Vor rund 30 Jahren setzte D.A. Pennebaker der Band Depeche Mode mit dem Konzertfilm „101“ ein dokumentarisches Denkmal. Die aktuelle Doku „Spirit in the Forest“ von Anton Corbijn füllt die riesigen Fußstapfen des Originals nicht nur aus, sondern vertieft die entstandenen Abdrücke durch 6 emotionale Porträts von Fans der Band, die aus sich aus aller Welt letztendlich in Berlin treffen werden. Bis zum März 2020 ist der Film bei ARTE in voller Länge zu sehen. Als besonderen Bonus erhält man eine deutsche Ãœbersetzung und die entsprechenden Untertitel. Amazon Prime Kunden genießen den Film sogar in Kinoqualität als Teil ihres Angebots.
The World in my Eyes
Indra aus Ulan Bator, Carine aus Frankreich, Christian aus Bukarest, Liz aus Los Angeles, Dicken aus Bogota und Daniel aus Berlin stehen stellvertretend für den großen Sprung, den Depeche Mode in den letzten 30 Jahren gemacht haben. Sammelte man damals Jugendliche mit einem Bus ein, um sie und ihre Leidenschaft für die Band zu zeigen, kommen die Fans mittlerweile aus jeder Ecke dieses Planeten.
Musik verbindet, möchte man meinen, sie hat die Macht Menschen trotz widriger Umstände, Altersunterschieden oder sprachlichen Barrieren zu vereinen. Doch die Musik von Depeche Mode scheint durch ihre Inhalte die Menschen auf eine spirituelle Art zusammenzuführen.
Abseits von Klängen pulsierender Fröhlichkeit, der glatt geleckten mit Glitzer bedeckte Oberfläche der aktuellen Charts oder auch von verbal schockierenden und textlich ausufernden Hip-Hop scheint Depeche Mode seine Hörer tiefer zu beeindrucken. Auch wenn aus mir ebenfalls der leidenschaftliche Fan spricht, bin ich doch der Meinung, dass die Musik der Band dann doch irgendwie besonders ist.
Spirits in the Sky besser als 101?
Das Magazin Rolling Stone findet, Spirits in the Sky ist besser als das 30-jährige Original. „[…] dort waren die Leute, die Depeche Mode lieben, einfach langweilig.“ Ich finde, die beiden Filme kann man gar nicht vergleichen. Dazwischen liegen 30 Jahre Entwicklung einer Band, die nach „Musik for the Masses“ am Ruhm fast erstickte und sich mit den vielen Veränderungen ihrer folgenden Alben durchaus Facettenreicher zeigte, als bis Ende der 80er-Jahre. Man könnte sagen, „Spirits in the Sky“ ist eine Spur zu dick aufgetragen. Zwischen schwer verdaulichen Themen wie Krebs, Depressionen, Amnesie, Scheidung, Kommunismus und Coming-Out bleibt kaum noch Luft für die Musik der Band und für die grandiosen Auftritte auf der Berliner Waldbühne.
Aber wie gesagt, das lässt sich nicht vergleichen. Für sich genommen ist Spirit in the Sky ein grandioser Film, der die Band zwar ein bisschen in den Hintergrund rückt, aber die Besonderheit ihrer Musik widerspiegelt. Dass man dazu „besondere“ Menschen zeigt, liegt auf der Hand. Die Meinung der Fans geht derweil auseinander, viele hatten etwas anderes erwartet, als man Anton Corbijn verpflichtete, ist der doch langjähriger künstlerischer Berater der Band. Doch vielleicht hat der genau das Richtige gemacht. Er zeigt, was – oder genauer gesagt wer – Depeche Mode groß gemacht hat und welche Menschen für den anhaltenden Erfolg der Band zuständig sind.
Den Einzug in die Rock&Roll Hall of Fame im Mai dieses Jahres, haben sich die Musiker redlich verdient. Hoffentlich vergisst die Band nie, welche Hände sie dorthin getragen haben. Ich habe daran jedenfalls keinen Zweifel.
Ich finde beide Filme gut. Hatte mich schon sehr gefreut auf den Film. 101 Version 2 sozusagen. So war meine positive Erwartung. Diese wurde nicht enttäuscht. Man sieht, wie sehr man in dieser Musik verwurzelt sein kann. Ob Ende der 80er oder Ende der 2010er. Ich erkenne mich in beiden Generationen wieder (geboren ’76). Ich kann mich mit den Gedanken, den Gefühlen des neuen Films mehr identifizieren, aber ich fühle den Spirit mehr in 101. Das fühlt sich irgendwie.. mehr frei an.