Rückblick: Dark Spring Festival 2014

Kleine, leidenschaftliche Festivals sind der Nährboden einer lebendigen Subkultur. Obwohl das Dark Spring Festival bereits im März stattgefunden hat, ist es mehr als wertvoll einen Blick zurück zu werfen und Revue passieren zu lassen, was abseits der breiten Ströme existiert. Christoph, den einige Leser bereits als Northern Nephilim in zahlreichen Kommentaren lesen konnten, hat seine Eindrücke aufgeschrieben und sie Spontis zur Verfügung gestellt.

„Die Luft ist raus“ sagte die Band Ideal über ihr drittes Album, dessen Namen nun das ehemalige KATO im Schlesischen Tor in Berlin trägt. Was der Betreiber damit aussagen möchte konnte ich während des Dark Spring Festivals am 22.März 2014 nicht ergründen – wohl aber das in Sachen kleiner familiärer Veranstaltungen abseits des großen Festival Wahnsinns noch lange nicht die Luft raus ist.

Zum Dark Spring Festival: Erstmals initiiert im Jahre 2010 von den Brüdern Christian und Peer Lebrecht mit der Band Golden Apes – es hatte in seiner Uraufführung mit 3 Bands begonnen im ebenfalls kultigen SO36 und sich seitdem wirklich zum festen Termin im Kalender von Fans des traditionellen Goth Rock etabliert. Auf seinen Werdegang stieg das Lineup und die Qualität der Bands kontinuierlich, der heimische Hafen des SO36 wurde aus Kapazitätsgründen verlassen und nach einem einmaligen Intermezzo im K-17 im Jahre 2013 aufgrund unplanmäßigen Endes der Aftershowparty nun diesen Jahres im „Bi Nuu“ am Schlesischen Tor fortgeführt.

Dreh und Angelpunkt, die jährliche Konstante ist logischerweise die Band Golden Apes als Host der Veranstaltung unter die sich namhafte Bands wie Vendemmian, Whispers in the Shadow, Merciful Nuns, Escape With Romeo, The Beauty of Gemina, Soror Dolorosa und viele andere einreihten. Am 22. März 2014 gab es folgendes vielversprechendes Lineup zu sehen: The Wars, Christine Plays Viola, Red Sun Revival, Golden Apes, She Past Away und NFD.

Im Gegensatz zu 2013 wo man klimatechnisch von „Dark Spring“ nicht viel spürte und man am K-17 bei gefühlten -25 Grad Celsius auf Einlass wartete begrüßte mich die Bundeshauptstadt dieses Jahr freundlicher. Vom Ostbahnhof 30 Minuten per Pikes direkt an der Eastside Gallery entlang und dann recht über die Brücke der S-Bahn folgend war ich auch schon am Ort des Geschehens angelangt. Der Einlass verschob sich um ca 40 Minuten was aber für einen kleinen Plausch unter Freunden kein Problem war, und zum Glück die Temperaturen recht milde gestimmt waren. :)

Schnee Wittchen und Piet Noir von Unknown Pleasure
Schnee Wittchen und Piet Noir von Unknown Pleasure

Nach dem Einlass erstmal eine schnelle Begrüßung bei Piet Noir und seinen „Unknown Pleasures“ sowie Kath Traumtänzerin quasi ein „Spontanes Micro Spontis Treffen“ erfolgte, rief auch schon die erste Band „The Wars“ zur Bühne.

Nach kurzen Startschwierigkeiten beim ersten Song konnten „The Wars“ trotz der schweren Aufgabe als erste Band zu spielen, sehr schnell das Publikum begeistern. Dafür sorgte ihr Set mit hoher Klangqualität und der markant wavigen Stimme des Sängers Chris Kowski. Neben Material ihres Debuts „Healings“ waren auch 3 neue Songs mit von der Partie. Zusammen mit den schönen Ohrwurm „Succubus / The End“ hatten sie somit eine schöne Vorlage für diesen Abend geliefert und obwohl sie diesmal auf Live Drums verzichteten fühlte ich mich durch die 40 Minuten durchweg gut musikalisch unterhalten.

Nach einer kurzen Umbaupause die grade so reichte um sich mit dem nächsten Getränk zu versorgen ging es mit den Italienern von Christine Plays Viola weiter. Markanter Punkt während des Konzerts war sicherlich die vor der Kulisse schwebende Voodoopuppe die vom Sänger Massimo Ciampani immer wieder einen kräftigen Schubser bekam und so vor den Köpfen in der ersten Reihe umherflog. Musikalisch zogen sie lautstärke- als auch instrumentaltechnisch stark an. Leider spukte neben der Puppe auch hier stellenweise die Bühnentechnik, nach kurzer Fehlersuche an den Drumset Mikrofonen gings aber zügig weiter, der von der Band selbst betitelte „Ambient Goth Rock“ hatte das Publikum schnell in den Bann gezogen. Mit treibenden Schlagzeug und Bassläufen bis zu den ausufernden Gesängen bei Failed To Connect To Heart ein durchweg beeindruckender Auftritt.

