarfärbung erinnern sie mich irgendwie an so manche verkitschten „Scene-Models“ , die etwa 2007 die Styling-Emo-Welle allgegenwärtig waren, Stichwort Audrey Kitching und die diesem Trend folgenden Pop-Emo-Bands. Passt aber sehr gut zur Bravo, vor allem durch die Pastel-Goth-Erscheinung. Allerdings hatten die Trash Groove Girls definitiv das schickere Schuhwerk ;-)
Das Album-Cover erinnert mich wieder an die Story mit dem Punk, der die drei Mädels beim Foto-Shooting beobachtete und sie vom Fenster aus mit allerlei Gerümpel bewarf und als Poser beschimpfte.
Verstehe gar nicht, warum die nachträglich so abgefeiert werden. Das war mMn ’ne astreine „Casting-Band“. Aber selbst SPEX ließ es sich nicht nehmen, denen anno ’87 ’nen zweiseitigen Bericht zu widmen. Im Musikexpress/Sounds bekamen die gerade mal ’nen mageren Artikel in A6-Größe.
Musikalisch war’s auch nicht wirklich das Gelbe vom Ei. Hört euch lieber Malaria! und The Vyllies oder meinetwegen Invisible Limits an und verprasst dort eure Kohle.
Hello Kitty, mit extra viel Pink.
Allerdings waren bunte Haarfarben nicht ungewöhnlich. Die haben sie sich mit Sicherheit bei Xmal Deutschland oder Skeletal Family abgeschaut. Bei TGG wirkt’s halt mehr wie ein Fuzzbox-Abklatsch. Zu viel Glamour, zu wenig Punkiness.
Zu den Haarfarben:
Bunt = New Wave, Schwarz und wasserstoffblondiert = Dark Wave. So hat es mir eine Bekannte mal erklärt, die seit 1980 dabei ist ;-)
Bunte Haaren im düsteren Bereich kamen eher Anfang der 90er auf.
Umgekehrt. Anfang der 90er war noch das 80er Styling mit durchaus auch roten, blondierten oder dunkelblauen Haaren modern. Diese Assoziation Goth = ausschließich schwarze Haare ist ein Ding späterer Jahre.
Eine klare Trennung von New- und Dark Wave halte ich für nahezu unmöglich. Die gab es meines Erachtens so auch gar nicht und müsste höchstens künstlich herbeigeführt werden.
Das sehe ich ähnlich. New Wave, Darkwave und Wave im allgemeinen haben fließende Grenzen. Punks wurden New Waver, New Waver wurden Dark Waver um später nur noch Waver zu sein. Gothic ist ein Phänomen späterer Jahre (auch hier ist der Übergang meiner Meinung nach fließend, ich habe den Eindruck, dass das ganze 1984/85 so langsam losging). Die „Grufties“, die sich kalkweiß schminkten, mit langen schwarzen Gewändern auftauchten und schwarz gefärbte Haare hatten gingen Hand in Hand mit den New Waver und/oder Wavern. Aber das sind nur subjektive Erinnerungen, die ich aus dem Stehgreif nicht mit Fakten untermauern kann.
War der Begriff „Gruftie“ nicht damals eine Beleidigung für Schwarzkittel und wurde in großen Teilen eher abgelehnt? Meine Bekannte findet den Begriff jedenfalls scheiße und fragt immer, wenn man sie so nennt: „Bin ich ’ne alte Oma, oder was?“ :-)
Ja, ich kenne das auch so, dass viele den Begriff „Grufties“ damals als extreme Beleidigung angesehen haben und dieses Begriff geradezu hassten.