Bei Red Sun Revival ging es da wieder etwas besinnlicher zu. Der Musikstil der Band kommt eher Liebhabern von The Eden House, This Burning Effigy; Nosferatu und Co zum Tragen. Die Gesangstimme von Rob Leydon hat irgendwie was beruhigendes in sich, mit Begleitung an der Violine durch Christina Emery haben die Songs der Band den klassischen Charme des britischen Goth Rocks an sich. Durch die Bank weg glänzte das Set durch schöne Melodien und schön schnurrenden Bass auch wenn wieder mal der Technik Voodoo da war und die Violine teils etwas verzerrte. Demnächst wird die Band durch einen echten Schlagzeuger erweitert was für die Liveauftritte sicher auch nicht nachteilig ist.

Als glühender Fan der Fields of the Nephilim war ein Bild
Als glühender Fan der Fields of the Nephilim war ein Bild mit dem Sänger von NFD für Christoph Ehrensache.

Anschließend war es Zeit für die Gastgeber die Bühne zu betreten. Die Golden Apes sorgten für ein sehr schönes ja gruftiges Bühnenbild. Mit altarmäßig aufgestellten Leuchten und sehr viel Nebel eine leicht sakrale Stimmung wo ich mich als Nephilim Fan aber ziemlich schnell heimisch fühlte. Die Band kam dann konsequent zur Sache, schon bei „Devil“ gaben sie sich kompromisslos vorwärts treibend. Die schlanke Statur des Sängers Peer Lebrecht – stets am Mikrofonständer oder seiner Zigarette oder beidem klammernd – stellenweise eines Ian Curtis nicht unähnlich, und dabei für jeden glaubhaft seine Texte vortragend was besonders im Höhepunkt des Sets „The Happy Losers Sweet Delusions“ mich durchaus innig berührte. Darauf folgend „Riot“ für mich die heimliche Hymne des Dark Spring Festivals, da 2010 dort zum ersten mal in Rohfassung aufgeführt. Dieser Song hat sich nun ebenso wahrhaftig entwickelt wie eben dieses Festival. Den Rufen nach Zugabe gab ich nach diesem soliden Auftritt mehr als recht und nach „Leaving Ground“ konnte nun She Past Away die Bühne betreten.

She Past Away aus der Türkei trugen ihre Texte in ihrer Landessprache vor. Im Sound etwas minimalistischer dem klassischen Darkwave verpflichtet klangen sie im Vergleich zu den anderen Bands leider anfangs etwas schüchtern. Zum Glück musste man sagen hatten sie aber ihre eigenen treuen Fans mit dabei was nur positiv war. Somit hatten sie sich im Laufe des Konzerts deutlich gelockert und die zweite Hälfte des Sets kam nun deutlich besser rüber. Zudem präsentierten sie ebenfalls 3 neue bisher unveröffentlichte Songs bei denen es sich durchaus lohnt die Band weiter zu verfolgen.

Zum Schluss waren nun NFD an der Reihe. Für mich als Nephilim Fan natürlich mit hohen Erwartungen belastet konnten sie diese leider nicht ganz erfüllen. Allerdings sollte man hier die Umstände als ganzes beachten, der Bassisst stieg ein paar Tage vor dem Event aus somit musste man quasi in einer Hauruckaktion die Bandaufstellung neu anordnen, die Bassspur wurde nun via Laptop ins Liveset eingespielt und zudem geisterte auch hier der Technikvoodoo rum, die Monitore beim Drummer fielen aus, und auch das notdürftige Einspielen der Bassspur funktionierte nicht immer. Das außer wir paar hartgesottene Nephilim Fans sich der Saal schnell leerte führte dann halt schnell dazu dass man nach knapp 45 Minuten bereits aufhörte und gut 5 Titel auf der Setlist ausgelassen hat, schade drum. Selbst wenn mehrere – darunter auch ich – enttäuscht waren sollten man NFD noch mal eine Chance geben und sie nochmal besuchen bei anderen Konzerten. Vor allem wenn die Band wieder auf besseren Fundament steht.

Zusammengefasst trotz leicht bitteren Abgang im Nachgeschmack beim Headliner war dieses wieder ein sehr schönes stimmungsvolles Festival. Das Bi Nuu zeigte sich als schön stimmige Location. Sicher als Kato war es noch eine andere Liga aber mit diesem Festival kann man durchaus an solche Zeiten wieder anknüpfen. Da man überall im Publikum zufriedene Gesichter sah ist dieser Schritt schon mal getan. Einzigst die Bühnentechnik sollte ihren Voodoo noch austreiben, da machte das K-17 im letzten Jahr einen deutlich professionelleren Eindruck, klangtechnisch als wie auch in Sachen Zuverlässigkeit gegen Soundaussetzer war es dort wesentlich besser. Aber ich bin mir sicher dass die Organisatoren an diesem Hebel für das Dark Spring Festival 2015 bereits Hand angelegt haben und dafür sorgen dass diesem Festival nicht so schnell die Luft ausgeht.

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